Die Wirkung der organisationalen Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften Modell und empirische Überprüfung im Kontext von Prozessinnovationen D isse rtati on zur Erlangung des Doctor rerum politicarum (Dr. rer. pol.) an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Chemnitz Vorgelegt von Dipl.-Psych. Annett Puggel am 31. August 2011 Verteidigt am 26. Januar 2012 Gutachter: Prof. Dr. Peter Pawlowsky Professur Personal und Führung, Technische Universität Chemnitz Prof. Dr. Rainhart Lang, Professur für Organisation und Arbeitswissenschaft, Technische Universität Chemnitz Ich danke Gott, meinem HERRN Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Römer 11,36 Ich danke den Menschen, die ein Stück Weg mit mir gingen An erster Stelle danke ich herzlich meinem Mann, der mir für meine Forschungsarbeit den Rücken frei hielt und so manches mit mir (er)trug. Danke an ihn und an unseren Sohn für ein wunderbares Leben neben dieser Arbeit. Ein großer Dank an meine Eltern und Großeltern, die mir diesen Weg ermöglicht haben. Meinem Betreuer und Erstgutachter Professor Peter Pawlowsky danke ich für die Lernchancen und Entfaltungsräume an seinem Lehrstuhl sowie den schnellen und kritischen Review der ersten Version dieser Arbeit. Ich danke Professor Reinhart Lang für die Übernahme des Zweitgutachtens und den angenehmen inhaltlichen Austausch. Den Entscheidern beim Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst sowie der Sächsischen Aufbaubank danke ich für die Promotionsförderung, die mir ein konzentriertes wissen¬schaftliches Arbeiten erlaubte. Meinen Freunden und Kollegen danke ich für ihre fachliche wie menschliche Begleitung: Dank an Silke Geithner für stete Ermutigung und anregende Diskussionen. Dank an Astrid Oehme und Diana Rösler für den kurzen methodischen Draht und eine belastbare Freundschaft. Dank an Daniela Menzel und Stefan Hauptman für den engagierten und konstruktiven Review erster Teile dieser Arbeit. Dank an Lutz Gerlach für den Kontakt zur Absorptionsfähigkeit und seine Zurufe auf den letzten Kilometern. Dank an Aylin Gözalan, Wiebke Mandel und Simone Schmid für das gemeinsame Arbeiten am Fragebogen. Dank an Renate Puggel und Ursula Steinbrich für das Korrekturlesen mehrerer Kapitel. Dank an Gitte Händel und Rainer Zaumseil für ihr Vertrauen in meine Leistungsfähigkeit und Person. Bedanken möchte ich mich auch bei allen Teilnehmern der Befragung Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010 sowie bei Gustav Naujoks für die enge Zusammenarbeit mit seinem Unternehmen. Die Wirkung der organisationalen Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften Modell und empirische Überprüfung im Kontext von Prozessinnovationen Annett Puggel 2012 Permanente URL: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:ch1-qucosa-83963 Inhaltsverzeichnis I Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis .............................................................................................. V Tabellenverzeichnis ................................................................................................. XI Abstract ................................................................................................................... 1 1 Einleitung ......................................................................................................... 3 1.1. Problemstellung und Zielsetzung .................................................................................. 3 1.2. Aufbau der Arbeit ........................................................................................................ 11 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung .................................... 15 2.1. Kennzeichen von Prozessinnovationen ....................................................................... 15 2.1.1. Begriffsbestimmung ......................................................................................... 15 2.1.2. Besonderheiten von Prozessinnovationen ....................................................... 19 2.2. Führungskräfte als Verantwortungsträger für Prozessinnovationen.......................... 21 2.2.1. Innovationsförderliches Verhalten von Führungskräften ................................ 22 2.2.2. Die positive Einstellung gegenüber Veränderungen als Bestandteil der innovationsförderlichen Führung ..................................................................... 27 2.3. Innovationsbereitschaft von Führungskräften ............................................................ 29 2.3.1. Konzept der Innovationsbereitschaft ............................................................... 29 2.3.2. Innovationsbereitschaft und Veränderungsbereitschaft ................................. 37 2.4. Ansatzpunkt für die Förderung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften .......................................................................................................... 41 2.4.1. Informationen und Wissen als Grundlage einer Beeinflussung ....................... 42 2.4.2. Konzept der Absorptionsfähigkeit .................................................................... 47 II Inhaltsverzeichnis 3 Hypothesen und Wirkungsmodell ................................................................... 59 3.1. Innovationsbereitschaft als Prozess und Zustand ....................................................... 59 3.2. Hypothesen zur Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften ............................................................ 63 3.2.1. Wirkung der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit................................ 65 3.2.2. Wirkung der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit ............................. 69 3.2.3. Wirkung der dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit ............................... 73 3.3. Zusammenfassung des Wirkungsmodells ................................................................... 75 4 Empirische Überprüfung ................................................................................. 79 4.1. Methode ...................................................................................................................... 79 4.1.1. Stichprobe ........................................................................................................ 79 4.1.2. Fragebogen ....................................................................................................... 83 4.1.2.1. Messung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften .................... 84 4.1.2.2. Messung der organisationalen Absorptionsfähigkeit ................................ 90 4.1.3. Durchführung ................................................................................................. 100 4.2. Ergebnisse ................................................................................................................. 101 4.2.1. Itemanalyse und Skalenbildung...................................................................... 101 4.2.1.1. Innovationsbereitschaft der Führungskraft ............................................. 101 4.2.1.2. Organisationale Absorptionsfähigkeit ..................................................... 111 4.2.2. Überprüfung der Hypothesen ........................................................................ 125 4.2.2.1. Innovationsbereitschaft als Prozess und Zustand ................................... 125 4.2.2.2. Wirkung der organisationalen Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft der Führungskraft ............................................. 137 4.3. Diskussion .................................................................................................................. 166 4.3.1. Methodik ........................................................................................................ 166 4.3.2. Itemanalyse und Skalenbildung...................................................................... 167 4.3.2.1. Innovationsbereitschaft der Führungskraft ............................................. 168 4.3.2.2. Organisationale Absorptionsfähigkeit ..................................................... 171 4.3.3. Überprüfung der Hypothesen ........................................................................ 176 4.3.3.1. Diskussion zum Modell der Innovationsbereitschaft .............................. 176 4.3.3.2. Diskussion zur Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft der Führungskraft ............................................. 181 Inhaltsverzeichnis 5 III Resümee ....................................................................................................... 195 5.1. Zusammenfassung der Erkenntnisse......................................................................... 195 5.2. Implikationen für Forschung und Praxis.................................................................... 201 5.2.1. Forschungstheoretische Implikationen .......................................................... 201 5.2.2. Forschungsmethodische Implikationen ......................................................... 203 5.2.3. Implikationen für die Unternehmenspraxis ................................................... 204 5.3. Fazit ........................................................................................................................... 205 Literaturverzeichnis .............................................................................................. 207 Anhang ................................................................................................................ 225 A Operationalisierung der Wettbewerbsvorteile .............................................. 227 B Innovationsbereitschaft – Itemanalyse und Skalenbildung............................. 229 C Absorptionsfähigkeit – Itemanalyse und Skalenbildung ................................. 237 D Überprüfung der Hypothesen ........................................................................ 245 Abbildungsverzeichnis V Abbildungsverzeichnis Abbildung 1-1. Vereinfachte Darstellung der bisherigen empirischen Befunde zur innovationsförderlichen Führung .............................................................. 10 Abbildung 1-2. Grobaufbau der vorliegenden Arbeit ........................................................ 13 Abbildung 2-1. Drei-Komponenten-Modell der Einstellung übertragen auf die Innovationsbereitschaft als positive Einstellung gegenüber organisationalen Neuerungen. .................................................................. 31 Abbildung 2-2. Modell der Stressbewältigung nach Lazarus (1966), Lazarus und Folkman (1984), Lazarus (1999).. ............................................................... 34 Abbildung 2-3. Modell der Innovationsbereitschaft .......................................................... 36 Abbildung 3-1. Modell der allgemeinen Determinanten von Innovations- bereitschaft ................................................................................................ 63 Abbildung 3-2. Wirkungsmodell zum Einfluss der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften .......................................... 75 Abbildung 4-1. Verteilung der Unternehmen nach Branchen: Vergleich zwischen Grundgesamtheit 2007 laut Statistischem Bundesamt (2010) und der Stichprobe der vorliegenden Untersuchung mit N=668 ..................... 82 Abbildung 4-2. Histogramm mit Normalverteilungskurve zur Frage nach der Notwendigkeit gezielter Veränderungen im Unternehmen, um wettbewerbsfähiger zu werden ............................................................... 102 Abbildung 4-3. Histogramm mit Normalverteilungskurve des Items 13.3 Bei uns ist man Veränderungen gegenüber sehr aufgeschlossen zur Operationalisierung der wahrgenommenen Veränderbarkeit der Situation ................................................................................................... 107 Abbildung 4-4. Histogramm mit Normalverteilungskurve der neu gebildeten Variable Innovationsbereitschaft............................................................ 111 Abbildung 4-5. Histogramm mit Normalverteilungskurve des Gesamtwertes Absorptionsfähigkeit ................................................................................ 125 VI Abbildung 4-6. Abbildungsverzeichnis Modell der postulierten Wirkungszusammenhänge mit Fokus auf die Prozess- und Zustandsvariablen der Innovationsbereitschaft zur Einordnung der empirischen Analyse ...................................................... 126 Abbildung 4-7. Darstellung des aktuellen Analyseschrittes im Wirkungsmodell............. 130 Abbildung 4-8. a) Histogramm der Residuen mit Normalverteilungskurve b) Streudiagramm mit vorhergesagten Werten und Residuen ............... 131 Abbildung 4-9. Darstellung des aktuellen Analyseschrittes im Wirkungsmodell............. 133 Abbildung 4-10. a) Histogramm der Residuen mit Normalverteilungskurve b) Streudiagramm mit vorhergesagten Werten und Residuen ............... 133 Abbildung 4-11. Darstellung des aktuellen Analyseschrittes im Wirkungsmodell............. 135 Abbildung 4-12. a) Histogramm der Residuen mit Normalverteilungskurve b) Streudiagramm mit vorhergesagten Werten und Residuen ............... 136 Abbildung 4-13. Modell der postulierten Wirkungszusammenhänge mit Fokus auf die Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft zur Einordnung der empirischen Analyse............................ 138 Abbildung 4-14. Darstellung des aktuellen Analyseschrittes im Wirkungsmodell............. 141 Abbildung 4-15. a) Histogramm der Residuen mit Normalverteilungskurve b) Streudiagramm mit vorhergesagten Werten und Residuen ............... 142 Abbildung 4-16. Darstellung des aktuellen Analyseschrittes im Wirkungsmodell............. 145 Abbildung 4-17. a) Histogramm der Residuen mit Normalverteilungskurve b) Streudiagramm mit vorhergesagten Werten und Residuen ............... 146 Abbildung 4-18. Darstellung des aktuellen Analyseschrittes im Wirkungsmodell............. 153 Abbildung 4-19. Ausprägung des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes und der wahrgenommenen Veränderbarkeit in Abhängigkeit von der Ausprägung der organisationalen Absorptionsfähigkeit ......................... 156 Abbildung 4-20. Die im erweiterten Modelltest berücksichtigten Variablen und deren Einbettung im Wirkungsmodell .................................................... 160 Abbildungsverzeichnis Abbildung 4-21. VII Pfaddiagramm mit Schätzergebnissen für das Modell mit direkten und indirekten Effekten Absorptionsfähigkeit und der den ersten Dimension wahrgenommenen der Heraus- forderungen auf den wahrgenommenen Veränderungsbedarf .............. 163 Abbildung 4-22. Pfaddiagramm mit Schätzergebnissen für das Modell mit direkten und indirekten Effekten der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit und der Beurteilung der Mitarbeiterleistung sowie der Fehlertoleranz im Unternehmen auf die wahrgenommene Veränderbarkeit ................................................................. 165 Abbildung 5-1. Zusammenfassung Regressionen der zur Ergebnisse Vorhersage der des multiplen linearen wahrgenommenen Veränderungsbedarfes und der wahrgenommenen Veränderbarkeit durch die Indikatoren der beiden Bewertungsprozesse ......................... 198 Abbildung 5-2. Zusammenfassung der Ergebnisse der Strukturmodellierung zur direkten und indirekten Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften ........................................ 199 Abbildung 5-3. Zusammenfassung Regressionen zur der Ergebnisse Vorhersage der des multiplen linearen wahrgenommenen Veränderungsbedarfes und der wahrgenommenen Veränderbarkeit aus der dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit .............................. 200 Abbildung B-1. Histogramm mit Normalverteilungskurve der aus 29 Items per Mittelwert gebildete Variable Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenübersteht ................................................................ 229 Abbildung B-2. Boxplot für das Item 5.9 Qualitätswettbewerb als Herausforderung ..... 230 Abbildung B-3. Histogramm mit Wettbewerbsvorteile Normalverteilungskurve durch die Entwicklung der Skala neuartiger Produkte/Dienstleistungen ...................................................................... 234 Abbildung B-4. Histogramm mit Normalverteilungskurve der Skala Wettbewerbsvorteile durch kostengünstige Produktion ........................ 234 VIII Abbildung B-5. Abbildungsverzeichnis Histogramm mit Normalverteilungskurve des Items „[Unser] besseres Management/Geschäftsführung ist ein Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Hauptkonkurrenten“ zur Operationalisierung der aufgabenbezogenen Selbstwirksamkeitserwartung des Geschäftsführers ............................................................. 235 Abbildung B-6. Histogramm mit Normalverteilungskurve der neu gebildeten Skala Mitarbeiterleistung als Ressource für Veränderungen im Unternehmen........................................................................................... 236 Abbildung B-7. Histogramm mit Normalverteilungskurve der neu gebildeten Skala Fehlertoleranz im Unternehmen ............................................................. 236 Abbildung C-1. Histogramm mit Normalverteilungskurve der Skala Absorptionsfähigkeit 1-Erkennen von externem Wissen ........................ 238 Abbildung C-2. Histogramm mit Absorptionsfähigkeit Normalverteilungskurve der 2A_Systematik: Skala Systematische unternehmensinterne Auswertung von Informationen und Wissen ...... 239 Abbildung C-3. Histogramm mit Normalverteilungskurve der Skala Absorptionsfähigkeit 2B_Austausch: Formeller und informeller Austausch von Erfahrungen zwischen Organisationsmitgliedern ........... 240 Abbildung C-4. Histogramm mit Normalverteilungskurve der Skala Absorptionsfähigkeit 2C_Technik: Technische Möglichkeiten zur Speicherung und Verteilung von Informationen ..................................... 241 Abbildung C-5. Histogramm mit Normalverteilungskurve der Skala Absorptionsfähigkeit 2_Gesamt als Mittelwert der drei Subskalen AF2_A, AF2_B und AF2_C ........................................................................ 241 Abbildung C-6. Histogramm mit Normalverteilungskurve für das Item Prozessinnovationen – „Wir verschaffen uns durch neue Verfahren, Methoden oder Herstellungsprozesse fast immer einen Marktvorteil.“ .......................................................................................... 243 Abbildung C-7. Histogramm mit Normalverteilungskurve für die Skala Absorptionsfähigkeit 3-Verwerten_KVP .................................................. 243 Abbildungsverzeichnis Abbildung D-1. IX a) Histogramm der Residuen mit Normalverteilungskurve b) Streudiagramm mit vorhergesagten Werten und Residuen ............... 245 Abbildung D-2. a) Histogramm der Residuen mit Normalverteilungskurve b) Streudiagramm mit vorhergesagten Werten und Residuen ............... 245 Tabellenverzeichnis XI Tabellenverzeichnis Tabelle 2-1. Überblick zu theoretischen Konzepte der Absorptionsfähigkeit....................... 54 Tabelle 2-2. Dimensionen der Absorptionsfähigkeit sowie zu erwartende Resultate auf Unternehmensebene .................................................................................. 57 Tabelle 4-1. Verteilung der Unternehmen nach Mitarbeiterzahl und Umsatz ..................... 82 Tabelle 4-2. Übersicht zur Operationalisierungen der Innovationsbereitschaft oder der individuellen Bereitschaft für organisationale Veränderungen in bisherigen empirischen Untersuchungen ......................................................... 86 Tabelle 4-3. Übersicht zur Operationalisierung der untersuchten Dimensionen der Innovationsbereitschaft .................................................................................... 90 Tabelle 4-4. Übersicht zur Operationalisierungen der Absorptionsfähigkeit in bisherigen empirischen Untersuchungen, die für die vorliegende Untersuchung herangezogen wurden ............................................................... 92 Tabelle 4-5. Übersicht zur Operationalisierung der Dimensionen der Absorptionsfähigkeit für die vorliegende Arbeit .................................................................. 98 Tabelle 4-6. Inhaltliche Schwerpunkte der Herausforderungen, Unternehmen gegenüber sehen – Mittelwert ( denen sich Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Faktor ........................................................... 104 Tabelle 4-7. Faktoren der Wettbewerbsvorteile, erstellungsprozesse zurückführbar die sind auf – die Leistungs- Mittelwert ( , Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item........................... 106 Tabelle 4-8. Ergebnisse der Leistungserstellungsprozesse als Wettbewerbsvorteil gegenüber Hauptkonkurrenten – Mittelwert ( , Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item .............................................................. 107 Tabelle 4-9. Skala Mitarbeiterleistung – Mittelwert ( , Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item ...................................................................... 108 Tabelle 4-10. Skala Mitarbeiterleistung – Trennschärfe und interne Konsistenz ................. 109 XII Tabelle 4-11. Tabellenverzeichnis Skala Fehlertoleranz – Mittelwert ( , Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item ...................................................................... 109 Tabelle 4-12. Zusammenfassung der Skalen, die den Veränderungsbedarf und die Veränderbarkeit der Situation erfassen – Itemanzahl, Fallzahl (N), Mittelwert ( Tabelle 4-13. Skala , Standardabweichung (SD), Median und Verteilungsform ..... 110 Absorptionsfähigkeit 1-Erkennen – Mittelwert ( , Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item........................... 112 Tabelle 4-14. Skala Absorptionsfähigkeit 1-Erkennen – Trennschärfe und interne Konsistenz ........................................................................................................ 113 Tabelle 4-15. Absorptionsfähigkeit 2A_Systematik: Systematische unternehmensinterne Auswertung von Informationen und Wissen – Mittelwert ( , Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item........................... 115 Tabelle 4-16. Skala Absorptionsfähigkeit 2A_Systematik – Trennschärfe und interne Konsistenz ........................................................................................................ 116 Tabelle 4-17. Absorptionsfähigkeit 2B_Austausch: Formeller und informeller Austausch von Erfahrungen zwischen Organisationsmitgliedern – Mittelwert ( , Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item ................................................................................................................. 117 Tabelle 4-18. Skala Absorptionsfähigkeit2B_Austausch – Trennschärfe und interne Konsistenz ........................................................................................................ 118 Tabelle 4-19. Absorptionsfähigkeit 2C_Technik: Technische Möglichkeiten zur Speicherung und Verteilung von Informationen – Mittelwert ( ), Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item........................... 119 Tabelle 4-20. Skala Absorptionsfähigkeit 2C_Technik – Trennschärfe und interne Konsistenz ........................................................................................................ 120 Tabelle 4-21. Absorptionsfähigkeit 3-Verwerten – Mittelwert ( , Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item........................... 121 Tabelle 4-22. Skala Absorptionsfähigkeit 3-Verwerten – Trennschärfe und interne Konsistenz ........................................................................................................ 122 Tabellenverzeichnis Tabelle 4-23. XIII Skala Absorptionsfähigkeit 3-Verwerten_KVP – Trennschärfe und interne Konsistenz ........................................................................................................ 123 Tabelle 4-24. Zusammenfassung der Skalen, die die Dimensionen der Absorptionsfähigkeit erfassten – Itemanzahl, Fallzahl (N), Mittelwert ( , Standardabweichung (SD), Median und Verteilungsform .............................. 124 Tabelle 4-25. Korrelationsmatrix zu Bewertungsprozessen und Bewertungs- ergebnissen als Bestandteil des Konstruktes Innovationsbereitschaft Zusammenhänge zwischen dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf und der wahrgenommenen Veränderbarkeit mit den Indikatoren der Bewertungsprozesse ....................................................................................... 127 Tabelle 4-26. Zusammenfassung der Ergebnisse der multiplen linearen Regression zur Vorhersage des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes aus den wahrgenommenen Herausforderungen und den Wettbewerbsvorteilen durch neuartige Produkte/Dienstleistungen sowie durch kostengünstige Produktion (N=612) ......................................................................................... 132 Tabelle 4-27. Zusammenfassung der Ergebnisse der multiplen linearen Regression zur Vorhersage der wahrgenommenen Veränderbarkeit aus den Herausforderungen an das Unternehmen und den Wettbewerbsvorteilen durch neuartige Produkte/Dienstleistungen (N=631) ..................... 134 Tabelle 4-28. Zusammenfassung der Ergebnisse der multiplen linearen Regression zur Vorhersage der wahrgenommenen Veränderbarkeit aus der aufgabenbezogenen Selbstwirksamkeitserwartung des Geschäftsführers, der Beurteilung der Mitarbeiterleistung sowie der Fehlertoleranz im Unternehmen (N=639) .................................................................................... 136 Tabelle 4-29. Korrelationsmatrix zu wahrgenommenen Veränderungsbedarf, wahrgenommener Veränderbarkeit und den drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit ....................................................................................... 139 Tabelle 4-30. Schrittweise Regression Veränderungsbedarfes zur aus Vorhersage den drei des wahrgenommenen Dimensionen der Absorptionsfähigkeit – Modellkennwerte der vier Regressionsschritte (N=518) ............................................................................................................ 143 XIV Tabelle 4-31. Tabellenverzeichnis Zusammenfassung der Ergebnisse des vierten Regressionsschrittes zur Vorhersage des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes aus allen drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit (N=518) ............................................. 144 Tabelle 4-32. Schrittweise Regression zur Vorhersage der wahrgenommenen Veränderbarkeit aus den drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit Modellkennwerte der vier Regressionsschritte (N=519) ................................ 147 Tabelle 4-33. Schrittweise Regression zur Vorhersage der Veränderbarkeit aus der zweiten und dritten Dimensionen der Absorptionsfähigkeit - Modellkennwerte der zwei Regressionsschritte (N=664) ............................... 148 Tabelle 4-34. Zusammenfassung der Ergebnisse des zweiten Regressionsschrittes zur Vorhersage der Veränderbarkeit aus der zweiten und dritten Dimensionen der Absorptionsfähigkeit (N=664) ............................................. 149 Tabelle 4-35. Zusammenfassung der Ergebnisse der multiplen linearen Regression zur Vorhersage der Veränderbarkeit aus den Subskalen der zweiten Absorptionsfähigkeitsdimension (N=662) ....................................................... 150 Tabelle 4-36. Kennwerte der Extremgruppen je Dimension der Absorptionsfähigkeit (Gruppenbildung anhand des 25. und 75. Perzentils der Ausprägung der jeweiligen Absorptionsfähigkeit) ..................................................................... 151 Tabelle 4-37. Ergebnisse der Zweifaktoriellen Varianzanalysen zur Überprüfung der Interaktionseffekte der einzelnen Dimensionen der Absorptionsfähigkeit bezogen auf den wahrgenommenen Veränderungsbedarf ............................ 152 Tabelle 4-38. Überprüfung der Unterschiede im wahrgenommenen Veränderungsbedarf zwischen Unternehmen mit geringer und mit großer Absorptionsfähigkeit ............................................................................ 155 Tabelle 4-39. Überprüfung der Unterschiede in der wahrgenommenen Veränderbarkeit zwischen Unternehmen mit geringer und mit großer Absorptionsfähigkeit ....................................................................................... 155 Tabelle 4-40. Vergleich des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes mit der wahrgenommenen Veränderbarkeit in den Gruppen mit niedriger und sehr hoher Absorptionsfähigkeit Standardabweichungen (SD), Differenz - Mittelwerte ( ), der Mittelwerte und Effektstärken der Mittelwertsunterschiede (d)............................................... 157 Tabellenverzeichnis Tabelle 4-41. XV Zusammenfassung der Ergebnisse zur Überprüfung der Hypothesen 2.1 bis 2.8 .............................................................................................................. 157 Tabelle 4-42. Faktoren, die der Skala Absorptionsfähigkeit 1-Erkennen zugrundeliegen sowie die dazugehörigen Items ....................................................................... 161 Tabelle 4-43. Zusammenfassung der Ergebnisse zur Vorhersagbarkeit des Veränderungsbedarfes und der Veränderbarkeit aus den jeweiligen Indikatoren der zugrundeliegenden Bewertungsprozesse (Hypothesentest) ............................................................................................. 180 Tabelle 4-44. Zusammenfassung der Befunde zur Beeinflussung des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes durch die drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit (Hypothesentests) .................................................. 187 Tabelle 4-45. Zusammenfassung der Befunde zur Beeinflussung der wahrgenommenen Veränderbarkeit durch die drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit (Hypothesentests) ......................................................... 192 Tabelle B-1. Ergebnisse der Faktorenanalyse zu 29 Herausforderungen, denen ein Unternehmen gegenüberstehen kann ............................................................ 231 Tabelle B-2. Ergebnisse der Faktorenanalyse zu Wettbewerbsvorteilen eines Unternehmens................................................................................................. 232 Tabelle B-3. Itemkennwerte für den Faktor Wettbewerbsvorteile durch neuartige Produkte/Dienstleistungen ............................................................................. 233 Tabelle B-4. Itemkennwerte für den Faktor Wettbewerbsvorteile durch kostengünstige Produktion ............................................................................. 233 Tabelle B-5. Skala Wettbewerbsvorteile durch die Entwicklung neuartiger Produkte/Dienstleistungen: Trennschärfe und interne Konsistenz ................ 233 Tabelle B-6. Itemkennwerte für den Faktor Wettbewerbsvorteile durch Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter .................................................................. 235 Tabelle B-7. Itemkennwerte für den Fragen nach der Fehlertoleranz im Unternehmen ... 236 Tabelle C-1. Itemkennwerte für die Skala Absorptionsfähigkeit 1-Erkennen ..................... 237 XVI Tabelle C-2. Tabellenverzeichnis Itemkennwerte für die Skala Absorptionsfähigkeit 2A_Systematik: Systematische unternehmensinterne Auswertung von Informationen und Wissen ...................................................................................................... 238 Tabelle C-3. Itemkennwerte für die Skala Absorptionsfähigkeit 2B_Austausch: Formeller und informeller Austausch von Erfahrungen zwischen Organisationsmitgliedern ................................................................................ 239 Tabelle C-4. Itemkennwerte für die Skala Absorptionsfähigkeit 2C_Technik: Technische Möglichkeiten zur Speicherung und Verteilung von Informationen.................................................................................................. 240 Tabelle C-5. Itemkennwerte für die Skala Absorptionsfähigkeit 3-Verwerten ................... 242 Tabelle D-1. Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse zur Struktur der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit ............................................................... 246 Abstract 1 Abstract Ausgehend von der Relevanz personeller Führung für die Entwicklung und Umsetzung von Prozessinnovationen in Unternehmen betrachtet die vorliegende Arbeit die Innovationsbereitschaft von Führungskräften als eine Determinante des innovationsförderlichen Führungsverhaltens sowie der Innovativität von Unternehmen. Im Zentrum der Arbeit standen die Fragen nach der Entstehung und nach der Förderung der Bereitschaft von Führungskräften für Prozessinnovationen. Für die Beantwortung dieser Fragen wurde das Modell der Innovationsbereitschaft von Gebert (1987, 2002) herangezogen und mit etablierten Modellen der individuellen Veränderungsbereitschaft in Beziehung gesetzt. Demnach resultiert die Bereitschaft für organisationale Neuerungen aus dem Erkennen eines Veränderungsbedarfes sowie der Wahrnehmung einer Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation, womit ein zweistufiger, kognitiver Informationsverarbeitungsprozess beschrieben wurde. Dieser Prozess wird durch die Auseinandersetzung mit Wissen und Informationen beeinflusst, wie auf der Grundlage empirischer Forschung zur individuellen Veränderungsbereitschaft, zur persuasiven Kommunikation sowie der Mikropolitik gezeigt werden konnte. Da im Kontext von Innovationen insbesondere neuem, unternehmensexternem Wissen sowie dessen Verknüpfung mit bereits vorhandenem, internem Wissen ein hoher Stellenwert zukommt, wurde das Konzept der organisationalen Absorptionsfähigkeit (Cohen & Levinthal, 1990) genutzt, um Möglichkeiten zur Förderung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften auszuleuchten. Als Synthese der bisherigen Arbeiten zur Absorptionsfähigkeit sowie Arbeiten zum individuellen und organisationalen Lernen, wurde für die vorliegende Arbeit Absorptionsfähigkeit als dreidimensionales Konstrukt definiert und als das Erkennen, Aufnehmen und Verwerten von neuem, unternehmensexternem Wissen verstanden. Aufbauend auf diesen drei Dimensionen wurde ein Modell zur Beeinflussung der Innovationsbereitschaft abgeleitet und entsprechende Hypothesen dazu formuliert. Mit einer quantitativen Untersuchung wurde das postulierte Wirkungsmodell empirisch überprüft. Dazu wurden 668 Geschäftsführer einer nach Größe und Branche für Deutschland repräsentativen Stichprobe kleiner und mittlerer Unternehmen mit einem standardisierten Fragebogen um ihre subjektive Bewertung der Unternehmenssituation gebeten. Die Analysen bestätigten, dass die Innovationsbereitschaft von Führungskräften durch die drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit beeinflusst wird. Dabei zeigte sich, dass der Kontakt zu externem Wissen (erste Dimension) den wahrgenommenen Veränderungsbedarf erhöhte, während die systematische Verarbeitung und Weitergabe dieses Wissens (zweite Dimension) die wahrgenommene Veränderbarkeit der Unternehmenssituation positiv beeinflussen konnte. 2 Abstract Bisherige Prozessinnovationen, als Bestandteil der dritten Absorptionsfähigkeitsdimension, reduzierten den wahrgenommenen Veränderungsbedarf, während bisherige inkrementelle Prozess- und Strukturveränderungen im Unternehmen, ebenfalls Bestandteil der dritten Dimension, positiv auf die Einschätzung der Veränderbarkeit wirkten. Zusammengefasst präzisierte die vorliegende Arbeit, wie Innovationsbereitschaft von Führungskräften entsteht und wie sie durch die organisationale Absorptionsfähigkeit gefördert werden kann. Deutlich wurde, dass dafür die Unterscheidung von zwei der Innovationsbereitschaft zugrundeliegenden Bewertungsprozessen notwendig ist, weil das Erkennen, das Aufnehmen und das Verwerten von unternehmensexternem Wissen an diese Prozesse in unterschiedlicher Weise ansetzen. Mit der Dissertation wurde daher sowohl das Konzept der Innovationsbereitschaft geschärft, als auch durch die Verknüpfung dieser individuellen Bereitschaft mit der organisationalen Absorptionsfähigkeit ein Beitrag für das Verständnis der Innovativität von Unternehmen geleistet. Hinweis zur Förderung Die Dissertation wurde aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) der Europäischen Union sowie durch den Freistaat Sachsen im Zeitraum 09/2009 bis 08/2011 gefördert. 1 Einleitung 3 1 Einleitung 1.1. Problemstellung und Zielsetzung Innovationen sind für die Wettbewerbsfähigkeit und den langfristigen wirtschaft- lichen Erfolg von Unternehmen maßgeblich. Ihre positive Wirkung wurde empirisch mehrfach bestätigt (z. B. Akgün, Keskin & Byrne, 2009; Aragón-Correa, García-Morales & Cordón-Pozo, 2007; Calantone, Cavusgil & Zhao, 2002; Carol Yeh-Yun Lin & Mavis Yi-Ching Chen, 2007; Ho, 2011; Jiménez-Jiménez & Sanz-Valle, 2011; Keskin, 2006; Oke, Burke & Myers, 2007; OteroNeira, Lindman & Fernández, 2009; Salavou & Avlonitis, 2008; Walker, Damanpour & Devece, 2011), aktuelle Meta-Analysen etwa von Bausch und Rosenbusch (2006) und Bowen, Rostami und Steel (2010) fassen die Erkenntnisse differenziert zusammen. Als Innovation gelten dabei qualitativ neuartige Produkte oder Verfahren, die in einem Unternehmen erstmalig zur Anwendung kommen (Hauschildt & Salomo, 2007; OECD/Statistical Office of the European Communities, 2005, S. 46) und einen konkreten wirtschaftlichen und/oder sozialen Nutzen stiften (Neubauer, 2000, S. 87). Sie ermöglichen den Aufbau und die Verteidigung von Wettbewerbsvorteilen und sichern so das längerfristige Bestehen am Markt (Bausch & Rosenbusch, 2006, S. 126; Bowen et al., 2010; Damanpour, 1991; Walker et al., 2011; Wofford, Whittington & Goodwin, 2001, S. 405). Bleibt man auf der organisationalen Ebene, dienen Innovationen nicht nur der Wirtschaftlichkeit von Unternehmen, sondern unterstützen auch die Verwirklichung von sozialen und flexibilitätsbezogenen Unternehmenszielen (Thom, 2001, S. 55). Sie entstehen als Reaktion auf sich verändernde Rahmenbedingungen oder als Antizipation zukünftiger Herausforderungen einer Organisation und können darüber hinaus selbst als Mittel des Wandels eingesetzt werden (Krause, 2004). Schumpeter (1912 zitiert nach Bass & Riggio, 2006, S. 102) als einer der Pioniere der Innovationsforschung sah in ihnen die treibende Kraft der wirtschaftlichen Entwicklung, Van de Ven (1986) verdeutlichte die positive Konnotation des Begriffes Innovation, der durchweg mit Fortschritt und Verbesserung assoziiert wird, "Innovation ist in den letzten Jahren zu dem Desiderat wirtschaftswissenschaftlicher Forschung avanciert“ kommentierte Gärtner (2007, S. 129) das inzwischen weite Feld der Innovationsforschung. Aufgrund der wirtschaftlichen Relevanz beschäftigt sich ein Hauptgebiet dieser Forschung mit den Determinanten organisationaler Innovativität (Gärtner, 2007; Krause, 2004; Sammerl, 2006; Wofford et al., 2001). Unter Innovativität wird dabei die Fähigkeit eines Unternehmens verstanden, neue Produkte erfolgreich am Markt einzuführen oder sich durch die Kombination von Strategie, innovativem Verhalten und Prozessen neue Märkte zu erschließen (Wang & Ahmed, 2004; S. 304, Wolfe, 1994, S. 408). Zentral sind dabei die 4 1 Einleitung Offenheit für neue Ideen und deren Niederschlag in der Entwicklung und Vermarktung neuer Produkte sowie der Erneuerung unternehmensinterner Abläufe, weshalb i.d.R. die Implementierung von Produkt- und Prozessinnovationen als Operationalisierung von Innovativität verwendet wird (vgl. Akgün et al., 2009, S. 104; Calantone et al., 2002, S. 517; Damanpour, 1991, S. 588; Jung, Wu & Chow, 2008, S. 588; Santos-Rodrigues, Dorrego & Jardon, 2010, S. 55; Wang & Ahmed, 2004, S. 307). Trotz langer Forschungstradition ist die Befundlage zu den Erfolgsbedingungen organisationaler Innovationen nicht einheitlich (vgl. z. B. Gärtner, 2007; Krause, 2004; Sammerl, 2006). Als einzige Variable, die stets positiv mit Innovativität korrelierte, fand Krause (2004) in ihrem Review bisheriger Forschungsarbeiten die Variable Führung1. Auch Mumford und Licuanan (2004, S. 164) zogen aus den Ergebnissen mehrerer Studien den Schluss, dass Führung für die Generierung neuer Ideen und Produkte besonders erfolgskritisch ist. Henard und Szymanski (2001) zeigten mit ihrer Metaanalyse von 41 empirischen Untersuchungen, dass Führung ein wesentlicher prozessbezogener Erfolgsfaktor im Innovationsmanagement ist2. Aktuelle Studien z. B. von Aragón-Correa et al. (2007), García-Morales, Jiménez-Barrionuevo und Gutiérrez-Gutiérrez (im Erscheinen), Gumusluoglu und Ilsev (2009), Jansen, Vera und Crossan (2009), Jung et al. (2008), LlorénsMontes, Ruiz-Moreno und García-Morales (2005), Makri und Scandura (2010), Matzler, Schwarz, Deutinger und Harms (2008) und Somech (2006) belegten ebenfalls die positive Wirkung von Führung auf die Entstehung und Implementierung von Innovationen in Unternehmen. Wird dieser Einfluss von Führung auf die organisationale Innovativität untersucht, steht mehrheitlich das Verhalten von Führungskräften im Zentrum. Häufig wird dazu das obere Management insbesondere Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzende (z. B. Aragón-Correa et al., 2007; Jung et al., 2008, Matzler et al., 2008) bzw. strategische Führungskräfte (Jansen et al., 2009), aber auch Führungskräfte auf den unteren Hierarchiestufen der Organisation (z. B. auf der Teamebene bei Eisenbeiss, van Knippenberg & Boerner, 2008; Somech, 2006) fokussiert. Zentral ist dabei die Frage nach dem innovationsförderlichsten Führungsstil (vgl. Jung, Chow & Wu, 2003, S. 525) und damit nach Führung auf der Mikroebene. Diese wird verstanden als personelle, unmittelbare Führung von Organisationsmitgliedern im Unterschied zum Management als Steuerung der gesamten Organisation auf der Makroebene (Staehle, Conrad & Sydow, 1999). Allerdings liegt für den Führungsbegriff auf Mikroebene kein einheitliches Verständnis vor (vgl. Bass & Bass, 2008; Hentze, Graf, Kammel & Lindert, 2005; 1 Neben Querschnittstudien verwies Krause (2004) dabei auch auf Ergebnisse von Längsschnittstudien im Rahmen des Minnesota Innovation Research Program, einem umfangreichen Forschungsprojekt u.a. zu Determinanten von Innovationen (z. B. Van de Ven & Poole, 1990; Van de Ven, Angle & Poole, 2000; kritische Würdigung z. B. bei Geisler, 2002). 2 Relevante Faktoren hierbei waren z. B. das Ausmaß der Unterstützung für neue Initiativen, ein strukturiertes Vorgehen sowie eine professionelle Projektimplementierung. 1 Einleitung 5 Neuberger, 2005; Yukl, 2006, S. 8; Wunderer, 2009). Als Zusammenfassung der Aussagen verschiedener Autoren definierte Yukl (2006, S. 8) Führung als “influencing others to understand and agree about what needs to be done and how to do it, and the process of facilitating individual and collective efforts to accomplish shared objectives”. In der GLOBEStudie3 (2004) wird Führung länder- und disziplinübergeifend verstanden als „the ability to influence, motivate, and enable others to contribute to the effectiveness and success of the organization of which they are members“ (zitiert nach Bass & Bass, 2008, S. 23). Ein zentraler Aspekt dieser personellen Führung im Innovationskontext ist wie dargestellt das Verhalten der Führungskraft, welches als Führungsstil bezeichnet wird (vgl. Bass & Bass, 2008; Hentze et al., 2005; Neuberger, 2005; Yukl, 2006; Wunderer, 2009). Die Bedeutung des Führungsstils für die Erklärung der generellen Wirkung von Führungskräften auf die organisationale Innovativität bestätigten z. B. Elenkov und Manev (2005). Sie zeigten in einer Studie mit 1774 Befragten aus 270 europäischen Unternehmen, dass sich der durch das obere Management auf Innovationen ausgeübte Einfluss knapp zur Hälfte durch den Führungsstil des oberen Managements und damit durch die Führung auf der Mikroebene erklären lässt. Auch Hsu, Chen und Lin (2008) belegten mit einem Review von 21 empirischen Studien zum Einfluss des oberen Managements auf organisationale Innovationen, dass eine bedeutsame Wirkung vom Führungsstil des Geschäftsführer bzw. der Verantwortungsträger im oberen Management ausgeht. Im Zentrum aktueller Studien zur Wirkung des Führungsstils auf Innovativität steht vor allem die transformationale Führung (z. B. Aragón-Correa et al., 2007; Elenkov & Manev, 2005; Eisenbeiss et al., 2008; García-Morales et al.; 2011; Gumusluoglu & Ilsev, 2009; Jansen et al., 2009; Jung et al., 2008; Matzler et al., 2008; Oke, Munshi & Walumbwa, 2009), womit der generellen Entwicklung in der Führungsforschung seit der grundlegenden Arbeit von Bass (1985) gefolgt wird. Bass (1985, 1999) unterschied zwischen transaktionaler und transformationaler Führung, wobei letztere durch die vier Merkmale „idealized influence, inspirational leadership, intellectual stimulation and individual consideration“ gekennzeichnet ist (Bass, 1999, S. 11). Demnach agiert ein Führender als moralisches und fachliches Vorbild, vermittelt eine emotional begeisternde Vision, Sinn und Gemeinschaftsgefühl, stellt das bisherige Vorgehen immer wieder in Frage, formuliert Probleme auf neue Weise und fördert jeden Mitarbeiter entsprechend dessen Bedürfnisstrukturen und Fähigkeiten individuell als Coach (ebd.). Bereits in seinen ersten Ausführungen 1985 ging Bass davon aus, dass dieses 3 GLOBE („Global Leadership and Organisational Behaviour Effectiveness“) ist eine internationale Studie zur Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Nationalkultur, Unternehmenskultur und bevorzugten Führungstechniken und -stilen in 62 Ländern weltweit. In mehrere Phasen und mit verschiedenen methodischen Zugänge arbeiten im Projekt etwa 170 Sozialwissenschaftler und Managementforschern seit 1993 unter der Federführung von Robert J. House (University of Pennsylvania, USA) zusammen (GLOBE; House, Hanges, Javidan, Dorfman & Gupta, 2004). 6 1 Einleitung Führungsverhalten besonders bei organisationalen Veränderungen effektiv ist, weil Mitarbeiter kreativer, zufriedener und leistungsfähiger werden. Zahlreichen Studien bestätigten die positive Wirkung des transformationalen Führungsstils auf die Mitarbeiterleistung (Überblick z. B. bei Bass, Avolio & Bass, 1994; Moss, Ritossa & Ngu, 2006; Metaanalysen von Judge & Piccolo, 2004; Lowe, Kroeck & Sivasubramaniam, 1996), die Mitarbeiterkreativität (z. B. Gumusluoglu & Ilsev, 2009) und die Innovativität von Unternehmen (z. B. Aragón-Correa et al., 2007; García-Morales et al.; 2011; Matzler et al., 2008). Neben diesem Hauptforschungsstrang zur transformationalen Führung existieren einzelne Studien, die die Wirkung weiterer Führungsstile auf das innovationsbezogene Verhalten von Mitarbeitern sowie die Innovativität der Gesamtorganisation beleuchten. So unterschied z. B. Bossink (2007) auf der Grundlage von Nadler und Tushman (1990) zwischen charismatischem, instrumentellem, strategischem und interaktivem Führungsstil. Unter charismatischem Verhalten fasste Bossink (2007, S. 139) das Formulieren einer Vision, die Motivierung von Mitarbeitern zu innovativen Handlungen sowie die Erhöhung der Innovationsgeschwindigkeit. Eine instrumentelle Führung schafft dagegen Strukturen, kontrolliert und belohnt Mitarbeiter. Strategische Führung erfolgt als Nutzung der Positionsmacht und interaktive Führung wird in Form einer Kooperation mit den Geführten sowie deren Weiterbildung durch den Führenden umgesetzt. Somech (2006) verglich die Wirkung des partizipativen mit dem direktiven Führungsstil, wobei er unter partizipativ die Beteiligung der Mitarbeiter an Entscheidungen durch den Führenden verstand und direktiv als Vorgabe eines Entscheidungs- und Handlungsrahmens für die Mitarbeiter basierend auf der Vision des Führenden operationalisierte (S. 135). Krause, Gebert & Kearney (2007) untersuchten Konsequenzen eines delegativ-partizipativen sowie eines konsultativ-beratenden Führungsstils bei der Implementierung von Prozessinnovationen, d.h. bei Neuerungen in der unternehmensinternen Leistungserstellung. Die Bezeichnung delegativ-partizipativ bezogen sie darauf, inwieweit den Mitarbeitern die Verantwortung für eine Prozessinnovation übertragen wurde (delegativ) und inwieweit Mitarbeiter Mitspracherecht und Einflussmöglichkeiten bei der Innovationsimplementierung eingeräumt bekamen (partizipativ). Unter einem konsultativberatenden Stil fassten Krause et al. (2007, S. 17) die Einflussnahme des Führenden auf die Geführten durch das Anbieten von Ratschlägen, professioneller Anleitung sowie Hintergrundinformationen zur Prozessinnovation. Wie die zuletzt genannte Studie weiterhin zeigte, kommt Führungskräften insbesondere bei Prozessinnovationen in Unternehmen eine tragende Rolle zu. Prozessinnovationen sind Neuerungen der Leistungserstellungsprozesse innerhalb eines Unternehmens (Thom, 2001, S. 55), indem neue Elemente in die Produktions- oder Dienstleistungsprozesse des Unternehmens, in Entscheidungsprozesse oder Informationssysteme eingeführt und damit eine bedeutsame technologische und/oder 1 Einleitung 7 administrative Verbesserung erreicht werden (Damanpour, 1991, S. 561; Knight, 1967, S. 482; OECD/Statistical Office of the European Communities, 2005, S. 49). Mit diesen Maßnahmen sollen u.a. die Produktivität gesteigert, Gewinnmöglichkeiten verbessert, Rohstoff und Energie eingespart, die Sicherheit erhöht oder Umweltschäden vermieden werden (Reichstein & Salter, 2006, S. 674; Thom, 2001, S. 55). Trotz dieser wirtschaftlichen Bedeutung für Unternehmen sind sie seltener Gegenstand der empirischen Forschung (Reichstein & Salter, 2006, S. 653). Im Unterschied zu Produktinnovationen, d.h. neuartigen Produkten oder Dienstleistungen eines Unternehmens (Thom, 2001, S. 55; OECD/Statistical Office of the European Communities, 2005, S. 47), müssen Prozessinnovationen nicht am Markt sondern innerhalb des Unternehmens durchgesetzt werden, wofür die Unterstützung der Organisationsmitglieder im besondere Maße notwendig ist (Hauschildt & Salomon, 2007). Zudem resultieren Prozessinnovationen zu großen Teilen aus praktischen Erfahrungen in der unternehmensinternen Leistungserstellung und setzen eine hohe Vertrautheit mit den dazugehörigen Abläufen, Methoden und Werkzeugen voraus (Gopalakrishnan, Bierly & Kessler, 1999). Daher kommt den Führungskräften auch die Aufgabe zu, solche Mitarbeiter von der Neuerung zu überzeugen und in deren Umsetzung einzubinden, die originär nicht mit der Generierung und Implementierung von Innovationen betraut sind, aber über notwendiges Wissen und Erfahrungen bezüglich der zu erneuernden Geschäftsprozesse verfügen. Zusammengefasst sind Prozessinnovationen damit „gesamtunternehmerische, organisationsweite Such-, Lern- und Problemlösungsprozesse […] die von allen Mitarbeitern mitzutragen sind“ (Blessin, 2001, S. 14), wobei die Führungskräfte die zentralen Schnittstellen in diesen Prozessen sind, weil sie aufgrund ihrer Position im Unternehmen „die Individuen [sind], die das Recht und die Macht haben, Innovationsprozesse in Gang zu setzen und Ressourcen freizugeben, um Innovationen zu bewältigen“ (Hauschildt & Salomo, 2007, S. 24; vgl. dazu auch Jansen et al., 2009, S. 6 f.). Ebenso können sie durch ihr Verhalten Innovationen verzögern oder blockieren und damit als Barrieren für Neuerungen wirken (Mirow, Hölzle & Gemünden, 2007, S. 110). Vor diesem Hintergrund richtet diese Arbeit ihren Fokus auf Führungskräfte im Kontext von Prozessinnovationen. Dabei stellt sich die Frage, was dazu beiträgt, dass Führungskräfte Innovationen anstoßen und wie oben skizziert das Verhalten ihrer Mitarbeiter erfolgreich auf die Entstehung und Durchsetzung von Innovationen im Unternehmen auszurichten. Ein zentraler Aspekt solcher innovationsförderlichen Führung wird darin gesehen, dass die Führungskraft selbst eine positive Einstellung gegenüber Wandel und Veränderungen hat (Damanpour, 1991; Damanpour & Schneider, 2006; Garau Vadell & Orla-Sintes, 2008; Musteen, Barker III & Baeten, 2010). So zeigte die Metaanalyse von Damanpour (1991, S. 567 ff.), dass die positive Einstellung von Führungskräften gegenüber Veränderungen zu einer signifikanten Steigerung der organisationalen Innovativität führte, wobei sich insbesondere die Anzahl der radikalen Innovationen in einem definierten Zeitraum deutlich erhöhte (ebd., S. 561 f.). Mit einer 8 1 Einleitung weiteren Studie wiesen Damanpour und Schneider (2006) nach, dass die Einstellung des oberen Managements sowie die Unternehmensgröße einen stärkeren Einfluss auf die Übernahme von Innovationen hatten, als externe Umfeldfaktoren (wie Dynamik oder gesellschaftlicher Wohlstand) sowie demographische Merkmale der Führungskräfte (wie Ausbildung, Berufserfahrung, Alter). Bezogen auf den Dienstleistungssektor fanden Garau Vadell und Orla-Sintes (2008) dass die positive Einstellung von Führungskräften gegenüber technologischen Neuerungen neben dem Faktor Unternehmensgröße eine schnellere Einführung von Internetplattformen für den Kontakt mit Kunden und die Auftragsabwicklung im Tourismusgewerbe begünstigte. Musteen et al. (2010) belegten schließlich, dass sich eine „liberale Einstellung gegenüber Wandel“, definiert als Offenheit für Wandel und Risiko, in der strategischen Suche nach und Entwicklung von Innovationen niederschlug. Demgegenüber resultierte aus einer „konservativen Einstellung“ des oberen Managements eine Verteidigungsstrategie, die sich in der kontinuierlichen Verbesserung von Bestehendem und der Vermeidung von Innovationen zeigte. Die Autoren interpretierten ihre Befunde darüber hinaus als Beleg dafür, dass die Einstellungen von Führungskräften gegenüber Veränderung deren Verhalten determiniert, welches u. a. in den entsprechenden Unternehmensstrategien sichtbar wurde (Musteen et al., 2010, S. 374). Diese Verbindung von Verhalten und Einstellung wird seit der klassischen Feldstudie von LaPiere (1934) immer wieder diskutiert und ist Gegenstand zahlreicher empirischer Studien (Überblick siehe z. B. bei Armitage & Conner, 2001; Eckes & Six, 1994; Glasman & Albarracín, 2006; Kim & Hunter, 1993; Kraus, 1995). Eckes und Six (1994 S. 253) sahen als Ergebnis ihrer 501 Studien beinhaltenden Metaanalyse, die eine geschätzte Populationskorrelation von r=.39 ergab, die Behauptung widerlegt, dass zwischen Einstellung und Verhalten nur ein loser Zusammenhang bestünde. Mit einem signifikanten Koeffizienten von r=.38 bestätigte auch die 88 Studien umfassende Metaanalyse von Kraus (1995) den positiven Zusammenhang zwischen Einstellung und Verhalten. Verstärkt wurde dieser Zusammenhang insbesondere durch die Stabilität der Einstellung, ihrer schnellen Verfügbarkeit, der hohen Konsistenz zwischen affektiver und kognitiver Komponente sowie den unmittelbaren, persönlichen Erfahrungen der Befragten. Höhere Korrelationen fanden sich auch, wenn die Einstellungs- und Verhaltensmessung übereinstimmten, die Daten nur aus Selbstauskünften und nicht von Studierenden generiert wurden. Analog dazu zeigte die Metaanalyse von Kim und Hunter (1993) basierend auf 138 Einzelkorrelationen, dass die Bereinigung um methodische Artefakte (z. B. Stichprobenfehler, Skalenniveau der Daten, Reliabilität der Messung) sowie die Übereinstimmung in der Messung von Einstellung und Verhalten zu einem Anstieg des Zusammenhanges auf r=.79 führten. Glasman und Albarracín (2006) fanden in ihrer Metaanalyse mit 128 Studien ebenfalls einen signifikanten Zusammenhang von r=.52 und bestätigten die moderierende Wirkung der schnellen Abrufbarkeit sowie der zeitlichen Stabilität einer Einstellung. Ausschlaggebend waren darüber 1 Einleitung 9 hinaus die persönliche Erfahrung mit dem Einstellungsobjekt und dass die Befragten ihren Einstellungen u. a. aufgrund tiefgründiger Informationsverarbeitung mehr vertrauten. Aufgrund der empirischen Datenlage kann zusammengefasst von einem signifikanten, hohen Zusammenhang zwischen Einstellungen und Verhalten ausgegangen werden, der durch weitere Faktoren moderiert wird. Zentral hierbei sind zunächst die Stabilität und Verfügbarkeit der betrachteten Einstellungen sowie die persönlichen Erfahrungen mit dem Einstellungsobjekt. Diese Befunde sprechen für eine enge Verbindung zwischen der positiven Einstellung gegenüber Veränderung und dem innovationsförderlichen Verhalten von Führungskräften. Noch enger wird diese Verbindung, wenn eine hohe Übereinstimmung zwischen der betrachteten Einstellung und dem entsprechenden Verhalten besteht. Diese Forderung nach einer Korrespondenz geht auf die Arbeit von Ajzen und Fishbein (1977) zurück, wonach Einstellungen und Verhalten hinsichtlich der vier Aspekte Handlung, Gegenstand der Handlung, Kontext der Handlungsausführung und Zeitkomponente spezifiziert werden können. Wenn beide Maße im Grad ihrer Spezifik übereinstimmen, lassen sich belastbare Aussagen über den Zusammenhang von Einstellungen und Verhalten treffen. Zahlreiche empirische Studien bestätigten in der Zwischenzeit diese sogenannte Korrespondenzhypothese (vgl. Glasman & Albarracín, 2006; Kim & Hunter, 1993; Kraus, 1995). Überträgt man deren Befunde nun auf den Kontext von Prozessinnovationen, so muss die betrachtete Einstellung, welche als Grundlage eines innovationsförderlichen Verhaltens gelten soll, inhaltlich eine große Übereinstimmung mit dem betreffenden Verhalten aufweisen. Diese inhaltliche Übereinstimmung findet sich im Konstrukt der individuellen Innovationsbereitschaft, die eine Form der positiven Einstellung gegenüber Veränderungen darstellt (vgl. Bouckenooghe, 2010, S. 501). So konnte Krause (2004) in ihrer empirischen Untersuchung von Verantwortlichen für Prozessinnovationen nachweisen, dass deren Innovationsbereitschaft einen beträchtlichen Anteil der Varianz in ihrem Verhalten zur Ideengenerierung/-prüfung sowie der Ideenimplementierung erklärte. Cunningham, Woodward, Shannon, MacIntosh, Lendrum, Rosenbloom et al. (2002) bestätigten mit einer Längsschnittstudie ebenso, dass Mitarbeiter und Führungskräfte häufiger und aktiver an organisationalen Veränderungsmaßnahmen des Unternehmens teilnahmen, wenn ihre Bereitschaft für diese Veränderung im Vorfeld bereits hohe Ausprägungen hatte. Fasst man die bisher zitierten Studien zusammen, kommt der Bereitschaft von Führungskräften für (Prozess-) Innovationen eine zentrale Stellung im Verständnis der innovationsförderlichen Führung zu, da sie sowohl in Zusammenhang mit dem innovationsbezogenen Verhalten der Führungskraft als auch mit der letztendlichen Innovativität des Unternehmens im positiven Zusammenhang steht (vgl. Abbildung 1-1). 10 1 Einleitung Einstellung der Führungskraft Organisationale Innovativität Innovationsbereitschaft Häufigkeit von Prozessinnovationen und deren Anteil am Unternehmenserfolg Verhalten der Führungskraft Innovationsförderliches Verhalten Abbildung 1-1. Vereinfachte Darstellung der bisherigen empirischen Befunde zur innovationsförderlichen Führung Ausgehend von dieser Schlüsselposition der Innovationsbereitschaft von Führungskräften für die Generierung und Implementierung von Prozessinnovationen in Unternehmen lauten die zentralen Forschungsfragen der vorliegenden Arbeit: 1) Wie entsteht die Bereitschaft für Prozessinnovationen bei Führungskräften? 2) Wodurch kann diese Innovationsbereitschaft gefördert werden? Bisherige Untersuchungen zur individuellen Innovations- oder Veränderungsbereitschaft konzentrierten sich vor allem auf Mitarbeiter in Unternehmen und lassen sich nur begrenzt auf die Spezifik der Führungskräfte übertragen. So fanden bspw. Bouckenooghe (2008) und Holt, Armenakis, Feild und Harris (2007) eine bereitschaftsförderliche Wirkung der Partizipation, d.h. der Teilhabe an Entscheidungen sowie der Implementierung der organisationalen Veränderung. Diese Bedingungen sind bei Führungskräften jedoch in der Regel gegeben (vgl. z.B. Hauschildt & Salomo, 2007, S. 24; Jansen et al., 2009, S. 6 f.), womit andere Faktoren für die Innovationsbereitschaft dieser Personengruppe bedeutsam werden. Daher konzentriert sich die vorliegende Arbeit auf Befunde zur Einstellungsänderung durch persuasive Kommunikation (vgl. Aronson, Wilson & Akert, 2010, S. 237 ff.) sowie zur Wirkung mikropolitischer Einflussstrategien in Unternehmen (vgl. Neuberger, 2006) und greift daraus die Bedeutung von Wissen und Informationen für die Förderung der Innovationsbereitschaft heraus. Damit wird gleichzeitig eine Verbindung zu den generellen Erfolgsfaktoren von Prozessinnovationen geschaffen. Wie in mehreren Studien gezeigt wurde, ist der Umgang mit Wissen in Unternehmen ein Kernaspekt des erfolgreichen Management von Innovationsprozessen (vgl. z. B. Adams et al., 2006; Amara, Landry, Becheikh & Ouimet, 2008; Blume & Gerstlberger, 2007; Calantone et al., 2002; Damanpour, 1991; Garcia-Morales, Ruiz-Moreno & Llorens-Montes, 2007; Reichstein 1 Einleitung 11 & Salter, 2006). Dabei kommt insbesondere der Verknüpfung von bestehendem, unternehmensinternen mit neuem und unternehmensexternem Wissen eine Schlüsselrolle zu (Adams et al., 2006, S. 29). Diese Verbindung wird unter dem Begriff absorptive capacity diskutiert, worunter die Fähigkeit von Organisationen, Gruppen und Individuen verstanden wird, relevantes unternehmensexternes Wissen zu erkennen, in die eigene Organisation aufzunehmen und letztendlich in wertschaffende Produkte oder Dienstleistungen umzusetzen (Cohen & Levinthal, 1990; Dyer & Singh, 1998; Lane, Koka & Pathak, 2006; Zahra & George, 2002). Diese organisationale Absorptionsfähigkeit beschreibt damit sowohl Prozesse der Aufnahme und Nutzung unternehmensexternen Wissens als auch Verarbeitungsprozesse innerhalb des Unternehmens. Aufgrund dieser umfassenden Sichtweise sowie ihrer Relevanz für Innovationsprozesse wird die Absorptionsfähigkeit herangezogen, um die Förderung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften durch die Auseinandersetzung mit neuem Wissen zu analysieren. Dafür soll die Verbindung von Absorptionsfähigkeit und Innovationsbereitschaft sowohl theoretisch abgeleitet als auch empirisch überprüft werden. Diese Verknüpfung von organisationaler Absorptionsfähigkeit mit individueller Innovationsbereitschaft ist in dieser Art bislang nicht erfolgt und verspricht neue Erkenntnisse, wie die Bereitschaft für organisationale Veränderungen speziell bei Führungskräften gezielt beeinflusst werden kann. Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht folglich darin, die Wirkung der Absorptionsfähigkeit im Unternehmen auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften im Kontext von Prozessinnovationen zu spezifizieren und diese Wirkung empirisch zu testen. Auf diese Weise wird das Verständnis der innovationsförderlichen Führung differenziert, indem durch die betrachteten Konzepte auch eine Verbindung zwischen organisationaler Ebene, der Gruppenebene und dem Individuum geschaffen wird. Damit will die Arbeit einen Beitrag zur Innovationsforschung leisten, indem die Grundlagen des innovationsbezogenen Verhaltens von Führungskräften in Unternehmen genauer bestimmt werden. 1.2. Aufbau der Arbeit Nachdem die Problemstellung der vorliegenden Dissertation dargestellt und die Zielsetzung formuliert wurden, soll nun der Gang der Untersuchung und damit der Aufbau der Arbeit kurz erläutert werden (vgl. auch Abbildung 1-2). Zunächst werden im Kapitel 2 die theoretischen Grundlagen der Fragestellung erarbeitet. Dazu werden als erstes Prozessinnovation sowie das innovationsbezogene Führungsverhalten in diesem Kontext näher erläutert. Im Anschluss daran wird ein Modell der Innovationsbereitschaft von Führungskräften als Grundlage einer innovationsförderlichen Führung vorgestellt. Dieses Modell sieht Innovationsbereitschaft vordergründig als einen kognitiven Informationsverarbeitungsprozess, in Folge dessen positive wie negative Emotionen 12 1 Einleitung sowie innovationsförderliche oder -hemmende Handlungen resultieren. Aufbauend auf diesem Modell werden die Möglichkeiten zur Beeinflussung der Bereitschaft aufgezeigt und der Fokus auf die Auseinandersetzung mit neuem Wissen und Informationen gelegt. Um die Wirkung dieser Auseinandersetzung zur spezifizieren, wird das Konzept der Absorptionsfähigkeit herangezogen. Diese Fähigkeit von Organisationen, Gruppen und Individuen beschreibt, wie unternehmensexternes Wissen, das für das eigene Unternehmen bedeutsam ist, identifiziert, in das Unternehmen aufgenommen und nutzbringend umgesetzt werden kann. Im Kapitel 3 wird dann die Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften im Detail analysiert und ein Modell sowie die entsprechende Hypothesen für dessen empirische Überprüfung abgeleitet. Für diese Überprüfung des Modells wurde ein quantitativer Zugang in Form einer Befragung von Geschäftsführern in kleinen und mittleren Unternehmen gewählt. Entsprechend werden im Kapitel 4 zunächst die Stichprobe, der konzipierte Fragebogen sowie die Durchführung der Befragung vorgestellt. Nach der Itemanalyse und Skalenbildung erfolgen die statistischen Tests zur Überprüfung der Hypothesen. Die Ergebnisse dieser Tests werden anschließend interpretiert und vor dem Hintergrund andere Befunde diskutiert. Als Resümee der Arbeit werden im Kapitel 5 die Haupterkenntnisse zusammengefasst und Implikationen für die Führungs- und Innovationsforschung sowie die Unternehmenspraxis abgeleitet. Mit einem Gesamtfazit und Ausblick schließt die Arbeit. 1 Einleitung 13 1 Einleitung Problemstellung und Zielsetzung Gang der Untersuchung 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 2.1 Prozessinnovationen als Kontext der Fragestellung 2.2 Führungskräfte als Verantwortungsträger für Prozessinnovationen 2.3 Innovationsbereitschaft als Teil der innovationsförderlichen Führung 2.4 Absorptionsfähigkeit als Determinante der Innovationsbereitschaft 3 Hypothesen und Wirkungsmodell Empirisch überprüfbares Modell zur Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft 4 Empirische Überprüfung Operationalisierung der Konstrukte, Skalenbildung, statistischer Test der Hypothesen, Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 5 Resümee Zusammenfassung und Ausblick Implikationen für Forschungstheorie, -methodik und Unternehmenspraxis Abbildung 1-2. Grobaufbau der vorliegenden Arbeit 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 2 15 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung In diesem Kapitel werden im Unterkapitel 2.1 zunächst der Begriff Prozessinnovation definiert und die Besonderheiten dieser Innovationsart im Unterschied zu Produktinnovationen vorgestellt. Im Unterkapitel 2.2 werden der Stand der Forschung zum innovationsförderlichen Führungsverhalten aufgearbeitet und als eine wesentliche Grundlage dafür im Unterkapitel 2.3 die Innovationsbereitschaft als positive Einstellung gegenüber organisationalen Neuerungen vorgestellt. Im Unterkapitel 2.4 werden Möglichkeiten zur Beeinflussung der Innovationsbereitschaft aufgezeigt und dazu das Konzept der Absorptionsfähigkeit eingeführt. Zusammengefasst stellt das Kapitel 2 die theoretische Basis für das Wirkungsmodell zur Förderung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften durch die organisationale Absorptionsfähigkeit dar, welches in Kapitel 3 in eine empirisch überprüfbare Form gebracht wird. 2.1. Kennzeichen von Prozessinnovationen Ziel dieser Arbeit ist es, die Entstehung und Förderung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften im Rahmen von Prozessinnovationen zu analysieren. Dazu werden nachfolgend der Begriff Prozessinnovation geklärt und die spezifischen Merkmale derselben herausgearbeitet. 2.1.1. Begriffsbestimmung Innovationen lassen sich allgemein definieren als „qualitativ neuartige Produkte oder Verfahren, die sich gegenüber einem Vergleichszustand ‚merklich‘ […] unterscheiden." (Hauschildt & Salomo, 2007, S. 7). Diese Definition fasst verschiedene Ansätze zusammen, die übereinstimmend die Neuartigkeit als ein wesentliches Kennzeichen von Innovationen herausstellen. Basierend auf dem wirtschaftswissenschaftlichen Theorem der Zweck-MittelBeziehung handelt es sich nach Hauschildt und Salomo (2007, S. 7) dabei um eine neuartige Zweck-Mittel-Kombination. Entweder ergeben sich aus der Nachfrage neue Zwecke oder eine Technologie bietet neue Mittel zur Erfüllung von bisherigen Zwecken oder beide Aspekte werden verändert. Entscheidend ist, dass Zwecke und Mittel in einer bisher nicht bekannten Form verknüpft werden. Das Phänomen der Neuartigkeit ist ebenso das Kernelement der OECD-Definition im Oslo Manual (2005), welches als standardisiertes Werkzeug zur Erhebung und Interpretation von Innovationsdaten in Europa die internationale Vergleichbarkeit gewährleisten soll. Innovation bedeutet hiernach "[…] the implementation of a new or significantly improved product (good or service), or process, a new marketing method, or a 16 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung new organisational method in business practices, workplace organisation or external relations." (OECD/Statistical Office of the European Communities, 2005, S. 46). Abstufungen in der Neuartigkeit werden als Innovationsgrad bezeichnet. Auf einer dichotomen Skala verortet, wird häufig von radikalen versus inkrementellen Innovationen gesprochen. Als radikale Innovation wird dabei die Entdeckung von etwas vollständig Neuem bezeichnet, inkrementell sind dagegen deutliche Verbesserungen von Existierendem (z. B. Oke et al., 2009, S. 64). Im englischen Sprachraum werden dafür auch die Bezeichnungen „explorative innovation“ und „exploitative innovation“ verwendet (z. B. Jansen et al., 2009, S. 7). Die Entdeckung neuer Möglichkeiten kann etwa mit der Entwicklung eines neuen Produktes gleichgesetzt werden, die Nutzung von Bekanntem dagegen mit der Differenzierung bestehender Produkte (Hauschildt & Salomo, 2007, S. 17). Erstere zielt dabei auf die Gewinnung neuer Kunden und Märkte ab, letztere auf bereits vorhandene Kunden, wobei radikale Innovationen seltener sind als inkrementelle (Jansen et al., 2009, S. 13). Bezogen auf Unternehmensprozesse entscheidet die Neuartigkeit der Ergebnisse auch darüber, ob es sich um einen Innovation oder den ihr übergeordneten organisationalen Wandel4 handelt (Knight, 1967, S. 479). Der zweite wesentliche Aspekt, um den Begriff Innovation zu bestimmen, ist die Verwertbarkeit der Neuerung (Adams, Bessant & Phelps, 2006, S. 22). “Innovation is often viewed as a good thing because the new idea must be useful-profitable, constructive, or solve a problem. New ideas that are not perceived as useful are not normally called innovations; they are usually called mistakes.” (Van de Ven, 1986, S. 592). Allerdings kann diese Kategorisierung erst im Nachhinein erfolgen: “objectively […] the usefulness of an idea can only be determined after the innovation process is completed and implemented” (Van de Ven, 1986, S. 592). Diese nachträgliche Zuschreibung, gleichzeitig das dritte Element einer 4 Nach Van de Ven und Poole (1995, S. 533 f.) lassen sich in Abhängigkeit vom zugrundeliegenden „Motor der Veränderung“ (S. 525) die vier Formen des organisationalen Wandels „life cycle, teleological, dialectical and evolutionary change“ unterscheiden. Stufenmodelle der Innovation, die von einer immanenten, universellen Phasenabfolge ausgehen, zählen z. B. zur Perspektive des Lebenszyklus‘ (Van de Ven & Poole, 1995, S. 513). Wird die Organisation absichtsvoll und in Ausrichtung auf ein formuliertes Ziel hin verändert, können Innovationen dem geplanten und gesteuerten Veränderungen zugeordnet werden („teleological“, z. B. Phillips, Noke, Bessant & Lamming, 2006). Maute und Locander (1994) sahen Innovationen als soziopolitischen Prozess, indem gegensätzliche Positionen um die Vormacht kämpfen und sich im dialektischen Konflikt eine kreative Synthese ergibt. Birkinshaw, Hamel und Mol (2008) wählten dagegen als Zugang zu Managementinnovationen den evolutionären Wandel als kontinuierlichen Zyklus von Variation und Selektion. Nach Van de Ven und Poole (1995, S. 532 f.) erklären die vier Formen des Wandels jeweils einen bestimmten Aspekt des Veränderungsgeschehens, womit die damit verbundenen Forschungsperspektiven gleichberechtigt nebeneinander stehen. In der vorliegenden Arbeit werden die fokussierten Prozessinnovationen zum geplanten Wandel gezählt, da das Agieren der Führungskräfte und Mitarbeiter unter dem Aspekt der Förderung gezielter Veränderungen in den Leistungserstellungsprozessen betrachtet wird und damit die gesteuerte Optimierung von organisationalen Mustern wie Strategien, Strukturen oder Kulturen im Zentrum steht (Inversini, 2005, S. 10). 