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GROSSER RAT
WORTPROTOKOLL
36. Sitzung vom 26. August 2014 von 14.00 Uhr bis 16.20 Uhr (Art. 0557-0579)
Vorsitzender:
Thierry Burkart, Baden
Protokollführung:
Rahel Ommerli-Peyer, Ratssekretärin
Präsenz:
Anwesend 132 Mitglieder
Abwesend mit Entschuldigung 8 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Martin Brügger, Brugg; Hans Dössegger,
Seon; Ruedi Donat, Wohlen; Antoinette Eckert, Wettingen; Kurt Emmenegger, Baden; Theres Lepori, Berikon; Sander Mallien, Baden;
Wolfgang Schibler, Bettwil
Behandelte Traktanden
Seite
0557 Mitteilungen
1458
0558 Postulat Adriaan Kerkhoven, GLP, Brugg, vom 26. August 2014 betreffend Neufinanzierung
der Regelsozialleistungen und dem Ziel der langfristigen Senkung der Kosten; Einreichung
und schriftliche Begründung
1458
0559 Auftrag Tanja Suter, SVP, Gipf-Oberfrick, vom 26. August 2014 betreffend Änderung
Promotionsverordnung: Repetitionen Oberstufe; Einreichung und schriftliche Begründung
1459
0560 Interpellation der CVP-Fraktion (Sprecher Andre Rotzetter, Buchs) vom 26. August 2014
betreffend Kündigung von Hypotheken und Bankkonten durch die Banken an Aargauerinnen
und Aargauer, die im Ausland leben; Einreichung und schriftliche Begründung
1459
0561 Auftrag der SVP-Fraktion vom 3. Juni 2014 betreffend Überführung der Abteilung Militär- und
Bevölkerungsschutz vom DGS zum DVI oder einem anderen Departement; Rückzug
1460
0562 Interpellation Jürg Caflisch, SP, Baden, vom 4. März 2014 betreffend Pendlerabzüge in der
Aargauischen Steuerstatistik; Beantwortung und Erledigung
1461
0563 Postulat der FDP-Fraktion vom 4. März 2014 betreffend Zweckmässigkeit der Vertretung von
Exekutivmitgliedern und Spitzenbeamten in Führungsorganen (Verwaltungsräten,
Stiftungsräten und ähnlichem) von staatseigenen oder staatsnahen Betrieben; Überweisung
an den Regierungsrat und gleichzeitige Abschreibung
1462
0564 Interpellation der Fraktionen der SP und der FDP vom 25. März 2014 betreffend
Auslagerungsstrategie von Aufgaben des Kantons Aargau; Beantwortung und Erledigung
1464
0565 Gesetz über die Organisation des Grossen Rates und über den Verkehr zwischen dem
Grossen Rat, dem Regierungsrat und der Justizleitung (Geschäftsverkehrsgesetz, GVG);
Änderung und Dekret über die Geschäftsführung des Grossen Rates (Geschäftsordnung,
GO); Änderung; Bericht und Entwurf zur 2. Beratung; Eintreten, Detailberatung und
Schlussabstimmung; fakultatives Referendum; Abschreibung der Motionen 06.70, 06.90,
06.181, 07.62, 07.140, 10.138 und 12.69
1468
1456
0566 Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach, Mitglied des Grossen Rats; Rücktritt
1479
0567 Postulat Adrian Meier, FDP, Reinach (Sprecher), Marlène Koller, SVP, Untersiggenthal,
Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen, Jeanine Glarner, FDP, Möriken-Wildegg, Herbert Strebel,
CVP, Muri, Flurin Burkard, SP, Waltenschwil, und Kathrin Fricker, Grüne, Baden, vom 25.
März 2014 betreffend Kommunikation der KAPO Aargau bei Ergebnissen von
Drogenschnelltests; Überweisung an den Regierungsrat und gleichzeitige Abschreibung
1480
0568 Interpellation Ralf Bucher, CVP, Mühlau vom 4. März 2014 betreffend Überprüfung von
Förderprogrammen für ausländische Firmenansiedlungen und zu Einzonungen für
ausländische Unternehmungen nach dem Volks-Ja gegen die Masseneinwanderung;
Beantwortung und Erledigung
1483
0569 Interpellation der BDP-Fraktion vom 25. März 2014 betreffend Gefahr der Freilassung von
"Tobi B." wegen fehlender Unterbringungsmöglichkeit; Beantwortung und Erledigung
1486
0570 Interpellation Jeanine Glarner, FDP, Möriken-Wildegg, vom 4. März 2014 betreffend
Versteigerung von Kontrollschildern der Staatsverwaltung und angeschlossenen Anstalten;
Beantwortung und Erledigung
1489
0571 Postulat der FDP-Fraktion vom 7. Januar 2014 betreffend Optimierung des RessourcenEinsatzes an den Aargauer Volksschulen; Überweisung an den Regierungsrat
1492
0572 Postulat Marianne Binder-Keller, CVP, Baden (Sprecherin), und Martin Steinacher-Eckert,
CVP, Gansingen, vom 4. März 2014 betreffend externe Analyse bei Verwaltung und
Administration im Bildungsbereich; Ablehnung
1494
0573 Auftrag der SP-Fraktion vom 7. Januar 2014 betreffend Ausarbeitung von kantonalen
Richtlinien für den Unterricht im und am Wasser; Ablehnung
1500
0574 Interpellation Dr. Lukas Pfisterer, FDP, Aarau, vom 4. März 2014 betreffend Schulraumbauten
im Kanton Aargau; Beantwortung und Erledigung
1504
0575 Interpellation Jürg Caflisch, SP, Baden, vom 4. März 2014 betreffend kantonale Übersicht
über die Qualität der Schulleitungen in den Gemeinden; Beantwortung und Erledigung
1506
0576 Auftrag der Fraktionen der SP, der BDP und der Grünen vom 25. März 2014 zum Erstellen
einer Analyse betreffend a) Trägerschaft der heilpädagogischen Sonderschulen und b) zu
deren Integration in die Abteilung Volksschule; Rückzug
1510
0577 Interpellation der Fraktionen der SP, der Grünen und der GLP vom 25. März 2014 betreffend
Schnittstelle Integrative Schulung – Sonderschulung; Beantwortung und Erledigung
1513
0578 Interpellation Marianne Binder-Keller, CVP, Baden, vom 20. Mai 2014 betreffend Überprüfung
der privaten Schulung, beziehungsweise "Homeschooling" im Kanton Aargau; Beantwortung
und Erledigung
1516
0579 Interpellation Martin Christen, SP, Spreitenbach, vom 4. März 2014 betreffend Bedeutung,
Unterstützung und Sicherheit des Bruno-Weber-Parks; Beantwortung und Erledigung
1520
1457
0557 Mitteilungen
Vorsitzender: Ich begrüsse Sie zur 36. Sitzung der Legislaturperiode 2013/2016.
Ich habe Ihnen Folgendes mitzuteilen:
1. Wir müssen die Traktandenliste anpassen. Traktandum 13 wird abgesetzt, weil die Motionärin,
Theres Lepori, an der Nachmittagssitzung nicht teilnehmen kann. Nach Traktandum 12 fahren wir
somit weiter mit Traktandum 14.
