Auswirkungen der Digitalisierung auf die Dienstleistungsbranche

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Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss
CCMI/136
Auswirkungen der
Digitalisierung auf die
Dienstleistungsbranche
und die Beschäftigung
Brüssel, den 30. Juli 2015
Informationsvermerk
(510. Plenartagung)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema Auswirkungen
der Digitalisierung auf die Dienstleistungsbranche und die Beschäftigung im Rahmen des
industriellen Wandels
STELLUNGNAHME: EESC-2015-00765-00-00-AS
1.
Verfahren
Rechtsgrundlage:
Artikel 29 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Beschluss des Plenums:
22. Januar 2015
Zuständig:
Beratende Kommission für den industriellen Wandel (CCMI)
Vorsitzender der CCMI:
Herr Trias Pintó (ES-Gr. III)
Regelung der Arbeiten der
CCMI:
28. Januar 2015
Studiengruppe:
Auswirkungen der
Digitalisierung auf die
Dienstleistungsbranchen und
die Beschäftigung
Vorsitzender:
Joost van Iersel (NL-Gr. I)
Berichterstatter:
Ko-Berichterstatter:
Herr Greif (AT-Gr. II)
Herr Leo (AT-Kat. 3)
Mitglieder:
Anča, Gunta (LV-Gr. III)
Lemercier, Jacques (FR-Gr. II)
Metzler, Arno (DE-Gr. III)
(für Panagiotis, Gkofas, Art. 62 Abs. 3 GO)
Strautmanis, Gundars (LV-Gr. I)
Atanasov, Rumen (BG-Kat. 1)
Gendre, Pierre (FR-Kat. 2)
Jarré, Dirk (DE-Kat. 3)
van Laere, Hilde (BE-Kat. 1)
Vāntti, Sauli (FI-Kat. 2)
STELLUNGNAHME von der Beratenden Kommission für den industriellen Wandel am
15. Juli 2015 mit 16 gegen 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen ANGENOMMEN
CCMI/136 – EESC-2015-00767-00-03-NISP-TRA (EN) 1/3
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DE
Sachverständige
Herr Schenk (für den Berichterstatter)
Herr Zibell (für Gruppe II)
Herr Normunds (für Gruppe I)
2.
Hintergrund
Digitale Technologien sind mittlerweile so weit ausgereift, dass sie in vielen Branchen der
verarbeitenden Industrie und des Dienstleistungsgewerbes einsatzfähig sind. Wie in zahlreichen
Stellungnahmen der CCMI über die europäischen Industrie- und Dienstleistungssektoren dargestellt
wurde, ist die fortlaufende Digitalisierung etlicher Bereiche gerade auch für den Arbeitsmarkt nicht
unproblematisch.
Zusammengenommen könnte dieser Wandel der Arbeitsorganisation und der Gesamtbeschäftigung
erhebliche positive, aber auch negative Folgen haben. Einerseits könnte er die Autonomie der
Arbeitskräfte verbessern und zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben beitragen. Andererseits ist
zu befürchten, dass die Sozialsysteme und die Qualität der Beschäftigung in Europa unter Druck
geraten, weil bestehende Mechanismen der Tarifverhandlungen ausgehebelt werden, die Einnahmen
der Steuer- und Sozialversicherungssysteme einbrechen sowie die Rechte und die betriebliche
Mitbestimmung der Arbeitnehmer unterminiert werden. Da diese Veränderungen der Arbeits- und
Beschäftigungsbedingungen in hohem Maße davon abhängen, wie die digitalen Technologien die
Wirtschaftszweige verändern, ist es entscheidend, einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen, um
Prognosen für die Zukunft der Beschäftigung aufzustellen, indem die Auswirkungen auf die
Beschäftigung absehbarer technologiebedingter Entwicklungen in spezifischen Sektoren aufgezeigt
werden. Dies kann erreicht werden, indem vorhandene Erkenntnisse über künftige Entwicklungen
derjenigen Branchen herangezogen werden, die am stärksten vom Digitalisierungstrend betroffen
sind, darunter Handel und Finanzen.