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 17 Arbeitsdefinition, wird von den Involvierten vorgenommen. Dabei handelt es sich bei Produktinnovationen z. B. um Kunden; bei Prozessinnovationen sind insbesondere die beteiligten Organisationsmitglieder die relevante Bewertungsgruppe. Diese muss Neuartigkeit und Verwertbarkeit als Merkmale der veränderten Situation wahrnehmen, auch wenn Außenstehende das anders beurteilen (Van de Ven, 1986, S. 591 f.). So kann die Einführung einer Technologie in einem Unternehmen als Innovation gesehen werden, während sie in anderen Unternehmen bereits genutzt und als Imitation bezeichnet wird. Das Oslo-Manual der OECD (2005, S. 46) formuliert entsprechend als Minimalanforderung an eine Innovation “the product, process, marketing method or organisational method must be new (or significantly improved) to the firm”. Die kleinste Referenzgröße ist damit das Unternehmen selbst, bevor ein Bezug zur Branche oder der globalen Wirtschaft vorgenommen wird. Wenn eine Organisation für sich erstmalig eine Neuerung entwickelt oder anwendet, liegt eine Innovation vor. Wie in der OECD-Definition bereits angeklungen ist, lassen sich Innovationen entsprechend ihres Inhaltes klassifizieren. Im Blickpunkt der vorliegenden Arbeit stehen Prozessinnovationen als Neuerungen im Leistungserstellungsprozess einer Organisation. Diese werden von Produktinnovationen als Erneuerungen in den absatzmarktfähigen Leistungen, also den Produkten und Dienstleistungen eines Unternehmens, abgegrenzt5 (Thom, 2001, S. 55; OECD/Statistical Office of the European Communities, 2005, S. 47). Während neue Produkte und Dienstleistungen am Markt etabliert werden, müssen sich Änderungen im Leistungserstellungsprozess innerbetrieblich durchsetzen (Hauschildt & Salomon, 2007, S. 9). Diese Änderungen werden häufig auch als Einführung neuer Elemente in Produktions- oder Dienstleistungsprozessen bezeichnet (z. B. Reichstein & Salter, 2006, S. 653). Knight (1967), ein wichtiger Begründer der Innovationsprozessforschung, definierte Prozessinnovationen als “the 5 Weitere Innovationsarten sind z. B. Sozialinnovationen als Veränderungen im Humanbereich des Unternehmens (z. B. Knight, 1967, S. 482; Thom, 2001, S. 55), Managementinnovationen als Neuerungen der Managementpraxis, -prozessen, -strukturen oder -techniken (z. B. Birkinshaw et al., 2008, S. 825; Santos-Rodrigues, Dorrego & Jardon, 2010; Walker, Damanpour & Devece, 2011) Organisationsinnovationen als die Einführung neuer Arbeitsformen und -methoden (z. B. OECD/Statistical Office of the European Communities, 2005, S. 51), Marketinginnovationen als deutliche Veränderung z. B. in der Preisgestaltung oder im Produktdesign (z. B. Carol Yeh-Yun Lin & Mavis Yi-Ching Chen, 2007; OECD/Statistical Office of the European Communities, 2005, S. 49, Wang & Ahmed, 2004, S. 307), Dienstleistungsinnovationen, nicht nur als Pendant zu Produktinnovationen sondern als neuartige Vertriebswege oder Verkaufsbeziehungen (z. B. Gremyr, Löfberg & Witell, 2010, S. 163). Wie diese kurzen Erläuterungen zeigen, ist hier eine scharfe Abgrenzung zu Prozess- bzw. auch Produktinnovationen oftmals nicht möglich. Da sich diese beiden Begriffe am umfassendsten etabliert haben und sich zudem der Großteil der Forschung zu Erfolgsfaktoren von Innovationen auf Prozess- und Produktinnovationen bezieht (vgl. z. B. Damanpour, 1991; Gärtner, 2007; Hauschildt & Salomo, 2007; Wolfe, 1994), wird für die vorliegende Arbeit nur die Unterscheidung zwischen diesen beiden Arten vorgenommen. 18 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung introduction of new elements in the organization's task, decision, and information system or its physical production or service operations, the advances in the technology or the company” (Knight, 1967, S. 482). Als Referenzgröße für die Neuartigkeit gilt auch hier das jeweilige Unternehmen. Prozessinnovationen sind aus dieser betrieblichen Sicht „Verfahren, die innerhalb einer Unternehmung erstmalig eingeführt werden“ (Hauschildt & Salomo, 2007, S. 26). Die neuartigen Verfahrensweisen zielen darauf ab, die Produktivität zu steigern, Gewinnmöglichkeiten zu verbessern, Rohstoff und Energie einzusparen, die Sicherheit zu erhöhen oder Umweltschäden zu vermeiden (Thom, 2001, S. 55; Reichstein & Salter, 2006, S. 653). Dabei können die Neuerungen sowohl technologische Aspekte betreffen wie bedeutsame Veränderungen im Maschinenpark oder der genutzten Software (OECD/Statistical Office of the European Communities, 2005, S. 49) als auch auf administrative Aspekte abzielen wie etwa Verwaltungsabläufe oder die Organisationsstruktur (Damanpour, 1991, S. 560). Reichstein und Salter (2006, S. 677) zeigten, dass Prozessinnovationen mehrheitlich beide Aspekte beinhalten und Manager diese entsprechend schwer voneinander trennen können. Dass technologische und administrative Neuerungen eher gleichzeitig auftreten, belegten Damanpour und Gopalakrishnan (2001) mit einer quantitativen Studie zur Umsetzung von Prozess- und Produktinnovationen im Banksektor. Diese Ergebnisse entsprechen damit auch den Erkenntnissen von Van de Ven (1986, S. 592) zum Management von Innovationen, der wiederum auf frühere Befunde zurückgriff, die eine enge Verknüpfung von technologischen und administrativen Innovationen bestätigten. Für die vorliegende Arbeit spielt die Differenzierung von technologisch versus administrativ eine untergeordnete Rolle, weshalb sie in eine Arbeitsdefinition nicht aufgenommen wird. Als Zusammenfassung der bisherigen Ausführungen wird dieser Arbeit folgende Arbeitsdefinition Prozessinnovationen zugrunde gelegt: Prozessinnovationen sind Neuerungen im Leistungserstellungsprozess eines Unternehmens, die innerbetrieblich umgesetzt werden. Die Neuerungen werden im betreffenden Unternehmen entweder erstmalig selbst entwickelt oder erstmalig angewendet. Durch die Veränderungen muss für das Unternehmen ein Nutzen wie z. B. höhere Qualität oder geringere Kosten generiert werden. Prozessinnovationen entstehen aus einer Abfolge von Aktivitäten. Am Ende dieses Prozesses wird die Neuerung von den beteiligten bzw. davon betroffenen Personen als Innovation etikettiert. Als Vergleichsmaßstab für die Neuartigkeit dient dabei das eigene Unternehmen. Synonym zum Begriff Prozessinnovation wird die Bezeichnung Verfahrensinnovation verwendet. von 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 2.1.2. 19 Besonderheiten von Prozessinnovationen Nach der Begriffsklärung von Innovationen im Allgemeinen und Prozessinnovationen im Besonderen, sollen nun Merkmale dieser speziellen Innovationsart diskutiert werden. Dazu werden zunächst das Verhältnis und mögliche Verbindungslinien zwischen Produkt- und Prozessinnovationen beleuchtet, um dann auf die Spezifik von Verfahrensneuerungen näher einzugehen. Das Auftreten von Prozessinnovationen steht im engen Zusammenhang mit Produktinnovationen, was bspw. die Studien von Elenkov und Manev (2005) oder von Akgün et al. (2009) mit einer hochsignifikanten Korrelation von r=.69 bzw. r=.52 zwischen dem Vorhandensein von Produkt- und Prozessinnovationen in Unternehmen zeigten. Bereits Utterback und Abernathy (1975) arbeiteten diesen Zusammenhang am Beispiel des Produktlebenszyklus heraus. Sie gingen davon aus, dass in der ersten Phase des Produktlebenszyklus vorrangig radikale Neuerungen am Produkt vorgenommen werden, dagegen dann in der zweiten Phase radikale Veränderungen im Leistungserstellungsprozess anstehen, um im zunehmenden Preiskampf die eigenen Kosten zu senken. In der dritten Phase werden keine umfassenden Neuerungen vorgenommen, sondern Produkte und Prozesse auf inkrementelle Weise weiterentwickelt. Ergebnisse aus späteren Studien differenzierten diese Befunde. So fanden Damanpour und Gopalakrishnan (2001), dass die Zahl der Produktinnovationen die Zahl der Prozessinnovationen in jeder Phase erhöht. Außerdem zeigte sich, dass beide Innovationsarten eher gleichzeitig denn zeitversetzt eingeführt werden. Damit wurde die Annahme, dass Prozessinnovationen nachgelagert zu Produktinnovationen angestoßen werden, nicht bestätigt. Zu den gleichen Ergebnissen kamen Santos-Rodrigues et al. (2010) in ihrer Untersuchung von 68 Automobilzulieferern. Belegt ist weiterhin, dass die gleichzeitige Innovierung von Produkten und Geschäftsprozessen die Unternehmensleistung positiv beeinflusst, indem Produkte besser positioniert, schneller kommerzialisiert und der Markt eher durchdrungen werden (Pisano & Wheelwright, 1995). Trotz dieser Zusammenhänge werden Prozessinnovationen seltener eingeführt als Produktinnovationen. Beispielsweise fanden Blume und Gerstlberger (2007, S. 231) in einer repräsentativen Studie mit nordhessischen Unternehmen, dass 71% der Befragten in den Jahren 2003 bis 2005 mindestens eine Produktinnovation realisiert hatten, aber nur 29% eine Prozessinnovation. Nicht ganz so deutlich sind die Unterschiede im „Mannheimer Innovationspanel“, der jährlichen Panelerhebung zum Innovationsverhalten deutscher Unternehmen. Laut der aktuellen Ausgabe (Rammer, Aschhoff, Crass, Doherr, Köhler, Peters et al., 2011) zählten im Jahr 2009 29% der Unternehmen der deutschen Wirtschaft zu den Produktinnovatoren mit mindestens einer neuen Produkteinführung innerhalb der letzten drei Jahre, 27% zu den Prozessinnovatoren und 14% aller Unternehmen führten sowohl Produkt- 20 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung als auch Prozessinnovationen ein (S. 3). Dabei unterschied sich der Anteil der reinen Produktinnovationen mit 15% im geringen Maße vom Anteil der reinen Prozessinnovationen mit 13%. Deutlicher ist dieser Unterschied jedoch in der forschungsintensiven Industrie (Chemie- und Pharmaindustrie, Elektroindustrie; Maschinen- und Fahrzeugbau), wo 11% reine Prozessinnovatoren einem Anteil von 31% reinen Produktinnovatoren gegenüberstanden (ebd., S. 4). Mögliche Gründe für einen tendenziell höheren Anteil reiner Produktinnovationen sind, dass Prozesssinnovationen als weniger nutzbringend eingeschätzt werden, weil die Kosten ihrer Implementierung höher erscheinen, ihre Ergebnisse weniger offensichtlich sind und sich der geschaffene Wert schlechter abschöpfen lässt (Gopalakrishnan et al., 1999; Damanpour & Gopalakrishnan, 2001). Zudem dauert die Umsetzung der innerbetrieblichen Neuerungen länger und auch der Fortschritt im Verlauf ist schlechter erkennbar (Damanpour & Gopalakrishnan, 2001; Hauschildt & Salomo, 2007, S. 9). Gopalakrishnan et al. (1999) arbeiteten heraus, dass Prozessinnovationen stärker auf komplexem Wissen im Sinne einer Differenziertheit des Ansatzes, der Originalität der Lösung und dem intellektuellem Anspruch der Aufgabe basieren. Die Einbindung in mehrere Funktionsbereiche und Abläufe des Unternehmens führt zur stärkeren Verknüpfung verschiedener Wissensbereiche. Aufgrund kausaler Ambiguität (vgl. Barney, 1991) lässt sich dabei das Zusammenspiel einzelner Aktivitäten schwer nachvollziehen, womit sich die Übertragung auf andere Unternehmen erschwert. Prozessinnovationen sind eher organisationsspezifisch und weniger standardisiert als Produktinnovationen (Damanpour & Gopalakrishnan, 2001) und bilden im Sinne des resourced based view (Barney, 1991) Wettbewerbsvorteile für das innovierende Unternehmen. Sie sind wertvoll, da sie die Effizienz der Leistungserstellung erhöhen, Kosten reduzieren und sich letztendlich in der Unternehmensleistung niederschlagen (z. B. Akgün et al., 2009; AragónCorrea et al., 2007; Reichstein & Salter, 2006; Thom, 2001). Die spezifischen Ziele von Prozessinnovationen lassen sich im konkreten Unternehmensfall nicht durch alternative Maßnahmen erreichen, womit die Neuerungen in den Geschäftsprozessen nicht substituierbar sind (z. B. Gopalakrishnan et al., 1999). Da diese Neuerungen sowohl in einem Unternehmen als auch unternehmensübergreifend weniger häufig auftreten als bspw. Produktinnovationen (z. B. Blume & Gerstlberger, 2007; Damanpour & Gopalakrishnan, 2001), können sie als selten bezeichnet werden. Aufgrund ihrer organisationsspezifischen Entstehung und Ausgestaltung, die aus den technischen, personellen und kulturellen Gegebenheiten des jeweiligen Unternehmens entspringen, sind Prozessinnovationen schwer imitierbar (Gopalakrishnan et al., 1999). Die Heterogenität von Prozessinnovationen belegten auch Reichstein und Salter (2006, S. 665) indem sie zeigten, dass Verfahrensneuerungen aus dem Zusammenspiel von veränderterer technologische Ausstattung, Umgestaltungen im Produktionsprozess sowie neuen Managementpraktiken entstehen. 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 21 Das Feld der Prozessinnovationen ist dabei sehr weit. Nach Reichstein und Salter (2006, S. 666) zählen dazu beispielsweise die Einführung neuer Maschinen und Technologien, Änderungen im Produktionsablauf, Neuerungen der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie die Einführung neuer Managementpraktiken. Krause (2004, S. 235) kategorisierte die von ihr betrachteten Verfahrensinnovationen nach deren Zielobjekt und benannte sie entsprechend als produktions-, software- und netz-, marketing-, personal- und controllingbezogene Prozessinnovationen. Diese Innovationen Funktionsbereiche eines Unternehmens betreffen, in denen können somit alle der Prozess der Leistungs- erstellung neu gestaltet wird. Als Leistungserstellungsprozess wird die Transformation von Einsatzgütern in Ausbringungsgüter bezeichnet, die der Verwirklichung von sachlichen, formalen, sozialen und ökologischen Zielen des Unternehmens dient (Bea & Schnaitmann, 1995, S. 280). Die Umwandlung der Einsatzobjekte wie Material oder Informationen vollzieht sich im dynamischen Zusammenwirken von Menschen, Betriebsmitteln und Arbeitsgegenstand (REFA Verband für Arbeitsstudien und Betriebsorganisation e.V., 1975). Geschäftsprozesse können daher bezeichnet werden als “the complete, dynamical coordinated set of collaborative and transactional activities that deliver value to customer” (Lewis, Young, Mathiassen, Rai & Welke, 2007, S. 8). Sowohl dieses Bündel von Aktivitäten als auch dessen Neugestaltung im Sinne von Prozessinnovationen werden von Menschen im Unternehmen gesteuert. Sie sind es, die sowohl den Prozess der Leistungserstellung als auch den Innovationsprozess planen, vollziehen und kontrollieren (Bea & Schnaitmann, 1995, S. 280). Dabei kommt den Führungskräften eine besondere Verantwortung zu, da sie u. a. auch solche Organisationsmitglieder von einer Prozessinnovation überzeugen, in deren Umsetzung einbinden oder zur Generierung von neuen Lösungen motivieren müssen, die nicht wie bspw. Mitarbeiter einer Forschungs- und Entwicklungsabteilung vorrangig mit der Entwicklung und Umsetzung neuer Ideen betraut sind. Vor diesem Hintergrund wird im nächsten Unterkapitel das innovationsförderliche Verhalten von Führungskräften als Verantwortungsträgern des Innovationsprozess näher beschrieben, bevor auf ihre Innovationsbereitschaft im Detail eingegangen wird. 2.2. Führungskräfte als Verantwortungsträger für Prozessinnovationen Nachdem soeben das Verständnis von Prozessinnovationen, das dieser Arbeit zugrundeliegt, dargestellt wurde, sollen in den nächsten Abschnitten aktuelle Befunde zum innovationsförderlichen Verhalten von Führungskräften sowie deren positiver Einstellung gegenüber organisationalen Veränderungen als Bestandteile einer innovationsförderlichen Führung näher erläutert werden. 22 2.2.1. 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung Innovationsförderliches Verhalten von Führungskräften Von besonderer Relevanz für die Durchführung und den Erfolg von Prozessinnovationen ist zunächst die Funktion der Führungskräfte eines Unternehmens, weil diese "Träger des Innovationsbewusstseins sind und Projekte als innovativ kennzeichnen oder nicht" (Hauschildt & Salomo, 2007, S. 25). Innovationsbewusstsein bedeutet hier, die Notwendigkeit und den Grad der Neuartigkeit einer organisationalen Veränderung zu erkennen und das entsprechende Projekt durch die Einstufung „als 'innovativ' […] der routinemäßigen Behandlung im 'normalen' Geschäftsgang“ zu entziehen (Hauschildt & Salomo, 2007, S. 22 Hervorhebung im Original). Das wird notwendig, weil sich die unternehmensalltäglichen Vorgehensweisen nicht ohne Weiteres für den Innovationsprozess anwenden lassen. So können beispielsweise zur Bewertung kreativer Ansätze die herkömmlichen Methoden des operativen Tagesgeschäfts nur schwer herangezogen werden (Deschamps, 2003). Innovationsmanagement wird damit zu etwas substantiell anderem als das Management von wiederholten Routineentscheidungen, innovative Probleme erfahren eine andere Aufmerksamkeit, Akzeptanz, Bearbeitungsform und wirtschaftliche Einschätzung (Hauschildt & Salomo, 2007, S. 29). Dank ihrer hierarchischen Position im Unternehmen sind Führungskräfte „die Individuen, die das Recht und die Macht haben, Innovationsprozesse in Gang zu setzen und Ressourcen freizugeben, um Innovationen zu bewältigen“ (Hauschildt & Salomo, 2007, S. 24; vgl. dazu auch Jansen et al., 2009, S. 6 f.). Ebenso können sie durch ihr Verhalten Innovationen verzögern oder blockieren und damit als Barrieren für Neuerungen wirken (Mirow et al., 2007, S. 110). Speziell vor dem Hintergrund diskontinuierlicher Veränderungen in Technologien, Märkten und Politik belegten Phillips, Noke, Bessant und Lamming (2006) die Relevanz der Verantwortungsübernahme durch Führungskräfte für die Angemessenheit, die Stabilität und letztlich den Erfolg von Innovationsprojekten. Als zentraler Erfolgsfaktor für die Generierung und Implementierung von Produkt- sowie Prozessinnovationen gilt allgemein das Ausmaß der Unterstützung solcher Initiativen durch Führungskräfte (z. B. Amabile et al., 2004; Elkins & Keller, 2003; Hülsheger, Anderson & Salgado, 2009; Klein & Knight, 2005; Lloréns-Montes et al., 2005; Manimala, Jose & Thomas, 2005; Pattikawa, Verwaal & Commandeur, 2006; Shalley & Gilson, 2004). Die Übernahme von Verantwortung und die Unterstützung von Innovationsinitiativen geschehen bspw. durch die Entscheidung über die Implementierung neuer Ideen, das Setzen von Zielen oder das Motivieren der Mitarbeiter für Veränderungen (z. B. Amabile et al., 2004; Aragón-Correa et al., 2007; Harbone & Johne, 2003; Jansen et al., 2009). Dass Führungskräften in Innovationsprozessen zunächst eine wichtige Steuerungsfunktion zukommt, bestätigte z. B. Bossink (2007) in einer Längsschnittstudie zu vier dänischen Bauprojekten. Als innovationsförderliches Führungsverhalten erwies sich hierbei das Setzen 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 23 von konkreten Projektzielen, die Planung und Überwachung des Vorgehens, auch die Durchsetzung bestimmter Lösungen auf Basis der eigenen formellen Macht, das gezielte Einbeziehen von Kompetenzträgern sowie die Schaffung von Freiräumen für innovatives Verhalten der Projektbeteiligten. Weniger erfolgreich war die Formulierung einer Vision, da das untersuchte Projektteam nicht in der Lage war, diese Vision in die Praxis umzusetzen und die Führungskraft keine konkreteren Ziele vorgab. Dieser Fall bestätigte damit auch die positive Wirkung der Steuerungshandlungen, welche von der Führungskraft in den drei weiteren Teams umfassender wahrgenommen wurde, worin Bossink (2007, S. 141) einen Grund für die höhere Innovationsleistung dieser Teams sah. Elkins und Keller (2003) zeigte in einem Review von 24 Studien zur Wirkung der Führung in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, welche Aufgaben Führungskräfte über die Steuerung hinaus in der Zusammenarbeit mit ideengenerierenden und ideenumsetzenden Mitarbeitern wahrnehmen müssen. Demnach sind Führungskräfte neben der Planung des Vorgehens auch für die Kommunikation innerhalb des Teams, den Kontakt zur Umwelt außerhalb der Gruppe oder Organisation, der Schaffung eines innovationsförderlichen Klimas sowie der Unterstützung von Innovationsinitiativen verantwortlich. Dabei sind Führungskräfte umso erfolgreicher, je mehr sie sich in möglichst vielen Rollen engagieren und so die interne Teamentwicklung vorantreiben, den Kontakt zu Umwelt herstellen („boundary spanning“) sowie als Promotoren die Innovation fördern6 („championing activities“; Elkins & Keller, 2003, S. 603). Amabile et al. (2004) untersuchten die Wirkung des alltäglichen Führungsverhaltens auf die Kreativität der Mitarbeiter in Projektteams verschiedener Unternehmen. Unter Anwendung der generellen Managementaufgaben nach Yukl (2006) kristallisierten sie heraus, dass eine positive Wirkung von der wahrgenommen Unterstützung für Innovation ausgeht. Positiv wirkt weiterhin eine effiziente und gerechte Überwachung des Arbeitsfortschrittes, das gemeinsame Beraten bei wichtigen Entscheidungen sowie die emotionale Unterstützung der Mitarbeiter und die Anerkennung guter Leistungen. Als wenig innovationsunterstützend wird dagegen eine Führungskraft wahrgenommen, die ineffizient und ungerecht überwacht (z. B. zu häufig und ohne Verständnis von der überprüften Tätigkeit), die unklare oder unangemessene Arbeitsanweisungen gibt oder gravierende Probleme nicht anspricht (Amabile et al., 2004, 6 Als Promotoren werden im deutschsprachigen Raum die Personen bezeichnet, die Innovationen aktiv und intensiv fördern. In der englischsprachigen Literatur wird dafür der Begriff „Champions“ verwendet (vgl. Mirow, Hölzle & Gemünden, 2007, S. 103). Etabliert hat sich die Unterscheidung von Hauschildt (2001) in Machtpromotor mit hierarchischem Durchsetzungspotenzial, Fachpromotor mit objektspezifischer Expertise sowie dem Prozesspromotor mit Organisationskenntnis und Kommunikationsfähigkeit. Bei diesen Promotorenarten muss es sich nicht um verschiedene Personen handeln, vielmehr kann z. B. der Geschäftsführer eines mittleren Unternehmens alle drei Rollen in sich vereinen (Blessin, 2001, S. 14). 24 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung S. 25). Die Studie zeigt zusammengefasst, wie sich das Führungsverhalten auf Emotionen der Geführten auswirkt und so deren Kreativität, die von Dritten anhand ihrer Flexibilität, Produktivität und Originalität bewertet wurde, beeinflusst. Deutlich wurde dabei auch, dass bei erfolgreichen Führungskräften das aufgaben- und beziehungsorientierte Verhalten untrennbar miteinander verwoben sind, womit die Aussagen von Elkins und Keller (2003) zur effektiven Führung untermauert werden. In diesen Befunden lassen sich die aus der Lewin-Schule stammenden Führungsfunktionen Lokomotion und Kohäsion (Wiswede, 1990, S. 4; siehe auch Hentze et al., 2005 S. 25) wiederfinden. Unter Lokomotion fallen alle Aufgaben, die der Zielerreichung dienen wie etwa die Zielbestimmung, Aufgabenvorbereitung, Kontrolle oder Korrektur. Mit Kohäsion werden Aufgaben bezeichnet, die den Zusammenhalt der Gruppe sowie der gruppeninternen Beziehungen und Interaktionen zwischen Führenden und Geführten positiv beeinflussen. Diese Funktionen von Führung können in unterschiedlicher Weise mit unterschiedlichem Erfolg erfüllt werden. Zur Förderung von Innovationen hat sich dabei das transformationale Führungsverhalten als besonders effektiv erwiesen (z. B. Aragón-Correa et al., 2007; Elenkov & Manev, 2005; Elkins & Keller, 2003; Eisenbeiss et al., 2008; García-Morales et al.; 2011; Gumusluoglu & Ilsev, 2009; Jansen et al., 2009; Jung et al., 2008; Matzler et al., 2008; Oke et al., 2009). Bevor auf diese Studien näher eingegangen wird, soll zunächst das Konzept der transformationalen Führung im Allgemeinen erläutert werden. Das Konzept der transformationalen Führung geht auf Bass (1985) zurück, der diese Art der Führung von der transaktionalen Führung und dem laissez-faire-Stil als Abwesenheit von Führung unterschied. Die transaktionale Führung beschreibt zunächst eine Austauschbeziehung zwischen Führendem und Geführten, bei der Ersterer eine Belohnung und Letztere die dafür erwünschte Leistung einbringen. Der Führende geht auf das unmittelbare Eigeninteresse des Geführten ein, wenn er es dazu nutzen kann, die erwartete Leistung von ihm zu erhalten (Bass, 1985, S. 11). Im Gegensatz dazu motiviert der transformationale Führer zu höheren, über das Eigeninteresse der Geführten hinausgehenden Zielen, die dem Wohl der Gruppe oder Organisation dienen (ebd.). Der transformational Führende befriedigt nicht nur Bedürfnisse, sondern er versucht, höhere Bedürfnisse (im Sinne von Maslow, 1954) anzuregen (Bass, 1985, S. 14). Er erreicht damit ein besonderes Engagement und eine größere Leistungsbereitschaft auf Seiten der Geführten. Aus dem Zusammenspiel von transaktionalem und transformationalen Führungsverhalten (bezeichnet als „full range of leadership“) ergeben sich so außergewöhnliche Ergebnisse wie besondere Leistungen oder sehr hohe Zufriedenheit (Bass, 1999, S. 11). Beim Konzept des full range of leadership bildet die transaktionale Führung den Grundstock des Führungsverhaltens, herausragende Leistungen lassen sich allerdings nur mit der transformationalen Führung erreichen, die auf diesen Grundstock aufsetzt (ebd.). 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 25 Während die transaktionale Führung als reine Austauschbeziehung zwischen Führer und Geführten angesehen wird, strebt die transformationale Führung nach einer Weiterentwicklung. Unter Transformieren verstand Bass in erster Linie “that followers are transformed by leaders from concern for their self-interests to concern for their group, organization, or society” (Bass, 1999, S. 23). Der Führende erhöht also die Reife der Mitarbeiter, ihre Ideale und ihr Bedürfnis nach Leistung, Selbstaktualisierung und dem Wohlbefinden anderer. Zu höheren Leistungen werden die Geführten motiviert, indem der Führende ihr Vertrauen (die subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit) und den Wert der Ergebnisse erhöht7 (Bass, 1985, S. 22). Das Verhalten von transformational Führerenden lässt sich dabei anhand der vier Kennzeichen "idealized influence", „inspirational leadership“, „intellectual stimulation“ und „individual consideration“ beschreiben (Bass, 1999, S. 11). Mit "idealizd influence" wurde der frühere Ausdruck „Charisma“ ersetzt und damit die moralische und fachliche Vorbildfunktion des Führenden herausgestellt, die zu Respekt und Vertrauen auf Seiten der Mitarbeiter führt. Das zweite Merkmal, „inspirational leadership“ oder „inspirational motivation“, drückt sich in einer Vision der Führungskraft aus, die die Mitarbeiter emotional begeistert sowie Sinn und Gemeinschaftsgefühl vermittelt. Indem eine Führungskraft das bisherige Vorgehen immer wieder in Frage stellt und Probleme neu formuliert, regt sie ihre Mitarbeiter durch „intellectual stimulation“ zu mehr Kreativität und Innovation an. Letztendlich fördert die individuelle Zuwendung („individual consideration“) jeden Mitarbeiter entsprechend seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten, womit die Führungskraft als Coach agiert. Zur Erfassung von transformationaler und transaktionaler Führung entwickelten Bass und Avolio (1995) den Multifactor Leadership Questionnaire, der u. a. die oben genannten Merkmale der transformationalen Führung abbildete. Die Kurzversion MLQ 5X short dient einem Großteil der empirischen Arbeiten als Grundlage zur Messung dieses Führungsverhaltens8. Die Annahme von Bass (1985), dass transformationales Führungsverhalten besonders bei organisationalen Veränderungen effektiv ist, weil Mitarbeiter dadurch kreativer, zufriedener und leistungsfähiger werden, wurde in zahlreichen empirischen Studien bestätigt (Überblick z. B. bei Bass et al., 1994; Moss et al., 2006; Metaanalysen von Judge & Piccolo, 2004 und Lowe et al., 1996). Bezogen auf die Innovativität des gesamten Unternehmens zeigten verschiedene Studien, dass eine transformational-führende Geschäftsleitung förderlich 7 8 Damit baute Bass (1985) auf den Erwartungs-Wert-Theorien der Motivation auf (z. B. Vroom, 1964). Auf die Diskussion der Faktorenstruktur des MLQ und des MLQ 5X short wird an dieser Stelle verzichtet, da sie für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit nicht relevant ist. Verwiesen werden kann hierzu etwa auf die Studien von Avolio, Bass und Jung (1999), Heinitz, Liepmann und Felfe (2005), Tejade, Scandura und Pillai (2001), Podsakoff, MacKenzie, Moorman und Fetter (1990), deutsche Versionen und deren Überprüfung liegen vor von Felfe (2006), Geyer und Steyrer (1998) und Rowold (2005). 26 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung auf Produkt- und Prozessinnovationen wirkt (Aragón-Correa et al., 2007; Elenkov & Manev, 2005; García-Morales et al., im Erscheinen; Matzler et al., 2008). Bei Aragón-Correa et al., (2007, S. 353) war das transformationale Verhalten der Führungskraft dadurch gekennzeichnet, dass diese der Suche nach neuen Möglichkeiten einen hohe Priorität einräumte, dass die Führungskraft eine mit ihren Mitarbeitern geteilte Vorstellung von langfristigen Organisationszielen entwickelte, dass sie der Motivierung von Organisationsmitglieder eine größere Bedeutung zusprach als deren Kontrolle und dass sie als führende Kraft im Unternehmen agierte sowie die Aktionen anderer Führungskräfte koordinierte. Elenkov und Manev (2005, S. 391) nutzten für die Erfassung der transformationalen Führung die Items des MLQ, ebenso García-Morales et al. (im Erscheinen), die insbesondere die Sinnvermittlung durch einen Mission für das Unternehmen, die Förderung der Mitarbeiterbegeisterung sowie die Wertschätzung und Nutzung der Mitarbeiterkompetenzen als wichtig herausstellten. Wie Jansen et al. (2009) ebenfalls anhand der Operationalisierung mit dem MLQ zeigten, werden durch die transformationale Führung am stärksten radikale Innovationen beeinflusst, die als Exploration über das bisherige Wissen hinausgehen und auf die Gewinnung von Neukunden ausgerichtet sind. Matzler et al., (2008, S. 146) wiesen schließlich die innovationsförderliche Wirkung von Geschäftsführern nach, die ständig nach ungewöhnlichen, neuartigen Lösungen suchten, indem sie kreative Menschen nutzten, die Organisationsmitglieder, welche auf originelle und neuartige Weise denken und handeln, ermutigten sowie das Ausprobieren von Unternehmen aktiv unterstützten. Speziell in Teams neuartige Lösungen im mit Forschungs- und Entwicklungsaufgaben wurde der positive Einfluss der transformationalen Führung ebenfalls in mehreren Studien belegt (vgl. Review von Elkins & Keller, 2003). Aktuelle Studien, bspw. von Eisenbeiss et al. (2008) und Gumusluoglu und Ilsev (2009) zeigten, dass durch entsprechendes Führungsverhalten (gemessen mit dem MLQ) die Kreativität der Mitarbeiter und die Zahl der generierten Ideen gesteigert werden und sich gleichzeitig auch die Zahl der implementierten Ideen und der marktorientierten Innovationen erhöht. Im Sinne des full range of leadership wird in einigen Arbeiten auch der Stellenwert der transaktionalen Führung diskutiert. So arbeiteten Munshi, Oke, Stafylarakis, Puranam, Towells, Moslein et al. (2005, S. 20) und Oke et al. (2009) heraus, dass transformationale Führung in der ersten Phase des Innovationsprozesses effektiv ist, da hier die Generierung neuer Lösungen und damit kreative Prozesse im Mittelpunkt stehen. In der zweiten Phase werden die neuen Ideen in konkrete Handlungen, Strukturen oder Produkte umgesetzt, wofür eine transaktionale Führung geeigneter erscheint. Weiterhin fördert die transformationale Führung eher explorative Handlungen und damit das Entstehen von radikalen Innovationen, wohingegen transaktionale Führung stärker auf die Verbesserung bestehender Lösungen zielt und damit der Exploitation und eher inkrementellen Innovationen dient. Diese Annahmen decken sich mit den Befunden der Studie von Jansen et al. (2009) zu strategischen 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 27 Führungskräften in Finanzdienstleistungsunternehmen, die zudem den moderierenden Einfluss von Kontextbedingungen zeigten. So hat bei hoher Umweltdynamik die transformationale Führung negative Auswirkungen auf inkrementelle Innovationen während transaktionale Führung in diesem Kontext negativ auf radikale Innovationen wirkt. Zusammengefasst drückt sich das innovationsförderliche Verhalten einer Führungskraft also darin aus, dass sie eine emotional begeisternde Vision vermittelt, die Suche nach neuen Lösungen selbst forciert sowie ihre Mitarbeiter darin aktiv unterstützt. Dabei kann für die Implementierung neuer Ideen im Unternehmen auch ein eher transaktionales Verhalten nützlich sein, das auf klaren Zielsetzungen und Belohnungssystemen beruht. Im Kern zeigt sich innovationsförderliche Führung darin, dass die Führungskraft als Rollenmodell für Innovation und kreatives Problemlösen im Unternehmen auftritt und Mitarbeiter, die alternative Wege im Unternehmen beschreiten wollen, dabei fordert und fördert. Als eine Grundlage dieser innovationsförderlichen Führung wird im nächsten Abschnitt die positive Einstellung einer Führungskraft gegenüber organisationalen Veränderungen herausgehoben, um darauf aufbauend den Fokus der vorliegenden Arbeit genauer ausgeführt. 2.2.2. Die positive Einstellung gegenüber Veränderungen als Bestandteil der innovationsförderlichen Führung Wird Führung als Determinante organisationaler Innovativität betrachtet, dann kommt neben dem oben beschriebenen Verhalten insbesondere der Einstellung von Führungskräften gegenüber Veränderungen eine bedeutsame Rolle zu (Damanpour, 1991; Damanpour & Schneider, 2006; Garau Vadell & Orla-Sintes, 2008; Musteen et. al, 2010). So fand Damanpour (1991) in seiner Metaanalyse zu organisationalen Einflussfaktoren auf die Innovativität einen signifikanten positiven Zusammenhang von r=.27 zwischen der Einstellung von Führungskräften gegenüber Veränderung und dem Vorhandensein von Produkt- und Prozessinnovationen im Unternehmen. In einer eigenen empirischen Untersuchung stellte er gemeinsam mit Schneider (2006) dieser Einstellung weitere Faktoren gegenüber und prüfte deren gemeinsame Wirkung auf die Initiierung von Prozessinnovationen, auf die Entscheidung über die Einführung sowie die letztendliche Umsetzung von Neuerungen. Dabei zeigte sich, dass die Einstellungen des oberen Managements sowie die Größe des Unternehmens einen stärkeren Einfluss auf die Generierung und Implementierung von Innovationen hatten, als Faktoren in der Unternehmensumwelt oder demographische Merkmale der Führungskraft wie etwa Alter oder Ausbildung. In ihrer Diskussion der Ergebnisse verwiesen sie auch auf Befunde der allgemeinen Erfolgsfaktorenforschung, wonach die Neubesetzung einer Position im oberen Management mit einer Führungskraft, welche Veränderungen als wichtig erachtet und entsprechende Visionen einbringt, die Einführung von Innovationen im Unternehmen deutlich 28 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung beschleunigt (Damanpour & Schneider, S. 231). Eine beschleunigte Einführung von Prozessinnovationen im Zusammenhang mit der Einstellung von Führungskräften wiesen auch Garau Vadell und Orla-Sintes (2008) nach. Demnach wurden in Tourismusunternehmen eher Internetplattformen für den Kontakt mit Kunden und die Auftragsabwicklung eingeführt, wenn die oberen Führungskräfte positiv gegenüber dieser Neuerung eingestellt waren. Die Wirkung der Einstellungen des oberen Managements auf Innovationen belegten weiterhin Musteen et al. (2010) anhand einer Stichprobe von 209 Führungskräften aus einer der größten amerikanischen Non-Profit-Organisationen. Eine „liberale Einstellung gegenüber Wandel“, definiert als Offenheit für Wandel und Risiko, schlug sich demnach in der strategischen Suche nach und Entwicklung von Innovationen nieder, während aus einer „konservativen Einstellung“ des oberen Managements eine Verteidigungsstrategie resultierte, die zu kontinuierlicher Verbesserung von Bestehendem und der Vermeidung von Innovationen führte. Darüber hinaus interpretierten die Autoren ihre Befunde als Beleg dafür, dass die Einstellungen von Führungskräften gegenüber Veränderung deren Verhalten determiniert, welches u. a. in den entsprechenden Unternehmensstrategien sichtbar wurde (Musteen et al., 2010, S. 374). Eine Verbindung zwischen positiver Einstellung gegenüber Veränderung, innovationsförderlichem Verhalten und Innovativität von Unternehmen stellte auch Mumford (2000) her. Als ein Ergebnis seines Reviews zu Kreativität und Innovation fasste er zusammen, dass Führungskräfte durch ihre positive Einstellung gegenüber Veränderungen die Initiierung von Innovationen fördern, indem sie Vertrauen schaffen und Unterstützung für neue Ideen ihrer Mitarbeiter anbieten. Die Verbindung zwischen Einstellung und Verhalten bestätigte auch die Studie von Giangreco und Peccei (2005) mit 322 mittleren Führungskräften, die in Prozessinnovationen zur Verbesserung der Kundenorientierung und Reaktionsgeschwindigkeit ihres Unternehmens involviert waren. Je negativer die Einstellung dieser Führungskräfte gegenüber der organisationalen Neuerung ausfiel, umso weniger engagierten sie sich für die Prozessveränderung. Sie zeigten weniger Enthusiasmus für die Innovation und versuchten entsprechend seltener ihre Mitarbeiter dafür zu motivieren oder mit anderen Organisationsmitgliedern diesbezüglich zusammenzuarbeiten. Inwiefern Einstellungen und Verhalten im Allgemeinen miteinander zusammenhängen, wurde inzwischen in zahlreichen Studien untersucht und deren Ergebnisse wiederum in mehreren Metaanalysen zusammengefasst. Dabei finden sich übereinstimmend signifikante positive Korrelationen mit Koeffizienten von r=.4 (Eckes & Six, 1994, Kraus, 1995) und r=.5 (Glasman & Albarracín, 2006) sowie nach der Bereinigung um methodische Artefakte sogar von r=.8 (Kim & Hunter, 1993). Der Zusammenhang wird hierbei umso höher, je stabiler die Einstellung ist, je schneller darauf zugegriffen werden kann und je stärker sie durch die persönliche Erfahrung der jeweiligen Person geprägt wurde (Eckes & Six, 1994; Glasman & Albarracín, 2006; Kim & Hunter, 1993; Kraus, 1995). Wie Ajzen und Fishbein (1977) bereits herausarbeiteten, müssen die betrachteten Einstellungen und das vorherzusagende Verhalten 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 29 hinsichtlich der vier Aspekte Handlung, Gegenstand der Handlung, Kontext der Handlungsausführung und Zeitkomponente im gleichen Maße spezifiziert sein. Diese Korrespondenzhypothese wurde ebenfalls in zahlreichen empirischen Studien bestätigt (vgl. Glasman & Albarracín, 2006; Kim & Hunter, 1993; Kraus, 1995). Bezogen auf die positive Einstellung von Führungskräften gegenüber Veränderungen sollte diese eine hohe inhaltliche Übereinstimmung mit dem innovationsförderlichen Verhalten aufweisen, um als Determinante dieses Verhaltens gelten zu können. Diese inhaltliche Übereinstimmung findet sich im Konstrukt der individuellen Innovationsbereitschaft, die eine Form der positiven Einstellung gegenüber Veränderungen darstellt (vgl. Bouckenooghe, 2010, S. 501). Wie Krause (2004) in ihrer Studie mit Innovationsverantwortlichen zeigen konnte, wurde durch deren Bereitschaft für Prozessinnovationen ein großer Anteil der Varianz im Verhalten erklärt, der sich auf das Entwickeln, Prüfen und Implementieren der Verfahrensinnovationen bezog. Ebenso zeigte die Längsschnittstudie von Cunningham et al. (2002), dass die aktive Teilnahme an organisationalen Veränderungsmaßnahmen signifikant durch die Bereitschaft für die organisationale Veränderung, die bereits vor der Innovation bestand, vorhergesagt werden konnte. Damit bildet die Innovationsbereitschaft von Führungskräften einen zentralen Bestandteil der innovationsförderlichen Führung, weil sie zum Einen innovationsförderliches Verhalten von Führungskräften vorhersagen kann und zum Anderen als spezifische positive Einstellung gegenüber organisationalen Veränderungen die Innovativität von Unternehmen positiv beeinflusst. Aufgrund dieser Bedeutung steht sie im Zentrum der vorliegenden Arbeit und wird im nächsten Unterkapitel ausführlich dargestellt. 2.3. Innovationsbereitschaft von Führungskräften Wenn Führungskräfte ihre Mitarbeiter zu innovativen Handlungen motivieren sollen, wenn sie dazu eine emotional begeisternde Vision vermitteln und als Vorbild für kreatives Problemlösen wirken sollen, so müssen sie zunächst selbst für die Innovation bereit sein. Daher stellt die Innovationsbereitschaft von Führungskräften einen wesentlichen Bestandteil der innovationsförderlichen Führung dar und wird nun in diesem Unterkapitel näher erläutert. 2.3.1. Konzept der Innovationsbereitschaft Die individuelle Innovationsbereitschaft lässt sich Bouckenooghe (2010) zufolge als Konkretisierung der allgemeinen Veränderungsbereitschaft verstehen und kann damit zu dem in der Organisationsforschung breit thematisierten Phänomen der Einstellungen gegenüber 30 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung organisationalen Wandel (z. B. Elias, 2009; Lines, 2005; Musteen, Barker III & Baeten, 2006; Piderit, 2000) gezählt werden. Sie grenzt sich von der organisationalen Bereitschaft für Veränderungen dahingehend ab, dass individuelle Veränderungsbereitschaft als eine positive Einstellung von Individuen gegenüber der Neuerung gilt, während die organisationale Veränderungsbereitschaft Kennzeichen des Unternehmens umfasst, die von Organisationsmitgliedern als förderlich für eine Veränderung wahrgenommen werden. Aspekte dieser organisationalen Bereitschaft sind z. B. bei Cinite, Duxburx und Higgins (2009) das Commitment der Geschäftsführung zur Veränderung, die Kompetenz der für die Neuerung Verantwortlichen und die Unterstützung der unmittelbaren Vorgesetzten (S. 270 ff.). Eine mangelhafte Kommunikation bezügliche der Veränderung sowie die Erwartung von negativen Wirkungen der Neuerung zeugen dagegen von fehlender Veränderungsbereitschaft der Organisation (Cinite et al., 2009, S. 272 f.). Hamilton, Cohen und Young (2010) erfassten mit ihrem Organizational Readiness for Change Instrument die fünf Dimensionen Veränderungsmotivation, Ressourcen, Mitarbeitereigenschaften, Organisationsklima sowie den Einsatz von Trainings, womit wiederum Merkmale des gesamten Unternehmens beschrieben werden, die als unterstützend für eine organisationale Veränderung eingeschätzt werden. Wenn die individuelle Innovationsbereitschaft also zu den positiven Einstellungen gegenüber organisationalen Veränderungen gezählt werden kann, umfasst sie entsprechend dem grundlegenden Beitrag von Rosenberg und Hovland (1960, S. 268) zum Einstellungskonzept eine affektive, eine kognitive und eine verhaltensbezogene Komponente (vgl. dazu auch Aronson, Wilson & Akert, 2010, S. 231; Stroebe, 2003, S. 267). Wie Rosenberg (1960) in verschiedenen Studien zeigte, stehen Kognitionen und Emotionen in Wechselwirkung zueinander, so dass z. B. positive Gefühle gegenüber einem Einstellungsobjekt solche Meinungen und Annahmen zum Objekt begünstigen, die dessen positive Aspekte herausstellen und negative vernachlässigen. Je stabiler und je ausgeprägter diese affektiv-kognitive Struktur ist, umso eher wird sie verhaltenswirksam werden (S. 336). Bezogen auf den organisationalen Wandel belegten Elizur und Guttman (1976) die drei Komponenten der Einstellung gegenüber Neuerungen in Organisationen und schufen damit eine wesentliche Grundlage für diese Forschungsrichtung (vgl. z. B. Bouckenooghe, 2008; Desplaces, 2005; Lines, 2005; Vakola, Tsaousis & Nikolaou, 2004). Nach Elizur und Guttman (1976, S. 611) sind einstellungsrelevante Emotionen bspw. Zufriedenheit, Verbundenheit oder Ängste bezüglich einer Veränderung, unter Kognitionen fallen die Einschätzung der Notwendigkeit sowie die Bewertung der Nützlichkeit der Neuerung, im Verhalten zeigt sich die Einstellung in Form der Verwendung oder Vermeidung der Neuerung (siehe Abbildung 2-1). Dabei ist der Zusammenhang zwischen affektiver und kognitiver Komponente höher als der mit der verhaltensbezogenen, aus der kognitiven Komponente lässt sich das Verhalten wiederum besser vorhersagen als aus der affektiven (Elizur et al., 1976, S. 621 f.). 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 31 Affektive Komponente (z. B. Zufriedenheit, Verbundenheit, Angst, Zuversicht) Innovationsbereitschaft als positive Einstellung Kognitive Komponente ggü. organisationalen (z. B. Einschätzung der Notwendigkeit und der Nützlichkeit ) Neuerungen Verhaltensbezogene Komponente (z. B. Verwendung oder Vermeidung der Neuerung) Abbildung 2-1. Drei-Komponenten-Modell der Einstellung übertragen auf die Innovationsbereitschaft als positive Einstellung gegenüber organisationalen Neuerungen (in Anlehnung an Rosenberg & Hovland, 1960, S. 268; Elizur & Guttman, 1976, S. 611; Bouckenooghe et al., 2009). Aufbauend auf diesen Arbeiten kann Innovationsbereitschaft nun als Zusammenspiel von Emotion, Kognition und Verhalten verstanden werden (vgl. dazu auch Bouckenooghe et al., 2009). Zur Darstellung dieses Zusammenspiels bietet sich das Modell innovationsbezogenen Verhaltens von Gebert (1987, 2002) an. Es beschreibt die Wirkungsbeziehungen zwischen der affektiven, kognitiven und verhaltensbezogenen Einstellungskomponente, wobei es den Fokus auf kognitive Prozesse richtet und als deren Resultat Emotionen sowie insbesondere innovationsförderliche Handlungen thematisiert. Individuelle Innovationsbereitschaft gilt bei Gebert (1987, 2002) als eine zentrale Voraussetzung für innovationsförderliches Verhalten9. Damit konzentriert er sich auf die empirisch belegte Verbindung zwischen Einstellung und Verhalten (vgl. hierzu auch die Ausführungen im Unterkapitel 1.1 und im Abschnitt 2.2.2), andere Faktoren, die das innovationsförderliche Verhalten ebenfalls beeinflussen, treten hier vorerst in den Hintergrund. Diese Sicht scheint auch unter Beachtung von Einstellungsmodellen mit einem breiteren Blickwinkel gerechtfertigt. Beispielsweise führten Ajzen und Fishbein (1980) in ihrer theory of reasoned action und Ajzen (1991) in der darauf aufbauenden theory of planned 9 Einstellungen sind dabei nur eine Determinante des Verhaltens, auch andere Faktoren beeinflussen das Verhalten (vgl. z.B. Rosenberg, 1960, S. 335). Allerdings schlagen sich in Einstellungen bspw. Persönlichkeitsmerkmale wie die Big Five nieder (vgl. Vakola, Tsaousis & Nikolaou, 2004), die ihrerseits Determinanten transformationalen Führungsverhaltens sind (vgl. Bono & Judge, 2004), weshalb das Konstrukt Innovationsbereitschaft als Integration verschiedener Verhaltensdeterminanten für die Untersuchung des Mitarbeitereinflusses geeignet erscheint. 32 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung behavior die Verhaltensintension als vermittelnde Instanz zwischen Einstellung und Verhalten ein. Die Verhaltensabsicht wird neben der entsprechenden Einstellung durch soziale Normen (Ajzen & Fishbein, 1980; Ajzen, 1991) sowie durch die Kontrollierbarkeit des relevanten Verhaltens (Ajzen, 1991) beeinflusst, weshalb die Wirkung von Einstellungen auf das Verhalten mit weiteren Faktoren ins Verhältnis gesetzt wurde. Trotz dieser Differenzierung bleibt die Einstellung auch bei Ajzen und Fishbein (1980) und Ajzen (1991) eine der Determinanten von Verhalten. Konkretisiert man diese Einstellung nun als Innovationsbereitschaft, belegte z. B. die Studie von Krause (2004), dass sich die Ideengenerierung, -prüfung und -implementierung durch Projektverantwortliche aus deren Bereitschaft für die anstehende Prozessinnovation vorhersagen ließ. Deshalb richtet sich der Fokus der vorliegenden Arbeit auf das Konstrukt Innovationsbereitschaft und geht aufgrund der bereits erläuterten empirischen Befunde von ihrer Verhaltenswirksamkeit im Kontext von Prozessinnovationen aus ohne diese nochmals im Detail auszuführen. Kennzeichnend für die Innovationsbereitschaft ist, dass die Notwendigkeit einer Situationsveränderung wahrgenommen sowie Möglichkeiten zur Realisierung dieser Veränderung antizipiert werden (Gebert, 1987, S. 942). In ähnlicher Weise wird Veränderungsbereitschaft im Rahmen der Forschung zu organisationalem Wandel definiert, weshalb an diese Stelle darauf Bezug genommen werden kann10. Maßgeblich für die Erforschung der individuellen Veränderungsbereitschaft bei organisationalem Wandel sind die Arbeiten von Armenakis, Harris und Mossholder (1993) und Holt, Armenakis, Feild und Harris (2007). So konstatierte Bouckenooghe (2010, S. 503) nach einem qualitativen Literaturreview von 58 im Zeitraum 1993 bis 2007 erschienener Journalartikel, dass eine weitgehende Einigkeit in der Verwendung des Begriffes Veränderungsbereitschaft („readiness for change“) besteht. Mehr als die Hälfte der sich mit diesem Konzept auseinandersetzenden Artikel machte sich demnach die Definition von Armenakis et al. (1993) zueigen. Veränderungsbereitschaft wird demnach definiert als „organizational members’ beliefs, attitudes and intentions regarding the extent to which changes are needed and the organization’s capacity to successfully make those changes” (Armenakis et al., 1993, S. 681). Die Veränderungsbereitschaft ist dabei die kognitive Vorstufe für ein den Wandel unterstützendes Verhalten, womit Armenakis et al. (1993), Holt et al. (2007) und die sich daran anschließenden Arbeiten inhaltlich die gleichen Aussagen wie Gebert (1987) treffen: es müssen sowohl die Notwendigkeit von Veränderungen erkannt als auch die Möglichkeit zur Veränderung gesehen werden, bevor ein veränderungs- bzw. innovationsförderliches Verhalten auftreten werden kann. 10 Siehe außerdem Abschnitt 2.1.1 (S. 16) zur Einordnung von Prozessinnovation in den organisationalen Wandel. 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 33 Nach Armenakis et al. (1993, S. 684) stellen die zwei Aspekte „Bedürfnis nach Veränderung“ (“need for change”) und „wahrgenommene Fähigkeit für Veränderung“ (“the perceived ability for change”) die Kerninhalte der Botschaft dar, welche die für den Wandel verantwortlichen Personen den Betroffenen vermitteln sollten. Im Kontext der vorliegenden Arbeit bedeutet das, dass Führungskräfte als Verantwortliche für Innovationen zunächst selbst einen Veränderungsbedarf wahrnehmen und die Veränderbarkeit einschätzen müssen, bevor sie innovationsförderliche Handlungen ausüben und diesbezüglich auf ihre Mitarbeiter einwirken können. Armenakis et al. (1993, S. 681) umschrieben Veränderungsbereitschaft als Konglomerat von „Annahmen, Einstellungen und Absichten“. Demgegenüber bietet Gebert (1987; 2002, S. 87 ff.) eine geschärfte Definition, indem er zwei getrennte Bewertungsschritte als Grundlage der Innovationsbereitschaft postulierte. Im ersten Schritt muss eine Diskrepanz zwischen Soll- und Ist-Zustand wahrgenommen werden, damit die Situation als veränderungsbedürftig eingeschätzt werden kann. Im zweiten Schritt erfolgt die Feststellung der Veränderbarkeit, indem die Kontrollierbarkeit der Situation bewertet wird. Der Beurteilende prüft dabei die Möglichkeiten, direkt durch sein Handeln oder indirekt über die Aktivierung anderer Personen die Situation zu beeinflussen. Mit dieser Konzeption nahm Gebert Anleihen am theoretisch ausgereiften und empirisch bewährten Stressbewältigungsmodell von Lazarus (Lazarus, 1966; Lazarus & Folkman, 1984; Lazarus, 1999). Lazarus entwickelte sein Stressbewältigungsmodell aus der Beobachtung heraus, dass Menschen auf gleiche Situationen mit einem unterschiedlichen Grad an emotionalen Stress reagieren. Im Gegensatz zu früheren Annahmen schaltete er deshalb in seiner Konzeption das Individuum und dessen Situationsinterpretation zwischen einen Stressor und der gezeigten Reaktion11. Zwischen dem potenziell stressauslösenden Reiz und der Stressreaktion stehen zwei getrennte, allerdings voneinander abhängige Bewertungsprozesse, die das Individuum durchläuft (vgl. Abbildung 2-2). 11 Lazarus begann mit seinen Kollegen bereits in den 1950er Jahren, die Unterschiede in der Stressreaktion auf subjektive Bedeutungsunterschiede zurückzuführen. Er nahm damit den paradigmatischen Wandel in der Psychologie von Stimulus-Response zum Stimulus-Organism-ResponseModell sowie die kognitive Wende in den 1970er in Teilen vorweg, wobei der Erfolg seines Modells eben auch vor den Hintergrund dieser Entwicklung des Faches zu sehen ist. 34 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung Situation Potentieller Stressor Person Reaktion Erste Bewertung: Zweite Bewertung: Bewältigung: Situation subjektiv Situation subjektiv emotions- oder bedeutsam? bewältigbar? problemfokussiert Abbildung 2-2. Modell der Stressbewältigung nach Lazarus (1966), Lazarus und Folkman (1984), Lazarus (1999). Zwischen dem stressauslösenden Reiz und der Stressreaktion sind zwei subjektive Bewertungsprozesse geschaltet, die interindividuelle Unterschiede in der Reaktion auf objektiv gleiche Reize erklären. Im ersten Prozess („primary appraising“) beurteilt die betroffene Person die objektive Situation dahingehend, inwieweit diese eine Bedeutung für das subjektive Wohlbefinden hat. Wird eine Relevanz erkannt, erfolgt die Kategorisierung als Verlust, Bedrohung oder Herausforderung und damit als stressauslösende Situation (Lazarus, 1999, S. 76). In der zweiten Bewertung („secondary appraising“) findet die kognitive Einschätzung der eigenen Bewältigungsmöglichkeiten statt. Abhängig von deren Ausgang kann die erste Situationsbeurteilung verändert werden. Werden die eigenen Bewältigungsmöglichkeiten z. B. positiv bewertet, wird die Situation eher als Herausforderung denn als Bedrohung erlebt. Im Anschluss an die zweite Bewertung findet die Bewältigung der Situation („coping“) statt, die problemfokussiert oder emotionsfokussiert erfolgen kann. Wird bei der Bewertung der eigenen Möglichkeiten die Situation als kontrollierbar beurteilt, erfolgt ein problemfokussiertes Coping. Dabei werden Informationen gesammelt sowie die aktive Beeinflussung der Situation und der eigenen Lösungsmöglichkeiten vorangetrieben. Wird die Situation als nicht kontrollierbar erlebt, folgt ein emotionsfokussiertes Coping, indem die eigenen Emotionen z. B. durch kognitive Relativierung reguliert werden, ohne dass die Situation selbst verändert wird. Zudem wird durch eine Neubewertung („reapprasing“) die Bedeutung des Stressors neu definiert und damit die persönliche Betroffenheit verringert (Lazarus, 1999, S. 121). Aus diesem Wechselspiel von objektivem Stressor, subjektiver Bewertung, Copingstrategien und deren Rückwirkung auf die Bewertungsprozesse resultiert das Ausmaß an Stress, das eine Person empfindet. Damit lässt sich erklären, warum Individuen auf den gleichen potentiell stressauslösenden Reiz in unterschiedlicher Weise reagieren. Aufgrund des Zusammenspiels von Personen- und Umweltvariablen wird das Modell von Lazarus als transaktionaler Ansatz bezeichnet. In zahlreichen Untersuchungen fand es eine umfassende empirische Bestätigung 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 35 (Überblick z. B. bei Lazarus, 1999, S. 79 zu „appraising“ und S. 118 zu „coping“) und wurde auf verschiedene Anwendungsbereiche wie z. B. den organisationalen Wandel übertragen. Im Kontext organisationaler Wandlungsprozessen wird die sich verändernde Situation als Stressor gesehen, auf den die Betroffenen aufgrund ihrer subjektiven Bewertungen unterschiedlich reagieren (z. B. Terry & Jimmieson, 2003; Rafferty & Griffin, 2006; Walinga, 2008). Gebert (1987, 2002) übernahm die Idee der zwei Bewertungsprozesse von Lazarus, um damit Innovationsbereitschaft als Bedingung eines auf Veränderung abzielenden Verhaltens zu beschreiben (vgl. Abbildung 2-3). Analog zum Modell von Lazarus wird im ersten Bewertungsprozess die organisationale Situation als solche beurteilt. Indem der aktuelle IstZustand mit einem erwünschten Soll-Zustand verglichen wird, erfolgt die Beurteilung der Veränderungsnotwendigkeit. Bleibt der Ist-Zustand hinter den subjektiven Erwartungen zurück, folgt in der zweiten Bewertungsphase die Analyse der Veränderungsmöglichkeiten. Hierbei werden sowohl die eigene Ressourcen wie etwa Fähigkeiten, Fertigkeiten, Zeit, finanzielle Mittel, technische Ausstattung als auch die über die Aktivierung anderer Personen zugänglichen Ressourcen betrachtet. Eine positive Bewertung der Veränderungsmöglichkeiten wirkt dabei rückverstärkend auf die Bewertung des Veränderungsbedarfes, indem die IstSituation kritischer beurteilt wird, da diese als veränderbar erscheint und sich das Anspruchsniveau durch die Suche nach Alternativen erhöht. Wird die Situation dagegen als nicht veränderbar erlebt, kommt es zu einer Fluchtreaktion. Dies geschieht entweder als objektive Flucht durch das Verlassen der Situation oder durch die subjektive Anpassung des Soll-Wertes, d.h. eine Senkung des Anspruchsniveaus bzw. der Beschönigung des IstZustandes12. Beide letztgenannten Fluchtprozesse führen zu einer Reduktion des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes. Auf diese Weise beschreibt das Modell auch resignative Prozesse, die den Status quo stabilisieren, statt notwendige Innovationen vorzubereiten. Solche Prozesse lassen sich im Sinne Lazarus als emotionsfokussiertes Coping verstehen, während innovationsbezogenes Verhalten der problemfokussierten Bewältigung zugeordnet ist. 12 In Anlehnung an die kognitive Dissonanztheorie von Festinger (1957). 36 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung Situation Prozess der Innovationsbereitschaft Erste Bewertung: Leistungs- Veränderungsbedarf erstellung der Situation? Aktion Zweite Bewertung: ja Veränderbarkeit der Situation? ja Innovationsförderliches Verhalten ja Objektive Flucht: Verlassen der Situation nein Subjektive Flucht: Senkung des Anspruchsniveaus Abbildung 2-3. Modell der Innovationsbereitschaft (eigene Darstellung in Anlehnung an Gebert, 2002 und Lazarus, 1999) Lazarus (1999, S. 75) unterschied weiterhin zwischen „appraising“ als Prozess der Evaluation und „appraisal“ als deren Ergebnis. Analog dazu kann Innovationsbereitschaft im Rahmen des Gebert-Modells als Prozess oder als Zustand begriffen werden. Als Prozess umfasst sie die erste und zweite Bewertung der Situation, als Zustand das jeweilige Ergebnis dieser beiden sowie deren mulitplikative Verknüpfung. Diese Multiplikation begründete Gebert (2002, S. 89) aus einer Motivationsperspektive erwartungswerttheoretisch mit Vroom (1964), wonach das Leistungsverhalten ein Produkt aus erwartetem Nutzen und der Wahrscheinlichkeit seines Eintretens ist. Je höher der Veränderungsbedarf, desto höher ist der erwartete Nutzen der Innovation. Je höher die Veränderbarkeit der Situation, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Nutzen eintritt. Nur wenn sowohl ein Soll-Ist-Unterschied (Wert) wahrgenommen wird, als auch Veränderungsmöglichkeiten (Wahrscheinlichkeit) antizipiert werden, resultiert innovationsbezogenes Verhalten. Das Modell innovationsbezogenen Verhaltens von Gebert (1987, 2002) wird in der vorliegenden Arbeit verwendet, um das Konzept der Innovationsbereitschaft zu beschreiben und das Zusammenwirken von affektiver, kognitiver sowie verhaltensbezogener Komponente dieser positiven Einstellung gegenüber organisationalem Wandel zu erklären. Zentral sind hierbei die beiden Bewertungsprozesse der Situation und der verfügbaren Ressourcen, die in der Feststellung des Veränderungsbedarfes sowie der Veränderbarkeit münden und aus deren 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung multiplikativer Verknüpfung dann die 37 Innovationsbereitschaft resultiert13. Da Innovationsbereitschaft als spezielle Form der Veränderungsbereitschaft gesehen werden kann, wird das Modell von Gebert im nächsten Abschnitt an Konzepten zur individuellen Bereitschaft für Veränderungen gespiegelt und eine Arbeitsdefinition für die Innovationsbereitschaft von Führungskräften formuliert. 2.3.2. Innovationsbereitschaft und Veränderungsbereitschaft Betrachtet man andere etablierte Modelle zur individuellen Veränderungs- bereitschaft, werden Analogien zum Modell von Gebert deutlich. Nach ihrer grundlegenden Arbeit von 1993 entwickelten Armenakis und Kollegen später ein Instrument zur Erfassung von „readiness for organisational change“ (Holt et al., 2007). Sie gingen dabei zunächst von den fünf Faktoren „self-efficacy, personal valence, senior leader support, organizational valence, and discrepancy“ aus (S. 237). In mehreren Faktor- und Regressionsanalysen kristallisierten sich jedoch die zwei Faktoren Angemessenheit des Wandels („appropriateness”) und veränderungsbezogene Selbstwirksamkeitserwartung („change efficacy”) als relevant für die Erklärung des wahrgenommenen Veränderungserfolges heraus (S. 247). Die wahrgenommene Angemessenheit des Wandels wurde dabei anhand des Erkennens einer Veränderungsnotwendigkeit („discrepancy“) sowie der Nützlichkeit dieser Veränderung für die Organisation („organizational valence“) operationalisiert. Mit veränderungsbezogener Selbstwirksamkeitserwartung wurde erfasst, inwieweit die Befragten davon überzeugt waren, den Strukturwandel erfolgreich zu bewältigen. Damit bildeten die beiden gefundenen Faktoren die Ergebnisse der beiden Bewertungsprozesse des Modells von Gebert (1987, 2002) ab. Indem sie das Erkennen der Veränderungsnotwendigkeit sowie der Veränderbarkeit der Situation fokussieren, lässt sich die von Holt et al. (2007) beschriebene Veränderungsbereitschaft eher als Zustand denn als Prozess verstehen. Als Prozessansatz ist dagegen das Modell von Prochaska und Kollegen einzuordnen, wonach individuelle Veränderungen in fünf Phasen verlaufen (McConnaughy, Prochaska & Velicer, 1983, Prochaska, Velicer, Rossi, Goldstein, Marcus, Rakowski et al., 1994; Prochaska, Prochaska & Levesque, 2001). In der ersten, präkontemplativen Phase wird keine Notwendigkeit für eine Veränderung gesehen („there’s nothing that I really need to change“, Cunningham et al., 2002 S. 382), die nachfolgende kontemplative Phase beinhaltet dagegen Gedanken über erforderliche Änderungen. Dabei werden sowohl deren Chancen und Risiken 13 In der vorliegenden Arbeit werden im Unterschied zu Gebert (1987, 2002) die Begriffe „Veränderungsbedarf“ statt „Veränderungsbedürfnis“ und „Veränderbarkeit“ statt „Veränderungsfähigkeit“ verwendet, um den jeweiligen Inhalt der beiden Bewertungsprozesse sprachlich genauer abzubilden. 38 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung abgewogen als auch die zur Bewältigung vorhandenen Ressourcen bewertet. Das Erkennen der Veränderungsnotwendigkeit („need for change“) bildet dabei den Übergang von präkontemplativer zu kontemplativer Phase. Erst im Anschluss an Phase zwei beginnen die Phasen der Handlungsplanung und der konkreten Umsetzung von Veränderungen. In der letzten Phase richtet sich die Motivation darauf, nicht in den Zustand vor der Veränderung zurückzufallen. Auch in diesem Modell müssen wie bei Gebert (1987, 2002) zunächst ein Veränderungsbedarf formuliert sowie die Veränderungsmöglichkeiten analysiert werden, bevor Handlungen zur Veränderung unternommen werden. Ursprünglich aus der Psychotherapieforschung entstanden, fand das Modell Anwendung im Kontext von organisationalen Veränderungsprozessen und wurde dort in unterschiedlicher Weise eingesetzt (z. B. Cunningham et al., 2002; Harris & Cole, 2007; Prochaska et al., 2001). So nutzten Cunningham et al. (2002) alle fünf Phasen für die Operationalisierung der Veränderungsbereitschaft, während Harris und Cole (2007) zeigten, dass die präkontemplative Phase negativ (r=-.60, p<.001), die kontemplative Phase hoch positiv (r=.70, p<.001) mit einer an die Definition von Armenakis et al. (1993) angelehnten Skala zur Messung der Veränderungsbereitschaft korrelierten. Cunningham et al. (2002) folgten damit dem Prozessansatz zum Verständnis von Veränderungsbereitschaft, während die Ergebnisse von Harris und Cole (2007) eher Bereitschaft als Zustand hervorgehoben haben. Dass die Bereitschaft zur Veränderung sowohl Prozess als auch Ergebnis sein kann, zeigten Dalton und Gottlieb (2003) mit einer qualitativen Untersuchung im Gesundheitsbereich. Laut ihrer Studie durchlaufen Betroffene im Zuge des Bereitwerdens für eine Veränderung drei voneinander abhängige Phasen. In der ersten Phase tritt ein Auslöser auf, der eine Veränderung als notwendig erscheinen lässt. Der betroffenen Person wird bewusst, dass der Status quo nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. In Phase zwei wird eine Bewertung der Kosten und des Nutzens der Veränderung vorgenommen, indem der Betroffenen prüft „ob er oder sie die erforderlichen Fertigkeiten und Kompetenzen sowie die Unterstützung für die gewünschte Veränderung hat“ (Dalton & Gottlieb, 2003, S. 111; Übers. d. Autorin). Der Ausgang dieses Bewertungsprozesses beeinflusst dann die Planung der Veränderung im Zuge der dritten Phase. Als Zustand lässt sich Veränderungsbereitschaft anhand der Reaktion auf die veränderungsbedürftige Situation beschreiben. Eine hohe Bereitschaft liegt vor, wenn sowohl der Wunsch nach Veränderung („desire to change“) besteht, als auch die Bereitschaft, tatsächlich zu handeln („intent to take action“; Dalton & Gottlieb, 2003, S. 112). Übertragen auf den Ansatz von Gebert (1987, 2002) tritt der Wunsch nach Veränderung nach dem ersten Bewertungsprozess auf, indem eine Veränderungsnotwendigkeit erkannt wird. Ergibt sich aus der zweiten Bewertung eine positive Einschätzung der innovationsbezogene Veränderungsmöglichkeiten, Handlungsintention sowie resultieren wie innovatorisches dargestellt, Verhalten. Auf eine die 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 39 Unterscheidung von Innovationsbereitschaft als Prozess und als Zustand wird im Zuge der Hypothesenformulierung Kapitel 3 nochmals näher eingegangen. Im Vergleich zu den Modellen individueller Veränderungsbereitschaft von Holt et al. (2007), Prochaska et al. (2001), Cunningham et al. (2002) und Dalton und Gottlieb (2003) unterscheidet sich der Ansatz von Gebert hinsichtlich seiner einfachen Struktur und der konkreten Aussagen über die Wirkungszusammenhänge. Anhand zweier klar umrissener Bewertungsprozesse lassen sich die gleichen Aussagen zur Innovationsbereitschaft treffen, wie mit umfangreicheren Prozessbeschreibungen. Zudem spezifiziert Gebert den Zusammenhang von Veränderungsbedarf und Veränderbarkeit, indem er von einer multiplikativen Verknüpfung dieser beiden Kernelemente ausgeht, um Innovationsbereitschaft zu beschreiben. Diese multiplikative Verknüpfung wurde in einer breit angelegten Studie von Krause (2004) empirisch bestätigt. Sie zeigte anhand einer Befragung von 399 in Prozessinnovationen involvierten Personen, dass sich die Zahl der generierten und implementierten Ideen nur dann erhöhte, wenn die Situation als veränderungsbedürftig und als veränderbar eingeschätzt wurde. Fehlte die Wahrnehmung der Veränderbarkeit, reduzierten sich innovationsförderliche Handlungen und die intrapsychische Anpassung sowie die Flucht aus der Situation nahmen zu (Krause, 2004, S. 262 f.). In der beschriebenen Untersuchung erklärte der Ausgang der zwei Bewertungsprozesse einen großen Teil der Gesamtvarianz von Implementierung, Emotionen und Fluchtverhalten (jeweils Eta2 >.13)14. Die hochsignifikanten Korrelationen bestätigten insgesamt die Vorhersagen des Modells (Krause, 2004, S. 263 f.). Auch frühere Studien von Gebert, Boerner und Lanwehr (2001) und Gebert, Boerner und Lanwehr (2003) belegten die im Modell postulierten Zusammenhänge. Anhand quantitativer Befragungen von 192 (Gebert et al., 2001) bzw. 101 (Gebert et al., 2003) Entscheidungsträgern verschiedener Unternehmen zeigte sich die positive Wirkung von situativer Kontrolle als Aspekt der zweiten Bewertungsphase auf die Innovativität der Organisation als Ergebnis innovationsförderlichen Handelns. Bezogen auf den umfassenden organisationalen Wandel im Zuge eines Organisations-Re-Designs belegten Cunningham et al. (2002) ebenfalls die positive Wirkung der Veränderungsbereitschaft auf veränderungsrelevante Handlungen. In ihrer Längsschnittstudie mit 880 Mitarbeitern aus verschiedenen Bereichen und Hierarchieebenen eines kanadischen Krankenhauses fanden sie heraus, dass die Veränderungsbereitschaft sowie eine aktive Lösung arbeitsbezogener Probleme die besten Prädiktoren für die engagierte Teilnahme an Re-Design-Maßnahmen im darauffolgenden Jahr waren, unabhängig von der Position der 14 Eta2 als Effektstärkemaß von Varianzanalysen. Im Beispiel ist Eta 2 das Maß der Varianzaufklärung einer mehrfaktoriellen Varianzanalyse. Nach Cohen (1988) handelt es sich bei Eta 2>.06 um einen mittleren Effekt und bei Eta2>.14 um einen großen Effekt. Am Beispiel der Studie von Krause (2004) bedeutet Eta 2, dass jeweils mehr als 13% der Unterschiede zwischen den Personen bezüglich der Implementierung, Emotionen und des Fluchtverhaltens durch den Ausgang der Bewertungsprozesse erklärt wurden. 40 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung befragten Person. Je höher die Veränderungsbereitschaft, umso größer war das persönliche Engagement für organisationale Veränderungen. Auch Holt et al. 82007) bestätigten die positive Wirkung der erkannten Veränderungsnotwendigkeit, der wahrgenommenen Nützlichkeit der Maßnahme sowie der veränderungsbezogenen Selbstwirksamkeitserwartung auf das affektive Commitment von Mitarbeitern für eine organisationale Umstrukturierung. Zusammengefasst sprechen diese Befunde dafür, dem Modell von Gebert (1987, 2002) zu folgen und eine handlungsleitende Veränderungsbereitschaft basierend auf dem Erkennen der Veränderungsnotwendigkeit sowie der Veränderbarkeit der Situation zu definieren. Übertragen auf den Kontext von Prozessinnovationen bedeutet das Modell von Gebert, dass die Innovationsbereitschaft einer Führungskraft entsteht, indem sie den Veränderungsbedarf der Arbeitsorganisation sowie Möglichkeiten zur Veränderung bewertet. Wird ihr dabei bewusst, dass der Prozess oder das Ergebnis der Leistungserstellung unbefriedigend sind und dass sie über Ressourcen oder den Zugang zu Ressourcen anderer Personen verfügt, um die notwendigen Innovationen anzustoßen, münden diese beiden Bewertungsprozesse in die individuelle Innovationsbereitschaft der Führungskraft. Als Definition zusammengefasst heißt das: Individuelle Innovationsbereitschaft ist das Erkennen und positive Bewerten des Veränderungsbedarfes sowie der Veränderbarkeit des Leistungserstellungsprozesses und/oder der Leistungsergebnisse in einem Unternehmen. Innovationsbereitschaft lässt sich an dieser Stelle schwer von der allgemeinen Bereitschaft für organisationale Veränderungen abgrenzen, da in der Startphase der Unterschied zwischen organisationalem Wandel und einer Prozessinnovation noch nicht zu Tage tritt. Wie im Abschnitt 2.1.1 der vorliegenden Arbeit angesprochen, lassen sich Prozessinnovationen dem geplanten organisationalen Wandel zuordnen (Van de Ven & Poole, 1995), wobei aber erst im Nachhinein deutlich wird, inwieweit eine Neuartigkeit besteht und damit die Bezeichnung „Innovation“ zugeschrieben werden kann. Damit können in den veränderungsbezogenen Handlungen und deren Ergebnissen zwar Innovation und Wandel voneinander unterschieden werden, in der den Handlungen und Ergebnissen vorgelagerten Bereitschaft zur Veränderung jedoch noch nicht. Im Unterschied zu den Definitionen von Veränderungsbereitschaft von Armenakis et al. (1993) oder Holt et al. (2007), formuliert Gebert (1987, 2002) allerdings Innovationsbereitschaft explizit als multiplikative Verknüpfung von Veränderungsbedarf und Veränderbarkeit der Situation. Um dieser Spezifik Rechnung zu tragen, wird nachfolgend der Begriff Innovationsbereitschaft verwendet sowie der Ansatz von Gebert der weiteren Untersuchung zugrundegelegt. Hierfür werden auch Befunde zur allgemeinen individuellen Veränderungsbereitschaft herangezogen, wenn eine Übereinstimmung mit dem Konzept von Gebert gegeben ist. inhaltliche 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 41 Sucht man nun nach Einflussfaktoren auf diese Bereitschaft zur Veränderung, finden sich vorrangig Studien, welche die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter als abhängige Variable definieren und in den Handlungen der Führungskräfte sowie in organisationalen Rahmenbedingungen die unabhängigen Variablen sehen (z. B. Bernerth, 2004; Bouckenooghe, 2008; Elias, 2009; Desplaces, 2005; Prochaska et al., 2001; Shah, 2009; Simpson & Roan, 2003; Steele-Johnson, Narayan, Delgado & Cole, 2010; Walker, Armenakis & Bernerth, 2007). Als Determinanten der individuellen Veränderungsbereitschaft wurden hierin z. B. die Unterstützung durch Vorgesetzte und das Top Management gefunden, die von Führungskräften ausgehende Kommunikation zum organisationalen Wandel, das Empfinden von Anerkennung und Verteilungsgerechtigkeit sowie das Vertrauen in Führungskräfte. Wie Eby, Adams, Russell und Gaby (2000) in ihrer Studie zu individuellen und organisationalen Faktoren zeigten, bildet die Wahrnehmung einer organisationalen Veränderungsbereitschaft eine Grundlage für die individuelle Veränderungsbereitschaft, womit der Einfluss von Kontextvariablen näher bestimmt wurde. Andere Studien, die sich ebenfalls mit dem organisationalen Kontext als Einflussfaktor der Innovationsbereitschaft beschäftigen, lassen sich nur begrenzt auf die Fragestellung der vorliegenden Arbeit anwenden. Bouckenooghe (2008) und Holt et al. (2007) bestätigten bspw. die positive Wirkung der Partizipation, d.h. die Teilhabe an Entscheidungen sowie der Implementierung der Veränderung. Diese Bedingungen sind bei Führungskräften jedoch in der Regel gegeben (vgl. z. B. Hauschildt & Salomo, 2007, S. 24; Jansen et al., 2009, S. 6 f.), womit anderen Faktoren betrachtet werden müssen, die auf die Innovationsbereitschaft von Führenden einwirken. Aufbauend auf dem vorgestellten Modell der Innovationsbereitschaft wird im nächsten Unterkapitel ein Zugang zu diesen organisationalen Einflussfaktoren herausgearbeitet. 