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Autismus
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Autismus (v. gr. αὐτός „selbst“) wird von der Weltgesundheitsorganisation zu den
tiefgreifenden Entwicklungsstörungen gerechnet. Er wird von Ärzten, Forschern,
Angehörigen und Autisten selbst als eine angeborene, unheilbare Wahrnehmungsund
Informationsverarbeitungsstörung des Gehirns beschrieben, die sich schon im
frühen Kindesalter bemerkbar macht. Andere Forscher[1] und Autisten beschreiben
Autismus als angeborenen abweichenden Informationsverarbeitungsmodus, der sich
durch Schwächen in sozialer Interaktion und Kommunikation sowie durch stereotype
Verhaltensweisen und Stärken bei Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und
Intelligenz zeigt.[2][3]
In den aktuellen Diagnosekriterien wird zwischen frühkindlichem Autismus (KannerSyndrom) und dem Asperger-Syndrom unterschieden, das sich oftmals erst nach
dem dritten Lebensjahr bemerkbar macht. Zur Unterscheidung der verschiedenen
Ausprägungen und Symptome von Autismus, der verschiedene Schweregrade
kennt, dient das Autismusspektrum (Autismus-Spektrum-Störung (ASS)). Hier ist jedoch die genaue
Abgrenzung schwierig, da die
Verläufe eher fließend sind.
Symptome und Beschwerden
Die Symptome und die individuellen Ausprägungen des Autismus sind vielfältig, sie können von
leichten Verhaltensproblemen an der Grenze zur Unauffälligkeit (etwa als „Schüchternheit“ verkannt)
bis zur schweren geistigen Behinderung reichen.
Allen autistischen Behinderungen sind Beeinträchtigungen des Sozialverhaltens gemeinsam:
Schwierigkeiten, mit anderen Menschen zu sprechen (etwa wegen eintöniger Prosodie), Gesagtes
richtig zu interpretieren, Mimik und Körpersprache einzusetzen und zu verstehen.
Kernsymptomatik bei autistischen Behinderungen ist vorrangig die Schwierigkeit, mit anderen
Menschen zu kommunizieren (1. und 2. Diagnosekriterium). Alternativ werden stereotype oder
ritualisierende Verhaltensweisen (3. Diagnosekriterium) bei allen autistischen Behinderungen als
Kernsymptomatik erforscht. Autistische Menschen zeigen grundlegende Unterschiede gegenüber
nicht-autistischen Menschen in der Verarbeitung von Sinneseindrücken und in der Art ihrer
Wahrnehmungs- und Intelligenzleistungen. Auch die unterschiedliche Wahrnehmung wird als eine
Kernsymptomatik des Autismus
erforscht.
Das Ausmaß und die Auswirkungen dieser Probleme sowie die spezielle Form, in der sie sich zeigen, sind
sehr unterschiedlich und
werden wie folgt beschrieben.
Inselbegabung
→ Hauptartikel: Inselbegabung
Die Interessen von Autisten sind häufig auf bestimmte Gebiete begrenzt, jedoch besitzen manche von
ihnen auf dem Gebiet ihres
besonderen Interesses außergewöhnliche Fähigkeiten, zum Beispiel im Kopfrechnen, Zeichnen, in der
Musik oder in der Merkfähigkeit.
Man spricht dann von einer „Inselbegabung“; diejenigen, die sie haben, nennt man Savants. 50 Prozent der
bekannten Inselbegabten
sind Autisten. Gleichzeitig ist nur ein sehr kleiner Teil der Autisten inselbegabt.
Historisches
Begriffsbildung
Der Schweizer Psychiater Eugen Bleuler prägte den Begriff Autismus 1911. Er sah in ihm ein
Grundsymptom der Schizophrenie – die
Zurückgezogenheit in die innere Gedankenwelt des an ihr Erkrankten. Sigmund Freud übernahm die
Begriffe „Autismus“ und „autistisch“
von Bleuler und setzte sie annähernd mit „Narzissmus“ bzw. „narzisstisch“ gleich – als Gegensatz zu
„sozial“.[4]
Leo Kanner (Lit.: Kanner 1943) und Hans Asperger (Lit.: Asperger 1938) nahmen den Begriff – unabhängig
voneinander – auf und
beschrieben ein Störungsbild eigener Art. Sie unterschieden dabei Menschen mit Schizophrenie, die sich
aktiv in ihr Inneres
zurückziehen, von jenen, die von Geburt an in einem Zustand der inneren Zurückgezogenheit leben. Das
erweiterte die Bedeutung des
Begriffs „Autismus“.
Kanner fasste den Begriff „Autismus“ eng, was im Wesentlichen dem heute so genannten frühkindlichen
Autismus (daher: KannerSyndrom) entsprach. Seine Sichtweise erlangte internationale Anerkennung und wurde zur Grundlage der
weiteren Autismusforschung.
Die Veröffentlichungen Aspergers hingegen beschrieben „Autismus“ etwas anders und wurden zunächst
international kaum
wahrgenommen. Dies lag zum einen am gleichzeitig stattfindenden Zweiten Weltkrieg, zum anderen daran,
dass Asperger auf Deutsch
publizierte und man seine Texte jahrzehntelang nicht ins Englische übersetzte. Hans Asperger selbst
nannte das von ihm beschriebene
Syndrom „Autistische Psychopathie“. Die englische Psychiaterin Lorna Wing (Lit.: Wing 1981) führte sie in
den 1980er Jahren fort und
die Bezeichnung Asperger-Syndrom ein. Erst in den 1990er Jahren erlangten die Forschungen Aspergers
internationale Bekanntheit in
Fachkreisen.
Kulturvergleich
Es gab zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Vorstellungen über die Entstehung von Autismus. Im
zaristischen Russland etwa
glaubte man, dass autistische Kinder als besonders religiöse Menschen zur Welt gekommen seien und sich
freiwillig für ein Leben
jenseits aller Konventionen entschieden hätten. Aus überlieferten Berichten weiß man, dass Autisten in
Lumpen durch den russischen
Winter liefen, ohne sich vor der Kälte zu schützen. Sie sprachen selten, ihr Verhalten erschien merkwürdig,
und sie missachteten Gesetz,
Ordnung und soziale Regeln. Man nannte sie deshalb „heilige Narren“ und glaubte, ihr Verhalten sei eine
Verschlüsselung göttlicher
Botschaften.[5]
Formen von Autismus
Im deutschsprachigen Raum sind drei Diagnosearten des Autismus gebräuchlich:
Der frühkindliche Autismus, auch Kanner-Syndrom; auffälligstes Merkmal neben den
Verhaltensabweichungen: aufgrund des
frühzeitigen Auftretens eine stark eingeschränkte Sprachentwicklung; motorische Beeinträchtigungen nur
bei weiteren
Behinderungen; häufig geistig behindert. Je nach geistigem Leistungsvermögen wird der frühkindliche
Autismus weiter unterteilt in
Low, Intermediate und High Functioning Autism (LFA, IFA und HFA). Als LFA wird im
englischsprachigen Bereich der mit
geistiger Behinderung einhergehende frühkindliche Autismus bezeichnet, als HFA derjenige mit normalem
oder
überdurchschnittlichem Intelligenzniveau. Die Unterscheidung zwischen HFA und dem nachfolgend
aufgeführten AspergerSyndrom ist noch nicht geklärt, weshalb die Begriffe teilweise auch synonym gebraucht werden.
Der atypische Autismus erfüllt nicht alle Diagnosekriterien des frühkindlichen Autismus oder zeigt sich erst
nach dem dritten
Lebensjahr. Als Unterform des frühkindlichen Autismus wird er aber differenzial-diagnostisch gegen das
Asperger-Syndrom
abgegrenzt.
Das Asperger-Syndrom (veraltet auch autistische Psychopathie und schizoide Störung des
Kindesalters) mit vor allem einer
vom Zeitpunkt her altersgerechten Sprachentwicklung (nach der ICD-10 und dem DSM-IV ein Kriterium zur
Diagnose –
wohingegen nach Gillberg & Gillberg eine verzögerte Sprachentwicklung ein mögliches Diagnosekriterium
darstellt) und einem
unter formalen Gesichtspunkten korrekten Sprachgebrauch. Menschen mit Asperger-Syndrom sind häufig
motorisch ungeschickt.
Zu dem Formenkreis der tiefgreifenden Entwicklungsstörungen nach Einteilung des Diagnosemanuals ICD10 zählen neben der
autistischen Störung (im engeren Sinne) auch das
Rett-Syndrom und das Heller-Syndrom (desintegrative Psychose des Kindesalters), die eine ähnliche
Symptomatik aufweisen,
sich aber im Verlauf von Autismus unterscheiden. Beim Rett-Syndrom ist heute außerdem eine hierfür
typische genetische
Veränderung nachweisbar.
Formen von subklinischem Autismus
Eine klinische Autismus-Spektrum-Diagnose wird von Ärzten oder Psychologen in der Regel unter der
Voraussetzung gestellt,
dass eine Person in mehreren Lebensbereichen leidet. Eine Person kann durchaus autistisch sein, jedoch
dank ihrer
Lebenssituation, Begabung und/oder Unterstützung durch Schule, Ausbildung, Arbeitgeber, Freunde,
Partner oder andere Formen
von Unterstützung ausreichend gut zurechtkommen, um keine klinische Diagnose zu bekommen. In diesem
Fall bekommt solch
eine Person möglicherweise eine Diagnose, wenn es nach einem eventuellen Wegfall von Hilfen zu
Auffälligkeiten kommt, so dass
Ärzte und Therapeuten eine klinische Diagnose rechtfertigen können.
