Systemische Begleitung in Trauer Abschlussarbeit 2012 Sandra Stählin Themen-Übersicht: -Wie ich dazu kam -Theorie, Verlust eines Kindes/Geschwisters -Kinder und Jugendliche- Besondere Achtsamkeit in Trauersituationen -Auftragsklärung -Setting -Genogramm -Symbole und Rituale -Hypothesenbildung -Die fünf Freiheiten Wie ich dazu kam (inkl. Fallbeispiel und Fazit): Thema fing mich an zu interessieren, da ich in meinem nächsten Umfeld Menschen kannte die eine Person durch plötzlichen Tod verloren hatten. Wie ich solchen Menschen in ihrem Leid begegnen sollte, wusste ich aber nicht wirklich. Daraus entstanden dann leider auch Fehler in der (nicht)Begegnung mit ihnen…. Fallbeispiel: Ehepaar mit zwei Kindern (Mädchen 15/17) -> Eheprobleme, Frau fühlte sich von Mann unverstanden, war kein grosser Redner Auftrag erhielten wir von unserer Kirchgemeinde bei der sich die Ehefrau für Eheseelsorge angemeldet hat. Erstgespräch erfolgte mit ganzer Familie, danach kam Ehepaar alleine um an ihren Problemen zu arbeiten. Die 4.Sitzung mussten sie dann absagen da die ältere Tochter hohes Fieber hatte und es ihr gesundheitlich schlecht ging (man nahm an das es eine etwas aggressivere Grippe war). Es wurde abgemacht dass sie sich für einen neu Termin wieder bei uns melden sollten sobald es der Tochter besser gehe. Drei Wochen später erhielten wir die Nachricht über die Kirchgemeinde dass die Tochter gestorben sei. Die Kirchgemeinde riet uns, da unser Auftrag das Ehepaars in ihren Kommunikationsprobleme zu begleiten massiv in den Hintergrund gerückt war, uns zur Zeit zurückzuziehen. Stattdessen würde ein Leiter-Ehepaar aus der Kirchgemeinde, das im selben Dorf wie die Trauerfamilie wohnt die enge Begleitung in dieser schwierigen Zeit übernehmen. Das war okay so für uns und gingen davon aus das dies durch die Gemeinde, so wie besprochen, mit der Familie kommuniziert würde. Marcel nahm an Beerdigung teil, kondolierte am Grab aber nicht persönlich da es sehr viele Personen hatte. Zwei Wochen nach der Beerdigung sendete ich Ihr ein „wir denken an Euch SMS“ (leider mit einer veralteten Natel-Nummer), weitere zwei Wochen später eine Kondolenzkarte wo wir sie auch nochmals ermutigten sich bei uns zu melden sobald sie es mit der Eheseelsorge wieder weiterfahren möchten. Trotzdem liess mich ein ungutes Gefühl nicht los, der Familie doch mal noch persönlich unser Beileid auszudrücken. So gab ich mir einen Ruck und rief bei Ihnen an um einen Termin zu vereinbaren um ein „Blümchen“ vorbei zu bringen. Das Telefonat verlief etwas wortkarg. Mehrere Male betonte sie explizit das sie als Familie im Moment mit sehr kompetenten Personen abgedeckt seien, die ähnliche Situationen durchgemacht hätten. Ein Besuch lehnte sie ab mit der Begründung das sie kräftemässig noch nicht dazu bereit sei. Eheseelsorge würden sie aber gerne zu einem späteren Zeitpunkt wieder in Anspruch nehmen. Am Nachmittag erfuhren wir über eine dritt Person an einer Sitzung der Kirchgemeinde dass Sie von uns enttäuscht seien und sich im Stich gelassen fühlten, da wir uns nie gemeldet hätten….. Weiteres Vorgehen: -sofortige Kontaktaufnahme mit Trauerfamilie (-> wir haben etwas gehört was wir unbedingt mit Euch besprechen möchten, dies ist für unsere weitere Begleitung mit Euch enorm wichtig) = Klärungsgespräch Einiges klärte sich dann bei dieser Aussprache. Die Trauerfamilie wusste nichts von der Abmachung zwischen uns und der Kirchgemeinde, wovon wir eigentlich ausgingen. Auch das mit der veralteten Natelnummer klärte sich. Eine Entschuldigung unserer Seite war trotz allem angebracht da wir uns