2.4. Ansatzpunkt für die Förderung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften Im vorangegangenen Kapitel wurde die Innovationsbereitschaft von Führungskräften als eine Grundlage deren innovationsförderlichen Verhaltens sowie der organisationalen Innovativität näher erläutert. Um zu erklären, wie die Bereitschaft von Führungskräften für Prozessinnovationen entsteht, wurde das Modell von Gebert (1987, 2002) ausgewählt. Basierend auf diesem Modell soll nun der Frage nachgegangen werden, wodurch diese Innovationsbereitschaft von Führungskräften gefördert werden kann. Dazu wird bei dem Prozess der kognitiven Informationsverarbeitung angesetzt, welcher wie dargestellt der Bereitschaft zugrundeliegt. Aufgrund theoretischer und empirischer Befunde wird im Abschnitt 2.4.1 auf die Wirkung von Informationen und Wissen in diesem Modell eingegangen, womit der Umgang mit Wissen und Informationen im Unternehmen als Einflussfaktor relevant wird. Spezifiziert wird dieser Umgang als organisationale Absorptionsfähigkeit, die für sich 42 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung genommen bereits als innovationsförderlich gilt. Das Konstrukt der Absorptionsfähigkeit wird im Abschnitt 2.4.2 ausführlich erläutert und ein umfassendes Verständnis dieser Fähigkeit für die weitere Untersuchung erarbeitet. Damit wird der Ausgangspunkt für ein Modell zur Förderung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften durch die organisationale Absorptionsfähigkeit geschaffen, welches im Kapitel 3 konzipiert wird. 2.4.1. Informationen und Wissen als Grundlage einer Beeinflussung Innovationsbereitschaft resultiert entsprechend dem Modell von Gebert (1987, 2002) aus einem kognitiv-evaluativen Prozess. Im Mittelpunkt steht dabei die Informationsverarbeitung, die zu einer subjektiven Beurteilung der objektiven Situation führt. Diese Bewertung unterliegt einerseits den individuellen Personenmerkmalen und andererseits externen Einflussfaktoren (Gebert, 2002, S. 90). Zu den Merkmalen der Person zählen beispielsweise die intrinsische Motivation für die Tätigkeit, eine internale Kontrollüberzeugung und die aufgabenbezogenen Selbstwirksamkeitserwartung. Demnach fördert die Motivation für die Ausübung der eigenen Tätigkeit die Innovationsbereitschaft dann, wenn die Tätigkeit um ihrer selbst willen ausgeübt wird und nicht nur dem Erreichen von z. B. finanzieller Belohnung dient (Gebert, 2002, S. 92 ff.). Bedeutsam ist weiterhin die subjektive Überzeugung, durch das eigene Handeln die Umwelt beeinflussen zu können und positive wie negative Ereignisse als Konsequenzen des eigenen Verhaltens zu erleben (Gebert, 2002, S. 114 ff.). Darüber hinaus beinhaltet die Erwartung der aufgabenbezogenen Selbstwirksamkeit die Annahme, aufgrund der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten eine im Arbeitskontext notwendige Handlung selbst erfolgreich ausführen zu können (Gebert, 2002, S. 111 ff.})15. Neben diesen individuellen Personenmerkmalen finden sich externe Einflüsse, welche auf die der Innovationsbereitschaft zugrundeliegenden Bewertungsprozesse wirken. Zu diesen externen Einflussfaktoren zählen der objektive Problemdruck, die organisationalen und prozessualen Rahmenbedingungen sowie die Art der Führung (Gebert, 2002, S.90). Letztere wird relevant, da sich Gebert auf die Innovationsbereitschaft der Mitarbeiter konzentrierte und nach der zielbezogenen Beeinflussung der Mitarbeiter durch Führungskräfte fragte. Seine Ausführungen lassen sich damit nicht unmittelbar auf Determinanten der Innovationsbereitschaft von Führungskräften übertragen, sie werden im Kapitel 3 allerdings für die Ableitung von Hypothesen genutzt. Bezogen auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften ist an dieser Stelle jedoch relevant, dass dieser Bereitschaft ein kognitiver 15 Definition der intrinsischen Motivation nach von Rosenstiel (2000); Grundlagen zur Unterscheidung von internaler und externaler Kontrollüberzeugung bei Rotter (1966); Grundlagen zum Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung bei Bandura (1977). 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 43 Prozess der Informationsverarbeitung zugrunde liegt, womit eine Förderung derselben durch die Bereitstellung und Präsentation von relevanten Informationen erwartet werden kann. In diese Richtung gingen auch Armenakis und Kollegen (1993, S. 689), indem sie die Rolle des Informationsmanagement für die Steigerung der individuellen Veränderungsbereitschaft für den organisationalen Wandel hervorhoben. Demnach sollten den zu beeinflussenden Personen solche Informationen gegeben werden, die deren Wahrnehmung einer Diskrepanz in der Unternehmenssituation erhöhen und sie gleichzeitig von der Leistungsfähigkeit der Organisation für den geplanten Wandel überzeugen. Diese Informationen stellen dabei Rohdaten dar, die in den subjektiven Verarbeitungsprozess seitens der Führungskraft einfließen. Dort werden sie verknüpft und mit Bedeutung versehen, Wissen entsteht (Pawlowsky, 1994, S. 180). Wissen geht über Informationen hinaus, weil es aus der subjektiven Auswertung der als relevant erachteten Informationen resultiert und damit die Gesamtheit der Erfahrungen eines Menschen widerspiegelt (Pawlowsky, 1994, S. 180). Im Zuge des kognitiv-evaluativen Prozesses, der die Grundlage der Innovationsbereitschaft von Führungskräften bildet, entsteht daher für die Führungskraft neues Wissen. Abhängig von der daraus resultierenden Wahrnehmung eines Veränderungsbedarfes und den Möglichkeiten zur Veränderung der Unternehmenssituation, resultiert wiederum die Bereitschaft für eine organisationale Veränderung. Bezogen auf die allgemeine individuelle Veränderungsbereitschaft arbeiteten auch Dalton und Gottlieb (2003) heraus, dass Informationen, die alternative Sichtweisen der aktuellen Situation sowie Änderungsmöglichkeiten aufzeigen, die Veränderungsbereitschaft erhöhen. Die Innovationsbereitschaft kann jedoch nicht nur durch objektive Informationen, sondern auch vom Wissen16 anderer Personen beeinflusst werden, wie die Studie von Krause (2004) zeigte. Basierend auf dem Modell von Gebert (1987, 2002) untersuchte sie die Wirkung von Führung auf die Innovationsbereitschaft der Mitarbeiter. Dabei fand sie, dass die Variable Einflussnahme die Varianz der Innovationsbereitschaft besser erklärte als die Variable Machtausübung durch Belohnung und Bestrafung (Krause, 2004, S. 288). Die Einflussnahme 16 Dieses Verständnis knüpft u. a. an die bereits ausgeführte Sicht von Pawlowsky (1994) an, wonach „Informationen zunächst als Stimuli bzw. Daten zu verstehen [sind], die Input eines Informationsverarbeitungs- bzw. Wissenssystems darstellen. […] Während Informationen [...] extern verfügbar sein können, bedarf es eines Wissenssystems, diese Informationen so zu interpretieren und anzuwenden“. Damit können „Informationen auf einer Vielzahl von Speichermedien, wie z.B. Büchern, Datenbanken, aber auch im Gedächtnis von Individuen verfügbar sein“, aber Wissen kann „nur durch Menschen realisiert werden“ Pawlowsky, 1994, S. 34 f.. Vereinfacht wird Wissen als „Annahmen über die Realität“ definiert (ebd., S. 180), das gleichzeitig eine Verarbeitungsinstanz für neue Informationen als auch das Ergebnis dieser Verarbeitung darstellt (ebd. S. 157). Im Unterschied zu Informationen, die widersprüchlich sein können, „versucht Wissen oft gegensätzlich wirkende Informationen interpretativ zu verbinden“(S. 35) und bildet so die „Gesamtheit aller Erfahrungen, die ein Mensch gemacht hat“ ab (S. 180). 44 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung gründete sich dabei auf persönliche Ausstrahlung, Expertenwissen/Information, Gewährung von Freiheitsgraden und Autonomie, innovationsbezogene Unterstützung sowie den Verzicht auf Manipulation. Generell war Führung durch Einfluss einer Führung durch Macht, Vertrauen oder Misstrauen überlegen, da Führung durch Einfluss nicht nur die Innovationsbereitschaft positiv beeinflusste, sondern auch auf positive Emotionen und innovationsförderliche Handlungen wirkte sowie die intrapsychischen Anpassung und Flucht aus der Situation reduzierte (S. 323). Empirisch zeigte sich zudem, dass die größte Wirkung von Expertenwissen und Informationen ausging. Deren Einsatz korrelierte hochsignifikant positiv mit der Innovationsbereitschaft im Sinne Geberts, wobei ein besonders enger Zusammenhang mit wahrgenommener Veränderbarkeit bestand (Krause, 2004, S. 282 f.). Diese Bedeutung von Wissen findet sich auch in weiteren Ansätzen, die eine gezielte Beeinflussung der Innovationsbereitschaft bzw. der Führungskraft fokussieren. So kann die Bereitschaft für organisationale Veränderungen auch im Zuge persuasiver Kommunikation beeinflusst werden (Armenakis et al., 1993, S. 688). Bei dieser Form der Kommunikation wird eine bestimmte Sichtweise zu einer bestimmten Angelegenheit vertreten, wodurch andere Personen von diesen Meinungen überzeugt werden und entsprechend ihre Einstellung gegenüber dem betreffenden Objekt oder Subjekt ändern sollen (Aronson et al., 2010, S. 237)17. Folgt man dem in diesem Forschungszweig etablierten Elaboration Likelihood Model von Cacioppo und Petty (1984) und Petty, Kasmer, Haugtvedt und Cacioppo (1987), verläuft die kommunikative Einflussnahme auf die Einstellungsänderungen über zwei Wege. Diese Wege unterscheiden sich in Abhängigkeit von individuellen Voraussetzungen hinsichtlich ihrer Art der Informationsverarbeitung. Ist der Empfänger für die Verarbeitung der einstellungsändernden Botschaft motiviert und fähig, erfolgt über den zentralen Weg („central route“) eine tiefgründige kognitive Verarbeitung der Informationen und die nachfolgende Einstellungsänderung wird zeitstabil und änderungsresistent sein (Cacioppo & Petty, 1984, S. 234). Bei fehlender Motivation und/oder Fähigkeit erfolgt die Verarbeitung über die Nebenroute („peripheral route“), wobei periphere Hinweisreize wie die wahrgenommene Attraktivität, Glaubwürdigkeit oder Expertise der Informationsquelle anstelle inhaltlicher Argumente verwertet werden (ebd.). Sollte aus der Verarbeitung über die Nebenroute eine Einstellungsänderung resultieren, wird diese weniger stabil und verhaltenswirksam sein als die über den zentralen Weg. Für eine dauerhafte Einstellungsänderung sind demnach die vermittelten Informationen sowie die Art ihrer Verarbeitung ausschlaggebend. Im Kontext organisationaler Veränderungen wurden diese Zusammenhänge bspw. von Bhattacherjee und Sanford (2006) empirisch bestätigt. Auch wenn hier von Informationen die Rede ist, handelt es 17 Zentral ist bei dieser Forschungsrichtung die Frage „Wer sagt was zu wem über welchen Kanal mit welcher Wirkung?“. Als grundlegend gilt hierfür die Arbeit von Hovland, Janis & Kelley (1953); vgl. auch Aronson, Wilson & Akert (2010, S. 237) und Stroebe (2003, S. 279). 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 45 sich nach dem Verständnis von Pawlowsky (1994) eher um das Wissen der Person, die durch eine entsprechende Kommunikation die Einstellung einer anderen Person beeinflussen möchte, da die einflussausübende Person ihre Annahme über die Realität der anderen Person so nahe bringen möchte, dass diese ihre Annahmen entsprechend anpasst. Ähnliches geschieht im Rahmen von mikropolitischem Handeln in Unternehmen. Nach einer Minimaldefinition von Neuberger (2006, S. 191) bedeutet mikropolitisches Handeln, andere Personen gezielt zu instrumentalisieren, „um in organisationalen Ungewissheitszonen eigene Vorstellungen und Interessen erfolgreich geltend zu machen“. Dabei können mikropolitische Taktiken nicht nur repressiv, sondern auch produktiv im Sinne der Organisation wirken. Dieser Fall kann auch als „Führung von unten“ bezeichnet werden, wenn dem Einfluss nicht nur eigennützige Motive zugrunde liegen, sondern die Erfüllung gemeinsamer Aufgaben anvisiert wird (Wunderer, 2009, S. 254). Auch wenn die wissenschaftliche Diskussion zur Anzahl, Ausprägung und Wirkungsweise der Taktiken noch andauert, hat sich Rationalität als eine wesentliche Form der Einflussnahme18 in verschiedenen Studien bestätigt (z. B. Higgins, Judge & Ferris, 2003; Schriesheim & Hinkin, 1990; Yukl & Falbe, 1990; Wunderer, 1992). Kipnis, Schmidt und Wilkinson (1980) verstanden darunter, eigene Vorhaben mithilfe von logischer Argumentation, Plänen, guten Gründen, Informationen und Kompetenznachweisen durchzusetzen. Nach Blickle (2004, S. 84) besteht diese Taktik des Argumentierens darin, „durch Informationen und Begründungen eine andere Person zu Einstellungsänderungen oder Handlungen zu veranlassen“. Dazu werden logische Argumente vorgetragen, detaillierte Ausarbeitungen vorgelegt und unterstützende Informationen gegeben. Studien zum Einsatz dieser Taktik zeigten, dass sie die häufigste Form der Einflussnahme von Mitarbeitern auf ihre Vorgesetzten ist (Wunderer, 1992; Yukl & Falbe, 1990). Auch wenn man von gewissen Antwortverzerrungen aufgrund sozialer Erwünschtheit ausgehen kann19, ist die Relevanz der Rationalität für die Überzeugungsarbeit in Unternehmen nicht zu leugnen (vgl. Neuberger (2006). Im Unterschied zu anderen Taktiken ist zudem ihre Wirksamkeit bezüglich der Zielerreichung empirisch gut bestätigt, wie Higgins et al. (2003) in einer Meta-Analyse von 23 Studien zeigten. Dabei scheint es sich um ein kulturübergreifendes Phänomen zu handeln (Ping Ping Fu, Yukl, Kennedy, Srinivas, Cheosakul, Peng et al., 2001), welches auch bei der Implementierung von Innovationen bedeutsam ist (Maute & Locander, 18 Weitere Taktiken sind z. B. einschmeicheln, Tauschhandel, selbstsicheres Fordern, höhere Instanzen einschalten, Koalitionen bilden, blockieren, sanktionieren, inspirierende Appelle, konsultieren und Eigenwerbung (Blickle, 2004, S. 84; Higgins, Judge & Ferris, 2003; Kipnis, Schmidt & Wilkinson, 1980; Schriesheim & Hinkin, 1990) wobei die jeweiligen Operationalisierungen in Teilen voneinander abweichen. 19 So mag es befragten Mitarbeitern angemessener erscheinen, ihre gezielte Beeinflussung von Vorgesetzen als Bereitstellung von Daten und Fakten zu deklarieren, denn sozial weniger erwünschte Taktiken wie das Einschmeicheln oder die Bildung von Koalitionen zu nennen (vgl. dazu auch Neuberger, 2006, S. 196 f.) 46 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 1994). Auch bei der Taktik der Rationalität werden einerseits Informationen an die Führungskraft weitergegeben, andererseits sind diese Informationen bereits subjektiv mit Bedeutung versehen und stellen wiederum Wissen der einflussausübenden Person dar. Damit wird deutlich, dass sowohl Informationen als auch Wissen das Potenzial haben, die Innovationsbereitschaft von Führungskräften zu beeinflussen. Vor dem Hintergrund dieser Befunde und der bereits skizzierten kognitiven Perspektive auf Innovationsbereitschaft, erfolgt die Schwerpunktsetzung dieser Arbeit. Die Förderung der Innovationsbereitschaft wird basierend auf der Bereitstellung und Auseinandersetzung mit Informationen und Wissen analysiert. An dieser Stelle lässt sich damit auch die Verbindung zu generellen Erfolgsfaktoren von Prozessinnovationen herstellen. Mehrere Studien bestätigen empirisch, dass Wissen sowie der intraorganisationale Umgang damit eine relevante Größe für das erfolgreiche Management von Innovationsprozessen ist (z. B. Adams et al., 2006; Amara, Landry, Becheikh & Ouimet, 2008; Blume & Gerstlberger, 2007; Calantone et al., 2002; Damanpour, 1991; Garcia-Morales, Ruiz-Moreno & Llorens-Montes, 2007; Reichstein & Salter, 2006). Ein wesentlicher Aspekt ist hierbei die Verknüpfung von neuem Wissen mit bereits vorhandenem und dabei insbesondere die Verbindung von unternehmensinternen mit unternehmensexternen Wissen (Adams et al., 2006, S. 29). Diese Verbindung wird unter dem Begriff absorptive capacity diskutiert, worunter die Fähigkeit verstanden wird, relevantes unternehmensexternes Wissen zu erkennen, in die eigene Organisation aufzunehmen und letztendlich in wertschaffende Produkte oder Dienstleistungen umzusetzen (Cohen & Levinthal, 1990; Dyer & Singh, 1998; Lane, Koka & Pathak, 2006; Zahra & George, 2002). Diese Absorptionsfähigkeit20 beschreibt damit sowohl Prozesse der Aufnahme und Nutzung unternehmensexternen Wissens als auch Verarbeitungsprozesse innerhalb des Unternehmens. Aufgrund dieser umfassenden Sichtweise wird das Konzept der Absorptionsfähigkeit herangezogen, um die Förderung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften durch den organisationalen Umgang mit Wissen und Informationen herauszuarbeiten und empirisch untersuchen zu können. Dazu werden zunächst die existierenden Konzepte zur organisationalen Absorptionsfähigkeit vorgestellt und daraus ein Verständnis für die vorliegende Arbeit abgeleitet. 20 In englischsprachigen Publikationen wird der Begriff absorptive capacity verwendet, womit allerdings eine Fähigkeit zur Aufnahme und Nutzung externen Wissens beschrieben wird. Entsprechend dieser inhaltlichen Bedeutung wird in der vorliegenden Arbeit nicht von Aufnahmekapazität sondern von Absorptionsfähigkeit gesprochen, wie bspw. auch bei Gerlach (2008) und Niemojewski (2005). 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 2.4.2. 47 Konzept der Absorptionsfähigkeit Absorptionsfähigkeit bezeichnet die Fähigkeit von Individuen und Organisationen21 zur Identifikation von relevantem, externem Wissens, dessen Aufnahme und Anpassung an das eigene Unternehmen und die letztendlich wertsteigernde Nutzung, die sich positiv auf die Innovativität und den Unternehmenserfolg auswirken (Cohen & Levinthal, 1990; Dyer & Singh, 1998; Lane et al., 2006; Zahra & George, 2002)22. Das Konzept der Absorptionsfähigkeit gründete sich zunächst auf empirischen Befunden, welche die Relevanz von Wissensquellen außerhalb einer Organisation für den Erfolg von Innovationen belegten. Cohen und Levinthal (1990, S. 128) erachteten aufgrund dieser Erkenntnisse die Fähigkeit zur Bewertung, Anpassung und wirtschaftlichen Nutzung des unternehmensexternen Wissens als wesentliche Komponente der Innovationsfähigkeit einer Organisation. Spätere Studien belegten die positive Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die organisationale Innovativität (z. B. GarciaMorales et al., 2007; Fosfuri & Tribó, 2008; Liao, Fei & Chen, 2007; Oltra & Flor, 2003). Inzwischen wurde das Konzept auf weitere Bereiche der Organisationsforschung ausgedehnt und z. B. von Mu, Tang und MacLachlan (2010) und Muscio (2007) zum Verständnis von interund intraorganisationalen Netzwerken herangezogen, von Gerlach (2008) zur Beschreibung von Internationalisierungsprozessen genutzt oder von Phelps, Adams und Bessant (2007) für die Erklärung von Unternehmenswachstum angewendet (für einen Überblick siehe auch Camisón & Forés, 2010 und Zahra & George, 2002). Als Absorptionsfähigkeit verstanden Cohen und Levinthal (1990, S. 128) “the ability of a firm to (1) recognize the value of new, external information, (2) assimilate it, (3) and apply it to commercial ends”. 21 Dabei liegt das Hauptaugenmerk der Arbeiten zur Absorptionsfähigkeit auf der organisationalen Ebene, wobei diese organisationale Fähigkeit auf dem Verhalten der Organisationsmitglieder sowie deren individuellen kognitiven Strukturen basiert. So beschrieben Cohen und Levinthal (1990) S.131) Absorptionsfähigkeit auch auf der individuellen Ebene und betonten die Relevanz der Personen an den Schnittstellen zur Umwelt als auch innerhalb des Unternehmens. Ebenso sahen Lane et al. (2006, S. 857) als Ergebnis ihres Reviews zum Konzept der Absorptionsfähigkeit die individuellen Kognitionen als wesentliche unternehmensinterne Determinante der organisationalen Fähigkeit an. 22 Dabei nahmen Cohen und Levinthal (1990) als Begründer des Konzeptes keine Unterscheidung zwischen Information und Wissen vor, was auch von nachfolgenden Studien und Konzeptionen so beibehalten wurde. Da zudem der Begriff Wissen umfassender ist (vgl. Abschnitt 2.4.1), wird dieser den weiteren Ausführungen zugrunde gelegt und wo notwendig eine Differenzierung bezüglich des Begriffes Information vorgenommen. 48 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung Diese Fähigkeit zur Wissensaufnahme verweist damit zunächst auf einen Blick über Organisationsgrenzen hinweg, um dort neues Wissen für das eigene Unternehmen aufzuspüren. Sodann tritt die Aufnahme und unternehmensinterne Einbindung des externen Wissens in den Fokus, gefolgt von der nutzstiftenden Umsetzung zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Das Phänomen der Absorptionsfähigkeit tangiert also drei relativ heterogene Aspekte des Organisationsalltags, die allerdings miteinander verwoben sind. Entscheidend für die Aufnahmefähigkeit neuen Wissens ist dabei das Vorwissen in der Organisation, je umfangreicher und vielfältiger es ist, umso mehr Anschlussstellen bietet es für extern verfügbares Wissen (Cohen & Levinthal, 1990, S. 128). Für die Verteilung und Verwertung des akquirierten Wissens im Unternehmen muss allerdings innerhalb der Organisation eine ausreichend große Überlappung zwischen den Wissensbeständen der Mitglieder bestehen, damit die interne Kommunikation und dadurch die Nutzung des externen Wissens möglich werden (ebd., S. 133). Insgesamt wird Absorptionsfähigkeit als ein sich selbstverstärkender Regelkreis betrachtet, der aufgrund von Pfadabhängigkeit zur Wissenszunahme in einem spezifischen Bereich führt (ebd., S. 136)23. Verorten lässt sich die Fähigkeit sowohl auf der Ebene des Individuums, als auch auf der Gruppen- und Organisationsebene. Dabei ergibt sich die organisationale Absorptionsfähigkeit nicht einfach aus der Summe der individuellen Absorptionsfähigkeiten, sondern weißt zusätzliche Aspekte auf, die aus dem internen Transfer von Wissen innerhalb und über Abteilungen hinweg entstehen (ebd., S. 131). Seit dieser ersten Formulierung wurde das Konzept insbesondere durch Zahra und George (2002) sowie Lane et al. (2006) erweitert und differenziert. Zahra und George (2002) etablierten dabei das Verständnis von Absorptionsfähigkeit als dynamic capability im Sinne von Teece, Pisano und Shuen (1997, S. 516). Demnach handelt es sich um eine Meta-Fähigkeit bezogen auf die Generierung und Nutzung von Wissen, die dauerhafte Wettbewerbsvorteile ermöglicht (Zahra & George, 2002, S. 185). Entsprechend definierten sie „[absorptive capacity] as a set of organizational routines and processes by which firms acquire, assimilate, transform, and exploit knowledge to produce a dynamic organizational capability” (Zahra & George, 2002, S. 186). 23 Bei dem Konzept der Pfadabhängigkeit wird davon ausgegangen, dass in der Vergangenheit getroffene Entscheidungen und eingebürgerte Denkweisen oder Routinen in die Gegenwart derart hineinwirken, dass diese Pfadabhängigkeiten die potenziellen Handlungsalternativen einengen und somit die zukünftigen Entwicklungsrichtungen beeinflussen (Beyer, 2005, S. 6). Bezogen auf die Absorptionsfähigkeit ergibt sich eine Pfadabhängigkeit dadurch, dass akquiriertes Wissen der ersten Periode die Anschlussfähigkeit für neues externes Wissen in der zweiten Periode determiniert, welches wiederum auf die Aufnahmefähigkeit in der dritten Periode wirkt und so fort. Damit kommt es bspw. zur Anhäufung von technologischen Wissen in einem bestimmten Bereich, in welchem dann eine hohe Absorptionsfähigkeit besteht, während die generelle Absorptionsfähigkeit für ein breites Spektrum an Wissensbeständen reduziert werden kann (vgl. Cohen & Levinthal, 1990, S. 136; Zahra & George, 2002). 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 49 Somit vereint die Absorptionsfähigkeit die vier Teilfähigkeiten: (1) Akquisition: Identifizieren und erwerben von unternehmensextern generiertem Wissen, das für das eigene Unternehmen bedeutsam ist. (2) Assimilation: Analysieren, verarbeiten, interpretieren und verstehen des Wissens aus externen Quellen. (3) Transformation: Kombinieren von neuem mit vorhandenem Wissen durch hinzufügen, löschen oder re-interpretieren von Wissen. (4) Verwertung externen Wissens: Akquiriertes und transformiertes Wissen in Handlungen überführen, um dadurch Kompetenzen des Unternehmens zu verfeinern, auszuweiten, wirksam einzusetzen oder neu zu schaffen (ebd., S. 189 f.). Die beiden erstgenannten Dimensionen fassten die Autoren als potenzielle Absorptionsfähigkeit auf, worunter sie die prinzipielle Empfänglichkeit der Organisation für externes Wissen verstanden (Zahra & George, 2002, S. 190). Diese drückt sich in der Identifikation von relevantem Wissen, dessen Aufnahme, Interpretation und Verstehen aus, analog zu den Phasen der Bewertung und Akquisition externen Wissens bei Cohen und Levinthal (1990). Die Nutzung des aufgenommen Wissens zum Vorteil des Unternehmens beschrieben Zahra und George (2002, S. 190) mit dem Begriff realisierte Absorptionsfähigkeit. Darunter fallen sowohl die Transformation im Sinne einer Kombination von vorhandenem mit neuartigem Wissen als auch dessen Überführung in Handlungen, um die Fähigkeiten der eigenen Organisation zu verbessern (ebd.). Wie hoch die tatsächliche Wertschöpfung aus dem externen Wissen ist, hängt vom Verhältnis der realisierten zur potenziellen Absorptionsfähigkeit ab. Zahra und George (2002, S. 191) verwendeten hierfür die Bezeichnung Effizienzfaktor. Je höher dieser ist, d.h. je mehr des externen, assimilierten Wissens unternehmensintern mit vorhandenem Wissen verknüpft wird sowie in Prozesse und Routinen einfließt, umso höher ist die Wertschöpfung. Im Unterschied zu Cohen und Levinthal (1990) gingen Zahra und George (2002) mit ihrer Konzeption nicht mehr von einer sequenziellen Abfolge der Phasen aus, sondern sahen die vier Komponenten der Absorptionsfähigkeit als voneinander unabhängig, wobei erst aus deren Zusammentreffen, gemessen als Effizienzfaktor, nachhaltige Wettbewerbsvorteile für ein Unternehmen entstehen. Die zweite einflussreiche Überarbeitung erfuhr das Konzept der absorptiven Fähigkeit durch Lane, Koka und Pathak (2006). In einem umfangreichen Review von 289 Journalartikeln, die im Zeitraum 1991-2002 erschienen und sich explizit auf Cohen und Levinthal (1990) bezogen, gingen die Autoren den Kernfragen nach, wie das Konstrukt der Absorptionsfähigkeit genutzt wird und wie hoch die Übereinstimmung dazu innerhalb der Forschungsgemeineschaft ist. 50 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung Als Ergebnis formulierten sie auf Grundlage der Originalarbeiten von Cohen und Levinthal (1990) eine erweiterte Definition der Absorptionsfähigkeit24. Als Absorptionsfähigkeit bezeichneten Lane et al. (2006, S. 856) “a firm’s ability to utilize externally held knowledge through three sequential processes: (1) recognizing and understanding potentially valuable new knowledge outside the firm through exploratory learning, (2) assimilating valuable new knowledge through transformative learning, (3) and using the assimilated knowledge to create new knowledge and commercial outputs through exploitative learning.”. Damit postulierten sie drei separate Dimensionen der absorptiven Fähigkeit, die explizit mit spezifischen Lernformen verbunden und als sequentielle Abfolge verstanden werden. In der ersten Phase wird potenziell wertvolles Wissen außerhalb der Organisation durch entdeckendes Lernen erkannt und bewertet. Das wertvolle, neue Wissen wird in der zweiten Phase assimiliert, indem es im Unternehmen mit vorhandenem Wissen verknüpft wird, einen Prozess den Lane et al. (2006, S. 855) als transformatives Lernen bezeichnen. Das so geschaffene Wissen wird in der dritten Phase im Zuge exploitativen Lernens nutzenstiftend angewendet, indem sowohl neues Wissen als auch kommerzielle Erzeugnisse wie Produkte, Dienstleistungen oder immaterielle Güter erzeugt werden. Absorptionsfähigkeit als Fähigkeit von Unternehmen, extern vorliegendes Wissen zu nutzen, wird damit als Prozess beschrieben, der drei voneinander getrennte Schritte mit jeweils spezifischen Anforderungen und Grundlagen beinhaltet. Parallel zu Lane et al. (2006, S. 856) arbeiteten Todorova und Durisin (2007) an einer Rekonzeptionalisierung der Absorptionsfähigkeit, indem sie an das Verständnis von Zahra und George (2002) anknüpften. Sie kritisierten an deren Konzept der Absorptionsfähigkeit eine zu geringe und zu unsystematische Verankerung in den ursprünglichen Arbeiten von Cohen und Levinthal (1989, 1990), weshalb sie „recognize the value“ als erste Phase von Cohen und Levinthal (1990) wieder einbezogen und Transformation als die dritte Phase bei Zahra und George (2002) zeitgleich zur zweiten Phase der Assimilation konzipierten. Todorova und Durisin (2007, S. 777 ff.) postulierten damit als drei Komponenten der Absorptionsfähigkeit: (1) „recognizing the value of new external knowledge” (2) “assimilation or transformation“ (3) „value creation“ 24 Nachdem sie verschiedene Umsetzungen des Originalkonzeptes der Absorptionsfähigkeit feststellten, zielte sie mit der Neu-Definition auf eine größere Kohäsion innerhalb der Forschungsgemeinschaft ab, um den Erkenntnisfortschritt im Forschungsfeld zu steigern. 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 51 Die Wiedereinführung der Bewertung externen Wissens als erste Phase begründeten Todorova und Durisin (2007, S. 777) damit, dass vor einer Aufnahme neuen Wissens zunächst dessen Wert bestimmt werden muss und diese Bewertung nicht automatisch abläuft, weshalb sie eine eigenständige, da erfolgskritische Komponente der Absorptionsfähigkeit darstellt. Mit den Prozessen Assimilation und Transformation beschrieben sie die zweite Komponente der Absorptionsfähigkeit durch zwei alternative Wege der Wissensintegration. Durch Assimilation wird das externe Wissen in bestehende Wissensstrukturen des Unternehmens eingebunden, während im Zuge der Transformation eine Anpassung der bestehenden Strukturen an das neue Wissen erfolgt. Mit dieser Konzeption lehnten sie sich an Piaget (1952) als Theorie individuellen Lernens sowie empirischen Befunden zum organisationalen Lernen (z. B. Tushman & Anderson, 1986) an, wonach die Anpassung der vorhandenen kognitiven Strukturen (Akkommodation bei Piaget) entscheidend für die individuelle Leistungsfähigkeit bzw. die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens ist. Indem Assimilation und Transformation als zwei parallele Möglichkeiten für die Integration des externen neuen Wissens in das Unternehmen verstanden wurden, veränderten Todorova und Durisin (2007) auch das Modell der potenziellen und der realisierten Absorptionsfähigkeit von Zahra und George (2002). Da Todorova und Durisin (2007) die Transformation zur zweiten Phase zählten, wurde diese so der potenziellen Absorptionsfähigkeit zugerechnet. Als Konsequenz setzten Todorova und Durisin (2007, S. 779) die Wertsteigerung durch das neue Wissen als dritte Komponente der Absorptionsfähigkeit mit der realisierten Absorptionsfähigkeit gleich. Sind in einem Unternehmen alle drei Komponenten hoch ausgeprägt, resultieren daraus Wettbewerbsvorteile für das Unternehmen, die sich in der Flexibilität, in Innovationen und der Unternehmensleistung als Ganzes ausdrücken (S. 776). Auf das Modell von Zahra und George (2002) baute auch die jüngste Konzeptüberarbeitung von Camisón und Forés (2010) auf, die wiederum von Zahra und George‘ (2002) Verständnis der Assimilation und Transformation und ebenfalls von den Annahmen Todorova und Durisin (2007) dazu abwich. Camisón und Forés (2010, S. 709) sahen in der Assimilation eine bloße Aufnahme von externem Wissen in das Unternehmen und in der Transformation eine Anpassung des externen Wissens an die Strukturen des Unternehmens. Damit geschieht erst durch das Transformieren die Integration des externen Wissens, im Unterschied zu Todorova und Durisin (2007), die auch der Assimilation diese Aufgabe mit zuschrieben. Dementsprechend zählten Camisón und Forés (2010) wie auch Zahra und George (2002) die Aufnahme des Wissens durch Assimilation zur potenziellen Absorptionsfähigkeit, die Integration des Wissens durch Transformation zur realisierten Absorptionsfähigkeit: „PACAP [potenzielle Absorptionsfähigkeit, Anm. der Autorin], which knowledge acquisition and assimilation capabilities show, captures a firm's efforts expended in valuing, acquiring and assimilating new external knowledge. RACAP [realisierte Absorptionsfähigkeit, Anm. der Autorin], which is reflected in knowledge transformation and application, represents the firm's 52 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung ability to integrate and reconfigure the existing internal knowledge and the newly assimilated knowledge and to incorporate this transformed knowledge into firms' systems, processes, routines and operations, not only to refine existing knowledge and competences but also to create new operations and competences.“ (Camisón & Forés, 2010, S. 709). Damit gingen sie von den folgenden Dimensionen der Absorptionsfähigkeit aus: (1) Akquisition: Lokalisieren, identifizieren, bewerten und erwerben des externen, relevanten Wissens. (2) Assimilation: Analysieren, verarbeiten, interpretieren, verstehen, internalisieren und klassifizieren des erworbenen Wissens. (3) Transformation: Verbindung des neuen, externen Wissens mit bereits vorhandenem, internem Wissen durch kreative Prozesse, die Wissen hinzufügen oder in neuartiger Weise kombinieren. (4) Anwendung: Überführung des neuen Wissens in Handlungen und Routinen, um interne Prozesse zu verbessern, Kompetenzen zu erweitern oder gänzlich neu zu schaffen. Diese vier Dimensionen operationalisierten Camisón und Forés (2010) u.a. auf der Basis früherer Arbeiten (z. B. von Jansen J., Van den Bosch & Volberda, 2005; Lane, Salk & Lyles, 2001; Liao, Welsch & Stoica, 2003; Nieto & Quevedo, 2005). Unter Akquisition fallen nach Camisón und Forés (2010, S. 714) z. B. die Beobachtung von Wettbewerbern oder Forschungsund Entwicklungskooperation mit externen Partnern. Assimilation zeigt sich z. B. darin, das Wissen und die Erfahrungen von Mitarbeitern für die Interpretation neuen Wissens heranzuziehen oder in der Teilnahme von Organisationsmitgliedern am wissenschaftlichen Austausch mit Unternehmensexternen. Für die Transformation sind z. B. die systematische Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie zum unternehmensinternen Wissensaustausch sowie die Förderung desselben kennzeichnend, die Anwendung erfolgt schließlich durch die Überführung technologischen Wissens in Produkt- oder Prozesspatente sowie die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit durch Innovationen. Ein Blick auf diese fünf konzeptbildenden Arbeiten zeigt, dass die Diskussion zu Dimensionen der Absorptionsfähigkeit sowie deren Abgrenzung voneinander noch nicht abgeschlossen ist. Dabei ist diese Diskussion auch in den größeren Rahmen des organisationalen Lernens einzubetten (vgl. z. B. Sun & Anderson, 2010), weil aufgrund konzeptioneller Ähnlichkeiten Erkenntnisse aus dem Forschungsfeld zum organisationalen Lernen für die Definition von Phasen oder Komponenten der Absorptionsfähigkeit herangezogen werden können. Als organisationales Lernen werden kollektive Lernprozesse in Unternehmen bezeichnet, die „eine Anpassung an die System- bzw. Umweltdynamik, die Veränderung einer gemeinsam geteilten Wirklichkeitskonstruktion und die Entwicklung einer Wissensbasis [ermöglichen] oder allgemein mit der Erhöhung der Handlungskompetenz und Verbesserung der Problemlösungsfähigkeit assoziiert werden [können]“ wie Menzel (2009, 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 53 S. 56) den aktuellen Stand der Diskussion als Definition zusammenfasste25. Zentral für den Bezug zur Absorptionsfähigkeit sind hierbei die Aufnahme und Umsetzung von neuem Wissen sowie die daraus folgende Verbesserung organisationaler Handlungen und Ergebnisse (vgl. dazu auch Fiol & Lyles, 1985, S. 803 und Sun & Anderson, 2010, S. 131). Auch wenn ein Zusammenhang von Absorptionsfähigkeit und organisationalem Lernen damit offensichtlich scheint, differenzieren doch die Annahmen über dessen konkrete Gestalt. Erstens kann Absorptionsfähigkeit als eine Bedingung von organisationalem Lernen gesehen werden (z. B. Reagans & McEvily, 2003), zweitens stellt sie auch ein Ergebnis desselben dar (z. B. Liao et al., 2007) und drittens kann die Beziehung zwischen beiden als wechselseitige Abhängigkeit verstanden werden (z. B. Tsai, 2001). So fasste auch Gerlach (2008, S. 8 f.) zusammen, dass Absorptionsfähigkeit sowohl Ausgangspunkt als auch Resultat des organisationalen Lernens ist. Als Ausgangspunkt dient sie, weil mit ihrer Hilfe externes Wissen innerhalb des Unternehmens für Lernprozesse verfügbar gemacht wird, ein Resultat organisationalen Lernens stellt sie dar, weil sich durch Lernprozesse die organisationale Wissensbasis und damit die Absorptionsfähigkeit verändern. Sun und Anderson (2010, S. 137 ff.) konstatierten eine große Übereinstimmung der nomologischen Netze26 beider Konstrukte, indem sie deren theoretischen Hintergrund, die jeweiligen Einflussfaktoren sowie Ergebnisse verglichen. Zusammenfassend sahen sie Absorptionsfähigkeit als spezielle Form des organisationalen Lernens, die sich vorrangig mit der erfolgreichen Aufnahme und Verwertung unternehmensexternen Wissens auseinandersetzt. Dieser Argumentation folgt auch die vorliegende Arbeit. Damit lassen sich die Unterschiede in den Konzepten der Absorptionsfähigkeit an Phasen des organisationalen Lernens spiegeln und eine Begriffsklärung für die eigene Arbeit ableiten. Fasst man zunächst die Konzeptionen der Absorptionsfähigkeit zusammen, existieren zwei Arten der Differenzierung ihrer Dimensionen oder Phasen (siehe auch Tabelle 2-1). Einerseits werden auf der Basis von Cohen und Levinthal (1990) drei separate, sequentiell verbundene Dimensionen des Erkennens, Aufnehmens und Verwertens relevanten, externen Wissens beschrieben, wobei die letzte Phase bereits innovative Prozesse, Produkte und Dienstleistungen beinhaltet (Vertreter: Cohen & Levinthal, 1990; Lane et al., 2006, in Teilen 25 Ausführliche Darstellung zu historischen Entwicklung, theoretischen Perspektiven und Anwendungen des Konzeptes organisationales Lernen bei Menzel (2009, S. 52 ff.), ein früherer Überblick dazu bei Pawlowsky und Neubauer (2001). 26 Als nomologisches Netz wird im Kontext der Konstruktvalidität psychologischer Tests das Beziehungsgeflecht zwischen (latenten) Konstrukten und beobachtbaren Testvariablen beschrieben. Damit wird die konkrete Bedeutung eines Konstruktes geklärt, indem die zugrundeliegenden Indikatoren benannt sowie Anknüpfungspunkte oder Überlappungsbereiche mit anderen Konstrukten beleuchtet werden (vgl. z. B. Bühner, 2006, S. 97). Sun und Anderson (2010, S. 137 ff.) nutzen diese Bezeichnung von Cronbach & Meehl (1955), um die konzeptionellen Ähnlichkeiten von organisationalem Lernen und Absorptionsfähigkeit systematisch abbilden zu können. 54 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung auch Camisón & Forés, 2010). Dagegen werden ausgehend von Zahra und George (2002) die vier Dimensionen Akquisition, Assimilation, Transformation und Anwendung externen, relevanten Wissens unterschieden. Diese vier werden zur potenziellen bzw. realisierten Absorptionsfähigkeit zusammengefasst, Wettbewerbsvorteile resultieren dann aus dem Verhältnis von realisierter zu potenzieller Fähigkeit. Die unmittelbare kommerzielle Verwertung des neuen Wissens in Form innovativer Produkte und Dienstleistungen ist hier nicht direkter Bestandteil der Konzeption, sondern ergibt sich als Konsequenz der Absorptionsfähigkeit (Vertreter: Zahra & George, 2002; in Teilen Camisón & Forés, 2010 und Todorova & Durisin, 2007). Tabelle 2-1. Überblick zu theoretischen Konzepten der Absorptionsfähigkeit Autoren Cohen und Levinthal (1990) Zahra und George (2002) Lane, Koka und Pathak (2006) Todorova und Durisin (2007) Camisón und Forés (2010) Erkennen und Bewerten recognize the value of new, external information knowledge acquisition (identify and acquire) recognizing & understanding potentially valuable new knowledge outside the firm recognizing the value of new external knowledge acquisition capacity Aufnehmen assimilate new, external information assimilation assimilating valuable new knowledge assimiation or transformation assimilation capacity Dimension Anpassen transformation Verwerten apply it to commercial ends exploitation transformation capacity create new knowledge & comer-cial outputs value creation application or exploitation capacity Gemeinsam ist allen Konzeptionen, dass in irgendeiner Weise für das Unternehmen relevantes, externes Wissen erkannt, in das eigene Unternehmen aufgenommen, dort verarbeitet, in Handlungen und Prozesse umgesetzt und wertsteigernd in Prozesse oder Produkte überführt werden muss. Um aus diesen Gemeinsamkeiten und Unterschieden für die vorliegende Arbeit einen Konsens zu erarbeiten, können die genannten Dimensionen zu Phasen des organisationalen Lernens in Bezug gesetzt werden (vgl. dazu auch Sun & Anderson, 2010). Für diesen Bezug bietet sich die Arbeit von Pawlowsky (1994) an, in der systematisch verschiedene Modelle des 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 55 organisationalen Lernens untersucht und zusammengefasst wurden27. Als ein Ergebnis seiner Systematisierung leitete Pawlowsky (1994, S. 305) folgende organisationale Lernphasen ab: (1) (2) (3) (4) (5) Erkennen von Informationen und Wissen Verteilung der Information Bearbeitung und Integration in bestehende Wissenssysteme sowie Umsetzung des Gelernten in Routinen, Verhalten und veränderten Strukturen. Komprimiert bezeichnete er die Phasen als (1) Identifikation, (2) Diffusion, (3) Integration, (4) Modifikation und (5) Aktion (ebd. S. 307) Anders als bei den Konzepten der Absorptionsfähigkeit schließt sich hier an die erste Phase der Identifikation als zweite Phase die Informationsverteilung (Diffusion) an. Nachfolgend werden die Informationen in das bestehende Wissenssystem eingebunden, was sowohl der Assimilation als auch der Transformation im Verständnis der Absorptionsfähigkeit von Cohen und Levinthal (1990), Camisón und Forés (2010), Lane et al. (2006), Todorova und Durisin (2007) oder Zahra und George (2002) entspricht. Die vierte Phase der Modifikation beinhaltet bei Pawlowsky (1994, S. 305) dann die Veränderung des Wissenssystems, was im Kontext der Absorptionsfähigkeit als Transformation (Zahra & George, 2002, Todorova & Durisin, 2007) oder als nutzstiftende Verwertung des neu generierten Wissens gesehen werden kann (Cohen & Levinthal, 1990, Camisón & Forés, 2010; Lane et al., 2006, Todorova & Durisin, 2007, Zahra & George, 2002). In der letzten Phase, der Aktion, wird das neue Wissen in Handlungen umgesetzt, womit ebenfalls die nutzenstiftende Verwertung des neuen Wissens erfolgt28. Zu beachten ist, dass Pawlowsky (1994) zunächst zwar von einem fünfstufigen Modell der Lernphasen ausging, dann aber die Phasen drei (Integration der Informationen) und vier (Modifikation von Wissenssystemen) zusammen als engere Form des Lernens behandelte (S. 324 ff.). Hierin zeigt sich eine Analogie zum individuellen Lernen, welches in Form von Assimilation und Akkommodation geschieht (zusammengefasst bei Piaget, 1991). Assimilation bedeutet dabei die Aufnahme von neuem Wissen in vorhandene 27 Sun und Anderson (2010) wählten ein ähnliches Vorgehen und zeigten dabei die Verbindung von Absorptionsfähigkeit mit Phasen des organisationalen Lernens. Sie bezogen sich dabei auf das Model des organisationalen Lernens von Crossan, Lane & White (1999) und konzipierten den Einfluss der vier sozio-psychologische Prozesse Intuition, Interpretation, Integration und Institutionalisierung auf die vier Dimensionen der Absorptionsfähigkeit von Zahra und George (2002). Ihre Ergebnisse tragen im Kontext der vorliegenden Arbeit allerdings nicht zur Klärung der Dimensionen bei. 28 In späteren Arbeiten zum Wissensmanagement erweiterte Pawlowsky (1998) die Lernphasen um die Generierung als zweite Phase. Im Kontext der Absorptionsfähigkeit erfolgt diese Erzeugung neuen Wissens im Rahmen der Transformation bzw. nutzstiftenden Verwertung (Camisón & Forés, 2010; Cohen & Levinthal, 1990; Lane, Koka & Pathak, 2006; Todorova & Durisin 2007; Zahra & George, 2002). 56 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung Wissensstrukturen (Lernen als ein „mehr des Selben“), bei der Akkommodation findet dagegen eine Anpassung der individuellen Wissensstrukturen an die Spezifik der Situation statt, um eine bessere Übereinstimmung mit der Umwelt zu erreichen (Lernen als kreativer Problemlöseprozess). Ein Gleichgewicht beider Prozesse ist für Lernen und Weiterentwicklung notwendig, wobei abwechselnd eine Form die andere dominiert (Piaget, 1991, S. 32 ff.). Während Todorova und Durisin (2007, S. 778) auf Piaget (1952) zurückgriffen und Assimilation und Transformation als zwei alternative Wege der Wissensintegration in das Unternehmen herausstellten, erfolgte bei Zahra und George (2002) und Camisón und Forés (2010) das Lernen durch Akkommodation zum Teil in der dritten Phase aufgrund kreativer Prozesse, zum Teil aber auch in der vierten Phase bei der Umsetzung in Routinen und Handlungen. Bei Cohen und Levinthal (1990) und Lane et al. (2006) war die Generierung neuen Wissens Bestandteil der letzten Phase (Verwertung). Zieht man nun die Erkenntnisse zum organisationalen (Pawlowsky, 1994, 1998) wie auch zum individuellen Lernen (Piaget, 1991) heran, scheint eine dreistufige Konzeption der Absorptionsfähigkeit wie sie Cohen und Levinthal (1990), Lane et al. (2006) und Todorova und Durisin (2007) vorschlagen, für die vorliegende Arbeit als zielführend29. Die drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit können dabei als getrennte Phasen verstanden werden, die nacheinander durchlaufen werden müssen, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. In Tabelle 2-2 werden die Dimensionen der Absorptionsfähigkeit, wie sie in der vorliegenden Arbeit verstanden werden, als Übersicht dargestellt. 29 Gerlach (2008, S. 45 f.) legte seiner Arbeit eine ähnliche Definition u.a. in Rückgriff auf Cohen und Levinthal (1990) und Lane et al. (2006) zugrunde und bezeichnete diesen Autoren folgend Absorptionsfähigkeit als „die Fähigkeit von Individuen, Gruppen und Organisationen, externes Wissen durch exploratives Lernen wahrzunehmen und zu verstehen, wahrgenommenes externes Wissen durch transformatives Lernen zu assimilieren, und das transformierte Wissen durch exploitatives Lernen anzuwenden.“ Auch Schreyögg und Schmid (2009, S. 13) gingen von den drei Phasen Akquisition, Assimilation und Exploitation aus. Die Transformation als Bestandteil der Assimilation verstanden sie als Kombination des neu erworbenen Wissens mit bereits vorhandenen Wissensbestandteilen „im Sinne einer Integration des neuen Wissens in existierende Strukturen, aber auch einer neuen Interpretation bestehenden Wissens“. 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung 57 Tabelle 2-2. Dimensionen der Absorptionsfähigkeit sowie zu erwartende Resultate auf Unternehmensebene Dimension / Phase Inhalt Autoren Erkennen Neues Wissen außerhalb des eigenen Unternehmens entdecken und dessen Relevanz für das eigene Unternehmen bewerten Cohen und Levinthal (1990); Lane, Koka und Pathak (2006); Todorova und Durisin (2007); Pawlowsky (1994) Aufnehmen Neues, externes Wissen in das eigene Unternehmen aufnehmen, an die Strukturen des Unternehmens anpassen und unternehmensintern verteilen Camisón und Forés (2010); Cohen und Levinthal (1990); Lane, Koka und Pathak (2006) Pawlowsky (1994); Todorova und Durisin (2007) Zahra und George (2002) Verwerten Neues Wissen aus dem aufgenommenen Wissen generieren und/oder assimiliertes Wissen in organisationale Routinen und Prozesse umsetzen (d. h. Transformation der Unternehmensstruktur und Prozessinnovationen) Camisón und Forés (2010); Cohen und Levinthal (1990); Lane, Koka und Pathak (2006) Pawlowsky (1994) Todorova und Durisin (2007); Zahra und George (2002) Resultate Höhere Wettbewerbsfähigkeit; Produkt- und Dienstleistungsinnovationen; Bessere Unternehmensleistung Camisón und Forés (2010); Cohen und Levinthal (1990); Zahra und George (2002) Die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit umfasst in Anlehnung an Cohen und Levinthal (1990), Lane et al. (2006) und Pawlowsky (1994) das Erkennen von unternehmensexternem Wissen und die Bewertung seiner Relevanz für das eigene Unternehmen. Die zweite Dimension wird als Aufnahme des externen Wissens in das Unternehmen verstanden, wobei in der Assimilation die Transformation des externen Wissens als auch die unternehmensinterne Diffusion inbegriffen sind. In dieser Phase erfolgt die Integration des externen Wissens, dessen Anpassung an das Unternehmen, die interne Weitergabe sowie die Kombination mit vorhandenem Wissen. Damit werden die Konzeptionen von Camisón und Forés (2010), Cohen und Levinthal (1990), Lane et al. (2006), Zahra und George (2002) mit den organisationalen Lernphasen nach Pawlowsky (1994, S. 305) verbunden und der unternehmensinterne Umgang mit dem neuen, externen Wissen fokussiert. Das Lernen durch Akkommodation findet Eingang in die dritte Dimension bezeichnet als Verwertung des externen Wissens, in der sowohl neues Wissen im Unternehmen generiert als auch assimiliertes Wissen in organisationale Routinen und Prozesse umgesetzt werden. Entsprechend den Arbeiten von Camisón und Forés (2010) und Zahra und George (2002) wird hier die Umsetzung des Wissens in innovative Produkte und Dienstleistungen ausgegrenzt, weil darin eher Ergebnisse der Absorptionsfähigkeit denn deren unmittelbare Bestimmungsstücken 58 2 Terminologische Grundlagen und Stand der Forschung gesehen werden. Damit lässt sich auch das Konzept der Absorptionsfähigkeit wieder besser schärfen, da das, was ursprünglich erklärt werden sollte, nämlich höhere Innovativität i.S. neuartiger Produkte und Dienstleistungen, wieder zum Explanandum wird. Den Gedankengängen von Camisón und Forés (2010) und Zahra und George (2002) folgend, werden Prozessinnovationen dagegen zur dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit gezählt, weil hier das neue Wissen in unternehmensinterne Routinen und Prozesse überführt wird und so auch die Erneuerung der Leistungserstellungsprozesse resultieren kann. Zusammengefasst wird Absorptionsfähigkeit in der vorliegenden Arbeit also verstanden als das (1) Erkennen (2) Aufnehmen und (3) Verwerten von unternehmensexternem Wissen, welches für das eigene Unternehmen von Bedeutung ist. Die beiden ersten Dimensionen werden dabei entsprechend der Konzeption von Zahra und George (2002) als potenzielle Absorptionsfähigkeit verstanden, die dritte Dimension als realisierte Absorptionsfähigkeit. Diese Fähigkeit wird auf der Ebene der Organisation als Aggregat individueller Handlungen und struktureller Rahmenbedingungen betrachtet30. Ausgehend davon, dass der Informationsbearbeitungsprozess einen gewichtigen Anteil an der Innovationsbereitschaft von Führungskräften bildet und dass dieser Prozess durch die Bereitstellung von Informationen und Wissen in der Organisation beeinflusst wird, liegt mit der Absorptionsfähigkeit ein Konzept vor, das diesen Einfluss erklären kann. Zudem erlaubt die Bezugnahme auf diese Fähigkeit den Bogenschlag zur Innovativität eines Unternehmens, weil sie die nutzenbringende Verknüpfung von unternehmensexternem mit internem Wissen beschreibt. Im nächsten Kapitel wird auf Basis der bisherigen Ausführungen abgeleitet, wie die organisationale Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften einwirken kann. Entsprechend der drei dargestellten Dimensionen wird die Wirkung differenziert und empirisch überprüfbare Hypothesen dazu abgeleitet. 30 Auf eine detaillierte Darstellung der Determinanten von Absorptionsfähigkeit, wie sie auch bei Cohen und Levinthal (1990) zu finden sind, wird an dieser Stelle verzichtet, da sie keinen Beitrag für die Beantwortung der Fragestellung der vorliegenden Arbeit liefern. Als weiterführende Literatur können dazu Lane et al., (2006) und Gerlach (2008) empfohlen werden. 3 Hypothesen und Wirkungsmodell 3 59 Hypothesen und Wirkungsmodell In diesem Kapitel wird konzeptionell erarbeitet, wie die Innovationsbereitschaft von Führungskräften durch die organisationale Absorptionsfähigkeit gefördert werden kann. Dazu wird im Unterkapitel 3.1 zunächst auf das Modell der Innovationsbereitschaft eingegangen und der Zusammenhang zwischen den beiden Bewertungsprozessen und dem daraus resultierenden wahrgenommenen Veränderungsbedarf sowie der Veränderbarkeit der Unternehmenssituation näher betrachtet. Darauf aufbauend werden im Unterkapitel 3.2 Hypothesen zur Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft abgeleitet und im Unterkapitel 3.3 in einem Wirkungsmodell zusammengefasst. 3.1. Innovationsbereitschaft als Prozess und Zustand Die Innovationsbereitschaft setzt sich, wie im Unterkapitel 2.3 ausgeführt, aus der Einschätzung eines Veränderungsbedarfes sowie der Wahrnehmung der Veränderbarkeit der Situation multiplikativ zusammen. In der ersten Bewertungsphase wird die zu bewältigende Situation und in der zweiten Bewertungsphase die subjektiven Möglichkeiten der Bewältigung betrachtet. Die Beurteilung des Veränderungsbedarfes erfolgt dabei über einen Vergleich der aktuellen Situation mit einem erwünschten Zustand (Gebert, 2002, S. 90 ff.), Armenakis et al. (1993, S. 685) sprachen in diesem Zusammenhang von einem wahrgenommenen Problemdruck, der u.a. durch die Wettbewerbssituation entsteht. Bleibt man auf dieser Betrachtungsebene des Wettbewerbs, so kann sich der wahrgenommene Problemdruck in der Beurteilung von Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenübersteht, niederschlagen, da diese Beurteilung das Ergebnis eines Soll-Ist-Vergleiches bezüglich der Unternehmenssituation darstellt. Zum Anderen äußert sich dieser Soll-Ist-Vergleich in der Bewertung interner Leistungserstellungsprozesse oder deren Ergebnissen. Besteht eine Diskrepanz zwischen dem aktuellen und dem angestrebten Zustand von Geschäftsprozessen oder deren Ergebnissen, resultiert eine subjektive Unzufriedenheit damit, die sich wiederum im wahrgenommenen Veränderungsbedarf manifestiert. Zusammengefasst sollte sich deshalb die erkannte Notwendigkeit von Veränderungen aus der Beurteilung von Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenübersteht sowie der Unzufriedenheit mit der internen Leistungserstellung, vorhersagen lassen. Hypothese 1.1 Die Wahrnehmung eines Veränderungsbedarfes lässt sich aus der Beurteilung der Relevanz von Herausforderungen für das Unternehmen durch die Führungskraft vorhersagen. Je mehr Herausforderungen die Führungskraft wahrnimmt, desto größer schätzt sie den Veränderungsbedarf ein. 60 3 Hypothesen und Wirkungsmodell Hypothese 1.2 Die Wahrnehmung eines Veränderungsbedarfes lässt sich aus der Beurteilung der internen Leistungserstellung durch die Führungskraft vorhersagen. Je höher die Unzufriedenheit der Führungskraft mit den internen Leistungserstellungsprozessen oder deren Ergebnissen ist, desto größer schätzt sie den Veränderungsbedarf ein. In der zweiten der Innovationsbereitschaft zugrundeliegenden Bewertungsphase wird die Veränderbarkeit der Situation evaluiert. Den positiven Ausgang dieser Evaluation bezeichnen Armenakis et al. (1993, S. 685) als das Vertrauen, die wahrgenommene Soll-IstDiskrepanz auflösen zu können. Dieses Vertrauen entsteht aus der Einschätzung, selbst über die notwendigen Mittel für die Veränderung zu verfügen oder diese Mittel von anderen beschaffen zu können (Gebert, 2002; Lazarus, 1966). Die Einschätzung der eigenen Mittel ist eng mit dem Konstrukt der Selbstwirksamkeitserwartung verbunden. Nach Bandura (1982) wird darunter die Annahme einer Person verstanden, aufgrund ihrer persönlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten eine erforderliche Handlung selbst erfolgreich ausführen zu können. Die zentrale Stellung dieses aufgabenbezogenen Selbstvertrauens für die Wahrnehmung von Veränderungsmöglichkeiten wurde von mehreren Autoren belegt (Armenakis et al., 1993, S. 685; Cunningham et al., 2002, S. 388; Desplaces, 2005, S. 27; Gebert, 2002 S. 90 ff.), weshalb davon ausgegangen wird, dass sie eine wesentliche Determinante der wahrgenommenen Veränderbarkeit ist. Hypothese 1.3 Die Wahrnehmung der Veränderbarkeit lässt sich aus der aufgabenbezogenen Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskraft vorhersagen. Je höher die aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskraft ist, desto größer ist die wahrgenommene Veränderbarkeit. Neben der positiven Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten spielt auch die Bewertung von Ressourcen außerhalb der eigenen Person eine wichtige Rolle für die Wahrnehmung von Veränderungsmöglichkeiten. So thematisierte Gebert (1987, 2002) bezogen auf die Innovationsbereitschaft von Mitarbeitern deren Suche nach Unterstützung bei Vorgesetzten sowie die Beschaffung von Mitteln über den Vorgesetzten als Determinanten der empfundenen Veränderbarkeit der Situation. Übertragen auf die Gruppe der Führungskräfte können neben der Verfügbarkeit von finanziellen oder technischen Mitteln auch die Kompetenzen und die Leistungsbereitschaft anderer Organisationsmitglieder zu einer Ressource für die anstehende Veränderung werden. Hierbei ist der Blick insbesondere auf die Mitarbeiter zu richten, auf deren Fähigkeiten und Fertigkeiten die Führungskraft für eine 3 Hypothesen und Wirkungsmodell 61 organisationale Neuerung zurückgreifen kann. So erleben Führungskräfte bspw. mangelnde Fähigkeiten der Mitarbeiter, eine Innovation voranzubringen, als eine Innovationsbarriere (Tourigny & Le, 2004). Wenn die Führungskraft die Prozessbeteiligten dagegen als hilfreich für die Problembewältigung wahrnimmt, werden sie zu Ressourcen für die Veränderung und wirken damit positiv auf die wahrgenommene Veränderbarkeit. Es wird daher erwartet, dass eine Führungskraft umso eher Möglichkeiten zu Neuerungen im Unternehmen sieht, je leistungsfähiger und leistungswilliger sie ihre Mitarbeiter beurteilt. Hypothese 1.4 Die Wahrnehmung der Veränderbarkeit lässt sich aus der Wahrnehmung des Engagements und der Leistung der Mitarbeiter vorhersagen. Je höher die Führungskraft das Engagement und die Leistung der Mitarbeiter beurteilt, desto größer ist die wahrgenommene Veränderbarkeit. Wie Eby et al. (2000) zeigten, spielen auch Merkmale der Organisation wie etwa die organisatorische Unterstützung sowie die Flexibilität von Strategien und Verfahren eine wichtige Rolle für die wahrgenommene Veränderbarkeit der Situation. Da Führungskräfte in der Regel derartige organisationale Bedingungen selbst verantworten (Stand der Forschung bspw. bei Elkins & Keller, 2003; Klein & Knight, 2005; Pattikawa et al., 2006), ist eine Übertragung dieser Einflussfaktoren auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften nicht ohne Weiteres möglich. Dalton und Gottlieb (2003) zeigten mit ihrer Untersuchung des Entstehungsprozesses individueller Veränderungsbereitschaft (vgl. Abschnitt 2.3.2), dass der Ausgang einer subjektiven Kosten-Nutzen-Abwägung über innovationsförderliche Handlungen mit entscheidet. Neben finanziellen Überlegungen können für Führungskräfte hier auch persönliche Konsequenzen der Neuerung relevant werden. In Anbetracht dessen, dass Neuerungen das Risiko des Scheiterns beinhalten, rückt die Fehler- und Lernkultur des Unternehmens als ein organisationaler Faktor in das Blickfeld. Zur Fehlerkultur zählt laut den Ergebnissen einer qualitativen Expertenbefragung von 408 Schlüsselpersonen in Innovationsprozessen von Kriegesmann, Kerka, & Kley (2006) ein nachsichtiger und fairer Umgang mit Fehlern, der allgemein als Fehlertoleranz im Unternehmen bezeichnet wird. Diese Toleranz wird häufig als wichtiger Bestandteil einer innovationsförderlichen Unternehmenskultur gesehen (z. B. Blessin, 2001, S. 16, Thom & Etienne, 2000, S. 273), bezogen auf die Führungsbeziehung rechneten Krause und Gebert (2004) die Fehlertoleranz von Vorgesetzten zur innovationsbezogenen Unterstützung, die diese ihren Mitarbeitern gewähren können, um dadurch die Innovationsbereitschaft von Mitarbeitern zu erhöhen. 62 3 Hypothesen und Wirkungsmodell Mit Blick auf die Führungskräfte eines Unternehmens kann daher ein fairer, toleranter Umgang mit Fehlern als organisatorische Unterstützung angesehen werden, die die subjektiven Kosten, welche mit einem Scheitern der Neuerung verbunden sind, für die Führungskraft geringer erscheinen lässt. Daher wird als dritte Determinante der Veränderbarkeit die Fehlertoleranz im Unternehmen als ein relevanter Kontextfaktor herausgegriffen. Hypothese 1.5 Die Wahrnehmung der Veränderbarkeit lässt sich aus dem Umgang mit Fehlern im Unternehmen vorhersagen. Je höher die Fehlertoleranz im Unternehmen ist, desto größer ist die wahrgenommene Veränderbarkeit. Die bisherigen Aussagen zu Determinanten der Innovationsbereitschaft und die dazu formulierten Hypothesen werden in der Abbildung 3-1 zusammengefasst. Dabei stellen der wahrgenommene Veränderungsbedarf und die wahrgenommene Veränderbarkeit der Situation jeweils die Ergebnisse von zwei getrennten Bewertungsprozessen dar (vgl. dazu auch das Modell der Innovationsbereitschaft in Abbildung 2-3 auf S. 36). Der erste dem Veränderungsbedarf zugrundeliegende Prozess („primary appraising“ im Sinne von Lazarus, 1966) kann mit den wahrgenommenen Herausforderungen für das Unternehmen sowie die Unzufriedenheit mit der internen Leistungserstellung abgebildet werden. Der zweite für die Wahrnehmung einer Veränderbarkeit ausschlaggebende Bewertungsprozess („secondary appraising“) zeigt sich in der Einschätzung der eigenen aufgabenbezogenen Wirksamkeit, in der Beurteilung der Leistungsfähigkeit und -willigkeit der Mitarbeiter sowie im Empfinden einer fehlertoleranten organisationalen Umgebung, welche die mit einem Scheitern verbundenen subjektiven Kosten verringern kann. Mit dieser Aufteilung in Bewertungsprozesse und Bewertungsergebnisse wird der Unterscheidung von Innovationsbereitschaft als Prozess und als Zustand, wie im Abschnitt 2.3.2 ausführlich dargestellt, Rechnung getragen. Damit wird ein Weg gezeigt, beide Aspekte getrennt voneinander empirisch zu untersuchen und die postulierten Verbindungen zu überprüfen. 3 Hypothesen und Wirkungsmodell 63 Erster Bewertungsprozess Herausforderungen für das Unternehmen Unzufriedenheit mit der internen Leistungserstellung Zweiter Bewertungsprozess Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskraft Engagement und Leistung der Mitarbeiter Wahrgenommener Wahrgenommene Veränderungsbedarf Veränderbarkeit x der Unternehmenssituation Fehlertoleranz im Unternehmen der Unternehmenssituation Innovationsbereitschaft Abbildung 3-1. Modell der allgemeinen Determinanten von Innovationsbereitschaft Wie dargestellt resultiert die Innovationsbereitschaft aus der multiplikativen Verknüpfung zweier subjektiver Bewertungsprozesse: im ersten Schritt wird der Veränderungsbedarf der Situation eingeschätzt, im zweiten Schritt die Veränderungsmöglichkeiten. Für die erste Bewertung ist die wahrgenommene Soll-Ist-Diskrepanz entscheidend, hier kann eine Beeinflussung also bei der Darstellung des Ist-Zustandes sowie bei der Kenntnis von alternativen Zuständen (Soll-Zustand) ansetzen. Im Zuge des zweiten Bewertungsprozesses werden die Ressourcen evaluiert, die für die notwendigen Änderungen zur Verfügung stehen. Dabei handelt es sich sowohl um die Ressourcen der eigenen Person, z. B. eigenes aufgabenbezogenes Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten zusammengefasst als Selbstwirksamkeitserwartung, als auch Ressourcen anderer Personen, über die verfügt werden kann sowie der organisationalen Unterstützung von Veränderungen in Form der Fehlerkultur des Unternehmens. An diesen Punkten setzen nun die drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit in unterschiedlicher Weise an, was im nächsten Unterkapitel im Detail erläutert wird. 3.2. Hypothesen zur Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften Die Innovationsbereitschaft von Führungskräften beruht nach Gebert (1987, 2002) auf individuellen Informationsverarbeitungsprozessen. Daher wird angenommen, dass sie durch die Auseinandersetzung mit unternehmensexternen Informationen und Wissen im Unternehmen beeinflusst wird. Durch das Wissen, welches die Organisationsmitglieder infolge 64 3 Hypothesen und Wirkungsmodell ihrer Tätigkeiten in das Unternehmen einfließen lassen, wird auch die Informationsverarbeitung der Führungskraft bezüglich notwendiger und möglicher intra-organisationaler Veränderungen und somit deren Innovationsbereitschaft beeinflusst. Von besonderer Relevanz im Innovationskontext ist dabei unternehmensexternes Wissen, das allerdings erst dann die Innovativität eines Unternehmens steigern kann, wenn es mit internem Wissen verbunden und in interne Routinen und Prozesse umgesetzt wird (Cohen & Levinthal, 1990; Zahra & George, 2002). Wie bereits ausgeführt beschreibt das Konzept der Absorptionsfähigkeit diesen Verwertungsprozess. Für die weiteren Analysen wird, wie im Abschnitt 2.4.2 aus den Arbeiten zur Absorptionsfähigkeit von Camisón und Forés (2010), Cohen und Levinthal (1990), Lane et al. (2006), Todorova und Durisin (2007) und Zahra und George (2002) sowie den Arbeiten zum organisationalen Lernen von Pawlowsky (1994, 1998) hergeleitet, von drei Dimensionen dieser Fähigkeit ausgegangen, welche lauten: (1) Erkennen von potenziell relevantem, unternehmensexternem Wissen (Identifikation, Akquisition) (2) Aufnehmen des externen Wissens (Assimilation, Transformation, Diffusion) (3) Verwerten des neuen Wissens (Generierung neuen Wissens und/oder Umsetzung des externen Wissens in organisationale Routinen und Prozesse) Diese Dimensionen werden als drei unterschiedliche Phasen der Absorptionsfähigkeit verstanden, die zwar weitgehend autonom ablaufen, für die Realisierung nachhaltiger Wettbewerbsvorteile allerdings als Sequenz aufeinander folgen müssen. Wenn nachfolgend die Wirkung dieser drei Dimensionen auf die Innovationsbereitschaft untersucht wird, muss zwischen einer organisationalen und einer individuellen Betrachtungsebene unterschieden werden. So kann zwar davon gesprochen werden, dass das Unternehmen externes Wissen erkennt und aufnimmt, notwendig sind hierfür allerdings u. a. die Handlungen der Organisationsmitglieder. Damit trägt auch die fokussierte Führungskraft durch ihre Handlungen zur Ausgestaltung der einzelnen Phasen bei, indem sie zum Einen selbst Wissen identifiziert, in das Unternehmen einbringt und wertsteigernd umsetzt und zum Anderen indem sie den Rahmen dafür schafft, dass andere Organisationsmitglieder sich an diesen Prozessen beteiligen. In aggregierter Form resultiert aus diesem Zusammenspiel aller Handlungen und Strukturen die organisationale Absorptionsfähigkeit. Darauf wird bei der Ableitung der Hypothesen wo nötig näher eingegangen. 3 Hypothesen und Wirkungsmodell 3.2.1. 65 Wirkung der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit Die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit, bezeichnet als Erkennen von relevantem, unternehmensexternem Wissen, fußt zunächst auf dem Vorwissen der Organisationsmitglieder, das Anschlussstellen für Wissen in der Unternehmensumwelt schafft. Dabei handelt es sich nicht nur um technisches Wissen, sondern auch um ein Bewusstsein dafür, wo komplementäre Kompetenzen oder Personen mit bestimmten Fähigkeiten und Fertigkeiten sich innerhalb und außerhalb der Organisation befinden (Cohen & Levinthal, 1990, S. 133). Bezogen auf Prozessinnovationen umfasst das relevante Vorwissen vor allem Kenntnisse zur unternehmensspezifischen Leistungserstellung sowie auch Kenntnisse zur Organisation des eigenen Unternehmens. Je umfangreicher und vielfältiger dieses Vorwissen ist, umso besser kann relevantes externes Wissen erkannt und verwertet werden (vgl. Cohen & Levinthal, 1990, S. 131; Clapper, 2007; Van Kesteren, Rijpkema, Ruiter & Fernandez, 2010). Insbesondere im Kontext von Innovationen schafft die Vielfalt des vorhandenen Wissens eine robuste Basis für neue Informationen und ermöglicht zugleich neue Assoziationen (Cohen & Levinthal, 1990, S. 131). Ausgehend vom Vorwissen wird in der ersten Phase der Absorptionsfähigkeit neues Wissen in der Unternehmensumwelt aufgedeckt und seine Relevanz für das eigene Unternehmen geprüft. Zu diesem relevanten, externen Wissen zählen beispielweise auch Managementtechniken, Personalstrategien, organisationale Strukturen, Produktionswissen, Kenntnisse zu Marketing oder neuen Märkten (Camisón & Forés, 2010, S. 713). Auf der Basis des Vorwissens kann dieses Wissen verstanden und hinsichtlich seiner Nützlichkeit für die eigene Organisation bewertet werden. Die Handlungen von Führungskräften und Mitarbeitern in dieser Phase zielen dabei auf Kontakte zur Unternehmensumwelt ab, die beispielsweise aus der Einbindung in externe Netzwerke oder der Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen resultieren (Damanpour, 1991, S. 589 f.). Die individuellen Effekte der Teilnahme an solchen unternehmensexternen Veranstaltungen, die vorrangig dem Wissensaustausch und der Lösung von Problemen dienen, analysierten Vance, Boje, Mendenhall und Kropp (1991) in einer Studie mit MarketingArbeitsgruppen. Aus ihren Beobachtungen, Telefoninterviews sowie Analysen von Audiomitschnitten der Arbeitstreffen kristallisierten sie drei Kernbereiche heraus, in denen sich die individuelle Beschäftigung mit externem Wissen niederschlug. Zunächst änderte sich für die betreffende Person der Zugang zu Informationen, indem sie neues Wissen sowie neue Kenntnisse über Informationsquellen erwarb, Entdeckungen und neue Erkenntnisse durch die Treffen gefördert wurden und ein Netzwerk mit anderen Wissensträgern entstand. Der zweite Bereich umfasste Konsequenzen für die intellektuelle Leistungsfähigkeit, d.h. die Aufnahme und Verarbeitung von neuen Informationen, wodurch Lernen, Problemlösen und Entscheidungsverhalten beeinflusst wurden. Zu dieser Kategorie gehörten Vance et al. (1991) zufolge eine erweiterte individuelle Wissensbasis, neue kognitive Fertigkeiten z. B. zur Analyse 66 3 Hypothesen und Wirkungsmodell und Verwertung von Informationen sowie die Klärung von Begriffen und damit eine Erweiterung des eigenen Vokabulars. Als drittes führte die Auseinandersetzung mit externem Wissen zu einer veränderten Beurteilung der eigenen Person hinsichtlich eigener Kompetenzen, Wissensdefiziten und der Angemessenheit eigener Ideen. Damit zeigte sich, dass ein unternehmensexterner Wissensaustausch verschiedene Aspekte des Lernens und der Leistung von Individuen betrifft, die sich zusammenfassen lassen als: (1) Erweiterung des individuellen Zugangs zu Informationen (2) Verbesserung der individuellen intellektuellen Leistungsfähigkeit und (3) Neubewertung der eigenen Kompetenzen und Wissensbasis. Dass solche Veränderungen im Umfang und in der Strukturierung des eigenen Wissens längerfristig zu besseren Leistungen führen, lässt sich auch aus den Befunden der Expertiseforschung31 ableiten. So bildet Wissen einen zentralen Bestandteil von Expertise (Sonnentag & Schmidt-Brasse, 1998) und führt bspw. dazu, dass Experten aufgrund ihrer veränderten Wissensstruktur im Vergleich zu Novizen bessere diagnostische Entscheidungen treffen (Schmidt & Boshuizen, 1993), weil sie u.a. effektiver beim logischen Schließen vorgehen (Van Wiel, Boshuizen & Schmidt, 2000). Wie Herbig und Glöckner (2009, S. 15) herausarbeiteten, liegt ein Grund für diese Leistungsunterschiede in der Art der mentalen Repräsentation. Demnach enthält das kognitive Netzwerk von Experten mehr Stichworte („cues“) und mehr, voneinander abhängige Verbindungen zwischen diesen Stichworten als das kognitive Netzwerk von Novizen. Daher finden Experten schneller bessere und differenziertere Lösungen bei Entscheidungsproblemen. Aufgrund dieser Besonderheiten zeigt sich die Überlegenheit von Experten in verschiedenen kognitiven Funktionen wie dem Problemlösen, schlussfolgernden Denken, im Lernen und in der Gedächtnisleistung (Chi, 2006). Deshalb wird auch in dieser Arbeit davon ausgegangen, dass ein Zuwachs an Wissen und die Veränderung der kognitiven Strukturen zu Leistungsverbesserungen bei Individuen führt. In Verbindung mit den von Vance et al. (1991) gefundenen Effekten der Auseinandersetzung mit externem Wissen sollen nachfolgend die Konsequenzen der Absorptionsfähigkeit von und in Unternehmen auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften näher analysiert werden. 31 Die Expertiseforschung beschäftigt sich mit Individuen, die auf einem speziellen Gebiet exzellente Leistungen erbringen, welche über einen längeren Zeitraum stabil sind sowie eindeutig durch die Person und nicht durch zufällige Umweltbedingungen hervorgebracht werden (vgl. z. B. Sonnentag & SchmidtBrasse, 1998, S. 450). Der relative Forschungsansatz unterscheidet dabei zwischen Experten, Novizen und Laien, wobei Novizen als Anfänger auf einem Gebiet gelten, die durch entsprechende Schulung das Leistungsniveau der Experten erreichen können (vgl. Chi, 2006). Zentral für die Erklärung der Leistungsunterschiede sind dabei das Ausmaß an Wissen in einer bestimmten Domäne sowie dessen Strukturierung. 