Die Frage, ob es sich bei Autismus oder bei Autismus-Spektrum-Störungen um eine Kategorie oder um
eine Dimension handelt,
ist ungeklärt. Es existiert Literatur über subklinische Formen von Autismus, etwa ein Kapitel Autistische
Echos in dem Buch Das
Schattensyndrom: Neurobiologie und leichte Formen psychischer Störungen . In der Forschung wird das
Konzept eines „Broad
Autism Phenotypes“ untersucht, wie etwa autistische Züge von Eltern autistischer Kinder.
Einige andere offizielle (ICD-10/DSM-IV) und inoffizielle (nicht im ICD-10/DSM-IV) Diagnosen werden im
Zusammenhang mit
Autismus untersucht wie etwa Hyperlexia, nonverbale Lernstörung, Dyspraxie, sensorische
Integrationsstörung oder sprachlichpragmatische
Störung. Die Frage, inwieweit diese als eine eigenständige Diagnose oder eher als Teil eines erweiterten
Autismus-Spektrums gesehen werden können, ist ungeklärt.
Neben kategorisierenden Unterteilungen des Autismus in verschiedene, deutlich voneinander
abzugrenzende Arten gibt es das
autistische Spektrum oder auch die Autismus-Spektrum-Störung (ASS). Dies ist ein Konzept eines
fließenden Überganges
zwischen den verschiedenen Formen, eine insbesondere im englischsprachigen Raum zunehmende Sicht
eines solchen
Kontinuums verschiedener Ausprägungen. Vertreten wird es etwa von Tony Attwood, der seine Auffassung
mit der Möglichkeit von
Übergängen in Einzelfällen begründet. Es gibt beispielsweise Autisten, auf die die Diagnosekriterien des
Asperger-Syndroms
zutreffen, deren Auffälligkeiten in früher Kindheit jedoch der Diagnose des Kanner-Syndroms entsprachen.
Zudem ist zweifelhaft,
inwieweit eine auf theoretischen Intelligenzmodellen basierende IQ-Messung oder eine willkürlich
festgelegte Altersgrenze für die
Sprachentwicklung zur Unterscheidung dienen.
Susan Leekam et al. haben eine Studie veröffentlicht, nach der ein signifikanter Teil von nach ICD-10 mit
frühkindlichem Autismus oder
atypischem Autismus diagnostizierten Personen nach Gillbergs Diagnosekriterien mit Asperger
diagnostiziert würden.[6]
frühkindlicher Autismus (LFA und HFA) Asperger-Syndrom (AS)
erste
Auffälligkeiten
ab dem 10.–12. Lebensmonat ab 3. Lebensjahr
Blickkontakt selten, flüchtig selten, flüchtig
Sprache in der Hälfte der Fälle das Fehlen einer
Sprachentwicklung; ansonsten verzögerte
Sprachentwicklung, anfangs oft Echolalie, Vertauschen
der Pronomina
frühe Entwicklung einer grammatisch und stilistisch hoch
stehenden Sprache, oft pedantischer Sprachstil, Probleme
beim Verstehen von Metaphern und Ironie
Intelligenz hauptsächlich kategorisiert als geistige Behinderung
(LFA), teilweise normale bis hohe Intelligenz (HFA -> AS)
normale bis hohe Intelligenz, teilweise Hochbegabung
Motorik Keine Auffälligkeiten, die auf den Autismus
zurückzuführen sind.
häufig motorische Störungen, Ungeschicklichkeit,
Koordinationsstörungen
Einen englischsprachigen Überblick über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen
Autismusarten zum AspergerSyndrom bietet eine Zusammenstellung von Tony Attwood.[7] Dort insbesondere zu HFA und AS von C.
Gillberg.[8]
Darüber hinaus nennt ICD-10 noch unspezifische Probleme wie Befürchtungen, Phobien, Schlafstörungen,
Essstörungen,
Wutausbrüche, Aggressionen und selbstverletzendes Verhalten (Automutilation).
Die drei wichtigsten Bereiche
Soziale Interaktion
Eine qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion zeigt sich manchmal schon in den ersten
Lebensmonaten durch fehlende
Kontaktaufnahme zu den Eltern, insbesondere zur Mutter. Viele Kinder mit frühkindlichem Autismus
strecken der Mutter nicht die Arme
entgegen, um hochgehoben zu werden. Sie lächeln nicht zurück, wenn sie angelächelt werden, und
nehmen zu den Eltern keinen
angemessenen Blickkontakt auf. Nichtsdestoweniger sind autistische Kinder genauso stark emotional mit
ihrer Mutter verbunden wie
nicht-autistische Kinder und haben genauso viel Mitgefühl wie nicht-autistische Kinder.[9][10][11] Dem
gegenüber steht eine starke
Objektbezogenheit, die häufig auf eine bestimmte Art von Gegenständen beschränkt ist. Ihre
Aufmerksamkeit ist auf wenige Dinge, wie
Autismus – Wikipedia 20.06.2014
http://de.wikipedia.org/wiki/Autismus 4 / 19
Wasserhähne, Türklinken, Fugen zwischen Steinplatten oder kariertes Papier gerichtet, die sie sehr stark
anziehen, so dass alles
andere sekundär wird und nicht oder kaum beachtet wird. Oft finden sie in Gegenständen eine
normalerweise ungewöhnliche
Systematik (sortieren beispielsweise die Einzelteile einer Spielzeugeisenbahn nach Größe und Farbe) oder
Anwendung
(beispielsweise ist ihr einziges Interesse an einem Spielzeugauto, die Räder unablässig zu drehen).
Kommunikation
Etwa jedes zweite Kind mit frühkindlichem Autismus entwickelt keine Lautsprache. Bei den anderen
verzögert sich die
Sprachentwicklung. Die Entwicklung der Lautsprache erfolgt oft über eine lange Phase der Echolalie,
manche der betroffenen Personen
kommen über diese Phase nicht hinaus. Im Kindesalter werden oft die Pronomina vertauscht (pronominale
Umkehr). Sie reden von
Anderen als „ich“ und von sich selbst als „du“ oder in der dritten Person. Diese Eigenart bessert sich
üblicherweise im Laufe der
Entwicklung. Zudem gibt es oft Probleme mit Ja/Nein-Antworten, Gesagtes wird stattdessen durch
Wiederholung bestätigt. Probleme
gibt es auch mit der Semantik: Wortneuschöpfungen (Neologismen) treten häufig auf. Manche Menschen
mit frühkindlichem Autismus
haften auch an bestimmten Formulierungen (Perseveration). Am ausgeprägtesten ist die Beeinträchtigung
der Pragmatik: In der
Kommunikation mit anderen Menschen haben autistische Menschen Schwierigkeiten, Gesagtes über die
genaue Wortbedeutung
hinaus zu verstehen, zwischen den Zeilen zu lesen. Ihre Stimme klingt oft eintönig (fehlende Prosodie).
Die Probleme in der Kommunikation äußern sich in schwieriger Kontaktaufnahme zur Außenwelt und zu
anderen Menschen. Manche
Autisten scheinen die Außenwelt kaum wahrzunehmen und teilen sich ihrer Umwelt auf ihre ganz
individuelle Art mit. Deshalb wurden
autistische Kinder früher auch Muschelkinder oder Igelkinder genannt. Die visuellen und auditiven
Wahrnehmungen sind oft deutlich
intensiver als bei neurologisch typischen Menschen, daher scheint als Selbstschutz eine Abschaltfunktion
im Gehirn die Reizüberflutung
auszublenden. Autisten haben ein individuell unterschiedlich ausgeprägtes Bedürfnis nach Körperkontakt.
Einerseits nehmen manche
mit fremden Menschen direkten und teils sozial unangemessenen Kontakt auf, andererseits kann auch jede
Berührung für sie aufgrund
der Überempfindlichkeit ihres Tastsinns unangenehm sein.
Vor diesem Hintergrund ist verstehende Kommunikation mit einem Autisten schwer. Emotionen werden oft
falsch gedeutet oder gar
nicht erst verstanden. Diese möglichen Probleme müssen bei der Kontaktaufnahme berücksichtigt werden
und verlangen ein großes
Einfühlungs- und Vorstellungsvermögen.
Repetitive und stereotype Verhaltensmuster
Veränderungen ihrer Umwelt, wie zum Beispiel umgestellte Möbel oder ein anderer Schulweg, beunruhigen
und verunsichern manche
autistische Menschen. Manchmal geraten Betroffene auch in Panik, wenn sich Gegenstände nicht mehr an
ihrem gewöhnlichen Platz
oder in einer bestimmten Anordnung befinden, oder es bringt sie ein unangekündigter Besuch oder
spontaner Ortswechsel völlig aus
der Fassung. Handlungen laufen meist ritualisiert ab, und Abweichungen von diesen Ritualen führen zu
Chaos im Kopf, denn autistische
Menschen haben bei unerwarteten Veränderungen von Situationen oder Abläufen in der Regel keine
alternativen Strategien.
