Recherche: Diversitätsdimension Religion an Universitäten in Österreich, 11.1.2016 Berücksichtigung der Diversitätsdimension Religion an österreichischen Universitäten: Universität Gebetsräume/Silent Room Akademie der Bildenden Künste Wien nein JKU Linz „interreligiöser Raum der Stille", im Studierendenheim Franz Jägerstätter, 3 min. Fußweg von JKU, betrieben von KHG nein mdw - Univ. für Musik u. darstellende Kunst Wien Medizinische Universität Graz Medizinische Universität Innsbruck Gebetsraum, der allen Konfessionen offen steht ? Weitere Aktivitäten nein Religion wurde bis jetzt nicht als Diversitätskategorie thematisiert. Auch an den anderen Kunstuniversitäten scheint die Div.kat. Religion keine Rolle zu spielen. JKU verweist auf der Website auf Im Umfeld der JKU sind die KHG und die EHG vertreten. Der das Seelsorge-Angebot der KHG Raum der Stille ist in der ehem. Hauskapelle der KHG unter(kath. Hochschulgemeinde) und EHG gebracht und scheint auch deshalb v.a. von der KHG genutzt (evang. Hochschulgemeinde) zu werden. nein Religion wurde bis jetzt nicht als Diversitätskategorie thematisiert. interkultureller Kalender wird an alle Dep. versandt Klinikseelsorge, von der Tiroler Kliniken GmbH betrieben Medizinische Universität Wien 4 Gebetsräume: kath. / evang. /jüd. / moslem. Klinikseelsorge, von AKH Wien angeboten. Technische Universität Wien nein nein TU Graz keine eigenen Räume an der TU Graz- siehe Anmerkung Universität für Bodenkultur Wien Zentrum der Seelsorge ist das ehem. KHG-Stud.heim, Peter Jordan-Str. 29, von der ÖAJB (Ö.Jung ArbeiterBewegung) verwaltet eigene kath. Universitätspfarre, keine Räume für andere Konfessionen Informationen zu „Religion und Weltanschauung“ im Intranet. Hinweise auf Angebote – siehe Anmerk. Seelsorge, Gottesdienste, Vorträge, Diskussionen und Filmveranstaltungen finden in EHG und im ÖJABStudentenhaus statt Universitätsmessen etc. Universität Innsbruck Anmerkung Universität Salzburg ? An der Theologischen Fakultät gibt es einige ökumenische und interreligiöse Veranstaltungen nein Universität Wien nein Wirtschaftsuniversität Wien Ökumenischer Raum der Seelsorge Mittagsbesinnung, Seelsorge, Got(für christliche Konf.); „Silent tesdienste, Vorträge, Diskussionen Room“ steht allen offen. und Filmveranstaltungen an WU Durch den Versand des interkult. Kalenders soll Sensibilisierung u. ev. Abstimmung der Prüfungstermine mit Feiertagen stattfinden. Klinikseelsorge bezieht sich auf kath. und evang. Seelsorge; auf Wunsch wird der Kontakt zu anderen Religionsgemeinschaften hergestellt. Angebote des AKH Wien, nicht der MedUni Wien; richten sich v.a. an PatientInnen und deren Angehörige; die Gebetsräume können auch von MitarbeiterInnen benutzt werden. Muslimische Studierendengemeinde möchte seit langem einen Gebetsraum, Rektorat lehnte bis jetzt ab. Die TU Graz verweist auf Angebote der KHG und des AfroAsiatischen Instituts (im AAI gibt es auch einen islamischen Gebetsraum). Seit kurzem gibt es eine eigene Mailingliste, An- und Abmeldungen sind nun möglich. An der Boku finden ähnliche Aktivitäten mit denselben Personen wie an der WU statt. Es gibt eine eigene Universitätspfarre mit Pfarrgemeinderat und KHJugend, inkl. Büros und Veranstaltungsraum, plus kath. Studentenheim. Veranstaltungen werden seit kurzem nicht mehr im universitätseigenen Eventkalender angekündigt. Religion ist im Rahmen des Diversitätsmanagement nicht topgereiht. Es gibt eine historisch gewachsene, starke Präsenz der KHG und (in geringerem Ausmaß der EHG) an der WU. Regelmäßiger Emailversand über Aktivitäten der KHG / EHG an alle MA. Rektorin versucht gegenzusteuern. 