2. Ich gebe Ihnen folgenden Sachverhalt bekannt: Die Grossratsmitglieder Marco Hardmeier und
Elisabeth Burgener haben ihre Sitzplätze getauscht. In der Folge haben technische Probleme dazu
geführt, dass heute Morgen bei den ersten beiden Abstimmungen zu Traktanden 4 und 5 die Abstimmungsanlage von Frau Burgener nicht funktioniert hat. Dies, weil für die Mitglieder des Präsidiums, welche hier vorne sitzen, die Abstimmungsanlage an ihren ursprünglichen Plätzen gesperrt
wird. Ich schlage Ihnen Folgendes vor: Bei Traktandum 4 – die stille Wahl – besteht aufgrund des
sehr klaren Abstimmungsergebnisses keine grosse Relevanz, hingegen bei Traktandum 5. Elisabeth
Burgener hat unmittelbar nach der Abstimmung bekanntgegeben, dass sie nicht abstimmen konnte.
Sofern Sie einverstanden sind, würde ich auf eine Wiederholung der Abstimmung verzichten und
Elisabeth Burgeners Stimmabgabe einfach aufnehmen. Das so korrigierte Stimmresultat zu Traktandum 5 lautet wie folgt: Statt 82 ja gegen 43 nein lautet es neu 82 ja gegen 44 nein. Dies wird so
ins Protokoll aufgenommen. Sie haben sich damit einverstanden erklärt, besten Dank.
0558 Postulat Adriaan Kerkhoven, GLP, Brugg, vom 26. August 2014 betreffend Neufinanzierung der Regelsozialleistungen und dem Ziel der langfristigen Senkung der Kosten; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Adriaan Kerkhoven, GLP, Brugg, und 43 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgendes
Postulat eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird eingeladen, die Finanzierung der Sozialleistungen im Kanton Aargau zielorientiert zu regeln. Ziele sind die Professionalisierung, faire Verteilung und Senkung der Kosten.
Begründung:
Die starre Finanzierung der Sozialleistungen im Kanton Aargau (28 % Kanton, 72 % Gemeinden) ist
wenig zielführend. Systematischer Einbezug der Sozialversicherungen und ein toughest CaseManagement entlastet die Gemeindekassen. Es ist nicht hilfreich, wenn Gemeinden sich gegenseitig
die Last zuschieben, vielmehr müssen sie geeint dafür sorgen, dass Sozialhilfebezüger in den Erwerb integriert werden. (Selbstverantwortung fördern! vgl. Sozialplan)
Im Kanton SO wird die finanzielle Last der Gemeinden seit 2009 zu 100 % ausgeglichen und in Gemeinden/Gemeindeverbänden mit mindestens 12'000 Einwohnern abgewickelt. Wird die Finanzierung durch die Gemeinden gemeinsam betrieben, tritt das Ziel der Integration an die erste Stelle.
Das Abschieben von Bezügern an andere Gemeinden hindert die Integration und generiert hohe
Kosten.
Durch eine auf die Integration zielende Wettbewerbssituation muss der kantonale Anteil von 28 %
(rund 20–25 Mio. Franken) nicht mehr – à fonds perdu– an die Gemeinden überwiesen, sondern
kann gezielt zur Integration und Kostensenkung eingesetzt werden. Vorbild ist das vom Grossen Rat
finanzierte Pilotprojekt Pforte Menziken, welches sich durch koordinierte Zusammenarbeit von Privaten, Bund, Kanton und Gemeinden auszeichnet.
Beide Varianten sind möglich: separiert organisiert oder in Lastenausgleich inkludiert.
26. August 2014
Art.-Nr. 0557-0558
1458
0559 Auftrag Tanja Suter, SVP, Gipf-Oberfrick, vom 26. August 2014 betreffend Änderung
Promotionsverordnung: Repetitionen Oberstufe; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Tanja Suter, SVP, Gipf-Oberfrick, und 49 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgender
Auftrag eingereicht:
Text:
Es ist zu prüfen, ob die Promotionsverordnung (System 6/3) dahingehend verändert werden kann,
dass Repetitionen des 2. Oberstufenjahres (8. Klasse) nur noch auf Empfehlungen der Lehrpersonen
bewilligt werden. Wer die Promotion nicht erreicht, muss die Schulstufe wechseln, von der Bezirkschule in die Sekundarschule bzw. von der Sekundarschule in die Realschule.
Begründung:
Auf das Schuljahr 2010/11 wurde eine neue Promotionsverordnung eingeführt. Mit einer Reform wird
eine Verbesserung des Systems angestrebt. Ein Ziel der Reform war es den hohen Prozentsatz von
Repetitionen zu senken. Momentan durchläuft nur gut die Hälfte aller Schüler die Volksschule in
neun bzw. elf Jahren.
Wenn ein Schüler der 2. oder 3. Oberstufe (7. oder 8. Klasse) die Jahrespromotion nicht erreicht
(neu nur noch nach der 2. Oberstufe), kommt es nach der Promotionsverordnung automatisch zu
einer Repetition. Oft kommt es vor, dass Repetenten nach dem Repetieren einer Klasse die Jahrespromotion erneut nicht erreichen. In solchen Fällen liegt entweder eine Falscheinstufung vor oder,
was oft der Fall ist, die Schüler bemühen sich nicht um ihre schulischen Leistungen. Gerade diese
Schüler sind oft schulmüde, machen die Hausaufgaben nicht und sind für die Lehrpersonen eine
grosse Belastung. In der Oberstufe ist eine Repetition erlaubt. Wird die Promotion ein zweites Mal
nicht erreicht, muss die Schulstufe gewechselt werden, von der Bez. in die Sek. bzw. von der Sek. in
die Real. So besuchen die betreffenden Schüler die Volksschule ein Jahr länger und schliessen die
Volksschule zudem mit der tieferen Schulstufe ab. Unter dem Strich wird diesen Schülern durch Repetitionen keine bessere Bildung ermöglicht.
Die Promotionsverordnung soll dahingehend geändert werden, dass Repetitionen nur noch auf Empfehlungen der Lehrpersonen bewilligt werden. Lehrpersonen sind Fachleute, die einschätzen können, in welchen Fällen Repetitionen Sinn machen. Diese Änderung verbessert die Qualität des Unterrichts, zusätzlich liegt in dieser Massnahme ein grosses Sparpotenzial, das keinen Bildungsabbau
zur Folge hat. Mit dem Wechsel auf 6/3 auf das Schuljahr 2014/15 betrifft die geforderte Anpassung
nur noch 2. Oberstufe (8. Klasse).
0560 Interpellation der CVP-Fraktion (Sprecher Andre Rotzetter, Buchs) vom 26. August 2014
betreffend Kündigung von Hypotheken und Bankkonten durch die Banken an Aargauerinnen
und Aargauer, die im Ausland leben; Einreichung und schriftliche Begründung
Von der CVP-Fraktion wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Schweizerinnen und Schweizer mit Wohnsitz im Ausland haben oftmals noch geschäftliche oder
private Beziehungen in der Schweiz, die eine Bankverbindung zwingend notwendig machen. Sie
besitzen z. B. Häuser in der Schweiz, die sie vermieten, oder haben Geld aus einer Erbschaft auf
einem Konto. Nach Auskunft von Vertretern aus dem Auslandschweizerrat werden zurzeit vielen
Auslandschweizerinnen ihre Konten gekündigt oder Kredite verweigert. Zudem werden auch Doppelbürgern Bankbeziehungen verweigert.