Unter stark autistischen Menschen anzutreffende, repetitive (sich wiederholende) Stereotypien können sein:
Jaktationen (Schaukeln mit
Kopf oder Oberkörper), im Kreis umhergehen, Finger verdrehen, Oberflächen betasten und vereinzelt auch
selbstverletzendes Verhalten
wie etwa Finger blutig knibbeln, Nägel bis über das Nagelbett hinaus abkauen, Kopf anschlagen, mit Hand
an Kopf schlagen, sich
selbst kratzen, beißen oder anderes. Dieses selbstverletzende Verhalten hinterlässt mehr oder weniger
sichtbare Spuren wie
Bissspuren, Narben und verschorfte Wunden auf der Haut und an den Armen[12], die jedoch nicht zu
verwechseln sind mit dem bewusst
selbstverletzenden Verhalten, das typischerweise zum Spannungsabbau eingesetzt wird (etwa durch
Verbrennungen oder Ritzen am
Unterarm) oder – seltener – aus suizidalen Tendenzen heraus entsteht und dann ein anderes (suizidales)
Verletzungsmuster aufweist.
Sich wiederholende Verhaltensweisen wirken auf alle Menschen beruhigend (wie Puppe oder Teddybär bei
kleinen Kindern, die überall
hin mitgenommen werden) und sind möglicherweise mehr ein Kennzeichen für starken Stress als für
Autismus selbst, was die Frage
aufwirft, warum Autisten oft zu viel Stress ausgesetzt sind. Positive Effekte sich wiederholender
Verhaltensweisen werden zum Beispiel
im Yoga benutzt, und es gibt auch auf Autismus angepassten Yogaunterricht.[13]
High-Functioning-Autismus
Treten alle Symptome des frühkindlichen Autismus zusammen mit normaler Intelligenz (einem IQ von mehr
als 70) auf, so spricht man
vom High-functioning-Autismus. Diagnostisch wichtig ist hier insbesondere die verzögerte
Sprachentwicklung. Gegenüber dem
Asperger-Syndrom sind die motorischen Fähigkeiten meist deutlich besser.
Oftmals wird, durch die Verzögerung der Sprachentwicklung, zunächst der niedrigfunktionale frühkindliche
Autismus (LFA)
diagnostiziert. Es kann dann aber später eine normale Sprachentwicklung erfolgen, bei der durchaus ein
mit dem Asperger-Syndrom
vergleichbares Funktionsniveau erreicht wird. Viele HFA-Autisten sind deshalb als Erwachsene nicht von
Asperger-Autisten zu
unterscheiden, meistens bleiben die autistischen Symptome aber wesentlich deutlicher ausgeprägt als beim
Asperger-Syndrom. Die
Sprache muss sich dabei nicht zwangsläufig entwickeln, viele nicht sprechende HFA-Autisten können
trotzdem eigenständig leben und
lernen, sich schriftlich zu äußern. Onlinedienste und das Internet helfen gerade diesen Menschen, ihre
Lebensqualität deutlich zu
steigern.
Atypischer Autismus
Atypischer Autismus unterscheidet sich vom frühkindlichen Autismus dadurch, dass Kinder nach dem
dritten Lebensjahr erkranken
(atypisches Erkrankungsalter) oder nicht alle Symptome aufweisen (atypische Symptomatik).
Autistische Kinder mit atypischem Erkrankungsalter zeigen bei den Symptomen das Vollbild des
frühkindlichen Autismus, das sich bei
ihnen aber erst nach dem dritten Lebensjahr manifestiert.
Autistische Kinder mit atypischer Symptomatik legen Auffälligkeiten an den Tag, die für den frühkindlichen
Autismus typisch sind, jedoch
die Diagnosekriterien des frühkindlichen Autismus nicht vollständig erfüllen. Dabei können sich die
Symptome sowohl vor als auch nach
dem dritten Lebensjahr manifestieren.
Im, vor allem in den USA gebräuchlichen, psychiatrischen Diagnosehandbuch (DSM-IV) gibt es keine
Diagnose „atypischer Autismus“,
dort wird stattdessen „tiefgreifende Entwicklungsstörung – nicht anders bezeichnet“ (PDD-NOS) als
Diagnose verwendet.
Umgangssprachlich wird PDD-NOS dort oft auch falsch nur als „tiefgreifende Entwicklungsstörung (PDD)“
bezeichnet, was nur die
Autismus – Wikipedia 20.06.2014
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diagnostische Kategorie bezeichnet, aber selbst keine Diagnose ist.
Wenn atypischer Autismus zusammen mit erheblicher Intelligenzminderung auftritt, wird manchmal auch
von „Intelligenzminderung mit
autistischen Zügen“ gesprochen. Neuere Forschungen deuten jedoch darauf hin, dass die Annahme einer
Intelligenzminderung bei
Autisten mit dem Wechsler-IQ-Test verfälscht wird, und Autisten beim Ravens-Matrizentest um bis zu 30
Punkte besser abschneiden,
was nicht auf weniger, sondern auf eine andere Intelligenz hindeutet (Dawson et al. 2005).
Asperger-Syndrom
→ Hauptartikel: Asperger-Syndrom
Das nach dem österreichischen Mediziner Hans Asperger benannte Asperger-Syndrom (AS) gilt als leichte
Form des Autismus und
manifestiert sich etwa vom vierten Lebensjahr an. Obwohl viele Verhaltensweisen das soziale Netz der
Betroffenen, insbesondere das
der nächsten Bekannten und der Familie, stark in Anspruch nehmen, sind es nicht nur negative Aspekte,
die Asperger-Syndrom
qualifizieren. Es gibt zahlreiche Berichte über das gleichzeitige Auftreten von überdurchschnittlicher
Intelligenz oder auch von
Inselbegabungen. Leichtere Fälle von Asperger-Syndrom werden im Englischen umgangssprachlich auch
als „Little Professor
Syndrome“, „Geek Syndrome“ oder „Nerd Syndrome“ bezeichnet.
Soziale Interaktion
Eines der schwerwiegendsten Probleme für Menschen mit Asperger-Syndrom ist die Beeinträchtigung von
sozialem
Interaktionsverhalten, besonders in zwei Bereichen: zum einen in einer eingeschränkten Fähigkeit,
zwanglose Beziehungen zu anderen
Menschen herzustellen, und zum anderen Einschränkungen in Bezug auf nonverbale Kommunikation.
Bei Kindern und Jugendlichen mit Asperger-Syndrom fehlt oft der Wunsch, Beziehungen zu Gleichaltrigen
herzustellen. Dieser Wunsch
entsteht bei ihnen normalerweise erst in der Adoleszenz, meist fehlt dann aber die Fähigkeit dazu.
Die Beeinträchtigungen im Bereich der nonverbalen Kommunikation betreffen sowohl das Verstehen
nonverbaler Botschaften anderer
Menschen als auch das Aussenden eigener nonverbaler Signale. Dazu zählt in einigen Fällen etwa auch
die Anpassung der Tonhöhe
und Lautstärke der eigenen Sprache.
Als besonders problematisch erweist sich die soziale Interaktion, da Menschen mit Asperger-Syndrom nach
außen hin keine
offensichtlichen Anzeichen einer Behinderung haben. So kann es geschehen, dass die Schwierigkeiten von
Menschen mit AspergerSyndrom als bewusste Provokation empfunden werden, obwohl dies nicht der Fall ist. Wenn etwa eine
betroffene Person auf eine an sie
gerichtete Frage nur mit Schweigen reagiert, wird dies oft als Sturheit und Unhöflichkeit gedeutet.
Im Alltag macht sich die schwierige soziale Interaktion vielfältig bemerkbar. Menschen mit AspergerSyndrom können schlecht
Blickkontakt mit anderen Menschen aufnehmen oder halten. Sie vermeiden Körperkontakt wie etwa
Händeschütteln. Sie sind unsicher,
wenn es darum geht, Gespräche mit anderen zu führen, besonders wenn es sich um eher belanglosen
Smalltalk handelt. Soziale
Regeln, die andere intuitiv beherrschen, verstehen Menschen mit Asperger-Syndrom nicht intuitiv, sondern
müssen sie sich erst
aneignen. Daher haben Menschen mit Asperger-Syndrom oft keine oder weniger Freunde. In der Schule
etwa sind sie in den Pausen
lieber für sich, weil sie mit dem üblichen Umgang anderer Schüler untereinander nur wenig anfangen
können. Im Unterricht sind sie in
der Regel wesentlich besser im schriftlichen als im mündlichen Bereich. In der Ausbildung und im Beruf
macht ihnen der fachliche
Bereich meist keine Schwierigkeiten, nur der Smalltalk mit Kollegen oder der Kontakt mit Kunden. Auch das
Telefonieren kann
Probleme bereiten. Im Studium können mündliche Prüfungen oder Vorträge große Hürden darstellen. Da
auf dem Arbeitsmarkt wohl in
allen Bereichen Kontakt- und Teamfähigkeit genauso viel zählen wie fachliche Eignung, haben Menschen
mit Asperger-Syndrom
Probleme, überhaupt eine geeignete Stelle zu finden. Viele sind selbständig, jedoch können sie sich bei
Problemen mit Kunden kaum
durchsetzen. In einer Werkstatt für behinderte Menschen indes wären sie völlig unterfordert.