1 Recherche: Diversitätsdimension Religion an Universitäten in Österreich, 11.1.2016 Resümee der Recherche: Österreichische Universitäten weisen hinsichtlich der Präsenz (inter)religiöser Räume (ökumenische Räume, silent rooms, etc.) und Angebote große Unterschiede auf. Etliche der recherchierten Universitäten verzichten auf derartige Räume und verweisen auch nicht auf ihrer Website auf die Aktivitäten der unterschiedlichen konfessionellen Hochschulgemeinden. An anderen Universitäten wiederum zeigt sich schon im Internetauftritt durch entsprechende Informationen ein Nahverhältnis zur Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) und (in geringerem Ausmaß) zur Evangelischen Hochschulgemeinde (EHG). Die KHG ist „Kirche an der Universität“. Sie wurde 1945 von den Österr. Bischöfen in den Universitätsstädten Wien, Graz und Innsbruck als Zentren der Seelsorge für Studierende und Universitätsangehörige errichtet; sie bietet an österr. Hochschulstandorten Studierendenwohnheimplätze, Bibliotheken, Kapellen und Veranstaltungsräume an. Sie betreibt Universitätsseelsorge, ist ein Teilbereich der Erzdiözese Wien und in der Organisationsstruktur der kategorialen Seelsorge beheimatet. (http://www.khg.or.at/) Die WU wird auf der Website der KHG Wien als eines von insgesamt 8 Zentren genannt (neben u.a. dem Edith Stein Haus als Mittelpunkt der KHG zwischen Rathaus und Votivkirche, Karlskirche, einigen Studierendenheimen). Recherchen an österr. Universitäten haben ergeben, dass Religion als Dimension im Rahmen von Diversitätsmanagement selten und falls ja, in geringem Ausmaß berücksichtigt wird. An jenen Standorten, die aufgrund einer historisch gewachsenen Tradition eine stärkere Präsenz der katholischen Hochschulgemeinde / Religionsgemeinschaft aufweisen, wird kaum und erst seit kurzem versucht, „gegenzusteuern“. An manchen Standorten zielen vereinzelte Maßnahmen darauf ab, der religiösen Vielfalt Rechnung zu tragen und dem Prinzip der Parität zu entsprechen. Dieses Prinzip bezieht sich auf das Gleichbehandlungsgebot der verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und besagt, dass keine Religion- und Weltanschauungsgemeinschaft bevorzugt oder benachteiligt werden darf (siehe nachstehend: gesetzliche Grundlagen). Gesetzliche Grundlagen: Österreich ist ein christlich geprägtes Land mit einer Rechtsordnung, die von ihrer Verfassung her als religiös neutral zu qualifizieren ist (Bundeskanzleramt 2014, S. 7). Als rechtlicher Rahmen für das Verhältnis von Staat und Kirche in Österreich ist zunächst Art. 15 des Staatsgrundgesetzes von 1867 (StGG) zu nennen. Darin sind die Rechte verankert, die den staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften zukommen, daraus wird aber auch die öffentlich-rechtliche Körperschaftsqualität gesetzlich anerkannter Religionsgemeinschaften abgeleitet. (vgl. Schima 2014, S. 92) „Jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft hat das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung, ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbständig, bleibt im Besitze und Genusse ihrer für Cultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonde, ist aber, wie jede Gesellschaft, den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen.“ (Artikel 15, StGG) Art. 15 StGG gilt zudem als „Sitz“ des Prinzips der Parität. Damit ist gemeint, dass die in diesem Artikel genannten Regelungen für alle Kirchen und Religionsgemeinschaften gleichermaßen gelten. Der Staat darf nur dann Unterschiede machen und damit Besonderheiten einer Religion(sgemeinschaft) berücksichtigen, wenn dies sachlich gerechtfertigt ist. (Brünner / Neger 2011, S.89) Die grundsätzliche Gestaltung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche erfolgte gegenüber der katholischen Kirche insbesondere durch das Konkordat von 1933. Die Römisch-katholische Kirche genießt insofern Sonderrechte, als der Heilige Stuhl ein Völkerrechtssubjekt ist. Im Konkordat ist u.a. die „freie Ausübung ihrer geistlichen Macht und die freie und öffentliche Ausübung des Kultus“ der röm.-kath. Kirche garantiert: „Die Republik Österreich sichert und gewährleistet der heiligen römisch-katholischen Kirche in ihren verschiedenen Riten die freie Ausübung ihrer geistlichen Macht und die freie und öffentliche Ausübung des Kultus.