26. August 2014
Art.-Nr. 0559-0560
1459
Aus Sicht der CVP Aargau ist es inakzeptabel, wenn Schweizer und Schweizerinnen mit Wohnsitz im
Ausland keine Bankbeziehungen mehr haben können. Ebenso unzulässig sind überhöhte Gebühren
oder sehr hohe Mindesteinlagen.
Mit den Kündigungen oder Verweigerungen wollen die Banken offensichtlich das Risiko minimieren,
in einen Rechtsstreit mit einem fremden Staat verwickelt zu werden. Auslandschweizerinnen ohne
grosses Vermögen und Doppelbürger zahlen somit den Preis für die unseriösen Geschäftspraktiken
der Banken in der Vergangenheit. Die CVP Aargau will wissen, wie sich die Kantonalbank gegenüber
Auslandschweizerinnen und Doppelbürgern verhält.
Deshalb bittet sie den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten:
1. Wie vielen AuslandschweizerInnen hat die Aargauische Kantonalbank die Geschäftsbeziehungen gekündigt?
2. Wurden im letzten Jahr die Geschäftsbedingungen für AuslandschweizerInnen geändert und
wenn ja, wie?
3. Stimmt es, dass AuslandschweizerInnen langfristige Hypotheken gekündigt wurden und die Betroffenen sogar die Ausstiegskosten übernehmen mussten?
4. Stimmt es, dass AuslandschweizerInnen Bankkonten gekündigt wurden und auch hier die Kontenauflösungskosten von den Betroffenen übernommen werden mussten?
5. Stimmte es, dass Doppelbürgern Bankbeziehungen verweigert werden?
6. Wie stellt der Regierungsrat sicher, dass Aargauerinnen und Aargauer, die im Ausland leben und
Doppelbürger sind, ihre finanziellen Angelegenheiten im Aargau abwickeln können?
0561 Auftrag der SVP-Fraktion vom 3. Juni 2014 betreffend Überführung der Abteilung Militärund Bevölkerungsschutz vom DGS zum DVI oder einem anderen Departement; Rückzug
(vgl. Art. 0466)
Mit Datum vom 25. Juni 2014 beantragt der Regierungsrat, den Auftrag mit folgender Begründung
abzulehnen:
Formal betrifft der Auftrag den Zuständigkeitsbereich des Regierungsrats. Er hat somit die Wirkung
eines Prüfauftrags gemäss § 41 Abs. 3 des Gesetzes über die Organisation des Grossen Rates und
über den Verkehr zwischen dem Grossen Rat, dem Regierungsrat und der Justizleitung (Geschäftsverkehrsgesetz, GVG) und gilt als Richtlinie, von der nur in begründeten Fällen abgewichen werden
darf (§ 48 Abs. 2 GVG).
Das Gesetz über die Organisation des Regierungsrats und der kantonalen Verwaltung (Organisationsgesetz) sieht in § 5 vor, dass der Regierungsrat für eine zweckmässige Verwaltungsorganisation
zuständig ist und es in seiner Kompetenz liegt, die Verwaltungsorganisation, namentlich die Gliederung der Departemente und die Zuteilung der freien Aufgaben, festzulegen. Er strebt dabei gemäss §
27 Abs. 2 Satz 2 des Organisationsgesetzes eine gleichmässige Belastung und die Vermeidung von
Interessenkollisionen, also mithin eine ausgewogene Verteilung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten an.
Der Regierungsrat sieht keine sachliche Notwendigkeit für eine Überführung der Abteilung Militär und
Bevölkerungsschutz in ein anderes Departement. Er hat bereits in der Beantwortung der (12.233) Interpellation der FDP-Fraktion vom 4. September 2012 betreffend innere Sicherheit dargelegt, dass
aufgrund der sehr unterschiedlich gearteten Aufgaben zwischen den Bereichen Polizeiwesen/Strafverfolgung einerseits und Militär/Bevölkerungsschutz anderseits zu wenig Berührungspunkte vorhanden sind, die eine Zusammenlegung in einem Departement erfordern würden. Entscheidend ist,
dass die Kantonspolizei, die Staatsanwaltschaft, die Jugendanwaltschaft und das Amt für Justizvollzug im Departement Volkswirtschaft und Inneres zusammengefasst sind. Damit besteht zum einen
im Bereich der inneren Sicherheit eine optimale Organisation und Departementszuteilung. Zum andern hat sich die historisch begründete Zuweisung der Aufgaben im Bereich Militär und Bevölke-
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Art.-Nr. 0561
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rungsschutz an das Departement Gesundheit und Soziales bewährt. Zudem gehören die Bereiche
Polizeiwesen/Strafverfolgung und Militär/Bevölkerungsschutz auch in den anderen Kantonen nur
teilweise zum gleichen Departement.
Zusammenfassend hält der Regierungsrat fest, dass in der Interpellation für die Überführung der
Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz in das Departement Volkswirtschaft und Inneres oder in ein
anderes Departement keine sachlichen Gründe geltend gemacht werden. Demzufolge ergibt sich für
den Regierungsrat kein Handlungsbedarf.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 809.–.
Andreas A. Glarner, SVP, Oberwil-Lieli: Der Regierungsrat ist nicht bereit, die Abteilung Militär und
Bevölkerungsschutz (AMB) in ein anderes Departement zu überführen – das ist schade.
Im Kriege würde man dies als unterlassene Kameradenhilfe bezeichnen. Denn die Kameradin Hochuli ist hoffnungslos überfordert. Und ausser dem Kameraden Hofmann, der ihr vor den Wahlen mit
dem Projekt "Crime Stop" etwas Schützenhilfe leistete und ihr damit die Wiederwahl knapp sicherte,
hilft ihr niemand. Dies, obwohl die Kameradin Hochuli in allen ihr zugeteilten Gebieten und Bereichen
keinen Fuss auf den Boden bringt.
Im Bereich Gesundheit ist man nicht einmal in der Lage, die Gemeindebeiträge einigermassen richtig
berechnen zu lassen. Und sie überzieht dann widerrechtlich das Globalbudget um über 20 Millionen
Schweizer Franken.
Im Asylbereich lässt sie sich vom Bund auf der Nase herumtanzen. Kein Wunder, denn die zuständige Kameradin in Bern ist ja auch der gleichen unmöglichen politischen Einstellung verhaftet. Zudem
versucht sie laufend, die Gemeinden über den Tisch zu ziehen. Es wäre deshalb nicht mehr als richtig gewesen, Frau Hochuli zu entlasten. Oder sollten wir besser sagen, Balz Bruder zu entlasten?
Denn immer dann, wenn es etwas zu arbeiten gibt, sehen wir ja anstelle der Regierungsrätin den
ehemaligen AZ-Journalisten. Dafür finden wir sie dann als Glamourgirl in den "linken" Medien.
Meine Herren Regierungsräte, Sie haben eine Chance verpasst! Denn die AMB wäre eine hochspannende Abteilung. Sie wird von Topleuten geführt und wäre, würde man diese Leute nicht laufend vor den Kopf stossen, führungsmässig völlig unproblematisch. Um beim Jargon zu bleiben: Die
Verweigerung eines Departementswechsels ist Dienstverweigerung, schade! Die SVP zieht ihren
Auftrag zurück.
Vorsitzender: Die Auftraggeberin hat den Auftrag zurückgezogen. Das Geschäft ist erledigt.