über einen längeren Zeitraum nicht bei Ihnen gemeldet haben. So entstand durch die Aussprache eine Entwirrung von Annahmen die in einer Trauerphase zusätzlich gewichtet werden. Fazit: -Trauernde Personen wollen in ihrer Trauer nicht alleine gelassen werden -Sie sind hoch sensibel, sehr verletzlich und registrieren alles was war oder eben nicht war -Trotz dem Wissen das die Trauernden gut begleitet werden, nachfragen wie es geht -Nicht davon ausgehen wenn alles gut aufgegleist wurde (Begleitung/Betreuung) das Alle im TrauerSystem davon wissen -Trauerphasen können Beziehungen näher zusammen oder aber auch auseinander bringen -Ehrlich hinschauen bei sich, wo nehme ich mich bewusst draus damit ich unangenehmen Situationen ( Bsp. Begegnung mit den Trauernden) aus dem Weg gehen kann Theorie: Trauer heisst Verlustverarbeiten von körperlichen und geistigen Fähigkeiten, von Lebenskonzepten, geliebten Menschen und von Lebensraum. (Impotenz, massive gesundheitliche Probleme, Zeugungsunfähig, plötzlich schwanger, Familiengründung kein Ehemann/Kinder, Tod eines nahestehenden Menschen, Altersheim, Umzug aus finanziellen oder beruflichen Gründen) Ein bis dahin gelebter Zustand ist nicht mehr möglich, Chaoszeiten, in denen man sich herumgewirbelt fühlt wie Herbstblätter im Wind. Sie müssen durchstanden, zum Teil schmerzhaft durchlitten werden, bis sich allmählich ein neues Gleichgewicht einstellt. Das kann nie das Alte sein, es ist ein um alle Erlebnisse, Erfahrungen, Erkenntnisse und Veränderungen erweiterter Zustand, der wiederum Ausgangspunkt für weitere Entwicklungen im System ist. Vertiefung: Verlust eines Kindes Was heisst das für das zurückgebliebene Geschwister: Über 1000 Kinder verlieren jährlich in der Schweiz einen Bruder oder Schwester. -Verlust einer geschwisterlichen Bindungsperson ( z.Bsp. Rolle der zu Beschützenden Schwester Spielgefährtin, Helfer) -Mit dem Geschwister verlieren überlebende Kinder immer auch ihre (früheren) Eltern.Tod lässt auch Eltern hilflos zurück. Sie kapseln sich in ihrer Trauer ab und verändern sich genau dann, wenn die überlebenden Geschwister die elterliche Liebe und Zuwendung am dringendsten benötigen. (Fachbegriff -> Doppelverlust) -Schuldgefühle wegen Geschwisterrivalitäten die vor dem Tod bestanden hatten -Veränderung der Beziehungsstruktur im engeren Familien und Bekanntenkreis, die vorher Sicherheit und Stabilität gegeben haben. (neue Rollenverteilung) -Raum zur Trauer wird vor allem der Mutter gewährt -> Du musst jetzt stark für die Eltern sein -über Jahre mit der intensiv emotionalen Präsenz des verstorbenen Geschwister in der Familie konkurenzieren.Sie werden mit Erwartungen aber auch Ängsten beladen, die eigentlich dem verstorbenen Geschwister gegolten hätten -Abhängigkeit der Eltern gegenüber bezüglich Trauermöglichkeiten.Wie geht die betroffene Familie damit um? Wie fest dürfen Trauerreaktionen inner- und ausserhalb der Familie zugelassen werden? Wie sehr dürfen Gefühle zugelassen werden? Darf man in der Familie über den Tod des verstorbenen sprechen? -Eltern entscheiden ob professionelle Hilfe zugezogen wird oder nicht -Änderung der Geschwisterposition (ein mittleres Kind ist plötzlich mit allen Konsequenzen das ältere) Was heisst das für die Eltern: Trauer von Eltern um ihr Kind ist ein überaus schmerzlicher und vielschichtiger Prozess. Ich behaupte sogar, das den Eltern nichts schlimmeres passieren kann, als ihr Kind zu verlieren. -Die Generationenfolge des Sterbens wird umgeworfen, das Kind muss vor seinen Eltern gehen. -Mit dem Kind verlieren die Eltern ein Teil ihrer Zukunft -Die