Die meisten Menschen mit Asperger-Syndrom können durch hohe Schauspielkunst nach außen hin eine
Fassade aufrechterhalten, so
dass ihre Probleme auf den ersten Blick nicht gleich sichtbar sind, jedoch bei persönlichem Kontakt
durchscheinen, etwa in einem
Vorstellungsgespräch. Menschen mit Asperger-Syndrom gelten nach außen hin zwar als extrem
schüchtern, jedoch ist das nicht das
eigentliche Problem. Schüchterne Menschen verstehen die sozialen Regeln, trauen sich aber nicht, sie
anzuwenden. Menschen mit
Asperger-Syndrom würden sich schon trauen, sie anzuwenden, verstehen sie aber nicht und haben
deshalb Probleme damit
umzugehen. Die Fähigkeit zur kognitiven Empathie (Einfühlungsvermögen) ist gar nicht oder nur schwach
ausgeprägt, jedoch ist die
affektive Empathie (Mitgefühl) gegenüber anderen durchaus genauso oder sogar stärker ausgeprägt als bei
nicht-autistischen
Menschen.[9] Menschen mit Asperger-Syndrom können sich schlecht in andere Menschen hineinversetzen
und deren Stimmungen oder
Gefühle an äußeren Anzeichen ablesen. Überhaupt können sie nur schwer zwischen den Zeilen lesen und
nicht-wörtliche Bedeutungen
von Ausdrücken oder Redewendungen verstehen. Sie ecken an, weil sie die für andere Menschen
offensichtlichen nonverbalen Signale
nicht verstehen. Da es ihnen meist schwerfällt, Gefühle zu benennen und auszudrücken, passiert es oft,
dass ihre Mitmenschen dies als
mangelndes persönliches Interesse missdeuten. Auch können sie in gefährliche Situationen geraten, da sie
äußere Anzeichen, die auf
eine bevorstehende Gefahr – etwa durch Betrüger oder Gewalttäter – hinweisen, oft nicht richtig deuten
können.
Stereotype Verhaltensmuster und Sonderinteressen
Menschen mit Asperger-Syndrom zeigen in ihrer Lebensgestaltung und in ihren Interessen repetitive und
stereotype Verhaltensmuster.
Das Leben von Menschen mit Asperger-Syndrom ist durch ausgeprägte Routinen bestimmt. Werden sie in
diesen gestört, können sie
erheblich beeinträchtigt werden. In ihren Interessen sind Menschen mit Asperger-Syndrom teilweise auf ein
Gebiet begrenzt, auf dem
sie meist ein enormes Fachwissen haben. Ungewöhnlich ist das Ausmaß, mit dem sie sich ihrem
Interessensgebiet widmen; für andere
Gebiete als das eigene sind sie meist nur schwer zu begeistern. Da Menschen mit Asperger-Syndrom meist
gut logisch denken
können, liegen ihre Interessensgebiete oft im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich; die gesamte
geisteswissenschaftliche
Palette, aber auch andere Gebiete sind möglich.
Ritualisierte und stereotype Denk- und Wahrnehmungshandlungen
Zu den ritualisierten Handlungen können neben motorischen Schematismen, Stereotypien und repetitiven
Sprechhandlungen auch die
repetitiven und stereotypen Handlungen des Denkens und der Wahrnehmung gezählt werden. Diese
bestehen in der Konzentration auf
einige wenige, jedoch mit großer Intensität verfolgte Spezialinteressen. Ihnen eignet das gleiche repetitive
Moment wie den
Stereotypien der Körperbewegungen oder die Ritualisierung bestimmter Handlungsabläufe. Ihr Ziel ist es,
den neuronalen Apparat
Autismus – Wikipedia 20.06.2014
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durch Reduktion von Komplexität und Konzentration auf weniges zu entlasten und damit in der
Energiebilanz des Gehirns günstiger zu
operieren.[14][15][16] Die intensive Herausbildung von Spezialinteressen führt zur Entwicklung von
„Inselbegabungen“, die mehr oder
weniger stark ausgeprägt sein können. Die sogenannten Inselbegabungen sind also keine Fähigkeit, die
unabhängig von den
Handlungen der jeweiligen Person einfach vorhanden ist, sondern sie sind erst das Ergebnis einer langen
und intensiven Beschäftigung
mit einem bestimmten Gegenstandsbereich.[17] Hier bilden sich neuronale Felder und Netze von hoher
lokaler Konnektivität heraus, die
jedoch nur äußerst schwach durch globale Konnektivität im Gehirn mit anderen Arealen verbunden sind. [18]
Einteilung nach ICD-11 und DSM-V
2015 soll die ICD-11-Ausgabe herauskommen, um die weltweiten Diagnosestandards für
Krankheiten/Verhaltensstörungen zu
vereinheitlichen. Eine Einteilung in Kanner- und Asperger-Autismus wird es nicht mehr geben. Alle Arten
des Autismus werden in ein
Spektrum (Autismus-Spektrum-Störung (ASS)) überführt.[19]Für die Diagnose ASS muss man aus dem
Gebiet 1 aus allen drei
Bereichen ein Kriterium und aus dem Gebiet 2 zwei Kriterien erfüllen:
Gebiet 1: soziale Kommunikation
1A: merkwürdige Kontaktaufnahme ODER Unfähigkeit, Gespräche aufrechtzuerhalten, ODER keine
Gespräche starten
1B: kaum Verwendung von Mimik/Gestik ODER Auffälligkeiten bei Blickkontakt ODER Defiziten beim
Verständnis nonverbaler
Kommunikation
1C: Defizite bei der Aufnahme und Aufrechterhaltung von Beziehungen
Gebiet 2: Stereotypien/Rituale
2A: Stereotypien ODER repetitive Bewegungen ODER Echolalie
2B: Routinen
2C: Spezialinteresse
2D: Hyper- bzw. Hyporeaktivität auf sensorische Reize oder andere Reize
Differentialdiagnose
Autistische Verhaltensweisen können auch bei anderen Syndromen und Krankheiten auftreten. Von diesen
muss Autismus abgegrenzt
werden.
ADHS: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung ist vom Asperger-Syndrom nur schwierig zu
unterscheiden, wenn die
Aufmerksamkeitsdefizitstörung ohne begleitende Impulsivität und Hyperaktivität auftritt und zusätzlich durch
sie entstandene
soziale Defizite vorliegen. Es ist deshalb im konkreten Fall zu untersuchen, ob die Ablenkung von innen
heraus (Autismus) oder
durch Außenreize (ADHS) erfolgt.
Angelman-Syndrom: Das Angelman-Syndrom ist oberflächlich gesehen dem frühkindlichen Autismus sehr
ähnlich. Es ist aber
eine Veränderung auf dem 15. Chromosom und lässt sich genetisch nachweisen.
Bindungsstörung: Bei der Bindungsstörung ist das Sprachvermögen – anders als beim atypischen und
frühkindlichen Autismus
– intakt. Eine Abgrenzung zu hochfunktionalem Autismus und Asperger-Syndrom kann im Einzelfall
schwierig sein. Der Anamnese
kommt hier eine wichtige Rolle zu. Neuropsychologische Tests sind eine weitere Grundlage einer klaren
Differenzierung.
Allerdings ist Autismus keine Bindungsstörung, und autistische Menschen sind nicht in ihrer emotionalen
Bindung gestört, auch
wenn sie Beziehungen vielleicht untypisch gestalten (Gernsbacher et al., Science 2006).
Borderline-Persönlichkeitsstörung: Bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung bestehen wie beim
Asperger-Syndrom auch
Schwierigkeiten bezüglich der Empathiefähigkeit und des Erkennens nonverbaler Signale, jedoch treten bei
der BorderlineStörung meist starke Stimmungsschwankungen auf, während Spezialinteressen und das ausgeprägt
rationale Denken fehlen.[20]
Fragiles-X-Syndrom: Das Fragiles-X-Syndrom wird durch einen genetischen Defekt ausgelöst, der mit
entsprechenden
Analysemethoden eindeutig nachgewiesen und vom Autismus unterschieden werden kann.
Hörbehinderung: Eine Hörbehinderung kann auf den ersten Blick auch (Schwerhörigkeit oder
Gehörlosigkeit) bei Kindern mit
Autismus verwechselt werden, weil das Kind auf laute Geräusche oder Ansprache nicht reagiert und weil
sich die
Sprachentwicklung verzögert. Ein Hörtest oder Hörscreening (bei Kindern regelmäßig vor der Einschulung
durchgeführt) verschafft
Klarheit.
Autistisches Verhalten: bei psychischem Hospitalismus, Kindesmisshandlung und Verwahrlosung
unterscheidet sich vom
Autismus dadurch, dass dieser primär, also von Geburt an, auftritt. Die typischen Verhaltensweisen werden
bei Autisten nicht
durch falsche Erziehung, mangelnde Liebe, Misshandlung oder Verwahrlosung ausgelöst. In jenen Fällen
verschwindet das
autistische Verhalten bei Besserung der äußeren Umstände wieder, wohingegen Autismus nicht heilbar ist.
Magersucht: Bei Magersucht (Anorexia nervosa) können rigide Essgewohnheiten und soziale Isolation
auftreten, die an
hochfunktionalen Autismus oder Asperger-Syndrom erinnern. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal zum
Autismus ist, dass bei
Magersucht beide Symptome nur zeitlich begrenzt auftreten und nach Behebung der Ursache wieder
verschwinden. Gillberg stellte
jedoch bereits 1994 in einer epidemiologischen Studie fest, dass bei 6 von 51 Fällen von Anorexia nervosa
im frühen
Erwachsenenalter ein Asperger-Syndrom vorlag.[21]
Mutismus: Mutismus ist im Gegensatz zu Autismus seelisch bedingt und äußert sich ausschließlich als
Sprachstörung und nicht –
wie es bei Autismus der Fall ist – als Entwicklungsstörung. Es wird zwischen totalem Mutismus (der Patient
spricht trotz funktionell
vorhandener Sprechfähigkeit überhaupt nicht) und selektivem bzw. elektivem Mutismus (Spracheinsatz von
Personen und
Situationen abhängig) unterschieden.