0562 Interpellation Jürg Caflisch, SP, Baden, vom 4. März 2014 betreffend Pendlerabzüge in
der Aargauischen Steuerstatistik; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0381)
Mit Datum vom 4. Juni 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Vorbemerkungen
Die Auswertungen beruhen auf der Steuerstatistik 2010. Berücksichtigt sind Steuerpflichtige mit
Wohnsitz im Kanton Aargau, jedoch ohne Quellenbesteuerte.
Zur Frage 1: "Wie viele Steuerpflichtige wären von einem max. Pendlerabzug betroffen?"
Bei einer Limitierung des Fahrtkostenabzugs auf Fr. 3'000.– pro Person sind rund 98'500 Personen
beziehungsweise 92'500 Steuerpflichtige (ein Ehepaar entspricht einem Steuerpflichtigen) betroffen,
denen heute ein höherer Abzug gewährt wird. Bei 6'000 Ehepaaren machen beide einen Abzug von
über Fr. 3'000.– geltend. Die 92'500 Steuerpflichtigen entsprechen rund 27 % aller im Kanton ansässigen Pflichtigen beziehungsweise 41 % aller Unselbstständigerwerbenden.
26. August 2014
Art.-Nr. 0562
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Zur Frage 2: "Wie viele davon pendeln mit dem ÖV, wie viele mit dem Auto?"
Von den 98'500 Personen, die von einer Limitierung des Fahrtkostenabzugs auf Fr. 3'000.– betroffen
sind, pendeln 89'800 mit dem Auto und 7'700 mit dem öffentlichen Verkehr (öV). 1'000 Personen
wird sowohl ein Abzug für das Auto als auch für den öV gewährt (Park+Ride).
Zur Frage 3: "In welchen Frankenbeträgen bewegen sich die 100 höchsten Pendlerabzüge im Kanton Aargau?"
Die Bandbreite der 100 höchsten Pendlerabzüge umfasst Beträge zwischen Fr. 24'000.– und Fr.
35'000.–.
Zur Frage 4: "Wie hoch wären die zusätzlichen Einnahmen für den Kanton bei einer Beschränkung
des Pend-lerabzuges bei 3000.- resp. bei 3'550.- (Preis GA 2. Klasse) für den Kanton?"
Bei einer Beschränkung des Pendlerabzugs auf Fr. 3'000.– resultieren für den Kanton Mehreinnahmen von rund 32 Millionen Franken, für die Gemeinden 30 Millionen Franken. Bei einer Beschränkung des Pendlerabzugs auf den Preis des Generalabonnements (GA) 2. Klasse (Fr. 3'100.– im
2010) reduzieren sich die Mehreinnahmen auf 30 Millionen Franken beziehungsweise 28 Millionen
Franken.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'399.–.
Jürg Caflisch, SP, Baden: Die Antwort des Regierungsrats zeigt, dass auch im Kanton Aargau eine
ganze Gruppe von Autopendlern aufgrund falscher Anreize in der Steuererklärung riesige Abzüge
machen kann. Pendlerabzüge bis zu 35'000 Franken sind schlicht inakzeptabel. Das versteht niemand mehr.
Ein Fachmann der Firma Fahrländer Partner AG Raumentwicklung, Zürich, hat kürzlich vor Mitgliedern einer bürgerlichen Partei im Aargau dazu Folgendes gesagt: "Die Wirkung des Raumplanungsgesetzes allein dürfte in Bezug auf das Pendeln relativ gering sein. Um die Zersiedelung wirksam zu
bremsen sind weitere Massnahmen nötig, wie u.a. die Erhöhung der Mobilitätskosten und – jetzt
kommt es explizit – die Abschaffung des steuerlichen Pendlerabzugs."
Wir haben eine bemühende und mit Steuergeschenken selbstverschuldete Spardebatte hinter uns.
Wir würden gescheiter dort schauen, wo wir das Geld buchstäblich auf der Strasse liegen lassen. Es
ist nicht nur finanzpolitisch, sondern auch aus dem Blickwinkel der Siedlungsentwicklung und des
Umweltschutzes angesagt, Pendlerabzüge zu begrenzen. Mehr als die Kosten für ein Generalabonnement (GA) darf einfach nicht mehr von den Steuern abgezogen werden.
Prognose: Der Pendlerabzug wird in den Kantonen abgeschafft; der ach so innovative Kanton Aargau wird zu den letzten gehören. Ich bin mit der Antwort teilweise zufrieden.
Vorsitzender: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
0563 Postulat der FDP-Fraktion vom 4. März 2014 betreffend Zweckmässigkeit der Vertretung
von Exekutivmitgliedern und Spitzenbeamten in Führungsorganen (Verwaltungsräten, Stiftungsräten und ähnlichem) von staatseigenen oder staatsnahen Betrieben; Überweisung an
den Regierungsrat und gleichzeitige Abschreibung
(vgl. Art. 0345)
26. August 2014
Art.-Nr. 0563
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Mit Datum vom 21. Mai 2014 erklärt sich der Regierungsrat bereit, das Postulat entgegenzunehmen
und beantragt mit folgender Begründung die gleichzeitige Abschreibung:
Der Regierungsrat hat sich mit der Frage der Vertretung des Kantons und der Einsitznahme von Mitgliedern des Regierungsrats und der Verwaltung in den obersten Leitungsorganen von kantonalen
Beteiligungen im Rahmen der Erstellung der neuen Richtlinien zur Public Corporate Governance
(PCG-Richtlinien) vom 18. September 2013, in Kraft seit 1. Januar 2014, unter Kenntnisnahme der
aktuellen Lehrmeinungen und Erfahrungen auch auf Bundesebene, intensiv befasst und eine ausgewogene Lösung erarbeitet:
Ziff. 18 Kantonsvertretung und Mandatierung
1
Mitglieder des Grossen Rats, des Regierungsrats oder Verwaltungsangestellte können vorbehältlich Absatz 2 nicht Mitglieder der obersten Leitungsorgane der Beteiligungen sein.
2
Der Regierungsrat kann in begründeten Fällen pro Beteiligung einen Kantonsvertreter aus dem Regierungsrat oder der Verwaltung bezeichnen, insbesondere sofern:
a) der Kanton bei der Beteiligung keine Leistungseinkäufe tätigt oder, sofern der Kanton Leistungseinkäufe tätigt, der Kantonsvertreter nicht im sachzuständigen Departement tätig ist,
b) das oberste Leitungsorgan seitens der anderen Eigentümer ebenfalls mit Mitgliedern des Regierungsrats oder Verwaltungsangestellten besetzt wird, wobei in diesen Leitungsorganen darauf hinzuwirken ist,
dass die Besetzung des obersten Leitungsorgans künftig gemäss fachlichen Kriterien erfolgt.
3
Kantonsvertreter werden vom Regierungsrat mandatiert.
4
Die Mandatierung legt den über die Umsetzung der Eigentümerstrategie hinausgehenden spezifischen
Auftrag sowie die Zusammenarbeit und die gegenseitigen Informationspflichten fest. Im Konfliktfall gehen
die Unternehmensinteressen und die Vertraulichkeitspflichten grundsätzlich der Mandatierung vor.