Familie als Sinnvermittler und Wert ist in ihrem Zentrum durch den Tod getroffen und erweist sich als wackliger Rahmen -Eltern werden durch diesen Verlust auf sich selbst und ihre persönliche Trauer zurückgeworfen (besonders belastend bei Schuld- und Verantwortlichkeitsfragen) -Durch das Zurückfallen auf frühere Entwicklungsstufen stützen sich der Mann und die Frau auf Leitsätze und Gemeinschaften die ihnen auch in früheren Phasen ihrer Biographie wichtig gewesen war -unterschiedliche Abwehrmechanismen werden eingesetzt (das Leben muss weiter gehen, warum sollte ich traurig sein, es gibt eine Auferstehung nach dem Tod) -> Das gemeinsame Konstrukt-System , das das Paar entwickelt hat fällt auseinander Emotionaler Prozess durch den viele Paare überfordert sind: sucht Trost ist traurig A wird zurückgestossen zieht sich zurück zieht sich zurück wird zurückgestossen B ist traurig sucht Trost In seiner Trauer wendet sich der Partner an seine Partnerin und sucht Trost und Unterstützung. Diese ist aber in ihrer eigenen Trauer so gefangen, dass sie eine solche Unterstützung nur schwer geben kann. Der Partner der Hilfe sucht, wir dadurch enttäuscht und verletzt und zieht sich zurück. Wenn nun die Partnerin sich an den Partner wendet, erfährt sie dasselbe, und dies verstärkt das Gefühl, das sich in vielen Fällen bereits vor der schweren Krise hatte: Ihr Mann ist emotional unzugänglich und kann ihr die Unterstützung nicht geben, die sie benötigt. Auch sie zieht sich enttäuscht zurück. Nachbarn und Bekannte tun das ihre dazu, wenn sie die trauernden Eltern meiden, weil sie nicht wissen was sie sagen sollen (oder der Mann immer nur danach gefragt wird wie es der Frau, nie aber wie es ihm selber gehe). Ist dieser Zirkel erst einmal im Gang, besteht die Gefahr das es zu einer schweren Ehekrise kommt. Kinder und JugendlicheBesondere Achtsamkeit in Trauersituationen Besondere Achtsamkeit bei trauernden Kindern und Jugendlichen ist besonders notwendig: • bei plötzlichen, unvorhergesehenen Katastrophen wie zum Beispiel Unfällen mit Todesfolge, Suizid etc. Hier erhöht sich das Risiko für erschwerte Trauerreaktionen erheblich. • bei denjenigen, die ein eingeschränktes oder unzureichendes »soziales Netz« besitzen, da alternative Bindungsangebote fehlen. • bei Kindern im Vorschulalter, da diese dazu neigen, sich für die tragischen Ereignisse in ihrem Umfeld die Verantwortung (Schuld) zuzuschreiben (ist auch noch bei Älteren möglich!). • bei Bezugspersonen, die aufgrund des aktuellen eigenen – vielleicht durch Depression komplizierten – Trauererlebens an der Wahrnehmung der kindlichen Bedürfnisse gehindert sind. • bei Kindern und Jugendlichen aus Familien, die ein sogenanntes »geschlossenes System« (wenig Außenkontakte) mit wenig Möglichkeit zur »offenen« und »direkten« Kommunikation (Vielzahl von Tabuthemen) bilden. • bei Vorbelastungen (erhöhte Sterblichkeitsrate im familiären Umfeld, im Bekanntenkreis), die eventuell »retraumatisierend« wirken. • bei übermäßiger solitärer Beschäftigung mit »virtuellen Realitäten« anstelle begleiteter Lebenserfahrung. Grundsätzlich gilt trotz definierter Risiken: Vorverwundungen durch erlittene Verluste erzeugen »Vulnerabilitäten«, aber bahnen auch flexiblen und kreativen Bewältigungsstrategien den Weg! Jede Herausforderung aktualisiert ungeahnte Ressourcen beim Einzelnen und im System! Aus Krisen entwickeln sich Chancen! Auftragsklärung Analog der Overtüre einer Oper werden in der ersten Begegnung mit unserem Klientel die wesentlichen Themen angelegt und grundsätzliche Spielregeln eingeführt. Eine gründliche