Selbstbewusstsein

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Dipl.Psych. Sybille Herold,
Hasselwerder Str. 5, 12439 Berlin, Tel. 030 63331661
Alle Kinder brauchen Selbstbewusstsein
Auch Ihr Kind sollte ein gesundes Selbstbewusstsein entwickeln.
Es muss seine eigenen Stärken kennen (also Selbstvertrauen in die eigene Kraft besitzen) und die
eigene Persönlichkeit inklusive ihrer Schwächen akzeptieren. Das nennt man ein gutes
Selbstwertgefühl haben.
Warum ist ein gesundes Selbstbewusstsein für ein Kind so wichtig?
Defizite im Selbstwertgefühl bilden den Hintergrund fast jeder psychischen Störung. Ein Kind mit
einem stabilen Selbstbewusstsein kann ausgeglichen und gelassen durch den Tag gehen. Es
vertraut auf die eigenen Kräfte und Fähigkeiten. Es fühlt sich geliebt und geachtet. Es weiß, dass
es Fehler machen darf und dass es diese korrigieren kann. Es tritt offen für seine Bedürfnisse und
Interessen ein, achtet dabei aber die seiner Mitmenschen und muss sich über niemanden stellen.
Selbstbewusstsein ist eine Voraussetzung dafür:
• sein Leistungsvermögen voll auszuschöpfen;
• sein Leben selbst in die Hand nehmen zu können;
• gut mit anderen klarzukommen;
• glücklich sein zu können.
Es stellt außerdem einen fundamentalen Schutz vor seelischen Schäden durch negative Einflüsse
und Lebensumstände dar: schlechte Freunde, Drogenangebote, Lebenskrisen durch Trennung,
Arbeitslosigkeit, Krankheit …
Was kann ich tun, damit mein Kind Selbstbewusstsein entwickelt?
1. Kinder sind die Experten für ihre eigenen Probleme: Zeigen Sie Ihrem Kind immer wieder, dass
Sie es für fähig halten, seine Schwierigkeiten selbst zu lösen. Bieten Sie nicht zu schnell Ihre
Lösungsvorschläge an. Vermitteln Sie ihm Optimismus. Erinnern Sie es an Dinge, die es bereits
geschafft, Probleme, die es gelöst hat.
2. Fordern Sie Ihr Kind! Lassen Sie es entsprechend seinem Alter selbständig sein. Stellen Sie es
immer wieder vor neue Aufgaben, die es erreichen kann. Tun Sie nicht Dinge für es, die es allein
tun könnte.
Trauen Sie ihm zu, Kummer und Ärger auch ein einmal eine Zeit auszuhalten.
3. Vermitteln Sie Ihrem Kind immer wieder, dass es als eigenständige Person wichtig und
achtenswert ist. Gestehen Sie ihm einen eigenen Geschmack, eigene Bedürfnisse, eigene Ideen
und eigene Gefühle zu. Fragen Sie es danach. Werten Sie seine Aussagen nicht als unsinnig ab.
Wenn es weint, nachdem es hingefallen ist, dann ist das überhaupt nicht „gar nicht schlimm“.
Wenn es Pokèmonkarten unheimlich wichtig findet, dann sind diese Dinger für ihn von
Bedeutung.
Wenn ärgerlich ist, weil sie den Fernseher ausschalten, dann ist das gut nachvollziehbar.
Wenn es lieber spielt als Hausaufgaben zu machen, so hat es oft völlig Recht.
(Was nun aber nicht bedeutet, dass Sie alle seine Wünsche erfüllen, jeden Ärger vermeiden
sollten!)
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4. Behandeln Sie es nicht, als sei es taub oder geistig irgendwie eingeschränkt. Sprechen Sie nicht
in seinem Beisein über Ihr Kind wie über einen Problemfall. (Achten Sie auch auf Ihre Telefonate,
da hören Kinder oft mit. Und achten Sie auf Ihre Mimik und den Stimmklang. Kinder merken oft
noch schneller als Erwachsenen, wie echt z.B. ein Lob ist.)
5. Glauben Sie immer an den guten Kern Ihres Kindes. Bringen Sie ihm bei, dass jeder Mensch
Fehler macht. Aus Fehlern kann man nur lernen. Sie sind kein Verbrechen.
Kein Kind ärgert seine Eltern bewusst oder grundlos.
Jedes Kind will von seinen Eltern geliebt und wertgeschätzt werden.
Kein Kind ist ein Klon eines gehassten Elternteils.
Unterscheiden Sie immer zwischen seiner Persönlichkeit und seinem Verhalten. Wenn Ihr Kind
sich falsch verhält, ist es deshalb kein schlechter oder weniger liebenswerter Mensch.
6. Vertrauen Sie Ihrem Kind. Geben Sie ihm immer wieder eine neue Chance.
Ihr Kind konnte sich an eine vereinbarte Zeit nicht halten? Dann darf es den nächsten Tag nicht
raus oder muss um die verspätete Zeit eher kommen. Am übernächsten Tag darf es zeigen, ob es
etwas gelernt hat.
7. Seien Sie solidarisch mit ihm. Helfen Sie ihm, seine Interessen durchzusetzen, wo es dies noch
nicht allein kann. Schreiben Sie unter die Hausaufgabe, dass Ihr Kind sich sehr lange bemüht hat,
sie aber nicht geschafft hat. Sprechen Sie mit der Mutter des Klassenkameraden, wenn deren Sohn
etwas Ausgeliehenes nicht zurückgeben will. Zeigen Sie Verständnis über sein Unbehagen, weil
die Lehrerin wohl einen schlechten Tag gehabt hat.