“ (Artikel I. § 1, Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhle und der Republik Österreich 1933). Im Konkordat werden darüber hinaus in Artikel XVI. und Artikel VIII §1-4 die Seelsorge in Anstalten und Krankenhäusern sowie die Militärseelsorge geregelt: 2 Recherche: Diversitätsdimension Religion an Universitäten in Österreich, 11.1.2016 „Für die in öffentlichen Spitälern, Heil-, Versorgungs- und dergleichen Anstalten sowie in Gefangenenhäusern, Strafanstalten, Arbeitshäusern, Anstalten für Erziehungsbedürftige und dergleichen Anstalten untergebrachten Personen wird, soweit nicht für die einzelne Anstalt im Einvernehmen mit dem zuständigen Diözesanordinarius eine eigene Anstaltsseelsorge eingerichtet ist, dem Ortsseelsorger und dem an seiner Stelle beauftragten Geistlichen das Recht des freien Zutrittes zu den Anstaltsinsassen behufs freier Ausübung seines geistlichen Amtes gewährleistet.“ (Artikel XVI.) Im Konkordat findet sich hingegen keine Bestimmung zur Regelung von Seelsorge an Universitäten. Gegenüber der Evangelischen Kirche erfolgte die Regelung der Rechtsverhältnisse im Protestantengesetz von 1961, gegenüber der orthodoxen Kirche im Orthodoxengesetz von 1967, gegenüber der Israelitischen Religionsgesellschaft im Israelitengesetz von 1890 und gegenüber den Moslems im Islamgesetz von 1912 bzw. durch eine Novellierung im Jahr 1988. Das Verhältnis zu den übrigen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften ist aufgrund des Anerkennungsgesetzes von 1874 sowie durch das Orientalisch-orthodoxe Kirchengesetz von 2003 geregelt. In Österreich bestehen derzeit 16 gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften sowie sieben staatlich anerkannte religiöse Bekenntnisgemeinschaften (Bundeskanzleramt 2014, S. 8). Weitere religionsrechtlich bedeutsame Bestimmungen sind Art. 63 des Staatsvertrags von St. Germain und EMRK (insb Art 9, zu Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit): „Alle Einwohner Österreichs haben das Recht, öffentlich oder privat jede Art Glauben, Religion oder Bekenntnis frei zu üben, sofern deren Übung nicht mit der öffentlichen Ordnung oder mit den guten Sitten unvereinbar ist.“ (Art. 63 StVStGermain) „(1) Jedermann hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfaßt die Freiheit des einzelnen zum Wechsel der Religion oder der Weltanschauung sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, Andachten und Beachtung religiöser Gebräuche auszuüben. (2) Die Religions- und Bekenntnisfreiheit darf nicht Gegenstand anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschränkungen sein, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sind“(Art. 9 EMRK) Mit Art. 9 EMRK wird die religiöse Vielfalt geboten und gesichert. In diesem Zusammenhang ebenfalls zu berücksichtigen ist Art 167 (ehem. 151) EGV. Damit wird der Gemeinschaft die Sorge für die Bewahrung kultureller Vielfalt und damit auch eines vielfältigen europäischen Religionsrechts als Teil der Kultur überantwortet (Vgl. Potz / Schinkele 2005, S.21) „(1) Die Union leistet einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes.“ (Art 167 EGV) Quellen: Bundeskanzleramt Österreich (2014): Handbuch Religionen in Österreich. Bundespressedienst: https://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=55998 (Abruf 8.1.2016) Brünner, Christian / Neger, Thomas (2011): Österreich / Austria. In: Religion – Staat - Gesellschaft, 12. Jg. 2011, S. 79 – 142. Potz, Richard / Schinkele, Brigitte (2005): Religionsrecht im Überblick. Facultas Verlags- und Buchhandels AG, Wien. Schima, Stefan (2014): Der rechtliche Rahmen für das Verhältnis von Staat und Kirche in Österreich im Wandel. In: Fünftes Seggauer Gespräch zu Staat und Kirche: Zwischen Laizität und Klerikalismus. Zum Verhältnis von Staat und Kirche in einer pluralen Gesellschaft. Manz´sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH. S. 89 – 124. 3