Auftragsklärung vermittelt dabei Transparenz, benennt Vereinbarungen und ist bereits eine erste Intervention. Kontaktperson • Wer nimmt Kontakt zu mir auf? • Sucht Anfrager für sich selbst Begleitung oder in welcher Rolle und Funktion und von wem ist er beauftragt? Kooperationsstrukturen • Wie kommt Anfrager auf mich? • Nimmt Anfrager freiwillig Kontakt auf oder auf nachdrückliche Empfehlung von wem? • Wenn Kontakt aufgrund von Empfehlung/Verordnung geschieht: Wie ist diese Person einzubeziehen? Sollte diese Kooperation besonders thematisiert oder verbessert werden (z. B. Helferkonferenz?) • Sind andere Behandlerinnen an diesem Fall beteiligt? Klärung der Rahmenbedingungen • Welche Kosten entstehen? Kostenübernahme klären. • Welcher Ort wird gewählt? • Wie lange soll die Begleitung dauern? Wann Kontrakt und Zwischenbilanz? • Wer gehört zum begleiteten System und wer wird sich wie aktiv beteiligen? • Verständigung über Arbeitsweise (z. B. Co-Arbeit, Methoden), zeitliche Gestaltung (z. B. Pausen), Live-Arbeit. • Dokumentation, eventuell Medien (z.B. Tonmitschnitt, Videoaufnahme, Publikation). Vorerfahrungen und Erwartungen • Bestehen bereits Vorerfahrungen mit Begleitung, Beratung, (Psycho-)Therapie? Wenn ja: Welche bei wem? • Was sollte in der Begleitung nicht verändert werden? • Was sollte in der Trauerbegleitung nicht geschehen? • Wer hat welche Erwartungen? • Was sollte unbedingt geschehen? • An welchen Kriterien soll sich eine erfolgreiche Zusammenarbeit messen lassen? Setting Auf folgende Aspekte des Familiensystems ist zu achten: Familienstruktur: -Welche Familienstruktur zeichnet sich im Gespräch ab und wie wird diese durch den Todesfall beeinflusst? -Wie steht es mit Subsystemen, Grenzen zwischen Generationen und innerhalb der Generationen, der Nähe- und Distanzregulierung, den Hierarchien, den Rollen (um)verteilungen, den Familienregeln (Ausdruck von Emotionen oder negative Wirklichkeitsaspekte) . -Bestehen Allianzen, Koalitionen, Triangulationen? -Wie wird Trauer ausgedrückt? -Wie reagieren andere darauf? Lebenszyklusphase: -In welcher Lebenszyklusphase trifft es die Familie? Ressourcen, Stressoren, Bewältigungsstrategie: -Welche Ressourcen bzw. erschwerenden Faktoren sind bei den einzelnen Personen , im Subsystem und Familiensystem vorhanden? Werkzeuge wie die Skizze eines Genogramms oder der Einbezug von Familienfotos können dabei hilfreich sein um zu verstehen was in dieser Familie mit und um die verstorbene Person geschehen ist und geschieht. Sie helfen Fragen zu stellen, Blockierungen in der familiären Rekonstruktion der Vergangenheit zu entdecken, anzusprechen oder zu lockern. Ausgeblendete Sichtweisen, verdrängte Geschichten oder Rollen im Familiensystem können so besser angesprochen werden. Zur Klärung systemischer Zusammenhänge dienen auch zirkuläre Fragen: Fragen nach den Veränderungen im System: -Was wird sich jetzt ändern in der Familie? Was wird fehlen? -Wer wird am ehesten das Fehlende ergänzen können oder wollen? Wer wird dies sicher nicht tun? -Für wen in dieser Familie ist dieser Todesfall am schlimmsten? Fragen nach der Bewältigung des Verlusts: -Auf welche Stärken, Ressourcen, welchen Glauben können sie sich einzeln oder als ganze Familie verlassen, um diesen Verlust zu verarbeiten? -Wie haben sie es geschafft , sich Zeit zu nehmen, alle hier zu sein? Fragen nach Ausnahmen: -Wenn ein Wunder geschehen würde, und sie könnten nochmals einen bestimmten Moment mit dem Verstorbenen erleben, welches wäre dieser Augenblick? -Was wäre ihnen besonders wichtig? Was würden sie anders machen? Zirkuläre Fragen: -Wenn der Verstorbene hier wäre: Was würde er selber über seinen Tod sagen? Worüber würde er sich besonders freuen? -Was würden andere aus der Familie, die jetzt nicht da sind, über den Verstorbenen sagen? Genogramm 1. Für das Genogramm wird die Familie der trauernden Eltern (Kernfamilie) und eventuell auch die Großelterngeneration aufgenommen. 