8. Loben Sie Ihr Kind viel, aber loben Sie es ehrlich und ohne Wenn und Aber.
Loben Sie nur Dinge, die Sie wirklich anerkennen können. Übertreiben Sie Ihr Lob nicht.
Wenden Sie sich beim Loben Ihrem Kind unmittelbar zu, anstatt ihm neben dem Abwasch ein
müdes »Toll gemacht« zuzumurmeln.
Nehmen Sie das Lob nicht gleich wieder zurück, indem Sie eine versteckte Kritik anhängen:
»Prima die Zwei im Diktat! Ich frage mich, warum geht das nicht immer so. Ich habe dir doch
schon 100 Mal gesagt, dass du …«
Auch wenn das Ergebnis möglicherweise noch nicht so überzeugend ist: Ihr Kind hat sich
vielleicht sehr bemüht oder es hat von allein daran gedacht, eine Geburtstagskarte für die Oma zu
basteln oder es hat ziemlich lange an einem Bauwerk gesessen. Das alles verdient ein dickes Lob!
Lob können Sie noch intensivieren, indem Sie den Erfolg stolz anderen Leuten berichten.
Tipp: Überprüfen Sie von Zeit zu Zeit Ihre Maßstäbe, wenn Sie merken, dass Ihnen selten ein
Lob über die Lippen kommt. Messen Sie Ihr Kind vielleicht immer an anderen? Sehen Sie
stattdessen ganz bewusst seine Fortschritte in seiner ganz individuellen Entwicklung!
9. Sorgen Sie für Gleichberechtigung und Fairness in der Familie. Es sollte trotz unterschiedlicher
Rechte und Pflichten keine Menschen erster und zweiter Klasse bei Ihnen daheim geben.
Sie spielen oder unterhalten sich gerade mit Ihrem Kind. Da klingelt das Telefon. Oma will von
ihrem Einkauf berichten. Ihr Kind muss selbstverständlich warten? Würden Sie das auch tun,
wenn Sie sich gerade mit einem Freund unterhalten würden? – Ihr Kind gibt beim Essen auf der
neuen Couch sitzend genauso wenig Acht wie Ihr Nachbar. Bitten Sie beide mit der gleichen
Formulierung, vorsichtiger zu sein?
10. Kinder können mitentscheiden. Beziehen Sie Ihr Kind – seinem Alter entsprechend – in
Entscheidungen mit ein. In der Kleiderwahl, was und wie viel es isst (natürlich legen Sie dafür
Grundregeln fest: nur Süßes geht nicht!), wofür es sein Taschengeld ausgibt…
11. Lassen Sie Ihr Kind altersentsprechend selbständig sein.
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Ihr Kind sollte seinem Alter entsprechend selbständig sein. Wenn Sie es immer nur überall
hinfahren, wird es nicht lernen, auf sich selbst aufzupassen und von Ihnen abhängig bleiben. Es
sollte ein eigenes Taschengeld haben und in eigener Verantwortung ausgeben können. Es sollte
bei anderen Leuten übernachten können. Verwöhnen ist dann erlaubt, wenn Sie sicher sein
können, dass Ihr Kind etwas auch allein tun könnte.
12. Versuchen Sie, ihm in puncto Selbstbewusstsein ein gutes Vorbild zu sein!
Was kann sich Ihr Kind bei Ihnen abschauen? Wie gehen Sie auf andere zu? Auf die Verkäuferin
bei der Reklamation? Auf die Lehrerin, die Ihr Kind ungerechtfertigt beschuldigt? Können Sie
sich bei Ihrem Kind entschuldigen? Einen Irrtum eingestehen? Geraten Sie schnell außer sich,
wenn Sie sich angegriffen fühlen oder reagieren Sie eher sachlich?
Zum Selbstvertrauen gehört das Selbstbild, das jeder Mensch von sich selbst entwickelt.
Damit ein Kind ein Bild von sich selbst entwickelt, dass von der Realität nicht allzu weit
abweicht, verarbeitet ein Kind folgende Erfahrungen:
• das, was seine Mitmenschen über es sagen,
• die Art, wie es von anderen behandelt wird,
• seine Erfahrungen: Was kann ich, was nicht? Was kann ich bewirken? Bin ich den Umständen
ausgeliefert oder kann ich mein Leben gestalten?
Sind etliche Menschen heute nicht eher zu selbstbewusst?
Wenn Sie jemand vor Augen haben, der sehr lautstark und ichbezogen seine eigene Meinung
vertritt, alle Kritik von sich weist und andere unterdrückt, ist dieser sicher nicht selbstbewusst.
Hinter einer solchen Fassade stecken bei Jugendlichen (genau wie bei so manchem Chef) eher
Selbstzweifel. Diese bewirken, dass die so forsch auftretenden Menschen versuchen, ihre
Schwächen um jeden Preis vor anderen zu verbergen. Sie befürchten, sonst nicht mehr
anerkannt oder geliebt zu werden. Ein selbstbewusster Mensch dagegen kann zu seinen Fehlern
stehen, weil er sich grundsätzlich für eine liebenswerte und passable Person hält! Er muss nicht
andere klein machen. Um selbst groß zu wirken! Wer ein gesundes Selbstbewusstsein hat, wird
sich also nicht selbst für den tollsten Menschen aller Zeiten halten oder sich so benehmen.
Und er kann zu seinen Irrtümern und Schwächen stehen.
Ihre
Sybille Herold
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