3 Hypothesen und Wirkungsmodell 67 In der ersten Phase der Absorptionsfähigkeit nehmen Organisationsmitglieder externes, relevantes Wissen wahr, ohne dass sie dieses bereits explizit im Unternehmen verteilen oder wertschöpfend einsetzen (vgl. Abschnitt 2.4.2 zum Konzept der Absorptionsfähigkeit). Um die Wirkung dieser Phase zu untersuchen, kann zwischen dem Entdecken externen Wissens durch die Führungskraft selbst und dem Entdecken durch andere Organisationsmitglieder wie bspw. gleichgestellte Führungskräfte oder unterstellte Mitarbeiter unterschieden werden. Fokussiert man zunächst die Führungskraft, so bedeutet die erste Phase der Absorptionsfähigkeit für diese Person, dass sie neues Wissen außerhalb des eigenen Unternehmens entdeckt. Dabei kann es sich z. B. um neue Technologien oder neue Organisationsformen handeln, die in anderen Unternehmen etwa zu besseren Ergebnissen der Leistungserstellung in Form höherer Qualität, kürzerer Durchlaufzeiten oder Kosteneinsparungen führen. Durch einen Vergleich mit dem eigenen Unternehmen attestiert die Führungskraft diesem neuen Wissen eine Relevanz für ihr Unternehmen. Damit verändert sich ihre Vorstellung vom Idealzustand der Leistungserstellung ihrer eigenen Organisation, d. h. im Sinne von Gebert (1987, 2002) die subjektive Konzeption des Soll-Zustandes. Durch den Kontakt mit externem Wissen erhöht sich das Anspruchsniveau der Führungskraft und ihre Vorstellungen von einer optimalen Prozessgestaltung und entsprechenden Ergebnissen im eigenen Unternehmen differenziert sich (vgl. auch Cohen & Levinthal, 1990, S. 137 und Gebert, 2002, S. 89). Weil das extern identifizierte Wissen als neu und relevant klassifiziert wird, besteht eine Differenz zwischen der Konzeption des Soll-Zustandes und dem aktuellen Zustand und Ergebnissen der internen Leistungserstellung (dem Ist-Zustand im Sinne von Gebert, 1987, 2002). Somit führt der Kontakt zu neuem, unternehmensexternem Wissen, welches für das eigene Unternehmen bedeutsam ist, zur Steigerung des subjektiven Problemdrucks. Daher wird eine Führungskraft die Notwendigkeit für eine Veränderung der internen Prozesse, Verfahren oder Strukturen umso höher einschätzen, je mehr sie neues, relevantes Wissen außerhalb ihres Unternehmens identifiziert. Neben der betrachteten Führungskraft kommen auch andere Organisationsmitglieder in Kontakt mit unternehmensexternem Wissen (vgl. z. B. Cohen & Levinthal, 1990 S. 132) und entdecken auf diese Weise alternative Gestaltungsoptionen und neue Lösungsmöglichkeiten für Problemstellungen des eigenen Unternehmens. Wie beschrieben können damit auch andere Führungskräfte oder Mitarbeiter des Unternehmens einen Veränderungsbedarf erkennen, indem sich ihre Bewertung des Soll- und Ist-Zustandes der Prozesse und Strukturen im eigenen Unternehmen verändert. Gegenüber der fokussierten Führungskraft werden sie die Situation im Unternehmen vor dem Hintergrund neuer externer Konzepte anders beschreiben und somit den Ist-Zustand anders darstellen (vgl. Chi, 2006; Vance et al., 1991). Daher können andere Organisationsmitglieder den „Leidensdruck“ der 68 3 Hypothesen und Wirkungsmodell betrachteten Führungskraft erhöhen, indem sie neues, externes Wissen erkennen und dessen Relevanz für das eigene Unternehmen wahrnehmen. Fasst man nun sowohl das Erkennen externen, relevanten Wissens durch die Führungskraft als auch das Erkennen solchen Wissens durch andere Organisationsmitglieder zusammen, resultiert daraus über verschiedene Kanäle sowohl eine veränderte Wahrnehmung des Ist-Zustandes der internen Leistungserstellung durch die Führungskraft als auch eine veränderte Vorstellung vom Soll-Zustand unternehmensinterner Prozesse, Strukturen und Ergebnisse. Dabei ist zu erwarten, dass sich durch neues Wissen die Diskrepanz zwischen beiden Zuständen erhöht und damit ein höherer Veränderungsbedarf durch die Führungskraft wahrgenommen wird, je mehr Kontakte zu Wissensquellen in der Unternehmensumwelt bestehen. Hypothese 2.1 Die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit (Erkennen von relevantem, unternehmensexternem Wissen) hat einen positiven Einfluss auf die Beurteilung des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes der unternehmensinternen Situation. Je stärker die erste Dimension ausgeprägt ist, umso höher ist der wahrgenommene Veränderungsbedarf. Die erste Phase der Absorptionsfähigkeit umfasst nur das Identifizieren neuen, unternehmensexternen Wissens und die Beurteilung seiner Relevanz für das eigene Unternehmen. Entsprechend den Ergebnissen von Chi (2006), Schmidt und Boshuizen (1993) und Vance et al. (1991) ist davon auszugehen, dass mit der Zunahme von Wissen die individuelle Leistungsfähigkeit gesteigert wird, wodurch die Beurteilung der Veränderbarkeit der Situation tangiert wird. Allerdings wird erst in der zweiten Phase der Absorptionsfähigkeit das externe Wissen durch Führungskräfte und Mitarbeiter tiefer verarbeitet, in das Unternehmen aufgenommen, angepasst und verteilt. Daher wird auch die Verbesserung der individuellen intellektuellen Leistungsfähigkeit als eine Konsequenz der Auseinandersetzung mit externem Wissen zur zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit gerechnet. Somit führt das Erkennen von externem, relevantem Wissen allein noch nicht dazu, dass dieses Wissen und die resultierende Leistungssteigerung von Organisationsmitgliedern als eine Ressource für notwendige Veränderungen im Unternehmen (vgl. Gebert, 2002) wahrgenommen werden kann. Weiterhin spielt die erfolgreiche Umsetzung von neuem Wissen im Unternehmen eine entscheidende Rolle dafür, wie leistungsfähig und -willig eine Führungskraft die Mitarbeiter des Unternehmens beurteilt und wie sie ihre eigene Kompetenz und damit Selbstwirksamkeit beurteilt (vgl. dazu die Ausführungen im Unterkapitel 3.1). 3 Hypothesen und Wirkungsmodell 69 Aus diesen Überlegungen wird deutlich, dass das Erkennen und Bewerten externen Wissens zwar von der Führungskraft wahrgenommene Veränderbarkeit positiv beeinflussen kann, allerdings nur, wenn die nachfolgenden Phasen zwei und drei der Absorptionsfähigkeit ebenfalls hohe Ausprägungen aufweisen. Hypothese 2.2 Wenn die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit (Aufnehmen von relevantem, unternehmensexternem Wissen) - sowie die dritte Dimension (Verwerten des neuen Wissens) eine hohe Ausprägung haben, dann führt auch eine hohe Ausprägung der ersten Dimension (Erkennen von relevantem, unternehmensexternem Wissen) zu einer höheren wahrgenommenen Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation. 3.2.2. Wirkung der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit In der zweiten Phase der Absorptionsfähigkeit wird das externe relevante Wissen in das Unternehmen aufgenommen. Dabei wird es angepasst und unternehmensintern verteilt, womit es Führungskräften und anderen Mitarbeitern zur Verfügung steht. Die dabei stattfindende Kombination des neuen, externen Wissens mit unternehmensintern vorhandenem Wissen bezeichnen Lane et al. (2006, S. 858) als transformatives Lernen, das auf die Veränderung des „kollektiven Schemas“ der verschiedenen Organisationseinheiten abzielt. Um dies zu erreichen, wird das neu erworbene Wissen sowohl auf individueller als auch auf organisationaler Ebene analysiert, verarbeitet, interpretiert, internalisiert und klassifiziert (Camisón & Forés, 2010, S. 709). Hierfür spielen Verfahren und Methoden des unternehmensinternen Wissensmanagements eine wichtige Rolle (ebd.). Notwendig für die Assimilation ist dabei auch eine Überlappung der Wissensbereiche von Organisationsmitgliedern, um die Kommunikation und die Weitergabe von Wissen zu ermöglichen (Cohen & Levinthal, 1990, S. 133). Im Kontext des organisationalen Lernens beschrieb auch Pawlowsky (1994) die Notwendigkeit der Diversität von unternehmensinternen Wissensbeständen, um die Modifikation und Integration von neuem Wissen zu gewährleisten. Während in der ersten Phase der Absorptionsfähigkeit also eine hohe Anschlussfähigkeit an das externe Wissen erforderlich ist, steht in der zweiten Phase somit die Anschlussfähigkeit innerhalb des Unternehmens im Zentrum. Diese Problematik ist ein Grund für die Differenz zwischen potenzieller und realisierter Absorptionsfähigkeit, d. h. dem Unterschied zwischen dem Ausmaß des wahrgenommenen und des tatsächlich im Unternehmen umgesetzten externen Wissens. Wie Zahra und George (2002, S. 191) bereits ausführten, erhöht das erkannte und aufgenommene externe Wissen nur dann die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens, wenn es an die internen Strukturen angepasst und wertsteigernd umgesetzt 70 3 Hypothesen und Wirkungsmodell wird. Diese Unterscheidung spielt auch für die Beeinflussung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften eine Rolle. Da im Zuge dieser zweiten Phase der Absorptionsfähigkeit das relevante, externe Wissen verarbeitet, im Unternehmen verteilt und integriert wird, steht den Führungskräften mehr als nur ihr individuell entdecktes Wissen zur Verfügung. Zunächst kann davon die Vorstellung vom Soll-Zustand der internen Leistungserstellung beeinflusst werden, indem alternative Konzepte bekannt oder neue Herausforderungen für das Unternehmen wahrgenommen werden (Armenakis et al., 1993, S. 685). Das Erkennen von Chancen in einem technologischen Umfeld erhöht bspw. das Anspruchsniveau der Entscheidungsträger bezüglich technischer Innovationen und wirkt damit auf die Formulierung von organisationalen Zielen ein (Cohen & Levinthal, 1990). Auch Gebert (2002, S. 89) postulierte eine Steigerung des Anspruchsniveaus durch die Suche nach Alternativen. Krause (2004, S. 282) bestätigte diese Annahmen empirisch und zeigte, dass das verfügbare Expertenwissen sowie relevante Informationen hochsignifikant positiv mit dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf korrelierten. Setzt sich eine Führungskraft mit neuem Wissen auseinander, verändert das auch ihre Beurteilung der Ist-Situation der Leistungserstellung (Vance et al., 1991) und damit auch die wahrgenommene Diskrepanz zwischen Soll- und Ist-Zustand (vgl. auch die Ausführungen zur Hypothese 2.1). Aufgrund dieser Befunde wird ein positiver Einfluss der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit auf die Wahrnehmung des Veränderungsbedarfes erwartet. Hypothese 2.3 Die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit (Aufnehmen von relevantem, unternehmensexternem Wissen) hat einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung des Veränderungsbedarfes der unternehmensinternen Situation. Je stärker die zweite Dimension ausgeprägt ist, umso höher ist der wahrgenommene Veränderungsbedarf. Weiterhin sind von neu aufgenommenem Wissen die Ressourcen für eine mögliche Veränderung betroffen. Indem die Führungskraft mit externem Wissen in Kontakt kommt, erweitert sie zunächst ihre individuelle Wissensbasis32. Die Auseinandersetzung mit externem Wissen führt bei der jeweiligen Person zur Veränderung ihrer kognitiven Struktur und damit zum Lernen, wodurch sich ihre Leistungsfähigkeit und Verhalten ändern (z. B. Chi, 2006, Piaget, 1991; Sonnentag & Schmidt-Brasse, 1998; Reio, JR. & Callahan, 2004; Vance et al., 1991). Bei der betrachteten Führungskraft kann sich diese erhöhte Leistungsfähigkeit auch in einem größeren Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten niederschlagen, wodurch ihre 32 Ein Prozess, der im Kontext der Absorptionsfähigkeit so nicht ausgeführt wird, aber vor dem Hintergrund organisationalen Lernens als elementar erscheint, weil jedes organisationale Lernen zunächst ein individuelles Lernen voraussetzt (z. B. Gopalakrishnan, Bierly & Kessler, 1999). 3 Hypothesen und Wirkungsmodell 71 Selbstwirksamkeitserwartung und damit die wahrgenommene Veränderbarkeit der Situation positiv beeinflusst werden. In diese Richtung interpretierte auch Krause (2004, S. 282 f.) ihre Befunde zum Zusammenhang von verfügbaren Expertenwissen und der positiven Bewertung der Veränderbarkeit der Situation. In ihrer Studie mit Verantwortungsträgern für Prozessinnovationen zeigte sie, dass der Einsatz von Expertenwissen und Informationen hochsignifikant positiv mit der wahrgenommenen Veränderbarkeit der Situation korrelierte und erklärten diesen Effekt anhand der Selbstwirksamkeitserwartung, die durch die zu Verfügung stehenden Informationen erhöht wurde. Zudem lässt sich der positive Einfluss des verfügbaren, neuen Wissens auf die Veränderbarkeit auch aus der wahrgenommenen Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter ableiten. Wie bereits erläutert, stellt diese Leistungsfähigkeit eine Ressource für die Bewältigung der geplanten Veränderung dar und ist damit förderlich für die Einschätzung der Veränderbarkeit. Durch die Aufnahme externen Wissens werden sowohl die intellektuellen Fähigkeiten der Mitarbeiter verbessert als auch ihre Zugänge zu Informationsquellen (Vance et al., 1991). Reio, JR. und Callahan (2004) belegten anhand einer Pfadanalyse, dass die Neugier sowohl als aktueller Zustand wie auch als überdauernde Persönlichkeitseigenschaft33 einer Person sowie ihre Lerntätigkeit sich positiv auf die Arbeitsleistung auswirken. Wenn sich Mitglieder einer Organisation mit relevantem, externem Wissen auseinandersetzen und daraus lernen, verbessert sich ihre Arbeitsleistung, wodurch sie von der Führungskraft als veränderungsunterstützende Ressource wahrgenommen werden kann. In die gleiche Richtung zeigen die Ergebnisse von Rich, Lepine und Crawford (2010, S. 627) zur Wirkung des Arbeitsengagements von Mitarbeitern auf verschiedene Leistungsaspekte. Das Engagement, nach Kahn (1990) verstanden als das Einbringen eines Mitarbeiters mit seiner physischen, kognitiven und emotionalen Energie in seine Arbeitsrolle, wirkte dabei sowohl auf die aufgabenbezogene, d. h. die zu erwartende Leistung, als auch auf die darüber hinausgehende, vertraglich nicht geregelte Leistung34. Nimmt eine Führungskraft das Engagement und die Leistung von Mitarbeitern als Ressource wahr, erhöht sich ihre Wahrnehmung der Veränderbarkeit der Situation abhängig davon, wie viel relevantes, externes Wissen im Unternehmen aufgenommen und verteilt wird. 33 Als Ergebnis der State-Trait-Debatte unterscheidet die differentielle Psychologie zwischen stabilen, situationsüberdauernden Persönlichkeitseigenschaften („traits“) und aktuellen, situationsabhängigen Zuständen einer Person („states“) (vgl. z. B. Asendorpf, 2007). 34 Über die arbeitsvertragliche Leistung hinausgehendes Verhalten von Organisationsmitgliedern wird als organizational citizenship behavior bezeichnet und geht auf die Arbeiten von Bateman und Organ (1983) zurück. Darunter fallen Verhaltensweisen, die nicht über das Belohnungssystem der Organisation gefördert werden, z. B. gegenseitige Hilfe ohne Erwartung einer Gegenleistung. 72 3 Hypothesen und Wirkungsmodell Zusammenfassend wird damit erwartet, dass die Assimilation externen, relevanten Wissens sowohl die Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskraft als auch ihre Beurteilung der Mitarbeiter als Ressource positiv beeinflusst und deshalb die Veränderbarkeit der Situation größer eingeschätzt wird. Hypothese 2.4 Die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit (Aufnehmen von relevantem, unternehmensexternem Wissen) - hat einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung der Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation. Je stärker die zweite Dimension ausgeprägt ist, umso höher wird die Veränderbarkeit der Situation bewertet. In der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit ist explizit die Weitergabe des neuen Wissens an Führungskräfte enthalten, wodurch sich deren Wissenszugänge wie auch intellektuellen Fähigkeiten verbessern (Chi, 2006; Vance et al., 1991). Im Vergleich zur ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit wird eine größere Wirkung der zweiten Dimension auf die Wahrnehmung des Veränderungsbedarfes sowie die Wahrnehmung der Veränderbarkeit erwartet, da aufgrund der erfolgten Wissensweitergabe nicht nur das individuelle Wahrnehmen und Bewerten externen Wissens durch die Führungskraft selbst wirksam wird, sondern der Führungskraft auch Wissen zur Verfügung steht, das Organisationsmitglieder identifiziert, verarbeitet und verteilt haben. Hypothese 2.5 Die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit (Aufnehmen von relevantem, unternehmensexternem Wissen) beeinflusst die Wahrnehmung des Veränderungsbedarfes der unternehmensinternen Situation stärker als die erste Dimension (Erkennen von relevantem, unternehmensexternem Wissen). Hypothese 2.6 Die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit (Aufnehmen von relevantem, unternehmensexternem Wissen) beeinflusst die Wahrnehmung der Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation stärker als die erste Dimension (Erkennen von relevantem, unternehmensexternem Wissen). andere 3 Hypothesen und Wirkungsmodell 3.2.3. 73 Wirkung der dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit Mit der dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit wird durch die Auseinandersetzung mit externem, relevantem Wissen im Unternehmen neues Wissen generiert. Dabei kann sowohl das externe als auch das neu geschaffene Wissen in unternehmensinterne Routinen und Prozesse umgesetzt werden und dadurch wertsteigernd für die Organisation wirken. Per Definition der Absorptionsfähigkeit wird hier von einer erfolgreichen Veränderung interner Strukturen und Prozesse ausgegangen (vgl. dazu Abschnitt 2.4.2), wodurch die Differenz zwischen dem angestrebten Soll-Zustand und dem tatsächlichen Ist-Zustand der internen Leistungserstellung eher gering ausfallen sollte, wenn bspw. die Zahl der Prozessinnovationen im Unternehmen sehr hoch ist. Entsprechend sollte die erfolgte Umsetzung neuen Wissens in interne Prozesse und Routinen erneute organisationale Veränderungen weniger notwendig erscheinen lassen und daher der wahrgenommene Veränderungsbedarf geringer ausfallen. Hypothese 2.7. Die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit (Verwerten des neuen Wissens) hat einen negativen Einfluss auf die Wahrnehmung des Veränderungsbedarfes der unternehmensinternen Situation. Je stärker die dritte Dimension ausgeprägt ist, umso geringer ist der wahrgenommene Veränderungsbedarf. Wurde erfolgreich neues Wissen im Unternehmen umgesetzt, beeinflusst das auch die Wahrnehmung der Veränderbarkeit der Situation. Diese Wirkung gründet sich zunächst auf einer höheren Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskräfte, die aus erfolgreichen Veränderungen im Unternehmen resultiert. Nach Bandura (1982) bildet die eigene Handlungsausführung die wichtigste Informationsquelle, um die individuellen Fähigkeiten zu bewerten und daraus Erwartungen über die eigenen Wirksamkeit in ähnlichen Situationen ableiten zu können. Deshalb wird sich eine Führungskraft mit positiven Erfahrungen bei bisherigen organisationalen Veränderungen kompetenter fühlen, eine weitere organisationale Veränderung zu bewältigen. Indem ihre Selbstwirksamkeitserwartung steigt, schätzt sie ihre eigenen Ressourcen für einen notwendigen Wandel höher ein (Gebert, 2002). Weiterhin können Organisationsmitglieder, die in der Vergangenheit interne Veränderungen bereits unterstützt haben, als Ressource für neue Veränderungen wahrgenommen werden35. Ihr Verhalten kann das Vertrauen der Führungskraft in die personale und organisationale 35 Zum Verständnis von Ressourcen vgl. die Ausführungen in Abschnitt 2.3.1 zum Modell der Innovationsbereitschaft von Gebert (1987, 2002), das auf das transaktionale Stressbewältigungsmodel von Lazarus (1966, 1999) und Lazarus & Folkman (1984) aufbaut. 74 3 Hypothesen und Wirkungsmodell Unterstützung von organisationalen Veränderungen fördern und damit die Einschätzung der Veränderbarkeit positiv beeinflussen (Eby et al., 2000). Darüber hinaus ändert sich durch eine Lenkung der Aufmerksamkeit auf positive Aspekte der Situation wie etwa bisherige Erfolge oder Stärken die Einstellung der Führungskraft gegenüber der betreffenden Situation (Fischer, Frey & Greitemeyer, 2004). Handelt es sich bei diesem Objekt um eine organisationale Veränderung, wird durch die Aufmerksamkeitsfokussierung das Vertrauen in die Fähigkeiten des Unternehmens gestärkt, die Veränderung erfolgreich bewältigen zu können (Frey, Greitemeyer & Traut-Mattausch, 2008). Konzentriert sich eine Führungskraft also auf die bislang erfolgte Umsetzung von neuem Wissen in unternehmensinterne Prozesse und bewertet diese positiv, dann schätzt sie auch die aktuelle Situation als veränderbarer ein. Hypothese 2.8 Die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit (Verwerten des neuen Wissens) hat einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung der Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation. Je stärker die dritte Dimension ausgeprägt ist, umso höher wird die Veränderbarkeit bewertet. 3 Hypothesen und Wirkungsmodell 3.3. 75 Zusammenfassung des Wirkungsmodells Fasst man die Wirkung der einzelnen Dimensionen der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften zusammen, ergibt sich das in Abbildung 3-2 dargestellte Bild. Absorptionsfähigkeit Erste Dimension: Erkennen von relevantem, unternehmensexternem Wissen Zweite Dimension: Aufnehmen von relevantem, unternehmensexternem Wissen Erster Bewertungsprozess Herausforderungen für das Unternehmen Unzufriedenheit mit der internen Leistungserstellung Zweiter Bewertungsprozess Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskraft Wahrgenommener Veränderungsbedarf Dritte Dimension: Verwerten des neuen Wissens Engagement und Leistung der Mitarbeiter Fehlertoleranz im Unternehmen Wahrgenommene Veränderbarkeit x der Unternehmenssituation der Unternehmenssituation Innovationsbereitschaft Abbildung 3-2. Wirkungsmodell zum Einfluss Innovationsbereitschaft von Führungskräften der Absorptionsfähigkeit auf die Ausschlaggebend für die Wahrnehmung eines Veränderungsbedarfes ist zunächst das Erkennen von neuem, unternehmensexternem Wissen, das für das eigene Unternehmen Relevanz besitzt (erste Dimension der Absorptionsfähigkeit). Je mehr solches Wissen durch Organisationsmitglieder identifiziert wird, desto größer wird der wahrgenommene Veränderungsbedarf, weil die durch die Führungskraft empfundene Differenz zwischen dem idealen Soll-Zustand der internen Leistungserstellung und dem tatsächlichen Ist-Zustand größer wird. Durch die Kenntnis von alternativen Gestaltungsoptionen oder Leistungsergebnissen anderer Unternehmen erhöht sich daher die Unzufriedenheit als Indikator des ersten Bewertungsprozesses der Innovationsbereitschaft. 76 3 Hypothesen und Wirkungsmodell Gleichzeitig schlägt sich die empfundene Diskrepanz in der Wahrnehmung von Herausforderungen nieder, denen das eigene Unternehmen gegenübersteht. Der registrierte Problemdruck wird durch die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit ebenfalls erhöht, da in dieser Phase das externe, neue Wissen im Unternehmen aufgenommen und verteilt wird. Damit stehen der Führungskraft nicht nur das von ihr selbst identifizierte Wissen zur Verfügung, sondern auch die Erkenntnisse anderer Organisationsmitglieder. Findet dieses Wissen in der dritten Phase der Absorptionsfähigkeit Eingang in veränderte Prozesse oder Strukturen des Unternehmens, verringert sich der wahrgenommene Problemdruck wieder, weshalb die Verwertung des neuen Wissens zu einer Reduktion des Veränderungsbedarfes führt. Für die Beurteilung der Veränderbarkeit der Unternehmenssituation werden im zweiten Bewertungsprozess die verfügbaren Ressourcen bewertet. Relevant sind hier zunächst die individuelle Leistungsfähigkeit der Führungskraft und deren daraus resultierende Selbstwirksamkeitserwartung. Wie die Ergebnisse der Expertiseforschung sowie die Studie von Vance et al. (1991) zeigten, vergrößert sich die individuelle Wissensbasis durch die Auseinandersetzung mit externem Wissen, wodurch auch die individuelle intellektuelle Leistungsfähigkeit gesteigert wird. Damit kommt der Aufnahme von neuem, externem Wissen ein besonderer Stellenwert für die Kompetenzen der Führungskraft und deren subjektiver Bewertung derselben zu. Wird in dieser zweiten Phase der Absorptionsfähigkeit durch die Führungskraft selbst Wissen in das Unternehmen gebracht oder kann sie auf das Wissen anderer Organisationsmitglieder zurückgreifen, wird sie die Veränderbarkeit der Situation basierend auf ihren eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten höher beurteilen. Zusätzlich wird sie die Leistungsfähigkeit anderer Organisationsmitglieder durch deren Aufnahme, Anpassung und Verteilung neuen, externen Wissens höher einstufen, wovon die Beurteilung der Mitarbeiter des Unternehmens als Ressource für organisationale Veränderungen positiv bewertet wird. Das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit sowie in die Fähigkeiten und Bereitschaft anderer Organisationsmitglieder wird durch die dritte Phase der Absorptionsfähigkeit ebenso positiv beeinflusst. Je mehr neues Wissen wertschöpfend im Unternehmen umgesetzt wird, desto optimistischer ist die Einschätzung der Möglichkeiten organisationaler Veränderungen. Somit sind insbesondere die zweite und die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit bedeutsam für die Wahrnehmung der Veränderbarkeit. Die Wirkung der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit hängt davon ab, ob das identifizierte neue Wissen tatsächlich im Unternehmen zur Verfügung steht, weil es von der Führungskraft individuell und auf organisationaler Ebene auch von anderen Organisationsmitgliedern verarbeitet und verteilt wird. Zudem ist die erfolgreiche Umsetzung des neuen Wissens im Unternehmen bedeutsam, weshalb nur dann ein Einfluss des identifizierten unternehmensexternen Wissens erwartet wird, wenn auch die zweite und dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit hohe Ausprägungen aufweisen. 3 Hypothesen und Wirkungsmodell 77 Generell wirkt also die Auseinandersetzung mit unternehmensexternem, relevantem Wissen positiv auf die Wahrnehmung einer Veränderbarkeit, wobei diese Wirkung durch die individuelle Leistungsfähigkeit und Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskraft sowie dem Engagement und den Leistungen der Mitarbeiter vermittelt wird. Inwieweit sich die Absorptionsfähigkeit auf die Fehlertoleranz im Unternehmen auswirkt, lässt sich aus der aktuellen Befundlage nicht vorhersagen. Diese Beziehung wird anhand der empirischen Daten dieser Arbeit explorativ geprüft. Die postulierten Hypothesen gehen damit von einer differenzierten Wirkung der drei Absorptionsfähigkeitsdimensionen auf den wahrgenommenen Veränderungsbedarf und die wahrgenommene Veränderbarkeit als die beiden Komponenten der Innovationsbereitschaft aus. Zusammengefasst sollte bei einer hohen Ausprägung aller drei Dimensionen, d. h. einer insgesamt hohen Absorptionsfähigkeit im Unternehmen, die wahrgenommene Veränderbarkeit größer ausfallen als der wahrgenommene Veränderungsbedarf, weil sich alle drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit positiv auf die wahrgenommene Veränderbarkeit der Unternehmenssituation auswirken, während die Verwertung des neuen Wissens zu einer Reduktion des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes führt. Da generell von einer Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft ausgegangen wird, sollten die Unterschiede zwischen Veränderungsbedarf und Veränderbarkeit erst bei der hohen Ausprägung der Absorptionsfähigkeit sichtbar werden, während bei niedriger Ausprägung die Unterschiede geringer ausfallen sollten. Als letzte Hypothese wird daher formuliert: Hypothese 2.9 Wenn alle drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit eine hohe Ausprägung haben und damit die organisationale Absorptionsfähigkeit sehr groß ist, wird die Veränderbarkeit höher eingeschätzt als der Veränderungsbedarf. Bei einer geringen organisationalen Absorptionsfähigkeit fallen die Unterschiede zwischen wahrgenommener Veränderbarkeit und wahrgenommenem Veränderungsbedarf geringer aus. Das Vorgehen zur empirischen Überprüfung der Hypothesen sowie die Ergebnisse werden im nächsten Kapitel vorgestellt. 4 Empirische Überprüfung 4 79 Empirische Überprüfung Zur Überprüfung des postulierten Modells wurde ein quantitatives Vorgehen gewählt. Dazu wurden die Daten zufällig ausgewählter Geschäftsführer von kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland mit einem standardisierten Fragebogen zur Innovationsbereitschaft und Absorptionsfähigkeit sowie weiteren Unternehmenskenngrößen erhoben. Der Fragebogen wurde in Kooperation mit dem Team des Projektes Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 201036 erstellt. Die Datenerhebung realisierte in diesem Rahmen ein außeruniversitäres Forschungsinstitut. Für die vorliegende Arbeit wurden die erhobenen Daten dann mit dem Statistikprogrammen PASW Statistics 18 und AMOS 18 Graphics ausgewertet. Die Darstellung der empirischen Überprüfung erfolgt gemäß den Richtlinien der American Psychological Association (2010). Im Unterkapitel 4.1 werden die Methode inklusive Stichprobe und Erhebungsvorgehen vorgestellt, im Unterkapitel 4.2 die Ergebnisse der statistischen Auswertung beschrieben, die im Unterkapitel 4.3 interpretiert und diskutiert werden. 4.1. Methode In diesem Unterkapitel wird das Vorgehen für die Überprüfung der Hypothesen dargestellt. Dazu werden im Abschnitt 4.1.1 die Fokussierung auf kleine und mittlere Unternehmen begründet sowie die Stichprobe anhand der Größen- und Branchenverteilung beschrieben. Die Operationalisierung der Konstrukte in Form von Fragebogen-Items wird im Abschnitt 4.1.2 vorgestellt, die Durchführung der Erhebung wird im Abschnitt 4.1.3 kurz erläutert. 4.1.1. Stichprobe Die Stichprobe für die vorliegende Untersuchung bildeten kleine und mittlere deutsche 36 Unternehmen (KMU), da zunächst eine besondere Bedeutung von Das Projekt „Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010 – Stand der Praxis in der deutschen Wirtschaft“ wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft im Zeitraum 05/2010-03/2011 unter der Nummer I C 4 – 75/09 gefördert. Mit der Durchführung wurde die Professur für Personal und Führung, geleitet von Prof. Dr. Peter Pawlowsky, an der Technischen Universität Chemnitz betraut. In diesem Projekt wurde u.a. eine für Deutschland repräsentative Stichprobe von 3401 Unternehmen zu verschiedenen Aspekten des Wissensmanagements befragt (siehe auch Pawlowsky, Gözalan & Schmid, 2011). 80 4 Empirische Überprüfung Prozessinnovationen für diese Unternehmen existiert. So stellen Innovationen im Allgemeinen einen zentralen Erfolgsfaktor für diese Unternehmen dar, im Speziellen können KMU bspw. durch intraorganisationale Neuerungen Kosten einsparen, was im Gegensatz dazu größere Unternehmen allein durch eine günstigere Kostenstruktur erreichen (Meyer, 2001, S. 3). Zudem müssen die begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen von KMU für die Generierung und Implementierung von Innovationen noch systematischer und bedachter eingesetzt werden, als in Großunternehmen (ebd.). Innovationsaufgaben sollten dabei nicht nur dem „Improvisationstalent“ überlassen werden, sondern insbesondere die Personalressourcen durch Schwerpunktsetzung und Koordination gezielt genutzt werden (Thom, 2001, S. 60). Ausgehend von Meyer (2001) und Thom (2001, S. 60), die den Stellenwert der personalen Bestimmungsfaktoren für das Innovationsmanagement in KMU hervorheben, liefert die vorliegende Arbeit somit durch die Untersuchung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften sowie deren absorptionsfähigkeitsbasierter Förderung einen Erklärungsbeitrag für die Entstehung und Einführung von Innovationen in KMU. Neben der praktischen Relevanz von Prozessinnovationen für KMU bestand der zweite Grund für die Wahl der Untersuchungsobjekte in den strukturellen Besonderheiten mittelständischer Unternehmen. So ist der Geschäftsführer eines solchen Unternehmens die zentrale Führungsperson, die unmittelbar über die Realisierung von Innovationen entscheidet und deren Veränderungsbereitschaft maßgeblich für die Realisierung von Neuerungen ist (z. B. Phillips et al., 2006, S. 190). Blessin (2001, S. 14) bezeichnete den Unternehmer als eine wesentliche Quelle innovativer Tätigkeiten, da er mehrere Promotorenrollen in sich vereinen kann (vgl. dazu auch Abschnitt 2.2.1). In einer empirischen Untersuchung in KMU fanden Hauschildt und Walther (2003), dass, neben anderen Faktoren wie dem Innovationsgrad oder einer kurzen Entwicklungsdauer, insbesondere das Promotorenverhalten der Unternehmensleitung einen Erfolgsfaktor für Innovation darstellte. Bezogen auf das transformationale Führungsverhalten von Geschäftsführern in KMU zeigten z. B. Hoogh, Den Hartog, Koopman, Thierry, Van den Berg, Van der Weide und Wilderom (2005) die positive Wirkung dieses Führungsstils auf innovationsförderliche Einstellungen der Mitarbeiter. Ebenso belegten Matzler et al. (2008) den positiven Einfluss der transformational Führenden auf die organisationale Innovativität und Leistungsfähigkeit in KMU. Aufgrund der Relevanz des Geschäftsführers für (Prozess-) Innovationen in KMU wurden daher KMU als Stichprobe für die vorliegende Untersuchung gewählt und der Geschäftsführer als die zentrale Führungsperson im Innovationsprozess herausgegriffen. Damit bestand die abhängige Variable in der Innovationsbereitschaft von Geschäftsführern. Da diese Bereitschaft auf der subjektiven Beurteilung des Veränderungsbedarfes sowie der Veränderbarkeit der Unternehmenssituation beruht, wurden die individuellen Einschätzungen dieses Personenkreises erhoben. Weil auch die Wirkung der Absorptionsfähigkeit ausgehend 4 Empirische Überprüfung 81 von den bisherigen Befunden (vgl. dazu Kapitel 3) auf der subjektiven Wahrnehmung der Führungskraft beruhen sollte, wurden die Geschäftsführer ebenfalls um die Einschätzung des entsprechenden Mitarbeiterverhaltens gebeten (Operationalisierungen siehe Abschnitt 4.1.2). Damit wurden ausschließlich die Geschäftsführer von KMU befragt. Dieses Vorgehen lehnt sich bspw. an die Studien von Gebert et al. (2001) und Krause (2004) an, denen das Modell der Innovationsbereitschaft von Gebert (1987, 2002) zugrundelag und die nur die jeweilige Zielgruppe (in beiden Fällen Mitarbeiter) um ihre Einschätzungen baten. Die Definition von KMU erfolgte in der vorliegenden Arbeit anhand der Mitarbeiterzahl und des Jahresumsatzes, also auf quantitative Weise37. Laut EU-Richtlinie der Europäischen Kommission (2003) werden Unternehmen mit 10 bis 49 Mitarbeiter und einem Umsatz von weniger als 10 Millionen Euro als kleine, Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitern und einem Umsatz von 10 bis weniger als 50 Millionen Euro als mittlere Unternehmen bezeichnet. Die Stichprobe wurde anhand der Mitarbeiterzahl gezogen und damit 934 Unternehmen befragt38. Dabei gaben 25 Unternehmen keinen Jahresumsatz bzw. einen Umsatz von mehr als 50 Millionen an und wurden aufgrund der KMU-Definition von den weiteren Analysen ausgeschlossen. Weiter waren 233 der Befragten keine Geschäftsführer (ihre Position wurde nicht angegeben oder anderer Leitungskräfte wurden befragt), so dass diese Unternehmen ebenfalls nicht berücksichtigt wurden. Aufgrund von fehlenden Angaben oder einer fehlenden Differenzierung im Antwortverhalten39 wurden acht weitere Unternehmen aus der Stichprobe entfernt. Die endgültige Stichprobe umfasste damit 668 Unternehmen. Verglichen mit der Grundgesamtheit der deutschen KMU 2007 (Statistisches Bundesamt Deutschland, 2010) sind die Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitern mit einem Anteil von 26% in der Stichprobe etwas stärker repräsentiert als in der Grundgesamtheit (18%). Eine Übersicht über die Verteilung der Unternehmen nach Mitarbeiterzahl und Umsatz gibt Tabelle 4-1. 37 Als Kriterien einer qualitativen Definition lassen sich z. B. die Inhaberzentriertheit, flache Hierarchien, informale Organisationsformen oder die Ausprägung der persönlichen Beziehungen innerhalb des Unternehmens heranziehen, wobei keine Einigkeit über die Kernelemente dieser Definition bestehen und daher die quantitative Definition aufgrund ihrer eindeutigen Operationalisierung für die Auswahl der Unternehmen aus forschungsökonomischen Gründen - wie auch in der vorliegenden Arbeit - häufig vorgezogen wird (vgl. z. B. Menzel, 2009, S. 82 f.; Pawlowsky, Gerlach, Hauptmann & Puggel, 2006, S. 2). 38 Für die Erhebung im Rahmen des Projektes Wissensmanagement 2010 wurden über alle Unternehmensgrößenklassen hinweg insgesamt 17.180 Führungskräfte deutscher Unternehmen kontaktiert, wovon 3401 zur Teilnahme an der Befragung bereit waren, was einer Rücklaufquote von 17% entsprach. Für die KMU-Stichproben lässt sich die Rücklaufquote allerdings nicht separat ausweisen. 39 Sobald ein Unternehmen bei mindestens zwei konstruktrelevanten Fragekomplexen keine Angaben machte bzw. gleiche Antworten unabhängig von der Frage gab, wurde es aus der Stichprobe ausgeschlossen. 82 4 Empirische Überprüfung Tabelle 4-1. Verteilung der Unternehmen nach Mitarbeiterzahl und Umsatz Anzahl der Unternehmen nach Mitarbeiterzahl Umsatz im Jahr 2009 10-49 Mitarbeiter 50-249 Mitarbeiter Gesamt 482 (72%) 123 (19%) 605 (91%) 15 (2%) 48 (7%) 63 (9%) 497 (74%) 171 (26%) <10 Mio. Euro 10 bis <50 Mio. Euro Gesamt Die Verteilung auf Wirtschaftszweige nach der Klassifikation des Statistischen Bundesamtes Deutschland entsprach annähernd der Verteilung in der Grundgesamtheit 2007 (Statistisches Bundesamt, 2010). 30% 25% 20% 15% 10% 5% Grundgesamtheit 2007 0% Stichprobe 2010 Abbildung 4-1. Verteilung der Unternehmen nach Branchen: Vergleich zwischen Grundgesamtheit 2007 laut Statistischem Bundesamt (2010) und der Stichprobe der vorliegenden Untersuchung mit N=668 Dreiviertel der Stichprobe umfasste Unternehmen des Dienstleistungssektors (23%), des verarbeitenden Gewerbes (17%), des Handels (15%), des Gesundheits- und Sozialwesens (12%) sowie des Baugewerbes (8%). Der Anteil dieser Unternehmen an der Stichprobe wich ein bis vier Prozentpunkte von ihrem Anteil in der Grundgesamtheit ab (vgl. Abbildung 4-1). Die restlichen 25% der Stichprobe verteilten sich auf die neun weiteren Wirtschaftszweige entsprechend ihrem Anteil in der Grundgesamtheit. 4 Empirische Überprüfung 4.1.2. 83 Fragebogen Der Fragebogen für die vorliegende Untersuchung wurde in Kooperation mit dem Projektteam Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010 an der Professur Personal und Führung der Technischen Universität Chemnitz unter Leitung von Prof. Dr. Peter Pawlowsky erstellt. Dafür wurden sowohl eigene Items zur Operationalisierung der Konstrukte Innovationsbereitschaft und Absorptionsfähigkeit formuliert, als auch vorhandene Items aus dem Wissensmanagement-Projekt für die eigenen Auswertungen genutzt. Die eingesetzten Items bezogen sich vorrangig auf die Ebene der gesamten Organisation, wobei die aktuelle Bereitschaft für organisationale Veränderungen im Zentrum stand und nicht, wie etwa bei Krause (2004), eine retrospektive Auseinandersetzung mit einem bereits abgeschlossenem Antwortverzerrungen Innovationsprojekt. vermeiden, die durch Durch dieses Vorgehen „Rückschaufehler“ ließen verursacht sich werden (Sedlmeier & Renkewitz, 2008, S. 8). Solche Fehler können bei der retrospektiven Beurteilung dadurch auftreten, dass etwa zur Vermeidung kognitiver Dissonanz (Festinger, 1957) die subjektiven Bewertungen an den Verlauf und das Ergebnis des Innovationsprojektes angepasst werden. Die Erinnerung an das eigene frühere Urteil bspw. über die Notwendigkeit der Innovation ändert sich, weil zwischenzeitlich weitere Informationen (nämlich zum Verlauf und Ergebnis des betrachteten Projektes) vorliegen, die in die Rekonstruktion der Gedächtnisinhalte einfließen. In der vorliegenden Untersuchung wurden dagegen in Form einer Querschnittserhebung der aktuelle Zustand im Unternehmen sowie die aktuellen Bewertungen der Führungskraft erfasst. Die dafür relevanten Items waren im Fragebogen an verschiedenen Positionen eingestreut, so dass insbesondere für das Konstrukt der Innovationsbereitschaft Reihenfolgeeffekte vermieden werden konnten. Insgesamt umfasste die Befragung 21 inhaltliche Blöcke mit jeweils 1 bis 30 geschlossenen Fragen, welche i.d.R. auf mehrstufigen Ratingskalen beantwortet wurden40. Aufgrund des Gesamtumfanges von 290 Items und vor dem Hintergrund der Zusammenarbeit mit dem Projekt Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010 waren Kompromisse zwischen der Anzahl formulierter Fragen und dem Detailierungsgrad für die Erhebung der Konstrukte notwendig. Dabei unterschied sich das Vorgehen jedoch nicht von anderen schriftlichen Befragungen im Kontext der Führungs- und Innovationsforschung, die neben den klassischen Test-Gütekriterien der Objektivität, 40 Beurteilungsfragen wurden auf mehrstufigen Ratingskalen beantwortet, Klassifikationsangaben wie etwa die Branchenzugehörigkeit auf Nominalskalen, Fragen nach Merkmalsverteilungen innerhalb der Belegschaft wie etwa der beruflichen Qualifikation wurden als Prozentangaben erfasst. Bei der Datenauswertung im Abschnitt 4.2 wird auf das Skalenniveau der Daten entsprechend eingegangen. 84 4 Empirische Überprüfung Reliabilität und Validität auch den Kriterien der Ökonomie und Nützlichkeit genügen sollen41 (Lienert & Raatz, 1998, S. 7 ff.). Die Items zur Operationalisierung der zentralen Konstrukte Innovationsbereitschaft der Führungskraft und organisationale Absorptionsfähigkeit werden nachfolgend beschrieben, wobei auf deren theoretische und empirische Grundlagen eingegangen wird. 4.1.2.1. Messung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften Bevor die zur Messung der Innovationsbereitschaft eingesetzten Items vorgestellt werden, sollen zunächst die theoretischen Grundlagen wieder aufgegriffen sowie die Operationalisierungen des Konstruktes in vergleichbaren Studien erläutert werden. Die Innovationsbereitschaft von Führungskräften wurde im Abschnitt 2.3.2 definiert als das Erkennen und Bewerten des Veränderungsbedarfes sowie der Veränderbarkeit des Leistungserstellungsprozesses und/oder der Leistungsergebnisse in einem Unternehmen. Damit wurde sowohl auf Arbeiten zur individuellen Bereitschaft für organisationale Veränderungen (Armenakis et al., 1993; Dalton & Gottlieb, 2003; Holt et al., 2007; Prochaska et al., 2001) als insbesondere auf das Modell innovationsbezogenen Verhaltens von Gebert (1987, 2002) Bezug genommen. Letzteres nutzte Krause (2004) in ihrer Untersuchung von Macht und Vertrauen in einem bereits abgeschlossenem Projekt zur Entwicklung und Umsetzung einer Prozessinnovation in Unternehmen an einer Stichprobe von 399 Projektverantwortlichen. Sie operationalisierte deren wahrgenommene Veränderungsbedürftigkeit mit zwei Fragen (vgl. Tabelle 4-2), wobei die interne Konsistenz der Skala mit Cronbachs α=.6 nur befriedigend war (Krause, 2004, S. 215). Die wahrgenommene Veränderungsfähigkeit wurde anhand von vier Fragen nach der zu erwartenden Unterstützung durch den Vorgesetzten sowie dem Vorhandensein bzw. der erwarteten Bereitstellung notwendiger Ressourcen erfasst. Die interne Konsistenz dieser Skala war mit Cronbachs α=.87 als gut zu bewerten42. Bezogen auf die allgemeine individuelle Bereitschaft für organisationale Veränderungen nach Armenakis et al. (1993) kristallisierten Holt et al. (2007) in mehreren Faktor- und Regressionsanalysen die zwei Faktoren Angemessenheit des Wandels 41 Kriterien für die Ökonomie eines Testes sind nach Lienert & Raatz (1998, S. 12 f.) u.a. eine kurze Durchführungszeit, eine einfache Handhabung sowie die Möglichkeit zur schnellen und bequemen Auswertung. Die Nützlichkeit eines Tests zeigt sich darin, dass er Persönlichkeitsmerkmale oder Verhaltensweisen misst, für deren Untersuchung ein praktisches Bedürfnis besteht. 42 Bewertung von Cronbachs α nach der Faustregel, dass Werte >.7 akzeptabel, >.8 gut und >.9 sehr gut sind (z. B. auch angewendet von Holt, Armenakis, Feild & Harris, 2007; Krause, 2004), wobei sich Cronbachs α mit der Anzahl einbezogener Items automatisch erhöht (vgl. Cortina, 1993). 4 Empirische Überprüfung 85 („appropriateness”) und veränderungsbezogene Selbstwirksamkeitserwartung („change efficacy”) als relevante Einflussfaktoren auf den wahrgenommenen Veränderungserfolg heraus (S. 247). Die wahrgenommene Angemessenheit des Wandels wurde dabei anhand mehrerer Items bezüglich des Erkennens einer Veränderungsnotwendigkeit sowie der Nützlichkeit dieser Veränderung für die Organisation operationalisiert. Die veränderungsbezogene Selbstwirksamkeitserwartung wurde mit sechs Items erfasst, welche die Überzeugung der Befragten abbildete, die anstehende organisationale Veränderung erfolgreich zu bewältigen. Mit Cronbachs α=.94 und Cronbachs α=.82 war die interne Konsistenz der Skalen (sehr) gut. Harris und Cole (2007) verbanden in ihrer Studie zur individuellen Bereitschaft für eine Maßnahme zur Führungskräfteentwicklung das Konzept der Veränderungsbereitschaft von Armenakis et al. (1993) mit dem Phasenmodell individueller Veränderungen nach Prochaska et al. (2001). Die Veränderungsbereitschaft erfassten sie dabei mit Fragen nach der wahrgenommenen Notwendigkeit für die Veränderung, der veränderungsbezogenen Selbstwirksamkeitserwartung sowie dem erwarteten persönlichen Nutzen durch die Entwicklungsmaßnahme (Cronbachs α der Skala=.87). Angewendet auf das Phasenmodell von Prochaska et al. (2001) zeigte sich eine positive Korrelation der Veränderungsbereitschaft mit der kontemplativen Phase. Diese war gekennzeichnet durch das Erkennen von aktuellen Herausforderungen, die eine Veränderung notwendig erschienen ließen sowie der subjektiven Diagnose, dass eine Verbesserung der eigenen Handlungsfähigkeit erforderlich sei (Harris & Cole, 2007, S. 783). Auch Cunningham et al. (2002) nutzten das Phasenmodell von Prochaska et al. (2001) zur Operationalisierung der Veränderungsbereitschaft im Rahmen ihrer Längsschnittstudie zu einer organisationalen Umstrukturierung eines Krankenhauses. Dazu formulierten sie sechs Items, die die einzelnen Phasen abdecken sollten (Cronbachs α=.63). Die kontemplative Phase wurde dabei mit der Aussage erfasst, selbst über die Unterstützung einer organisationalen Veränderung nachzudenken. DeLong Goldman (2009) entwickelte schließlich den Kurzfragebogen Brief Individual Readiness for Change Scale (BIRCS), um die individuelle Bereitschaft für die Nutzung neuer Technologien im sozialen Bereich erfassen zu können. Die Veränderungsbereitschaft wurde dabei als ein Bewusstsein für die Notwendigkeit von Innovationen sowie der Fähigkeit, den Technologietransfer zu realisieren, verstanden. Umgesetzt wurde dieses Verständnis in vier Items, mit denen die individuelle Fähigkeit, die Flexibilität und das Training zum Einsatz der neuen Technik sowie der Nutzen der Neuerung bewertet wurden. Mit einem Cronbachs α=.78 war die interne Konsistenz dieser kurzen Skala ausreichend hoch. In Tabelle 4-2 sind die bisherigen Operationalisierungen der Innovations- und Veränderungsbereitschaft im Überblick dargestellt. 86 4 Empirische Überprüfung Tabelle 4-2. Übersicht zur Operationalisierungen der Innovationsbereitschaft oder der individuellen Bereitschaft für organisationale Veränderungen in bisherigen empirischen Untersuchungen (Auswahl der für die vorliegende Untersuchung relevanten Items) Autoren Dimensionen Relevante Operationalisierung Krause (2004) Veränderungsbedürftigkeit In Bezug auf die inhaltliche Problemstellung, die mit dieser Neuerung verbunden waren, hielt ich manches für verbesserungsbedürftig. (ausgehend von Gebert, 1987 & 2002) (Cronbachs α=.60) Veränderungsfähigkeit (Cronbachs α=.87) Anfangs bezweifelte ich sehr stark den Sinn der Neuerung. (umkodiert) Für die konkrete Ausgestaltung dieser Neuerung wusste ich genau, dass mein Chef seine Ressourcen (Informationen, Geld, Mitarbeiter, Entscheidungskompetenzen, etc.) in meinem Sinne einsetzen würde. Für die konkrete Ausgestaltung dieser Neuerung wusste ich, dass mein Chef sich dafür einsetzen wird, dass für mich Ressourcen zur Problembehebung mobilisiert werden. Für die konkrete Ausgestaltung dieser Neuerung war ich mir sicher, dass mein Chef mir den Rücken freihält. Für die konkrete Ausgestaltung dieser Neuerung verfügte ich über die notwendigen Ressourcen, um die Probleme zu lösen. Holt et al. (2007) Appropriateness I think that the organization will benefit from this change. (ausgehend von Armenakis et al., 1993) (Cronbachs α=.94) It doesn’t make much sense for us to initiate this change. (recode) There are legitimate reasons for us to make this change. This change will improve our organization’s overall efficiency. There are a number of rational reasons for this change to be made. In the long run, I feel it will be worthwhile for me if the organization adopts this change. This change makes my job easier. When this change is implemented, I don’t believe there is anything for me to gain. (recode) The time we are spending on this change should be spent on something else. (recode) This change matches the priorities of our organization. Change Efficacy (Cronbachs α=.82) I do not anticipate any problems adjusting to the work I will have when this change is adopted. There are some tasks that will be required when we change that I don’t think I can do well. (recode) When we implement this change, I feel I can handle it with ease. I have the skills that are needed to make this change work. When I set my mind to it, I can learn everything that will be required when this change is adopted. My past experiences make me confident that I will be able to perform successfully after this change is made. 4 Empirische Überprüfung 87 Tabelle 4-2. (Fortsetzung) Harris und Cole (2007) (ausgehend von (Armenakis et al., 1993 und Prochaska et al., 2001) Perceived need for change My leadership skills need improving. Change Efficacy If I try, I can become a better leader. Personal valence Becoming a better leader is important to me. Contemplation Stage I have some leadership challenges and I really think I should work on them. It might be worthwhile to work on improving my leadership skills. I think I might be ready for some leadership self-improvement. Cunningham et al. (2002) Precontemplative stage (ausgehend von Prochaska et al., 2001) DeLong Goldman (2009) The programme or area in which I work functions well and does not have any aspects which need changing. There's nothing that I really need to change about the way I do my job to be more efficient. Contemplative stage I've been thinking that I might want to help change something about the programme or area in which I work. Preparatory stage I plan to be involved in changing the programme or area in which I work. Individual Readiness for Change I believe I have the skills to use the new service techniques. I believe I have the flexibility to use the new service techniques. (Cronbachs α=.78) I believe I will receive the training I need to use the new service techniques. I believe using them will improve outcomes for my clients/service recipients. Die Darstellung dieser bisherigen Operationalisierungen zur Innovationsbereitschaft bzw. der individuellen Bereitschaft für organisationale Veränderungen macht die Spannbreite möglicher Items zur Erfassung des Konstruktes deutlich. Zentral dabei sind, wie auch in Abschnitt 2.3.2 herausgearbeitet, das Erkennen der Notwendigkeit einer Veränderung sowie das Vertrauen, Ressourcen für die Bewältigung der Veränderung zu besitzen oder darauf zugreifen zu können. Allerdings untersuchten die hier zitierten Studien jeweils ein konkretes Innovationsprojekt oder eine spezifische Maßnahme des organisationalen Wandels. Bei der vorliegenden Arbeit standen jedoch die generelle Bewertung der aktuellen Unternehmenssituation und die daraus resultierende aktuelle Innovationsbereitschaft unabhängig von einem konkreten Projekt im Zentrum (vgl. dazu auch die einleitenden Ausführungen unter 4.1.2). Damit ließen sich die in Tabelle 4-2 dargestellten Items nicht unmittelbar für die vorliegende Studie anwenden, sondern wurden als Ausgangspunkt für die Formulierung eigener Fragen zur Operationalisierung der Innovationsbereitschaft genutzt. 88 4 Empirische Überprüfung Wie im Abschnitt 2.3.2 herausgearbeitet, kann Innovationsbereitschaft sowohl als Prozess als auch als Zustand begriffen werden. Der Prozessgedanke schlägt sich in der Annahme zweier Bewertungsprozesse nieder. Während der ersten Bewertung wird der IstZustand der betreffenden Situation mit einem erwünschten Soll-Zustand verglichen, woraus sich die Erkenntnis eines Veränderungsbedarfes ergibt. Im zweiten Bewertungsprozess werden die Ressourcen bewertet, die für eine Veränderung zur Verfügung stehen und als Ergebnis die Veränderbarkeit der Situation eingeschätzt. Aus der multiplikativen Verknüpfung von wahrgenommenen Veränderungsbedarf und wahrgenommener Veränderbarkeit resultiert dann als Zustand die Innovationsbereitschaft einer Person. Diese Beschreibung als Zustand wurde bspw. in der Studie von Krause (2004) mit den Items zur Veränderungsbedürftigkeit realisiert, während sie die Veränderungsfähigkeit anhand der diesem Zustand vorausgehenden Bewertungsprozesse operationalisierte. In der vorliegenden Arbeit wurde dagegen versucht, die Trennung von Prozess und Zustand systematischer zu realisieren und Innovationsbereitschaft sowohl als Zustand als auch als Prozess, soweit das im Rahmen einer Querschnittserhebung möglich war, abzubilden. Wie die Arbeiten von DeLong Goldman (2009), Harris und Cole (2007) und Krause (2004) zeigten, lässt sich die Bereitschaft für Veränderungen mit wenigen Items erfassen. Vor diesem Hintergrund wurde für die vorliegende Studie eine möglichst geringe Anzahl von Fragen zur Operationalisierung angestrebt, sofern Items nicht bereits durch das Projekt Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010 vorgegeben wurden. Der wahrgenommene Veränderungsbedarf als Ergebnis des ersten Bewertungsprozesses wurde mit der Frage erfasst, inwieweit gezielte Veränderungen im Unternehmen notwendig sind, um wettbewerbsfähiger zu werden. Damit wurde den Operationalisierungen von Cunningham et al. (2002), Harris und Cole (2007) und Krause (2004) gefolgt und diese mit einer Frage auf den Punkt gebracht. Ein zentraler Aspekt für die Wahrnehmung des Veränderungsbedarfes ist nach Armenakis et al. (1993, S. 685) und Gebert (2002, S. 90 ff.) der objektive Problemdruck in der Situation, der z. B. durch Veränderungen externer Kontextfaktoren wie dem Wettbewerbsdruck oder einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage wahrgenommenen entsteht. Dieser Problemdruck Herausforderungen, denen das wurde deshalb anhand der Unternehmen gegenübersteht, operationalisiert (vgl. dazu auch Cunningham et al., 2002). Der objektive Problemdruck kann sich weiterhin in einer diffusen Unzufriedenheit mit der Organisation und im Feststellen von Fehlern niederschlagen (Armenakis et al., 1993, S. 685). Das zu erfassen war auf der vorgegeben allgemeinen Unternehmenseben nicht realisierbar. Deshalb wurde im Umkehrschluss nach den Stärken des Unternehmens gefragt, die aus der Gestaltung bzw. den Ergebnissen der internen Leistungserstellungsprozesse resultierten. Aus der Beurteilung von Wettbewerbsvorteilen durch die Geschäftsführer wurde so auf deren Zufriedenheit mit der aktuellen Gestaltung der Geschäftsprozesse geschlossen. Für die Operationalisierung der 4 Empirische Überprüfung 89 Herausforderungen und Wettbewerbsfaktoren wurde dabei auf die Studien von Pawlowsky, Menzel und Wilkens (2005) und Pawlowsky, Gerlach, Hauptmann und Puggel (2006) zurückgegriffen sowie auf die Arbeiten der Projektgruppe Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010 (Pawlowsky, Gözalan & Schmid, 2011). Die Beurteilung der Veränderbarkeit als Ergebnis des zweiten Bewertungsprozesses erfolgte anhand der Zustimmung oder Ablehnung zur Aussage, dass man im Unternehmen Veränderungen gegenüber sehr aufgeschlossen sei. Damit sollte die individuelle Wahrnehmung einer (allgemeinen) Veränderbarkeit der Situation erfasst werden, die sich nicht auf ein konkretes Veränderungsobjekt bezog aber im Unterschied zu anderen Studien (vgl. Tabelle 4-2) diesen Zustandsaspekt explizit operationalisierte. Ergänzend dazu wurden drei zentrale Ressourcen, die auf die wahrgenommene Veränderbarkeit der Situation wirken, in Anlehnung an DeLong Goldman (2009) und Krause (2004) erhoben. Auf individueller Ebene wurde die aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskraft thematisiert, auf der Ebene der Mitarbeiterressourcen die Mitarbeiterleistung und auf der Ebene der organisationalen Unterstützung die Fehlertoleranz des Unternehmens beurteilt (vgl. dazu das Modell der Innovationsbereitschaft in Abbildung 3-1 auf S. 63). Da der Fragebogen insgesamt auf organisationaler Ebene ansetzte, wurde die Selbstwirksamkeitserwartung anhand der Beurteilung des Management/der Geschäftsführung als Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Hauptkonkurrenten erfasst. Dem lag die Annahme zugrunde, dass ein Geschäftsführer, der davon ausgeht, die Unternehmenssituation und -ergebnisse entsprechend seiner Vorstellungen zu beeinflussen, in seinem Handeln einen Wettbewerbsvorteil für sein Unternehmen sieht, was als Indiz einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung gewertet werden kann. Damit wurde die Selbstwirksamkeitserwartung nicht wie bspw. bei Holt et al. (2007) ausschließlich auf eine anstehende notwendige Veränderung bezogen, sondern im Sinne der Untersuchung auf allgemeiner Ebene als subjektive Einschätzung der Führungskraft verstanden, ihre positionsbedingten Aufgaben erfolgreich bewältigen zu können. Als weitere Ressource für Veränderungen wurde in Anlehnung an die Operationalisierung von Krause (2004) die Bewertung der Mitarbeiterleistung erhoben. Diese wurde wiederum auf organisationaler Ebene anhand der wahrgenommenen Wettbewerbsvorteile, die auf Kenntnissen, Fähigkeiten oder der Motivation der Mitarbeiter beruhen, operationalisiert. Hierfür wurde die Studien von Pawlowsky et al. (2005) und Pawlowsky et al. (2006) zugrunde gelegt, sowie weitere Items in Kooperation mit der Projektgruppe Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010 (Pawlowsky et al., 2011) herausgearbeitet. Der dritte Einflussfaktor auf die wahrgenommene Veränderbarkeit wurde in der Fehlertoleranz des Unternehmens gesehen, die als eine Form der organisationalen Unterstützung interpretiert werden kann (vgl. dazu Eby et al., 2000 und die Ausführungen im Abschnitt 3.1.1 Allgemeine Zusammenhänge). 90 4 Empirische Überprüfung In der Tabelle 4-3 werden die Dimensionen des Konstruktes Innovationsbereitschaft sowie die dazugehörigen Items noch einmal zusammengefasst. Die geschlossenen Fragen wurden jeweils auf einer 11-stufigen Skala beantwortet. Tabelle 4-3. Übersicht zur Operationalisierung der untersuchten Dimensionen der Innovationsbereitschaft (die Zahlen vor den Items geben die Position im Fragebogen an) Konstrukt-Dimensionen Operationalisierung Veränderungsbedarf der Situation 6.3 Wenn Sie Ihr Unternehmen insgesamt betrachten, wie notwendig sind gezielte Veränderungen, um wettbewerbsfähiger zu werden? Problemdruck 5.x Welchen Stellenwert hat die Bewältigung folgender Herausforderungen Ihrer Ansicht nach für den zukünftigen Erfolg ihres Unternehmens? (vgl. Tabelle 4-6, S. 104) Leistungsfähige interne Organisation 6.x Hat Ihr Unternehmen auf diesen Gebieten gegenüber Ihren Hauptkonkurrenten mehr oder weniger starke Wettbewerbsvorteile? (Wettbewerbsvorteile, die aus der Gestaltung sowie Ergebnissen der internen Leistungserstellungsprozesse resultierten; vgl. auch Anhang A) Veränderbarkeit der Situation 13.3 Bei uns ist man Veränderungen gegenüber sehr aufgeschlossen. Aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung 6.29 [Unser] besseres Management/Geschäftsführung ist ein Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Hauptkonkurrent Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter 6.x Hat Ihr Unternehmen auf diesen Gebieten gegenüber Ihren Hauptkonkurrenten mehr oder weniger starke Wettbewerbsvorteile? (Wettbewerbsvorteile, die aus Fähigkeiten, Fertigkeiten oder der Motivation der Mitarbeiter resultierten; vgl. auch Anhang A) Organisationale Fehlertoleranz 13.2 Bei uns dürfen keine Fehler gemacht werden. [umkodiert] 13.9 Bei uns werden Fehler konsequent sanktioniert. [umkodiert] 4.1.2.2. Messung der organisationalen Absorptionsfähigkeit Als Maßzahl für die Absorptionsfähigkeit etablierten Cohen und Levinthal (1990) die Forschungs- und Entwicklungs-Investitionen eines Unternehmens. Zahlreiche Studien folgten diesem Ansatz, obwohl er für die Messung einer dynamic capability nicht hinreichend scheint (Lane et al., 2006, S. 854; Moldaschl, 2006, S. 7; Schreyögg & Schmid, 2009, S. 14). Eine Erweiterung dieser Operationalisierung schlugen z. B. Kostopoulos et al. (2011) vor, indem sie einen Index bildeten, der die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) des Unternehmens, den Anteil der Mitarbeiter mit Hochschulabschluss, das Vorhandensein kontinuierlicher F&E-Aktivitäten sowie das Weiterbildungsangebot für F&E-Mitarbeiter beinhaltete. Damit blieben jedoch auch sie in der Tradition, Absorptionsfähigkeit als Konsequenz einer aktiven F&E-Abteilung in Unternehmen zu definieren. Ausgehend von den konzeptionellen Grundlagen der Absorptionsfähigkeit, wie sie im Abschnitt 2.4.2 dieser Arbeit 4 Empirische Überprüfung 91 vorgestellt wurden, scheint diese Fokussierung auf den F&E-Bereich von Unternehmen sowie eine Ausrichtung auf die technologische Absorptionsfähigkeit wie bspw. bei Garcia-Morales et al. (2007) als nicht ausreichend. Wie Schreyögg und Schmid (2009, S. 14) ausführten, sollte die empirische Forschung insgesamt stärker den Prozesscharakter der Absorptionsfähigkeit herausstellen und sich damit vermehrt den Praktiken der Wissensabsorption denn deren Eingangsgrößen wie F&E-Ausgaben zuwenden. Für die vorliegende Untersuchung wurde deshalb ein prozessbezogener Zugang gewählt und auf Studien zurückgegriffen, die explizit die Phasen der Absorptionsfähigkeit für ihre Operationalisierung aufgriffen (für einen Überblick und die weiteren Ausführungen siehe auch Tabelle 4-4). So erfassten García-Morales et al. (2008) die vier Phasen Akquisition, Implementierung, Transformation und Anwendung neuen Wissens anhand jeweils einer Frage nach der jeweiligen Fähigkeit der Organisation. Vega-Jurado, Gutiérrez-Gracia und Fernándezde-Lucio (2009) beschäftigten sich nur mit der Akquisition und unterschieden dabei zwischen Wissen, welches sich das Unternehmen z. B. durch externe F&E-Dienstleistungen oder Patente anderer angeeignet hatte und Wissen, das durch F&E- oder Innovations-Kooperationen mit externen Partnern erworben wurde. In ähnlicher Weise operationalisierten Fosfuri und Tribó (2008) die potenzielle Absorptionsfähigkeit im Sinne von Zahra und George (2002), indem sie diese anhand der Nutzung unternehmensexterner Quellen wie etwa Kunden, Lieferanten oder Forschungsinstitute für die Innovationstätigkeit des eigenen Unternehmens erfassten. Zusätzlich erhoben sie als Bedingungen der Absorptionsfähigkeit die Auslagerung von F&EAufgaben sowie F&E-Kooperationen mit anderen Unternehmen. Für die vorliegende Arbeit interessant war auch, dass sie als dritten Aspekt „social integration mechanisms“, welche den unternehmensinternen Austausch von Informationen unterstützten (S. 174), thematisierten. Dazu fragten sie nach der Bedeutung interner Informationsquellen wie Abteilungen oder einzelne Mitarbeiter für die Innovationstätigkeiten. Die Relevanz des internen Wissensaustausches war auch Liao, Wu, Hu und Tsui (2009) bewusst, die neben der Kommunikation mit der externen Umwelt nach der Überlappung der Wissensbereiche innerhalb des Unternehmens sowie dem generellen Fähigkeits- und Erfahrungsniveau innerhalb der Organisation fragten. Damit führten sie die Überlegungen von Liao et al. (2007) weiter, die sich bei ihrer Erfassung der Absorptionsfähigkeit auf die Fähigkeiten und die Motivierung der Mitarbeiter zum Wissenseinsatz konzentrierten. Unter der Fähigkeit von Mitarbeitern verstanden diese das Fachwissen von Mitarbeitern, deren Fähigkeit, dieses zu nutzen, ihr Qualifikationsniveau und technische Kompetenzen. Die Motivierung wurde mit sechs Items zum Belohnungssystem des Unternehmens sowie den wahrgenommenen Anstrengungen von Mitarbeitern erfasst. Dabei wurden Motivierung und Fähigkeit nicht auf individueller Ebene gemessen, sondern als aggregierte Aussage über alle Organisationsmitglieder hinweg erhoben. 92 4 Empirische Überprüfung Die umfangreichste Erfassung der Absorptionsfähigkeit findet sich bei Camisón und Forés (2010), die im Zuge ihrer Konzeptüberarbeitung eine entsprechende Operationalisierung der vier Phasen Akquisition, Assimilation, Transformation und Anwendung vorlegten. Mit vier bis sechs Items je Phase wurden damit auf organisationaler Ebene die verschiedenen Aspekte der Absorptionsfähigkeit erfasst, wobei die interne Konsistenz mit Cronbachs α<.68 eher schlecht ausfiel. Bessere Werte erreichten hier Flatten, Engelen, Zahra und Brettel (2011), die ihre Messung der Absorptionsfähigkeit an den vier Phasen Akquisition, Assimilation, Transformation und Exploitation nach Zahra und George (2002) anlehnten. Dabei wurden sowohl Fragen zum Unternehmen als Ganzes als auch zu Merkmalen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter und Führungskräfte gestellt. Tabelle 4-4. Übersicht zur Operationalisierungen der Absorptionsfähigkeit in bisherigen empirischen Untersuchungen, die für die vorliegende Untersuchung herangezogen wurden Autoren Dimensionen Relevante Operationalisierung Garcí-Morales et al. (2008) Absorptive capacity (Cronbachs α=.85) The organization has a clear division of roles and responsibilities for acquiring new knowledge. The organization has the necessary skills to implement new acquired knowledge. The organization has the competences to transform the new acquired knowledge. The organization has the competences to use the new acquired knowledge. Vega-Jurado et al. (2009) Fosfuri und Tribó (2008) External knowledgeacquisition strategies Potential absorptive capacity (PAC) Bought-in-knowledge: (1) external R&D, (2) technology embodied in machinery and equipment, (3) intangible technology in the form of patents, trademarks, software, etc. knowledge acquired through cooperation in R&D and innovation activities with: (1) other firms of the same group, (2) suppliers, (3) competitors, (4) laboratories, (5) universities, (6) public research bodies, (7) technology centers Please indicate the importance (from 1 to 4) for your innovation activity of the following external sources of information during the period 1998–2000: (1) suppliers, (2) clients, (3) competitors, (4) universities, (5) other research institutions, (6) conferences, meetings and specialized journals and (7) exhibitions and showrooms. Antecedents of PAC Contracted R&D: Did your firm acquire external R&D during the period 1998–2000? Yes/no. R&D collaboration: Did your firm sign R&D cooperation agreements with other firms or institutions during the period 1998–2000? Yes/no. Experience with knowledge search: Firm’s stock of non-expired patents 4 Empirische Überprüfung 93 Tabelle 4-4. (Fortsetzung) Fosfuri und Tribó (2008) (Forts.) Moderator: Social integration mechanisms Please indicate the importance (from 1 to 4) for your innovation activity of the following internal sources of information during the period 1998–2000: 1. departments and employees, 2. other subsidiaries of the same group. Liao et al. (2009) Absorptive capacity Communication with the external environment (4 items) level of know-how and experience within the organization (3 items) diversity and overlaps in the knowledge structure (3 items) strategic position (4 items) Liao et al. (2007) Employees’ ability 11. Our company staff is equipped with excellent professional knowledge. 12. Our company staff can acquire quickly and thoroughly new knowledge required by the work. 13. Our company staff has better working skills than the staff of our competitors. 14. Our company staff has higher educational qualifications than the staff of our competitors. 15. Our company staff has the ability to use and organize the acquired knowledge. Employees’ motivation Our company staff strives to acquire working skills and job licenses in order to obtain pay rise, promotions and job offers. The knowledge acquisition behavior of our company staff has positive impact on the working efficiency. Our company determines pay rise, promotions and job offers according to the working skills and license possessed by the staff. Our company assigns further learning or training opportunities according to the working skills and license possessed by the staff. The rewards offered by our company can effectively encourage the staff to acquire working skills and job licenses. Our company staff obtains fair rewards for their progress in learning compared with the staff of our competitors. The reward system of our company for encouraging staff to acquire working skills and job licenses is better than that of our competitors. 94 4 Empirische Überprüfung Tabelle 4-4. (Fortsetzung) Camisón und Forés (2010) Akquisition (Cronbachs α=.64) 3. Capacity to capture relevant, continuous and up-to-date information and knowledge on current and potential competitors. 8. Degree of management orientation towards waiting to see what happens, instead of concern for and orientation towards their environment to monitor trends continuously and wide-rangingly and to discover new opportunities to be exploited proactively.a 60. Frequency and importance of cooperation with R&D organizations— universities, business schools, technological institutes, etc.—as a member or sponsor to create knowledge and innovations. 69. Effectiveness in establishing programs oriented towards the internal development of technological acquisition of competences from R&D centers, suppliers or customers. Assimilation (Cronbachs α= .68) 44. Capacity to assimilate new technologies and innovations that are useful or have proven potential. 48. Ability to use employees' level of knowledge, experience and competencies in the assimilation and interpretation of new knowledge. 52. The firm benefits when it comes to assimilating the basic, key business knowledge and technologies from the successful experiences of businesses in the same industry. 74. Ability to develop knowledge management programs, guaranteeing the firm's capacity for understanding and carefully analyzing knowledge and technology from other organizations. 93. Degree to which company employees attend and present papers at scientific conferences and congresses, are integrated as lecturers at universities or business schools or receive outside staff on research attachments. 101. Attendance of training courses, trade fairs and meetings. Transformation (Cronbachs α=.65) 36. Capacity of the company to use information technologies in order to improve information flow, develop the effective sharing of knowledge and foster communication between members of the firm, including virtual meetings between professionals who are physically separated—Internet B2E portals, email, teleworking etc. 66. Firm's awareness of its competences in innovation, especially with respect to key technologies, and capability to eliminate obsolete internal knowledge, thereby stimulating the search for alternative innovations and their adaptation. 75. Degree to which firm prevents all employees voluntarily transmitting useful scientific and technological information acquired to each other.a 80.Capacity to adapt technologies designed by other to the firm's particular needs. 112. Capability to coordinate and integrate all phases of the R&D process and its inter-relations with the functional tasks of engineering, production and marketing. 4 Empirische Überprüfung 95 Tabelle 4-4. (Fortsetzung) Camisón und Forés (2010) (Forts.) Application (Cronbachs α=.65) 6. The organization's capacity to use and exploit new knowledge in the workplace to respond quickly to environment changes. 23. Degree of application of knowledge and experience acquired in the technological and business fields prioritized in the firm's strategy that enables it to keep itself at the technological leading edge in the business. 29. Capacity to put technological knowledge into product and process patents. 57. Ability to respond to the requirements of demand or to competitive pressure, rather than innovating to gain competitiveness by broadening the portfolio of new products, capabilities and technology ideas. Flatten et al. (2011) Acquisition (Cronbachs α=.73) The search for relevant information concerning our industry is every day business in our company. Our management motivates the employees to use information sources within our industry. Our management expects that the employees deal with information beyond our industry. Assimilation (Cronbachs α=.85) In our company ideas and concepts are communicated cross departmental. Our management emphasizes cross-departmental support to solve problems. In our company there is a quick information flow, e.g., if a business unit obtains important information it communicates this information promptly to all other business units or departments. Our management demands periodical cross-departmental meetings to interchange new developments, problems, and achievements. Transformation (Cronbachs α=.93) Our employees have the ability to structure and to use collected knowledge. Our employees are used to absorb new knowledge as well as to prepare it for further purposes and to make it available. Our employees successfully link existing knowledge with new insights. Our employees are able to apply new knowledge in their practical work. Exploitation Our management supports the development of prototypes. (Cronbachs α=.80) Our company regularly reconsiders technologies and adapts them accordant to new knowledge. Our company has the ability to work more effective by adopting new technologies. 