Die vom Regierungsrat erlassenen PCG-Richtlinien schliessen Kantonsvertreter im Sinne der Rollentrennung zwischen Auftraggeber (Kanton) und Auftragnehmer (Beteiligung) im Grundsatz aus. Zusätzlich zu den gesetzlichen Rechten als Eigentümer verfügt der Kanton über genügend wirksame
Instrumente um seine Interessen gegenüber den Beteiligungen umzusetzen. So vergibt er Leistungsaufträge, welche die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe durch die Beteiligung regeln. Er legt
Eigentümerstrategien fest, welche die Weiterentwicklung des Unternehmens und die Anliegen des
Kantons als Eigentümer aufgreifen, und er führt regelmässige Eigentümergespräche, welche der
unterjährigen Abstimmung der Interessen dienen und je nach Bedarf intensiviert werden können.
Wie aus der Formulierung von Ziffer 18 der PCG-Richtlinien hervorgeht, ist der Regierungsrat der
Ansicht, dass in begründeten Fällen Ausnahmen möglich sein müssen. Insbesondere soll dies dort
der Fall sein, wo aus Gründen der Monopolstellung der Unternehmung (Schweizer Rheinsalinen AG)
oder aus traditionellen Gründen auch die andern beteiligten Kantone Regierungsräte in die obersten
Leitungsorgane delegieren (zum Beispiel Axpo AG, Schweizer Rheinsalinen AG). Auch soll es weiterhin möglich sein, in spezifischen Fällen einen Verwaltungsangestellten in ein oberstes Leitungsorgan zu wählen, insbesondere um beispielsweise konkrete Anliegen im Fall einer Reorganisation oder
eines Führungsvakuums im Sinne des Kantons umzusetzen. Diese Möglichkeit aus grundsätzlichen
Gründen auszuschliessen, wäre aus Sicht des Regierungsrats ein unnötiger Verzicht auf Handlungsmöglichkeiten in Ausnahmefällen.
Schon bei der letzten Revision des Gesetzes über die Aargauische Kantonalbank (AKBG) vom
27. März 2007 (SAR 681.100) hat der Regierungsrat auf die im Postulat erwähnten negativen Aspekte von Doppelfunktionen und Interessenkonflikten aufgrund mangelnder Rollentrennung hingewiesen
und dem Grossen Rat beantragt, auf die Einsitznahme eines Mitglieds des Regierungsrats in den
Bankrat zu verzichten. Der Grosse Rat hat damals anders entschieden und in § 7 Abs. 3 AKBG festgelegt, dass der Vorsteher des Departements Finanzen und Ressourcen von Amtes wegen Mitglied
des Bankrats ist.
Der Regierungsrat vertritt die Ansicht, dass die obersten Leitungsorgane nach fachlichen Kriterien
zusammengesetzt sein sollen. Der Regierungsrat hat die Kriterien und das Vorgehen zur Wahl der
26. August 2014
Art.-Nr. 0563
1463
Mitglieder der obersten Leitungsorgane in Ziffer 25 der PCG-Richtlinien festgelegt. Im kantonalen
Umfeld sind dabei auch regionale Kenntnisse und ein politisches Verständnis zu berücksichtigen.
Der Regierungsrat veröffentlicht die Kantonsvertreter in den obersten Leitungsorganen jeweils im
Beteiligungsspiegel des Jahresberichts mit Jahresrechnung (vgl. zum Beispiel Jahresbericht mit Jahresrechnung vom 19. März 2014, Teil Berichte und Auswertungen, Seiten 235–236). Die PCG-Richtlinien (inklusive Kommentar) enthalten die Instrumente, um die kantonalen Interessen auch ohne
Kantonsvertreter wahrzunehmen. Sie sind, wie auch die Eigentümerstrategien für die kantonalen
Beteiligungen, der Öffentlichkeit unter www.ag.ch/beteiligungen bekannt gemacht. Der Regierungsrat
erachtet das Anliegen des Postulats deshalb als erfüllt und sieht keine Notwendigkeit für eine weitergehende Berichterstattung.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'871.–.
Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach: Ich sehe aus der Antwort, dass grundsätzlich keine Differenzen
bestehen. Auch der Regierungsrat möchte lieber regieren als Firmen führen. Das ist auch richtig so.
Er muss dann auch nicht "zwei Hüte tragen" und etwa in der Bankratssitzung darüber nachdenken,
ob er nun lieber die Eigenmittel der Bank stärkt – was ihm als Bankrat ein Anliegen sein müsste –
oder ob er lieber die Ausschüttungen an den Kanton erhöht, was ihm als Finanzminister ein Anliegen
sein müsste.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben ja die Gelegenheit, anlässlich der AKB-Gesetzesrevision
(Aargauische Kantonalbank) den Finanzminister aus diesem Interessenskonflikt zu befreien!
Der Regierungsrat teilt also unser Anliegen, dass die staatsnahen und staatseigenen Firmen per
Eigentümerstrategie zu führen sind. Umso unverständlicher – und das habe ich hier auch bereits vor
zwei Jahren angemahnt – ist, dass diese Eigentümerstrategien zum Teil seit Jahren einer Überarbeitung harren. Diejenige der AEW Energie AG sei als Beispiel genannt und stammt aus dem Jahr
2008. Und in der Energiepolitik ist inzwischen doch einiges passiert.
Als Verwaltungsratspräsident des KSB (Kantonsspital Baden) werde ich mich jedenfalls darum bemühen, gerade in Zeiten sich rasch ändernder Rahmenbedingungen, zu wissen, welche strategischen Leitplanken mir der Eigentümer setzt. In denjenigen Firmen, bei welchen ich im Verwaltungsrat sitze, wird die Unternehmensstrategie mindestens einmal jährlich überprüft und falls nötig angepasst. Kein Grund also, warum dies nicht auch mit einer Eigentümerstrategie gemacht werden könnte. Der Kanton verfügt dazu ja über kompetente Fachexperten.
Mit diesen Anmerkungen ist die FDP-Fraktion mit der Abschreibung des Vorstosses einverstanden.
Vorsitzender: Das Postulat wird stillschweigend an den Regierungsrat überwiesen und gleichzeitig
als erledigt von der Kontrolle abgeschrieben. Das Geschäft ist erledigt.
0564 Interpellation der Fraktionen der SP und der FDP vom 25. März 2014 betreffend Auslagerungsstrategie von Aufgaben des Kantons Aargau; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0400)
Mit Datum vom 21. Mai 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Zur Frage 1: "Hat der Regierungsrat eine Gesamt-Strategie für die Auslagerungen von Aufgaben?"
§ 93 Abs. 3 der Verfassung des Kantons Aargau (Kantonsverfassung) vom 25. Juni 1980 (SAR
110.000) sieht vor, dass der Kanton die Erfüllung von staatlichen Aufgaben auslagern kann. Der
Rechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger und die Aufsicht durch den Regierungsrat müssen sichergestellt sein. § 9 des Gesetzes über die Organisation des Regierungsrates und der kantonalen Verwaltung (Organisationsgesetz) vom 26. März 1985 (SAR 153.100) legt für die Auslagerung von Voll-
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zugsaufgaben zudem fest, dass die entsprechenden Bestimmungen über die Arbeits- und Umweltschutzbedingungen sinngemäss gelten, und dass der Regierungsrat die Erfüllung solcher Aufgaben mittels Kontrolle der Leistungsvereinbarung, mittels Beteiligung oder durch andere geeignete
Massnahmen überwacht und den Rechtsschutz sicherstellt.