3.
Wesentlicher Inhalt der Stellungnahme des Ausschusses
Die Digitalisierung verändert alle Gesellschafts- und Wirtschaftsbereiche und wirkt sich damit
logischerweise auch auf Arbeit und Beschäftigung aus. Die Digitaltechnik kann den Wohlstand in
einem noch nie dagewesenen Umfang mehren sowie Qualität von Arbeit und Beschäftigung in Europa
fördern. Diese Chancen gehen jedoch Hand in Hand mit Risiken, die in sämtlichen
Wirtschaftsbranchen zutage treten, darunter auch in der privaten Dienstleistungsbranche.
Einerseits schaffen durch die Digitalisierung ermöglichte innovative Dienste und Geschäftsmodelle
bis dato unvorstellbare Zuwächse bei der Dienstleistungsproduktivität und verbessern die
Wahlmöglichkeiten der Verbraucher. Andererseits gehen einige Geschäftsmodelle mit neuen Arbeitsund Beschäftigungsformen einher, die die Einkommensunterschiede vergrößern und bewirken, dass
immer Arbeitnehmer keinen Zugang zu bestehenden Systemen der sozialen Sicherheit haben. Darüber
hinaus führt die Digitalisierung Schätzungen zufolge zu einem Rückgang des allgemeinen
Arbeitskräftebedarfs und somit zum Verlust von Arbeitsplätzen. Diese Entwicklungen stellen
wiederum die Wirksamkeit existierender Systeme der Berufsbildung, des Arbeitsplatzschutzes, der
sozialen Sicherheit und der Besteuerung auf die Probe.
Eine vorausschauende Politikgestaltung auf europäischer und nationaler Ebene kann und muss
sicherstellen, dass das offensichtliche Potenzial der Digitalisierung erschlossen wird und ihre Fallen
vermieden werden.
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Um die Arbeitnehmer in der EU mit den Fähigkeiten auszustatten, die sie im digitalen Zeitalter
benötigen, müssen öffentliche und private Investitionen in die Berufsbildung gefördert werden. Auch
sollte ein EU-Rechtsrahmen zur Gewährleistung eines Mindestanspruchs auf bezahlten
Bildungsurlaub erwogen werden.
Bessere Statistiken und Untersuchungen sind notwendig, um die Folgen der Digitalisierung für die
Polarisierung der Arbeitsorganisation und der Einkommen genauer zu beschreiben.
Die Einführung neuer Formen der Arbeitsorganisation sollte Verhandlungen zwischen den
Sozialpartnern unterliegen, um sicherzustellen, dass die Arbeitsplatzqualität durch neue Formen der
digitalisierten Arbeitsorganisation verbessert und eben nicht verschlechtert wird.
Es sollte erwogen werden, die Definition des Arbeitnehmerstatus anzupassen, um zu gewährleisten,
dass der Besitzstand von Arbeitsgesetzen auf den gesamten Arbeitsmarkt anwendbar ist, u.a. auf die
Arbeitnehmer in den neuen Beschäftigungsverhältnissen, die infolge der Digitalisierung stark
zunehmen.
Die EU, die nationalen Regierungen und die Sozialpartner sollten Diskussionen einleiten, um
politische Maßnahmen und Rechtsbestimmungen festzulegen, mit denen für sämtliche
Arbeitnehmer - einschließlich derjenigen in nichtstandardmäßigen Beschäftigungsverhältnissen - ein
gesetzlicher Sozialversicherungsschutz auf hohem Niveau sichergestellt wird.
Zur Stärkung der Beschäftigung trotz sinkenden Arbeitskräftebedarfs müssen das Instrument der
Arbeitszeitverkürzung im Wege von Tarifverhandlungen oder gesetzlichen Vorschriften sowie
öffentliche Investitionen in die beschäftigungsfördernde Innovation und die Schaffung von
Arbeitsplätzen in Betracht gezogen werden.
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