2. Es wird eingezeichnet, wer in das Trauersystem eingeschlossen ist. 3. Die verschiedenen Rollen werden deutlich gemacht: – Wer vermutet bei wem die intensivste Beziehung zum Verstorbenen? – Wer wird von wem als der Haupttrauernde angesehen? – Wer hat die Rolle des Haupttrösters übernommen bzw. wem wurde sie zugewiesen? 4. Der Umgang mit der Trauer wird näher beschrieben: – Wo gibt es Unterschiede in der Art des Trauerns? – Gibt es Subsysteme? – Wie heißt das »Motto« des Trauersystems? 5. Als weitere Fragen zum Trauersystem bieten sich an: – Wer im Familiensystem wirkt unterstützend? Wie sieht diese Unterstützung aus? – Wer im Familiensystem wird als behindernd oder blockierend wahrgenommen? – Gibt es andere Todesfälle im Familiensystem? – Wenn es tote Kinder (auch Fehlgeburten, Totgeburten, Schwangerschaftsabbrüche) gab: Hatten die Kinder einen Namen? – Gab es eine Beerdigung des Kindes? Wer war dabei? – Wie wurde in den Herkunftsfamilien mit Tod und Trauer umgegangen? – Wer gibt außerhalb der Familie Trost und Unterstützung? (Angehörige, Freunde, Nachbarn, professionelle Helfer, Trauergruppe) – Mit wem besteht ein Konflikt? – Übernimmt jemand die Rolle des/der Verstorbenen? Wer? In welchen Bereichen? Standardisierte Darstellung: - Die Generationen sind jeweils in einer Linie von oben nach unten angeordnet. - Kinder werden den einzelnen Beziehungen zugeordnet, jeweils altersmäßig von links nach rechts. - Personendaten werden in die entsprechenden Symbole geschrieben (Geburtstag, Todestag) - Auf den Beziehungslinien (zusammenlebend, verheiratet, getrennt) werden die Daten (von … bis) vermerkt. - Diejenigen, die zusammen leben, werden gestrichelt umkreist. - Verbindungen der Systemmitglieder untereinander können nach ihrer erlebten Qualität farbig gekennzeichnet und somit differenziert dargestellt werden. - Frühere Lebensgemeinschaften, Ehen werden bei den entsprechenden Systemmitgliedern aufgenommen und mit Namen und Daten versehen. - Verstorbene, verschollene Mitglieder bleiben im System, ebenso Fehlgeburten, Abtreibungen. Symbole und Rituale – Anregungen für das Familiensystem Mit Hilfe von Symbolen und Ritualen kann das Familiensystem angeregt werden, lebensverändernde biografische Zäsuren und Verlusterfahrungen im Kindes- und Jugendalter zu würdigen und in den Familienalltag zu integrieren. 1. Aspekte, die das Andenken wahren und »Tradition« erhalten • Kontinuität von Familienfesten als zeremonieller Ritus: Stärkung der Familienzusammengehörigkeit/»Mitgliederliste«. • Beibehaltene Traditionen: – Weihnachtsbaum – jährlich wird die Glaskugelsammlung der Mutter ergänzt. – Am Geburtstag von Jonas werden seine »Schleich«-Figuren um ein neu erworbenes Tier erweitert. – Auch nach dem Tod wird an den Geburtstagen der Kinder/Geschwister für ein Geschenk »im Namen des Verstorbenen« gesorgt. • Übergangsobjekte: – Kleidung und andere symbolische Gegenstände werden »adoptiert« (Papas Wintersocken dienen als Hausschuhe/Leonis Sofadecke ist Metapher für gemeinsames Kuscheln und wärmt). • Verortung von Erinnerung: – Ein bestimmter Platz, zum Beispiel der Lehnstuhl der verstorbenen Großmutter wird ausgewählt für Familienkonferenzen (»Lagerfeuergespräche«). • Fundus: – »Wunderschrank«: Eine Truhe