96 4 Empirische Überprüfung Die hier dargestellten Operationalisierungen bisheriger Studien zur Absorptionsfähigkeit gehen über die reine Erfassung von F&E-Ausgaben bzw. dem Verhältnis von F&EAusgaben zum Umsatz hinaus, weil sie ansatzweise die Prozesse beschreiben, die der Fähigkeit zum Entdecken, Aufnehmen und Verwerten externen, relevanten Wissens zugrunde liegen. Dabei konzentrieren sie sich wie Fosfuri und Tribó (2008) oder Vega-Jurado et al. (2009) auf die erste Phase der Wissensidentifikation oder gehen wie Camisón und Forés (2010) oder Flatten et al. (2011) von einem Vier-Phasen-Modell der Absorptionsfähigkeit aus. Die Problematik dieses Vier-Phasen-Verständnisses wurde in Abschnitt 2.4.2 dieser Arbeit vor dem Hintergrund der Erkenntnisse zum individuellen und zum organisationalen Lernen bereits erläutert. So wird in der vorliegenden Arbeit die Transformation des externen Wissens in die zweite Phase der Absorptionsfähigkeit eingeordnet, weil für die Integration externen Wissens dieses an die unternehmensinternen oder an individuelle Strukturen angepasst werden muss. Zudem wurde die interne Verteilung des Wissens aufgrund der Arbeiten von Pawlowsky (1994, 1998) zum organisationalen Lernen dieser zweiten Phase zugeordnet. Das Verständnis der Absorptionsfähigkeit als dreidimensionales Konstrukt schließt sich damit an die Konzeptionen von Cohen und Levinthal (1990) sowie Lane et al. (2006) an. Als Ausgangspunkt für die Operationalisierung von Absorptionsfähigkeit liegt dementsprechend dieser Arbeit folgendes Verständnis der Phasen zugrunde: Phase 1: Das Erkennen von neuem Wissen außerhalb des eigenen Unternehmens und dessen Bewertung als relevant für das eigene Unternehmen. Phase 2: Das Aufnehmen des externen, relevanten Wissens, indem es an die Strukturen des Unternehmens angepasst (Transformation des Wissens) und unternehmensintern verteilt (Diffusion) wird. Phase 3: Das Verwerten des neuen Wissens, indem aus dem aufgenommenen Wissen durch Kombination neues Wissen generiert und/oder assimiliertes Wissen in organisationale Routinen und Prozesse umgesetzt wird (d.h. Transformation der Unternehmensstruktur und Prozessinnovationen). In dieser Zuordnung spiegelt sich das Verständnis von Absorptionsfähigkeit als spezielle Form des organisationalen Lernens wider (vgl. auch Sun & Anderson, 2010). Aus dieser Perspektive heraus wurde auch die empirische Umsetzung des Lernphasenmodells von Pawlowsky (1994) für die Operationalisierung der Absorptionsfähigkeit relevant. Pawlowsky et al. (2005) entwickelten aus der Zusammenschau verschiedener Instrumente zur Kompetenz- und Wissenserfassung in Organisationen eine Kompetenz- und Wissensdiagnostik, die sie in mehreren Unternehmen empirisch testeten. 4 Empirische Überprüfung 97 Bezogen auf die Lernphasen wurden mit diesem Instrument die vier Konstrukte Wissens- und Erfahrungsquellen/Entwicklung neuen Wissens, Teilen von Wissen und Erfahrungen, Sicherung und Bewahrung von Wissen sowie die Umsetzung von Wissen in Handeln abgebildet. Vergleicht man die Items der Wissens- und Kompetenzdiagnostik von Pawlowsky et al. (2005) mit den in Tabelle 4-4 aufgeführten Operationalisierungen der Absorptionsfähigkeit, wird zunächst eine hohe Übereinstimmung bezüglich der ersten Phase deutlich, wie sie sich auch innerhalb der Studien zur Absorptionsfähigkeit zeigte. Für die Phasen zwei und drei ähneln sich die Items von Camisón und Forés (2010), Flatten et al. (2011) und Pawlowsky et al. (2005), wobei sich die beiden letzteren durch ihre genaueren Formulieren auszeichnen43. Die Items von García-Morales et al. (2008) deckten zwar ebenfalls alle Phasen der Absorptionsfähigkeit ab, waren für die Fragestellung der vorliegenden Untersuchung allerdings zu allgemein formuliert. Ausgehend von den inhaltlichen Überschneidungen der drei Operationalisierungen von Camisón und Forés (2010), Flatten et al. (2011) und Pawlowsky et al. (2005), wurde den Items von Pawlowsky et al. (2005) im Kontext der geplanten Datenerhebung im deutschsprachigen Raum der Vorzug gegeben44. Da es sich bei den Instrumenten von Camisón und Forés (2010) und Flatten et al. (2011) noch nicht um etablierte Standardwerkzeuge zur Messung der Absorptionsfähigkeit handelte, wurde auf deren Übersetzung und Rückübersetzung, wie es das einschlägige Vorgehen beim Einsatz anderssprachiger Erhebungsinstrumente wäre, verzichtet45. Stattdessen wurden sie als Ausgangspunkt für die Formulierung weiterer Items herangezogen, welche die Operationalisierungen der Wissens- und Kompetenzdiagnostik ergänzten. Dabei wurden die Items der Phasen „transformation“ und „application“ von Camisón und Forés (2010) und Flatten et al. (2011) der zweiten Phase - Aufnahme neuen Wissens - zugeordnet. 43 Dagegen enthalten die Fragen von Camisón & Forés (2010) häufig viele Aufzählungen und z.T. mehrere inhaltlich verschiedene Aspekte, z. B. „66. Firm's awareness of its competences in innovation, especially with respect to key technologies, and capability to eliminate obsolete internal knowledge, thereby stimulating the search for alternative innovations and their adaptation.”. Hierin ist wohl ein Grund für die geringe interne Konsistenz der Skalen zu sehen. 44 Deutschsprachige Operationalisierungen der Absorptionsfähigkeit konnten nicht berücksichtig werden, weil sie nur die F&E-Intensität erfassten (z. B. Reinhard, 2001) oder die phasenbezogenen Items nicht valide waren (z. B. Müller, 2006). 45 Vgl. dazu als Beispiel das Vorgehen von Felfe (2006) zur Validierung einer deutschen Version des "Multifactor Leadership Questionnaire – MLQ 5x short“ zur Erfassung transformationaler Führung. 98 4 Empirische Überprüfung Allgemein formuliert wurden so (1) die genutzten Zugangsmöglichkeiten zu externem Wissen als Indikatoren der ersten Absorptionsfähigkeitsdimension erfasst. Dabei spielten sowohl die Anzahl als auch die Verschiedenartigkeit der genutzten externen Wissensquellen eine Rolle. (2) Der systematische Umgang mit externem Wissen, die Möglichkeiten für den formellen und informellen Erfahrungsaustausch sowie die Nutzung technischer Möglichkeiten für die Speicherung und Verteilung von Wissen und Informationen im Unternehmen wurden für die Messung der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit herangezogen. (3) Anhand bisheriger Prozessinnovationen sowie den kontinuierlichen Organisationsveränderungen wurde die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit erfasst. Wie bei Liao et al. (2007) wurden die Aussagen zu Kompetenzen oder Handlungen der Organisationsmitglieder aggregiert auf der Organisationsebene über alle Mitarbeiter hinweg erfasst. Sie wurden nicht auf einzelne Individuen bezogen, weil der Gesamteindruck der Führungskraft zu Handlungen aller Organisationsmitglieder, die der Absorptionsfähigkeit im Unternehmen zugrundelagen, als Determinante der Innovationsbereitschaft angesehen wurde. Einen Überblick über die eingesetzten Items zur Messung der Absorptionsfähigkeit im Unternehmen gibt Tabelle 4-5. Tabelle 4-5. Übersicht zur Operationalisierung der Dimensionen der Absorptionsfähigkeit für die vorliegende Arbeit (die Zahlen vor den Items geben die Position im Fragebogen an) Dimensionen Operationalisierung Erkennen von neuem, relevanten Wissen außerhalb des Unternehmens 8.4 Intern: Nutzung von Lernprogrammen/neuen Medien 8.1 Extern: Analyse und systematische Auswertung von Kundenreklamationen 8.2 Extern: Direkter Kontakt zu Kunden 8.3 Extern: Kundenbefragung 8.4 Extern: Lernen durch Kontakt zu Lieferanten 8.5 Extern: Kooperation mit Kritikergruppen (User groups/Pressure groups) 8.6 Extern: Open Innovation: Nutzung der Außenwelt für eigene Innovationsprozesse 8.7 Extern: Analyse des Wettbewerberverhaltens 8.12 Extern: Informationssuche im Intranet, Internet oder auf Wissensplattformen 8.13 Extern: Lesen von Fachzeitschriften 11.12 Regelmäßige Gespräche mit externen Experten und Beratern 11.14 Erfahrungsaustausch auf Kongressen und Tagungen 11.16 F&E-Kooperationen mit anderen Unternehmen 11.17 Erfahrungsaustausch in Web 2.0 (z. B. in Foren/Chats/Blogs/Newsgroups) 4 Empirische Überprüfung Tabelle 4-5. (Fortsetzung) Dimensionen Operationalisierung Aufnehmen des relevanten, unternehmensexternen Wissens Systematische Auswertung von Informationen und Wissen 8.15 Intern: Nachbereitung von Seminaren, Tagungen etc. zur Ableitung von Handlungskonsequenzen 8.22 Intern: Identifikation von Mitarbeitern mit besonderen Kompetenzen 8.8 Extern: Einschätzung zukünftiger Markt- und Technologieentwicklungen 8.9 Extern: Durchführung von Marktforschung 11.1 Erkennen von internen Experten und Erfahrungsträgern im Unternehmen 11.15 Weitergabe von Wissen aus Weiterbildungen, Tagungen und Kongressen im Unternehmen 12.14 Aufbereitung und Dokumentation von Expertenwissen Formeller und informeller Austausch zwischen Organisationsmitgliedern 11.2 Austausch in Projektteams 11.3 Austausch zwischen Projektteams 11.4 Wissen- und Erfahrungsaustausch in hierarchie- und schnittstellenübergreifenden Teams 11.6 Unternehmensinterne Wissensnetzwerke und Expertengruppen 11.7 Informeller Erfahrungsaustausch zwischen Mitarbeitern (Cafeteria, Pub, Sport etc.) 11.8 Erfahrungsaustausch mit Kollegen 11.9 Erfahrungsaustausch mit Vorgesetzten 11.10 Erfahrungsaustausch durch Arbeitsplatzwechsel (Job Rotation) Nutzung technischer Möglichkeiten zur Speicherung und Verteilung von Wissen und Informationen 11.13 Austausch mit Hilfe von Projektdatenbanken 11.18 Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien zum Wissenund Informationsaustausch 12.10 Nutzung von elektronischen Datenbanken im Unternehmen 12.11 Nutzung strukturierter Ablagen mit Register, Suchbegriffen oder Schlagworten 12.2 Dokumentation von Projekten und Erfahrungen Verwerten des neuen Wissens 8.16 Intern: kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse (KVP) 8.20 Intern: Anpassung von Verfahren und Abläufen aufgrund der Anregungen von Mitarbeitern 8.10 Extern: Übertragung von erfolgreichen Konzepten anderer auf unser Unternehmen (Best Practice) 8.11 Extern: Nutzung externer Patente oder Lizenzen für eigene Produktentwicklung 13.18R Es gibt in unserem Unternehmen nur wenige neue Ideen und Verbesserungsvorschläge. [umkodiert] 15.5 Wir verschaffen uns durch neue Verfahren, Methoden oder Herstellungsprozesse fast immer einen Marktvorteil. 99 100 4.1.3. 4 Empirische Überprüfung Durchführung Die Datenerhebung erfolgte im Rahmen des Projektes Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010 (vgl. Unterkapitel 4.1) und wurde von einem außeruniversitären Forschungsinstitut durchgeführt. Insgesamt wurden 3401 Unternehmen aller Größenklassen und Branchen in Deutschland befragt, wobei die Gesamtstichprobe repräsentativ für Branche und Größenklasse war. Die Befragung wurde dabei als computergestützte telefonische Interviews (CATI), als Online-Fragebogen oder in schriftlich-postalischer Form realisiert, wobei die Befragten die Entscheidung über die Methode trafen. Bezogen auf die Gesamtstichprobe wählten 56% computergestützte telefonische Interviews, 31% eine Online-Befragungen und 13% die schriftlich-postalische Befragung46. Das außeruniversitäre Forschungsinstitut übertrug die quantitativen Daten aller Befragten in eine SPSS-Datei. Für die vorliegende Untersuchung wurden wie im Abschnitt 4.1.1 beschrieben die kleinen und mittleren Unternehmen aus der Gesamtstichprobe herausgefiltert. Die Datenauswertung erfolgte mit den Statistikprogrammen PASW Statistics 1847und AMOS 18 Graphics. 46 Für die vorliegende Stichprobe der kleinen und mittleren Unternehmen lassen sich die Anteile nicht separat ausweisen. 47 PASW = Predictive Analytics Software von SPSS (IBM). 4 Empirische Überprüfung 4.2. 101 Ergebnisse In diesem Unterkapitel werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung vorgestellt. Im Abschnitt 4.2.1 werden zunächst die verwendeten Items und die daraus gebildeten Skalen deskriptiv analysiert, bevor im Abschnitt 4.2.2 die formulierten Hypothesen statistisch getestet werden. 4.2.1. Itemanalyse und Skalenbildung Für die Erfassung der relevanten Konstrukte wurden, wie in Abschnitt 4.1.2 dargestellt, einzelne Fragen formuliert oder mehrere Items zu einer Skala zusammengefasst. Da auf keine vorhandenen Instrumente zur Messung von Innovationsbereitschaft und Absorptionsfähigkeit zurückgegriffen werden konnte, wird in diesem Abschnitt nun ausführlich auf Itemkennwerte und die Bildung der Skalen für die vorliegende Untersuchung eingegangen. Dazu werden die Kennwerte der jeweiligen Verteilungen je Item und Skala aufgeführt, die interne Konsistenz der Skalen überprüft sowie die Verteilungen der resultierenden Skalenwerte angegeben. Das Vorgehen zur Bildung homogener Skalen folgte den Empfehlungen von Bühner (2006), wobei eine möglichst hohe interne Konsistenz der Skalen sowie eine hohe Interitemkorrelation der den Skalen zugeordneten Fragen erreicht werden sollte. 4.2.1.1. Innovationsbereitschaft der Führungskraft Die Innovationsbereitschaft setzt sich wie im Unterkapitel 2.3 herausgearbeitet, aus dem Bewerten des Veränderungsbedarfes sowie der Bewertung der Veränderbarkeit multiplikativ zusammen. Beide Bewertungen wurden jeweils mit einer Frage erfasst. Zusätzlich dazu wurden die in Kapitel 3 dargestellten Einflussgrößen auf diese Bewertungsergebnisse mithilfe mehrerer Items operationalisiert. Nachfolgend werden die Itemkennwerte dargestellt sowie die Bildung der Skalen aus mehreren Items und deren Verteilungswerte beschrieben. Beurteilung des Veränderungsbedarfes Die Beurteilung des Veränderungsbedarfes wurde mit der Frage erfasst, inwieweit gezielte Veränderungen im Unternehmen notwendig sind, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Beantwortet wurde diese Frage auf einer 11-stufigen Skala, wobei der Wert 0 für „keine Veränderung notwendig“ und der Wert 10 für „sehr große Veränderungen notwendig“ standen. Der Mittelwert aller Antworten (N=664) betrug 5.8 mit einer Standardabweichung von 2.41, der Median lag bei 6. Mit einer negativen Schiefe sowie einer negativen Kurtosis war 102 4 Empirische Überprüfung die Verteilung der Antworten eher rechtssteil und breitgipflig, das Histogramm (siehe Abbildung 4-2) sowie der Kolmogorov-Smirnov-Test zeigten, dass keine Normalverteilung vorlag48. Abbildung 4-2. Histogramm mit Normalverteilungskurve zur Frage nach der Notwendigkeit gezielter Veränderungen im Unternehmen, um wettbewerbsfähiger zu werden (Wert 0 bedeutet „keine Veränderungen notwendig“, der Wert 10 „sehr große Veränderungen notwendig“) Determinanten des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes Dem Erkennen eines Veränderungsbedarfes liegt die Wahrnehmung einer Diskrepanz zwischen dem Status Quo der Unternehmenssituation sowie einem erwünschten Soll-Zustand zugrunde (vgl. dazu auch die Ausführungen im Abschnitt 2.3.1). Diese Diskrepanz, auch als Problemdruck bezeichnet, wurde zum Einen anhand der wahrgenommenen Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenüber steht, operationalisiert und zum Anderen anhand der Wahrnehmung von Wettbewerbsvorteilen des Unternehmens, die aus der Gestaltung oder Ergebnissen der internen Leistungserstellungsprozesse resultierten. 48 Der Kolmogorov-Smirnov-Test wurde signifikant, weshalb die Annahme der Normalverteilung abgelehnt werden musste. Aufgrund der großen Stichprobe werden jedoch bereits geringe Abweichungen von der Normalverteilung signifikant, weshalb zusätzlich die Histogramme hinsichtlich der Normalverteilung analysiert wurden. Eine negative Schiefe deutet eine eher rechtssteile Verteilung, eine positive Schiefe eine eher linkssteile Verteilung an. Bei einer negativen Kurtosis ist die Verteilung der Antworten eher breitgipflig, bei einer positiven eher schmalgipflig, beim Wert Null ist sie symmetrisch. 4 Empirische Überprüfung 103 Mögliche Herausforderungen für ein Unternehmen wurden mit 29 Items abgebildet. Dabei wurde der Stellenwert der einzelnen Herausforderungen für das Unternehmen auf einer 11-stufigen Skala erfasst, wobei der Wert 0 für „kein Stellenwert“ und der Wert 10 für „sehr hoher Stellenwert“ stand49. Um zunächst einen Gesamtwert für die wahrgenommenen Herausforderungen zu erhalten, wurde per Mittelwert aus den 29 Items die neue Variable Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenübersteht gebildet. Die Antwortwerte reichten dabei von 0 „keine Herausforderungen“ bis 10 „sehr viele Herausforderungen“, der Mittelwert der neuen Variable betrug 5.68 mit einer Standardabweichung von 1.63, der Median lag bei 5.79. Das Histogramm sowie der Kolmogorov-Smirnov-Test bestätigten die Normalverteilung der Antworten (vgl. Anhang B, Abbildung B-1). Für ein differenziertes Verständnis der Herausforderungen wurden dann mit einer exploratorischen Faktorenanalyse die inhaltlichen Schwerpunkte der Herausforderungen ermittelt50. Mithilfe einer Hauptkomponentenanalyse51 sowie der Varimax-Rotation wurden acht Faktoren ermittelt, die zusammen 61% der Gesamtvarianz erklärten. In Tabelle 4-6 sind für jeden Faktor die dazugehörenden Items mit einer Faktorladungen >0.5 aufgeführt (vgl. Backhaus, Erichson, Plinke & Weiber, 2006, S. 331), die rotierte Komponentenmatrix findet sich im Anhang B, Tabelle B-1. Aufgrund einer zu geringen Faktorladung konnten 5 der 29 Items nicht zugeordnet werden52. Je Faktor wurde aus den zugehörigen Items der Mittelwert berechnet und so acht Subskalen der Variable Herausforderungen gebildet. Die Mittelwerte dieser Subskalen sowie die Standardabweichungen und Mediane sind in Tabelle 4-6 dargestellt. Keine der Skalen war laut Histogramm und Kolmogorov-Smirnov-Test normalverteilt. 49 Die vollständige Liste der Items kann im Anhang A nachgelesen werden. 50 Dafür wurden zunächst entsprechend den Empfehlungen von Bühner (2006) die Kennwerteverteilungen der einzelnen Items auf Ausreißer hin überprüft. Diese für eine Verteilung untypischen Antwortwerte lassen sich durch die Darstellung in Box-Plots identifizieren (vgl. dazu auch Sedlmeier & Renkewitz, 2008, S. 190 ff.). Da kein Item normalverteilt war, wurden die gefundenen Ausreißer zusätzlich mit dem Ausreißertest nach Walsh (1958) überprüft. Dabei wurden keine Ausreißer entdeckt, so dass alle Fälle in die Faktorenanalyse einbezogen werden konnten. Das hier kurz beschriebene Vorgehen kann an einem Beispiel im Anhang B nachvollzogen werden. 51 Die Hauptkomponentenanalyse zielt auf die Reduktion der Daten ab, indem für die Variablen, die hoch auf einen Faktor laden, eine gemeinsame Bezeichnung (Faktor) gefunden wird (vgl. z. B. Bühner, 2006, S. 196). 52 Keinem Faktor zugeordnet werden konnten die Items: 5.1 Veränderung der Kunden-/Vertriebs- und Lieferantenstruktur; 5.2 Gesetzliche Regelungen oder rechtliche Vorgaben, Vorschriften; 5.5 Zunehmend differenzierte Belegschaft (kultureller Hintergrund, Lebensentwürfe, Werte; 5.21 Neue Anforderungen durch das Internet (Web. 2.0: kollaborativ/interaktive Nutzer); 5.23 Finanzierung. 104 4 Empirische Überprüfung Tabelle 4-6. Inhaltliche Schwerpunkte der Herausforderungen, denen sich Unternehmen gegenüber sehen – Mittelwert ( ), Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Faktor 1 Faktor Items Anforderungen der Mitarbeiter an ihren Arbeitsplatz 5.16 Steigende Ansprüche der Mitarbeiter an ihre Arbeit (Wertewandel) SD Median N 5.67 2.13 5.75 661 7.12 1.96 7.50 662 4.40 2.66 4.33 630 5.36 2.34 5.33 653 5.15 2.52 5.33 636 5.96 2.41 6.00 661 3.59 2.69 3.50 598 5.92 3.21 7.00 609 5.17 Wachsende Ansprüche der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Wertewandel) 5.15 Sinkende Bereitschaft der Mitarbeiter, sich langfristig an das Unternehmen zu binden 5.20 Zunehmendes Gesundheitsbewusstsein (Work-Life Balance) der Mitarbeiter 2 Wettbewerbssituation 5.9 Qualitätswettbewerb 5.10 Innovationswettbewerb 5.8 Preiswettbewerb 5.3 Neue Konsummuster 3 Weltweite Veränderungen 5.18 Umwelt- und Ressourcenschutz (Klimawandel) 5.22 Rohstoffknappheit 5.19 Wachsende globale Sicherheitsbedrohung 4 Aktuelle Entwicklungstendenzen 5.6 Internationalisierung der Märkte 5.7 Mobilitätsanforderungen an Mitarbeiter (Außendienst, Homeoffice, Auslandsentsendung) 5.4 Wandel zur wissensbasierten Wirtschaft 5.14 Neue Technologien 5 Handlungsrahmen des Unternehmens 5.29 Ungewisse Rahmenbedingungen der Unternehmenstätigkeiten 5.28 Geschwindigkeit der Veränderungen in der Umwelt des Unternehmens 5.27 Koordination von Prozessen an verschiedenen Standorten 6 Demographischer Wandel 5.13 Demographiewandel 5.12 Personalknappheit an unternehmensrelevanten Arbeitsmärkten 5.26 Alternde Belegschaften 7 8 Allgemeine Marktentwicklungen 5.25 Börsenentwicklung Absatzmarkt 5.11 Schrumpfende Märkte 5.24 Konzentrationstendenzen/Fusionen 4 Empirische Überprüfung 105 Diese wahrgenommenen Herausforderungen wurden zur indirekten Erfassung einer Diskrepanz zwischen dem derzeitigen Ist-Zustand der Unternehmenssituation und einem erwünschtem (oder notwendigem) Soll-Zustand genutzt. Hier wurde somit der Argumentation von Gebert (1987, 2002) gefolgt, der die Grundlage für das Erkennen eines Veränderungsbedarfes in dieser Diskrepanz zwischen Soll- und Ist-Zustand sah. Ein zweiter Zugang, diese Diskrepanz im Rahmen der vorliegenden Untersuchung zu erfassen, wurde in der Bewertung von Wettbewerbsvorteilen des Unternehmens gesehen. Im Gegensatz zu den Herausforderungen, die eher auf Schwächen des Unternehmens hindeuten, sollten sich in den Wettbewerbsvorteilen die wahrgenommenen Stärken des Unternehmens niederschlagen und sich damit auch eine Zufriedenheit mit den aktuellen Leistungserstellungsprozessen im Unternehmen abbilden lassen. Wie im Abschnitt 4.1.2 erläutert, können diese wahrgenommenen Stärken sowohl auf die Bewertung des Veränderungsbedarfes als auch auf die Bewertung der Veränderbarkeit der internen Situation angewendet werden. Im Kontext der Fragestellungen im Projekt Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010 wurden 30 potenzielle Wettbewerbsfaktoren untersucht, die jeweils auf einer 11-stufige Skala bewertet werden konnten. Der Wert 0 bedeutete dabei „auf diesem Gebiet keinen Wettbewerbsvorteil“ und der Wert 10 „sehr starker Wettbewerbsvorteil“. Um aus diesen Wettbewerbsvorteilen die für die vorliegende Arbeit relevanten Inhalte herauszufiltern, wurde eine Hauptachsen-Faktorenanalyse berechnet53, die den Zusammenhang zwischen den Items auf eine latente Variable zurückgeführt, welche als Ursache des Zusammenhanges gesehen werden kann (vgl. Bühner, 2006, S. 198 ff.). Im vorliegenden Fall sollten damit Gründe für Wettbewerbsvorteile identifiziert werden, die in der Gestaltung und/oder den Ergebnissen von Geschäftsprozessen zu finden sind (vgl. dazu auch Abschnitt 3.1.1). Da davon ausgegangen wurde, dass die zu findenden Faktoren miteinander korrelieren würden, wurde den Empfehlungen von Bühner (2006, S. 206) folgend, zunächst eine oblique Promax-Rotation und ergänzend dazu eine orthogonale Varimax-Rotation berechnet. Dabei zeigte sich kein Unterschied in der Zuordnung der Items zu Faktoren, weshalb die Varimax-Rotation aufgrund ihrer einfacheren Interpretierbarkeit vorgezogen wurde (vgl. Bühner, 2006, S. 206). Die Übereinstimmung der Ergebnisse beider Rotationstechniken kann dabei als Beleg für die stabile, methodenunabhängige Faktorstruktur gesehen werden. Die fünf gefundenen Faktoren erklärten zusammen 59% der Varianz54, darunter fanden sich zwei Faktoren, die Ergebnisse der unternehmensinternen Leistungserstellungsprozesse abbildeten. 53 Zur Überprüfung von Ausreißerwerten im Vorfeld der Faktorenanalyse vgl. das in Fußnote 50, S. 104 beschrieben Vorgehen. 54 Rotierte Komponentenmatrix siehe Anhang B, Tabelle B-2. 106 Die 4 Empirische Überprüfung Items und ihre Kennwerte der beiden Faktoren Entwicklung neuartiger Produkte/Dienstleistungen sowie Kostengünstige Produktion werden in Tabelle 4-7 dargestellt. Tabelle 4-7. Faktoren der Wettbewerbsvorteile, die auf die Leistungserstellungsprozesse zurückführbar sind – Mittelwert ( ), Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item 1 2 Faktor Items SD Median N Entwicklung neuartiger Produkte/Dienstleistungen 6.12 Innovativere Produkte 6.23 2.91 7 566 6.11 Schnellere Entwicklung neuer Angebote 6.57 2.80 7 602 6.8 Höhere technische Reife der Produkte bzw. der Dienstleistung 6.63 2.73 7 595 Kostengünstige Produktion 6.13 Geringe Produktionskosten 5.08 3.30 5 534 6.9 Günstigere Preise als die Hauptkonkurrenz 5.31 3.16 5 620 Anhand der Item-Histogramme sowie dem Kolmogorov-Smirnov-Test wurde die Normalverteilung der Items geprüft und für keines der Items bestätigt. Die Analyse der Schiefe und Kurtosis je Item ergab, dass alle Items rechtssteil und eher schmalgipflig verteilt waren (vgl. Anhang B, Tabellen B-3 und B-4). Dabei fielen die Mittelwerte des ersten Faktors Entwicklung neuartiger Produkte/Dienstleistungen höher aus als die des zweiten Faktors Kostengünstige Produktion, bei letzteren verteilten sich die Antworten auch gleichmäßiger über die gesamte Skala. Aufgrund ausreichend großer Streuung bei allen Items wurden alle Aussagen für die jeweilige Skalenbildung herangezogen. Die interne Konsistenz der ersten Skala neuartige Produkte/Dienstleistungen war mit Cronbachs α=.76 ausreichend hoch, die Entfernung des Items „Höhere technische Reife der Produkte/Dienstleistungen“ hätte nur zu einer marginalen Verbesserung geführt (vgl. Tabelle B-5 im Anhang B). Die Trennschärfen der Items 6.11 und 6.12 waren mit rit>.62 sehr gut, die des Items 6.8 mit rit=.49 geringer aber noch ausreichend hoch, daher wurden alle drei Items zur Bildung der Skala herangezogen55. Die beiden Items der Skala Kostengünstige Produktion korrelierten signifikant positiv miteinander (r=.56, p<.001), woraus sich ein ausreichend hohes Cronbachs α=.72 ergab. Je Faktor wurden die zugehörigen Items per Mittelwertbildung zusammengefasst. 55 Für alle Skalen erfolgte die Bewertung von Cronbachs α nach der Regel, dass Werte >.7 akzeptabel, >.8 gut und >.9 sehr gut sind (z. B. auch angewendet von Holt et al., 2007; Krause, 2004), wobei sich Cronbachs α mit der Anzahl einbezogener Items automatisch erhöht (vgl. Cortina, 1993). Die Bewertung der Trennschärfen erfolgte für alle Skalen nach Bortz und Döring (2006 S. 220). Trennschärfen zwischen rit=0.3 und rit=0.5 gelten demnach als mittelmäßig, Trennschärfe von rit >0.5 als hoch. Dabei besteht ein positiver Zusammenhang zwischen Trennschärfe und Cronbachs α, je höher die einzelnen Trennschärfen der Items, umso höher ist die interne Konsistenz. 4 Empirische Überprüfung 107 In der Tabelle 4-8 sind die Kennwerte der neuen Variablen abgebildet. Beide Variablen waren nicht normalverteilt, rechtssteil, die Werte für den Faktor 1 Entwicklung neuartiger Produkte/Dienstleistungen dabei fast symmetrisch und für den Faktor 2 Kostengünstigere Produktion eher breitgipflig verteilt56. Tabelle 4-8. Ergebnisse der Leistungserstellungsprozesse als Wettbewerbsvorteil gegenüber Hauptkonkurrenten – Mittelwert ( ), Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item Faktor SD Median N 1 Entwicklung neuartiger Produkte/Dienstleistungen 6.48 2.37 6.67 633 2 Kostengünstige Produktion 5.22 2.90 5.25 630 Beurteilung der Veränderbarkeit Die Veränderbarkeit der Situation wurde mit einem Item zur Aufgeschlossenheit gegenüber Veränderungen erfasst. Mit einem Mittelwert von 7.24 (SD=2.19, N=666) und einem Median von 8 lag die Mehrheit der Antworten in der oberen Hälfte der Skala. Damit war die Verteilung rechtssteil, breitgipflig und nicht normalverteilt (vgl. Abbildung 4-3). Abbildung 4-3. Histogramm mit Normalverteilungskurve des Items 13.3 Bei uns ist man Veränderungen gegenüber sehr aufgeschlossen zur Operationalisierung der wahrgenommenen Veränderbarkeit der Situation (Wert 0 bedeutet „trifft nicht zu“, Wert 10 bedeutet „trifft voll und ganz zu“) 56 Vgl. Histogramm mit Normalverteilungstest im Anhang B, Abbildungen B-3 und B-4. 108 4 Empirische Überprüfung Determinanten der wahrgenommenen Veränderbarkeit Die Beurteilung der Veränderbarkeit basiert auf der Einschätzung der eigenen Ressourcen sowie der Ressourcen anderer Personen, auf die zugegriffen werden kann, um organisationale Neuerungen zu realisieren. Damit wird die wahrgenommene Veränderbarkeit, wie in den Abschnitten 3.1.1 und 4.1.2 ausgeführt, von der Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit (Selbstwirksamkeitserwartung), der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter sowie der Fehlertoleranz als Form organisationaler Unterstützung beeinflusst. Als aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung der Geschäftsführer wurde ihre Zustimmung zu der Aussage „[Unser] besseres Management/Geschäftsführung ist ein Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Hauptkonkurrent“ operationalisiert. Die Ausprägung der Variable war in der Stichprobe (N=641) mit einem Mittelwert von 6.89 (SD=2.63) und dem Median bei 8 relativ hoch. Die Antworten waren rechtssteil, eher breitgipflig und nicht normalverteilt (vgl. Anhang B, Abbildung B-5). Als zweite Leistungsfähigkeit der Ressource für Mitarbeiter Veränderungen gesehen. Diese wurde wurde die wahrgenommene anhand verschiedener Wettbewerbsvorteile operationalisiert, die mit der bereits dargestellten HauptachsenFaktorenanalyse (S. 107) zusammengefasst wurden. Einer der fünf gefundenen Faktoren konnte dabei auf die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter des Unternehmens zurückgeführt werden, die Kennwerte der zugehörigen Items sind in Tabelle 4-9 angegeben. Tabelle 4-9. Skala Mitarbeiterleistung – Mittelwert ( ), Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item Code Item SD Median N MA_1 6.2 Besonders eingespielte und professionelle Teams 7.96 1.99 8 651 MA_2 6.3 Höhere Lernfähigkeit der Mitarbeiter 6.84 2.35 7 651 MA_3 6.6 Mitarbeiter mit besseren Kenntnissen und Fähigkeiten als der Wettbewerber 7.44 2.42 8 647 MA_4 6.7 Höhere Motivation und Loyalität der Mitarbeiter 7.71 2.10 8 654 MA_5 6.24 Besonders gute funktionsübergreifende Arbeitsgruppen 6.54 2.63 7 606 Die Normalverteilung der Items wurde anhand der Item-Histogramme sowie des Kolmogorov-Smirnov-Tests getestet und für keines der Items bestätigt. Die Analyse der Schiefe und Kurtosis je Item ergab, dass alle Items rechtssteil und eher schmalgipflig verteilt waren (vgl. Anhang B, Tabelle B-6). Mit Mittelwerten zwischen 6.54 und 7.06 und Medianen bei 7 und 8 lag über alle Items hinweg eine positive Antworttendenz vor. Aufgrund ausreichend großer Streuung bei allen Items wurden alle Aussagen für die Skalenbildung herangezogen. Zu beachten ist, dass diese Skala im unteren Bereich der Antwortmöglichkeiten weniger gut 4 Empirische Überprüfung 109 zwischen den Unternehmen differenzieren konnte, da die Mehrheit der Befragten den oberen Bereich nutzte. Die Trennschärfen der fünf skalenbildenden Items sowie die interne Konsistenz der Skala abhängig von den aufgenommenen Items sind in Tabelle 4-10 angegeben. Tabelle 4-10. Skala Mitarbeiterleistung – Trennschärfe und interne Konsistenz Code Item Trennschärfe (korrigierte ItemSkala-Korrelation) Cronbachs Alpha, wenn Item weggelassen MA_1 6.2 Besonders eingespielte und professionelle Teams .65 .83 MA_2 6.3 Höhere Lernfähigkeit der Mitarbeiter .69 .81 MA_3 6.6 Mitarbeiter mit besseren Kenntnissen und Fähigkeiten als der Wettbewerber .70 .81 MA_4 6.7 Höhere Motivation und Loyalität der Mitarbeiter .72 .81 MA_5 6.24 Besonders gute funktionsübergreifende Arbeitsgruppen .58 .85 Mit Cronbachs α=.85 war die interne Konsistenz der Skala hoch, ebenso die Trennschärfen der Items mit rit>.58, durch die Entfernung einzelner Items hätte sich die interne Konsistenz nicht weiter erhöht. Der Skalenwert Mitarbeiterleistung wurde daher als Mittelwert der Antworten auf die fünf Items berechnet. Die neu gebildete Skala hatte einen Mittelwert von 7.32 (SD=1.84; N=658) und einen Median bei 7.6; die Normalverteilung der Werte wurde mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test nicht bestätigt (Histogramm siehe Anhang B, Abbildung B-6). Als dritte Ressource wurde die Fehlertoleranz im Unternehmen als Form der organisationalen Unterstützung von Veränderungen mit den zwei in Tabelle 4-11 aufgeführten Aussagen erfasst. Die Befragten konnten ihre Zustimmung oder Ablehnung dabei auf einer 11-stufigen Skala mit Werten zwischen 0 („trifft gar nicht zu“) und 10 („trifft voll und ganz zu“) abgegeben. Für die Auswertung wurden die Items umkodiert, so dass der neue Wert 0 eine niedrige Fehlertoleranz und der neue Wert 10 eine hohe Fehlertoleranz widerspiegelten. Tabelle 4-11 fasst die Kennwerte der Items zusammen. Tabelle 4-11. Skala Fehlertoleranz – Mittelwert ( ), Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item Code Item SD Median N FT_1 13.2R Bei uns dürfen keine Fehler gemacht werden. [umkodiert] 6.77 3.14 8 665 FT_4 13.9R Bei uns werden Fehler konsequent sanktioniert. [umkodiert] 6.72 2.88 7 663 110 4 Empirische Überprüfung Anhand der Item-Histogramme sowie des Kolmogorov-Smirnov-Tests wurde die Normalverteilung der Items überprüft und konnte für kein Item bestätigt werden. Die Analyse der Schiefe und Kurtosis je Item ergab, dass beide Items rechtssteil und eher breitgipflig verteilt waren (vgl. Tabelle B-7 im Anhang B). Die Mittelwerte und Mediane lagen im oberen Bereich der Skala, so dass trotz der negativen Formulierung eine positive Antworttendenz auftrat. Da beide Items hochsignifikant miteinander korrelierten (r=.35, p=.001, N=661), wurden sie per Mittelwertbildung zur Skala Fehlertoleranz zusammengefasst. Der Mittelwert der neuen Skala lag bei 6.75 (SD=2.47, N=667), der Median bei 7, die Antworten waren nicht normalverteilt, rechtssteil und eher breitgipflig verteilt (vgl. Anhang B, Abbildung B-7). Resultierende Innovationsbereitschaft der Führungskraft Zunächst wird in Tabelle 4-12 ein Überblick über die Items und Skalen gegeben, die Veränderungsbedarf und Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation sowie Aspekte der zugrundeliegenden Bewertungsprozesse erfassten. Tabelle 4-12. Zusammenfassung der Skalen, die den Veränderungsbedarf und die Veränderbarkeit der Situation erfassen – Itemanzahl, Fallzahl (N), Mittelwert ( ), Standardabweichung (SD), Median und Verteilungsform Items / Skala Beschreibung Items N Veränderungsbedarf Herausforderungen SD Median Verteilung Item: Notwendigkeit gezielter Veränderungen im Unternehmen, um wettbewerbsfähiger zu werden 1 664 5.80 2.41 6 nicht normal Skala: Herausforderungen, denen sich Unternehmen gegenüber sieht 29 668 5.68 1.65 5.79 normal [unterteilt in acht Faktoren] WVInnovation Skala: Entwicklung neuartiger Produkte/Dienstleistungen als Wettbewerbsvorteil (WV) 3 663 6.48 2.37 6.67 nicht normal WV-Kosten Skala: Kostengünstigere Produktion als Wettbewerbsvorteil (WV) 2 630 5.22 2.90 5.25 nicht normal Veränderbarkeit Item: Aufgeschlossenheit gegenüber Veränderungen 1 666 7.27 2.19 8 nicht normal SWE GF Item: aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskraft (SWE) 1 641 6.89 2.63 8 nicht normal MitarbeiterLeistung Skala: Leistung der Mitarbeiter wird als Wettbewerbsvorteil des Unternehmens wahrgenommen 5 658 7.32 1.84 7.6 nicht normal Fehlertoleranz Skala: Umgang mit Fehlern im Unternehmen 2 667 7.75 2.47 7 nicht normal 4 Empirische Überprüfung 111 Aufbauend auf den Arbeiten von Gebert (1987, 2002) und Krause (2004) wurde die Innovationsbereitschaft als neue Variable durch die Multiplikation des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes und der wahrgenommenen Veränderbarkeit der Situation gebildet. Der Mittelwert der Innovationsbereitschaft lag in der Stichprobe bei 40.25 (SD=17.4; N=668), der Median bei 40.49. Mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test wurde die Normalverteilung der Werte bestätigt (vgl. auch Abbildung 4-4). Abbildung 4-4. Histogramm mit Normalverteilungskurve der neu gebildeten Variable Innovationsbereitschaft als Produkt des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes und der wahrgenommenen Veränderbarkeit der Situation (Wert 0 bedeutet keine Innovationsbereitschaft, Wert 10 bedeutet maximale Innovationsbereitschaft) 4.2.1.2. Organisationale Absorptionsfähigkeit Dimension 1: Erkennen von relevantem, unternehmensexternem Wissen Die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit wurde anhand von Items operationalisiert, die auf Möglichkeiten abzielen, relevantes externes Wissen zu erkennen. Solche Möglichkeiten liegen in der Einbindung in externen Netzwerken, im Kontakt zu Kunden und Lieferanten sowie in der Nutzung von Fachinformationen. Pro Item wurde jeweils nach dem Stellenwert der angesprochenen Aktivitäten in der Organisation gefragt. Die Bewertung wurde auf einer 11-stufigen Skala vorgenommen, wobei der Wert 0 für die Ausprägung „kein Stellenwert“ und der Wert 10 für die Ausprägung „sehr hoher Stellenwert“ standen. Anhand der Item-Histogramme sowie des Kolmogorov-Smirnov-Tests wurde die Normalverteilung der Items überprüft. Keines der Items war demnach normalverteilt. Die Analyse der Schiefe und Kurtosis je Item ergab, dass acht Items eher rechtssteil und sechs eher 112 4 Empirische Überprüfung linkssteil verteilt waren. Dabei waren neun Verteilungen eher breitgipflig, vier schmalgipflig und eine nahezu symmetrisch. Die Tabelle C-1 mit den detaillierten Verteilungsangaben steht im Anhang C zur Verfügung, Mittelwert und Standardabweichung werden nachfolgend in Tabelle 4-13 aufgeführt. Tabelle 4-13. Skala Absorptionsfähigkeit 1-Erkennen – Mittelwert ( ), Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item Code Item SD Median N AF1_1 8.4 Intern: Nutzung von Lernprogrammen/neuen Medien 4.27 3.24 4 658 AF1_2 8.1 Extern: Analyse und systematische Auswertung von Kundenreklamationen 7.63 2.70 8 662 AF1_3 8.2 Extern: Direkter Kontakt zu Kunden 9.09 1.55 10 664 AF1_4 8.3 Extern: Kundenbefragung 6.27 3.26 7 665 AF1_5 8.4 Extern: Lernen durch Kontakt zu Lieferanten 5.83 3.19 7 653 AF1_6 8.5 Extern: Kooperation mit Kritikergruppen (User groups/Pressure groups) 3.10 3.19 2 635 AF1_7 8.6 Extern: Open Innovation: Nutzung der Außenwelt für eigene Innovationsprozesse 4.15 3.22 5 639 AF1_8 8.7 Extern: Analyse des Wettbewerberverhaltens 5.70 3.06 8 658 AF1_9 8.12 Extern: Informationssuche im Intranet, Internet oder auf Wissensplattformen 6.71 3.05 8 665 AF1_10 8.13 Extern: Lesen von Fachzeitschriften 7.27 2.43 8 667 AF1_11 11.12 Regelmäßige Gespräche mit externen Experten und Beratern 4.37 3.10 5 656 AF1_12 11.14 Erfahrungsaustausch auf Kongressen und Tagungen 4.75 2.95 5 661 AF1_13 11.16 F&E-Kooperationen mit anderen Unternehmen 2.51 3.01 1 648 AF1_14 11.17 Erfahrungsaustausch in Web 2.0 (z. B. in Foren/Chats/Blogs/Newsgroups) 2.09 2.69 1 655 Bevor aus den Items eine Skala AF1-Erkennen zur Erfassung der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit gebildet wurde, wurden die Items hinsichtlich ihrer Schwierigkeit und Streuung analysiert, da diese die Trennschärfe der Items sowie die interne Konsistenz der Skala beeinflussen und systematische Verzerrungen ausgeschlossen werden sollten (vgl. Bühner, 2006, S. 76 ff.; Lienert & Raatz, 1998, S. 73 ff.). Aus den Verteilungswerten in Tabelle 4-13 wird deutlich, dass das Item AF1_3 „Direkter Kontakt zum Kunden“ eine deutlich geringere Streuung aufwies, als die anderen Items. Die Antworten konzentrierten sich mit einem Mittelwert von 9.09 am oberen Ende der Skala, womit keine ernstzunehmende Differenzierung zwischen den Unternehmen möglich war. Deshalb wurde das Item für die zu bildende Skala AF1-Erkennen nicht verwendet. Die Mittelwerte der verbleibenden 13 Items reichten vom Wert 2.09 (Item AF1_14) bis zum Wert 7.63 (Item AF1_3), womit ein breiter 4 Empirische Überprüfung 113 Schwierigkeitsbereich abgedeckt und eine ausreichende Differenzierung der Gesamtskala an den Randbereichen ermöglicht wurde. Die Standardabweichungen variierten zwischen 2.43 (Item AF1_ 10) und 3.26 (Item AF1_4), welche nach Bühner (2006) eine hohe Trennschärfe begünstigen sollten. Im nächsten Schritt wurden diese Trennschärfen je Item ermittelt, d.h. geprüft, wie gut jedes Item inhaltlich die anderen Items und damit die Gesamtskala widerspiegelt, sowie die Reliabilität der Skala anhand Cronbachs α bestimmt (Tabelle 4-14). Tabelle 4-14. Skala Absorptionsfähigkeit 1-Erkennen – Trennschärfe und interne Konsistenz Code Item Trennschärfe (korrigierte ItemSkala-Korrelation) Cronbachs Alpha, wenn Item weggelassen AF1_1 8.4 Intern: Nutzung von Lernprogrammen/neuen Medien .53 .83 AF1_2 8.1 Extern: Analyse und systematische Auswertung von Kundenreklamationen .43 .83 AF1_4 8.3 Extern: Kundenbefragung .44 .83 AF1_5 8.4 Extern: Lernen durch Kontakt zu Lieferanten .36 .82 AF1_6 8.5 Extern: Kooperation mit Kritikergruppen (User groups/Pressure groups) .55 .81 AF1_7 8.6 Extern: Open Innovation: Nutzung der Außenwelt für eigene Innovationsprozesse .61 .82 AF1_8 8.7 Extern: Analyse des Wettbewerberverhaltens .53 .83 AF1_9 8.12 Extern: Informationssuche im Intranet, Internet oder auf Wissensplattformen .47 .83 AF1_10 8.13 Extern: Lesen von Fachzeitschriften .42 .83 AF1_11 11.12 Regelmäßige Gespräche mit externen Experten und Beratern .48 .82 AF1_12 11.14 Erfahrungsaustausch auf Kongressen und Tagungen .50 .82 AF1_13 11.16 F&E-Kooperationen mit anderen Unternehmen .49 .82 AF1_14 11.17 Erfahrungsaustausch in Web 2.0 (z. B. in Foren/Chats/Blogs/Newsgroups) .45 .83 Mit Cronbachs α=.84 war die interne Konsistenz der Skala als gut zu bewerten. Die Trennschärfen der Items waren ebenfalls hoch, einzig Item AF1_5 hatte mit rit=.36 eine geringere, aber noch ausreichende Trennschärfe. Da das Konstrukt AF1 Erkennen externen Wissens möglichst breit erfasst werden sollte, wurde auch dieses Item beibehalten, weil es ein 114 4 Empirische Überprüfung Randgebiet des zu erfassenden Konstruktes abdeckte57. Weiterhin hätte sich Cronbachs α durch die Entfernung einzelner Items nicht erhöht, weshalb alle 13 Items für die Skalenbildung herangezogen wurden. Der Skalenwert AF1-Erkennen wurde als Mittelwert der Antworten auf die Einzelitems berechnet. Der Mittelwert der Skala betrug 5 mit einer Standardabweichung von 1.77, der Median lag bei 5.08, die Normalverteilung der Werte wurde mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test bestätigt (vgl. Anhang C, Abbildung C-1). Dimension 2: Aufnehmen von relevantem, unternehmensexternem Wissen Bei der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit steht die Assimilation des als relevant eingestuften externen Wissens im Mittelpunkt. Wie im Abschnitt 2.4.2 zum Konzept der Absorptionsfähigkeit ausgeführt, bedeutet diese Aufnahme von Wissen gleichzeitig dessen Anpassung an das Unternehmen (Transformation) als auch eine Verteilung innerhalb der Organisation (Diffusion). Um diese Prozesse abzubilden, wurde nach dem Stellenwert verschiedener Aktivitäten im Unternehmen zum internen Austausch von Wissen und Erfahrungen gefragt. Die Bewertung wurde auf einer 11-stufigen Skala vorgenommen, wobei der Wert 0 für die Ausprägung „kein Stellenwert“ und der Wert 10 für die Ausprägung „sehr hoher Stellenwert“ standen. Dafür wurden, wie in Abschnitt 4.1.2 bereits vorgestellt, drei Subskalen gebildet: (1) AF2A_Systematik: Systematische unternehmensinterne Auswertung von Informationen und Wissen (2) AF2B_Austausch: Formeller und informeller Erfahrungsaustausch zwischen Organisationsmitgliedern (3) AF2C_Technik: Nutzung technischer Möglichkeiten zur Speicherung und Verteilung von Wissen und Informationen In Tabelle 4-15 sind die für die Subskala AF2A_Systematik formulierten Items sowie deren Mittelwerte, Standardabweichungen, Mediane und Fallzahlen abgebildet. 57 Vgl. zur geringeren Trennschärfe der für ein Konstrukt randständigen, aber zur Differenzierung notwendigen Items auch Bühner (2006, S. 178 ff.). 4 Empirische Überprüfung 115 Tabelle 4-15. Absorptionsfähigkeit 2A_Systematik: Systematische unternehmensinterne Auswertung von Informationen und Wissen – Mittelwert ( ), Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item Code Item SD Median N AF2_a1 8.15 Intern: Nachbereitung von Seminaren, Tagungen etc. zur Ableitung von Handlungskonsequenzen 4.85 3.18 5 659 AF2_a2 8.22 Intern: Identifikation von Mitarbeitern mit besonderen Kompetenzen 6.84 2.55 7 664 AF2_a3 8.8 Extern: Einschätzung zukünftiger Markt- und Technologieentwicklungen 6.01 3.08 7 654 AF2_a4 8.9 Extern: Durchführung von Marktforschung 3.04 3.15 2 654 AF2_a5 11.1 Erkennen von internen Experten und Erfahrungsträgern im Unternehmen 6.02 3.01 7 657 AF2_a6 11.15 Weitergabe von Wissen aus Weiterbildungen, Tagungen und Kongressen im Unternehmen 5.43 3.03 6 663 AF2_a7 12.14 Aufbereitung und Dokumentation von Expertenwissen 5.30 3.15 6 658 Anhand der Item-Histogramme sowie des Kolmogorov-Smirnov-Tests wurde die Normalverteilung der Items überprüft. Keines der Items war demnach normalverteilt. Die Analyse der Schiefe und Kurtosis je Item ergab, dass sechs Items eher rechtssteil und das Item AF2_a4 deutlich linkssteil verteilt waren, sechs der Verteilungen waren darunter eher breitgipflig und die des Items AF2_a2 eher schmalgipflig. Im Anhang C, Tabelle C-2 sind die exakten Werte zur Verteilung dargestellt. Die Durchführung von Marktforschung (Item AF2_a4) hatte in der Stichprobe insgesamt einen geringen Stellenwert. Der Median lag bei 2, 34% der Befragten gaben den Wert 0 an, die anderen verteilten sich nahezu gleichmäßig über die gesamte Skala. Aufgrund dieser Streuung wurde das Item für die Berechnung der Skala AF2_A_Systematik beibehalten. Bei den Items AF2_a2, AF2_a3 und AF2_a5 lag die Mehrheit der Antworten im oberen Bereich der Skala. Da sie allerdings eine ausreichend große Streuung aufwiesen und damit zwischen den Befragten differenzierten, wurden auch diese Items für die Skalenbildung herangezogen. Die Mittelwerte der sieben Items reichten von 3.04 bis 6.84, die zu erwartende Differenzierung der Gesamtskala wurde damit als ausreichend angesehen. Im Anschluss an die Itemanalyse wurden die Trennschärfen je Item sowie die interne Konsistenz der Skala berechnet (vgl. Tabelle 4-16). 116 4 Empirische Überprüfung Tabelle 4-16. Skala Absorptionsfähigkeit 2A_Systematik – Trennschärfe und interne Konsistenz Code Item Trennschärfe (korrigierte ItemSkala-Korrelation) Cronbachs Alpha, wenn Item weggelassen AF2_a1 8.15 Intern: Nachbereitung von Seminaren, Tagungen etc. zur Ableitung von Handlungskonsequenzen .62 .76 AF2_a2 8.22 Intern: Identifikation von Mitarbeitern mit besonderen Kompetenzen .57 .78 AF2_a3 8.8 Extern: Einschätzung zukünftiger Markt- und Technologieentwicklungen .48 .79 AF2_a4 8.9 Extern: Durchführung von Marktforschung .44 .80 AF2_a5 11.1 Erkennen von internen Experten und Erfahrungsträgern im Unternehmen .48 .79 AF2_a6 11.15 Weitergabe von Wissen aus Weiterbildungen, Tagungen und Kongressen im Unternehmen .59 .77 AF2_a7 12.14 Aufbereitung und Dokumentation von Expertenwissen .61 .77 Mit Cronbachs α=.80 waren die interne Konsistenz der Skala als gut zu bewerten und die Trennschärfen der Items als hoch einzustufen. Da sich Cronbachs α durch die Entfernung einzelner Items nicht erhöht hätte, wurden alle sieben Items für die Skalenbildung herangezogen. Der Skalenwert AF2A _Systematik wurde als Mittelwert der Antworten auf die Einzelitems berechnet. Der Mittelwert der Skala betrug 5.36 (SD=2.046; N=668), der Median lag bei 5.34, die Normalverteilung der Werte wurde mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test bestätigt (Histogramm siehe Anhang C, Abbildung C-2). Die zweite Subskala zur Erfassung der Aufnahme von externem, relevantem Wissen wurde anhand von Items operationalisiert, die den Austausch von Wissen und Erfahrungen innerhalb des Unternehmens abbildeten. Die Mittelwerte, Standardabweichungen, Mediane und Fallzahlen dieser Items sind in Tabelle 4-17 aufgeführt. 4 Empirische Überprüfung 117 Tabelle 4-17. Absorptionsfähigkeit 2B_Austausch: Formeller und informeller Austausch von Erfahrungen zwischen Organisationsmitgliedern – Mittelwert ( ), Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item Code Item SD Median N AF2_b1 11.2 Austausch in Projektteams 5.12 3.43 5 651 AF2_b2 11.3 Austausch zwischen Projektteams 4.72 3.41 5 645 AF2_b3 11.4 Wissen- und Erfahrungsaustausch in hierarchie- und schnittstellenübergreifende Teams 5.57 3.16 6 646 AF2_b4 11.6 Unternehmensinterne Wissensnetzwerke und Expertengruppen 4.19 3.41 4 643 AF2_b5 11.7 Informeller Erfahrungsaustausch zwischen Mitarbeitern (Cafeteria, Pub, Sport etc.) 6.26 2.96 7 656 AF2_b6 11.8 Erfahrungsaustausch mit Kollegen 7.62 2.01 8 662 AF2_b7 11.9 Erfahrungsaustausch mit Vorgesetzten 7.50 2.25 8 661 AF2_b8 11.10 Erfahrungsaustausch durch Arbeitsplatzwechsel (Job Rotation) 3.62 3.36 3 652 Die Normalverteilung der Items wurde anhand der Item-Histogramme sowie des Kolmogorov-Smirnov-Tests überprüft und konnte für keines der Items bestätig werden. Die Analyse der Schiefe und Kurtosis je Item ergab, dass fünf Items eher rechtssteil, zwei Items linkssteil und das Item AF2_b2 nahezu symmetrisch verteilt waren. Darunter waren sechs eher breitgipflige und zwei eher schmalgipflige Verteilungen. Die genauen Angaben dazu finden sich im Anhang C, Tabelle C-3. Den niedrigsten Stellenwert mit einem Mittelwert von 3.62 und dem Median bei 3 hat der Erfahrungsaustausch durch Job Rotation (AF2_b8). Knapp 30% der Befragten gaben den Wert 0 an, die anderen verteilten sich nahezu gleichmäßig auf die anderen Antwortkategorien, weshalb das Item für die Skalenbildung mit herangezogen wurde. Hohe Mittelwerte und Mediane wiesen dagegen der Erfahrungsaustausch mit Kollegen (AF2_b6) und Vorgesetzten (AF2_b7) auf. Beim Item AF2_b6 lagen 75% der Antworten zwischen den Werten 4 und 10 mit einem Median von 8, beim Item AF2_b7 reichte bei gleichem Median die 75%-Spanne vom Wert 2 bis zum Wert 10. Trotz dieser im Vergleich zu den anderen Items eingeschränkten Streuung wurden AF2_b6 und AF2_b7 aufgrund ihrer inhaltlichen Bedeutung bei der Bildung der Skala AF2B_Austausch berücksichtig. Die ItemMittelwerte lagen zwischen 3.62 und 7.62, was als ausreichende Differenzierungsfähigkeit der Gesamtskala interpretiert wurde. Für die Bildung der Skala wurden dann die Trennschärfen je Item sowie die interne Konsistenz der Skala berechnet (Tabelle 4-18). 118 4 Empirische Überprüfung Tabelle 4-18. Skala Absorptionsfähigkeit2B_Austausch – Trennschärfe und interne Konsistenz Code Item Trennschärfe (korrigierte Item-SkalaKorrelation) Cronbachs Alpha, wenn Item weggelassen AF2_b1 11.2 Austausch in Projektteams .73 .81 AF2_b2 11.3 Austausch zwischen Projektteams .74 .81 AF2_b3 11.4 Wissen- und Erfahrungsaustausch in hierarchieund schnittstellenübergreifende Teams .65 .82 AF2_b4 11.6 Unternehmensinterne Wissensnetzwerke und Expertengruppen .66 .82 AF2_b5 11.7 Informeller Erfahrungsaustausch zwischen Mitarbeitern (Cafeteria, Pub, Sport etc.) .51 .84 AF2_b6 11.8 Erfahrungsaustausch mit Kollegen .52 .84 AF2_b7 11.9 Erfahrungsaustausch mit Vorgesetzten .55 .84 AF2_b8 11.10 Erfahrungsaustausch durch Arbeitsplatzwechsel (Job Rotation) .39 .86 Mit Cronbachs α=.85 war die interne Konsistenz der Skala bereits als gut zu bewerten, ebenso die Trennschärfen der Items mit rit>.51. Eine niedrigere Trennschärfe wies das Item AF2_b8 mit rit=.39 auf, dessen Entfernung die interne Konsistenz der Skala auf Cronbachs α=.86 zudem verbessert hätte. Vor dem Hintergrund der Itemanalyse überraschte dieses Ergebnis nicht. Da bei den anderen Items verstärkt die Antwortmöglichkeiten über den Wert 3 frequentiert wurden, ermöglichte das Item AF2_b8 mit seinem niedrigeren Mittelwert und Median eine zusätzliche Differenzierung im unteren Bereich der Skala, weshalb es für die Skalenbildung beibehalten wurde58. Per Mittelwertsbildung wurde daher aus den acht Items der Skalenwert AF2B_Austausch berechnet. Der Mittelwert der so gebildeten Skala betrug 5.44 mit einer Standardabweichung von 2.17, der Median lag bei 5.75, die Normalverteilung der Werte wurde mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test auf dem 1%- Alpha-Fehler-Niveau nicht bestätigt (Histogramm siehe Anhang C, Abbildung C-3). Die letzte Subskala, mit der die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit erfasst wurde, konzentrierte sich auf die Nutzung technischer Möglichkeiten, welche die Speicherung und den Austausch von Wissen und Informationen im Unternehmen unterstützten. Tabelle 4-19 gibt die Items sowie deren Mittelwerte, Standardabweichungen, Mediane und Fallzahlen wieder. 58 Zum Zusammenhang von Streuung, Mittelwert und Trennschärfe siehe Bühner (2003, S. 95 ff.), er empfiehlt im Zweifelsfall inhaltliche Überlegungen über die statistische Skalenanalyse zu stellen (S. 106 f.). 4 Empirische Überprüfung 119 Tabelle 4-19. Absorptionsfähigkeit 2C_Technik: Technische Möglichkeiten zur Speicherung und Verteilung von Informationen – Mittelwert ( ), Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item Code Item SD Median N AF2_c1 11.13 Austausch mit Hilfe von Projektdatenbanken 2.91 2.97 2 647 AF2_c2 11.18 Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien zum Wissen- und Informationsaustausch 5.33 3.35 6 659 AF2_c3 12.10 Nutzung von elektronischen Datenbanken im Unternehmen 6.61 3.27 8 655 AF2_c4 12.11 Nutzung strukturierter Ablagen mit Register, Suchbegriffen oder Schlagworten 6.16 3.24 7 657 AF2_c5 12.2 Dokumentation von Projekten und Erfahrungen 6.24 2.99 7 659 Die Normalverteilung der Items wurde anhand der Item-Histogramme sowie des Kolmogorov-Smirnov-Tests überprüft und konnte für keines der Items bestätig werden. Die Analyse der Schiefe und Kurtosis je Item ergab, dass vier Items eher rechtssteil, Item AF2_c1 linkssteil sowie alle Items breitgipflig verteilt waren. Die genauen Angaben dazu finden sich im Anhang C, Tabelle C-4. Den niedrigsten Stellenwert mit einem Mittelwert von 2.91 und dem Median bei 2 hat der Austausch mit Hilfe von Projektdatenbanken (AF2_c1). Knapp ein Drittel der Befragten gaben hierzu den Wert 0 an, die anderen verteilten sich nahezu gleichmäßig auf die verbleibenden Antwortkategorien. Da es das Spektrum der Gesamtskala AF2C_Technik im unteren Bereich der Antwortmöglichkeiten erweiterte, wurde das Item für die Skalenbildung mit herangezogen. Die Mittelwerte der anderen Items reichten von 5.33 (AF2_c2) bis 6.61 (AF2_c4) mit Medianen von 6 bis 8. Da die Streuung der Items als ausreichend groß erachtet wurde, flossen alle in die Bildung der Gesamtskala ein. Für die Bildung der Skala wurden wiederum die Trennschärfen je Item sowie die interne Konsistenz der Skala berechnet (Tabelle 4-20). 120 4 Empirische Überprüfung Tabelle 4-20. Skala Absorptionsfähigkeit 2C_Technik – Trennschärfe und interne Konsistenz Code Item Trennschärfe (korrigierte ItemSkala-Korrelation) Cronbachs Alpha, wenn Item weggelassen AF2_c1 11.13 Austausch mit Hilfe von Projektdatenbanken .50 .75 AF2_c2 11.18 Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien zum Wissen- und Informationsaustausch .54 .74 AF2_c3 12.10 Nutzung von elektronischen Datenbanken im Unternehmen .64 .70 AF2_c4 12.11 Nutzung strukturierter Ablagen mit Register, Suchbegriffen oder Schlagworten .61 .71 AF2_c5 12.2 Dokumentation von Projekten und Erfahrungen .46 .76 Mit Cronbachs α=.78 war die interne Konsistenz der Skala niedriger als die der vorangegangen Skalen, allerdings immer noch ausreichend hoch, wie auch die Trennschärfen der Items. Da sich Cronbachs α durch die Entfernung einzelner Items nicht erhöht hätte, wurden alle fünf Items für die Skalenbildung herangezogen. Aus dem Mittelwert der Antworten auf die Items wurde der Skalenwert AF2C _Technik berechnet. Der Mittelwert der Skala betrug 5.46 mit einer Standardabweichung von 2.30, der Median lag bei 5.8, die Normalverteilung der Werte wurde mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test bestätigt (Histogramm siehe Anhang C, Abbildung C-4). Die drei Subskalen korrelierten signifikant positiv miteinander59. Aus dem Mittelwert dieser drei wurde daher eine Gesamtskale AF2-Aufnehmen_Gesamt zur Erfassung der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit gebildet. Deren Mittelwert betrug 5.47 mit einer Standardabweichung von 1.9 und dem Median bei 5.64, nach dem Kolmogorov-SmirnovTest sowie der Analyse des Histogramms lag keine Normalverteilung vor (vgl. Anhang C, Abbildung C-5). Dimension 3: Verwerten des neuen Wissens Die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit beinhaltet die Generierung neuen Wissens sowie die Umsetzung des neuen oder von extern erworbenen Wissen in interne Routinen und Prozesse. Sie bildet die Verwertungsphase des externen Wissens im Unternehmen ab. Für die Operationalisierung dieser Dimension wurde der Schwerpunkt auf die Umsetzung gelegt, weil sich hier externes und neues Wissen in veränderten Strukturen 59 Produkt-Moment-Korrelationen mit Korrelationskoeffizienten zwischen r=.61 und r=.71, die auf dem 1%-Alpha-Fehler-Niveau signifikant wurden, vgl. Tabelle 33. 4 Empirische Überprüfung 121 oder Prozessen manifestieren. Mit den Fragen AF3_1 bis AF3_4 wurde nach dem Stellenwert einzelner Maßnahmen im Unternehmen gefragt, die Items AF3_5 erfasste das Ausmaß an Verbesserungsvorschlägen der Mitarbeiter (im Fragebogen negativ formuliert, wurde für die Berechnung umkodiert), AF3_6 den erzielten Wettbewerbsvorteilen durch neue Verfahren und Methoden als Operationalisierung von Prozessinnovationen. Die Antworten wurden wiederum auf einer 11-stufigen Skala erfasst, wobei der Wert 0 „kein Stellenwert“ bzw. „trifft gar nicht zu“ und der Wert 10 „sehr hoher Stellenwert“ bzw. „trifft voll und ganz zu“ abbildeten. Die Kennwerte der einzelnen Items sind in Tabelle 4-21 dargestellt. Tabelle 4-21. Absorptionsfähigkeit 3-Verwerten – Mittelwert ( ), Standardabweichung (SD), Median und Fallzahl (N) je Item Code Item SD Median N AF3_1 8.16 Intern: kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse (KVP) 6.20 2.91 7 658 AF3_2 8.20 Intern: Anpassung von Verfahren und Abläufen aufgrund der Anregungen von Mitarbeitern 6.79 2.50 7 663 AF3_3 8.10 Extern: Übertragung von erfolgreichen Konzepten anderer auf unser Unternehmen (Best Practice) 5.40 3.05 6 658 AF3_4 8.11 Extern: Nutzung externer Patente oder Lizenzen für eigene Produktentwicklung 1.68 2.71 0 638 AF3_5 13.18R Es gibt in unserem Unternehmen nur wenige neue Ideen und Verbesserungsvorschläge. [umkodiert]60 6.79 2.62 7 664 AF3_6 15.5 Wir verschaffen uns durch neue Verfahren, Methoden oder Herstellungsprozesse fast immer einen Marktvorteil. 4.88 3.15 5 520 Anhand der Item-Histogramme sowie des Kolmogorov-Smirnov-Tests zeigte sich, dass keines der Items normalverteilt war. Die Analyse der Schiefe und Kurtosis je Item ergab, dass fünf Items rechtssteil und das Item AF3_4 linkssteil verteilt waren, vier der Verteilungen waren darunter eher breitgipflig und zwei eher schmalgipflig. Im Anhang C, Tabelle C-5 sind die exakten Werte zur Verteilung dargestellt. Den geringsten Stellenwert hatte die Nutzung externer Patente oder Lizenzen für die eigene Produktentwicklung (AF3_4) mit einem Mittelwert von 1.68 und dem Median bei 0. Von den 638 Antworten entfielen 61% auf den Wert 0, weshalb das Item für die Skalenbildung nicht genutzt wurde. Die Mittelwerte der anderen Items lagen zwischen 4.88 und 7.03 mit Medianen bei 5 bis 8 und damit mehrheitlich in der oberen Hälfte der Antwortskala. Dabei wiesen die Items AF3_3 und AF3_6 die größte 60 Antworten wurden entsprechend der Richtung der anderen Items umkodiert, der neue Wert 0 bedeutet wenige Ideen und Verbesserungsvorschläge, der neue Wert 10 bedeutet viele Ideen und Verbesserungsvorschläge. 122 4 Empirische Überprüfung Streuung auf, die Antworten verteilten sich hier annähernd gleich über die 11-stufige Skala und ermöglichten somit eine Differenzierung der Stichprobe auch im Bereich der niedrigen Antwortwerte. Die Trennschärfen der Items sowie die Konsistenz der Skala in Abhängigkeit von ihrer Aufnahme sind in Tabelle 4-22 angegeben. Tabelle 4-22. Skala Absorptionsfähigkeit 3-Verwerten – Trennschärfe und interne Konsistenz Code Item Trennschärfe (korrigierte ItemSkala-Korrelation) Cronbachs Alpha, wenn Item weggelassen AF3_1 8.16 Intern: kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse (KVP) .56 .55 AF3_2 8.20 Intern: Anpassung von Verfahren und Abläufen aufgrund der Anregungen von Mitarbeitern .52 .58 AF3_3 8.10 Extern: Übertragung von erfolgreichen Konzepten anderer auf unser Unternehmen (Best Practice) .40 .63 AF3_5 13.18 Es gibt in unserem Unternehmen viele neue Ideen und Verbesserungsvorschläge. .25 .69 AF3_6 15.5 Wir verschaffen uns durch neue Verfahren, Methoden oder Herstellungsprozesse fast immer einen Marktvorteil. .40 .63 Mit Cronbachs α=.67 war die interne Konsistenz der Skala zu gering, durch das Entfernen von Item AF3_5 hätte sie sich nur marginal auf α=.69 erhöht. Die Analyse der Korrelationen zwischen den Items zeigte, dass die Items AF3_1, AF3_2 und AF3_3 signifikant positiv miteinander korrelierten61. Mit dem Item AF3_5 korrelierte nur AF3_1 mit rs=.23, aufgrund dieser geringen Ausprägung wurde das Item AF3_5 von der Skalenbildung ausgeschlossen. Mit dem Item AF3_6 korrelierten zwar alle vier anderen Items, aber geringer als AF1_1 bis AF1_3 untereinander. Da sich diese aber inhaltlich vom Item AF3_6 unterschieden, wurde das Item Item AF3_6 für die weiteren Auswertungen separat genutzt (Histogramm siehe Anhang C, Abbildung C-6). Die drei Items AF3_1, AF3_2 und AF3_3 wurden aufgrund ihrer Korrelationen und inhaltlicher Nähe zu einer Skala AF3-Verwerten_KVP zusammengefasst, die inkrementelle Verbesserungsprozesse im Unternehmen abbildete. Die interne Konsistenz dieser Skala wurde mit Cronbachs α=.71 als ausreichend bewertet, die Trennschärfen der Items waren hoch (Tabelle 4-23). 61 Produkt-Moment-Korrelationen mit moderaten bis hohen Korrelationskoeffizienten zwischen r=.40 und r=.56, die jeweils auf dem 1%-Alpha-Fehler-Niveau signifikant wurden. 4 Empirische Überprüfung 123 Tabelle 4-23. Skala Absorptionsfähigkeit 3-Verwerten_KVP – Trennschärfe und interne Konsistenz Code Item Trennschärfe (korrigierte ItemSkala-Korrelation) Cronbachs Alpha, wenn Item weggelassen AF3_1 8.16 Intern: kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse (KVP) .57 .56 AF3_2 8.20 Intern: Anpassung von Verfahren und Abläufen aufgrund der Anregungen von Mitarbeitern .57 .58 AF3_3 8.10 Extern: Übertragung von erfolgreichen Konzepten anderer auf unser Unternehmen (Best Practice) .47 .71 Der Skalenwert AF3-Verwerten_KVP wurde als Mittelwert der Antworten auf die drei Einzelitems berechnet und betrug =6.13 (SD=2.26, N=667), der Median lag bei 6.33, einen Normalverteilung der Werte lag laut Histogramm-Analyse und Kolmogorov-Smirnov-Test nicht vor (Histogramm siehe Anhang C, Abbildung C-7). 124 4 Empirische Überprüfung Organisationale Absorptionsfähigkeit als dreidimensionales Konstrukt Als Überblick werden die einzelnen Skalen der Absorptionsfähigkeit, ihre inhaltliche Bedeutung sowie die Verteilungswerte in Tabelle 4-24 zusammenfassend dargestellt. Tabelle 4-24. Zusammenfassung der Skalen, die die Dimensionen der Absorptionsfähigkeit erfassten – Itemanzahl, Fallzahl (N), Mittelwert ( ), Standardabweichung (SD), Median und Verteilungsform Skala Beschreibung Items N AF1Erkennen Kontakte zur Unternehmensumwelt, die das Erkennen externen Wissens ermöglichen AF2AAufnehmen_ Systematik SD Median Verteilung 13 668 5 1.77 5.08 normal Systematische unternehmensinterne Auswertung von Informationen und Wissens 7 668 5.35 2.05 5.34 normal AF2BAufnehmen_ Austausch Formeller und informeller Erfahrungsaustausch zwischen Organisationsmitgliedern 8 665 5.44 2.17 5.75 nicht normal AF2CAufnehmen_ Technik Nutzung technischer Möglichkeiten zur Speicherung und Verteilung von Wissen und Informationen 5 666 5.46 2.30 5.8 normal AF2Aufnehmen_ Gesamt Assimilation des relevanten, externen Wissens; Mittelwert aus den drei Subskalen Systematik, Austausch, Technik 668 5.47 1.9 5.64 nicht normal AF3Verwerten_ KVP Umsetzung von Wissen durch inkrementelle Veränderung der internen Prozesse und Strukturen 3 667 6.13 2.26 6.33 nicht normal; AF3_Prozessinnovationen Marktvorteil durch neue Verfahren, Methoden oder Herstellungsprozesse 1 520 4.88 3.15 5 nicht normal Um einen Gesamtwert für die Absorptionsfähigkeit im Unternehmen zu erhalten, wurde die Summe aus der Skala AF1, der Skala AF2_Gesamt, der Skala AF3_KVP und dem Item AF3_Prozessinnovationen gebildet. Dieses Vorgehen gründet sich darin, dass Absorptionsfähigkeit durch drei Dimensionen beschrieben werden kann, die, wenn auch abhängig voneinander so doch zunächst separat im Unternehmen durch entsprechende Handlungen ausgestaltet werden können. Hierin spiegelt sich das Verständnis von potenzieller und realisierte Absorptionsfähigkeit wider (nach Zahra & George, 2002, vgl. auch Abschnitt 2.4.2 dieser Arbeit). Damit stehen alle drei Dimensionen auch gleichwertig nebeneinander, weshalb die Einzelskalen nicht multipliziert sondern addiert wurden. Die Gesamtskala Absorptionsfähigkeit hatte damit einen Mittelwert von 20.39 (SD=7.41; N=668), der Median 4 Empirische Überprüfung 125 lag bei 20.22. Die Normalverteilung wurde mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test bestätigt, wie auch anhand der Abbildung 4-5 erkennbar ist. Abbildung 4-5. Histogramm mit Normalverteilungskurve des Gesamtwertes Absorptionsfähigkeit gebildet als Summe der Skalen AF1, AF2_gesamt, AF3_KVP und dem Item AF3_Prozessinnovationen (Wert 0 bedeutet keine Absorptionsfähigkeit, Wert 40 bedeutet maximale Absorptionsfähigkeit) 4.2.2. Überprüfung der Hypothesen 4.2.2.1. Innovationsbereitschaft als Prozess und Zustand Wie ausführlich erläutert, resultiert die Innovationsbereitschaft aus dem Erkennen eines Veränderungsbedarfes sowie von Möglichkeiten zur Veränderung der Situation. Diesem Erkennen liegen zwei getrennte Bewertungsprozesse zugrunde, die anhand mehrerer Indikatoren abgebildet wurden. In diesem Abschnitt werden die Hypothesen 1.1 bis 1.5 zur Vorhersagbarkeit des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes und der wahrgenommenen Veränderbarkeit überprüft. Zur Einordnung dieser Analysen wird in Abbildung 4-6 auf das im Kapitel 3 konzipierte Modell zurückgegriffen. Dabei wird die Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft zunächst ausgeblendet. 126 4 Empirische Überprüfung Absorptionsfähigkeit Erste Dimension: Erkennen Zweite Dimension: Aufnehmen Zweiter Bewertungsprozess Erster Bewertungsprozess Herausforderungen Selbstwirksamkeitserwartung Unzufriedenheit Wahrgenommener Veränderungsbedarf Dritte Dimension: Verwerten x Mitarbeiterleistung Fehlertoleranz Wahrgenommene Veränderbarkeit Innovationsbereitschaft Abbildung 4-6. Modell der postulierten Wirkungszusammenhänge mit Fokus auf die Prozessund Zustandsvariablen der Innovationsbereitschaft zur Einordnung der empirischen Analyse Überprüfung der Zusammenhänge im Modell der Innovationsbereitschaft Im ersten Schritt wurden zunächst Produkt-Moment-Korrelationen zur Überprüfung der linearen Zusammenhänge zwischen dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf, der wahrgenommenen Veränderbarkeit sowie den Indikatoren der beiden Bewertungsprozesse berechnet. Diese Berechnungen erlaubten zum Einen Aussagen zu bedeutsamen Zusammenhängen zwischen den einzelnen Variablen und zum Anderen den Test dieser Voraussetzung für die Durchführung von Regressionsanalysen. Tabelle 4-25 gibt einen Überblick über die Korrelationen der Kenngrößen der Bewertungsprozesse (verstanden als Determinanten) mit dem Veränderungsbedarf als Ergebnis des ersten Bewertungsprozesses und der Veränderbarkeit als Ergebnis des zweiten Bewertungsprozesses. 4 Empirische Überprüfung 127 Tabelle 4-25. Korrelationsmatrix zu Bewertungsprozessen und Bewertungsergebnissen als Bestandteil des Konstruktes Innovationsbereitschaft - Zusammenhänge zwischen dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf und der wahrgenommenen Veränderbarkeit mit den Indikatoren der Bewertungsprozesse 1 2 3 4 5 6 7 1. Vb - 2. Vbk .05 - 3. Herausforderungen .24** .17** - 4. WV neue Produkte .10* .28** .37** - 5. WV Produktion .13* .07 .25** .41** - 6. SWE .07 .22** .29** .37** .28** - 7. MA-Leistung .06 .28** .31** .53** .28** .61** - 8. Fehlertoleranz -.03 -.15** -.03 -.11** -.14** -.08 -.06 Anmerkungen. Abkürzungen der Skalen und Items: 1. wahrgenommener Veränderungsbedarf; 2. wahrgenommene Veränderbarkeit; 3. Herausforderungen für das Unternehmen; 4. Wettbewerbsvorteile durch neuartige Produkte/Dienstleistungen; 5. Wettbewerbsvorteile durch kostengünstige Produktion; 6. aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung des Geschäftsführers; 7. Mitarbeiterleistung als Wettbewerbsvorteil; 8. Fehlertoleranz im Unternehmen Schwankungen im Stichprobenumfang von N=613 bis N=667 entstanden durch fehlende Werte in den Variablen (paarweiser Ausschluss); Produkt-Moment-Korrelation: **p<.001, Korrelation ist auf dem 0.1%-Alpha-Fehler-Niveau signifikant; *p<.05, Korrelation ist auf dem 5%-Alpha-Fehler-Niveau signifikant. Aus dieser Tabelle wird zunächst deutlich, dass die Ausprägungen des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes unabhängig von der Ausprägung der wahrgenommenen Veränderbarkeit waren. Zwischen den beiden Items bestand kein Zusammenhang (r=.05, n.s.). Die Annahme, dass es sich dabei um die Ergebnisse von zwei getrennten Bewertungsprozessen handelt (vgl. Abschnitt 2.2.1), wurde durch diesen Befund unterstützt. Der Veränderungsbedarf sollte aus dem Erkennen einer Diskrepanz zwischen dem aktuellen Zustand der Unternehmenssituation und einem erwünschtem Soll-Zustand dieser Situation resultieren. Diese Diskrepanz wurde anhand der Beurteilung von Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenübersteht sowie anhand der Unzufriedenheit mit den Leistungserstellungsprozessen operationalisiert. Die signifikant positive Korrelation zwischen Veränderungsbedarf und Herausforderungen (r=.24, p<.001) unterstützte die Hypothese 1.1, die davon ausging, dass sich der Veränderungsbedarf durch die wahrgenommenen Herausforderungen vorhersagen lässt. In einer weiteren Korrelationsanalyse wurden die Zusammenhänge des Veränderungsbedarfes mit den Subskalen der Herausforderungen (vgl. Faktorenanalyse, Tabelle 4-7) berechnet. 128 4 Empirische Überprüfung Hierbei zeigte sich kein praktisch bedeutsamer Unterschied zwischen den inhaltlichen Dimensionen der Herausforderungen (r=.13 bis r=.25), so dass in den weiteren Analysen auf eine Differenzierung nach der Art der Herausforderung verzichtet wurde. Mit der zweiten Hypothese zur Vorhersage des Veränderungsbedarfes wurde davon ausgegangen, dass der Bedarf umso höher sein würde, je größer die Unzufriedenheit mit der internen Leistungserstellung ist. Aufgrund der Operationalisierung dieser Unzufriedenheit sollte der Veränderungsbedarf umso geringer ausfallen, je stärker die interne Leistungserstellung als Wettbewerbsvorteil wahrgenommen wurde (vgl. Abschnitt 3.1.1 Hypothese 1.2 und Abschnitt 4.2.1.1. zur Operationalisierung). Entgegen dieser Annahme fielen die Korrelationskoeffizienten der Wettbewerbsvorteile durch neuartige Produkte und die Koeffizienten der Wettbewerbsvorteile einer kostengünstigen Produktion positiv aus, waren allerdings gering und auf dem 5%-Alpha-Fehlerniveau signifikant (r=.10 und r=.13, p<.05). Als Determinanten der wahrgenommenen Veränderbarkeit wurden die aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung des Geschäftsführers, die Beurteilung der Mitarbeiterleistung sowie der Fehlertoleranz im Unternehmen betrachtet. Dabei korrelierte die Selbstwirksamkeitserwartung signifikant positiv mit der Veränderbarkeit (r=.22, p<.001), wodurch Hypothese 1.3 unterstützt wurde. Eine signifikant positive Korrelation fand sich auch zwischen der Beurteilung der Mitarbeiterleistung und der wahrgenommenen Veränderbarkeit. Je positiver die Mitarbeiterleistung bewertet wurde, umso höher war auch die wahrgenommene Veränderbarkeit (r=.28, p<.001), damit wurde Hypothese 1.4 unterstützt. Dementgegen zeigte sich eine gering negative Korrelation zwischen der Fehlertoleranz im Unternehmen und der Veränderbarkeit der Situation, die gegen Hypothese 1.5 sprach. Aufgrund des niedrigen Korrelationskoeffizienten von r=-.15 (p<.001) war dieser Zusammenhang sehr gering62. Diese drei Einflussgrößen im Bewertungsprozess der Veränderbarkeit korrelierten modelkonform nicht mit dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf als Ergebnis des ersten Bewertungsprozesses. Eine signifikante positive Korrelation mit r=.28 (p<.001) fand sich jedoch zwischen den Wettbewerbsvorteilen durch neuartige Produkte/Dienstleistungen und der wahrgenommenen Veränderbarkeit. Gründe für diesen Zusammenhang werden im Unterkapitel 4.3 diskutiert. 