Der Grosse Rat beschliesst mit dem Budget die Aufgaben und Finanzen pro Aufgabenbereich. Die
vom Grossen Rat beschlossenen Aufgaben sind gemäss § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF) mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erfüllen. Der Regierungsrat vollzieht diesen Auftrag insbesondere dadurch, dass im Rahmen der jeweiligen Aufgaben die Frage gestellt wird, wie diese am effektivsten und effizientesten
ausgeführt werden können. Weil die Aufgaben des Kantons sehr unterschiedlich sind, sind sie nicht
nach generellen Kriterien zu standardisieren. Eine grundsätzliche Überprüfung bei allen bestehenden
kantonalen Aufgaben, ob diese durch den Kanton selbst erstellt oder ausgelagert sein sollen ("make
or buy"), wurde mit der Leistungsanalyse vorgenommen. Während bei bisherigen Aufgaben oftmals
historische Gründe für die Art der Aufgabenerfüllung ausschlaggebend sind, wird bei neuen Aufgaben die Art der Aufgabenerfüllung genau geprüft.
Der Regierungsrat hat die in den Leistungsaufträgen zu regelnden Punkte im Rahmen der neuen
Richtlinien zur Public Corporate Governance (PCG-Richtlinien) vom 18. September 2013, in Kraft
seit 1. Januar 2014 (abrufbar unter www.ag.ch/beteiligungen), definiert:
Ziff. 13 Leistungsauftrag
1
Der Leistungsauftrag beschreibt die zu erfüllende öffentliche Aufgabe hinsichtlich:
a) Menge, Qualität und Preis der Leistungen,
b) Zeit und Dauer des Auftrags,
c) Modalitäten der Abgeltungen,
d) Verantwortlichkeiten der Vertragsparteien,
e) Auflagen und Bedingungen,
f) Folgen bei Schlecht- oder Nichterfüllung,
g) Berichterstattung.
2
Bei Bedarf wird der Leistungsauftrag in einen mehrjährigen Rahmenleistungsauftrag und einen einjährigen Jahresleistungsauftrag aufgeteilt.
Unabhängig von diesen Kriterien erachtet der Regierungsrat eine Gesamt-Strategie für die Auslagerung von Aufgaben für den Kanton Aargau als sinnvoll. Mit der laufenden Leistungsanalyse sowie im
Rahmen von Fragen zur Steuerbarkeit der ausgelagerten öffentlichen Aufgaben wird das Ziel verfolgt, dass die Aufgaben so effektiv und effizient wie möglich erstellt werden.
Die "Evaluation von Aufgabenerfüllungsformen" wird im Rahmen des AFP-Ziels 410Z003 als Indikator geführt (Ebene Leistungsgruppe im Aufgaben- und Finanzplan [AFP] 2014–2017, Ebene Aufgabenbereichsplan ab AFP 2015–2018). Zur Erfüllung dieser Zielsetzung wird der Regierungsrat im
Jahr 2014 die Kriterien, anhand derer über mögliche Auslagerungen entschieden und Auslagerungen
nachträglich beurteilt werden sollen, den Aufbau und das Controlling von Leistungsaufträgen sowie
die dafür notwendigen fachlichen Anforderungen und Prozesse definieren. Dabei werden die schon
vorhandenen Grundlagen überarbeitet und auf Vollständigkeit überprüft. Erste Vorbereitungsarbeiten
wurden aufgenommen.
Zur Frage 2: "Hat der Regierungsrat insbesondere Entscheide gefällt,
a) welche Aufgaben mit welcher Begründung auslagerbar sind und
b) nach welchen Kriterien eine Auslagerung zu beurteilen ist,
c) Ob, unter welchen Rahmenbedingungen, zu welchem Zeitpunkt eine öffentliche Ausschreibung
erfolgen muss?"
Im Rahmen der zur Frage 1 beschriebenen Arbeiten sind diese Fragen detailliert zu prüfen. Die Kriterien für Ausschreibungen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen sind im Submissionsdekret
(SubmD) vom 26. November 1996 (SAR 150.910) geregelt.
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Zur Frage 3: "Hat der Regierungsrat eine Gesamt-Strategie für die Aufsicht und das Controlling der
ausgelagerten Aufgaben?"
Im Rahmen der zur Frage 1 beschriebenen Arbeiten wird auch das Vorgehen zur Aufsicht und zum
Controlling von ausgelagerten Aufgaben zu prüfen sein.
Zur Frage 4: "Hat der Regierungsrat insbesondere definiert
a) nach welchen standardisierten Kriterien und Massstäben die Leistungsverträge aufgebaut sind?
b) Wie das fachliche Knowhow für die Aufsichtspflicht und das Controlling in der Verwaltung sichergestellt ist?"
Wie zur Frage 1 erwähnt, hat der Regierungsrat die in den Leistungsaufträgen zu regelnden Punkte
im Rahmen der neuen PCG-Richtlinien definiert. Im Rahmen der zur Frage 1 beschriebenen Arbeiten sind diese Punkte zu präzisieren und ebenfalls die Frage nach dem fachlichen Know-how für die
Aufsicht und das Controlling zu regeln.
Zur Frage 5: "Wie gewährleistet der Regierungsrat, dass die verschiedenen Rahmenverträge und
Leistungsver-einbarungen, die mit den Organisationen/Unternehmen abgeschlossen werden, einer
Gesamtstrategie entsprechen?"
Als Resultat der im Rahmen der zur Frage 1 beschriebenen Arbeiten wird eine entsprechende Gesamtstrategie vorliegen.
Zur Frage 6: "Nach welchen Kriterien wird der Erfolg der Auslagerung beurteilt?"
Im Rahmen der zur Frage 1 beschriebenen Arbeiten wird auch das Vorgehen zu definieren sein, wie
beurteilt werden kann, ob eine Auslagerung ein Erfolg darstellt oder möglicherweise rückgängig gemacht werden müsste.
Zur Frage 7: "Nach welchen Kriterien wird beurteilt, ob eine Rückführung in die Verwaltung angebracht ist?"
Vgl. Antwort zur Frage 6.
Zur Frage 8: "Wie gedenkt der Regierungsrat zu handeln, um Klarheit, Transparenz und Sicherheit
sowohl für die Öffentlichkeit als auch für die effektive und effiziente Aufgabenerfüllung durch die Organisationen/Unternehmen zu schaffen?"
Ein klarer Aufbau sowie ein klares Controlling von Leistungsaufträgen nach definierten Kriterien sollte eine möglichst optimale Erfüllung von ausgelagerten Aufgaben sicherstellen. Im Rahmen der zur
Frage 1 beschriebenen Arbeiten soll dieses Ziel erreicht werden.
Zur Frage 9: "Hat der Regierungsrat Abklärungen bezüglich der vermehrt geforderten Mehrwertsteuer-Pflicht von staatlichen Dienstleistungen getroffen?"
Die Mehrwertsteuer ist auf Bundesebene geregelt. Alle kantonalen Stellen, welche gemäss Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) vom 12. Juni 2009 (SR 641.20)
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steuerpflichtig sind, kommen ihrer Steuerpflicht nach. Die korrekte Ablieferung der Mehrwertsteuer
wird von der Eidgenössischen Steuerverwaltung sowohl bei Gemeinwesen wie auch bei juristischen
Personen, die ausgelagerte öffentliche Aufgaben erfüllen, periodisch überprüft.