mit persönlichen Gegenständen, ein Karton mit Spielen, ein Instrument steht zur Verfügung, um sich die Person in einem Ritual zu »vergegenwärtigen« (s. Bilderbuch »Das O von Opa«). – Erinnerungstisch: Fotos und Lieblingsgegenstände werden jede Woche arrangiert, Objekte können ausgetauscht werden, neue (Reise-)Mitbringsel bereichern mit der Zeit das Arrangement. • Narrative Elemente: – Entwicklung einer Familienchronik, Lebensereignisse werden als »Fortsetzungsgeschichte« erzählt. – Stammbaum: Gemeinsames Recherchieren und Erstellen eines Familienstammbaumes (Fotos als »Baumfrüchte«). 2. Aspekte, die das »Freigeben«, das »Entlassen« und Neuorientieren erleichtern »Alte« Rituale können langsam verändert oder manchmal auch durch angemessene neu entstandene/ gestaltete Rituale ersetzt werden. Dazu einige Beispiele: • Verabschiedung: Unerledigtes, Bedrückendes, als schuldhaft Empfundenes wird wahrgenommen und in entsprechenden Form und Rahmengebung auf die Reise gebracht (ein kleines Schiffchen, eine Blume wird »flussabwärts« geschickt). Wichtige Mitteilungen, Botschaften, Wünsche werden an die Person gemalt oder geschrieben, an einem Ballon befestigt und in den Himmel entlassen. • Demonstratives Ritual zur »Verantwortungsübernahme«: Neuorganisation und Regelung des Alltags (Nachkommen von Pflichten, Existenzsicherung). • Veränderungen von Gewohnheiten: Tagesrhythmus, Sitzordnung, Essensgewohnheiten • Änderung der Position: bei Erweiterung der Familie durch Adoption, bei Wiederverheiratung, bei Auszug der erwachsenen Kinder, bei Verlust eines Geschwisters der Kinder, ein Paar bleibt kinderlos (zurück) – Transformationsereignisse betonen und Bestand und Komplexität der Beziehungen bestätigen; Gestaltung einer gemeinsamen Zeremonie der Neuordnung: offizielle Dokumente mit Unterschriften aller Beteiligter, Zeugen einladen, Erneuerung des Paarversprechens, Begrüßungsritual für Neuankömmling, Fest der Lebenden; symbolische Einbeziehung: Termin beim Fotografen/ Kinder bei der Zeremonie und Ringtausch dabei. • Zugehörigkeit nach innen und außen zeigen (Erstellung eines Familienwappens, jeder bekommt ein »Puzzlestück« vom Familienmosaik). • Betonung der Unterschiede: Durch den Tod eines Geschwisters kommt es oft zu einer großen Erschütterung der eigenen Identität und Versuchen, den Eltern das verstorbene Kind zu ersetzen, es müssen zum Beispiel genauso gute oder noch bessere Zensuren erzielt werden; Verhaltensverschreibung für gerade und ungerade Tage (Schriftprobe an Mo/Mi/Fr/So wie XY, Di/Do/Sa eigene Schrift); Förderung der jeweils individuellen Hobbys (»Mannschaftssport ist deine besondere Stärke«); Betonung der charakteristischen Eigenheiten durch »Zu-Widmung« von Auszeichnungen, Anerkennung per Urkunde. Die fünf Freiheiten (Virginia Satir ) Virginia Satir (1916–1988) hat ihre Haltung zu ihrer familientherapeutischen Arbeit in fünf Thesen formuliert, die sie gleichzeitig als Entwicklungsziele für ihr Klientel verstand. • Die Freiheit zu sehen und zu hören, was ist, statt zu sehen und zu hören, was sein sollte oder einmal sein wird. • Die Freiheit zu sagen, was du fühlst und denkst, statt zu sagen, was du darüber sagen solltest. • Die Freiheit zu fühlen, was du fühlst, statt zu fühlen, was du fühlen solltest. • Die Freiheit, um das zu bitten, was du möchtest, statt immer auf die Erlaubnis dazu zu warten. • Die Freiheit, um der eigenen Interessen willen Risiken einzugehen, statt sich dafür zu entscheiden, »auf Nummer Sicher zu gehen « und »das Boot nicht zum Kentern zu bringen«. Diese Freiheit wünsche ich uns allen! In Liebe Sandy