62 Die Beurteilung der Höhe der Korrelationskoeffizienten erfolgte nach der Konvention von Cohen (1988), wonach r=.1 einem schwachen, r=.3 einem mittlerer und r=.5 einem starken Zusammenhang entspricht. Dabei sollten bei der Interpretation jedoch auch empirische Befunde aus anderen Studien berücksichtigt werden (Sedlmeier & Renkewitz, 2008, S. 221), worauf in der Diskussion im Abschnitt 4.3. näher eingegangen wird. 4 Empirische Überprüfung 129 Weiterhin bestanden zwischen den Determinanten des Veränderungsbedarfes und der Veränderbarkeit statistisch signifikante positive Zusammenhänge. So korrelierten die wahrgenommenen Herausforderungen des Unternehmens und die Wettbewerbsvorteile durch neuartige Produkte/Dienstleistungen sowie die Wettbewerbsvorteile durch eine kostengünstige Produktion als theoretische Determinanten des Veränderungsbedarfes positiv miteinander (vgl. Tabelle 4-25). Ebenso korrelierte die aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung positiv mit der Beurteilung der Mitarbeiterleistung als Determinante der Veränderbarkeit (r=.61, p<.001). Dagegen fand sich kein Zusammenhang dieser Variablen mit der Fehlertoleranz im Unternehmen. Die Selbstwirksamkeitserwartung und die Beurteilung der Mitarbeiterleistung korrelierten ebenfalls signifikant positiv mit der Einschätzung der Unternehmensherausforderungen sowie der Wettbewerbsvorteile durch neuartige Produkte/Dienstleistungen und durch die kostengünstige Produktion. Der größte Zusammenhang zeigte sich hier zwischen der Mitarbeiterleistung und Wettbewerbsvorteilen durch neuartige Produkte/Dienstleistungen (r=.53, p<.001). Zusammengefasst belegte die Analyse der Korrelationen das Vorhandensein von linearen Zusammenhängen zwischen Veränderungsbedarf und Veränderbarkeit als Resultate des ersten und zweiten Bewertungsprozesses und den jeweiligen Indikatoren der zugrundeliegenden Bewertungsprozesse. Da die Hypothesen 1.1 bis 1.5 Annahmen zur Vorhersagbarkeit von Veränderungsbedarf und Veränderbarkeit formulierten, wurden diese anschließend mit einer multiplen linearen Regression überprüft. Dabei wurde analysiert, inwieweit jeweils die Kriterien Veränderungsbedarf und Veränderbarkeit durch die Indikatoren des ersten und des zweiten Bewertungsprozesses nach dem Modell der Innovationsbereitschaft von Gebert (1987, 2002) vorhergesagt werden konnten. Vorhersage des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes durch die Prozessindikatoren Nach den Korrelationsanalysen wurde anhand mehrerer Regressionsmodelle überprüft, inwieweit sich die Wahrnehmung eines Veränderungsbedarfes sowie der Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation durch die Indikatoren der zugrundeliegenden Bewertungsprozesse vorhersagen lässt. Zur Einordnung der Analyse wird wiederum auf das in Kapitel 3 konzipierte Model zurückgegriffen und die fokussierten Variablen herausgestellt. Das erste Regressionsmodell prüfte die Vorhersagbarkeit des Veränderungsbedarfes aus den Prädiktoren wahrgenommene Herausforderungen, Wettbewerbsvorteile durch neuartige Produkte/Dienstleistungen und Wettbewerbsvorteile durch kostengünstige Produktion. Dabei wurden für die wahrgenommenen Herausforderungen eine positive Wirkung auf den Veränderungsbedarf erwartet und für die Wettbewerbsvorteile jeweils eine negative Wirkung (vgl. Hypothesen 1.3 und 1.4 auf S. 62 sowie die Abbildung 4-7). 130 4 Empirische Überprüfung Absorptionsfähigkeit Erste Dimension: Erkennen Zweite Dimension: Aufnehmen Zweiter Bewertungsprozess Erster Bewertungsprozess Herausforderungen Selbstwirksamkeitserwartung Unzufriedenheit Wahrgenommener Veränderungsbedarf Dritte Dimension: Verwerten x Mitarbeiterleistung Fehlertoleranz Wahrgenommene Veränderbarkeit Innovationsbereitschaft Abbildung 4-7. Darstellung des aktuellen Analyseschrittes im Wirkungsmodell Wie aus der Matrix in Tabelle 4-25 ersichtlich, korrelierten die Prädiktoren Herausforderungen und Unzufriedenheit sowie das Kriterium Veränderungsbedarf signifikant positiv miteinander. Als weitere Voraussetzung einer Regressionsanalyse wurde die Verteilung und Streuung der Residuen analysiert (vgl. Abbildung 4-8). Dabei wichen die Residuen nicht signifikant von der Normalverteilung ab, wodurch die Schätzung des p-Wertes im F-Test zur Modellüberprüfung nicht verzerrt wurde. Die Residuen verteilten sich nicht gleich in allen Bereichen der beobachteten Variable, womit die Homoskedastizität verletzt und die p-Werte für die ß-Gewichte ungenau geschätzt wurden. Die Kollinearität als perfekter Zusammenhang zwischen zwei oder mehr Prädiktoren war mit einem Konditionsindex von 10.15 (Toleranz>.75, VIF<1.33)63 als gering einzustufen (vgl. Bühner & Ziegler, 2009, S. 716) und stellte damit keine Beeinträchtigung der ß-Gewichte dar. Zusammengefasst wurde damit nur die Voraussetzung der Homoskedastizität verletzt und die Regressionsanalyse konnte aufgrund ihrer Robustheit gegenüber solchen geringen Voraussetzungsverletzungen interpretiert werden (vgl. Backhaus et al., 2006, S. 94). 63 Grundlagen der Interpretation von Kollinearität: mäßige Kollinearität bei Konditionsindex >.15, starke Kollinearität bei Konditionsindex>.30; kritische Werte für Toleranz<.10 und Variance Inflation Factor (VIF)>10 (vgl. Bühner & Ziegler, 2009, S. 682). 4 Empirische Überprüfung a) Abbildung 4-8. 131 b) a) Histogramm der Residuen mit Normalverteilungskurve b) Streudiagramm mit vorhergesagten Werten und Residuen Das lineare Regressionsmodell zur Vorhersage des Veränderungsbedarfes aus den Prädiktoren Herausforderungen und Wettbewerbsvorteile durch die Leistungserstellung des Unternehmens erreichte eine Varianzaufklärung von R2=.075 (R2korr=.070) mit F(3.608)=16.4, p<.001. Der Signifikanztest belegte somit, dass sich die ß-Gewichte statistisch bedeutsam von 0 unterschieden und damit bedeutsame Zusammenhänge zwischen den Prädiktoren und dem Kriterium vorlagen, die auf die Grundgesamtheit übertragen werden konnten. Die Güte des Regressionsmodells musste als eher gering beurteilt werden, da nur 7% der Varianz des Kriteriums durch die Prädiktoren erklärt wurde64. In Tabelle 4-26 werden die Ergebnisse der Regression als Übersicht dargestellt. 64 Der F-Wert verdeutlicht vereinfacht ausgedrückt das gewichtete Verhältnis von aufgeklärter zu nicht aufgeklärter Varianz, er wird umso höher, je stärker die aufgeklärte Varianz die nicht aufgeklärte übersteigt und je größer die Stichprobe ist (vgl. Bühner & Ziegler, 2009, S. 665). Zur Beurteilung der Modellgüte wird die aufgeklärte Varianz R2 als Effektgrößer herangezogen. Dieses Maß beschreibt, wie gut sich die Regressionsfunktion an die gegeben Daten anpasst. Als Konvention zur Interpretation der Güte eines Regressionsmodells gilt nach Bühner & Ziegler (2009, S. 667): kleiner Effekt bei R2=.02; mittlerer Effekt bei R2 =.13; starker Effekt bei R2 =.26. 132 4 Empirische Überprüfung Tabelle 4-26. Zusammenfassung der Ergebnisse der multiplen linearen Regression zur Vorhersage des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes aus den wahrgenommenen Herausforderungen und den Wettbewerbsvorteilen durch neuartige Produkte/Dienstleistungen sowie durch kostengünstige Produktion (N=612) Prädiktoren b SEb ß p r ry(x,z) Herausforderungen für Unternehmen .38 .06 .25 <.001 .26 .24 Wettbewerbsvorteil: Neuartige Produkte/Dienstleistungen -.02 .04 -.02 .629 .11 -.02 Wettbewerbsvorteil: kostengünstige Produktion .06 .04 .08 .072 .13 .073 Anmerkungen. b = unstandardisiertes Regressionsgewicht; SEb = Standardfehler von b; ß = standardisierter Regressionskoeffizient; p = Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses unter Gültigkeit der Nullhypothese; r = ProduktMomentkorrelation mit Kriterium; ry(x,z) = Semipartialkorrelation Als einziger Prädiktor konnten die wahrgenommenen Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenübersteht, den Veränderungsbedarf mit einem standardisierten Regressionskoeffizient von ß=.25 (p<.001) signifikant vorhersagen. Der Zusammenhang dieses Prädiktors mit dem Kriterium änderte sich durch die Auspartialisierung der anderen Prädiktoren kaum (von r=.26 auf ry(x,z)=.24). Gleiches traf auch auf die beiden anderen Prädiktoren zu. Mit dieser Regressionsanalyse konnte somit die Hypothese 1.1 bestätigt werden, wobei der Anteil gemeinsamer Varianz von Veränderungsbedarf und Herausforderungen 6% betrug. Dagegen mussten die Hypothesen 1.4 und 1.5 abgelehnt werden, da weder aus den Wettbewerbsvorteilen durch neuartige Produkte/Dienstleistungen noch durch Wettbewerbsvorteile durch eine kostengünstige Produktion der Veränderungsbedarf determiniert wurde. Vorhersage der wahrgenommenen Veränderbarkeit durch die Prozessindikatoren Nach dem in Abschnitt 3.1.1 entwickelten Modell der Determinanten des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes und der wahrgenommenen Veränderbarkeit sollten die Prädiktoren des Veränderungsbedarfes keine Vorhersagekraft für die Veränderbarkeit haben. Bei der Überprüfung der Korrelationen (vgl. Tabelle 4-25) zeigten sich jedoch signifikante positive Zusammenhänge zwischen der Veränderbarkeit und den Herausforderungen sowie Wettbewerbsvorteile durch neuartige Produkte/Dienstleistungen. Deshalb wurde geprüft, ob sich diese Zusammenhänge mit einer Regressionsanalyse differenzieren lassen (zur Einordnung dieser Analyse in das Wirkungsmodell siehe Abbildung 4-9). 4 Empirische Überprüfung 133 Absorptionsfähigkeit Erste Dimension: Erkennen Zweite Dimension: Aufnehmen Zweiter Bewertungsprozess Erster Bewertungsprozess Herausforderungen Selbstwirksamkeitserwartung Unzufriedenheit Wahrgenommener Veränderungsbedarf Dritte Dimension: Verwerten Mitarbeiterleistung Fehlertoleranz Wahrgenommene Veränderbarkeit x Innovationsbereitschaft Abbildung 4-9. Darstellung des aktuellen Analyseschrittes im Wirkungsmodell Um die Vorhersagekraft dieser Prädiktoren Herausforderungen Wettbewerbsvorteilte durch neuartige Produkte/Dienstleistungen und auf das Kriterium Veränderbarkeit zu überprüfen, wurde eine weitere multiple lineare Regression berechnet. Die Analyse von Verteilung und Streuung der Residuen zeigte eine Abweichung von der Normalverteilung sowie das Vorliegen von Heteroskedazidität (vgl. Abbildung 4-10). Aufgrund der Stichprobengröße (N=631) stellte die fehlende Normalverteilung kein Problem für die Interpretation des F-Testes dar (vgl. Bühner & Ziegler, 2009, S. 877 f.). Dagegen war von einer Verzerrung der p-Werte zur Beurteilung der ß-Gewichte auszugehen. Die Kollinearität war mit einem Konditionsindex von 8.93 (Toleranz>.87, VIF<1.15) als gering einzustufen, womit die Schätzung der ß-Gewichte nicht beeinflusst wurde. a) Abbildung 4-10. b) a) Histogramm der Residuen mit Normalverteilungskurve b) Streudiagramm mit vorhergesagten Werten und Residuen 134 4 Empirische Überprüfung Das lineare Regressionsmodell zur Vorhersage der Veränderbarkeit aus den Prädiktoren Herausforderungen und Wettbewerbsvorteilen durch neuartige Produkte/Dienstleistungen erreichte eine Varianzaufklärung von R2=.085 (R2korr=.082) mit F(2.628)=28.985, p<.001. Die Güte des Modells war mit 9% Varianzaufklärung gering bis mäßig einzustufen. Die Ergebnisse der Regression sind in Tabelle 4-27 aufgeführt. Tabelle 4-27. Zusammenfassung der Ergebnisse der multiplen linearen Regression zur Vorhersage der wahrgenommenen Veränderbarkeit aus den Herausforderungen an das Unternehmen und den Wettbewerbsvorteilen durch neuartige Produkte/Dienstleistungen (N=631) Prädiktoren b SEb ß p r ry(x,z) Herausforderungen für Unternehmen .11 .06 .08 .042 .17 .08 Wettbewerbsvorteil: Neuartige Produkte/Dienstleistungen .22 .04 .25 <.001 .28 .23 Anmerkungen. b = unstandardisiertes Regressionsgewicht; SEb = Standardfehler von b; ß = standardisierter Regressionskoeffizient; p = Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses unter Gültigkeit der Nullhypothese; r = ProduktMomentkorrelation mit Kriterium; ry(x,z) = Semipartialkorrelation Die Regressionsgewichte beider Prädiktoren waren auf dem 5%-Alpha-Fehler-Niveau signifikant, wobei der standardisierter Regressionskoeffizient der Herausforderungen mit ß=.08 sehr niedrig ausfiel und sich der Zusammenhang mit dem Kriterium nach der Bereinigung um die gemeinsame Varianz mit den Wettbewerbsvorteile deutlich reduzierte (r=.17 auf ry(x,z)=.08). Vor diesem Hintergrund und der verzerrten Signifikanzschätzung wurde der Einfluss der Herausforderungen auf die Veränderbarkeit als nicht bedeutsam interpretiert. Entgegen der (impliziten) Modellannahmen im Abschnitt 3.1.1 trugen die Wettbewerbsvorteile durch neuartige Produkte/Dienstleistungen signifikant positiv zur Vorhersage der wahrgenommenen Veränderbarkeit bei, was im Abschnitt 4.3 diskutiert werden wird. Explizite Hypothesen wurden zur Vorhersagbarkeit der Veränderbarkeit aus der Bewertung von Ressourcen, die für eine erforderliche organisationale Neuerung zur Verfügung stehen, formuliert (vgl. Abbildung 4-11 zur Einordnung). 4 Empirische Überprüfung 135 Absorptionsfähigkeit Erste Dimension: Erkennen Zweite Dimension: Aufnehmen Zweiter Bewertungsprozess Erster Bewertungsprozess Herausforderungen Selbstwirksamkeitserwartung Unzufriedenheit Wahrgenommener Veränderungsbedarf Dritte Dimension: Verwerten x Mitarbeiterleistung Fehlertoleranz Wahrgenommene Veränderbarkeit Innovationsbereitschaft Abbildung 4-11. Darstellung des aktuellen Analyseschrittes im Wirkungsmodell So sollten die aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung des Geschäftsführers, die positive Einschätzung der Mitarbeiterleistung sowie eine hohe Fehlertoleranz im Unternehmen die wahrgenommene Veränderbarkeit positiv beeinflussen. Zur Überprüfung dieser Hypothesen wurde wiederum eine multiple lineare Regression berechnet. Zwischen den Prädiktoren und dem Kriterium bestanden statistisch bedeutsame lineare Zusammenhänge (vgl. Tabelle 4-25), wobei der negative Zusammenhang zwischen Fehlertoleranz und Veränderbarkeit nicht der Hypothese 1.5 entsprach. Zur Prüfung der Voraussetzungen der Regressionsanalyse wurden weiterhin die Verteilung und Streuung der Residuen analysiert. Wie in Abbildung 4-12 erkennbar, waren die Fehler nicht normalverteilt und streuten nicht unabhängig vom geschätzten Wert. Da die Stichprobengröße mit N=639 ausreichend groß war, stellte die fehlende Normalverteilung kein Problem für die Interpretation des F-Testes dar. Aufgrund der Heteroskedazidität war jedoch von einer fehlerhaften Schätzung der p-Werte für die ß-Gewichte auszugehen. Die Kollinearität war mit einem Konditionsindex von 13.27 (Toleranz>.62, VIF<1.61) als gering einzustufen, womit die Schätzung der ß-Gewichte nicht beeinflusst wurde. 136 4 Empirische Überprüfung a) Abbildung 4-12. b) a) Histogramm der Residuen mit Normalverteilungskurve b) Streudiagramm mit vorhergesagten Werten und Residuen Das lineare Regressionsmodell zur Vorhersage der Veränderbarkeit aus den Prädiktoren Herausforderungen und Wettbewerbsvorteilen durch neuartige Produkte/Dienstleistungen erreichte eine Varianzaufklärung von R2=.096 (R2korr =.092) mit F(3.635)=22.429, p<.001, wobei die Güte des Modells mit 9% Varianzaufklärung gering bis mäßig zu beurteilen war. In der Tabelle 4-28 werden die Ergebnisse der Regression zusammengefasst. Tabelle 4-28. Zusammenfassung der Ergebnisse der multiplen linearen Regression zur Vorhersage der wahrgenommenen Veränderbarkeit aus der aufgabenbezogenen Selbstwirksamkeitserwartung des Geschäftsführers, der Beurteilung der Mitarbeiterleistung sowie der Fehlertoleranz im Unternehmen (N=639) Prädiktoren b SEb ß p r ry(x,z) Selbstwirksamkeitserwartung GF .06 .04 .08 .203 .22 .06 Mitarbeiterleistung .25 .06 .21 <.001 .27 .17 Fehlertoleranz -.12 .03 -.14 <.001 -.16 -.14 Anmerkungen. b = unstandardisiertes Regressionsgewicht; SEb = Standardfehler von b; ß = standardisierter Regressionskoeffizient; p = Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses unter Gültigkeit der Nullhypothese; r = ProduktMomentkorrelation mit Kriterium; ry(x,z) = Semipartialkorrelation Zur Vorhersage der Veränderbarkeit trugen die Mitarbeiterleistung und die Fehlertoleranz signifikant bei. Dabei erhöhte sich der Veränderbarkeit modellkonform mit zunehmender Mitarbeiterleistung (ß=.21, p<.001), während sie mit höherer Fehlertoleranz unerwartet absank (ß=-.14, p<.001). Der Zusammenhang der Fehlertoleranz mit dem Kriterium änderte sich durch die Semipartialisierung nur gering, während die Zusammenhänge der Selbstwirksamkeitserwartung und der Mitarbeiterleistung stark sanken, wenn sie um die 4 Empirische Überprüfung 137 gemeinsame Varianz mit den jeweils verbleibenden Prädiktoren bereinigt wurden. Der Anteil der gemeinsamen Varianz mit dem Kriterium betrug für die Selbstwirksamkeitserwartung kaum mehr als 0%, die Mitarbeiterleistung wies 3% gemeinsame Varianz mit dem Kriterium auf und die Fehlertoleranz 2%. Zusammengefasst bestätigte die Regressionsanalyse damit nur die Hypothese 1.4, wonach die wahrgenommene Veränderbarkeit aus der Wahrnehmung des Engagements und der Leistung der Mitarbeiter vorhergesagt werden konnte. Hypothese 1.3 wurde abgelehnt, da die aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung keine Vorhersagekraft hatte. Auch Hypothese 1.5 musste abgelehnt werden, weil die Fehlertoleranz entgegen der Annahme zu einer Verminderung der wahrgenommenen Veränderbarkeit führte. Die Prädiktoren Selbstwirksamkeitserwartung des Geschäftsführers, Mitarbeiterleistung und Fehlertoleranz sollten entsprechend den Modellannahmen in Abschnitt 3.1.1 nur die Veränderbarkeit vorhersagen. Bei der Analyse der Korrelationen zeigten sich diesen Annahmen entsprechend auch keine Zusammenhänge mit dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf (vgl. Tabelle 4-25). Damit wurden die impliziten Modellananahmen bestätigt. Bezogen auf die postulierten Determinanten von Veränderungsbedarf und Veränderbarkeit lässt sich somit zusammenfassend festhalten, dass der Veränderungsbedarf durch die wahrgenommenen Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenübersteht und die wahrgenommene Veränderbarkeit durch die wahrgenommene Mitarbeiterleistung hypothesenkonform signifikant vorhergesagt werden konnten. Als unerwartete Effekte fand sich ein signifikant positiver Einfluss der Wettbewerbsvorteile durch neuartige Produkte/Dienstleistungen sowie eine negative Wirkung der Fehlertoleranz auf die Einschätzung der Veränderbarkeit. Auf diese Ergebnisse wird in der Diskussion im Unterkapitel 4.3 wieder Bezug genommen. 4.2.2.2. Wirkung der organisationalen Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft der Führungskraft Das zentrale Forschungsinteresse der vorliegenden Arbeit lag in der Förderung der Innovationsbereitschaft Unternehmens. Dazu von wurde Führungskräften die Wirkung durch der die Absorptionsfähigkeit einzelnen Dimensionen auf ihres den wahrgenommenen Veränderungsbedarf sowie der wahrgenommenen Veränderbarkeit der Unternehmenssituation konzeptionell herausgearbeitet (vgl. Unterkapitel 3.2. und 3.3). In der Abbildung 4-13 werden die nachfolgenden Analysen im Gesamtwirkungsmodell eingebettet. 138 4 Empirische Überprüfung Absorptionsfähigkeit Erste Dimension: Erkennen Zweite Dimension: Aufnehmen Zweiter Bewertungsprozess Erster Bewertungsprozess Herausforderungen Selbstwirksamkeitserwartung Unzufriedenheit Wahrgenommener Veränderungsbedarf Dritte Dimension: Verwerten x Mitarbeiterleistung Fehlertoleranz Wahrgenommene Veränderbarkeit Innovationsbereitschaft Abbildung 4-13. Modell der postulierten Wirkungszusammenhänge mit Fokus auf die Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft zur Einordnung der empirischen Analyse Überprüfung der Innovationsbereitschaft Zusammenhänge zwischen Absorptionsfähigkeit und Zur Überprüfung der Hypothesen 2.1 bis 2.8 wurden zunächst die Zusammenhänge zwischen dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf und der wahrgenommenen Veränderbarkeit als die zwei Komponenten der Innovationsbereitschaft und den drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit untersucht. Aufgrund der intervallskalierten Skalen und Items wurden dafür jeweils Produkt-Moment-Korrelationen berechnet. Diese erlaubten Aussagen zu bedeutsamen Zusammenhängen zwischen den einzelnen Variablen sowie eine Überprüfung der Voraussetzungen für die Regressionsanalysen. In der Tabelle 4-29 sind die Korrelationskoeffizienten sowie deren Signifikanz zusammengefasst. 4 Empirische Überprüfung 139 Tabelle 4-29. Korrelationsmatrix zu wahrgenommenen Veränderungsbedarf, wahrgenommener Veränderbarkeit und den drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit 1 2 3 4 5 6 1. Vb - 2. Vbk .05 - 3. AF1 .20** .39** - 4. AF2_Gesamt .13** .43** .76** - 5. AF2A_Systematik .17** .42** .79** .89** - 6. AF2B_Austausch .11** .39** .61** .88** .71** - 7. AF2C_Technik 7 8 .07 .33** .62** .87** .67** .61** - 8. AF3_KVP .15** .40** .66** .64** .71** .52** .48** - 9. AF3_Prozessinno -.04 .28** .41** .42** .42** .39** .32** .37** Anmerkungen. Abkürzungen der Skalen und Items: 1. Veränderungsbedarf; 2. Veränderbarkeit; 3. Skala Absorptionsfähigkeit 1-Erkennen; 4. Skala Absorptionsfähigkeit 2-Aufnehmen_gesamt; 5. Skala Absorptionsfähigkeit 2A-Systematische Auswertung; 6. Skala Absorptionsfähigkeit 2B-Erfahrungsaustausch; 7. Skala Absorptionsfähigkeit 2C-Technische Unterstützung für Wissensaustausch; 8. Skala Absorptionsfähigkeit 3-Verwerten_interne Umsetzung des neuen Wissens in inkrementelle Struktur- und Prozessveränderungen; 9. Item Absorptionsfähigkeit 3-Verwerten_Prozessinnovationen Schwankungen im Stichprobenumfang von N=519 bis N=668 entstanden durch fehlende Werte in den Variablen (geringster Fallzahl bei 9. AF3_Prozessinno; paarweiser Ausschluss); Produkt-Moment-Rangkorrelation: **p<.001, Die Korrelation ist auf dem 0.1%-Alpha-Fehler-Niveau signifikant. Die Korrelationsmatrix zeigte zunächst, dass die einzelnen Dimensionen der Absorptionsfähigkeit hoch miteinander korrelierten. So bestand zwischen dem Erkennen von relevantem, externem Wissen (AF1) und dessen Aufnahme in das Unternehmen (AF2_Gesamt) ein positiver, statistisch bedeutsamer und sehr hoher Zusammenhang von r=.73 (p<.001). Ebenso hoch fiel der Zusammenhang der ersten Dimension mit der dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit aus. Die Korrelation mit der Umsetzung neuen Wissens in unternehmensinterne Strukturen und Prozesse war mit r=.66 entsprechend auf dem 1%-AlphaFehler-Niveau statistisch signifikant. Zwischen dem reinen Erkennen neuen Wissens und dem Auftreten von Prozessinnovationen bestand ebenso ein hoher, positiver Zusammenhang (r=.41; p<.001). Die Korrelationen zwischen der zweiten und dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit waren ähnlich ausgeprägt. Mit r=.61 (p<.001) bestand ein statistisch signifikanter und sehr starker positiver Zusammenhang zwischen der Aufnahme und der internen Umsetzung neuen Wissens. Heruntergebrochen auf die Subskalen der zweiten Dimension bestand der größte Zusammenhang zwischen internen Prozess- und Strukturveränderungen (AF3_KVP) und der Subskala Absorptionsfähigkeit 2A_Systematik (r=.71, p<.001). 140 4 Empirische Überprüfung Die Korrelation der Gesamtskala Absorptionsfähigkeit 2 mit dem Vorhandensein von Prozessinnovationen fiel mit r=.42 (p<.001) ebenfalls signifikant und stark positiv aus, den geringsten Zusammenhang mit Prozessinnovationen wies dabei die Subskala AF2_Technik mit r=.32 (p<.001) auf. Bezogen auf die Zusammenhänge von Absorptionsfähigkeit und Veränderungsbedarf sowie Veränderbarkeit der Situation, fanden sich mehrheitlich die erwarteten positiven Beziehungen. So korrelierte die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit statistisch signifikant mit dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf, wobei der Zusammenhang mit r=.20 (p<.001) eher schwach ausfiel. Deutlich größer war der Zusammenhang mit der wahrgenommenen Veränderbarkeit (r=.39, p<.001). Damit stützten diese Ergebnisse die Hypothesen 2.1 und 2.2, wobei letztere bezüglich der Abhängigkeit von der Ausprägung der beiden anderen Absorptionsfähigkeitsdimensionen noch im Detail zu überprüfen war. Die Hypothese 2.3 wurde ebenfalls im Ansatz unterstützt, da die Gesamtskala Absorptionsfähigkeit 2 statistisch signifikant und schwach positiv mit dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf korrelierte (r=.13, p<.001). Bezüglich der Subskalen zeigte sich, dass insbesondere die wahrgenommenen Systematik der Wissensaufnahme Veränderungsbedarf (r=.17, p<.001) schwach positiv korrelierte, mit während dem der Zusammenhang mit der Subskala Austausch mit r=.11 (p<.001) geringer ausfiel und zwischen der Subskala Technik und Veränderungsbedarf kein Zusammenhang bestand (r=.08, n.s.). Ein mittlerer, positiver Zusammenhang bestand zwischen der Gesamtskala Absorptionsfähigkeit 2 und der wahrgenommenen Veränderbarkeit. Mit r=.43 (p<.001) wurde die Veränderbarkeit umso höher beurteilt, je mehr externes Wissen im Unternehmen aufgenommen und verteilt wurde. Dabei bestand wiederum der größte Zusammenhang mit der Subskala Systematik (r=.42, p<.001), wobei hier die Unterschiede zu den beiden anderen Subskalen geringer ausfielen (AF2B_Austausch: r=.39; AF2C_Technik: r=.33, jeweils p<.001). Diese Befunde unterstützten die Annahmen der Hypothese 2.4. Dagegen wurde die Hypothese 2.5 durch die gefundenen Korrelationskoeffizienten nicht unterstützt. Entgegen der Annahme korrelierte die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit weniger stark mit dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf als die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit (AF1: r=.20 zu AF2_Gesamt: r=.13, jeweils p<.001). Bezogen auf die wahrgenommene Veränderbarkeit der Situation zeigte sich entsprechend der Hypothese 2.6 mit r=.43 (p<.001) ein etwas stärkerer Zusammenhang zwischen der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit und der Veränderbarkeit im Vergleich zum Zusammenhang der ersten Dimension mit der Veränderbarkeit (r=.39, p<.001), wobei der Unterschied zwischen den Korrelationskoeffizienten sehr klein ausfiel. Die Korrelationen der dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit mit dem Veränderungsbedarf und der Veränderbarkeit deckten sich nur zum Teil mit den Annahmen der Hypothesen 2.7 und 2.8. So korrelierte die Skala zur Erfassung der inkrementellen 4 Empirische Überprüfung 141 Umsetzung des neuen Wissens in interne Prozesse und Routinen entgegen der Annahme leicht positiv und statistisch signifikant mit dem Veränderungsbedarf (r=.15, p<.001), der modellkonforme negative Zusammenhang mit Prozessinnovationen wurde nicht signifikant (r=-.04). Die Hypothese 2.8 wurde durch die signifikanten, positiven Korrelationen der dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit mit der Veränderbarkeit der Situation empirisch gestützt (vgl. Tabelle 4-29). Die Korrelationsmatrix in Tabelle 4-29 zeigt zusammengefasst, dass zwischen den Dimensionen der Absorptionsfähigkeit und dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf sowie der wahrgenommenen Veränderbarkeit der Situation lineare Zusammenhänge bestanden. Um die Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft der Führungskraft empirisch zu spezifizieren, wurde die Vorhersagbarkeit des Veränderungsbedarfes und der Veränderbarkeit der Situation aus den drei Dimension der Absorptionsfähigkeit mithilfe von multiplen linearen Regressionen überprüft. Nachfolgend werden zunächst die Analysen bezüglich des erkannten Veränderungsbedarfes und anschließend die bezogen auf die wahrgenommene Veränderbarkeit dargestellt. Vorhersage des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes durch die Absorptionsfähigkeit Nach Überprüfung der Zusammenhänge zwischen den drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit und dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf sowie der wahrgenommenen Veränderbarkeit wurde im nächsten Schritt die Vorhersagbarkeit des Veränderungsbedarfes aus den Absorptionsfähigkeitsdimensionen empirisch getestet. Abbildung 4-14 zeigt die Verortung dieser Analyse im Wirkungsmodell. Absorptionsfähigkeit Erste Dimension: Erkennen Zweite Dimension: Aufnehmen Zweiter Bewertungsprozess Erster Bewertungsprozess Herausforderungen Selbstwirksamkeitserwartung Unzufriedenheit Wahrgenommener Veränderungsbedarf Dritte Dimension: Verwerten x Mitarbeiterleistung Fehlertoleranz Wahrgenommene Veränderbarkeit Innovationsbereitschaft Abbildung 4-14. Darstellung des aktuellen Analyseschrittes im Wirkungsmodell 142 4 Empirische Überprüfung Zur Vorhersage des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes aus den drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit wurde eine schrittweise multiple Regression berechnet. Wie Tabelle 4-29 zeigt, korrelierten die erste und zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit signifikant positiv mit dem Veränderungsbedarf und konnten daher als Prädiktoren aufgenommen werden. Die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit wurde, wie bereits erläutert, mit einer Skala zur Umsetzung neuen Wissens in inkrementelle Struktur- und Prozessveränderungen des Unternehmens sowie einem Item zu Prozessinnovationen des Unternehmens erfasst. Dabei korrelierte die Skala AF3-Verwerten_KVP signifikant positiv mit dem Kriterium Veränderungsbedarf, weshalb auch sie als Prädiktor aufgenommen wurde. Das Vorhandensein von Prozessinnovationen stand dagegen in keinem Zusammenhang mit dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf, korrelierte jedoch signifikant positiv mit den drei Skalen zur Messung der Absorptionsfähigkeit und wurde daher als Kontrollvariable in das Regressionsmodell aufgenommen. In dieser Regression waren die Residuen zwar nicht normal verteilt (vgl. Abbildung 4-15a), aber die Stichprobengröße mit N=518 ausreichend groß, so dass die Befunde des F-Tests zur Modellüberprüfung nicht verzerrt wurden. Wiederum lag Heteroskedastizität vor (vgl. Abbildung 4-15b), was die Schätzung der p-Werte der ß-Gewichte beeinträchtigte. Mit einem maximalen Konditionsindex von 14.013 (Toleranz>.37, VIF<1.26) im Modell vier war die Kollinearität gering und beeinflusste die Schätzung der ß-Gewichte nicht. a) Abbildung 4-15. b) a) Histogramm der Residuen mit Normalverteilungskurve b) Streudiagramm mit vorhergesagten Werten und Residuen Die vier Prädiktoren wurden entsprechend ihrer theoretischen Phasenabfolge in das Regressionsmodel aufgenommen. Demnach beinhaltete das Modell eins nur die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit und das Modell vier alle drei Dimensionen inklusive dem Vorhandensein von Regressionsschritt dar. Prozessinnovationen. Tabelle 4-30 stellt die Modellwerte je 4 Empirische Überprüfung 143 Tabelle 4-30. Schrittweise Regression zur Vorhersage des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes aus den drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit – Modellkennwerte der vier Regressionsschritte (N=518) Prädiktoren 1. Regressionsschritt R R2 R2korr F ΔR2 ΔF df1 / df2 sign. ΔF .165 .027 .025 14.392*** .167 .028 .024 7.354** .001 .335 1 / 515 .563 .175 .031 .025 5.410** .003 1.508 1 / 514 .220 .210 .044 .037 5.910*** .013 7.215 1 / 513 .007 AF1-Erkennen 2. Regressionsschritt AF1-Erkennen AF2-Aufnehmen 3. Regressionsschritt AF1-Erkennen AF2-Aufnehmen AF3-Verwerten_KVP 4. Regressionsschritt AF1-Erkennen AF2-Aufnehmen AF3-Verwerten_KVP AF3-Prozessinnovationen Anmerkungen. AF1-Erkennen = erste Dimension der Absorptionsfähigkeit; AF2-Aufnehmen = zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit; AF3-Verwerten_KVP = interne Umsetzung des neuen Wissens in inkrementelle Struktur- und Prozessveränderungen; AF3-Prozessinnovationen = Vorhandensein von Prozessinnovationen des Unternehmens. R = multipler Korrelationskoeffizient; R2 = Anteil erklärter Varianz; R2korr = korrigiertes R2; ΔR2 = Anstieg in R2; ΔF = Anstieg in F; sign. ΔF = statistisch bedeutsamer Anstieg von F; **p=.001; ***p<.001 Wie aus Tabelle 4-30 ersichtlich, führte nur die Aufnahme der Variable Prozessinnovationen im vierten Regressionsschritt zu einer signifikanten Erhöhung des F-Wertes und zu einer Verbesserung der Modellgüte um ΔR2=.013 im Vergleich zum ersten Modell. Damit zeigte sich, dass Prozessinnovationen trotz ihres fehlenden Zusammenhangs mit dem Kriterium Veränderungsbedarf im Regressionsmodell zusätzliche Varianz erklären konnten und damit auch irrelevante Varianz zwischen den Prädiktoren kontrolliert wurde. Darüber hinaus leistete die Variable im vierten Regressionsschritt einen signifikanten Beitrag zur Vorhersage des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes (vgl. Tabelle 4-31). Entsprechend den Erwartungen in Hypothese 2.7 reduzierte sich der wahrgenommene Veränderungsbedarf mit zunehmender Präsenz von Prozessinnovationen (ß=-.13, p=.007). Dabei erhöhte sich die Korrelation zwischen Kriterium und diesem Prädiktor von r=-.04 auf ry(x,z) =-.12, wenn sie um die gemeinsame Varianz mit den jeweils verbleibenden Prädiktoren bereinigt wurde. Trotz der zunächst fehlenden Korrelation mit dem Kriterium, handelte es sich bei AF3_Prozessinnovationen nicht um eine Suppressorvariable (Überprüfung nach Bortz, 1999, S. 446). Als weiterer Prädiktor wurde in allen vier Modellen nur die erste Dimension der 144 4 Empirische Überprüfung Absorptionsfähigkeit signifikant, ihre Wirkung war dabei hypothesenkonform positiv, im vierten Regressionsschritt betrug ihr Regressionsgewicht ß=.19 (p=.01) und unterschied sich damit kaum von den Gewichten in den drei anderen Regressionsschritten (ß=.17 bis ß=.19). Der Zusammenhang zwischen Absorptionsfähigkeit 1 und Veränderungsbedarf reduzierte sich durch die Semipartionalisierung von r=.17 auf ry(x,z)=.11, womit dieser Prädiktor ähnlich wie Prozessinnovationen etwas mehr als 1% gemeinsame Varianz mit dem Kriterium aufwies. Dieser Ergebnisse führten zur Annahmen der Hypothese 2.1. Die Prädiktorvariablen AF2-Aufnehmen und AF3-Verwerten_KVP hatten keine Vorhersagekraft im Regressionsmodell. Dabei stellten sie trotz ihrer geringen, nicht signifikanten ß-Gewichte keine redundanten Variablen für die Regression dar, weil der multiple Korrelationskoeffizient R je Modell höher als die einzelnen Korrelationen der Prädiktorvariablen mit dem Kriterium ausfiel (vgl. auch Tabelle 4-30 und Tabelle 4-31 zum vierten Modell). Die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit trat als Suppressorvariable auf, die den Vorhersagebeitrag der anderen Variablen erhöhte, indem sie irrelevante Varianzen in den anderen Prädiktoren unterdrückte. Nach Bortz (1999, S. 446) lag dabei eine negative Suppression vor, da der Regressionskoeffizient bAF2 negativ ausfiel, obwohl die Korrelationen der Prädiktoren mit dem Kriterium jeweils positive Vorzeichen hatten. Damit trug die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit zwar nicht zur Vorhersage der Kriteriumsvariable Veränderungsbedarf bei, leistete aber einen Beitrag zur gesamten Varianzaufklärung des Modells, indem sie die Vorhersagekraft der anderen Prädiktoren steigerte. Für die Variable AF3-Verwerten_KVP konnte kein Suppressionseffekt nachgewiesen werden, stattdessen leistete sie einen eigenständigen Beitrag zur Vorhersage des Veränderungsbedarfes, auch wenn dieser nicht signifikant wurde (ß=.09, p=.134). Die Befunde zum vierten Regressionsmodell fasst Tabelle 4-31 noch einmal zusammen. Tabelle 4-31. Zusammenfassung der Ergebnisse des vierten Regressionsschrittes zur Vorhersage des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes aus allen drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit (N=518) Prädiktoren b SEb ß p r ry(x,z) AF1-Erkennen .25 .10 .19 .010 .17 .11 AF2-Aufnehmen -.04 .09 -.03 .629 .11 -.02 AF3-Verwerten_KVP .10 .07 .09 .134 .14 .07 AF3-Prozessinnovationen -.10 .04 -.13 .007 -.035 -.12 Anmerkungen. b = unstandardisiertes Regressionsgewicht; SEb = Standardfehler von b; ß = standardisierter Regressionskoeffizient; p = Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses unter Gültigkeit der Nullhypothese; r = ProduktMomentkorrelation mit Kriterium; ry(x,z) = Semipartialkorrelation 4 Empirische Überprüfung 145 Vorhersage der wahrgenommenen Veränderbarkeit durch die Absorptionsfähigkeit Im nächsten Analyseschritt wurde empirisch geprüft, wie gut sich die wahrgenommene Veränderbarkeit durch die drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit vorhersagen ließ. In Abbildung 4-16 wird dieser Schritt im Wirkungsmodell graphisch verdeutlich. Absorptionsfähigkeit Erste Dimension: Erkennen Zweite Dimension: Aufnehmen Zweiter Bewertungsprozess Erster Bewertungsprozess Herausforderungen Selbstwirksamkeitserwartung Unzufriedenheit Wahrgenommener Veränderungsbedarf Dritte Dimension: Verwerten x Mitarbeiterleistung Fehlertoleranz Wahrgenommene Veränderbarkeit Innovationsbereitschaft Abbildung 4-16. Darstellung des aktuellen Analyseschrittes im Wirkungsmodell Um die Vorhersagbarkeit der wahrgenommenen Veränderbarkeit zu analysieren, wurde eine weitere hierarchische Regression mit allen drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit gerechnet, da das Kriterium mit allen Variablen der Absorptionsfähigkeit signifikant korrelierte. Wie in Abbildung 4-17a erkennbar, waren die Residuen nicht normalverteilt, was aufgrund der großen Stichprobe (N=519) keine Beeinträchtigung des FTestes zur Modellüberprüfung darstellte. Die Fehler verteilten sich weiterhin nicht gleich über alle Bereichen der beobachteten Variable (vgl. Abbildung 4-17b), weshalb die Homoskedastizität nicht gegeben und die p-Werte für die ß-Gewichte ungenau geschätzt wurden. Die Kollinearität als Maß des Zusammenhangs zwischen den Prädiktoren war mit einem Konditionsindex von 13.98 (Toleranz>.80, VIF<1.25) gering, wodurch die Schätzung der ß-Gewichte nicht beeinflusst wurde. 146 4 Empirische Überprüfung a) b) Abbildung 4-17. a) Histogramm der Residuen mit Normalverteilungskurve b) Streudiagramm mit vorhergesagten Werten und Residuen Entsprechend der theoretischen Grundlagen wurden nacheinander die erste, die zweite und die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit in das Modell aufgenommen, wobei letztere in die Umsetzung neuen Wissens in inkrementelle Struktur- und Prozessveränderungen sowie das Vorhandensein von Prozessinnovationen aufgeilt war. Die Modellwerte der einzelnen Regressionsschritte werden nachfolgend in Tabelle 4-32 dargestellt. 4 Empirische Überprüfung 147 Tabelle 4-32. Schrittweise Regression zur Vorhersage der wahrgenommenen Veränderbarkeit aus den drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit - Modellkennwerte der vier Regressionsschritte (N=519) R R2 R2korr F .402 .161 .160 99.475*** .452 .204 .201 .472 .223 .479 .230 Prädiktoren 1. Regressionsschritt ΔR2 ΔF df1 / df2 sign. ΔF 66.219*** .043 27.806 1 / 516 <.001 .219 175.307*** .019 12.603 1 / 515 <.001 .224 123.175*** .006 4.191 1 / 514 .041 AF1-Erkennen 2. Regressionsschritt AF1-Erkennen AF2-Aufnehmen 3. Regressionsschritt AF1-Erkennen AF2-Aufnehmen AF3-Verwerten_intern 4. Regressionsschritt AF1-Erkennen AF2-Aufnehmen AF3-Verwerten_KVP AF3_Prozessinnovationen Anmerkungen. AF1-Erkennen = erste Dimension der Absorptionsfähigkeit; AF2-Aufnehmen = zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit; AF3-Verwerten_KVP = interne Umsetzung des neuen Wissens und inkrementelle Strukturund Prozessveränderungen; AF3_Prozessinnovationen = Vorhandensein von Prozessinnovationen des Unternehmens. R2 = Anteil erklärter Varianz; R2korr = korrigiertes R2; ΔR2 = Anstieg in R2; ΔF = Anstieg in F; sign. ΔF = statistisch bedeutsamer Anstieg von F; **p=.001; ***p<.001 Die hierarchische Regression zeigte, dass der Einschluss aller vier Variablen eine geringe Verbesserung der Varianzaufklärung (ΔR2=.006) im Vergleich zum Einschluss der drei Variablen AF1-Erkennen, AF2-Aufnehmen und AF3-Verwerten_KVP brachte. Weiterhin wurde die Veränderung des F-Wertes im Modell vier nur auf dem 5%-Alpha-Fehler-Niveau signifikant, im Unterschied zu den Änderungen des F-Wertes bei den Modellen zwei und drei. Da sich bei zunehmender Anzahl von Prädiktoren die Signifikanzgrenze für die multiple Regression nach oben verschiebt, empfiehlt es sich Prädiktoren ohne wesentlichen Anteil an der Varianzerklärung nicht in das Modell aufzunehmen. Aus diesen Gründen wurde das vierte Modell abgelehnt und die Ergebnisse des dritten Regressionsschrittes näher betrachtet. In diesem Regressionsmodell sagten die zweite und die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit die Veränderbarkeit signifikant voraus (ßAF2=.26, p<.001 und ßAF3KVP=.19, p<.001). Im Gegensatz zum zweiten Modell reduzierte sich die Vorhersagekraft der Absorptionsfähigkeit 1 von ß2=.16 (p=.009) auf ß3=.08 (p=.195). Die Redundanzanalysen nach Bortz (1999, S. 443) zeigten, dass es sich bei AF1-Erkennen um eine redundante Variable 148 4 Empirische Überprüfung handelte, die trotz hoher Korrelation mit dem Kriterium keine zusätzliche Information zu dessen Vorhersage lieferte. Aufgrund dieser Redundanz der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit sowie der Variable Prozessinnovationen wurde eine neue hierarchische Regression mit den Variablen AF2-Aufnehmen und AF3-Verwerten_KVP berechnet, wobei die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit theoriebasiert im zweiten Regressionsschritt aufgenommen wurde. In diesem Regressionsmodell waren die Residuen nahezu normalverteilt und aufgrund der Stichprobengröße von N=665 keine Beeinträchtigung des F-Testes zu erwarten. Allerdings waren die Fehler wiederum nicht gleich über alle Bereichen der beobachteten Variable verteilt (vgl. Abbildung D-1 im Anhang D), weshalb die Homoskedastizität nicht gegeben und die p-Werte für die ß-Gewichte ungenau geschätzt wurden. Die Kollinearität war mit einem Konditionsindex von 8.51 (Toleranz>.58, VIF<1.7) gering, wodurch die Schätzung der ß-Gewichte nicht beeinflusst wurde. Wie Tabelle 4-33 zeigt, konnte die Varianzaufklärung, die durch die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit erreicht wurde, durch die Aufnahme der dritten Dimension signifikant vergrößert werden, womit das endgültige Regressionsmodell 21% der Varianz in der Variable Veränderbarkeit aufklären konnte und damit eine moderate bis hohe Effektstärke aufwies. Tabelle 4-33. Schrittweise Regression zur Vorhersage der Veränderbarkeit aus der zweiten und dritten Dimensionen der Absorptionsfähigkeit - Modellkennwerte der zwei Regressionsschritte (N=664) Prädiktoren 1. Regressionsschritt R R2 R2korr F .426 .181 .180 146.960*** .457 .209 .206 87.292*** ΔR2 ΔF df1 / df2 sign. ΔF .027 22.793 1 / 662 <.001 AF2-Aufnehmen 2. Regressionsschritt AF2-Aufnehmen AF3-Verwerten_KVP Anmerkungen. AF2-Aufnehmen = zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit; AF3-Verwerten_KVP = interne Umsetzung des neuen Wissens in inkrementelle Struktur- und Prozessveränderungen; R = multipler Korrelationskoeffizient; R2 = Anteil erklärter Varianz; R2korr = korrigiertes R2; ΔR2 = Anstieg in R2; ΔF = Anstieg in F; sign. ΔF = statistisch bedeutsamer Anstieg von F; ***p<.001 Die wahrgenommene Veränderbarkeit ließ sich durch die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit mit einem Regressionskoeffizienten von ß=.29 (p<.001) sowie durch die dritte Dimension - der inkrementellen Umsetzung neuen Wissens in interne Strukturen und Prozesse - mit ß=.22 (p<.001) vorhersagen (vgl. Tabelle 4-34). Damit wurden beide Prädiktoren signifikant, allerdings reduzierte sich ihre Korrelation mit dem Kriterium, wenn diese um die gemeinsame Varianz mit dem jeweils anderen Prädiktor bereinigt wurde. Insgesamt war die 4 Empirische Überprüfung 149 Vorhersagekraft der Absorptionsfähigkeit 2-Aufnehmen neuen Wissens höher als die der Absorptionsfähigkeit 3-Verwerten_KVP. Die Befunde dieser Regressionsanalysen bestätigten damit die Hypothesen 2.4 und 2.6 zur Wirkung der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit sowie die Hypothese 2.8 bezüglich der inkrementellen Umsetzung des neuen Wissens. Tabelle 4-34. Zusammenfassung der Ergebnisse des zweiten Regressionsschrittes zur Vorhersage der Veränderbarkeit aus der zweiten und dritten Dimensionen der Absorptionsfähigkeit (N=664) Prädiktoren b SEb ß p r ry(x,z) AF2 - Aufnehmen .33 .052 .29 <.001 .43 .22 AF3 - Verwerten_KVP .21 .044 .22 <.001 .40 .17 Anmerkungen. b = unstandardisiertes Regressionsgewicht; SEb = Standardfehler von b; ß = standardisierter Regressionskoeffizient; p = Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses unter Gültigkeit der Nullhypothese; r = ProduktMomentkorrelation mit Kriterium; ry(x,z) = Semipartialkorrelation Bezogen auf die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit wurde ergänzend der Stellenwert der drei Subskalen Systematik, Austausch und Technik für die Vorhersage der Veränderbarkeit explorativ mit einer multiplen linearen Regression analysiert. Dabei waren die Fehlerterme nahezu normalverteilt (vgl. Abbildung D-2 in Anhang D), wobei Heteroskedastizität vorlag und die p-Werte für die ß-Gewichte ungenau geschätzt wurden. Die Kollinearität war mit einem Konditionsindex von 10.36 (Toleranz>.41, VIF<2.4) gering und die Schätzung der ß-Gewichte damit nicht verzerrt. Die Varianzaufklärung des Regressionsmodells betrug R2=.194 (R2korr=.19) und wurde mit F(3.658)=52.841 (p<.001) signifikant. Die Modellergebnisse werden in Tabelle 4-35 zusammengefasst. Die Subskala zur Erfassung der technischen Unterstützung des Wissenstransfers im Unternehmen hatte keinen Einfluss auf die Veränderbarkeit, ihr Zusammenhang mit dem Kriterium ging nach der Bereinigung um die Varianz mit den anderen Prädiktoren auf nahe Null zurück. Auch die Zusammenhänge der beiden anderen Prädiktoren mit dem Kriterium reduzierten sich nach der Bereinigung. Mit einem Regressionskoeffizienten von ß=.28 (p<.001) trug die systematische Auswertung von Wissen und Informationen signifikant zur Vorhersage der wahrgenommenen Veränderbarkeit bei. Der Austausch von Wissen und Erfahrungen im Unternehmen sagte das Kriterium ebenfalls signifikant mit ß=.17 (p=.001) vorher. 150 4 Empirische Überprüfung Tabelle 4-35. Zusammenfassung der Ergebnisse der multiplen linearen Regression zur Vorhersage der Veränderbarkeit aus den Subskalen der zweiten Absorptionsfähigkeitsdimension (N=662) Prädiktoren b SEb ß p r ry(x,z) AF2A_Systematik .30 .06 .28 <.001 .42 .18 AF2B_Austausch .18 .05 .17 .001 .39 .12 AF2C_Technik .04 .05 .04 .441 .32 .03 Anmerkungen. b = unstandardisiertes Regressionsgewicht; SEb = Standardfehler von b; ß = standardisierter Regressionskoeffizient; p = Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses unter Gültigkeit der Nullhypothese; r = ProduktMomentkorrelation mit Kriterium; ry(x,z) = Semipartialkorrelation In den Regressionsanalysen fand sich keine signifikante Vorhersageleistung der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit auf die wahrgenommene Veränderbarkeit, trotz dass eine positive Korrelation zwischen beiden vorhanden war. Nach Hypothese 2.2 wurde ein positiver Einfluss der Absorptionsfähigkeit 1-Erkennen auf die Veränderbarkeit nur dann erwartet, wenn auf der zweiten und die dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit hohe Ausprägungen erzielt würden. Um diesen bedingten Einfluss zu untersuchen, wurden anhand der Ausprägungen für jede Absorptionsfähigkeitsskala Extremgruppen gebildet. Zur Gruppe mit geringer Absorptionsfähigkeit zählten dabei je Skala alle Unternehmen unterhalb des 25. Perzentils, zur Gruppe mit großer Absorptionsfähigkeit gehörten je Skala alle Unternehmen mit Werten oberhalb des 75. Perzentils. Wie Tabelle 4-36 zeigt, bestanden deutliche Unterschiede zwischen den Mittelwerten der jeweiligen Gruppen bezogen auf alle Dimensionen der Absorptionsfähigkeit. 4 Empirische Überprüfung 151 Tabelle 4-36. Kennwerte der Extremgruppen je Dimension der Absorptionsfähigkeit (Gruppenbildung anhand des 25. und 75. Perzentils der Ausprägung der jeweiligen Absorptionsfähigkeit) Geringe Absorptionsfähigkeit (<25. Perzentil) Große Absorptionsfähigkeit (>75. Perzentil) Dimension N25 25 SD25 N75 75 SD75 AF1 174 2.80 .89 173 7.21 .81 AF2_Gesamt 167 2.94 .97 168 7.78 .77 AF2A_Systematik 157 2.57 1.03 157 7.95 .75 AF2B_Austausch 166 2.78 .94 164 8.26 .83 AF2C_Technik 164 2.30 1.10 171 8.22 .76 AF3_KVP 165 2.97 1.38 164 8.73 .66 AF3_Prozessinno 110 .27 .45 134 8.61 .82 Anmerkungen. Abkürzungen der Skalen und Items: AF1 = Skala Absorptionsfähigkeit 1 - Erkennen; AF2_Gesamt = Skala Absorptionsfähigkeit 2 – Gesamt; AF2A_Systematik = Absorptionsfähigkeit 2A – Systematische Aufnahme; AF2B_Austausch = Skala Absorptionsfähigkeit 2B – Erfahrungsaustausch; AF2C_Technik = Skala Absorptionsfähigkeit 2C – Technische Unterstützung für Wissensaustausch; AF3_KVP = Skala Absorptionsfähigkeit 3 – interne Umsetzung des neuen Wissens in inkrementelle Struktur- und Prozessveränderungen; AF3_Prozessinno = Item Absorptionsfähigkeit 3 - Prozessinnovationen N = Stichprobenumfang; = Mittelwert, 11-stufige Skala von Wert 0 = geringe Ausprägung bis Wert 10 = sehr hohe Ausprägung; SD = Standardabweichung; Ausgehend von diesen Extremgruppen wurde für die Überprüfung der Hypothese 2.2 eine Varianzanalyse zum Testen der postulierten Interaktionseffekte zwischen den drei Absorptionsfähigkeitsdimensionen bezüglich der wahrgenommenen Veränderbarkeit gerechnet. Auch wenn die Variable Veränderbarkeit nicht normalverteilt war, konnte die Varianzanalyse aufgrund ihrer Robustheit gegenüber dieser Voraussetzungsverletzung genutzt werden (vgl. Rasch & Guiard, 2004). Entsprechend der Hypothese und Operationalisierung wurde eine Varianzanalyse mit den vier Faktoren Absorptionsfähigkeit 1, Absorptionsfähigkeit 2_Gesamt, Absorptionsfähigkeit 3_KVP und Absorptionsfähigkeit 3_Prozessinnovationen berechnet. Dabei wurde erwartet, dass sich die wahrgenommene Veränderbarkeit zwischen den Gruppen mit geringer und hoher Ausprägung der ersten Absorptionsfähigkeitsdimension signifikant unterscheiden würde, wenn auch die zweite und dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit eine hohe Ausprägungen aufwiesen. Läge dagegen eine geringe Ausprägung der zweiten und dritten Dimension vor, sollte kein Unterschied in der Veränderbarkeit in Abhängigkeit von der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit auftreten. Aufgrund des 2x2x2x2-Designs reichte die Stichprobe jedoch nicht zur Überprüfung dieser Annahmen aus. So fanden sich z. B. keine Fälle mit der Ausprägung AF1/niedrig-AF2/hochAF3_KVP/niedrig-AF3_Prozessinno/hoch. 152 4 Empirische Überprüfung Da die Variable Prozessinnovationen den geringsten Stichprobenumfang aufwies, wurde sie im nächsten Schritt von der Analyse ausgeschlossen und eine dreifaktorielle Varianzanalyse mit den Faktorstufen AF1, AF2 und AF3_KVP berechnet. In diesem 2x2x2Design fehlten wiederum Fälle für die Ausprägungen AF1/hoch-AF2/niedrig-AF3_KVP/hoch und AF1/hoch-AF2/hoch-AF3_KVP/niedrig, weshalb die Interaktion der drei Dimensionen nicht überprüft werden konnte. Aufgrund dieser fehlenden Werte wurde deshalb die Entscheidung für mehrere Zweifaktorielle Varianzanalysen getroffen, welche jeweils die Interaktion der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit mit den beiden anderen Dimensionen untersuchten. Die Ergebnisse werden in Tabelle 4-37 als Überblick dargestellt. Tabelle 4-37. Ergebnisse der Zweifaktoriellen Varianzanalysen zur Überprüfung der Interaktionseffekte der einzelnen Dimensionen der Absorptionsfähigkeit bezogen auf den wahrgenommenen Veränderungsbedarf Interaktion Ergebnis der ANOVA Effektstärke ƞ2partial Fazit AF1 – AF2 F(1,228)=1.141; p=.287 .005 n.s.; kein Effekt AF1 – AF3_KVP F(1,205)=2.430; p=.121 .012 n.s.; kein Effekt AF1 – AF3_Prozessinnovationen F(1, 141)=.003; p=.958 <.001 n.s.; kein Effekt Anmerkungen. AF1 = Extremgruppen Absorptionsfähigkeit 1 – Erkennen neuen, externen Wissens; AF2 = Extremgruppen Absorptionsfähigkeit 2 – Aufnahmen neuen, externen Wissens; AF3_KVP= Extremgruppen interne Umsetzung des neuen Wissens in inkrementelle Struktur- und Prozessveränderungen; AF3_Prozessinnovationen = Vorhandensein von Prozessinnovationen im Unternehmen. p = Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses unter Gültigkeit der Nullhypothese; ƞ2partial = Anteil der Varianz, die nicht durch andere Effekte erklärt werden kann; n.s. = kein statistisch signifikanter Unterschied. Über alle Gruppen hinweg waren die Fehlervarianzen der abhängigen Variable Veränderbarkeit jeweils gleich, womit keine Verletzung der Varianzhomogenität vorlag. Keine der Varianzanalysen zeigte eine signifikante Interaktion, auch die Effektgrößen ƞ2partial fielen äußerst niedrig aus65. Demnach erklärte die Interaktion von AF1-AF2 nur 0.5% der Varianz der Veränderbarkeit, die nicht durch andere Effekte verursacht wurde, die Interaktion von AF1AF3_KVP erklärte 1.2% der Varianz und die Interaktion AF1-AF3_Prozessinnovation hatte keinerlei Erklärungskraft (vgl. Tabelle 4-37). Aufgrund dieser Ergebnisse musste die Hypothese 2.2 abgelehnt werden. 65 Berechnung der Effektgröße ƞ2partial siehe Bühner & Ziegler (2009, S. 367) sowie Sedlmeier und Renkewitz (2008, S. 479) als Maßzahl für die praktische Bedeutsamkeit der vorhandenen Unterschiede zwischen den Gruppen, Angaben im Text oben laut SPSS-Berechnung. 4 Empirische Überprüfung 153 Unterschiede im wahrgenommenen Veränderungsbedarf und in der wahrgenommenen Veränderbarkeit in Abhängigkeit von der Absorptionsfähigkeit Um die praktische Bedeutung der Absorptionsfähigkeit für den wahrgenommenen Veränderungsbedarf und die wahrgenomme Veränderbarkeit der Unternehmenssituation beurteilen zu können, wurden ergänzend zu den bisherigen Berechnungen die Extremgruppen der einzelnen Dimensionen hinsichtlich der beiden Komponenten der Innovationsbereitschaft miteinander verglichen. Zur Einordnung der Analyse siehe Abbildung 4-18. Absorptionsfähigkeit Erste Dimension: Erkennen Zweite Dimension: Aufnehmen Zweiter Bewertungsprozess Erster Bewertungsprozess Herausforderungen Selbstwirksamkeitserwartung Unzufriedenheit Wahrgenommener Veränderungsbedarf Dritte Dimension: Verwerten x Mitarbeiterleistung Fehlertoleranz Wahrgenommene Veränderbarkeit Innovationsbereitschaft Abbildung 4-18. Darstellung des aktuellen Analyseschrittes im Wirkungsmodell Für den Vergleich der Absorptionsfähigkeitsextremgruppen in Bezug auf den wahrgenommenen Veränderungsbedarf und der wahrgenommenen Veränderbarkeit wurden jeweils t-Tests für zwei unabhängige Stichproben sowie die Effektstärken der Mittelwertsunterschiede berechnet. Diese Unterschiede wurden einseitig getestet und die Irrtumswahrscheinlichkeit aufgrund der großen Stichprobe auf 1% festgelegt66. Die Tabelle 4-38 und die Tabelle 4-39 stellen die Ergebnisse im Überblick dar. Die Befunde differenzierten die Ergebnisse der Korrelationsanalyse aus Tabelle 4-29 dahingehend, dass sie zeigten, wie stark die Unterschiede im wahrgenommen Veränderungsbedarf und in der wahrgenommenen Veränderbarkeit in Abhängigkeit von geringer und großer Absorptionsfähigkeit ausfielen. 66 Zum Zusammenhang von Stichprobengröße, Teststärke und Irrtumswahrscheinlichkeit siehe Sedlmeier (1996). So werden auch geringe Mittelwertsunterschiede mit zunehmendem Stichprobenumfang signifikant. Aus diesem Grund wurde das Alpha-Fehler-Niveau für die t-Tests auf 1% festgelegt und ergänzend zum Signifikanztest die Effektgrößen als Maß für die Unterschiedlichkeit der beiden Untersuchungsgruppen berechnet. 154 4 Empirische Überprüfung Ergänzend zu den bisher referierten Analyseergebnissen zeigte sich bezogen auf den Veränderungsbedarf, dass ein Unterschied zwischen der Gruppe mit geringer Ausprägung der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit und der Gruppe mit hoher Absorptionsfähigkeit bestand. Entsprechend der Hypothese 2.3 fiel der Veränderungsbedarf in der Gruppe mit hoher Absorptionsfähigkeit größer als in der Gruppe mit niedriger Absorptionsfähigkeit (11-stufige Skala von Wert 0 = geringer Veränderungsbedarf bis Wert 10 = sehr großer Veränderungsbedarf; AF-hoch=6.02, SDAF-hoch=2.43, AF-niedrig=5.32, SDAF-niedrig=2.51). Dieser Unterschied wurde auf dem 1%- Alpha-Fehler-Niveau signifikant, mit einer Effektstärke von d=.28 war die praktische Bedeutsamkeit dieses Unterschiedes jedoch gering67 und kleiner als der Mittelwertsunterschied Absorptionsfähigkeit 1 ( zwischen AF-hoch=6.28, niedriger SDAF-hoch=2.28, und hoher AF-niedrig=5.13, Ausprägung der SDAF-niedrig=2.55; d=.48). Bezogen auf die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit ergab der Extremgruppenvergleich für die interne Verwertung des neuen Wissens in Form von inkrementellen Prozess- und Strukturveränderungen (AF3_KVP), dass ein signifikanter Unterschied im wahrgenommenen Veränderungsbedarf zwischen der Gruppe mit niedriger und der mit hoher Absorptionsfähigkeit bestand (d=.56, mittlerer Effekt). Entgegen der Annahme 2.7 war der Mittelwert in der Gruppe mit hoher Absorptionsfähigkeit ( als der in der Gruppe mit niedriger Ausprägung ( AF-hoch=6.47, AF-niedrig=5.12, SDAF-hoch=2.34) größer SDAF-niedrig=2.46). Kein Unterschied fand sich jedoch zwischen der Gruppe mit geringem Stellenwert von Prozessinnovationen und der Gruppe mit hohem Stellenwert der Prozessinnovationen (AF3_Prozessinnovationen), womit sich dieser Aspekt der dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit nicht im Veränderungsbedarf niederschlug. 67 Berechnung der Effektgrößen für Mittelwertsunterschiede nach Cohen (1988): 𝑑 = 𝑠12+𝑠22 𝑠=√ 2 𝑀𝑊2−𝑀𝑊1 𝑠 wobei . Dabei hat sich als Konvention in der psychologischen Forschung folgende Interpretation etabliert: d=.2 kleiner Effekt, d=.5 mittlerer Effekt, d=.8 großer Effekt. 4 Empirische Überprüfung 155 Tabelle 4-38. Überprüfung der Unterschiede im wahrgenommenen Veränderungsbedarf zwischen Unternehmen mit geringer und mit großer Absorptionsfähigkeit Ergebnis des t-Tests Effektstärke d Fazit Absorptionsfähigkeit 1-Erkennen t(342)=-4.385; p<.001 .48 sign.; mittlerer Effekt Absorptionsfähigkeit 2-Aufnehmen t(333)=-2.617; p=.009 .28 sign.; kleiner Effekt AF2A_Systematik t(311)=-3.843; p<.001 .43 sign.; kleiner Effekt AF2B_Austausch t(327)=-2.573; p=.011 .29 n.s.; kleiner Effekt AF2C_Technik t(331)=-1.218; p=.224 .13 n.s.; kein Effekt Absorptionsfähigkeit 3-Verwerten_KVP t(325)=-5.080; p<.001 .56 sign.; mittlerer Effekt Absorptionsfähigkeit 3_Prozessinnovationen t(240)=.536; p=.593 .07 n.s.; kein Effekt Anmerkungen. p = Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses unter Gültigkeit der Nullhypothese; d = Effektstärke Cohens d als Maß für praktisch bedeutsamen Unterschied zwischen den beiden Gruppen; sign. = statistisch signifikanter Unterschied; n.s. = kein statistisch signifikanter Unterschied; Interpretation der Effektstärke nach Cohen (1988): d=.2 kleiner Effekt, d=.5 mittlerer Effekt, d=.8 großer Effekt Bezogen auf die wahrgenommene Veränderbarkeit fanden sich bei allen Dimensionen der Absorptionsfähigkeit große Unterschiede zwischen den Extremgruppen, wobei sich beim Stellenwert der Prozessinnovationen nur ein mittlerer Effekt zeigte (vgl. Tabelle 4-39). Dieser Ergebnisse entsprachen insgesamt den Hypothesen 2.4, 2.6 und 2.8. Tabelle 4-39. Überprüfung der Unterschiede in der wahrgenommenen Veränderbarkeit zwischen Unternehmen mit geringer und mit großer Absorptionsfähigkeit Ergebnis des t-Tests Effektstärke d Fazit Absorptionsfähigkeit 1-Erkennen t(343)=-9.146; p<.001 .98 sign.; großer Effekt Absorptionsfähigkeit 2-Aufnehmen t(331)=-10.648; p<.001 1.17 sign.; großer Effekt AF2A_Systematik t(310)=-10.526; p<.001 1.19 sign.; großer Effekt AF2B_Austausch t(326)=-8.775; p<.001 .97 sign.; großer Effekt AF2C_Technik t(333)=-8.118; p<.001 .89 sign.; großer Effekt Absorptionsfähigkeit 3-Verwerten_KVP t(325)=-9.531; p<.001 1.06 sign.; großer Effekt Absorptionsfähigkeit 3_Prozessinnovationen t(241)=-5.762; p<.001 .73 sign.; mittlerer Effekt Anmerkungen. p = Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses unter Gültigkeit der Nullhypothese; d = Effektstärke Cohens d als Maß für den praktisch bedeutsamen Unterschied zwischen den beiden Gruppen; sign. = statistisch signifikanter Unterschied; n.s. = kein statistisch signifikanter Unterschied; Interpretation der Effektstärke nach Cohen (1988): d=.2 kleiner Effekt, d=.5 mittlerer Effekt, d=.8 großer Effekt 156 4 Empirische Überprüfung Um die letzte Hypothese zum Unterschied zwischen dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf und der wahrgenommenen Veränderbarkeit bei hoher Ausprägung aller drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit zu überprüfen, wurden die Extremgruppen der Absorptionsfähigkeit_gesamt anhand des 25. und des 75. Perzentils bestimmt. Danach wurden die Mittelwerte des Veränderungsbedarfes und der Veränderbarkeit dieser Extremgruppen verglichen, Abbildung 4-19 stellt das Ergebnis grafisch dar. 10 9 8 Mittelwert: wahrgenommener Veränderungs-bedarf 7 6 5 Mittelwert: wahrgenommene Veränderbarkeit 4 3 2 1 0 geringe AF_gesamt sehr hohe AF_gesamt Abbildung 4-19. Ausprägung des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes und der wahrgenommenen Veränderbarkeit in Abhängigkeit von der Ausprägung der organisationalen Absorptionsfähigkeit (AF_gesamt ist die Summe der drei Absorptionsfähigkeitsdimensionen; geringe AF_gesamt bezeichnet die Unternehmen unterhalb des 25. Perzentils, sehr hohe AF_gesamt bezeichnet die Unternehmen oberhalb des 75. Perzentils der GesamtAbsorptionsfähigkeit) Wie auch in den einzelnen Dimensionen der Absorptionsfähigkeit unterschieden sich die Mittelwerte des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes und der wahrgenommenen Veränderbarkeit zwischen der Gruppe mit niedriger und der Gruppe mit hoher Absorptionsfähigkeit (vgl. auch Tabelle 4-40). Eine einfaktorielle Varianzanalyse bestätigte die statistische Signifikanz dieser Unterschiede (FVb(1,328)=9.99, p=.002; FVbk(1,328)=137.89, p<.001). Während die Absorptionsfähigkeit nur 3% der Varianz im wahrgenommenen Veränderungsbedarf erklären konnte (ƞ2partial=.03), trug sie mit 30% aufgeklärter Varianz sehr stark zu den Unterschieden in der wahrgenommenen Veränderbarkeit bei (ƞ2partial=.30). 4 Empirische Überprüfung 157 Tabelle 4-40. Vergleich des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes mit der wahrgenommenen Veränderbarkeit in den Gruppen mit niedriger und sehr hoher Absorptionsfähigkeit - Mittelwerte ( ), Standardabweichungen (SD), Differenz der Mittelwerte und Effektstärken der Mittelwertsunterschiede (d) wahrg. Veränderungsbedarf wahrg. Veränderbarkeit Differenz Effektstärke Vb SDVb Vbk SDVbk Vbk- Vb Cohens d geringe AF_gesamt 5.21 2.46 5.94 2.34 .73 .3 hohe AF_gesamt 6.07 2.43 8.54 1.59 2.47 1.2 Insgesamt wurde die Veränderbarkeit höher eingeschätzt als der Veränderungsbedarf, wobei die Unterschiede zwischen beiden Mittelwerten entsprechend der Hypothese 2.9 bei der hohen Ausprägung der Absorptionsfähigkeit größer waren als bei der niedrigen Ausprägung der Absorptionsfähigkeit. In der Stichprobe mit geringer Absorptionsfähigkeit betrug als Maß der praktischen Bedeutsamkeit der Mittelwertsunterschiede Cohens d=.3, was einem keinen Effekt entsprach. Dagegen war der Unterschied zwischen wahrgenommenen Veränderungsbedarf und wahrgenommener Veränderbarkeit in der Gruppe mit hoher Absorptionsfähigkeit deutlich höher und mit Cohens d=1.2 von großer praktischer Bedeutung. Zusammenfassung der Hypothesentests zur Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Wahrnehmung des Veränderungsbedarfes und der Veränderbarkeit Die Ergebnisse der bisherigen Analysen zur Überprüfung der Hypothesen werden in Tabelle 4-41 als Übersicht noch einmal zusammengefasst. Ihre Diskussion erfolgt im Abschnitt 4.3.3. Tabelle 4-41. Zusammenfassung der Ergebnisse zur Überprüfung der Hypothesen 2.1 bis 2.8 Hypothese H2.1 Die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit hat einen positiven Einfluss auf die Beurteilung des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes der unternehmensinternen Situation. Je stärker die erste Dimension ausgeprägt ist, umso höher ist der wahrgenommene Veränderungsbedarf. Ergebnisse Korrelationsanalyse Ergebnisse Regressionsanalyse Ergebnisse Extremgruppenvergleiche im Ansatz unterstützt bestätigt bestätigt: mittlerer Effekt 158 4 Empirische Überprüfung Tabelle 4-41. (Fortsetzung) Hypothese Ergebnisse Korrelationsanalyse Ergebnisse Regressionsanalyse Ergebnisse Extremgruppenvergleiche H2.2 Wenn die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit sowie die dritte Dimension eine hohe Ausprägung haben, dann führt auch eine hohe Ausprägung der ersten Dimension zu einer höheren wahrgenommenen Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation. im Ansatz unterstützt - nicht bestätigt: generell großer Effekt der AF1 H2.3 Die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit hat einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung des Veränderungsbedarfes der unternehmensinternen Situation. Je stärker die zweite Dimension ausgeprägt ist, umso höher ist der wahrgenommene Veränderungsbedarf. im Ansatz unterstützt nicht bestätigt bestätigt: kleiner Effekt H2.4 Die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit hat einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung der Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation. Je stärker die zweite Dimension ausgeprägt ist, umso höher wird die Veränderbarkeit der Situation bewertet. unterstützt bestätigt bestätigt: großer Effekt H2.5 Die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit beeinflusst die Wahrnehmung des Veränderungsbedarfes der unternehmensinternen Situation stärker als die erste Dimension. nicht unterstützt nicht bestätigt nicht bestätigt H2.6 Die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit beeinflusst die Wahrnehmung der Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation stärker als die erste Dimension. unterstützt, aber geringe Differenz bestätigt bestätigt H2.7 Die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit hat einen negativen Einfluss auf die Wahrnehmung des Veränderungsbedarfes der unternehmensinternen Situation. Je stärker die dritte Dimension ausgeprägt ist, umso geringer ist der wahrgenommene Veränderungsbedarf. nicht unterstützt nur für Prozessinnovationen bestätigt nicht bestätigt: für KVP entgegengesetzter, für Prozessinnovation kein Effekt H2.8 Die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit hat einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung der Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation. Je stärker die dritte Dimension ausgeprägt ist, umso höher wird die Veränderbarkeit bewertet. unterstützt nur für kontinuierlichen Verbesserungsprozess bestätigt bestätigt: großer bzw. mittlerer Effekt 4 Empirische Überprüfung 159 Tabelle 4-41. (Fortsetzung) Hypothese H2.9 Ergebnisse Korrelationsanalyse Wenn alle drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit eine hohe Ausprägung haben und damit die organisationale Absorptionsfähigkeit sehr groß ist, wird die Veränderbarkeit höher eingeschätzt als der Veränderungsbedarf. Bei einer geringen organisationalen Absorptionsfähigkeit fallen die Unterschiede zwischen wahrgenommener Veränderbarkeit und wahrgenommenem Veränderungsbedarf geringer aus. Ergebnisse Regressionsanalyse - Ergebnisse Extremgruppenvergleiche - bestätigt Nachdem mit den eben beschrieben Verfahren die Überprüfung der Hypothesen abgeschlossen war, wurde analysiert, inwieweit die Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf den Veränderungsbedarf und die Veränderbarkeit durch die Determinanten des ersten und zweiten Bewertungsprozesses mediiert wurde. Erweiterter Modelltest: Überprüfung der direkten und indirekten Wirkung Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft der In der Ableitung der Hypothesen zur Wirkung der Absorptionsfähigkeit (vgl. Unterkapitel 3.2) wurde der Einfluss der einzelnen Dimensionen auf die Innovationsbereitschaft in den beiden ihr zugrundeliegenden Bewertungsprozesse verankert. Deshalb wurde in einem letzten Analyseschritt geprüft, inwieweit die Prozessindikatoren als Mediatoren für den Einfluss der Absorptionsfähigkeit auf den wahrgenommenen Veränderungsbedarf sowie die wahrgenommene Veränderbarkeit fungierten. Ausgehend von den Ergebnissen der bereits dargestellten Hypothesentests (vgl. Zusammenfassung in Tabelle 4-41) wurden hierfür die erste und zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit herausgegriffen, weil diese signifikant zur Vorhersage des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes und der wahrgenommenen Veränderbarkeit beitrugen. Die dritte Dimension wurde nicht einbezogen, da die entsprechenden Hypothesen nur zum Teil bestätigt worden sind. Vor einer weitergehenden empirischen Überprüfung müssen hier zunächst die gefundenen Unterschiede in der Wirkung inkrementeller Prozess- und Strukturveränderungen sowie Prozessinnovationen konzeptionell diskutiert werden. 160 4 Empirische Überprüfung Als Prozessindikatoren der Innovationsbereitschaft wurde die Unzufriedenheit mit der internen Leistungserstellung von der Analyse ausgeschlossen, weil durch die Operationalisierung nicht das was gemessen werden sollte erfasst wurde (vgl. dazu auch die Diskussion in Abschnitt 4.3.2.1). Weiterhin wurde nicht die aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskraft aufgrund ihrer fehlenden Vorhersagekraft in den Regressionsanalysen an dieser Stelle nicht berücksichtig. Abbildung 4-20 fasst die in den nachfolgend beschriebenen Analysen einbezogenen Variablen noch einmal zusammen. Absorptionsfähigkeit Erste Dimension: Erkennen Zweite Dimension: Aufnehmen Zweiter Bewertungsprozess Erster Bewertungsprozess Herausforderungen Selbstwirksamkeitserwartung Unzufriedenheit Wahrgenommener Veränderungsbedarf Dritte Dimension: Verwerten x Mitarbeiterleistung Fehlertoleranz Wahrgenommene Veränderbarkeit Innovationsbereitschaft Abbildung 4-20. Die im erweiterten Modelltest berücksichtigten Variablen und deren Einbettung im Wirkungsmodell In einem ersten Strukturgleichungsmodell wurde der wahrgenommene Veränderungsbedarf fokussiert. Als relevante Variable des ersten Bewertungsprozesses, der einer Beurteilung des Veränderungsbedarfes zugrundeliegt, hatte die multiple lineare Regression in Unterabschnitt 4.2.2.1, Tabelle 4-26 ergeben, dass die durch den Geschäftsführer wahrgenommenen Herausforderungen für sein Unternehmen den durch ihn wahrgenommenen Veränderungsbedarf signifikant vorhersagen. Weiterhin hatte die hierarchische lineare Regression zur Vorhersage des Veränderungsbedarfes den signifikanten Einfluss der Absorptionsfähigkeit 1-Erkennen von relevantem, externem Wissens belegt (vgl. Tabelle 4-31). Aufgrund dieser Ergebnisse wurde nun geprüft, inwieweit die Wirkung der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit durch das Erkennen von Herausforderungen für das Unternehmen mediiert wurde. Die Prüfung erfolgte mit einem in AMOS Graphics erstelltem Strukturgleichungsmodell, das die empirische Kovarianzmatrix mit der theoretisch implizierten Matrix verglich, um die postulierten kausalen Abhängigkeiten zwischen den Variablen zu testen. 4 Empirische Überprüfung 161 Zunächst wurden die inhaltlichen Schwerpunkte der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit mit einer promax-rotierten Hauptachsen-Faktoren-Analyse bestimmt. Dies war notwendig, da die zur Skala gehörigen Items verschiedene Aspekte der Kontaktaufnahme mit unternehmensexternen Wissens abbildeten, die aufgrund ihrer inhaltlichen Gemeinsamkeiten und Unterscheide für das Strukturgleichungsmodel zu exogene Variablen zusammengefasst werden sollten, um daraus die endogen Variable Absorptionsfähigkeit 1 abzuleiten. Die Faktorenanalyse ergab drei miteinander korrelierende Faktoren, die gemeinsam 53% der Varianz erklärten. Die Faktoren mit dazugehörigen Items finden sich in Tabelle 4-42, die Mustermatrix im Anhang D, Tabelle D-168. Je Faktor wurde wiederum der Mittelwert aus den zugehörigen Items gebildet und diese drei Faktoren als exogene Variablen in das Strukturgleichungsmodell aufgenommen. Am geringsten waren die (für KMU) neueren Formen des Wissenszuganges (Faktor AF1_A) ausgeprägt, die traditionellen Formen sowie der allgemeine Zugang zu Wissen und Informationen kamen in der Stichprobe dagegen häufig vor. Tabelle 4-42. Faktoren, die der Skala Absorptionsfähigkeit 1-Erkennen zugrundeliegen sowie die dazugehörigen Items AF1_A Faktor Items Neuere Formen des Wissenszuganges 8.4 Intern: Nutzung von Lernprogrammen/neuen Medien 8.6 Extern: Open Innovation: Nutzung der Außenwelt für eigene Innovationsprozesse 11.12 Regelmäßige Gespräche mit externen Experten und Beratern 11.14 Erfahrungsaustausch auf Kongressen und Tagungen 11.16 F&E-Kooperationen mit anderen Unternehmen 11.17 Erfahrungsaustausch in Web 2.0 (z. B. in Foren/Chats/Blogs/Newsgroups) AF1_B Traditionelle Formen des Wissenszuganges 8.1 Extern: Analyse und systematische Auswertung von Kundenreklamationen 8.3 Extern: Kundenbefragung 8.4 Extern: Lernen durch Kontakt zu Lieferanten 8.7 Extern: Analyse des Wettbewerberverhaltens AF1_C Allgemeine Formen des Wissenszuganges 8.12 Extern: Informationssuche im Intranet, Internet oder auf Wissensplattformen 8.13 Extern: Lesen von Fachzeitschriften In das Strukturgleichungsmodell wurden weiterhin die Variablen Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenübersteht (Skala) und der wahrgenommene Veränderungsbedarf (Item) aufgenommen. 