Schizoide Persönlichkeitsstörung: Bei der schizoiden Persönlichkeitsstörung tritt im Gegensatz zu
atypischem und
frühkindlichem Autismus keine Intelligenzminderung auf. Eine Abgrenzung zu hochfunktionalem Autismus
und Asperger-Syndrom
kann im Einzelfall schwierig sein. Hierbei ist die Anamnese wichtig, denn der Autismus bzw. das AspergerSyndrom besteht
bereits seit dem Kindesalter.[22] Außerdem verschaffen neuropsychologische Testverfahren Klarheit.
Schizophrenie: Schizophrenie unterscheidet sich im Wesentlichen durch das Auftreten von Halluzinationen
und Wahn, die bei
Autismus nicht vorkommen. Im Unterschied zur einfachen Schizophrenie (Schizophrenia simplex) besteht
der Autismus bzw. das
Asperger-Syndrom bereits seit dem Kindesalter.
Stummheit, Aphasie: Stummheit, Aphasie oder eine sonstige Form von Sprachentwicklungsverzögerung
kann bei Kindern auf
den ersten Blick autistisches Verhalten vortäuschen, weil die sprachliche Äußerung fehlt. Das normale
Sozialverhalten der
Personen differenziert die Stummheit allerdings vom Autismus bzw. vom Asperger-Syndrom.
Autismus – Wikipedia 20.06.2014
http://de.wikipedia.org/wiki/Autismus 7 / 19
rote Linie: Zahl der Autismusdiagnosen, Schuljahre 1992 bis 2003 in
den USA, Steigerung relativ zu 1992
Autismus in den USA der 617jährigen. Prävalenz je 1000
Einwohner von 1996 bis 2007.
Urbach-Wiethe-Syndrom: Das Urbach-Wiethe-Syndrom ist eine sehr seltene neurologische Störung, die
zu
Hautveränderungen, Schleimhautveränderungen (Heiserkeit) und zu Schwierigkeiten bei der
Kommunikation und im
Sozialverhalten führt. Die Betroffenen haben Probleme, beispielsweise Gesichtsausdrücke anderer
Menschen zu interpretieren
und Gesprächen zu folgen. Die gleichzeitig auftretenden Haut- und Schleimhautveränderungen
differenzieren die Störung vom
Autismus. Eine genetische Untersuchung kann Klarheit verschaffen.
Zwangshandlung: Zwangshandlungen sind durch (obsessiv-kompulsive Störung) die Sozial- und
Kommunikationsfähigkeit
normal ausgeprägt. Im Gegensatz zu Menschen mit Zwangshandlungen erleben Autisten ihre Routinen
nicht als gegen ihren Willen
aufgedrängt, sondern sie schaffen ihnen Sicherheit und sie fühlen sich mit ihnen wohl.
Komorbide Störungen
Zusammen mit Autismus können verschiedene komorbide Störungen auftreten. Komorbide Störungen
können sein:
Alexithymie: (Gefühlsblindheit) bedeutet die Unfähigkeit, Gefühle hinreichend wahrnehmen und
beschreiben zu können.
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung heißen Konzentrationsprobleme, die aufgrund leichter
Ablenkbarkeit durch
Außenreize entstehen und mit Impulsivität und Hyperaktivität gekoppelt sein können.
Chromosomenanomalien sind Fehlbildungen der Chromosomen.
Depressionen, Psychosen, Phobien, posttraumatische Belastungsstörungen, Zwangsstörungen,
Essstörungen, Schlafstörungen:
bleibt die autistische Störung lange Zeit unerkannt und unbehandelt, können sich verschiedenartige
zusätzliche Störungen wie ein
Fächer ausbreiten. Dies ist auch der Grund, warum eine frühe Diagnose so wichtig ist.
Epilepsie, bezeichnet ein Krankheitsbild mit mindestens zwei wiederholt spontan auftretenden
Krampfanfällen, die nicht durch
eine vorausgehende erkennbare Ursache hervorgerufen wurden.
Fragiles-X-Syndrom: eine der häufigsten Ursachen erblicher kognitiver Behinderung. Ursache hierfür ist
eine genetische
Veränderung auf dem X-Chromosom des Menschen.
Nonverbale Lernstörung, ein neuropsychologisches Syndrom, das durch spezifische Fähigkeiten und
Defizite geprägt ist.
Prosopagnosie (Gesichtsblindheit): Schwierigkeiten, Gesichter zu erkennen. Manche Menschen mit
Autismus nehmen Menschen
und Gesichter wie Gegenstände wahr. In jüngsten Untersuchungen wurde festgestellt, dass manche
Menschen mit Autismus die
visuellen Informationen beim Betrachten von Personen und Gesichtern in einem Teil des Gehirns
verarbeiten, der eigentlich für die
Wahrnehmung von Objekten zuständig ist. Ihnen fehlt dann die intuitive Fähigkeit, Gesichter im Bruchteil
einer Sekunde zu
erkennen und Ereignissen zuzuordnen.
Tourette-Syndrom ist eine neuropsychiatrische Erkrankung, die durch das Auftreten von Tics charakterisiert
ist.
Tuberöse Sklerose, eine genetische Erkrankung, die mit Fehlbildungen und Tumoren des Gehirns,
Hautveränderungen und meist
gutartigen Tumoren in anderen Organsystemen einhergeht und klinisch häufig durch epileptische Anfälle
und kognitive
Behinderungen gekennzeichnet ist.
Folgen und Komplikationen
Autismus beeinträchtigt die Entwicklung der Persönlichkeit, die Berufschancen und Sozialkontakte ganz
erheblich. Der Langzeitverlauf
einer Störung aus dem Autismusspektrum hängt von der individuellen Ausprägung des Autismus beim
einzelnen Patienten ab. Die
Ursache des Autismus kann nicht behandelt werden. Möglich ist lediglich eine unterstützende Behandlung
in einzelnen
Symptombereichen.
Andererseits sind viele Schwierigkeiten, über die autistische Menschen berichten, durch Anpassungen der
Umwelt vermeidbar oder
verminderbar. Beispielsweise berichten manche von einem Schmerzempfinden für bestimmte
Tonfrequenzen. Solchen Menschen geht
es in einem reizarmen Umfeld deutlich besser. Eine autismusgerechte Umwelt zu finden bzw. herzustellen
ist deshalb ein wesentliches
Ziel.
Kommunikationstraining für Autisten sowie für deren Freunde und Angehörige kann für alle Beteiligten sehr
hilfreich sein und wird
beispielsweise in Großbritannien von der National Autistic Society angeboten und wissenschaftlich
weiterentwickelt. Eine zunehmende
Zahl von Schulen, Colleges und Arbeitgebern speziell für autistische Menschen demonstriert den Erfolg,
Autisten in autismusgerechten
Umfeldern leben zu lassen.
Die autistischen Syndrome gehören nach dem (deutschen) Schwerbehindertenrecht zur Gruppe der
psychischen Behinderungen. Nach
den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach
dem Schwerbehindertenrecht
(http://anhaltspunkte.vsbinfo.de/nr/26/26.3.2.htm#besondere) beträgt der Grad der Behinderung bei der
leichten Form (beispielsweise
Typ Asperger, HFA) 50 bis 80, ansonsten 100 Grad der Behinderung.
Beim frühkindlichen und atypischen Autismus bleibt eine Besserung des Symptombilds meist in engen
Grenzen. Etwa 10–15 % der
Menschen mit frühkindlichem Autismus erreichen im Erwachsenenalter eine eigenständige Lebensführung.
Der Rest benötigt in der
Regel eine intensive, lebenslange Betreuung und eine geschützte Unterbringung.
Über den Langzeitverlauf beim Asperger-Syndrom gibt es noch keine Studien. Hans Asperger selbst nahm
einen positiven
Langzeitverlauf an (Lit.: Asperger 1944, S. 132f.). In der Regel lernen Menschen mit Asperger-Syndrom im
Laufe ihrer Entwicklung, ihre
Probleme – abhängig vom Grad ihrer intellektuellen Fähigkeiten – mehr oder weniger gut zu kompensieren.
Der australische
Autismusexperte Tony Attwood vergleicht den Entwicklungsprozess von Menschen mit Asperger-Syndrom
mit der Erstellung eines
Puzzles. Mit der Zeit bekommen sie die einzelnen Teile des Puzzles zusammen und erkennen das ganze
Bild. So können sie das
Puzzle (oder Rätsel) des Sozialverhaltens lösen (Lit.: Attwood 2005, S. 224). Schließlich können Menschen
mit Asperger-Syndrom
einen Status erreichen, in dem ihre Störung im alltäglichen Umgang nicht mehr auffällt.
Es existiert eine Reihe von Büchern über autistische Menschen. Die Psychologen Oliver Sacks und Torey
L. Hayden haben Bücher über
ihre Patienten mit Autismus und deren Lebensweg veröffentlicht. An Büchern, die von Autisten selbst
geschrieben wurden, sind
insbesondere die Werke der US-amerikanischen Tierwissenschaftlerin Temple Grandin, der australischen
Schriftstellerin und Künstlerin
Donna Williams, der US-amerikanischen Erziehungswissenschaftlerin Liane Holliday Willey und des
deutschen Schriftstellers und
Filmemachers Axel Brauns bekannt.
Schule, Ausbildung, Beruf
Welche Form der Beschulung für Menschen mit Autismus geeignet ist, hängt von Intelligenz,
Sprachentwicklung und Ausprägung des
Autismus beim Einzelnen ab. Sind Intelligenz und Sprachentwicklung normal ausgeprägt, können Kinder
mit Autismus eine Regelschule
besuchen. Andernfalls kann der Besuch einer Förderschule in Betracht gezogen werden.