Von der Mehrwertsteuer ausgenommen sind die hoheitlichen Aufgaben (Art. 3 lit. g sowie 18 Abs. 2
lit. 1 MWSTG) sowie die von der Steuer ausgenommenen Leistungen (Art. 21 Abs. 2 MWSTG). Die
Steuerpflicht einer Dienststelle eines Gemeinwesens beginnt ab einem steuerbaren Umsatz von Fr.
25'000.– an Nicht-Gemeinwesen, sofern der totale steuerbare Umsatz (inklusive an andere Gemeinwesen) Fr. 100'000.– übersteigt (Art. 12 Abs. 2 MWSTG). Leistungen innerhalb des gleichen
Gemeinwesens sind gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 28 MWSTG von der Mehrwertsteuer ausgenommen,
weshalb eine Auslagerung solcher Leistungen zu einer Mehrwertsteuerbelastung führen kann.
Bei Auslagerungen von Aufgaben muss deshalb die Frage geklärt werden, ob sie zu einer Mehrwertsteuerbelastung führt. Dies kann den Entscheid über eine Auslagerung beeinflussen. Der konkrete
Sachverhalt muss im Einzelfall genau geprüft werden.
Zur Frage 10: "Zusätzlich interessieren die Beurteilungen zur Gewährung der Rechtssicherheit Art.
35 Abs. 2 der schweizerischen Bundeverfassung: "Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die
Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen".
Wie stellt der Regierungsrat die Umsetzung dieses Artikels sicher?"
Der zitierte Artikel der Bundesverfassung ist im Rahmen der Erfüllung staatlicher, das heisst gesetzlich definierter Aufgaben gültig, unabhängig davon, ob diese durch den Staat selbst oder ausgelagert
an andere Rechtssubjekte wahrgenommen werden.
§ 93 Abs. 3 der Kantonsverfassung und § 9 des Organisationsgesetzes sehen vor, dass der Regierungsrat den Rechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger im Fall der Auslagerung staatlicher Aufgaben sicherstellen muss. Im Rahmen der zur Frage 1 beschriebenen Arbeiten ist zu prüfen, ob weitere
Massnahmen zur Sicherstellung der Umsetzung dieser Verfassungsgrundsätze im Rahmen von Auslagerungen und Leistungsaufträgen notwendig sind.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'579.–.
Kathrin Scholl-Debrunner, SP, Lenzburg: Die SP-Fraktion ist, auch wenn die Antwort sehr teuer ausgefallen ist, zufrieden. Sie ist insofern zufrieden, als dass das Problem erkannt und Besserung versprochen wurde. Wir hoffen nun sehr, dass diese Besserungen, das heisst die Erarbeitung dieser
Strategien, auch wirklich erfolgen werden. Deshalb sind wir sehr gespannt und hoffen, dass dies
nicht auf den "St. Nimmerleinstag" verschoben wird. Besten Dank.
Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen: Auch die FDP-Fraktion ist mit der Beantwortung der Interpellation
zufrieden. Wir betrachten die Antworten aber eher als Arbeitsprogramm des Regierungsrats für die
kommenden Jahre. Wir erwarten, bei den Vorlagen zu den Budgets, Aufgaben- und Finanzplänen
sowie Geschäfts- und Jahresberichten über den Stand des Fortschritts dieser Arbeiten jeweils informiert zu werden.
In diesem Sinne stellen wir fest, dass der Regierungsrat die bestehenden Probleme erkannt hat, die
Lösung ist in Erarbeitung. Wir werden diese Antworten zur Pendenzenliste des Regierungsrats legen.
Vorsitzender: Namens der Interpellantinnen erklären sich Kathrin Scholl und Herbert H. Scholl von
der Antwort befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
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0565 Gesetz über die Organisation des Grossen Rates und über den Verkehr zwischen dem
Grossen Rat, dem Regierungsrat und der Justizleitung (Geschäftsverkehrsgesetz, GVG); Änderung und Dekret über die Geschäftsführung des Grossen Rates (Geschäftsordnung, GO);
Änderung; Bericht und Entwurf zur 2. Beratung; Eintreten, Detailberatung und Schlussabstimmung; fakultatives Referendum; Abschreibung der Motionen 06.70, 06.90, 06.181, 07.62,
07.140, 10.138 und 12.69
Behandlung der Vorlage-Nr. 14.58-1 des Regierungsrats vom 19. März 2014 samt abweichenden
Anträgen der nichtständigen Kommission "GVG-Revision", denen der Regierungsrat zustimmt.
Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach, Präsident der nichtständigen Kommission "GVG-Revision": Die
nichtständige Kommission GVG-Revision hat die heute traktandierte Revision von Gesetz und Dekret über die Organisation des Grossen Rats und über den Verkehr zwischen dem Grossen Rat, dem
Regierungsrat und der Justizleitung (GVG, GO) an zwei Sitzungen zuhanden dieses Hauses vorbereitet. Die Vorlage seitens Regierungsrat vertreten haben Regierungsrat Dr. Urs Hofmann, Departementsvorsteher DVI und Dr. Frank Klein, Leiter des Rechtsdiensts des DVI; die Kommission wurde
unterstützt von Rahel Ommerli, Leiterin des Parlamentsdiensts.
Beide Rechtswerke bilden neben der Kantonsverfassung und dem Gesetz über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen die Hauptgrundlage für die Arbeitsweise des aargauischen Grossen Rats in seinen Beziehungen zu Exekutive und Judikative. Sie werden ergänzt durch
das "Reglement über die Zuständigkeiten und Aufgaben der grossrätlichen Kommissionen“, welche
das Büro des Grossen Rats erlässt.
Unbestritten war das Ergebnis der 1. Lesung im Bereich der Ablösung des parlamentarischen Instruments "Auftrag“ durch eine neu definierte Motion. Die Motion, welche heute primär als Auslöser
für Verfassungs-, Gesetzes- und Dekretsänderungen dient, wird neu zu einem umfassenderen parlamentarischen Handlungsinstrument ausgeweitet. Sie soll künftig den Regierungsrat unter bestimmten Umständen verpflichten können, Massnahmen zu treffen. Da damit einfach und unkompliziert
auch auf nicht gesetzeskonforme Verordnungen der Exekutive Einfluss genommen werden könnte,
verzichtete die Kommission auf die Weiterverfolgung des Verordnungsvetos. Dies, obwohl dazu ein
Vorstoss des Grossen Rats überwiesen wurde.
Zu Diskussionen Anlass gab auch in der 2. Lesung insbesondere die Stimmengewichtung im Büro
des Grossen Rats. Das Büro des Grossen Rats, das eine effiziente Organisation des Ratsbetriebs
vorbereitet, besteht aus dem Grossratspräsidenten, den beiden Vizepräsidenten und je einem Vertreter der Fraktionen. Die Gewichtung der Stimmen der Fraktionsvertreter im Büro des Grossen Rats
soll künftig proportional zur Fraktionsstärke erfolgen. Dadurch kann in Fällen, wo das Büro Entscheide mit politischen Implikationen fällt, die Repräsentanz des Parlaments besser abgebildet werden.
Die Revision des Geschäftsverkehrsgesetzes erfordert zahlreiche Änderungen im Dekret über die
Geschäftsführung des Grossen Rats. Die Bedeutendsten sind: Im Sinne der Liberalisierung der
Stellvertretung von Kommissionsmitgliedern – jedes Grossratsmitglied kann neu ein Kommissionsmitglied vertreten – soll künftig auch auf die heute geltende Amtszeitbeschränkung für die Einsitznahme in den Kommissionen verzichtet werden. Des Weiteren erhalten die Fraktionsleitungen künftig alle Unterlagen der Kommissionsgeschäfte. Das Büro entscheidet über die Art und Weise der
Einsichtnahme in die Kommissionsprotokolle, die neu grundsätzlich allen Ratsmitgliedern – mitsamt
Zusatzunterlagen – zugänglich sein sollen.