68 Aufgrund seiner Faktorladungen konnte das Item 8.5 Extern: Kooperation mit Kritikergruppen (User groups/Pressure group) nicht zugordnet werden. 162 4 Empirische Überprüfung Die fünf beobachteten Variablen waren nicht normalverteilt, weshalb alle Modelparameter durch die Asymptotically Distribution-Free (ADF) -Methode geschätzt wurden. Diese Methode der asymptotisch freien Schätzer ermöglicht als verteilungsfreies Verfahren bei großen Stichproben mit N>500 und deutlicher Abweichung von der Normalverteilung eine genauere Schätzung als bspw. die häufig eingesetzte Maximum-Likelihood-Methode (vgl. Backhaus et al.; 2006, S. 369 f. und Bühner, 2006, S. 250 ff.), sie setzt allerdings voraus, dass keine Fälle mit fehlenden Werten existieren. Von der Analyse wurden daher fünf Fälle ausgeschlossen, woraus eine Stichprobengröße von N=663 resultierte. Bei der linearen Strukturmodellierung wurden alle Ladungen und Residuen (außer je eine Fehlervarianz je Variable) frei geschätzt. Zur Beurteilung der Gesamtstruktur des Modells wurde die Validität des Modells mit dem χ2-Anpassungstest berechnet sowie die komparativen Fit-Indizes Normed Fit Index (NFI), Comparative Fit-Index (CFI) als Vergleich mit einem Nullmodell (alle Parameter sind in diesem Modell auf den Wert Null gesetzt) und der absolute Fit-Index Root-Means-Error of Approximation (RMSEA) als Vergleich mit dem saturierten, d.h. dem die Daten perfekt beschreibenden Modell, bestimmt. Mit χ2=7.281, df=4 und p=.122 belegte der χ2Anpassungstest die Passung des postulierten Modells zur Datenstruktur69, das Verhältnis von χ2-Wert zu Freiheitsgraden betrug 1.82 und lag damit unter dem als kritisch betrachteten Verhältnis von 2.570. Da der χ2-Test sensitiv auf die Stichprobengröße reagiert, wurden ergänzend die Abweichungen des postulierten Modells vom Nullmodel bzw. dem saturierten Modell berechnet. Der Normed Fit Index lag mit NFI=.965 über dem kritischen Wert von .9, ebenso der Comparative Fit-Index mit CFI=.984.Der Index Root-Means-Error of Approximation fiel mit RMSEA=.035 niedriger als der kritische MAximalwert von .06 bei N>250 aus. Zusammengefasst sprachen alle Indizes für eine hohe Übereinstimmung des theoretischen Modells mit den empirischen Daten und somit für eine hohe Modelgüte. Das Pfaddiagramm mit den Parameterschätzungen stellt Abbildung 4-21 dar. Die Schätzung der Parameter ergab einen signifikanten Einfluss der Absorptionsfähigkeit 1 auf die wahrgenommenen Herausforderungen (γ=.50, p<.001) und den wahrgenommenen Veränderungsbedarf (γ=.16, p=.005). Ebenso wurde der Einfluss der Herausforderungen auf den Veränderungsbedarf signifikant (γ=.15, p=.002). Damit wurde der Einfluss der Absorptionsfähigkeit auf den wahrgenommenen Veränderungsbedarf partiell mediiert. 69 Als H0 wird hier angenommen, dass die empirische Kovarianz-Matrix der modelltheoretischen Kovarianz-Matrix entspricht. Bei p>.1 wird diese Hypothese in der Forschungspraxis beibehalten und von einer Übereinstimmung von theoretischen Modell mit der Datenstruktur ausgegangen (vgl. Backhaus et al., 2006, S. 379). 70 Zu dem noch akzeptablen Verhältnis von χ2/df existieren verschiedene Faustregeln. Nach Backhaus et al. (2006, S. 379) liegt ein guter Modellfit bei einem Verhältnis von ≤2.5 vor, während andere Autoren auch Werte bis 5 akzeptabel finden (vgl. Arbuckle, 2008, S. 587). 4 Empirische Überprüfung 163 Zusammengenommen ergab sich aus der Addition von direktem und indirektem Effekt ein totaler Einfluss von γtotal=.24. Dabei wurde allerdings nur 7% der Varianz der Variable Veränderungsbedarf erklärt, was sich auch in der hohen Fehlervarianz widerspiegelte. Die Varianzaufklärung der Variable Herausforderungen war mit R2 =.25 deutlich besser. Aus dem Messmodell der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit ging hervor, dass die drei Faktoren des Wissenszuganges AF1_1, AF1_B und AF1_C jeweils relativ hoch mit der latenten Variable Absorptionsfähigkeit korrelierten. Die Indikatorenreliabilität von AF1_A und AF2_B waren dabei gut, während die Reliabilität von AF1_C als gering interpretiert werden musste (vgl. Backhaus et al., 2006, S. 378). Diese konfirmatorische Faktorenanalyse zeigte damit, dass die ersten beiden Skalen die Absorptionsfähigkeit AF1 gut abbilden konnten, während ihre Kovarianz mit der dritten Skale weniger auf den gemeinsamen Faktor zurückzuführen war und diese weniger zur Erfassung der Absorptionsfähigkeit geeignet war. Abbildung 4-21. Pfaddiagramm mit Schätzergebnissen für das Modell mit direkten und indirekten Effekten der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit und den wahrgenommenen Herausforderungen auf den wahrgenommenen Veränderungsbedarf Anmerkungen zur Abbildung 4-21. AF1 = erste Dimension der Absorptionsfähigkeit gebildet aus den drei Faktoren AF1_A = neuere Formen des Wissenszuganges, AF1_B = traditionelle Formen des Wissenszuganges und AF1_C = allgemeine Formen des Wissenszuganges. e = standardisierte Fehlervarianzen: e1=.212, e2=.212, e3=.258, e4=.119, e5=.302; signifikante Abweichung von Null. Werte rechts über den Vierecken sind jeweilige R2 als Maß der Varianzaufklärung; Werte neben den Pfeilen sind standardisierte Pfadkoeffizienten γ 164 4 Empirische Überprüfung Mit einem zweiten Strukturgleichungsmodell wurde die kausale Beeinflussung der Veränderbarkeit überprüft. Wie die vorangegangenen Regressionsanalysen zeigten, konnte die Veränderbarkeit durch die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit, insbesondere durch die Subskalen Systematik der Wissensaufnahme und Erfahrungsaustausch im Unternehmen, vorhergesagt werden (vgl. Tabelle 4-35). Weiterhin wurden als Indikatoren des Bewertungsprozesses die Beurteilung der Mitarbeiterleistung und die Fehlertoleranz im Unternehmen signifikant (vgl. Tabelle 4-28). Entsprechend dieser Ergebnisse wurde mit dem zweiten Strukturgleichungsmodell überprüft, inwieweit die Wirkung der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit durch die Prozessindikatoren Mitarbeiterleistung und Fehlertoleranz mediiert wurde. In das Modell wurden die Subskalen AF2_A-Systematische Aufnahmen von Wissen und Informationen und AF2_B-Erfahrungsaustausch im Unternehmen als exogene Variablen einbezogen und damit die endogenen Variable AF2-Aufnahme und Transformation externen Wissens als zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit erfasst. Weiterhin wurden als exogene Variablen die Skalen Mitarbeiterleistung und Fehlertoleranz sowie das Item zur wahr- genommenen Veränderbarkeit in das Modell eingebunden. Aufgrund der fehlenden Normalverteilung dieser Variablen erfolgte die Schätzung der Parameter wiederum mit der ADF-Methode an einer Stichprobe von N=650. Der χ2-Anpassungstest sprach für die Übereinstimmung des theoretischen Modells mit der empirischen Datenstruktur (χ2=3.525, df=3; p=.318; Verhältnis χ2/df=1.175). Auch die ergänzenden Fit-Indizes belegten die Güte des Modells. Der Normed Fit Index war mit NFI=.987 größer als der kritischen Wert von .9, ebenso der Comparative Fit-Index mit CFI=.998. Der Index Root-Means-Error of Approximation fiel mit RMSEA=.016 niedriger als der kritische Wert von .06 bei N>250 aus. In Abbildung 4-22 wird das Pfaddiagramm mit den geschätzten Parametern dargestellt. Nicht signifikant wurde dabei der Einfluss der Mitarbeiterleistung auf die Veränderbarkeit (γ=.09, p=.065), auf den 1%-Alpha-Fehler-Niveau wurde die Wirkung der Fehlertoleranz auf die Veränderbarkeit signifikant (γ=-.10, p=.006), alle anderen Regressionsgewichte waren mit p<.001 statistisch bedeutsam. Damit zeigte sich, dass die Wirkung der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit partiell durch die Fehlertoleranz im Unternehmen mediiert wurde. Dabei resultierte aus diesem Zusammenspiel ein totaler Effekt der Absorptionsfähigkeit von γtotal=.4371, womit insgesamt 24% der Varianz der Variable Veränderbarkeit erklärt werden konnte. Damit führte der Einbezug der Fehlertoleranz zu einer hypothesenkonformen Erhöhung der Einflussstärke der Absorptionsfähigkeit, wobei das Vorzeichen des Pfades Fehlertoleranz auf Veränderbarkeit entgegen der Annahmen negativ war (vgl. dazu auch die Ausführungen zur Regression, Tabelle 4-28). Die mediierende Wirkung der Fehlertoleranz war jedoch im Vergleich zur direkten Wirkung der Absorptionsfähigkeit 71 γtotal=.41 + (-.19-.10)=.429 4 Empirische Überprüfung 165 gering. Keine Mediation konnte für die Variable Mitarbeiterleistung nachgewiesen werden. Zwar wirkte die Absorptionsfähigkeit erwartungskonform positiv auf die Wahrnehmung der Mitarbeiterleistung und erklärte 19% ihrer Varianz, der Einfluss der Mitarbeiterleistung auf die wahrgenommene Veränderbarkeit wurde dagegen in diesem Modell nicht signifikant72. Das Messmodell der AF2 bestätigte die Eignung der Skalen AF2_A und AF2_B zur Erfassung der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit. So erklärte die Skala AF2_A zur Systematik der Wissensauswertung 79% der Varianz der latenten Variable Absorptionsfähigkeit 2 und die Skala AF2_B zum Erfahrungsaustausch im Unternehmen 62% der Varianz von AF2. Mit dieser konfirmatorischen Faktorenanalyse konnte damit die Eignung der beiden einbezogenen Subskalen bestätigt werden. Abbildung 4-22. Pfaddiagramm mit Schätzergebnissen für das Modell mit direkten und indirekten Effekten der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit und der Beurteilung der Mitarbeiterleistung sowie der Fehlertoleranz im Unternehmen auf die wahrgenommene Veränderbarkeit Anmerkungen zur Abbildung 4-22. AF2 = zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit gebildet aus den zwei Subskalen AF2_A = Systematische Auswertung von Wissen und AF2_B = Erfahrungsaustausch im Unternehmen; e = standardisierte Fehlervarianzen: e1=.187, e2=.177, e3=.149, e4=.344, e5=.206; signifikante Abweichung von Null. Werte rechts über den Vierecken sind jeweilige R2 als Maß der Varianzaufklärung; Werte neben den Pfeilen sind standardisierte Pfadkoeffizienten γ 72 Der Einbezug der dritten Skala AF2C_Technische Unterstützung des Wissensaustausches veränderte die Parameter minimal. So reduzierte sich das γ-Gewicht für den Einfluss von AF2 auf die Veränderbarkeit auf γ=.39, wodurch 2 Prozentpunkte weniger Varianz der Veränderbarkeit erklärt wurden. 166 4 Empirische Überprüfung Auf die Untersuchung des direkten und indirekten Einflusses der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit auf die wahrgenommene Veränderbarkeit wurde verzichtet, da ausgehend von den theoretischen Grundlagen nur dann eine Wirkung erwartet wurde, wenn die beiden anderen Dimensionen der Absorptionsfähigkeit eine hohe Ausprägung aufwiesen. Diese Annahme konnte mit den oben beschriebenen Varianzanalysen jedoch nicht bestätigt werden, weshalb die lineare Modellierung an dieser Stelle nicht gerechtfertigt war. Zusammengefasst differenzierten die beiden linearen Strukturgleichungsmodelle die Befunde zum Einfluss der Absorptionsfähigkeit auf den wahrgenommenen Veränderungsbedarf und die wahrgenommene Veränderbarkeit als Komponenten der Innovationsbereitschaft von Führungskräften. Im nächsten Unterkapitel werden die empirischen Ergebnisse aufgegriffen und diskutiert sowie Schlussfolgerungen für die Annahme oder Ablehnung der postulierten Hypothesen gezogen. 4.3. Diskussion Die Diskussion der empirischen Ergebnisse gliedert sich entsprechend dem Vorgehen im Unterkapitel 4.2 und beginnt im Abschnitt 4.3.1 mit der Bewertung der Methodik sowie im Abschnitt 4.3.2 der Skaleneignung zur Erfassung der Konstrukte. Im Abschnitt 4.3.3 werden dann die Befunde zur Überprüfung der Hypothesen diskutiert und Konsequenzen für die postulierten Hypothesen abgeleitet. Dazu werden zunächst die allgemeinen Zusammenhängen zwischen den Prozess- und Zustandsindikatoren des ersten und zweiten Bewertungsprozesses der Innovationsbereitschaft erläutert, bevor der Einfluss der Absorptionsfähigkeit auf den wahrgenommenen Veränderungsbedarf und die wahrgenommene Veränderbarkeit als Zustandsbeschreibungen der Innovationsbereitschaft näher ausgeführt wird. 4.3.1. Methodik Die Überprüfung der Hypothesen erfolgte an einer für Deutschland nach Branche und Größe repräsentativen Stichprobe von kleinen und mittleren Unternehmen. Mit 668 Befragten war die Stichprobe so groß, dass auch kleine Effekte aufgedeckt werden konnten. Einschränkungen zeigten sich nur bei der mehrfaktoriellen Varianzanalyse, weil zu einzelnen Merkmalskombinationen keine Fälle vorlagen. Da hiervon nur eine Analysemethode betroffen war und dem Problem nur durch eine gezielte Stichprobenziehung entgegengewirkt werden 4 Empirische Überprüfung 167 könnte, wird die Eignung der vorliegenden Stichprobe insgesamt nicht in Frage gestellt73. Relevant für die vorliegende Untersuchung waren die subjektiven Bewertungen der Geschäftsführer als zentrale Führungskraft in KMU. Dass ausschließlich dieser Personenkreis befragt wurde, ist durch die theoretische Modellierung begründet. Für die Beantwortung der Fragestellung waren daher keine objektiven Daten oder die Aussagen anderer Personen notwendig. Die Aussagen der Geschäftsführer wurden mit einem standardisierten Fragenbogen erfasst und quantitativ ausgewertet. Dieses Vorgehen ermöglichte eine hohe Objektivität und Reliabilität und zeichnete sich als ökonomischste Variante der Datenerhebung aus. Durch die Nutzung empirisch bewährter Instrumente als Ausgangspunkt bzw. als Teil des Fragebogens konnte auch die Validität gewährleistet werden, worauf im Abschnitt 4.3.2 zur Itemanalyse und Skalenbildung noch eingegangen wird. Die Erfassung der Konstrukte erfolgte auf der allgemeinen Unternehmensebene, wobei die Aussagen zum aktuellen Unternehmenszustand und nicht zu einem konkreten Innovationsprojekt erhoben wurden. Der Vorteil dieses Vorgehens ist, dass rückblickende Verzerrungen in den Antworten entfallen, weil tatsächlich die aktuelle Bereitschaft für organisationale Veränderungen erfasst werden kann. Ein Nachteil entstand jedoch durch die Querschnittsuntersuchung, mit der die Verhaltenswirksamkeit der Innovationsbereitschaft nicht untersucht werden konnte. An dieser Stelle konnte jedoch auf die empirischen Ergebnisse anderer Studien zur Wirkung der Innovationsbereitschaft auf das innovationsförderliche Verhalten zurückgegriffen werden, so dass der Fokus der vorliegenden Untersuchung auf den Prozess der Beeinflussung der Innovationsbereitschaft lag und dazu aussagekräftige Daten erhoben werden konnten. Zusammengefasst waren die Stichprobe als auch das quantitative Vorgehen zur Erhebung und Auswertung der Daten für die Beantwortung der Fragestellung angemessen. Von der Gültigkeit der Ergebnisse in der Population kann ausgegangen werden. 4.3.2. Itemanalyse und Skalenbildung Nachfolgend werden die Kennwerte der Items und Skalen kurz interpretiert und sofern möglich mit den Kennwerten aus anderen empirischen Studien verglichen. Damit lassen sich auch die Reliabilität und Validität der Operationalisierungen beurteilen. 73 Aussagen zur Rücklaufquote sind wie im Abschnitt 4.1.1 bereits ausgeführt nicht möglich, da die vorliegende Stichprobe aus dem Gesamtdatensatz des Projektes Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010 herausgelöst wurde und die separate Rücklaufquote nicht bestimmbar war. 168 4 Empirische Überprüfung 4.3.2.1. Innovationsbereitschaft der Führungskraft Die Innovationsbereitschaft wurde anhand der Multiplikation von zwei Items zum wahrgenommenen Veränderungsbedarf und der wahrgenommenen Veränderbarkeit erfasst. Dabei wurde nicht explizit nach der Bereitschaft für unternehmensinterne Neuerungen gefragt, was für eine Validierung nützlich gewesen wäre. Allerdings können mit einer direkten Frage nach der eigenen Innovationsbereitschaft kaum gültige Daten erreicht werden, weil z. B. Antwortverzerrungen aufgrund sozialer Erwünschtheit zu erwarten sind74. Für die vorliegende Untersuchung wurde deshalb bei der Formulierung der Items auf die Ergebnisse von Krause (2004) zurückgegriffen, die die multiplikative Verknüpfung Veränderbarkeit zur Abbildung der von Veränderungsbedarf und Innovationsbereitschaft belegten und deren Verhaltenswirksamkeit bestätigten. Im Unterschied zu den Ergebnissen von Krause (2004, S. 260 f.) wurde in der vorliegenden Untersuchung kein linearer Zusammenhang zwischen Veränderungsbedarf und Veränderbarkeit gefunden. Dieser Unterschied könnte darin begründet sein, dass Krause (2004) ein konkretes Innovationsprojekt im Nachhinein untersuchte, bei dem eine Neuerung umgesetzt wurde. In diesem Fall könnten Veränderungsbedarf und Veränderbarkeit korrelieren, zudem wenn sich daraus die innovationsbezogenen Handlungen ergaben (vgl. auch die Ausführungen im Abschnitt 2.3.1). In der vorliegenden Arbeit wurde jedoch nach der allgemeinen Notwendigkeit von Veränderungen im Unternehmen und der Bewertung der generellen Veränderbarkeit im Unternehmen gefragt. Vor diesem Hintergrund kann der fehlende Zusammenhang als Bestätigung des Modells der Innovationsbereitschaft interpretiert werden, wonach es sich um zwei getrennte Bewertungsprozesse handelt (siehe ebenfalls Abschnitt 2.3.1). Ausgehend von diesen beiden Bewertungsprozessen wurden weiterhin Indikatoren konstruiert, die diese Prozesse abbilden und als Determinanten des Veränderungsbedarfes sowie der Veränderbarkeit fungierten. Der erste Bewertungsprozess lässt sich als die Wahrnehmung einer Differenz zwischen dem aktuellen Ist-Zustand der Unternehmenssituation und einem erwünschtem Soll-Zustand definieren, woraus der Veränderungsbedarf resultiert (vgl. Unterkapitel 2.3). Diese Soll-Ist-Differenz wurde zum einen anhand der Bewertung von Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenübersteht, operationalisiert. Wie die Faktorenanalyse zu den wahrgenommenen Herausforderungen zeigte, deckten die formulierten Items mit acht interpretierbaren Faktoren ein inhaltlich breites Spektrum ab. Da sich diese Faktoren kaum hinsichtlich ihrer Korrelation mit dem Veränderungsbedarf 74 Zur Vermeidung dieser Probleme wäre eine umfassendere Datenerhebung notwendig, die entsprechend der Korrespondenzhypothese in der Einstellungsforschung (Ajzen & Fishbein, 1977, vgl. auch Unterkapitel 1.1) die Innovationsbereitschaft mithilfe mehrerer Fragen differenzierten Inhaltes erfassen müsste. Denkbar wäre hierfür auch die Nutzung weiterer Erhebungsmethoden oder die Befragung von Dritten. 4 Empirische Überprüfung 169 unterschieden, konnte die Mittelwertsbildung aus allen 29 Items als gerechtfertigt angesehen werden. Zum anderen sollte der Problemdruck anhand der Unzufriedenheit mit den internen Leistungserstellungsprozessen erfasst werden. Diese Unzufriedenheit wurde im Umkehrschluss anhand der Beurteilung von Wettbewerbsvorteilen, die durch neuartige Produkte/Dienstleistungen sowie eine kostengünstige Produktion entstehen, gemessen. Aus dieser Operationalisierung resultierte eine inhaltliche Nähe zur dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit, die als Umsetzung des neuen Wissens in inkrementelle Struktur- und Prozessveränderungen sowie Prozessinnovationen verstanden wurde. Als vermutliche Konsequenz dieser inhaltlichen Nähe wurde dieser Indikator in der empirischen Studie für den zweiten Bewertungsprozess zur Einschätzung der Veränderbarkeit der Situation relevant (vgl. dazu Abschnitt aufgabenbezogene 4.3.2.2). Als Determinanten Selbstwirksamkeitserwartung dieser Veränderbarkeit wurden des Geschäftsführenden, die seine/ihre Bewertung der Mitarbeiterleistung als Wettbewerbsvorteil des Unternehmens sowie die Fehlertoleranz im Unternehmen erhoben. Damit konnten die für eine Veränderung notwendigen Ressourcen auf der individuellen Ebene, der Mitarbeiter- sowie der Organisationsebene erfasst werden. Mit dieser Unterteilung in Indikatoren und Ergebnisse der beiden Bewertungsprozesse gelang eine Erweiterung der bisherigen Operationalisierung, indem sowohl Prozess- als auch Zustandsbeschreibungen der Innovationsbereitschaft erfasst wurden, soweit das im Rahmen einer Querschnittsuntersuchung möglich war. Die Analyse des Antwortverhaltens zeigte, dass etwa 19% der Befragten einen geringen Veränderungsbedarf wahrnahmen (Antwortwerte zwischen 0 und 3 auf der 11-stufigen Skala), während knapp 43% mit Werten zwischen 7 und 10 einen großen Bedarf erkannten. Die Veränderbarkeit wurde mit einem Mittelwert der Antworten von 7.24 über alle Unternehmen hinweg relativ hoch beurteilt. So gaben etwa 67% der Befragten mit Antwortwerten 7 an, dass man im Unternehmen aufgeschlossen gegenüber Veränderungen sei. Zusammengefasst wurde der Veränderungsbedarf in der Stichprobe differenzierter bewertet, während die Veränderbarkeit generell als hoch eingestuft wurde. Aus der Multiplikation beider Bewertungsergebnisse resultierte eine normalverteilte Variable Innovationsbereitschaft, deren Mittelwert und Median mit Werten nahe 40 unterhalb der Skalenmitte lagen. Aufgrund der spezifischen Itemformulierung sowie den fehlenden Angaben in anderen Studien, ließen sich diese Ergebnisse nicht mit früheren empirischen Befunden vergleichen. Die Bewertungen der Herausforderungen als Mittelwert von 29 diesbezüglichen Items verteilten sich normal über die elf Antwortstufen, so dass diese Variable eine gute Differenzierung zwischen den Befragten ermöglichte. Die Entwicklung neuartiger Produkte/ Dienstleistungen war in der Stichprobe für die Mehrheit der Befragten ein Wettbewerbsvorteil ( =6.5, knapp 70% der Antworten lag auf der 11-stufigen Skale über dem Wert 5), knapp 50% 170 4 Empirische Überprüfung der Befragten attestierten mit Antwortwerten zwischen 7 und 10 diesen Innovationen eine große Bedeutung. Diese Ergebnisse liegen über den Befunden aus der Studie von Pawlowsky et al. (2006) zum Ausbaustand des Wissensmanagement in KMU. Dort gaben ca. 35% der befragten Entscheidungsträger aus kleinen und mittleren Unternehmen an, das innovativere Produkte und eine schnelle Entwicklungszeit sehr wichtige Wettbewerbsvorteile für ihr Unternehmen darstellten. Eine geringere Rolle spielte dagegen die kostengünstige Produktion ( =5.2, 50% der Antworten zwischen dem Wert 0 und 5). Hier bewerteten etwa 35% der Befragten mit Werten zwischen 7 und 10 den Wettbewerbsvorteil als sehr wichtig für das Unternehmen. Ähnliche Ergebnisse fanden auch Pawlowsky et al. (2006), wonach knapp 30% der Unternehmen Wettbewerbsvorteile durch günstigere Preise und eine höhere Produktivität als sehr wichtig beurteilten. Die in dieser Studie gefundene Struktur der Wettbewerbsvorteile war zudem mit den Ergebnissen der Faktorenanalyse in der hier vorliegenden Arbeit vergleichbar, was für die Stabilität der Faktorlösung sprach. Über die bei Pawlowsky et al. (2006) erhobenen Wettbewerbsvorteilte hinaus wurden in der vorliegenden Studie die Relevanz der Leistung von Geschäftsführung und Mitarbeiter erfasst. Die Zustimmung zur Aussage „[Unser] besseres Management/Geschäftsführung ist ein Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Hauptkonkurrent“ wurde dabei als aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung des befragten Geschäftsführers interpretiert. Mit einem Mittelwert nahe 7 auf der 11-stufigen Antwortskala war diese Selbstwirksamkeitserwartung in der Stichprobe sehr hoch ausgeprägt. Etwa 64% der Befragten sahen mit Werten zwischen 7 und 10 in ihrer Leistung einen sehr großen Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen. Die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter wurde noch höher eingeschätzt. Auch hier lag der Mittelwert nahe 7 wobei 72% der Befragten Antwortwerte zwischen 7 und 10 auf der 11-stufigen Skala nutzten. Diese Verteilungen führten dazu, dass diese beiden Determinanten der Veränderbarkeit nur eingeschränkt zwischen den Befragten differenzieren konnten, da die niedrigeren Antwortwerte in der Stichprobe weniger frequentiert wurden. Das traf auch für die dritte Determinante, der Fehlertoleranz im Unternehmen zu. Trotz negativer Formulierung („Bei uns dürfen keine Fehler gemacht werden“ und „Bei uns werden Fehler konsequent sanktioniert“) lag eine positive Antworttendenz vor. So gaben nur knapp 10% der Befragten eine geringe Fehlertoleranz im Unternehmen an, während knapp 40% die Toleranz als sehr hoch beurteilten. Zusammengefasst lag damit für alle drei Determinanten der Veränderbarkeit keine Normalverteilung der Antworten vor. Die Ressourcen für eine potenzielle Veränderung wurden von der Mehrheit der Geschäftsführer als im Unternehmen gut ausgeprägt eingestuft, wobei auch zwischen 4 und 11 Prozent der Befragten die niedrigsten Antwortkategorien mit Werten zwischen 0 bis 3 wählten. 4 Empirische Überprüfung 171 4.3.2.2. Organisationale Absorptionsfähigkeit Die Absorptionsfähigkeit wurde in der vorliegenden Arbeit als dreidimensionales Konstrukt verstanden. Entsprechend erfolgte die Operationalisierung anhand der Dimensionen (1) Erkennen relevanten, unternehmensexternen Wissens, (2) Aufnehmen des Wissens in das Unternehmen und (3) nutzstiftendes Verwerten des neuen Wissens. Diese drei wurden als getrennte Phasen definiert und durch Addition daraus die Variable Absorptionsfähigkeit gebildet. Um die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit zu erfassen, wurde nach dem Zugang zu externen Wissensquellen gefragt. Wie die Faktorenanalyse zeigte, ließen sich die 13 Items in drei Wissenszugänge unterscheiden. Zu den (insbesondere für KMU) neueren Formen des Wissenszugangs zählten dabei u.a. Lernprogramme, Kongresse oder F&E-Kooperationen. Der traditionelle Zugang erfolgte über Kunden- und Lieferantenkontakte und als allgemeiner Zugang wurden Fachzeitschriften und das Internet identifiziert. Damit wurde das Ziel der Operationalisierung erreicht, ein möglichst breites Spektrum potenzieller Kontakte zu externem, neuem Wissen zu erfassen. Mit Cronbachs α=.84 war die interne Konsistenz der Skala gut und lag zum Teil deutlich über der Ausprägung in vergleichbaren Studien. Beispielsweise erfassten Vega-Jurado et al. (2009) die Kooperationen mit anderen Unternehmen und die Kooperationen mit Forschungseinrichtungen anhand mehrerer Items, die zu zwei Skalen mit Cronbachs α=.68 und Cronbachs α=.77 zusammengefasst wurden. Mit Cronbachs α=.71 wies die Skala von Fosfuri und Tribó (2008) zur Messung der Wichtigkeit von sieben unternehmensexternen Wissensquellen ebenso eine geringe interne Konsistenz auf. Die Skala zur Erfassung der Akquisition von Camisón und Forés (2010) war mit Cronbachs α=.64 in sich nicht konsistent, akzeptabel aber schlechter als die Skala der vorliegenden Studie war auch die Skala von Flatten et al. (2011) mit Cronbachs α=.73. Als Stärke der vorliegenden Studie ist zudem das inhaltliche Spektrum der eingesetzten Items zu sehen, wodurch insbesondere die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit deutlich breiter als in anderen Studien erfasst werden konnte und damit auch dem Prozesscharakter dieser Phase besser Rechnung getragen wurde. Zu prüfen wäre dabei die Relevanz der allgemeinen Informationszugänge Internet und Fachzeitschriften, die im Strukturgleichungsmodell geringere Indikatorenreliabilitäten aufwiesen als die Zugänge über Kunden, Lieferanten oder Kooperationen mit externen Partnern. Der Prozesscharakter von Absorptionsfähigkeit spiegelte sich auch in der Operationalisierung der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit wider. Hier wurden anhand der drei Subskalen (2A) die systematische unternehmensweite Auswertung von neuen Informationen und Wissens, (2B) der formelle und informelle Erfahrungsaustausch zwischen Organisationsmitgliedern sowie (2C) die Nutzung technischer Möglichkeiten zur Speicherung und Verteilung von Informationen und Wissen erhoben. Mit Cronbachs α2A=.80, Cronbachs 172 4 Empirische Überprüfung α2B=.85 und Cronbachs α2C=.77 war die interne Konsistenz der Skalen sehr gut bzw. gut. Sie lag wiederum deutlich über den Werten bei Camisón und Forés (2010), deren Skalen Assimilation mit Cronbachs α=.68 und Transformation mit Cronbachs α=.65 als wenig reliabel einzuschätzen waren. Die vergleichbaren Skalen von Flatten et al. (2011) erreichten eine höhere interne Konsistenz mit Cronbachs α=.85 für die Skala Assimilation und Cronbachs α=.93 für die Skala Transformation. Im Unterschied zu diesen Studien betrachtete die vorliegende Arbeit die Aufnahme, Anpassung und interne Verteilung des externen Wissens als Bestandteile der zweiten Phase der Absorptionsfähigkeit und nicht als separate Dimensionen. Damit wurde ausgehend von Cohen und Levinthal (1990) sowie Lane et al. (2006) vor dem Hintergrund der Arbeiten zum organisationalen Lernen von Pawlowsky (1994, 1998) und dem individuellen Lernen von Piaget (1952, 1991) eine dreidimensionale Konzeptionalisierung der Absorptionsfähigkeit vorgeschlagen und diese erfolgreich in eine Operationalisierung überführt. Die konfirmatorische Faktorenanalysen im Rahmen der linearen Strukturgleichungsmodellierung ergaben für die Subskalen der ersten und zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit zufriedenstellende Reliabilitäten und bestätigte damit diese Form der empirischen Umsetzung. Für die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit gelang die Bildung einer Skala dagegen nicht wie beabsichtigt. Die interne Konsistenz der Skala zur Verwertung des neuen Wissens in inkrementelle Struktur- und Prozessveränderungen sowie neuartigen Verfahren und Abläufen wurde mit Cronbachs α=.67 als zu gering beurteilt75. Aufgrund der bivariaten Korrelationen wurde deshalb eine Skala aus drei Items gebildet, welche die Anwendung neuen Wissens im Zuge der kontinuierlichen Verbesserung von Unternehmensabläufen erfasste und separat davon die Bedeutung von Prozessinnovationen für das Unternehmen mit einem Item erhob. Die weiteren Analysen zeigten, dass diese Trennung sinnvoll war, da sich die Prozessinnovationen von der Skala der inkrementellen Verwertung in den Korrelationskoeffizienten mit den Kenngrößen der Innovationsbereitschaft und insbesondere in seiner Bedeutung zur Vorhersage des Veränderungsbedarfes und der Veränderbarkeit in den Regressionsmodellen unterschied. Mit einem Cronbachs α=.71 lag die interne Konsistenz der Skala über der Reliabilität der Skala zur Anwendung des akquirierten Wissens von Camisón und Forés (2010; mit Cronbachs α=.65), fiel allerdings geringer aus als die der Skala von Flatten et al. (2011; Cronbachs α=.80). Letztere ließ sich allerdings nur begrenzt mit der vorliegender Arbeit vergleichen, da Flatten et al. (2011) einen technologischen Blickwinkel einnahmen und nach der Unterstützung von Prototypenentwicklung, der Überprüfung von Technologien und deren Anpassung an neues Wissen sowie dem effektiven Arbeiten durch die Übernahme neuer Technologien fragten. An diesem Beispiel wird deutlich, wie weit das Verständnis der 75 Damit unterschied sich das Vorgehen bspw. von Camisón & Forés (2010), die auch Skalen mit Cronbachs α<.7 als ausreichend reliabel betrachteten. 4 Empirische Überprüfung 173 inhaltlichen Ausgestaltung der Absorptionsfähigkeit auseinander geht. Für die vorliegende Studie wurde der Fokus entsprechend der theoretischen Begründung in Abschnitt 2.4.2 auf die Erneuerung der unternehmensinternen Strukturen und Prozesse durch die Anwendung neuen Wissens gerichtet. Die Ausprägungen der drei Dimensionen von Absorptionsfähigkeit ähnelten sich in der vorliegenden Stichprobe. Für alle Skalen lagen die Mittelwerte nahe der Skalenmitte von 5, ebenso die Mediane der normalverteilten Skalen AF1, AF2A, AF2C, bei den anderen, nichtnormalverteilten Skalen lagen die Mediane leicht darüber. Diese relativ ausgewogenen Antwortverteilungen waren auch in der Aufnahme von Items mit unterschiedlicher Schwierigkeit begründet. So gingen in die Skala zur Erfassung der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit 13 Items ein, deren Mittelwerte zwischen 2 und 7.6 lagen. Die Items mit den höheren Mittelwerten bildeten in der Faktorenanalyse die als traditionell bezeichnete Zugänge zu externen Wissensquellen ab. Für die Mehrheit der befragten Unternehmen hatten diese Zugänge einen hohen bis sehr hohen Stellenwert (47% der Befragten gaben Werte 7 an). Zu diesen Wissensquellen zählten u.a. die Kontakte zu Lieferanten, Kundenbefragungen und die systematische Auswertung von Reklamationen. Solche Maßnahmen können im Zusammenhang mit dem Qualitätsmanagement und Zertifizierungen wie z. B. nach DIN EN ISO 9001 (ISO, 2008) als Standard in Unternehmen angesehen werden, womit sich ihre hohen Ausprägungen erklären lassen. Die Wichtigkeit dieser externen Wissensquellen bestätigte auch die Mehrheit der Unternehmen in der Studie von Fosfuri und Tribó (2008). Weniger verbreitet waren die als neuere Formen des Wissenszugangs bezeichneten Maßnahmen wie z. B. F&E-Kooperationen mit anderen Unternehmen oder Kooperationen mit Kritikergruppen, deren Mittelwerte auf der 11-stufigen Skala bei =2.5 bzw. =3.1 lagen. Unter den 668 Befragten gaben nur 7% einen sehr hohen Stellenwert mit Werten ≥7 an, während sich die Antworten von 70% der Befragten unterhalb der Skalenmitte von 5 einordneten. Vergleichbar niedrigere Ausprägungen solcher Kooperationen mit anderen Unternehmen oder Forschungseinrichtungen fanden Vega-Jurado et al. (2009). Auch die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit wurde aus Items mit unterschiedlichen Mittelwerten gebildet. In die Subskala AF2A-Systematische unternehmensinterne Auswertung von Wissen und Informationen gingen fünf Items mit Mittelwerten >6, zwei Items mit dem Mittelwert nahe 5 und ein Item mit dem Mittelwert bei 3 ein. Den geringsten Stellenwert hatte hier die systematische Marktforschung, die nur von ca. 17% der Unternehmen betrieben wurde, während die anderen sechs Items der Skala einen relativ großen Stellenwert in der gesamten Stichprobe hatten (etwa 50% der Befragten gaben Werte ≥7 an). Diese Befunde lassen sich aufgrund der Operationalisierung kaum mit anderen Studien zur Absorptionsfähigkeit vergleichen, da in diesen entweder die Phase nicht definiert (z. B. Vega-Jurado et al., 2009) oder keine Angaben zur Ausprägung gemacht wurden (z. B. Camisón & Forés, 2010). Für den Teilbereich der Identifikation von unternehmensinternen 174 4 Empirische Überprüfung Erfahrungsträgern fanden Pawlowsky et al. (2006) jedoch ähnliche Ergebnisse wie die vorliegende Studie. Vergleichbar mit den Befunden zur Wissensteilung bei Liao et al. (2007) waren die Ausprägungen der zweiten Subskala zur Erfassung des formellen und informellen Erfahrungsaustausches im Unternehmen (Skala AF2B). Besonders hohe Ausprägungen hatten hier der Erfahrungsaustausch mit Kollegen ( =7.6 auf der 11-stufigen Skale) und der Erfahrungsaustausch mit Vorgesetzen ( =7.5). Dagegen waren Expertennetzwerke und Job Rotation in den untersuchten Unternehmen mit Mittelwerten bei 4.2 und 3.6 deutlich geringer ausgeprägt. Insgesamt erachteten 24% der Geschäftsführer den gesamten Austausch in ihrem Unternehmen als gering ausgeprägt (Antwortwerte ≤3 auf der Skala AF2B), während 30% von einem umfangreichen internen Austausch ausgingen (Antwortwerte ≥7). Am höchsten war die Ausprägung der Subskala AF2C, mit der die Nutzung technischer Unterstützung für die Speicherung und den Austausch von Wissen und Informationen erfasst wurde. Mit Werten zwischen 4 und 6 auf der 11-stufigen Skale konnte bei 47% der Unternehmen der Ausbaustand der technischen Infrastruktur als moderat bezeichnet werden, in 29% der Unternehmen besaßen entsprechend unterstützende Maßnahmen einen hohen Stellenwert. Von den fünf Items ermöglichte nur die Frage nach dem Austausch mithilfe von Projektdatenbanken eine Differenzierung zwischen den Unternehmen im unteren Bereich der Antwortskala (Item=2.9). Aufgrund der spezifischen Itemformulierungen ließen sich die Antwortverteilungen nicht mit den Ergebnissen anderer Studien vergleichen. Die drei Subskalen der zweiten Absorptionsfähigkeitsdimension waren nicht voneinander unabhängig, sondern korrelierten signifikant positiv miteinander (r=.61 bis r=.71). Demnach ging eine systematische Auswertung von Informationen und Wissen im Unternehmen mit einer technischen Unterstützung für die Speicherung und Weitergabe dieses Wissens einher sowie dem formellen wie informellen Austausch zwischen Organisationsmitgliedern, auch über Abteilungs- und Hierarchiegrenzen hinweg. Die höchste Ausprägung der drei Absorptionsfähigkeitsdimensionen hatte in der vorliegenden Studie die Umsetzung von neuen Wissen in inkrementelle Struktur- und Prozessverbesserungen mit =6.13 auf der 11-stufigen Antwortskala. Mit Mittelwerten größer 6 hatten die kontinuierliche Verbesserung von Geschäftsprozessen sowie die Anpassung von Verfahren und Abläufen aufgrund der Anregungen von Mitarbeitern einen hohen Stellenwert in den untersuchten Unternehmen. Diese Werte zeigen, dass die Ansätze des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses und des Management von Geschäftsprozessen, die in den 1990er Jahren in die Praxis der KMU Einzug gehalten haben (vgl. Mengedoht, 1997), inzwischen in der Mehrheit der Unternehmen etabliert sind. Einen Marktvorteil durch neue Verfahren, Methoden oder Herstellungsprozesse verschafften sich dagegen nur 25% der Unternehmen, für 30% der Unternehmen traf diese Aussage gar nicht zu. Damit sind Prozessinnovationen mit einem =4.9 in der der untersuchten Stichprobe etwas seltener als bspw. bei Liao et al. (2007) 4 Empirische Überprüfung 175 und Vega-Jurado et al. (2009), wobei in diesen Studien nicht nur kleine und mittlere Unternehmen untersucht wurden, was die höheren Ausprägungen erklären könnte76. Die aus der Addition der drei Dimensionen resultierende Absorptionsfähigkeit wies mit einem Mittelwert von =20 (Min=0, Max=40) eine Normalverteilung der Antworten auf. Damit lagen 84% der 668 Unternehmen zwischen den Wert 10 und 30, in 10 Unternehmen (1.5%) konnte mit Werten zwischen 0 und 4 keine Absorptionsfähigkeit festgestellt werden und 4 Unternehmen (0.6%) erreichte eine maximale Ausprägung mit Werten zwischen 37 und 40. Aufgrund der prozessbezogenen, dreidimensionalen Operationalisierung der Absorptionsfähigkeit wären diese Befunde nur mit den Studien von Camisón und Forés (2010) und Flatten et al. (2011) vergleichbar gewesen, die jedoch keine Angaben zu den Ausprägungen machten. Mit diesen Studien vergleichbar waren jedoch die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Dimensionen der Absorptionsfähigkeit, die ähnlich hoch ausfielen. Camisón und Forés (2010) erhielten einen Korrelationskoeffizient zwischen potenzieller und realisierter Absorptionsfähigkeit von r=.8. In der vorliegenden Studie korrelierten die Skalen AF1, AF2 und AF3_KVP signifikant positiv mit Werten zwischen r=.66 und r=.76. Etwas geringer fielen jeweils die Zusammenhänge mit dem Auftreten von Prozessinnovationen aus (um r=.4), was die Sonderstellung dieses Items und die Angemessenheit seiner Nicht-Integration in die Skala AF3 belegte. Geringere Zusammenhänge fanden Vega-Jurado et al. (2009) zwischen den Kooperationen mit anderen Unternehmen und Forschungseinrichtungen als Bestandteil der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit und dem Auftreten von Prozessinnovationen (r=.11). Bezogen auf die zweite Dimension waren die Korrelationen von Liao et al. (2007) zwischen dem Ausmaß an Wissensteilung und dem Vorhandensein von Prozessinnovationen mit r.3 ähnlich den Zusammenhängen in der vorliegenden Untersuchung. Zusammengefasst bestand zwischen den Ausprägungen und Korrelationen der Absorptionsfähigkeit eine relativ hohe Übereinstimmung mit Befunden aus anderen empirischen Untersuchungen, sofern vergleichbare Daten vorlagen. Diese Übereinstimmung kann als Beleg für die Validität der Messung gesehen werden. Für die erste und zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit wurde diese auch durch die linearen Strukturgleichungsmodelle bestätigt. Die Stärken der vorliegenden Operationalisierung sind in der inhaltlichen Breite sowie der theoretisch begründeten und systematischen Umsetzung des dreidimensionalen Konstruktes Absorptionsfähigkeit zu sehen. Insgesamt konnten die 76 Die Entwicklung und Umsetzung von Produkt- und Prozessinnovationen werden mit zunehmender Unternehmensgröße häufiger, wie bspw. Damanpour & Gopalakrishnan (2001) oder Reichstein & Salter (2006) zeigten. Bei den drei anderen Skalen der Absorptionsfähigkeit sind Größenunterschiede weniger bedeutsam, wie die Ergebnisse von Pawlowsky et al. (2006) und Pawlowsky et al. (2011) zur Verbreitung von Wissensmanagementmaßnahmen nahelegen. 176 4 Empirische Überprüfung Operationalisierung aufgrund der Item- und Skalenanalyse als angemessen betrachtet und für die weiteren Analysen zugrundegelegt werden. Die Überprüfung der Hypothesen sowie deren Ergebnisse werden im nächsten Abschnitt diskutiert. 4.3.3. Überprüfung der Hypothesen 4.3.3.1. Diskussion zum Modell der Innovationsbereitschaft Wahrgenommener Veränderungsbedarf als Ergebnis des ersten Bewertungsprozesses Die Innovationsbereitschaft wurde als Produkt des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes und der wahrgenommenen Veränderbarkeit definiert, welche ihrerseits Ergebnisse von zwei Bewertungsprozessen sind. Im ersten Bewertungsprozess wird die aktuelle Unternehmenssituation mit einem erwünschten Soll-Zustand verglichen und bei einer Differenz zwischen Ist- und Soll-Zustand ein Veränderungsbedarf erkannt (vgl. auch Unterkapitel 2.3). Diese Differenz kann sich einerseits in wahrgenommenen Herausforderungen für das Unternehmen ausdrücken und sich andererseits in der Unzufriedenheit mit den Leistungserstellungsprozessen oder mit deren Ergebnissen zeigen. Es wurde daher erwartet, dass der Veränderungsbedarf durch die Herausforderungen und die Unzufriedenheit vorhergesagt werden kann. Konform mit der Annahme wurde eine positive Korrelation der Herausforderungen mit dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf gefunden (r=.24, p<.001)77. Entgegen der Annahme korrelierten auch die Wettbewerbsvorteile durch neuartige Produkte/Dienstleistungen und durch kostengünstige Produktion, die als indirekte, umgekehrte Messung der Unzufriedenheit genutzt wurden, gering positiv mit dem Veränderungsbedarf (r=.10 und r=.13, p<.05). Diese Zusammenhänge wurden auf dem 1%Alpha-Fehler-Niveau nicht signifikant und ihre praktische Bedeutsamkeit war aufgrund der geringen Korrelationskoeffizienten ebenfalls nicht gegeben. Um die Hypothesen 1.1 und 1.2 zu testen, wurde aufbauend auf diesen Korrelationen eine multiple lineare Regression gerechnet, um die Vorhersagbarkeit des Veränderungsbedarfes zu überprüfen. Mit einer Varianzaufklärung von 7% war die Güte des Regressionsmodells trotz signifikantem F-Wert zur Modellüberprüfung als eher niedrig einzustufen. Einen signifikanten Beitrag zur Vorhersage des Veränderungsbedarfes leisteten im Modell die wahrgenommenen Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenübersteht, welche 6% gemeinsame Varianz mit dem Veränderungsbedarf aufwiesen. Diese Ergebnisse 77 Dabei wurden keine bedeutsamen Unterschiede in den Korrelationskoeffizienten zwischen den per exploratorischer Faktorenanalyse gefunden inhaltlichen Schwerunkten gefunden, weshalb für die weiteren Analysen nicht zwischen den Arten der Herausforderungen differenziert wurde. 4 Empirische Überprüfung 177 bestätigten die Hypothese 1.1: je mehr Herausforderungen erkannt wurden, umso höher wurde auch der Veränderungsbedarf eingeschätzt. Damit konnte die Beziehung zwischen der Bewertung einer Soll-Ist-Differenz und der daraus abgeleiteten Notwendigkeit einer Veränderung empirisch bestätigt werden. Hierbei handelte es sich nicht um einen Positionseffekt aufgrund der Fragereihenfolge, da im Fragebogen zwischen der Beurteilung von Herausforderungen und der Aussage zur Veränderungsnotwendigkeit die Einschätzung von Wettbewerbsvorteilen erfolgte, so dass Antwortverzerrungen aufgrund der Positionsnähe von Herausforderungen und Veränderungsnotwendigkeit auszuschließen waren. Während Gebert (1987, 2002) und Armenakis et al. (1993) diese Zusammenhänge von Soll-Ist-Differenz bzw. Problemdruck und Veränderungsbedarf konzeptionell herleiteten, aber empirisch nicht überprüften, konnte die vorliegenden Untersuchung die theoretischen Annahmen bestätigen und damit das Modell der Innovationsbereitschaft in diesem Punkt bestätigen. Nicht bestätigt wurde dagegen die Hypothese 1.2 zur Vorhersagbarkeit des Veränderungsbedarfes aus der Unzufriedenheit mit den Unternehmensprozessen. Wie sich bereits in den Korrelationsanalysen andeutete, trugen die Wettbewerbsvorteile durch die Art oder Ergebnisse der Leistungserstellungsprozesse nicht zur Vorhersage des Veränderungsbedarfes bei, obwohl ein negativer Einfluss erwartet wurde. Eine wesentliche Ursache für diesen Befund ist in der Operationalisierung der Unzufriedenheit mit der internen Leistungserstellung zu sehen. Aufgrund des Gesamtumfanges des Fragebogens sowie der Schwerpunktsetzung auf die Absorptionsfähigkeit sowie weiteren Konstrukten im Kontext des Projektes Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010 war es nicht möglich, detaillierter die Leistungserstellungsprozesse des Unternehmens bewerten zu lassen, um daraus die Unzufriedenheit genauer bemessen zu können. Die Frage nach den Wettbewerbsvorteilen bildet diese Unzufriedenheit im Umkehrschluss unzureichend ab, wodurch auch die unerwartete, positive Korrelation der Wettbewerbsvorteile durch neuartige Produkte/Dienstleistungen mit der wahrgenommenen Veränderbarkeit zu erklären ist. Wahrgenommene Veränderbarkeit als Ergebnis des zweiten Bewertungsprozesses Während sich die positive Korrelation der Herausforderungen mit der wahrgenommenen Veränderbarkeit im zweiten Regressionsmodell nicht in einem signifikanten Beitrag zur Vorhersage niederschlug, konnten die Wettbewerbsvorteile durch neuartige Produkte/Dienstleistungen die Einschätzung der Veränderbarkeit der Situation signifikant vorhersagen. Mit einem Regressionsgewicht von ß=.25 entsprach die Vorhersagekraft der Wettbewerbsvorteile auf die Veränderbarkeit der Vorhersagekraft der Herausforderungen auf den Veränderungsbedarf. Gleichzeitig sprach die hohe positive Korrelation mit der Mitarbeiterleistung (r=.53, Leistungsfähigkeit des p<.001) dafür, Unternehmens Leistungserstellungsprozessen erfasst dass hier denn die wurde. Damit eher die wahrgenommene Zufriedenheit würde es sich mit bei den den 178 4 Empirische Überprüfung Wettbewerbsvorteilen durch neuartige Produkte/Dienstleistungen um eine Möglichkeit zur Erfassung von Produktinnovationen handeln, entsprechend hoch sollte die Korrelation mit den Items zur Erfassung dieser Innovationsleistung ausfallen. Diese Zusammenhänge müssten in einer nächsten Untersuchung überprüft werden. Für die vorliegende Untersuchung wurden die Wettbewerbsvorteile nicht länger als Determinanten des Veränderungsbedarfes betrachtet und aufgrund der fehlenden theoretischen Fundierung auch nicht für die Beeinflussung der Veränderbarkeit durch die Absorptionsfähigkeitsdimensionen genutzt. Als Determinanten der Veränderbarkeit theoretisch begründet waren dagegen die aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskraft, ihre Wahrnehmung der Mitarbeiterleistung sowie der Fehlertoleranz im Unternehmen. Diese drei Aspekte wurden als Ressourcen für eine potenzielle Veränderung gesehen. Je höher sie ausgeprägt waren, umso höher sollte die wahrgenommene Veränderbarkeit der Unternehmenssituation sein. Diese Aussagen waren empirisch nur für die Korrelationen der Selbstwirksamkeitserwartung und der Mitarbeiterleistung mit der Veränderbarkeit zutreffend, die Fehlertoleranz korrelierte unerwartete negativ mit der Veränderbarkeit. Aufgrund der statistisch bedeutsamen linearen Zusammenhänge wurde wiederum eine multiple lineare Regression zur Überprüfung der Hypothesen 1.3, 1.4. und 1.5 berechnet. Das Modell wurde signifikant und erreichte eine mäßige Varianzaufklärung von 9%. Zur Vorhersage der Veränderbarkeit trugen allerdings nur die Mitarbeiterleistung und die Fehlertoleranz im Unternehmen bei. Für die aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung konnte kein Einfluss festgestellt werden. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Befunden von Eby et al. (2000), die keinen Zusammenhang zwischen Selbstwirksamkeitserwartung und wahrgenommener organisationaler Veränderungsbereitschaf fanden. In der Studie von Neves (2009) zeigte sich ebenfalls kein Einfluss der Selbstwirksamkeitserwartung auf das affektive Commitment als Resultat von Veränderungsbereitschaft. Im Gegensatz dazu konnten Holt et al. (2007) dieses Commitment signifikant durch die Selbstwirksamkeitserwartung vorhersagen und auch Cunningham et al. (2002) bestätigten eine positive Wirkung auf die Bereitschaft für organisationale Veränderungen. Diese widersprüchlichen Befunde können nur begrenzt auf die unterschiedlichen Operationalisierungen in den empirischen Studien zurückgeführt werden. So generierten Holt et al. (2007) eine eigene Skala aus sechs Items, während Neves (2009) drei der fünf Items der Skala von Cunningham et al. (2002) nutzte78 und auch Eby et al. (2000) auf vier Items einer anderen Studie zurückgriffen. Damit bleibt weiterhin ein Forschungsbedarf zur Rolle der Selbstwirksamkeitserwartung für die wahrgenommene Veränderbarkeit und die 78 Wobei die interne Konsistenz der Skala von Neves (2009) mit Cronbachs α=.6 als ungenügend erscheint, allerdings erreichten auch Cunningham et al. (2002) mit fünf Items nur eine marginal bessere Reliabilität von Cronbachs α=.71. 4 Empirische Überprüfung 179 resultierende Veränderungsbereitschaft bestehen. Die vorliegende Untersuchung konnte hierzu keinen Beitrag leisten, da nicht wie bei den referierten Studien die veränderungsbezogene Selbstwirksamkeitserwartung erfasst, sondern nur allgemein nach einem Wettbewerbsvorteil durch das bessere Management/die bessere Geschäftsführung des Unternehmens gefragt wurde. Gemessen wurde damit das situationsunabhängige Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Führung des Unternehmens, zu welcher das Fördern von Innovationen zählt. Damit bleibt im Rahmen dieser Studie ungeklärt, ob der fehlende Einfluss der Selbstwirksamkeitserwartung auf die Veränderbarkeit durch die Art der Befragung oder die tatsächlichen Gegebenheiten im Unternehmen verursacht wurde. Die zweite Ressource für Veränderungen wurde im Engagement und der Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern gesehen. Je größer diese von der Führungskraft beurteilt wurden, umso höher sollte die wahrgenommene Veränderbarkeit sein. Mit einem Regressionsgewicht von ß=.21 (p<.001) ließ sich dieser Einfluss in der multiplen linearen Regressionsanalyse statistisch nachweisen. Damit konnten die Annahmen von Gebert (1987, 2002) zur Bedeutung von Ressourcen, auf die für die Bewältigung der anstehenden Veränderung zurückgegriffen werden kann, bestätigt werden. Krause (2004) nutzte das Modell von Gebert ebenfalls für ihre empirische Untersuchung und fand dabei eine hohe positive Korrelation zwischen innovationsbezogener Unterstützung durch die Führungskraft und Veränderungsfähigkeit der Situation, die Mitarbeiter wahrnehmen (r=.58, p<.001). Allerdings konnte sie den positiven Einfluss dieser Unterstützung in einer Regressionsanalyse nicht nachweisen. Einen positiven Einfluss des Vertrauens in Peers mit b=.28 (p=.05) fanden dagegen Eby et al. (2000), wobei dort Mitarbeiter befragt wurden und damit das Vertrauen in die ihnen Gleichgestellten erfasst wurde. Hierin zeigt sich auch die Besonderheit der vorliegenden Studie, die die Veränderungsbereitschaft von Führungskräften fokussierte und damit andere Determinanten betrachtete, als das in Studien mit Mitarbeitern der Fall ist (vgl. dazu auch Abschnitt 2.3.2). In der empirischen Bestätigung der Hypothese 1.4 besteht damit auch ein Beitrag zur Validierung des Modells der Innovationsbereitschaft nach Gebert (1987, 2002), der bislang bezogen auf Führungskräfte nicht geleistet wurde. Ähnlich verhält es sich mit der dritten Ressource, die mit Blick auf die organisationalen Ebene als Fehlertoleranz des Unternehmens operationalisiert wurde. Allerdings zeigte sich hier unerwartet ein negativer Zusammenhang zwischen Fehlertoleranz und Veränderbarkeit. Mit einem signifikantem Regressionsgewicht von ß=-.14 (p<.001) reduzierte sich die wahrgenommene Veränderbarkeit, je höher die Fehlertoleranz im Unternehmen ausgeprägt war. Betrachtet man die skalenbildenden Items, so bedeutet das, dass die Aufgeschlossenheit gegenüber Veränderungen damit einhergeht, dass im Unternehmen keine Fehler gemacht werden dürfen und aufgetretene Fehler sanktioniert werden. Dieser Befund lässt sich vor den Ergebnissen anderer Studien (z. B. Eby et al., 2000 zum signifikanten Einfluss der Flexibilität von organisationalen Normen und Prozeduren) 180 4 Empirische Überprüfung schwer erklären. Da sich der Zusammenhang von Veränderbarkeit und Fehlertoleranz im Regressionsmodell durch die Bereinigung um die gemeinsame Varianz mit den beiden anderen Prädiktoren nicht bedeutsam veränderte, muss die Stabilität dieses Ergebnisses in weiteren Studien überprüft werden. Interessant wird dieser Befund auch im Zusammenhang mit der linearen Strukturmodellierung, Absorptionsfähigkeit auf die die den Einfluss Veränderbarkeit der prüfte. zweiten Um der Dimension der Diskussion des Strukturgleichungsmodells zur Wirkung der Absorptionsfähigkeit an dieser Stelle nicht vorzugreifen, wird auf den Unterabschnitt 4.3.2.2 verwiesen. Zusammengefasst bestätigten die Regressionsanalysen damit die Vorhersagbarkeit des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes sowie der wahrgenommenen Veränderbarkeit durch die Indikatoren der Bewertungsprozesse nur zum Teil, während die Mehrheit der erwarteten Zusammenhänge in den Korrelationsanalysen gefunden wurde. Entscheidend für die Wahrnehmung eines Veränderungsbedarfes ist demnach das Erkennen eines Problemdrucks, der sich wie im vorliegenden Fall in der Beurteilung von Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenübersteht, niederschlägt. Eine Auswirkung der Unzufriedenheit mit den Leistungserstellungsprozessen auf den Veränderungsbedarf konnte aufgrund der Operationalisierung anhand von Wettbewerbsvorteilen nicht nachgewiesen werden. Für die Einschätzung der Veränderbarkeit sind das Engagement und die Leistung der Mitarbeiter verstärkende Einflussfaktoren, während die Fehlertoleranz im Unternehmen überraschend zu einer Reduktion der Aufgeschlossenheit gegenüber Veränderungen führte. Die aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung der Geschäftsführer korrelierte zwar signifikant positiv mit der Veränderbarkeit, hatte in der Regressionsanalyse allerdings keine Vorhersagekraft. Diese Ergebnisse werden in Tabelle 4-43 noch einmal als Überblick zusammengefasst. Tabelle 4-43. Zusammenfassung der Ergebnisse zur Vorhersagbarkeit des Veränderungsbedarfes und der Veränderbarkeit aus den jeweiligen Indikatoren der zugrundeliegenden Bewertungsprozesse (Hypothesentest) Hypothese Fazit aus der empirischen Überprüfung H1.1 Die Wahrnehmung eines Veränderungsbedarfes lässt sich aus der Beurteilung der Relevanz von Herausforderungen für das Unternehmen durch die Führungskraft vorhersagen. Je mehr Herausforderungen die Führungskraft wahrnimmt, desto größer schätzt sie den Veränderungsbedarf ein. bestätigt positive Korrelation; signifikantes positives Regressionsgewicht H1.2 Die Wahrnehmung eines Veränderungsbedarfes lässt sich aus der Beurteilung der internen Leistungserstellung durch die Führungskraft vorhersagen. Je höher die Unzufriedenheit der Führungskraft mit den internen Leistungserstellungsprozessen oder deren Ergebnissen ist, desto größer schätzt sie den Veränderungsbedarf ein. nicht bestätigt positive Korrelation der Wettbewerbsvorteile mit Veränderungsbedarf kein Regressionsgewicht 4 Empirische Überprüfung 181 Tabelle 4-43. (Fortsetzung) Hypothese Fazit aus der empirischen Überprüfung H1.3 Die Wahrnehmung der Veränderbarkeit lässt sich aus der aufgabenbezogenen Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskraft vorhersagen. Je höher die aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskraft ist, desto größer ist die wahrgenommene Veränderbarkeit. nicht bestätigt positive Korrelation aber kein sign. Regressionsgewicht H1.4 Die Wahrnehmung der Veränderbarkeit lässt sich aus der Wahrnehmung des Engagements und der Leistung der Mitarbeiter vorhersagen. Je höher die Führungskraft das Engagement und die Leistung der Mitarbeiter beurteilt, desto größer ist die wahrgenommene Veränderbarkeit. bestätigt positive Korrelation; signifikantes positives Regressionsgewicht H1.5 Die Wahrnehmung der Veränderbarkeit lässt sich aus dem Umgang mit Fehlern im Unternehmen vorhersagen. Je höher die Fehlertoleranz im Unternehmen ist, desto größer ist die wahrgenommene Veränderbarkeit. nicht bestätigt negative Korrelation; signifikantes negatives Regressionsgewicht 4.3.3.2. Diskussion zur Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft der Führungskraft Das Hauptziel der empirischen Analyse war es, die Förderung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften durch die organisationale Absorptionsfähigkeit zu untersuchen. Begründet war diese Wirkungsannahme damit, dass zum einen die Entstehung von Innovationsbereitschaft als kognitiver Informationsverarbeitungsprozess verstanden werden kann und zum anderen die Bedeutung von Wissen und der intraorganisationale Umgang damit zentral für die Innovativität von Unternehmen sind. Ein besonderer Stellenwert kommt dabei der Verbindung von neuem und unternehmensexternem mit vorhandenem, internem Wissen zu. Diese Verbindung kann mit dem Konzept der Absorptionsfähigkeit beschrieben werden. Diese Fähigkeit wurde in der vorliegenden Arbeit als dreidimensionales Konstrukt verstanden, welches die Phasen Erkennen externen, relevanten Wissens, Aufnehmen und Transformieren sowie die nutzstiftende Verwertung dieses Wissens umfasst. Nachfolgend werden die Ergebnisse zum Einfluss dieser drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit auf die Bewertung des Veränderungsbedarfes und der Veränderbarkeit der Situation als Kenngrößen der Innovationsbereitschaft diskutiert. Da diesen Bewertungen zwei verschiedene Beurteilungsprozesse zugrunde liegen – nämlich die Evaluation des Problemdrucks in der Situation und die Evaluation der für eine Veränderung zur Verfügung stehenden Ressourcen – wurden die Hypothesen zur Beeinflussung des Veränderungsbedarfes und der Veränderbarkeit getrennt voneinander formuliert und ebenso empirisch getestet. 182 4 Empirische Überprüfung Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf den wahrgenommenen Veränderungsbedarf Mit den Hypothesen 2.1 und 2.3 wurde zunächst erwartet, dass die erste und zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit und damit der Kontakt mit externem Wissen, dessen Aufnahme, Transformation und unternehmensinterne Verteilung zu einem höheren wahrgenommenen Veränderungsbedarf führen. Hypothese 2.5 ging davon aus, dass die Wirkung der zweiten Dimension größer als die der ersten ausfallen sollte, weil in der Phase der Wissensaufnahme in das Unternehmen die Führungskraft auch auf das Wissen anderer Organisationsmitglieder zurückgreifen kann, während in der ersten Phase ihr nur das selbst entdeckte Wissen zur Verfügung steht. Um diese Annahmen zu überprüfen, wurden die bivariaten Produkt-Moment-Korrelationen untersucht, t-Tests zum Vergleich der Gruppen mit geringer und sehr hoher Absorptionsfähigkeit durchgeführt sowie multiple lineare Regressionsmodelle berechnet. Strukturgleichungsmodell die Ergänzend dazu mediierende wurde Wirkung in der einem linearen wahrgenommenen Herausforderungen analysiert. Die Korrelationsanalyse unterstützte die Annahmen 2.1 und 2.3, da beide Dimensionen der Absorptionsfähigkeit signifikant positiv mit dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf korrelierten, wobei der Korrelationskoeffizient der zweiten Dimension niedriger als der der ersten Dimension ausfiel, was gegen die Hypothese 2.5 sprach. Diese Tendenz zeigte sich auch in den Extremgruppenvergleichen. Für diese Vergleiche wurden je Dimension der Absorptionsfähigkeit nach dem 25. und dem 75. Perzentil eine Gruppe mit geringer Ausprägung der Absorptionsfähigkeit und eine Gruppe mit hoher Ausprägung gebildet. Diese Gruppen wurden mit t-Tests hinsichtlich ihrer Mittelwerte des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes verglichen. Dabei unterschied sich der Mittelwert der Gruppe mit einer niedrigen Ausprägung der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit statistisch signifikant von dem der Gruppe mit sehr hoher Ausprägung. Mit einer mittleren Effektstärke von d=.48 war dieser Unterschied auch praktisch bedeutsam. Ein statistisch signifikanter Unterschied wurde zwischen den Extremgruppen der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit gefunden, der mit einer Effektstärke von d=.28 praktisch gering ausfiel. Bezogen auf die drei Subskalen der zweiten Absorptionsfähigkeitsdimension zeigten sich bei der technischen Unterstützung kein Unterschied zwischen den Gruppen und auch keine Korrelation mit dem Veränderungsbedarf. Kleine Effekte der Mittelwertsunterschiede fanden sich in der systematischen Auswertung von Informationen sowie dem Erfahrungsaustausch im Unternehmen. Mit diesen Ergebnissen wurde deutlich, dass der wahrgenommene Veränderungsbedarf höher ist, wenn Kontakte zur Unternehmensumwelt bestehen, die für die Entdeckung neuen, relevanten Wissens genutzt werden können. Wenn Wissen und Informationen systematisch ausgewertet werden und wenn es einen formellen wie informellen Erfahrungsaustausch im Unternehmen gibt, resultiert ebenfalls ein höherer wahrgenommener Veränderungsbedarf. Ob für den Austausch und die Speicherung von 4 Empirische Überprüfung 183 Wissen und Informationen technische Möglichkeiten genutzt werden, macht für den wahrgenommenen Veränderungsbedarf dagegen keinen Unterschied. Um gleichzeitig den Einfluss aller drei Dimension der Absorptionsfähigkeit auf den wahrgenommenen Veränderungsbedarf zu untersuchen, wurde aufbauend auf den linearen Korrelationen eine multiple lineare Regression berechnet, bei der das Kriterium Veränderungsbedarf durch die einzelnen Dimension der Absorptionsfähigkeit vorhergesagt wurde. Das Regressionsmodell wurde signifikant, erreichte mit 4% Varianzaufklärung allerdings nur eine geringe Modellgüte. Aufgrund der Operationalisierung des Veränderungsbedarfes ist diese Güte nur mit der Studie von Krause (2004) vergleichbar, in der allerdings post-hoc eine konkrete Prozessinnovation analysiert wurde. Zur Erklärung der durch Mitarbeiter wahrgenommenen Veränderungsbedürftigkeit wurden dort als vier Qualitäten des Führungsverhaltens die Führung durch Einfluss, durch Macht, durch Vertrauen und durch Misstrauen herangezogen, die insgesamt 11% Varianz erklärten, wobei als einziger Prädiktor die Führung durch Einfluss mit ß=.44 signifikant wurde (Krause, 2004, S. 280). Vor dem Hintergrund, dass in dieser Untersuchung die Prädiktoren inhaltlich verschiedener als in der vorliegenden Arbeit waren, erscheint die Varianzaufklärung von 4% nicht mehr so gering wie nach der Konvention von Cohen (1988) interpretiert wurde. In das Regressionsmodell wurden entsprechend der Phasenabfolge nacheinander die erste, zweite und dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit in das Modell aufgenommen. Dabei blieb die Vorhersagekraft der ersten Dimension in allen vier Schritten nahezu unverändert, womit ein stabiler und statistisch bedeutsamer Einfluss der Umweltkontakte vorlag. Dagegen reduzierte sich der Zusammenhang zwischen der zweiten Absorptionsfähigkeitsdimension und dem Veränderungsbedarf deutlich, wenn er um die gemeinsame Varianz mit den anderen Dimensionen der Absorptionsfähigkeit bereinigt wurde. Daher blieb die zweite Dimension in allen Regressionsschritten ohne Vorhersagekraft, allerdings erhöhte ihr Einbezug die Vorhersagekraft der anderen Variablen, indem sie irrelevante Varianzen der anderen Prädiktoren unterdrückte und somit als Suppressorvariable auftrat. Ohne signifikante Vorhersagekraft blieb auch die Umsetzung des neuen Wissens in inkrementelle Prozess- und Strukturveränderungen. Dieser Aspekt der dritten Absorptionsfähigkeitsdimension trat nicht als Suppressorvariable in Erscheinung und war aufgrund seines statistisch zwar nicht bedeutsamen, aber minimal vorhandenem Anteil an der Varianzaufklärung des Kriteriums auch keine redundante Variable. Seine positive Korrelation mit dem Veränderungsbedarf reduzierte sich durch die Bereinigung um die gemeinsame Varianz mit den anderen Prädiktoren, womit er in der Erklärung der Ausprägung einer erkannten Veränderungsnotwendigkeit eine untergeordnete Rolle spielte. Dementgegen erhöhte der Einbezug der Prozessinnovationen die Güte des Regressionsmodells signifikant. Dabei reduzierte sich der wahrgenommene Veränderungsbedarf, je häufiger Prozessinnovationen im Unternehmen realisiert wurden. Während die Korrelationsanalyse 184 4 Empirische Überprüfung keinen Zusammenhang zwischen Veränderungsbedarf und Prozessinnovationen zeigte, führte die Bereinigung um die gemeinsame Varianz mit den anderen Prädiktoren zu einer deutlichen Erhöhung der Korrelation dieses Prädiktors mit dem Kriterium. Damit lässt sich das vom Ergebnis der Korrelationsanalyse abweichende signifikante ß-Gewicht der Prozessinnovationen erklären. Diese hierarchische Regression bestätigte damit die Hypothese 2.1 und sprach deutlich gegen die Hypothesen 2.3 und 2.5. Demnach war die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit für die Wahrnehmung eines Veränderungsbedarfes ausschlaggebend, während die zweite Dimension im Zusammenspiel aller Absorptionsfähigkeitsphasen keinen signifikanten Einfluss mehr hatte. Zu erklären ist die starke Wirkung der ersten Dimension dadurch, dass sowohl Innovationsbereitschaft als auch die erste Phase der Absorptionsfähigkeit auf der individuellen Ebene der Führungskraft betrachtet wurden. Im Kontext der vorliegenden Untersuchung bedeutete eine hohe Ausprägung der ersten Absorptionsfähigkeitsdimension, dass im Unternehmen mehr Möglichkeiten zum Erkennen von neuem, relevantem Wissen in der Umwelt bestanden. Zu diesen Möglichkeiten zählten Kontakte mit Kunden und Lieferanten aber auch F&E-Kooperationen sowie der Erfahrungsaustausch auf Messen und Kongressen. Vor dem Hintergrund der Stichprobe wird deutlich, dass in KMU insbesondere die befragten Geschäftsführer über diese Kontakte mit der Unternehmensumwelt verfügen (vgl. z. B. Blessin, 2001). Damit wird die ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit vorrangig auf der individuellen Ebene der befragten Führungskraft abgebildet, woraus ein höherer Zusammenhang mit der individuellen Innovationsbereitschaft dieser Führungskraft resultieren könnte, da in beiden Fällen Informationsverarbeitungsprozesse des Individuums betrachtet werden. Damit kann erklärt werden, warum die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit einen so großen Einfluss auf den subjektiv empfundenen Problemdruck ausübt. Wie die Befunde der Expertiseforschung (z. B. Chi, 2006; Sonnentag & Schmidt-Brasse, 1998) sowie von Vance et al. (1991) nahelegen, bewertete die Führungskraft die unternehmensinterne Situation aufgrund ihrer subjektiven Auseinandersetzung mit externen, relevanten Wissen differenzierter und gleichzeitig kritischer. In einem explorativen linearen Strukturgleichungsmodell konnte darüber hinaus belegt werden, dass der Einfluss der Kontakte zur Unternehmensumwelt dadurch mediiert wurde, dass die Führungskraft mehr Herausforderungen für das Unternehmen wahrnahm. Das Modell erklärte 7% der Varianz im wahrgenommenen Veränderungsbedarf, wobei sowohl der direkte Pfad von der ersten Absorptionsfähigkeitsdimension auf den Veränderungsbedarf als auch der indirekte Pfad über die erkannten Herausforderungen signifikant wurden. Daraus ergab sich ein totaler Einfluss der Absorptionsfähigkeit von γ=.24 auf das Erkennen einer Notwendigkeit zur Veränderung, der zum Teil durch die Beurteilung von Herausforderungen mediiert wurde. Mit einer Einflussstärke von γ=.5 erklärten die Kontakte zur Unternehmensumwelt 25% der Varianz in den wahrgenommenen Herausforderungen. 4 Empirische Überprüfung 185 Der fehlende Einfluss der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit lässt sich unter Einbezug von empirischen Befunden zur Wirkung des unternehmensinternen Umganges mit Wissen erklären. Operationalisiert wurde die zweite Dimension mit Items zur systematischen Auswertung des externen Wissens, dem formellen wie informellen Erfahrungsaustausch zwischen Organisationsmitgliedern sowie der Nutzung von technischen Möglichkeiten zur Speicherung und Verteilung von Informationen im Unternehmen. Wie bspw. Lee und Sun-Kyu Lee (2007, S. 38) in einer Studie mit 68 koreanischen Unternehmen zeigten, haben Prozesse zur Bewertung, Generierung, Einbindung oder Nutzung von Wissen mit einem Pfadkoeffizient γ=.73 (p<.01) einen signifikanten positiven Einfluss auf kundenbezogene Leistungsergebnisse (Kundenzufriedenheit, Anzahl der Neukunden) sowie mit γ=.47 (p<.01) auch auf finanzielle Erfolgsgrößen (ROI, Marktanteil, Gewinn). Damit liegt nahe, dass die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit positiv mit Kennzahlen des Unternehmenserfolges korreliert, wodurch sie auch die Wahrnehmung der Führungskraft bezüglich der internen Leistungserstellungsprozesse positiv beeinflussen kann. Je effizienter und effektiver der Umgang mit Wissen im Unternehmen ist, umso weniger würde die Führungskraft dann eine Notwendigkeit für Veränderungen sehen. Bleibt man darüber hinaus in der Argumentationslogik dieser Arbeit, dann könnte es sich bei dem Zusammenhang von Wissensaufnahme ins Unternehmen und dem wahrgenommenen Veränderungsbedarf um eine umgekehrte U-Funktion79 handeln. Bei geringer und sehr hoher Ausprägung der zweiten Phase der Absorptionsfähigkeit wäre der Veränderungsbedarf geringer als bei einer mittleren Ausprägung, weil im ersten Fall weniger Wissen über alternative Möglichkeiten zur Verfügung steht und im letzten Fall durch den systematischen Umgang mit Wissen die Unternehmensergebnisse positiv beeinflusst werden, so dass die Zufriedenheit der Führungskraft mit den internen Leistungserstellungsprozessen höher ausfällt. Um diese Annahmen empirisch überprüfen zu können, müsste die Unzufriedenheit mit der internen Leistungserstellung exakter gemessen und zusätzliche Daten bspw. zur Verfügbarkeit von Informationen erhoben werden. Mit der Regressionsanalyse konnte weiterhin die Hypothese 2.7 zur negativen Wirkung der dritten Absorptionsfähigkeitsdimension auf den Veränderungsbedarf nur zum Teil bestätigt werden. So Strukturveränderungen, fand sich während kein Effekt der inkrementellen hypothesenkonform eine Prozess- höhere Zahl und von Prozessinnovationen den wahrgenommenen Veränderungsbedarf reduzierte. Vor dem Hintergrund der Operationalisierung des Verwertens neuen Wissens als dritte Absorptionsfähigkeitsdimension, lassen sich diese Effekte inhaltlich nachvollziehen. So enthielt die Skala AF3-Verwerten_KVP drei Items, die inkrementelle Veränderungen von Prozessen und Strukturen des Unternehmens abbildeten. Dabei impliziert ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess bereits die Annahme, dass stetig ein Verbesserungsbedarfes 79 Mathematisch korrekter formuliert: eine nach unten geöffnete Parabelfunktion. 186 4 Empirische Überprüfung wahrgenommen wird, wodurch die leicht positive Korrelation mit dem Erkennen einer Veränderungsnotwendigkeit erklärbar ist. Dagegen werden mit Prozessinnovationen Herstellungsprozesse, Methoden oder Verfahren grundlegend erneuert, was dazu führt, dass bei einer hohen Frequenz solcher Neuerungen der Bedarf nach weiteren Veränderungen geringer eingestuft wird. Deutlich wurde bei der hierarchischen Regressionsanalyse auch das komplexe Zusammenspiel der einzelnen Aspekte der Absorptionsfähigkeit, wenn deren gleichzeitiger Einfluss auf die Veränderbarkeit betrachtet wird. Hierin zeigte sich auch der Vorteil der Regressionsanalyse, da sie im Unterschied zu bivariaten Korrelationsanalysen Interdependenzen zwischen den Variablen einbezieht und damit das Zusammenspiel der einzelnen Prädiktoren besserer darstellen kann. Die Mittelwertsvergleiche zwischen den Extremgruppen nach Ausprägung der jeweiligen Absorptionsfähigkeitsdimension sind dahingehend aufschlussreich, dass sie die grundlegende Tendenz empirisch bestätigen konnten, wonach eine höhere Ausprägung in der ersten und zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit mit einem höheren wahrgenommenen Veränderungsbedarf einhergeht. Der wahrgenommene Veränderungsbedarf unterschied sich statistisch signifikant von dem in der Gruppe mit niedriger Absorptionsfähigkeit. In Anbetracht der großen Stichprobe80 wurden neben dem Signifikanztest die Effektstärken der Mittelwertsunterschiede berechnet, womit der Unterschied in der praktischen Bedeutsamkeit der ersten und der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit bezüglich des Veränderungsbedarfes sichtbar wurde. Entgegen der Annahmen unterschieden sich die Extremgruppen der ersten Absorptionsfähigkeitsdimension stärker als die der zweiten Absorptionsfähigkeitsdimension, was in Einklang mit den Ergebnissen der Regression als größere Einflussstärke interpretiert werden kann und bereits diskutiert wurde. 