Hinsichtlich Ausbildung und Beruf muss ebenfalls der individuelle Entwicklungsstand des Einzelnen
berücksichtigt werden. Sind
Intelligenz und Sprachentwicklung normal ausgeprägt, können ein reguläres Studium oder eine reguläre
Berufsausbildung absolviert
werden. Andernfalls kann etwa eine Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen in Betracht
gezogen werden. In jedem Fall ist
es für die Integration und das Selbstwertgefühl autistischer Menschen wichtig, einer Tätigkeit nachgehen zu
können, die ihren
individuellen Fähigkeiten und Interessen entspricht.
Problematisch kann der Einstieg ins reguläre Berufsleben werden, da viele Autisten die hohen sozialen
Anforderungen der heutigen
Arbeitswelt nicht erfüllen können. Verständnisvolle Vorgesetzte und Kollegen sind für Menschen mit
Autismus unerlässlich. Wichtig sind
außerdem geregelte Arbeitsabläufe und überschaubare Sozialkontakte.
Ökologische Nischen finden
In einem ökologischen Weltbild geht es darum, dass sehr unterschiedliche Menschen, die in einem
Ökosystem zusammenleben (im
Falle des Menschen einem sozio-ökonomischen Ökosystem) passende Nischen finden, in denen sie gut
zurechtkommen. Eine
autismusgerechte Umwelt zu finden bzw. herzustellen ist daher ein wesentliches Ziel, beispielsweise
spezialisierter Schulen. In den USA
gibt es Zentren, die bei Bedarf erwachsenen Autisten Arbeitsplätze vermitteln, gegebenenfalls in
Kombination mit betreutem
Wohnen.[25] Die dänische Zeitarbeitsfirma Specialisterne demonstriert den Erfolg, Autisten in
autismusgerechte Umfelder zu vermitteln.
Der richtige Arbeitsplatz für Autisten, der besondere Eigenarten der Autisten berücksichtigt, kann
schwieriger zu finden, aber oft auch
sehr erfüllend sein. Spezialisierte Berufsberatungen für das Autismusspektrum gibt es kaum, da für Autisten
in Deutschland die
Integrationsämter zuständig sind. Die dänische Firma plant, auch in anderen Ländern etwa in
Datenbankführung oder
Computerprogrammierung zu vermitteln – Berufsfelder u. a., in denen oft speziell begabte Menschen mit
Autismus sogar besser als
andere sein können. Derart lässt sich etwa ein phänomenales Zahlengedächtnis einsetzen – stets ohne
geräuschvolles Großraumbüro
und mit mäßiger Arbeitszeit usw. Ende 2011 wurde in Berlin die Firma Auticon gegründet. Sie hat sich
darauf spezialisiert, die oft
enormen Begabungen von Menschen mit Asperger-Autismus zum Beispiel in der Qualitätskontrolle von
Software zu nutzen.[26]
Der australische Psychologe Attwood schreibt über die Diagnose von leicht autistischen Erwachsenen,
dass diese teilweise gut
zurechtkommen, wenn sie etwa einen passenden Arbeitsplatz gefunden haben, aber im Fall von Krisen –
etwa durch Arbeitslosigkeit –
von ihrem Wissen über Asperger-Syndrom zur Bewältigung von Krisen profitieren.[27] In Schottland gibt es
Dörfer, in denen autistische
Menschen unter sich wohnen.
Therapieansätze
Ausgehend vom individuellen Entwicklungsprofil des Patienten wird ein ganzheitlicher Behandlungsplan
aufgestellt, in dem die Art der
Behandlung einzelner Symptome festgelegt und die einzelnen Behandlungsarten aufeinander abgestimmt
werden. Bei Kindern wird das
gesamte Umfeld (Eltern, Familien, Kindergarten, Schule) in den Behandlungsplan einbezogen.
Einen Überblick über Anwendungen, Therapien und Interventionen hat die englische National Autistic
Society hier
(http://www.nas.org.uk/nas/jsp/polopoly.jsp?d=249&a=3798) veröffentlicht. Eine Auswahl von
Behandlungsmethoden soll im Folgenden
kurz vorgestellt werden. Einen guten Überblick über Behandlungsmethoden bietet Lit.: Poustka 2004, S.
52–61. Weiterführende
Informationen enthält Lit.: Weiß 2002.
Verhaltenstherapie
Die Verhaltenstherapie ist in der Autismustherapie die am besten wissenschaftlich abgesicherte
Therapieform, wobei das DIMDI
anmerkt, dass keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege bekannt sind.[28] Ziel ist es, einerseits
störende und unangemessene
Verhaltensweisen wie übermäßige Stereotypien oder (auto)aggressives Verhalten abzubauen und
andererseits soziale und
kommunikative Fähigkeiten aufzubauen. Im Prinzip wird dabei so vorgegangen, dass erwünschtes
Verhalten durchgängig und
erkennbar belohnt wird (positive Verstärkung). Verhaltenstherapien können entweder ganzheitlich oder auf
einzelne Symptome
ausgerichtet sein.
Die Applied Behavior Analysis (ABA) ist eine ganzheitlich ausgerichtete Therapieform, die in den 1960er
Jahren von Ivar Lovaas
entwickelt wurde. Diese Therapieform ist auf die Frühförderung ausgerichtet. Zunächst wird anhand einer
Systematik festgestellt, welche
Fähigkeiten und Funktionen das Kind bereits besitzt und welche nicht. Hierauf aufbauend werden spezielle
Programme erstellt, die das
Kind befähigen, die fehlenden Funktionen zu erlernen. Die Eltern werden in die Therapie einbezogen. Die
Verfahrensweisen von ABA
basieren im Wesentlichen auf Methoden des operanten Konditionierens. Hauptbestandteile sind Motivation
bei richtigem Verhalten und
Löschung bei falschem Verhalten. Lernversuche und -erfolge sowie erwünschtes Verhalten werden
möglichst direkt verstärkt, wobei
primäre Verstärker (wie Nahrungsmittel) und sekundäre Verstärker (wie Spielzeug) eingesetzt werden, um
erwünschtes Verhalten zu
belohnen. In den 1980er Jahren wurde ABA durch Jack Michael, Mark Sundberg und James Partington
weiterentwickelt, indem auch
die Vermittlung sprachlicher Fähigkeiten (Verbal Behavior) einbezogen wurde. Es gibt zurzeit in der
Bundesrepublik Deutschland nur
zwei Institute, die diese Therapie anbieten.
Ein weiteres ganzheitlich orientiertes pädagogisches Förderkonzept ist TEACCH (Treatment and Education
of Autistic and related
Communication-handicapped Children), das sich sowohl an Kinder als auch an Erwachsene mit Autismus
richtet. TEACCH ist darauf
ausgerichtet, die Lebensqualität von Menschen mit Autismus zu maximieren und sie anzuleiten, sich im
Alltag zurechtzufinden. Zentrale
Annahmen des Konzeptes sind, dass Lernprozesse durch Strukturierung und Visualisierung bei Menschen
mit autistischen Merkmalen
initiiert werden können (Häußler, 2005).
Elterntraining
Eltern autistischer Kinder erleben nachweislich signifikant mehr Stress als Eltern von Kindern mit anderen
Krankheiten oder
Behinderungen. Eine Reduzierung des Stresses der Eltern zeigt deutliche Besserungen im Verhalten ihrer
autistischen Kinder. Es gibt
starke Hinweise für einen Zusammenhang zwischen der Stressbelastung der Eltern und den
Verhaltensproblemen ihrer Kinder,
unabhängig von der Schwere des Autismus. Verhaltensprobleme der Kinder zeigen sich nicht vor, sondern
auch während erhöhter
Stressbelastung der Eltern: Evaluation of Early Intervention[29]. Die National Autistic Society hat das „NAS
EarlyBird“ Programm
entwickelt, ein dreimonatiges Trainingsprogramm für Eltern, um sie auf das Thema Autismus effektiv
vorzubereiten: NAS EarlyBird[30].
Relationship Development Intervention (RDI)
Während ABA autistische Kinder zum Befolgen von Teilleistungen – wie etwa Blickkontakt halten –
konditioniert, ist RDI ein Programm,
das Eltern und Therapeuten Schritt für Schritt und systematisch beibringt, eine funktionierende Beziehung
zu autistischen Personen
aufzubauen und weiterzuentwickeln. Studien zur Evaluierung von RDI laufen zurzeit.
Soziales Kompetenztraining
Erwachsene Autisten mit gut ausgeprägten sprachlichen und intellektuellen Fähigkeiten können soziale und
kommunikative Fähigkeiten
beispielsweise in Patientengruppen trainieren. Bei sozialem Kompetenztraining finden sich Menschen mit
vergleichbaren Auffälligkeiten
zusammen, um unter fachkundiger Anleitung ihre Sozialkompetenz zu verbessern.
Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie
Die Ergotherapie umfasst handwerkliche, gestalterische sowie spielerische Übungen. Einen elementaren
Bereich stellt das Üben
lebenspraktischer Tätigkeiten dar. Verbesserung, Wiederherstellung oder Kompensation der
beeinträchtigten Fähigkeiten sollen
dem Patienten eine möglichst große Eigenverantwortung und Handlungsfreiheit im Alltag ermöglichen.
Physiotherapie kann motorische Defizite abbauen.
Logopädie kann Sprachauffälligkeiten in Lautstärke, Tonlage, Geschwindigkeit und Modulation
normalisieren.
Medikamentöse Behandlung
Es gibt keine Medikamente gegen die (unbekannte) Ursache des Autismus, und bis heute wurde noch kein
einziges Medikament mit
der Indikation „Autismus“ zugelassen. Lediglich eine medikamentöse Behandlung der Begleitsymptome wie
beispielsweise Angst,
Depressionen, Aggressivität oder Zwänge mit Antidepressiva (etwa SSRI), atypischen Neuroleptika oder
Benzodiazepinen kann eine
Komponente im Gesamtbehandlungsplan sein, bedarf jedoch besonderer Vorsicht und aufmerksamer
Beobachtung, denn nicht selten
verschlimmern sie bei falscher Anwendung die Symptome, statt sie zu mildern. Mit besonderer Vorsicht ist
bei der Gabe von
Stimulanzien, wie sie bei Hyperaktivität (ADHS) verschrieben werden, vorzugehen, da sie bei vorhandenem
Autismus und der damit
einhergehenden sensorischen Hypersensibilität diese noch verstärken können.
Derzeit gibt es einige Studien die die Wirkung von Oxytocin-Nasensprays auf autistische Kinder
untersuchen. Eine zeigte hierbei, dass
die Aktivität der Gehirnregion, welche für die Verarbeitung sozialer Information zuständig ist, gesteigert
werden kann[31]. Ob dies auch im Alltag eine Verbesserung der Lebensqualität mit sich bringt kann noch
nicht gesagt werden.
Ergänzende Maßnahmen
Mögliche ergänzende Methoden sind etwa Musik-, Kunst-, Massagetherapie, ebenso wie Reit- und
Delfintherapie oder der Einsatz von
Therapierobotern (Keepon) oder Echolokationslauten (Dolphin Space). Sie können die Lebensqualität
steigern, indem sie positiv auf
Stimmung, Ausgeglichenheit und Kontaktfähigkeit einwirken. Das zeigt 2008 etwa ein umfassender
wissenschaftsjournalistischer
Bericht über zwei eigene autistische Kinder – mit Hund.[32]
Verfahren ohne Wirksamkeitsnachweis
Weitere bekannte Maßnahmen sind Festhaltetherapie, Gestützte Kommunikation und Daily-Life-Therapie.
Diese Maßnahmen „sind im
Kontext der Behandlung des Autismus entweder äußerst umstritten und unglaubwürdig oder deren
Annahmen und Versprechungen
wurden durch wissenschaftliche Untersuchungen im Wesentlichen widerlegt“. (Lit.: Poustka 2004, S. 59)
Die Festhaltetherapie wurde 1984 von der US-amerikanischen Kinderpsychologin Martha Welch entwickelt
und von Jirina Prekop
im deutschen Sprachraum verbreitet. Ansatzpunkt bei dieser Therapie ist die nicht dem aktuellen Stand der
Autismusforschung
entsprechende Annahme, dass der Autismus eine emotionale Störung sei, die durch negative Einflüsse in
der frühesten Kindheit
hervorgerufen werde. Das betroffene Kind habe kein Urvertrauen aufbauen können. Bei der sehr
umstrittenen
Festhaltetherapie[33] soll durch Festhalten des Kindes der Widerstand gegen Nähe und Körperkontakt
gebrochen und so das
Urvertrauen nachträglich entwickelt werden. Bedenklich bei der Festhaltetherapie „ist nicht nur die
manchmal äußerst dramatisch
und fast gewalttätig anmutende Vorgehensweise, sondern auch die dem Konzept mehr oder weniger
zugrundeliegende These,
dass das frühe Urvertrauen vom Kind nicht erworben werden konnte. Dies wird häufig von Eltern im Sinne
einer persönlichen
Schuld am Sosein ihres autistischen Kindes interpretiert“ (Lit.: Remschmidt 2002, S. 80).
Bei der Methode Gestützte Kommunikation benutzt die Person mit Autismus (gestützte Person) mit
körperlicher Hilfestellung
durch eine assistierende Person (Stützer) eine Kommunikationshilfe (Buchstabentafel,
Kommunikationstafel, Computertastatur
u.ä.). Durch diese gemeinsame Bedienung entsteht ein Text, dessen Autorenschaft der gestützten Person
zugeschrieben wird.
Die Stützer werden in Seminaren in die Gestützte Kommunikation eingeführt. Kritik an der Methode
entzündet sich u. a. daran,
dass in Blindversuchen nachgewiesen werden konnte, dass der Stützer den Schreiber unbewusst und
unbeabsichtigt beeinflusste,
so dass der Stützer und nicht die gestützte Person Urheber des Textes ist.
Die Daily-Life-Therapie wurde erstmals 1964 in Japan angewandt. Dabei wird von der Grundhypothese
ausgegangen, dass ein
hohes Angstniveau bei Menschen mit Autismus durch körperliche Anstrengung beseitigt werden kann.
Körperliche Anstrengung
führt zu einer erhöhten Ausschüttung von Endorphinen, die schmerzlindernd oder schmerzunterdrückend
(analgetisch) wirken.
Des Weiteren gibt es verschiedene „biologisch begründete“ Therapiemethoden – etwa die Behandlung mit
dem Darmhormon
Sekretin –, unter Verwendung hoher Dosen von Vitaminen und Mineralien oder mit besonderen Diäten.
Auch hier fehlen bisher
Wirksamkeitsnachweise, so dass von diesen Maßnahmen abgeraten wird (Lit.: Poustka 2004, S. 59)
Mögliche Ursachen von Autismus
Mögliche Ursachen oder Auslöser von Autismus werden heute auf unterschiedlichen Gebieten erforscht.
Die noch bis in die 1960er
Jahre vertretene These, Autismus entstehe aufgrund der emotionalen Kälte der Mutter (ehemaliger
Terminus der sogenannten
„Kühlschrankmutter“), durch lieblose Erziehung, mangelnde Zuwendung oder psychische Traumata, gilt
heute als widerlegt.
Genetische Faktoren
Bei Familienstudien wurde festgestellt, dass es eine familiäre Häufung von Autismus gibt. Genetische
Faktoren sind daher als Ursache
für Autismus sehr wahrscheinlich. Zwillingsuntersuchungen aus Europa und den USA zeigen, dass ein
eineiiges autistisches
Zwillingskind mit sehr viel größerer Wahrscheinlichkeit (zirka 95,7 %) einen autistischen Zwilling hat als ein
zweieiiges Zwillingskind.
Daraus ließe sich zunächst folgern, dass die Symptomatik genetisch bedingt ist. Da aber nicht alle eineiigen
autistischen
Zwillingskinder einen autistischen Zwilling haben, lässt sich keine allgemeingültige Erklärung auf
genetischer Basis finden. Nach den
bisherigen Erkenntnissen aus diesen Familien- und Zwillingsuntersuchungen wird angenommen, dass die
Entstehung der Erkrankung
durch eine Kombination verschiedener spezifischer Gene (sicher mehr als zwei) bedingt ist, die
wahrscheinlich insbesondere während
der Gehirnentwicklung aktiv sind.
Eine neuere Studie legt einen Zusammenhang zwischen dem Alter des Vaters und dem Autismusrisiko des
Kindes nahe. Demnach
komme Autismus bei Kindern von Vätern über 40 Jahren fast sechsmal häufiger vor als bei Kindern von
Vätern unter 30.[34]
In der Evolutionsbiologie wird auch die Möglichkeit erforscht, dass Autismus einen Teil der biologischen
Vielfalt darstellt und welche
Mutationen in der Entwicklungsgeschichte des Menschen dazu geführt haben könnten.
Hinweise auf die an der Entstehung von Autismus-Spektrum-Störungen möglicherweise beteiligten
genetischen Ursachenkomponenten
ergeben sich aus mehreren im Sommer 2009 veröffentlichten Studien, die zu ähnlichen Ergebnissen
gelangen.
So identifizierten Wissenschaftler von einem Kinderkrankenhaus in Philadelphia genetische Variationen auf
Chromosom 5, die bei ca
15 % der als Probanden an der Studie teilnehmenden Menschen mit Autismus nachzuweisen waren. Auf
dem auffälligen Abschnitt, der
zwischen den Genen Cadherin 9 und Cadherin 10 liegt, konnten sechs Einzelnukleotid-Polymorphismen
identifiziert werden, bei denen
einzelne Basenpaare der DNA verändert sind.[35] [36] Der größte Teil der veränderten Gene wird mit der
Bildung neuronaler
Verbindungen in Zusammenhang gebracht und soll bei der Entwicklung des Frontallappens eine Rolle
spielen. Diese Hirnregion ist für
bestimmte Verhaltensbereiche – wie etwa das Sozialverhalten oder die ausführenden Funktionen –
bedeutsam, deren Veränderung zur
Kernsymptomatik autistischer Störungen gehört.
Eine andere Forschungsarbeit[37] deutet in dieselbe Richtung und stellt eine Beziehung zwischen Autismus
und dem exzessiven
Vorhandensein genetischen Materials her, das mit einem an der Herstellung von Zellverbindungen
beteiligten Protein (Ubiquitin)
zusammenhängt.
Diese Resultate sehen sich durch eine dritte Studie[38] bestätigt, die von einem Forscherteam des Miami
Institute for Human
Genomics durchgeführt wurde. Letztere stützt die Vermutung, dass die entdeckten Veränderungen im
Wesentlichen die in Prozesse neuronaler Zelladhäsion involvierten Gene betreffen. Dies stimmt mit den
Erkenntnissen früherer Arbeiten überein, die eine verringerte
Konnektivität der neuronalen Strukturen bei Autismus nachgewiesen haben. Die für dieses
Störungsspektrum charakteristischen
Symptome könnten im Zusammenhang mit einem neuronalen Diskonnektionssyndrom durch eine fehlende
strukturelle und funktionelle
Bindung zwischen bestimmten Hirnregionen hervorgerufen werden.