80 Je größer die Stichprobe ist, umso eher werden Mittelwertsunterschiede signifikant, da die Teststärke zunimmt, die das Entdecken auch kleiner Differenzen erlaubt (zum Zusammenhang von Stichprobengröße, Teststärke und Alpha-Fehler-Niveau siehe ausführlich Sedlmeier, 1996). Ergänzend zu Signifikanztest wird daher die Berechnung von Effektstärken empfohlen, deren Interpretation wesentlich auf die Arbeiten von Cohen (1988) zurückgeht. Demnach kann ein Unterschied zwischen den Mittelwerten zweier Gruppen unter Beachtung der Standardabweichung(en) und Stichprobengröße(n) eine kleine, mittlere oder große praktische Bedeutsamkeit haben. Siehe auch Fußnote 67, S. 152. 4 Empirische Überprüfung 187 In der Tabelle 4-44 werden die Befunde bezogen auf die Überprüfung der Hypothesen noch einmal zusammengefasst. Tabelle 4-44. Zusammenfassung der Befunde zur Beeinflussung des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes durch die drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit (Hypothesentests) Hypothese Fazit aus der empirischen Überprüfung H2.1 Die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit hat einen positiven Einfluss auf die Beurteilung des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes der unternehmensinternen Situation. Je stärker die erste Dimension ausgeprägt ist, umso höher ist der wahrgenommene Veränderungsbedarf. bestätigt mittlerer Effekt bei Extremgruppen-vergleich; positiver Einfluss in Regression und positiver direkter und indirekter Effekt im SEM H2.3 Die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit hat einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung des Veränderungsbedarfes der unternehmensinternen Situation. Je stärker die zweite Dimension ausgeprägt ist, umso höher ist der wahrgenommene Veränderungsbedarf. nicht bestätigt Extremgruppen unterscheiden sich nur mit kleinem Effekt; kein Einfluss in Regression H2.5 Die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit beeinflusst die Wahrnehmung des Veränderungsbedarfes der unternehmensinternen Situation stärker als die erste Dimension. nicht bestätigt H2.7 Die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit hat einen negativen Einfluss auf die Wahrnehmung des Veränderungsbedarfes der unternehmensinternen Situation. Je stärker die dritte Dimension ausgeprägt ist, umso geringer ist der wahrgenommene Veränderungsbedarf. nur für Prozessinnovationen bestätigt im Extremgruppenvergleich entgegengesetzter bzw. kein Effekt; in Regression kein Einfluss von KVP aber negativer Einfluss der Prozessinnovationen Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die wahrgenommene Veränderbarkeit Analog zur Beeinflussung des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes wurden vier Hypothesen zu Wirkungen der einzelnen Dimensionen der Absorptionsfähigkeit auf die Veränderbarkeit formuliert. Dabei wurde mit der Hypothese 2.2. für die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit nur dann ein positiver Einfluss auf die Veränderbarkeit erwartet, wenn auch die zweite und dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit hohe Ausprägungen aufweisen. Hintergrund der Annahme war, dass das von allen Organisationsmitgliedern erkannte externe Wissen eine größere Wirksamkeit entfalten kann, wenn es in das Unternehmen aufgenommen, verteilt und verwertet wurde. 188 4 Empirische Überprüfung Die Korrelationsanalyse zeigte zunächst einen hohen positiven Zusammenhang zwischen der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit und der wahrgenommenen Veränderbarkeit der Situation. Entsprechend fanden sich im Extremgruppenvergleich deutliche Unterschiede in der Veränderbarkeit zwischen der Gruppe mit niedriger und der der mit hoher Ausprägung der Absorptionsfähigkeit. Um die Annahme des bedingten Einflusses dieser Dimension auf die Veränderbarkeit zu überprüfen, wurde eine mehrfaktorielle Varianzanalyse gerechnet, die jedoch aufgrund fehlender Werte in einzelnen Merkmalskombinationen nicht aussagekräftig war. Deshalb wurde anschließend in drei zweifaktoriellen Varianzanalysen geprüft, ob Interaktionseffekte zwischen der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit und der zweiten sowie dritten Dimension auftraten. In keiner Kombination ließ sich eine Interaktion feststellen, weshalb die Hypothese 2.2 abgelehnt werden musste. Eine weitere Regressionsanalyse ergab zudem, dass der Einfluss der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit auf die Veränderbarkeit deutlich reduziert wurde, wenn die anderen Dimensionen in die Berechnung einbezogen wurden. Damit handelte es sich bei der ersten Dimension um eine redundante Variable, die trotz hoher bivariater Korrelation mit dem Kriterium keine zusätzliche Information für dessen Vorhersage lieferte, wenn sie um die gemeinsame Varianz mit den anderen Dimensionen der Absorptionsfähigkeit bereinigt wurde. Ob die unternehmensinterne Situation als veränderbar erlebt wird, hängt also nicht davon ab, wie viele Kontakte ein Unternehmen zu seiner Unternehmensumwelt hat und wie viele Möglichkeiten es zum Entdecken von relevantem, externem Wissen gibt. Greift man auf die oben bereits geführte Diskussion zur speziellen Rolle des Geschäftsführers eines KMU für die Ausgestaltung der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit zurück, so bedeuten die Befunde auf der individuellen Ebene, dass ein Geschäftsführer seinen Zugang zu Wissensquellen außerhalb des eigenen Unternehmens nicht unmittelbar als Ressource für eine unternehmensinterne Veränderung wahrnimmt. Zusammengefasst heißt das, dass der Kontakt zu neuem Wissen per se noch keine Vorteile für die Umgestaltung des eigenen Unternehmens bedeutet, weil solche internen Veränderungen viel stärker von den Strukturen, Prozessen und Mitgliedern der Organisation determiniert werden als von der Verfügbarkeit neuen Wissens. Dieser Annahme wurde mit den Hypothesen 2.4, 2.6 und 2.8 Rechnung getragen. Mit den Hypothesen 2.4 und 2.6 wurde zunächst davon ausgegangen, dass eine höhere Ausprägung der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit zu einer größeren wahrgenommenen Veränderbarkeit führen sollte (H2.4) und dieser Einfluss größer sein sollte als der der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit (H2.6). In den Korrelationsanalysen fand sich erwartungskonform ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit und der Veränderbarkeit, wobei die Subskala der systematischen Auswertung von Wissen und Informationen im Unternehmen am höchsten mit der Veränderbarkeit korrelierte. Im Vergleich der Extremgruppen fanden sich über alle Subskalen hinweg statistisch und praktisch bedeutsame, große Unterschiede zwischen der 4 Empirische Überprüfung 189 Gruppe mit jeweils niedriger Ausprägung der Absorptionsfähigkeit und der mit jeweils hoher Ausprägung. Um den Einfluss der drei Absorptionsfähigkeitsdimensionen auf die Veränderbarkeit miteinander in Beziehung zu setzen, wurde eine hierarchische multiple Regression berechnet. In diese wurden entsprechend der Phasenfolge alle drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit aufgenommen, da alle signifikant positiv mit dem Kriterium korrelierten. Die Regressionsmodelle zeigten dabei, dass die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit und das Vorhandensein von Prozessinnovationen als Bestandteil der dritten Dimension keine Bedeutung für die Vorhersage der Veränderbarkeit hatten. Dementsprechend wurde eine weitere hierarchische multiple Regression mit den Prädiktoren AF2-Aufnehmen und AF3Verwerten_KVP berechnet, in der die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit 18% der Varianz in der wahrgenommenen Veränderbarkeit aufklären konnte und zusammen mit den inkrementellen Prozess- und Strukturveränderungen als Aspekt der dritten Dimension 21% der Varianz. Diese Werte der Varianzaufklärung lagen wiederum unter denen im Regressionsmodell von Krause (2004), das die Veränderungsbedürftigkeit durch vier Qualitäten des Führungsverhaltens (Einfluss, Macht, Vertrauen, Misstrauen) vorhersagte und 66% Varianzaufklärung erreichte. Anzumerken ist allerdings, dass sich Prädiktoren und Kriterium in der Studie von Krause (2004) inhaltlich ähnlich waren, da die Veränderungsfähigkeit der Situation anhand der empfundenen Unterstützung durch den Vorgesetzten gemessen wurde. Bei der vorliegenden Untersuchung traf diese inhaltliche Nähe auf die inkrementellen Veränderungen der Strukturen und Prozesse (AF3-Verwerten_KVP) zu, deren Einfluss auf die Veränderbarkeit später noch diskutiert wird. Wie bei Krause (2004) konnte in der vorliegenden Arbeit ein höherer Anteil der Varianz in der Veränderbarkeit aufgeklärt werden als in der Varianz des Veränderungsbedarfes. Daraus wird deutlich, dass auf den Veränderungsbedarf neben der Absorptionsfähigkeit weitere Faktoren einen noch größeren Einfluss ausüben als auf die Veränderbarkeit, da die Absorptionsfähigkeit einen größeren Anteil der Veränderbarkeit erklären kann als im Vergleich zum Veränderungsbedarf. Im Regressionsmodell zur Vorhersage der Veränderbarkeit aus der zweiten und dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit wurden beide Prädiktoren signifikant. Der Einfluss der zweiten Dimension war mit ß=.29 etwas höher als der der dritten Dimension mit ß=.21. Damit wurde Hypothese 2.4 bestätigt und, weil die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit nicht zur Vorhersage der Veränderbarkeit beitrug, auch die Hypothese 2.6 empirisch belegt. Eine weitere Regressionsanalyse mit den drei Subskalen der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit als Prädiktoren zeigte, dass sich die wahrgenommene Veränderbarkeit dann erhöht, wenn eine systematische Auswertung von Wissen und Informationen im Unternehmen erfolgt und wenn Erfahrungen zwischen Mitarbeitern und zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten weitergegeben werden. Dagegen standen die Nutzung 190 4 Empirische Überprüfung technischer Möglichkeiten zur Speicherung und Verteilung von Wissen und Informationen in keinem Verhältnis zur Veränderbarkeit, nach der Bereinigung um die gemeinsame Varianz mit den anderen Subskalen konnte kein Zusammenhang mit dem Kriterium mehr festgestellt werden. Diese Befunde zeigen, dass die technische Ausstattung sowie deren Nutzung nicht als Ressource für organisationale Neuerungen einzustufen sind. Vermutet wurde darüber hinaus, dass die Organisationsmitglieder durch die Auseinandersetzung mit relevantem, externem Wissen ihre intellektuellen Fähigkeiten verbessern und sich dieses Lernen wiederum positiv auf ihre Arbeitsleistung auswirkt, wodurch die Mitarbeiter des Unternehmens von der Führungskraft als Ressource für anstehende Veränderungen wahrgenommen werden. Diese Annahme einer Mediation der Absorptionsfähigkeitswirkung durch die Beurteilung der Mitarbeiterleistung wurde explorativ mit einem linearen Strukturgleichungsmodell überprüft. In dieses Modell wurden entsprechend der Ergebnisse der Regressionsanalyse nur die Subskalen systematische Auswertung von Wissen und Informationen sowie der Erfahrungsaustausch innerhalb des Unternehmens als Bestimmungsgrößen der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit aufgenommen. Dabei beeinflusste die Absorptionsfähigkeit zwar die Einschätzung der Mitarbeiterleistung (γ=.44, p<.001), diese konnte ihrerseits aber nicht auf die Veränderbarkeit wirken. Stattdessen trat die Fehlertoleranz im Unternehmen als Mediator in Erscheinung. Je höher die Fehlertoleranz ausfiel, umso geringer wurde die Veränderbarkeit eingeschätzt (vgl. die Ausführungen unter Punkt 4.3.2.1). Weil die Fehlertoleranz jedoch mit zunehmender Absorptionsfähigkeit geringer wurde, erhöhte sich der totale Einfluss der Absorptionsfähigkeit durch die Variable Fehlertoleranz auf insgesamt γ=.43, womit 24% der Varianz in der wahrgenommenen Veränderbarkeit erklärt werden konnte. Damit wurde die Hypothese 2.4 bestätigt und ein großer direkter Effekt sowie ein geringer indirekter Effekt der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit auf die Veränderbarkeit nachgewiesen. Die Ergebnisse der linearen Strukturmodellierung bedeuten weiterhin, dass im Unternehmen die Fehlertoleranz umso geringer ist, je systematischer der Umgang mit Wissen und Informationen erfolgt und je mehr Erfahrungen über Abteilungs- und Hierarchiegrenzen hinweg weitergegeben werden. Das könnte bedeuteten, dass die größere Transparenz im Unternehmen und die größere Verantwortung von Mitarbeitern durch die Auswertung und Verteilung von Wissen dazu führen, dass die Fehlertoleranz insgesamt geringer wird. Damit würden Mitarbeiter selbst einen Anteil daran haben, wenn Fehler konsequent sanktioniert werden. Schwer zu erklären ist, warum solche Sanktionen empirisch in einem positiven Zusammenhang mit der wahrgenommenen Veränderbarkeit stehen. Da die Berechnung des linearen Strukturgleichungsmodells auf Kovarianzen und Korrelationen basiert, bildet das Modell streng genommen nur lineare Zusammenhänge ab, die aufgrund theoretischer Modelle und bisheriger Erkenntnisse allerdings kausal interpretiert werden. Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt den negativen Zusammenhang zwischen Absorptionsfähigkeit und 4 Empirische Überprüfung 191 Fehlertoleranz, könnte auch eine umgekehrte kausale Beziehung bestehen. Damit würde die Sanktionierung von Fehlern dazu führen, dass im Unternehmen Wissen und Informationen systematisch ausgewertet und umfassend verteilt werden. Aus dieser Perspektive wäre die Fehlertoleranz keine Ressource für die Veränderbarkeit der Situation, sondern vielmehr eine Bedingung dafür, dass Wissen im Unternehmen verarbeitet und verteilt wird. Hier wird die Grenze der Querschnittsuntersuchung deutlich, da zur eindeutigen Beantwortung der Frage nach der kausalen Beziehung mindestens zwei Messzeitpunkte erforderlich sind. Diese Einschränkung der kausalen Schlüsse gilt für die gesamte Untersuchung, weil die Daten nur zu einem Zeitpunkt erhoben wurden. Aufgrund der theoretischen Herleitung sowie der Itemformulierungen lassen sich die anderen gefundenen Zusammenhänge unter Berücksichtigung der methodischen Grenzen jedoch kausal interpretieren. Als letzter Aspekt wurde der Einfluss der dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit auf die wahrgenommene Veränderbarkeit im Zuge der bereits beschrieben multiplen linearen Regression gemeinsam mit dem Einfluss der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit untersucht. In diesem Modell konnte auch die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit die wahrgenommene Veränderbarkeit der Situation signifikant vorhersagen. Je häufiger inkrementelle Prozess- und Strukturveränderungen im Unternehmen stattfanden, umso größer wurde die Möglichkeit zur Veränderung der Situation eingeschätzt. Damit konnte die Hypothese 2.8 für diesen Aspekt der Verwertung neuen Wissens bestätigt werden, während die Prozessinnovationen, wie bereits beschrieben, keine Vorhersagekraft besaßen. Zu beachten ist bei der Höhe des Regressionsgewichtes allerdings, dass zwischen Prädiktor und Kriterium eine relativ große inhaltliche Nähe bestand. So wurde die Prädiktorvariable aus Fragen zum Stellenwert des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses im Unternehmen sowie der Anpassung von Verfahren und Abläufen aufgrund der Anregungen von Mitarbeitern erfasst, während das Kriterium mit der Frage nach der Aufgeschlossenheit im Unternehmen gegenüber Veränderungen abbildet wurde. Diese inhaltliche Nähe wurde jedoch bereits im Wirkungsmodell im 3. Kapitel beschrieben. Die Hypothese 2.8 wurde formuliert, weil davon ausgegangen wurde, dass die positiven Erfahrungen mit bisherigen organisationalen Veränderungen im Unternehmen das Vertrauen der Führungskraft in die Machbarkeit zukünftiger Veränderungen erhöhen würde. Hierin wird auch die Verwobenheit der dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit, die zu großen Teilen auf Entscheidungen der Führungskraft basieren und hier die unabhängige Variable darstellte, mit der Innovationsbereitschaft der Führungskraft als abhängige Variable deutlich. Um diese Wechselwirkungen angemessen beschreiben zu können, ist eine Betrachtung zu mehreren Zeitpunkten nötig. Dass die bisherigen Prozessinnovationen des Unternehmens keine Vorhersagekraft für die wahrgenommene Veränderbarkeit besaßen, mag an einer schwächeren Verbindung beider Konstrukte im kognitiven Netz der Führungskraft liegen (vgl. z. B. Schmidt & Boshuizen, 1993). Da für einen Marktvorteil durch neue Verfahren, 192 4 Empirische Überprüfung Methoden oder Herstellungsprozesse – wie Prozessinnovationen in der vorliegenden Studie operationalisiert wurden – weit mehr als nur interne Möglichkeiten zur Veränderung relevant sind81, könnte dazu geführt haben, dass die Aufgeschlossenheit gegenüber Veränderungen wenig mit den bisher erfolgreichen Prozessinnovationen in Verbindung gebracht wurde. Die Konsequenzen dieser Ergebnisse werden im Kapitel 5 noch aufgezeigt werden. Um die empirischen Befunde zur Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf den wahrgenommenen Veränderungsbedarf noch einmal zusammenzufassen, werden in Tabelle 4-45 die Aussagen zur Gültigkeit der Hypothesen im Überblick dargestellt. Tabelle 4-45. Zusammenfassung der Befunde zur Beeinflussung der wahrgenommenen Veränderbarkeit durch die drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit (Hypothesentests) Hypothese Fazit aus der empirischen Überprüfung H2.2 Wenn die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit sowie die dritte Dimension eine hohe Ausprägung haben, dann führt auch eine hohe Ausprägung der ersten Dimension zu einer höheren wahrgenommenen Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation. nicht bestätigt keine Interaktion bei ANOVA; generell großer Effekt bei Extremgruppenvergleich, aber redundante Variable in der Regression H2.4 Die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit hat einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung der Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation. Je stärker die zweite Dimension ausgeprägt ist, umso höher wird die Veränderbarkeit der Situation bewertet. bestätigt Extremgruppen unterschieden sich mit großem Effekt; positiver Einfluss in der Regression, dabei nur durch die Skalen Systematik und Austausch; positive direkte und indirekte Effekte im SEM H2.6 Die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit beeinflusst die Wahrnehmung der Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation stärker als die erste Dimension. bestätigt Mittelwertsunterschiede der Extremgruppen und sign. Einfluss der AF2 in der Regression H2.8 Die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit hat einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung der Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation. Je stärker die dritte Dimension ausgeprägt ist, umso höher wird die Veränderbarkeit bewertet. nur für inkrementelle Prozess- und Strukturveränderungen bestätigt im Extremgruppenvergleich großer Effekt für KVP, mittlerer Effekt bei Prozessinnovationen; in der Regression positiver Einfluss von KVP aber kein Einfluss der Prozessinnovationen 81 Einen Überblick gibt bspw. Sammerl (2006, S. 70), welche die zahlreichen Einflussfaktoren auf den Innovationserfolg in Kategorien wie „Ressourcenausstattung, Management- Commitment, Innovationsprozess und Projektmanagement, Organisation, Kooperation, Kommunikation, Technologie und Markt“ zusammenfasst. Ähnlich beschreiben Adams, Bessant und Phelps (2006, S. 26) die Einflussgrößen eines erfolgreichen Innovationsmanagements als „inputs, knowledge management, strategy, organization and culture, portfolio management, project management and commercialization.“ 4 Empirische Überprüfung 193 Zusammenfassende Betrachtung der Wirkung organisationaler Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft der Führungskraft Mit einem letzten Extremgruppenvergleich wurde die Hypothese 2.9 überprüft. Diese ging davon aus, dass bei insgesamt hoher Ausprägung aller drei Dimensionen der Absorptionsfähigkeit die wahrgenommene Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation höher eingeschätzt würde als der Veränderungsbedarf. Hintergrund dieser Annahmen war die erwartete differenzierte Wirkung der drei Absorptionsfähigkeitsdimensionen, wonach alle drei zu einer Erhöhung der wahrgenommenen Veränderbarkeit führen sollte, während durch die Verwertung des neuen Wissens als dritte Dimension der wahrgenommene Veränderungsbedarf reduziert werden sollte. Diese Annahmen konnten empirisch bestätigt werden. So fiel der Mittelwert der wahrgenommenen Veränderbarkeit in der Gruppe mit hoher Absorptionsfähigkeit mit Vbk=8.54 Mittelwert des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes mit deutlich größer aus als der Vb=6.07. Dieser Unterschied war deutlich größer als in der Gruppe mit niedriger Absorptionsfähigkeit und war mit einer Effektstärke von Cohens d=1.2 von großer praktischer Bedeutung. Insgesamt fiel damit die Innovationsbereitschaft als Produkt von Veränderungsbedarf und Veränderbarkeit bei hoher Absorptionsfähigkeit deutlich größer aus als bei geringer Absorptionsfähigkeit. Dies wurde wiederum als Beleg für die Förderung der individuellen Innovationsbereitschaft von Führungskräften durch die Identifikation, Aufnahme und Verwertung relevanten, unternehmensexternen Wissens in ihrem Unternehmen gewertet. Wie diese letzte Analyse zeigte, ergab sich die Zunahme der Innovationsbereitschaft insbesondere durch die positivere Bewertung der Veränderbarkeit der Situation. In der einfaktoriellen Varianzanalyse konnte die Absorptionsfähigkeit 30% der Varianz in dieser Komponente erklären, während der Anteil an der Varianz des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes mit 3% eher gering ausfiel. Als Konsequenz leitet sich daraus ab, dass die Innovationsbereitschaft von Führungskräften durch die organisationale Absorptionsfähigkeit gefördert werden kann, wobei vor allem die Beurteilung der Veränderungsmöglichkeiten von dem Erkennen, Aufnehmen und Verwerten neuen, unternehmensexternen Wissens in eine Organisation profitiert. Bringt man diesen Befund in Zusammenhang mit den bereits vorgestellten Ergebnissen zur Wirkung der einzelnen Dimensionen der Absorptionsfähigkeit, resultiert die stärkste Förderung der Innovationsbereitschaft durch die Aufnahme, Anpassung, Verteilung und Verwertung von neuem Wissen in der Organisation, da die zweite Dimension sowie inkrementelle Prozess- und Strukturveränderungen den größten Einfluss auf die wahrgenommene Veränderbarkeit ausübten. Weil die Innovationsbereitschaft jedoch auch das Erkennen eines Veränderungsbedarfes voraussetzt, kommt gleichfalls der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit eine große Bedeutung zu, da diese als einzige zu einer größeren Einschätzung der Notwendigkeit interner Veränderungen führte. Als Einschränkung dieser Aussage wird auf die untersuchte Stichprobe verwiesen, worin vorrangig durch den 194 4 Empirische Überprüfung individuellen Kontakt des Geschäftsführers mit der Unternehmensumwelt dessen Wahrnehmung eines Veränderungsbedarfes beeinflusst wurde. Die Befunde der empirischen Untersuchung werden im Kapitel 5 noch einmal in den Kontext der gesamten Arbeit eingeordnet. Aus den Erkenntnissen werden zudem Implikationen für die Forschung und die Unternehmenspraxis abgeleitet und als Abschluss ein Gesamtfazit gezogen. 5 Resümee 5 195 Resümee Im Unterkapitel 5.1 werden die wesentlichen Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit noch einmal zusammengefasst und im Unterkapitel 5.2 daraus forschungstheoretische und forschungsmethodische Implikationen sowie Empfehlungen für die Unternehmenspraxis abgeleitet. Mit einem kurzen Fazit im Unterkapitel 5.3 schließt die Dissertation. 5.1. Zusammenfassung der Erkenntnisse Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit war die Bedeutung der personellen Führung für den Erfolg von Innovationen82. Zentrale Bestandteile dieser innovationsförderlichen Führung sind das Verhalten einer Führungskraft sowie deren positive Einstellung gegenüber Veränderungen, wobei diesen beiden insbesondere im Kontext von Prozessinnovationen ein hoher Stellenwert zukommt. Da die positive Einstellung gegenüber Veränderung sowohl im direkten Zusammenhang mit dem Verhalten als auch mit der organisationalen Innovativität steht, lag darauf der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit. Entsprechend den empirischen Befunden der Einstellungsforschung ist dann ein hoher Zusammenhang zwischen Einstellung und Verhalten zu erwarten, wenn beide Konstrukte ähnlich spezifisch erfasst werden. Daher wurde der Fokus auf die individuelle Innovationsbereitschaft als spezielle Form der positiven Einstellungen gegenüber organisationalen Wandel gerichtet und danach gefragt, wie diese Bereitschaft für Prozessinnovationen bei Führungskräften entsteht und wodurch sie gefördert werden kann. Zur Beantwortung dieser Fragen wurde auf das Modell von Gebert (1987, 2002) zurückgegriffen, welches Innovationsbereitschaft als kognitiv-evaluativen Informationsverarbeitungsprozess begreift, weshalb der Umgang mit Wissen und Informationen als eine Fördermöglichkeit herausgearbeitet wurde. Weil die Verknüpfung von neuem und unternehmensexternem Wissen mit bereits vorhandenem und unternehmensinternem Wissen darüber hinaus erfolgskritisch für das Innovationsmanagement ist, wurde auf das Konzept der organisationalen Absorptionsfähigkeit rekurriert, um diese Prozesse umfassend beschreiben zu können. Daher war das Ziel der vorliegenden Arbeit, die Wirkung der organisationalen Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften im Kontext von Prozessinnovationen theoretisch abzuleiten sowie empirisch zu überprüfen. Beginnend mit der Definition von Prozessinnovationen und ihren Besonderheiten im Vergleich zur Produktinnovationen wurde der Rahmen für die vorliegende Fragestellung gesetzt. Innerhalb dieses Rahmens wurden die Führungskräfte als Verantwortungsträger für 82 Aus Gründen der Lesbarkeit wird an dieser Stelle darauf verzichtet, die zugrundeliegenden Literaturquellen erneut anzugeben. Stattdessen sei hier auf das Unterkapitel 1.1. verwiesen. 196 5 Resümee Prozessinnovationen genauer betrachtet und die Kennzeichen eines innovationsförderlichen Verhaltens von Führungskräften definiert. Demnach fördern Führungskräfte die Entstehung und Durchsetzung von Innovationen, indem sie als moralisches und fachliches Vorbild agieren, eine emotional begeisternden Vision vermitteln, das bisherige Vorgehen immer wieder in Frage stellen und jeden Mitarbeiter individuell fordern und fördern. Dieses Verhalten wird unter dem Begriff transformationaler Führungsstil sowohl in der allgemeinen Führungsforschung als auch in der Innovationsforschung umfangreich untersucht, wobei seine Effektivität inzwischen gut belegt ist. Entsprechend dieser Befunde treten transformationale Führungskräfte als Rollenmodell für Innovation und kreatives Problemlösen auf und unterstützen aktiv Neuerungen und Kreativität im Unternehmen. Eine wesentliche Bedingung für dieses Führungsverhalten liegt dabei in der individuellen positiven Einstellung der Führungskraft gegenüber Veränderungen, worunter die Bereitschaft für Innovationen eine Spezialform bildet. Um der ersten Forschungsfrage nach der Entstehung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften nachzugehen, erfolgte die Auseinandersetzung mit dem Konzept der Innovationsbereitschaft von Gebert (1987, 2002). Dieses weist eine relativ hohe Übereinstimmung mit anderen etablierten Modellen der individuellen Bereitschaft für organisationale Veränderungen auf, überzeugte jedoch durch seine einfache Struktur, den theoretischen Grundlagen im Stressbewältigungsmodell von Lazarus (1966) sowie seiner bisherigen empirischen Bewährung. Diesem Modell zufolge resultiert Innovationsbereitschaft aus den Ergebnissen zweier Bewertungsprozesse. Im ersten Bewertungsprozess wird der IstZustand der relevanten Situation mit einem erwünschtem Soll-Zustand verglichen, woraus sich das Erkennen eines Veränderungsbedarfes ergibt. Im zweiten Schritt werden die Ressourcen evaluiert, die für die Bewältigung der Veränderung zur Verfügung stehen. Dabei handelt es sich um Kompetenzen und Mittel der eigenen Person, aber auch um die Fähigkeiten und Fertigkeiten anderer Personen, auf die zurückgegriffen werden kann. Als Ergebnis dieser Evaluation wird die Veränderbarkeit der Situation festgestellt. Wird sowohl ein Veränderungsbedarf als auch die Möglichkeiten zur Veränderung wahrgenommen, liegt eine Bereitschaft für Innovationen vor. Mit diesem Ansatz wurde eine kognitive Perspektive eingenommen und die Entstehung von Innovationsbereitschaft aus der subjektiven Informationsverarbeitung heraus erklärt. An dieser subjektiven Informationsverarbeitung der Führungskräfte setzte die Beantwortung der zweiten Forschungsfrage nach der Förderung der Innovationsbereitschaft an. Ausgehend von den kognitiven Evaluationsprozessen wurde anhand der Ergebnisse empirischer Studien zur Beeinflussung dieser Prozesse sowie Befunden zur Einstellungsänderung durch persuasive Kommunikation und zur Wirkung der mikropolitischen Einflussstrategie Rationalität in Unternehmen die Bedeutung von Wissen und Informationen für die Förderung der Innovationsbereitschaft dargelegt. Indem die Verfügbarkeit von Wissen 5 Resümee 197 und Informationen in Unternehmen betrachtet wurde, konnte auch die Verbindung zu den generellen Erfolgsfaktoren von Prozessinnovationen wieder hergestellt werden. Wie mehrere Studien bestätigen, sind neues Wissen sowie dessen Verknüpfung mit bereits vorhandenen Strukturen erfolgskritisch für neuartige Produkte und Verfahren. Eine große Bedeutung wird dabei der Verbindung von relevantem, unternehmensexternem Wissen mit unternehmensinternem Wissen und dessen Überführung in wertsteigernde Ergebnisse zugeschrieben. Diese Prozesse werden unter dem Begriff der Absorptionsfähigkeit diskutiert, womit das Erkennen, Aufnehmen, Anpassen und Verwerten von relevantem, externem Wissen im Unternehmen Absorptionsfähigkeit bezeichnet wird. sowie Arbeiten Abgeleitet zum aus den individuellen bisherigen und Arbeiten insbesondere zur zum organisationalen Lernen wurde für die vorliegende Arbeit Absorptionsfähigkeit als dreidimensionales Konstrukt definiert. Demnach wird in der ersten Phase neues Wissen außerhalb des eigenen Unternehmens identifiziert und seine Relevanz für das eigene Unternehmen bewertet. Dieses relevante, unternehmensexterne Wissen wird in der zweiten Phase durch Assimilation, Transformation und Diffusion in das Unternehmen aufgenommen und eingebunden, wo es in der dritten Phase zur Generierung neuen Wissens oder/und der Umsetzung in organisationale Routinen und Prozesse führt. Auf der Basis bisheriger Forschungserkenntnisse wurden dann Hypothesen zur Wirkung der organisationalen Absorptionsfähigkeit auf die Wahrnehmung eines Veränderungsbedarfes sowie einer Veränderbarkeit der Situation als Kennzeichen der Innovationsbereitschaft von Führungskräften abgeleitet. Dafür wurde zunächst das Modell der Innovationsbereitschaft differenziert, indem Indikatoren der Bewertungsprozesse eingeführt und Annahmen zur ihrem Einfluss auf den Ausgang der Bewertungsprozesse formuliert wurden. Darauf aufbauend wurde die Wirkung der Absorptionsfähigkeit entsprechend der drei Dimensionen differenziert. An einer für Deutschland nach Größe und Branche repräsentativen Stichprobe von 668 Geschäftsführern kleiner und mittlerer Unternehmen wurden die Hypothesen empirisch getestet. Die Daten aus der schriftlichen bzw. telefonischen, quantitativen Befragung wurden zur Überprüfung der Hypothesen mithilfe statistischer Softwarepakete ausgewertet. In einem ersten Analyseschritt konnte das Model der Innovationsbereitschaft empirisch getestet werden. Mit multiplen linearen Regressionen wurde analysiert, inwieweit der wahrgenommene Veränderungsbedarfes und die wahrgenommene Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation durch Indikatoren der Bewertungsprozesse vorhergesagt werden konnten. Abbildung 5-1 stellt die Ergebnisse dieser Analyse im Überblick dar. 198 5 Resümee Erster Bewertungsprozess Herausforderungen für das Unternehmen Unzufriedenheit mit der internen Leistungserstellg. Zweiter Bewertungsprozess Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskraft Engagement und Leistung der Mitarbeiter ß=.25** Fehlertoleranz im Unternehmen ß=.21** Wahrgenommener ß=-.14** Wahrgenommene Veränderungsbedarf Veränderbarkeit x der Unternehmenssituation der Unternehmenssituation Innovationsbereitschaft Abbildung 5-1. Zusammenfassung der Ergebnisse der multiplen linearen Regressionen zur Vorhersage des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes und der wahrgenommenen Veränderbarkeit durch die Indikatoren der beiden Bewertungsprozesse (ß=standardisiertes Regressionsgewicht, **p<.001) Der wahrgenommene Veränderungsbedarf wurde hypothesenkonform durch die Einschätzung von Herausforderungen für das eigene Unternehmen vorhergesagt, während die Unzufriedenheit mit den internen Leistungserstellungsprozessen aufgrund der Operationalisierung keine Wirkung entfaltete (vgl. dazu die Diskussion im Unterkapitel 4.3). Bezogen auf die Veränderbarkeit wirkte nur die Beurteilung der Mitarbeiterleistung entsprechend den Hypothesen, die aufgabenbezogene Selbstwirksamkeit der Führungskraft hatte keine Vorhersagekraft und die Fehlertoleranz wirkte entgegen der Erwartung negativ auf die Beurteilung von Veränderungsmöglichkeiten. Mit diesen Befunden lässt sich das Modell der Innovationsbereitschaft differenzierter beschreiben, wobei auf den weiteren Forschungsbedarf in Unterkapitel 5.2 eingegangen werden wird. Hauptziel der empirischen Untersuchung war es, die theoretisch erarbeitete Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften mithilfe mehrerer statistischer Verfahren zu überprüfen. Dabei zeigte sich, dass die erste Dimension der Absorptionsfähigkeit einen signifikanten Einfluss auf die Wahrnehmung eines Veränderungsbedarfes hat. Dieser Einfluss wurde zum Teil durch das Erkennen von Herausforderungen für das Unternehmen mediiert. Diese Mediation unterstützte die Annahme eines ersten Bewertungsprozesses zur Beurteilung der Soll-Ist-Differenz in der Unternehmenssituation, woraus der wahrgenommene Veränderungsbedarf resultiert. Weil die zugrundeliegende Stichprobe aus Geschäftsführern in KMU bestand, ist davon auszugehen, dass vorrangig deren individueller Zugang zu externem, neuem Wissen auf ihre Wahrnehmung 5 Resümee 199 eines Veränderungsbedarfes im eigenen Unternehmen einwirkt. Allerdings reichen diese Umweltkontakte nicht aus, um auch die Veränderbarkeit der unternehmensinternen Situation positiv zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist die zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit relevant. Wie die empirischen Daten belegten, wird die interne Situation veränderbarer erlebt, wenn Wissen und Informationen im Unternehmen systematisch ausgewertet und zwischen Mitarbeitern und zwischen Mitarbeitern und Führungskräften formell wie informell weitergegeben werden. Diese zweite Dimension der Absorptionsfähigkeit hatte dagegen keinen Einfluss auf die Wahrnehmung eines Veränderungsbedarfes. Während für die Wahrnehmung des Veränderungsbedarfes die Kontakte zur Unternehmensumwelt und dem dortigen neuen, relevanten Wissen grundlegend sind, müssen die Informationen und das Wissen im Unternehmen systematisch verarbeitet und verteilt werden, damit die Situation als veränderbar eingeschätzt werden kann. Diese Einschätzung wird zudem von der Beurteilung der Mitarbeiterleistung sowie der Fehlertoleranz beeinflusst. In Abbildung 5-2 werden die Ergebnisse der Strukturmodellierung auf das postulierte Wirkungsmodell übertragen. Absorptionsfähigkeit Erste Dimension: Erkennen von relevantem, unternehmensexternem Wissen Zweite Dimension: Aufnehmen von relevantem, unternehmensexternem Wissen γ=.50** γ=.44** Zweiter Bewertungsprozess Erster Bewertungsprozess Herausforderungen für das Unternehmen γ=.16* γ=-.19** Engagement und Leistung der Mitarbeiter γ=.09 γ=.15* Fehlertoleranz im Unternehmen γ=-.10* Wahrgenommener Wahrgenommene Veränderungsbedarf Veränderbarkeit x der Unternehmenssituation γ=.41** der Unternehmenssituation Innovationsbereitschaft Abbildung 5-2. Zusammenfassung der Ergebnisse der Strukturmodellierung zur direkten und indirekten Wirkung der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft von Führungskräften (γ=Pfadkoeffizient im Strukturmodell, *p<.01, **p<.001) 200 5 Resümee Die dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit, definiert als Generierung neuen Wissens und/oder der Umsetzung des neuen Wissens in unternehmensinterne Prozess- und Strukturveränderungen, zeigte nur zum Teil die erwartete Wirkung auf die Innovationsbereitschaft. So reduzierten bisherige Prozessinnovationen des Unternehmens erwartungskonform die Wahrnehmung eines Veränderungsbedarfes, während bisherige inkrementelle Prozess- und Strukturveränderungen des Unternehmens auf diese Einschätzung keine Auswirkung hatten. Dagegen führten sie zu einer höheren Beurteilung der Veränderbarkeit der Situation, wohingegen Prozessinnovationen hier keine Wirkung zeigten. Diese Ergebnisse werden in Abbildung 5-3 als Überblick dargestellt. Dritte Dimension der Absorptionsfähigkeit Inkrementelle Prozess- und Strukturveränderungen Prozessinnovationen ß=-.13** ß=.22** Wahrgenommene Wahrgenommener Veränderungsbedarf Veränderbarkeit x der Unternehmenssituation der Unternehmenssituation Innovationsbereitschaft Abbildung 5-3. Zusammenfassung der Ergebnisse der multiplen linearen Regressionen zur Vorhersage des wahrgenommenen Veränderungsbedarfes und der wahrgenommenen Veränderbarkeit aus der dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit (ß=standardisierter Regressionskoeffizient, **p<.001) Zusammengefasst bedeuten diese Ergebnisse, dass die Bereitschaft von Führungskräften für Prozessinnovationen durch die organisationale Absorptionsfähigkeit gefördert wird. Bezüglich der Innovationsbereitschaft ist dabei die Unterscheidung der zwei Bewertungsprozesse notwendig, da die Einschätzung des Veränderungsbedarfes und der Veränderbarkeit durch unterschiedliche Aspekte des Umganges mit Wissen determiniert werden. Eine höhere Innovationsbereitschaft, verursacht durch eine größere Absorptionsfähigkeit, resultiert vor allem aus der wahrgenommenen Veränderbarkeit, die mit zunehmender Absorptionsfähigkeit größer ausfällt als im Vergleich dazu der wahrgenommene Veränderungsbedarf der unternehmensinternen Situation. Grund hierfür ist die negative Wirkung bisheriger Prozessinnovationen als Bestandteil der dritten Dimension der 5 Resümee 201 Absorptionsfähigkeit auf die Bewertung der Veränderungsnotwendigkeit, wohingegen inkrementelle Prozess- und Strukturveränderungen im Unternehmen als anderer Bestandteil der dritten Absorptionsfähigkeitsdimension die Wahrnehmung der Veränderbarkeit positiv beeinflussen. Mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit wird somit das Verständnis der Innovationsbereitschaft von Führungskräften erweitert und Möglichkeiten für eine Förderung aufgezeigt. Auf die Implikationen für Forschung und Praxis wird im nächsten Unterkapitel noch genauer eingegangen. 5.2. Implikationen für Forschung und Praxis In diesem Unterkapitel werden aus den Befunden der Arbeit Implikationen für die Theoriebildung, die Forschungsmethodik sowie die Unternehmenspraxis abgeleitet. Dabei wird auf Grenzen der vorliegenden Untersuchung sowie den weiteren Forschungsbedarf kurz eingegangen. 5.2.1. Forschungstheoretische Implikationen Der Beitrag der vorliegenden Arbeit ist zunächst in der Verknüpfung von organisationaler Absorptionsfähigkeit mit der individuellen Bereitschaft von Führungskräften für Prozessinnovationen zu sehen. Durch diese Verknüpfung wurden übergeordnete Konzepte wie das organisationale Lernen mit individuellen Einstellungen in Verbindung gebracht, wodurch sich auch das Verständnis von innovationsförderlicher Führung erweiterte. Wie gezeigt wurde, führt die Auseinandersetzung mit relevantem, unternehmensexternem Wissen zu einer Steigerung der individuellen Innovationsbereitschaft. Damit könnte diese Bereitschaft von Führungskräften auch als Bindeglied zwischen organisationaler Absorptionsfähigkeit und der Innovativität eines Unternehmens fungieren. Deutlich wird bei solchen Überlegungen allerdings auch, dass die betrachteten Variablen miteinander in Wechselwirkung stehen. So sind bspw. Prozessinnovationen Bestandteil der dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit und werden gleichzeitig u. a. durch die Innovationsbereitschaft von Führungskräften determiniert. Diese Wechselwirkungen sind Teil der Realität, müssen für deren Erforschung jedoch transparent gemacht und die betrachteten Konstrukte so eindeutig wie möglich voneinander abgegrenzt werden. Wie notwendig hierfür ein konzeptionelles Vorgehen ist, das auf bisherigen Theorien und empirischen Befunden aufbaut, wurde in der vorliegenden Arbeit bei der Auseinandersetzung mit dem Konzept der Absorptionsfähigkeit deutlich. Trotz einer über 20jähriger Forschungstradition und einer kontinuierlichen Zunahme der empirischen Arbeiten zur Absorptionsfähigkeit, wird das Konzept trotz mehrerer zwischenzeitlicher Überarbeitungen noch immer nicht einheitlich verwendet und 202 5 Resümee operationalisiert. So unterscheidet sich bspw. das Verständnis von Transformation, womit entweder die Veränderung des externen Wissens durch seine Aufnahme in das Unternehmen bezeichnet wird oder aber die Veränderung des Unternehmens durch die Aufnahme des Wissens. Eine Lösung für diese Probleme bietet die Einordnung der Absorptionsfähigkeit in den größeren Kontext des organisationalen Lernens, wie sie in der vorliegenden Arbeit vorgenommen wurde. Daraus resultierte die Einteilung in die drei Dimensionen Erkennen, Aufnehmen und Verwerten externen, relevanten Wissens, welche dann als Wissensprozesse operationalisiert wurden. Hiermit wurde mit der vorliegenden Untersuchung das bisherige Spektrum der Messung von Absorptionsfähigkeit deutlich erweitert, was vor dem Hintergrund der guten Skaleneigenschaften als Fortschritt für dieses Forschungsgebiet zu werten ist. Für belastbare Aussagen sind auch weitere Arbeiten zum Konzept der Innovationsbereitschaft von Führungskräften notwendig, die auch eine Differenzierung zwischen der Bereitschaft von Führungskräften für organisationale Veränderungen und der Bereitschaft von Mitarbeitern hierfür leisten sollten. In der vorliegenden Studie wurde mit der organisationalen Absorptionsfähigkeit eine Determinante der Innovationsbereitschaft von Führungskräften herausgearbeitet. Neben dieser organisationalen Fähigkeit sind allerdings weitere Faktoren relevant, was auch aus der eher geringen Varianzaufklärung der Variablen Veränderungsbedarf und Veränderbarkeit in der vorliegenden Studie geschlossen werden kann. Wie Untersuchungen zur Veränderungsbereitschaft von Mitarbeitern zeigen, kommt hier der hierarchischen Position der Befragten und der damit verbundenen Aufgabengestaltung und Entscheidungsfreiheit ein großer Stellenwert zu. Für das Konzept der Innovationsbereitschaft bedeutet das, dass sich die Determinanten der Innovationsbereitschaft von Mitarbeitern und Führungskräften in bestimmten Aspekten unterscheiden. Wenn bei Führungskräften etwa der Autonomieaspekt gegeben ist, werden individuelle Merkmale wie die emotionale Grundstimmung oder das Ausmaß der lösungsorientierten Arbeitsweise bedeutsamer. Während sich die vorliegende Arbeit auf die kognitive Informationsverarbeitung als Grundlage der Innovationsbereitschaft konzentrierte, sollte darauf aufbauend die emotionale Komponente der Einstellung gegenüber organisationalen Veränderungen in die Betrachtung einbezogen werden, wie es auch Gebert (2002) bereits andeutete. Notwendig erscheint in diesem Zusammenhang auch, die tatsächliche Überführung der Innovationsbereitschaft in innovationsförderliches Verhalten aufbauend auf dem hier vorgeschlagenen Modell empirisch zu prüfen, um über die bisherigen Arbeiten dazu hinauszugehen. Bezogen auf die Beurteilung des Veränderungsbedarfes und der Veränderbarkeit hat die vorliegende Arbeit gezeigt, dass zwischen den Beschreibungen der Bewertungsprozesse und deren Ergebnis zu differenzieren ist. Damit wurde deutlich, wie Innovationsbereitschaft sowohl als Zustand als auch Prozess definiert werden kann, womit die Arbeit eine Möglichkeit zur Differenzierung dieses Konzeptes lieferte. 5 Resümee 5.2.2. 203 Forschungsmethodische Implikationen Die Konstrukte Innovationsbereitschaft und Absorptionsfähigkeit wurden in der vorliegenden Arbeit auf allgemeiner organisationaler Ebene als subjektive Urteile der Geschäftsführer erfasst. Diese subjektive Erfassung erfolgte basierend auf dem Modell der individuellen Informationsverarbeitung, eine objektive Erfassung erschien hierfür nicht erforderlich. Gezeigt wurde, dass sich Innovationsbereitschaft durch Indikatoren der Bewertungsprozesse sowie deren Ergebnissen abbilden lässt. Die Arbeit lieferte damit eine Erweiterung und Systematisierung der bisherigen Operationalisierung von Innovationsbereitschaft, wobei die Erfassung der Bewertungsprozesse noch geschärft werden muss. Wenn Prozessinnovationen im Zentrum stehen, sollte der erste Bewertungsprozess zusätzlich zu den wahrgenommenen Herausforderungen anhand der Unzufriedenheit mit den internen Leistungserstellungsprozessen erhoben werden und für den zweiten Bewertungsprozess die individuellen Ressourcen wie Fähigkeiten, Fertigkeiten und die projektbezogene Selbstwirksamkeitserwartung detaillierter gemessen werden. Offen ist, wie groß die Unterschiede zwischen den Beurteilungen einer konkrete Prozessinnovation und der Beurteilung der allgemeinen Unternehmenssituation ausfallen. Abhilfe können hier Längsschnittsuntersuchungen bieten, die neben der aktuellen Innovationsbereitschaft auch das nachfolgende innovationsförderliche Verhalten sowie die Generierung und Implementierung von Prozessinnovationen berücksichtigen. Mit einer Längsschnittuntersuchung lassen sich zudem kausale Aussagen über die Wirksamkeit der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft ziehen. In der vorliegenden Untersuchung wurden die Daten nur zu einem Zeitpunkt erhoben, weshalb die Interpretation der Zusammenhänge als Ursache-Wirkungs-Beziehung nur unter Vorbehalt möglich ist. Da sich die kausalen Annahmen allerdings theoretisch begründen lassen sowie durch die Operationalisierung unterstützen ließen, erscheinen die Aussagen zum Einfluss der Absorptionsfähigkeit auf die Innovationsbereitschaft der Führungskräfte angemessen. Mit einer Erhebung beider Konstrukte zur mehreren Zeitpunkten könnten diese Annahmen jedoch empirisch untermauert werden. Bezüglich der Absorptionsfähigkeit wurde in dieser Arbeit eine Operationalisierung entwickelt und angewendet, die einerseits die Handlungen der Organisationsmitglieder als Ausgangsbasis nahm und andererseits den Prozesscharakter der Absorptionsfähigkeit abbildete. Damit wurde die Fähigkeit zum Erkennen, Aufnehmen und Verwerte externen, relevanten Wissens deutlich umfassender als in anderen Studien gemessen, welche z. B. nur von F&E-Ausgaben auf die Absorptionsfähigkeit von Unternehmen schlossen. Die Skalen zur Messung der ersten und zweiten Dimension erreichten dabei gute bis sehr gute Reliabilitätswerte, die Aufteilung der dritten Dimension in inkrementelle Prozess- und Strukturveränderungen sowie Prozessinnovationen war für die weiteren Analysen fruchtbar. 204 5 Resümee Somit liegt für den deutschsprachigen Raum ein reliables, prozessbezogenes Instrument zur Messung der Absorptionsfähigkeit vor, das für weitere quantitative Untersuchungen genutzt und angepasst werden kann. 5.2.3. Implikationen für die Unternehmenspraxis Für die Praxis in Unternehmen bedeuten die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zum Ersten, dass die Innovationsbereitschaft von Führungskräften sowohl durch die unmittelbare Beeinflussung dieser Personengruppe bspw. in Form von Weiterbildungsmaßnahmen erfolgen kann, als auch durch organisationale Prozesse und Strukturen, die eine Identifikation, Aufnahme und Verwertung von relevantem, unternehmensexternem Wissen im Unternehmen ermöglichen. So konnte gezeigt werden, dass sich die Kontakte zur Unternehmensumwelt und damit zu neuem, externem Wissen darauf auswirken, wie die Führungskraft den Veränderungsbedarf im Unternehmen einschätzt. Je umfangreicher die Kontakte des Unternehmens und der Führungskraft zur Umwelt sind, umso größer wird von der Führungskraft die Notwendigkeit einer Veränderung beurteilt, weil z. B. die Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenübersteht, deutlicher wahrgenommen werden. Allerdings reicht das Wahrnehmen eines Veränderungsbedarfes nicht dafür aus, dass die Führungskraft zu Prozessinnovationen im Unternehmen bereit ist. Vielmehr muss sie im zweiten Schritt die Veränderbarkeit der Situation positiv bewerten. Eine Möglichkeit, wie diese Einschätzung der Veränderbarkeit beeinflusst werden kann, besteht entsprechend den Ergebnissen dieser Arbeit darin, Wissen und Informationen im Unternehmen systematisch auszuwerten und den Austausch über Abteilungs- und Hierarchiegrenzen hinweg zu unterstützen. Im Sinne einer positiven Verstärkung fördern zudem erfolgreiche Veränderungen interner Strukturen und Prozesse das Vertrauen von Führungskräften in die Machbarkeit zukünftiger Veränderungen. Die Arbeit zeigt zusammengefasst, wie der Umgang mit neuem Wissen im Unternehmen die Innovativität fördern kann, indem durch die organisationale Absorptionsfähigkeit nicht nur die Innovativität unmittelbar positiv beeinflusst wird, sondern auch als vermittelnde Variable die Innovationsbereitschaft von Führungskräften durch sie erhöht wird. Wenn Unternehmen ihre Innovativität steigern möchten, sollten sie daher möglichst viele Möglichkeiten für den Kontakt mit neuem, relevantem Wissen in der Umwelt schaffen und gleichzeitig Strukturen bereitstellen, damit dieses Wissen im Unternehmen eingebunden und verwertet sowie die entsprechenden Prozesse und dafür zentrale Organisationsmitglieder gefördert und unterstützt werden können. 5 Resümee 5.3. 205 Fazit Die vorliegende Arbeit zeigt, dass sich die Förderung der Innovationsbereitschaft von Führungskräften durch die organisationale Absorptionsfähigkeit theoretisch begründen und empirisch bestätigen lässt. Dabei konnten die zugrundeliegenden Prozesse herausgearbeitet und die positive Wirkung einer systematischen Auseinandersetzung mit relevantem, unternehmensexternem Wissen belegt werden. Da die Innovationsbereitschaft eine zentrale Determinante des innovationsbezogenen Verhaltens der Führungskraft bildet, verdeutlichen die Ergebnisse auch, wie Prozesse und Strukturen auf Organisationsebene zu einer innovationsförderlichen Führung beitragen. Auf diese Weise lassen sich die organisationale Ebene, die Gruppenebene und die Ebene des Individuums konzeptionell miteinander verbinden. In Summe leistet die vorliegende Arbeit einen Beitrag zur Führungs- und Innovationsforschung, bietet aber auch Ansatzpunkte für die weitere Untersuchung der Absorptionsfähigkeit und dem ihr übergeordneten organisationalen Lernen. Literaturverzeichnis 207 Literaturverzeichnis Adams, R., Bessant, J. & Phelps, R. (2006). Innovation management measurement: A review. International Journal of Management Reviews, 8(1), 21–47. Ajzen, I. (1991). The theory of planned behavior. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 50(2), 179–211. Ajzen, I., & Fishbein, M. (1977). 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Mobilitätsanforderungen an Mitarbeiter (Außendienst, Homeoffice, Auslandsentsendung) 8. Preiswettbewerb 9. Qualitätswettbewerb 10. Innovationswettbewerb 11. Schrumpfende Märkte 12. Personalknappheit an unternehmensrelevanten Arbeitsmärkten 13. Demographiewandel 14. Neue Technologien 15. Sinkende Bereitschaft der Mitarbeiter, sich langfristig an das Unternehmen zu binden 16. Steigende Ansprüche der Mitarbeiter an ihre Arbeit [Wertewandel] 17. Wachsende Ansprüche der Vereinbarkeit von Familie und Beruf [Wertewandel] 18. Umwelt- und Ressourcenschutz (Klimawandel) 19. Wachsende globale Sicherheitsbedrohung 20. Zunehmendes Gesundheitsbewusstsein (Work-Life Balance) der Mitarbeiter 21. Neue Anforderungen durch das Internet (Web. 2.0: kollaborativ/interaktive Nutzer) 22. Rohstoffknappheit 23. Finanzierung 24. Konzentrationstendenzen/Fusionen 25. Börsenentwicklung 26. Alternde Belegschaften 27. Koordination von Prozessen an verschiedenen Standorten 28. Geschwindigkeit der Veränderungen in der Umwelt des Unternehmens 29. Ungewisse Rahmenbedingungen der Unternehmenstätigkeiten Anhang B B 229 Innovationsbereitschaft – Itemanalyse und Skalenbildung Wahrgenommener Veränderungsbedarf Abbildung B-1. Histogramm mit Normalverteilungskurve der aus 29 Items per Mittelwert gebildete Variable Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenübersteht. ( =5.68, SD=1.63; N=668; der Wert 0 bedeutet „keine Herausforderungen“, der Wert 10 „sehr viele Herausforderungen“) Beispiel für die Überprüfung der Ausreißer Im ersten Schritt wurden die Verteilungen aller 29 Items anhand der Boxplots analysiert. Ein Boxplot (vgl. Abbildung B-2) bildet gleichzeitig die Quartile (graues Rechteck) sowie den Median (Strich im Rechteck) als Lagemaße, als auch den Interquartilsabstand („Whiskers“, vertikaler Strich unterhalb des Rechtecks) als Streuungsmaß einer Kennwerteverteilung ab. Als Ausreißer gelten die Fälle, die den 1.5-fachen Interquartilsabstand unterhalb des ersten Quartils oder den 1.5-fachen Interquartilsabstand oberhalb des dritten Quartils außerhalb der Box liegen. Diese werden in Abbildung B-2 als Kreise unterhalb der vertikalen Linie des Interquartilsabstandes dargestellt. Extreme Ausreißer liegen jeweils den 3-fachen Interquartilsabstand außerhalb der Box und werden mit Sternchen gekennzeichnet. Die Zahlen neben den Ausreißern und Extremwerten geben die Fallnummer an. Ausreißer stellen untypische Werte dar, die Ergebnisse von statistischen Tests verzerren und so zu falschen Schlussfolgerungen führen können, wenn sie nicht entfernt werden (vgl. Bühner, 2006, S. 109 und Sedlmeier & Renkewitz, 2008, S. 190 ff.) Die Ausreißer-Analyse per Boxplot zählt zu den gängigsten Verfahren, wobei abhängig von der Verteilung alle Ausreißer oder nur die extremen Ausreißer entfernt werden und speziell bei nicht-normalverteilten Daten weitere Heuristiken angewendet werden können. 230 Anhang B Abbildung B-2. Boxplot für das Item 5.9 Qualitätswettbewerb als Herausforderung Da alle Items nicht normal verteilt waren, wurden die per Boxplot gefundenen extremen Ausreißer im zweiten Schritt mit dem Ausreißertest nach Walsh (1958) für nichtnormalverteilte Daten überprüft. Diesem Test liegt die Annahme zugrunde, dass Ausreißerwerte einer anderen Population entstammen als die restlichen Werte. Am Item 5.9 Qualitätswettbewerb wird das Vorgehen beispielhaft dargestellt. 1. Daten in aufsteigender Reihenfolge sortieren 2. Definition der Zahl möglicher Ausreißer anhand der Extremwerte im Boxplot: r=6 3. Berechnungen: 𝑐 = 𝑐𝑒𝑖𝑙(√2𝑛) 𝑐 = 𝑐𝑒𝑖𝑙(√2 ∙ 659) 𝑐 = 36 𝑎= 1+𝑏 √ 𝑘 =𝑟+𝑐 𝑘 = 6 + 36 𝑘 = 42 b2= 1 α 1 0.05 b2=20 b2= 𝑐−𝑏2 𝑐−1 𝑐−𝑏2-1 36 − 20 1 + √20 √ 36 − 1 𝑎= 36 − 20-1 𝑎 = 0.25 4. Die r=6 kleinsten Punkte sind Ausreißer, wenn gilt: xr-(1+a)xr+1+axk<0 Überprüfung: 0-1.25∙0+0.5∙5<0 1.25<0 Aussage trifft nicht zu, weshalb die r=6 kleinsten Werte keine Ausreißer sind und nicht ausgeschlossen wurden. Anhang B 231 Tabelle B-1. Ergebnisse der Faktorenanalyse zu 29 Herausforderungen, denen ein Unternehmen gegenüberstehen kann Items Faktoren 1 5.16 Steigende Ansprüche der Mitarbeiter an ihre Arbeit (Wertewandel) 5.17 Wachsende Ansprüche der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Wertewandel) 5.15 Sinkende Bereitschaft der Mitarbeiter, sich langfristig an das Unternehmen zu binden 5.20 Zunehmendes Gesundheitsbewußtsein (Work-Life Balance) der Mitarbeiter 5.9 Qualitätswettbewerb 5.10 Innovationswettbewerb 5.8 Preiswettbewerb 5.3 Neue Konsummuster 5.1 Veränderung der Kunden-/Vertriebs- und Lieferantenstruktur 5.2 Gesetzliche Regelungen oder rechtliche Vorgaben, Vorschriften 5.18 Umwelt- und Ressourcenschutz (Klimawandel) 5.22 Rohstoffknappheit 5.19 Wachsende globale Sicherheitsbedrohung 5.21 Neue Anforderungen durch das Internet (Web. 2.0: kollaborativ/interaktive Nutzer) 5.6 Internationalisierung der Märkte 5.7 Mobilitätsanforderungen an Mitarbeiter (Außendienst, Homeoffice, Auslandsentsendung) 5.4 Wandel zur wissensbasierten Wirtschaft 5.14 Neue Technologien 5.29 Ungewisse Rahmenbedingungen der Unternehmenstätigkeiten 5.28 Geschwindigkeit der Veränderungen in der Umwelt des Unternehmens 5.27 Koordination von Prozessen an verschiedenen Standorten 5.23 Finanzierung 5.13 Demographiewandel 5.12 Personalknappheit an unternehmensrelevanten Arbeitsmärkten 5.26 Alternde Belegschaften 2 3 4 5 6 7 8 .78 .77 .68 .50 .79 .65 .60 .54 .76 .64 .63 .63 .59 .53 .52 .76 .67 .51 .83 .70 .54 5.25 Börsenentwicklung 5.24 Konzentrationstendenzen/Fusionen 5.5 Zunehmend differenzierte Belegschaft (kultureller Hintergrund, Lebensentwürfe, Werte) 5.11 Schrumpfende Märkte .74 .54 .69 Anmerkungen. Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse. Rotationsmethode: Varimax mit Kaiser-Normalisierung. Die Rotation ist in 18 Iterationen konvergiert. Angegeben sind nur die Fatorladungen >.5 (vgl. Backhaus et al., 2006, S. 331). 232 Anhang B Tabelle B-2. Ergebnisse der Faktorenanalyse zu Wettbewerbsvorteilen eines Unternehmens Items Faktoren 1 6.2 Besonders eingespielte und professionelle Teams 6.4 Bessere interne Organisation und Arbeitsabläufe 6.7 Höhere Motivation und Loyalität der Mitarbeiter 6.6 Mitarbeiter mit besseren Kenntnissen und Fähigkeiten als der Wettbewerber 6.3 Höhere Lernfähigkeit der Mitarbeiter 6.10 Höhere Qualität 6.1 Bessere Fähigkeit, Kundenbedürfnisse zu erkennen und umzusetzen 6.5 Bessere Netzwerkbeziehungen/Kontakte 6.28 Professionellere Personalarbeit 6.26 Systematischere Marktbeobachtung als Konkurrenten 6.27 Besseres Ziel- und Rollenverständnis 6.30 Besondere Marketing/Vertriebsformen 6.19 Bessere Werbung/Marketing 6.29 Besseres Management/Geschäftsführung 6.25 Bessere Projektmanagementkompetenzen 6.24 Besonders gute funktionsübergreifende Arbeitsgruppen 6.20 Besondere Kundenzufriedenheit 6.22 Einen besonders engen Kundenkontakt 6.23 Besonders kreative Mitarbeiter 6.21 Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit des Unternehmens/Flexibilität 6.16 Zielgerichteter Umgang mit Wissen 6.18 Besonderes Know-how 6.12 Innovativere Produkte 6.11 Schnellere Entwicklung neuer Angebote 6.8 Höhere technische Reife der Produkte bzw. der Dienstleistung 6.14 Maßgeschneiderte Einzellösungen für Kundengruppen 6.17 Zusätzliche Angebote wie etwa Service / Wartung / Training 6.13 Geringe Produktionskosten 6.9 Günstigere Preise als die Hauptkonkurrenz 6.15 Kürzere Lieferzeiten als die Konkurrenz 2 3 4 5 .70 .65 .61 .61 .59 .52 .73 .67 .62 .61 .52 .52 .64 .61 .71 .59 .50 .68 .63 Anmerkungen. Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse. Rotationsmethode: Varimax mit Kaiser-Normalisierung. Die Rotation ist in 9 Iterationen konvergiert. Angegeben sind nur die Fatorladungen >.5 (vgl. Backhaus et al., 2006, S. 331). Anhang B 233 Tabelle B-3. Itemkennwerte für den Faktor Wettbewerbsvorteile durch neuartige Produkte/Dienstleistungen (Antwortskala vom Wert 0 „auf diesem Gebiet kein Wettbewerbsvorteil“ bis Wert 10 „sehr starker Wettbewerbsvorteil“) N Min Max SD Median Schiefe Kurtosis 6.12 Innovativere Produkte 566 0 10 6.23 2.91 7 -.65 -.53 6.11 Schnellere Entwicklung neuer Angebote 602 0 10 6.57 2.80 7 -.71 -.37 6.8 Höhere technische Reife der Produkte bzw. der Dienstleistung 595 0 10 6.63 2.73 7 -.82 .01 Tabelle B-4. Itemkennwerte für den Faktor Wettbewerbsvorteile durch kostengünstige Produktion (Antwortskala vom Wert 0 „auf diesem Gebiet kein Wettbewerbsvorteil“ bis Wert 10 „sehr starker Wettbewerbsvorteil“) N Min Max 6.13 Geringe Produktionskosten 534 0 10 6.9 Günstigere Preise als die Hauptkonkurrenz 620 0 10 SD Median Schiefe Kurtosis 5.08 3.30 5 -.15 -1.20 5.31 3.16 5 -.20 -1.04 Tabelle B-5. Skala Wettbewerbsvorteile durch die Entwicklung neuartiger Produkte/Dienstleistungen: Trennschärfe und interne Konsistenz (Cronbachs α=.76) Item Trennschärfe (korrigierte ItemSkala-Korrelation) Cronbachs Alpha, wenn Item weggelassen 6.12 Innovativere Produkte .67 .59 6.11 Schnellere Entwicklung neuer Angebote .62 .65 6.8 Höhere technische Reife der Produkte bzw. der Dienstleistung .49 .78 234 Anhang B Abbildung B-3. Histogramm mit Normalverteilungskurve der Skala Wettbewerbsvorteile durch die Entwicklung neuartiger Produkte/Dienstleistungen ( =6.48, SD=2.37, N=633; Wert 0 bedeutet „auf diesem Gebiet kein Wettbewerbsvorteil“, der Wert 10 bedeutet „sehr starker Wettbewerbsvorteil“) Abbildung B-4. Histogramm mit Normalverteilungskurve der Skala Wettbewerbsvorteile durch kostengünstige Produktion ( =5.22, SD=2.90, N=630; Wert 0 bedeutet „auf diesem Gebiet kein Wettbewerbsvorteil“, der Wert 10 bedeutet „sehr starker Wettbewerbsvorteil“) Anhang B 235 Wahrgenommene Veränderbarkeit Abbildung B-5. Histogramm mit Normalverteilungskurve des Items „[Unser] besseres Management/Geschäftsführung ist ein Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Hauptkonkurrenten“ zur Operationalisierung der aufgabenbezogenen Selbstwirksamkeitserwartung des Geschäftsführers ( =6.89, SD=2.63, N=641; Wert 0 bedeutet „auf diesem Gebiet kein Wettbewerbsvorteil“, der Wert 10 bedeutet „sehr starker Wettbewerbsvorteil“) Tabelle B-6. Itemkennwerte für den Faktor Wettbewerbsvorteile durch Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter (Antwortskala vom Wert 0 „auf diesem Gebiet kein Wettbewerbsvorteil“ bis Wert 10 „sehr starker Wettbewerbsvorteil“) N Min Max SD Median Schiefe Kurtosis 6.2 Besonders eingespielte und professionelle Teams 651 0 10 7.96 1.99 8 -1.46 2.77 6.3 Höhere Lernfähigkeit der Mitarbeiter 651 0 10 6.84 2.35 7 -.83 .57 6.6 Mitarbeiter mit besseren Kenntnissen und Fähigkeiten als der Wettbewerber 647 0 10 7.44 2.42 8 -1.18 1.08 6.7 Höhere Motivation und Loyalität der Mitarbeiter 654 0 10 7.71 2.10 8 -1.16 1.53 6.24 Besonders gute funktionsübergreifende Arbeitsgruppen 606 0 10 6.54 2.63 7 -.87 .21 236 Anhang B Abbildung B-6. Histogramm mit Normalverteilungskurve der neu gebildeten Skala Mitarbeiterleistung als Ressource für Veränderungen im Unternehmen ( =7.32, SD=1.84, N=658; Wert 0 bedeutet „auf diesem Gebiet kein Wettbewerbsvorteil“, der Wert 10 bedeutet „sehr starker Wettbewerbsvorteil“) Tabelle B-7. Itemkennwerte für den Fragen nach der Fehlertoleranz im Unternehmen (nach der Umkodierung bedeutet der Antwortwert 0 „trifft voll und ganz zu“ und der Wert 10 „trifft gar nicht zu“, weshalb eine hohe Ausprägung der Items eine hohe Fehlertoleranz abbildet) N Min Max 13.2R Bei uns dürfen keine Fehler gemacht werden. [umkodiert] 665 0 10 13.9R Bei uns werden Fehler konsequent sanktioniert. [umkodiert] 663 0 10 SD Median Schiefe Kurtosis 6.77 3.14 8 -.77 -.57 6.72 2.88 7 -.70 -.52 Abbildung B-7. Histogramm mit Normalverteilungskurve der neu gebildeten Skala Fehlertoleranz im Unternehmen ( =6.75, SD=2.47, N=667; Wert 0 bedeutet geringe Fehlertoleranz, Wert 10 bedeutet sehr hohe Fehlertoleranz) Anhang C C 237 Absorptionsfähigkeit – Itemanalyse und Skalenbildung Tabelle C-1. Itemkennwerte für die Skala Absorptionsfähigkeit 1-Erkennen (11-stufige Antwortskala, der Wert 0 bedeutet „kein Stellenwert im Unternehmen“, der Wert 10 bedeutet „sehr hoher Stellenwert“) N Min Max SD Median Schiefe Kurtosis 8.4 Intern: Nutzung von Lernprogrammen/neuen Medien 658 0 10 4.27 3.24 4 .15 -1.22 8.1 Extern: Analyse und systematische Auswertung von Kundenreklamationen 662 7.63 2.70 8 -1.20 .65 8.2 Extern: Direkter Kontakt zu Kunden 664 0 10 9.09 1.55 10 -2.81 10.62 8.3 Extern: Kundenbefragung 665 0 10 6.27 3.26 7 -.57 -.89 8.4 Extern: Lernen durch Kontakt zu Lieferanten 653 0 10 5.83 3.19 7 -.51 -.90 8.5 Extern: Kooperation mit Kritikergruppen (User groups/Pressure groups) 635 0 10 3.10 3.19 2 .60 -.97 8.6 Extern: Open Innovation: Nutzung der Außenwelt für eigene Innovationsprozesse 639 0 10 4.15 3.22 5 .11 -1.27 8.7 Extern: Analyse des Wettbewerberverhaltens 658 0 10 5.70 3.06 8 -.43 -.92 8.12 Extern: Informationssuche im Intranet, Internet oder auf Wissensplattformen 665 0 10 6.71 3.05 8 -.93 -.16 8.13 Extern: Lesen von Fachzeitschriften 667 0 10 7.27 2.43 8 -1.00 .57 11.12 Regelmäßige Gespräche mit externen Experten und Beratern 656 0 10 4.37 3.10 5 .08 -1.15 11.14 Erfahrungsaustausch auf Kongressen und Tagungen 661 0 10 4.75 2.95 5 -.05 -1.01 11.16 F&E-Kooperationen mit anderen Unternehmen 648 0 10 2.51 3.01 1 .98 -.24 11.17 Erfahrungsaustausch in Web 2.0 (z. B. in Foren / Chats / Blogs/ Newsgroups) 655 0 10 2.09 2.69 1 1.19 .37 238 Anhang C Abbildung C-1. Histogramm mit Normalverteilungskurve der Skala Absorptionsfähigkeit 1Erkennen von externem Wissen ( =5, SD=1.77, N=668; der Wert 0 bedeutet keine Absorptionsfähigkeit vorhanden, der Wert 10 bedeutet maximale Absorptionsfähigkeit vorhanden) Tabelle C-2. Itemkennwerte für die Skala Absorptionsfähigkeit 2A_Systematik: Systematische unternehmensinterne Auswertung von Informationen und Wissen (11-stufige Antwortskala, der Wert 0 bedeutet „kein Stellenwert im Unternehmen“, der Wert 10 bedeutet „sehr hoher Stellenwert“) N Min Max SD Median Schiefe Kurtosis 8.15 Intern: Nachbereitung von Seminaren, Tagungen etc. zur Ableitung von Handlungskonsequenzen 659 0 10 4.85 3.18 5 -.10 -1.17 8.22 Intern: Identifikation von Mitarbeitern mit besonderen Kompetenzen 664 0 10 6.84 2.55 7 -1.06 .70 8.8 Extern: Einschätzung zukünftiger Markt- und Technologieentwicklungen 654 0 10 6.01 3.08 7 -.65 -.66 8.9 Extern: Durchführung von Marktforschung 654 0 10 3.04 3.15 2 .72 -.74 11.1 Erkennen von internen Experten und Erfahrungsträgern im Unternehmen 657 0 10 6.02 3.01 7 -.65 -.58 11.15 Weitergabe von Wissen aus Weiterbildungen, Tagungen und Kongressen im Unternehmen 663 0 10 5.43 3.03 6 -.32 -.94 12.14 Aufbereitung und Dokumentation von Expertenwissen 658 0 10 5.30 3.15 6 -.29 -1.10 Anhang C 239 Abbildung C-2. Histogramm mit Normalverteilungskurve der Skala Absorptionsfähigkeit 2A_Systematik: Systematische unternehmensinterne Auswertung von Informationen und Wissen ( =5.36, SD=2.05, N=668; der Wert 0 bedeutet keine Absorptionsfähigkeit vorhanden, der Wert 10 bedeutet maximale Absorptionsfähigkeit vorhanden) Tabelle C-3. Itemkennwerte für die Skala Absorptionsfähigkeit 2B_Austausch: Formeller und informeller Austausch von Erfahrungen zwischen Organisationsmitgliedern (11-stufige Antwortskala, der Wert 0 bedeutet „kein Stellenwert im Unternehmen“, der Wert 10 bedeutet „sehr hoher Stellenwert“) N Min Max SD Median Schiefe Kurtosis 11.2 Austausch in Projektteams 651 0 10 5.12 3.43 5 -.22 -1.28 11.3 Austausch zwischen Projektteams 645 0 10 4.72 3.41 5 -.06 -1.34 11.4 Wissen- und Erfahrungsaustausch in hierarchie- und schnittstellenübergreifende Teams 646 0 10 5.57 3.16 6 -.44 -.94 11.6 Unternehmensinterne Wissensnetzwerke und Expertengruppen 643 0 10 4.19 3.41 4 .17 -1.36 11.7 Informeller Erfahrungsaustausch zwischen Mitarbeitern (Cafeteria, Pub, Sport etc.) 656 0 10 6.26 2.96 7 -.66 -.49 11.8 Erfahrungsaustausch mit Kollegen 662 0 10 7.62 2.01 8 -.94 .79 11.9 Erfahrungsaustausch mit Vorgesetzten 661 0 10 7.50 2.25 8 -1.17 1.30 11.10 Erfahrungsaustausch durch Arbeitsplatzwechsel (Job Rotation) 652 0 10 3.62 3.36 3 .43 -1.18 240 Anhang C Abbildung C-3. Histogramm mit Normalverteilungskurve der Skala Absorptionsfähigkeit 2B_Austausch: Formeller und informeller Austausch von Erfahrungen zwischen Organisationsmitgliedern ( =5.60, SD=2.13, N=665; der Wert 0 bedeutet keine Absorptionsfähigkeit vorhanden, der Wert 10 bedeutet maximale Absorptionsfähigkeit vorhanden) Tabelle C-4. Itemkennwerte für die Skala Absorptionsfähigkeit 2C_Technik: Technische Möglichkeiten zur Speicherung und Verteilung von Informationen (11-stufige Antwortskala, der Wert 0 bedeutet „kein Stellenwert im Unternehmen“, der Wert 10 bedeutet „sehr hoher Stellenwert“) N Min Max 11.13 Austausch mit Hilfe von Projektdatenbanken 647 0 10 11.18 Einsatz moderner Informationsund Kommunikationstechnologien zum Wissen- und Informationsaustausch 659 0 12.10 Nutzung von elektronischen Datenbanken im Unternehmen 655 12.11 Nutzung strukturierter Ablagen mit Register, Suchbegriffen oder Schlagworten 12.2 Dokumentation von Projekten und Erfahrungen SD Median Schiefe Kurtosis 2.91 2.97 2 .71 -.64 10 5.33 3.35 6 -.26 -1.26 0 10 6.61 3.27 8 -.81 -.58 657 0 10 6.16 3.24 7 -.59 -.88 659 0 10 6.24 2.99 7 -.63 -.58 Anhang C 241 Abbildung C-4. Histogramm mit Normalverteilungskurve der Skala Absorptionsfähigkeit 2C_Technik: Technische Möglichkeiten zur Speicherung und Verteilung von Informationen ( =5.46, SD=2.30, N=666; der Wert 0 bedeutet keine Absorptionsfähigkeit vorhanden, der Wert 10 bedeutet maximale Absorptionsfähigkeit vorhanden) Abbildung C-0-5. Histogramm mit Normalverteilungskurve der Skala Absorptionsfähigkeit 2_Gesamt als Mittelwert der drei Subskalen AF2_A, AF2_B und AF2_C ( =5.47, SD=1.90, N=668; der Wert 0 bedeutet keine Absorptionsfähigkeit vorhanden, der Wert 10 bedeutet maximale Absorptionsfähigkeit vorhanden) 242 Anhang C Tabelle C-5. Itemkennwerte für die Skala Absorptionsfähigkeit 3-Verwerten (11-stufige Antwortskala, der Wert 0 bedeutet „kein Stellenwert im Unternehmen“, der Wert 10 bedeutet „sehr hoher Stellenwert“) N Min Max SD Median Schiefe Kurtosis 8.16 Intern: kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse (KVP) 658 0 10 6.20 2.91 7 -.64 -.47 8.20 Intern: Anpassung von Verfahren und Abläufen aufgrund der Anregungen von Mitarbeitern 663 0 10 6.79 2.50 7 -.99 .55 8.10 Extern: Übertragung von erfolgreichen Konzepten anderer auf unser Unternehmen (Best Practice) 658 0 10 5.40 3.05 6 -.42 -.96 8.11 Extern: Nutzung externer Patente oder Lizenzen für eigene Produktentwicklung 638 0 10 1.68 2.71 0 1.56 1.26 13.18R Es gibt in unserem Unternehmen nur wenige neue Ideen und Verbesserungsvorschläge. [umkodiert]83 664 0 10 6.79 2.62 7 -.52 -.72 15.5 Wir verschaffen uns durch neue Verfahren, Methoden oder Herstellungsprozesse fast immer einen Marktvorteil. 520 0 10 4.88 3.15 5 -.21 -1.20 83 Antworten wurden entsprechend der Richtung der anderen Items umkodiert, der neue Wert 0 bedeutet wenige Ideen und Verbesserungsvorschläge, der neue Wert 10 bedeutet viele Ideen und Verbesserungsvorschläge. Anhang C 243 Abbildung C-6. Histogramm mit Normalverteilungskurve für das Item Prozessinnovationen – „Wir verschaffen uns durch neue Verfahren, Methoden oder Herstellungsprozesse fast immer einen Marktvorteil.“ ( =4.88, SD=3.15, N=520; der Wert 0 bedeutet „triff gar nicht zu“, der Wert 10 bedeutet „trifft voll und ganz zu“) Abbildung C-7. Histogramm mit Normalverteilungskurve für die Skala Absorptionsfähigkeit 3Verwerten_KVP ( =.13, SD=2.26, N=667; der Wert 0 bedeutet geringer Stellenwert von kontinuierlichen Prozessverbesserungen im Unternehmen, der Wert 10 bedeutet sehr hoher Stellenwert im Unternehmen) Anhang D D 245 Überprüfung der Hypothesen Regressionsanalysen Zur Vorhersage der Veränderbarkeit aus der zweiten und dritten Dimension der Absorptionsfähigkeit a) b) Abbildung D-1. a) Histogramm der Residuen mit Normalverteilungskurve b) Streudiagramm mit vorhergesagten Werten und Residuen Zur Vorhersage der Veränderbarkeit aus den Subskalen der zweiten Dimension der Absorptionsfähigkeit a) b) Abbildung D-2. a) Histogramm der Residuen mit Normalverteilungskurve b) Streudiagramm mit vorhergesagten Werten und Residuen 246 Anhang D Tabelle D-1. Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse zur Struktur der ersten Dimension der Absorptionsfähigkeit Items Faktoren 1 8.4 Intern: Nutzung von Lernprogrammen/neuen Medien .41 8.6 Extern: Open Innovation: Nutzung der Außenwelt für eigene Innovationsprozesse .48 11.12 Regelmäßige Gespräche mit externen Experten und Beratern .43 11.12 Regelmäßige Gespräche mit externen Experten und Beratern .43 11.14 Erfahrungsaustausch auf Kongressen und Tagungen .56 11.16 F&E-Kooperationen mit anderen Unternehmen .72 11.17 Erfahrungsaustausch in Web 2.0 (z. B. in Foren / Chats / Blogs/ Newsgroups) .73 2 8.1 Extern: Analyse und systematische Auswertung von Kundenreklamationen .67 8.3 Extern: Kundenbefragung .61 8.4 Extern: Lernen durch Kontakt zu Lieferanten .54 8.7 Extern: Analyse des Wettbewerberverhaltens .57 3 8.12 Extern: Informationssuche im Intranet, Internet oder auf Wissensplattformen .40 8.13 Extern: Lesen von Fachzeitschriften .94 Anmerkungen. Extraktionsmethode: Hauptachsen-Faktorenanalyse. Rotationsmethode: Promax mit KaiserNormalisierung. Die Rotation ist in 5 Iterationen konvergiert. Angezeigt werden Faktorladungen >.39, nicht zugeordnert werden konnte Item 8.5 Extern: Kooperation mit Kritikergruppen (User groups/Pressure group).