Diese Erkenntnisse werden von Fachleuten als für die Erforschung der Ursachen des Autismus
ausgesprochen bedeutsam
eingeschätzt. Zwar gab es bereits vorher Studien, in denen einzelne, möglicherweise an der Entstehung
von autistischen Störungen
beteiligte Gene identifiziert wurden. Darin wurden aber stets nur sehr kleine DNA-Segmente untersucht und
die Schlussfolgerungen
bezogen sich nur auf sehr wenige Individuen, ohne dass es gelang, die Ergebnisse über die untersuchten
Gruppen hinaus in anderen
Populationen zu reproduzieren.[39]
Hirnschädigungen
Verschiedene Studien haben ergeben, dass manche Menschen mit Autismus morphologisch oder
funktionell normabweichende
Gehirne haben. Jedoch sind hier die Befunde uneinheitlich und es ist auch nicht klar, ob die Hirnschäden
Autismus verursachen, ob der
Autismus zu Hirnveränderungen führt oder ob die Hirnschäden lediglich ein Korrelat des Ereignisses sind,
durch das der Autismus
verursacht wurde. Festgestellt wurden insbesondere eine Funktionsstörung der linken Gehirnhälfte,
abnorme Veränderungen des
Stammhirns in Kombination mit Aufmerksamkeitsdefizit sowie Störungen in der sensorischen
Reizverarbeitung. Jedoch besteht in
diesem Bereich noch weiterer Forschungsbedarf.
Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Spiegelneuronen bei Menschen mit Autismus nicht hinreichend
funktionstüchtig sind.[40]
Andererseits gibt es Studien, die kognitive Stärken autistischer Menschen belegen und die daher die Frage
aufwerfen, ob mehr von
einer unterschiedlichen anstatt einer defekten Wahrnehmung zu sprechen sei. So hätten Autisten nicht
etwa eine niedrigere, sondern
stattdessen eine andere Intelligenz als nicht als autistisch diagnostizierte Menschen [41] und zeigten eine
Reihe von kognitiven Stärken
gegenüber nichtautistischen Personen.[42]
Biochemische Besonderheiten
Bei Untersuchungen von Menschen mit Autismus wurden Besonderheiten im biochemischen Bereich
festgestellt. Teilweise weisen sie
einen erhöhten Dopamin-, Adrenalin-, Noradrenalin- und Serotoninspiegel auf. Jedoch sind die Befunde in
diesem Bereich uneinheitlich
und lassen keine allgemeingültigen Schlüsse zu. Es gibt Berichte, nach denen eine kasein- und glutenfreie
Diät, auch bekannt als GfcfErnährung, zu einer Besserung der Symptome beigetragen habe.
Verschiedene internationale Wissenschaftler, darunter Dr. Emma Allen-Vercoe (University of Guelph,
Kanada), Sydney M. Finegold
(University of California, USA), Derrick MacFabe (University of Western Ontario, Kanada) und Prof. Tore
Mildtveit (Karolinska-Institut,
Schweden) beobachten Zusammenhänge zwischen Besonderheiten der Darmflora und dem Auftreten von
Autismus.[43][44][45] Die
Beobachtungen decken sich mit der Erfahrung, dass Autisten weit häufiger als andere Menschen an
Verdauungsbeschwerden
leiden.[46]
Gefühlsblindheit (Mindblindness Theory)
Leo Kanner nahm an, dass Kinder mit Autismus Defizite im affektiven Kontakt aufweisen, dass also ihre
Fähigkeit, anhand der
Körpersprache anderer Menschen deren Gefühle zu erkennen, eingeschränkt ist. Dies wird auf kognitive
Defizite (Gefühlsblindheit, engl.
mindblindness) zurückgeführt. Menschen mit Autismus haben Schwierigkeiten zu verstehen, dass
Menschen unterschiedliche
Empfindungen haben. Außerdem wurde festgestellt, dass Autisten (im Gegensatz zu neurologisch
typischen Menschen) Objekte und
Menschen in derselben Gehirnregion wahrnehmen.
Empathising-Systemising Theory
Der britische Autismusforscher Simon Baron-Cohen vermutet, dass Autisten, verursacht durch einen hohen
Testosteronspiegel im
Mutterleib, ein extrem ausgeprägtes männliches Gehirn haben. In einer Studie mit 58 schwangeren Frauen
zeichneten sich Kinder, die
im Mutterleib einem erhöhten Testosteronspiegel ausgesetzt waren, gegenüber normalen Kindern durch
einen kleineren, aber qualitativ
höheren Wortschatz und selteneren Blickkontakt aus. Im Alter von vier Jahren waren diese Kinder sozial
weniger entwickelt.
Daraufhin entwickelte Baron-Cohen die Empathising-Systemising Theory (E-S), die besagt, dass sich das
Gehirn von Kindern, die im
Mutterleib einem erhöhten Testosteronspiegel ausgesetzt sind, in Richtung einer verbesserten Fähigkeit,
Muster zu sehen und Systeme
zu analysieren entwickle, dafür jedoch Defizite aufweist, wenn es um die Empathie-Fähigkeit gehe.
Diese Theorie wird auch Extreme Male Brain Theory genannt, da diese einseitigen Fähigkeiten
üblicherweise männlichen Gehirnen
zugeschrieben werden. Baron-Cohen argumentiert, Autismus sei mit mathematischem Talent
verbunden.[47]
Underconnectivity Theory
Die Underconnectivity Theory sieht die Ursache von Autismus in einem Mangel in der Koordination unter
den verschiedenen
Gehirnbereichen. In fMRI-Aufnahmen wurde festgestellt, dass bei Autisten Verbindungen zwischen
Gehirnregionen fehlen. Diese
Theorie erklärt, warum bei Autisten die Intelligenz ungleichmäßig ausgeprägt ist.
Monotropismus-Hypothese
Die Monotropismus-Hypothese beschreibt den Aufmerksamkeitstunnel als die zentrale Ursache der
kognitiven Stärken und Schwächen
autistischer Menschen. Die Autoren argumentieren, dass das 3. Diagnosekriterium für Autismus (repetitive
Bewegungen, enge
Bandbreite von Interessen) im DSM-IV und ICD-10 die Kernsymptomatik des Autismus darstellen würde,
und Schwierigkeiten in der
Kommunikation (1. und 2. Diagnosekriterium) als Folge des 3. Diagnosekriteriums erklärt werden können.
Demnach können autistische Menschen sich tendenziell stark auf ein Interesse oder einen Reiz
konzentrieren, sind aber tendenziell
schlecht im Multitasking (gleichzeitiges Erledigen verschiedener Aufgaben), wie es für das Verständnis
sich potenziell schnell
ändernder sozialer Situation erforderlich ist. Aufmerksamkeitstunnel seien der Grund, warum Menschen
nicht aus Erfahrungen lernen und generalisieren könnten, aber auch dafür, dass sie etwas so intensiv
betrachten könnten, dass sie nicht hörten, wenn man sie
anspreche. Diese Hypothese von Dinah Murray, Mike Lesser und Wendy Lawson wurde im Mai 2005 von
der britischen AutismusOrganisation National Autistic Society in dem Journal Autism veröffentlicht.[48] Wendy Lawson schreibt in
ihren Büchern über
„Monotropismus“, Donna Williams über „mono-track“ und „mono-processing“ (die Nutzung von nur einem
Sinneskanal gleichzeitig).
Diese Hypothese wurde von Menschen im Autismusspektrum entwickelt. Die Monotropismus-Hypothese ist
ein nicht-medizinisches
Modell und betrachtet mit Autismus diagnostizierte Menschen als Extreme normaler biologischer Vielfalt.
Auties und Aspies
Die Ausprägungen von Autismus umfassen ein breites Spektrum. Verständlich ist, dass sich manche
Menschen mit
einer starken Ausprägung des Autismus eine Heilung wünschen (nicht alle von ihnen tun dies). Viele
Erwachsene mit
leichter Ausprägung des Autismus haben gelernt, mit ihren autistischen Eigenarten zurechtzukommen. Sie
wünschen
sich vielfach keine Heilung ihres Autismus, sondern die Akzeptanz durch ihre Mitmenschen. Auch sehen sie
Autismus
nicht als etwas von ihnen Getrenntes, sondern als integralen Bestandteil ihrer Persönlichkeit.
Die australische Künstlerin und Kanner-Autistin Donna Williams hat in diesem Zusammenhang den Begriff
Auties
eingeführt, der sich entweder speziell auf Menschen mit Kanner-Autismus oder allgemein auf alle
Menschen mit einer
Autismus-Spektrum-Störung bezieht. Von der US-amerikanischen Erziehungswissenschaftlerin und
Asperger-Autistin
Liane Holliday Willey stammt die Bezeichnung Aspies für Menschen mit Asperger-Syndrom. Die
Psychologen Tony
Attwood und Carol Gray richten in ihrem Essay Die Entdeckung von „Aspie“[3] den Blick auf positive
Eigenschaften
von Menschen mit Asperger-Syndrom. Die Begriffe Auties und Aspies wurden von vielen
Selbsthilfeorganisationen
von Menschen im Autismusspektrum übernommen.
Um dem Wunsch vieler Autisten nach Akzeptanz durch ihre Mitmenschen Ausdruck zu verleihen, feiern
einige seit
2005 jährlich am 18. Juni den Autistic Pride Day.
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