Eintreten war unbestritten.
Die Kommission unterstützte die Änderungen von Geschäftsverkehrsgesetz und Geschäftsordnung
grossmehrheitlich. Eintreten war von keiner Seite bestritten.
Namens der Kommission beantrage ich Ihnen Eintreten auf die beiden Vorlagen.
Eintreten
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Vorsitzender: Stillschweigend tritt die CVP-Fraktion auf die Vorlage ein.
Pascal Furer, SVP, Staufen: Die SVP-Fraktion ist mit dem vorliegenden Gesetzes- und Dekretsentwurf einverstanden. Sie tragen zur Stärkung des Parlaments bei, insbesondere die bessere Abbildung der Stimmverhältnisse im Büro des Grossen Rats. Die SVP wird deshalb dem Gesetz und dem
Dekret zustimmen.
Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg: Wie bereits in der 1. Lesung, lehnen die Grünliberalen die
Revision des GVG ab. Die von uns nicht bestrittenen Änderungen bewirken zu wenig Verbesserung,
als dass wir zustimmen könnten. Viele Änderungen finden bei uns gar keine Unterstützung.
Die Grünliberalen sind einverstanden mit der Aufhebung der Amtszeitbeschränkung sowie mit der
Liberalisierung der Stellvertretungsregelung.
Sehr begrüsst wird die Aufnahme der Minderheitsanträge in die Synopse. Dies ermöglicht den nicht
in der Kommission vertretenen Ratsmitgliedern viel differenziertere Abwägungen.
Den positiv bewerteten Änderungen stehen aber folgende Anpassungen gegenüber, welche wir nicht
unterstützen:
1. Die heutige Besetzung der Kommissionen mit Ausschluss gewisser Fraktionen erachten wir weiterhin als falsch.
2. Die neu erfundene Gewichtung der Stimmen im Büro, welches den Grossen Rat zu organisieren
und nicht primär politische Entscheide zu treffen hat, finden wir überflüssig, verkomplizierend und
nicht sachgerecht angesichts der Abstimmungsinhalte im Büro des Grossen Rats.
3. Nach wie vor trauert die GLP als einzige Partei dem Instrument des Auftrags nach. Diese Abschaffung wird unser Parlament schwächen, davon sind wir überzeugt.
Diese drei Punkte führen uns zur Ablehnung der Revision von GVG und GO.
Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen: Die Fraktion der Freisinnigen ist hocherfreut über das Ergebnis der
Kommissionsberatungen. Sie stellt fest, dass keine Differenzen zwischen Regierungsrat und vorberatender Kommission bestehen und wird allen gemeinsamen Anträgen von Regierungsrat und Kommission einstimmig zustimmen.
Patricia Schreiber-Rebmann, Grüne, Wegenstetten: Die Revision des GVG ist aus Sicht der Grünen
in dieser Form nicht mehr annehmbar. Wie bereits mehrmals erwähnt, wurde erst vor zwei Jahren
die Hürde für kleinere Parteien mit einem Quorum beim Grossratswahlgesetz angehoben.
Für uns ist es inakzeptabel, dass die Stimmen im Büro proportional zur Fraktionsstärke gewichtet
werden sollen. Im Büro wird unter anderem der Verteilerschlüssel festgelegt, nach welchem die Fraktionen die Möglichkeit zur Kommissionsarbeit erhalten. Da werden ja alle Abstimmungen zugunsten
der grossen Parteien ausfallen. Wo bleibt da die Fairness?
Dass nicht alle Fraktionen in den Kommissionen einen Sitz erhalten, damit mussten wir uns bereits
nach mehrmaligem Unterliegen abfinden, und einen weiteren Antrag werden wir nicht mehr stellen.
Eine weitere grosse Änderung ist der Freipass bei der Stellvertretungsregelung in den Kommissionen an ein x-beliebiges Fraktionsmitglied. Die Flexibilisierung führt zu einer Anonymisierung der Mitarbeit in den Kommissionen. Statt Meinungsvielfalt befürchten wir eine Machtkonzentration auf einzelne Politiker und Politikerinnen. Die Meinungsvielfalt wird über kurz oder lang leiden, wenn es
schlussendlich möglich ist, dass sich die Facharbeit auf einzelne Grossräte konzentrieren lässt. Dass
gleichzeitig die Amtszeitbeschränkung von 8 Jahren aufgehoben wird, ist nur eine logische Konsequenz davon. Diese Flexibilisierung ist ein Risiko im Hinblick auf allfällige Veröffentlichungen von
Kommissionsprotokollen. Die paar wenigen positiven Neuerungen, wie der Minderheitsantrag, wiegen die vielen Nachteile der Revision überhaupt nicht auf. Die Grünen werden das Geschäft ablehnen.
Maya Bally Frehner, BDP, Hendschiken: Grossmehrheitlich ist die BDP-Fraktion nach wie vor mit
dem vorgelegten überarbeiteten Gesetz und dem Dekret einverstanden. Wir begrüssen insbesondere die freiere Handhabung von Stellvertretungen in den Kommissionen. Wir sehen zwar sehr wohl
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das Risiko, dass dies in ständig neu besetzte Gremien ausarten könnte, wie es von meiner Vorrednerin erwähnt wurde. Wir verlassen uns aber darauf, dass alle Fraktionen nach dem Grundsatz handeln: "In der Regel bestreitet das Vollmitglied die Sitzungen, eine Stellvertretung bleibt die Ausnahme.“
Mit dem Vorschlag zur neuen Zusammensetzung des Büros ist die BDP nach wie vor nicht einverstanden. Auch wenn der nun abweichende Antrag vom 12. Mai 2014 den ursprünglich vorgebrachten
absolut rigiden Vorschlag doch etwas relativiert. Wir stören uns aber nach wie vor an der Inkonsequenz dieses Antrags. Einerseits ist man der Meinung, es sei nicht wichtig, dass in einer einzelnen
Fachkommission die Fraktionen im Verhältnis ihrer Mitgliederzahlen der Fraktionen vertreten sind,
und deshalb in den Kommissionen immer eine Fraktion nicht dabei ist. Auf der anderen Seite aber
soll dies dann in der Zusammenstellung des Büros realisiert werden. Dies, obwohl die Entscheide im
Büro anderer Natur sind. Wir verweisen hier sehr gerne auf die verständlichen Ausführungen des
Regierungsrats. Irgendwie überrascht es schon, dass sich im Kanton Aargau die grösseren Parteien
dermassen vor den kleineren fürchten. Wo bleibt da das Selbstbewusstsein?
Kurz, weil nicht notwendig und inkonsequent in der Haltung, sind wir der Meinung, dem geltenden
Recht sei der Vorzug zu geben. Einen allfälligen Antrag in diese Richtung würden wir unterstützen.
Mit dem Rest sind wir einverstanden.
Lilian Studer, EVP, Wettingen: Die EVP wird auf die Vorlage des Geschäftsverkehrsgesetzes eintreten, die Vorlage in der Schlussabstimmung jedoch mit grosser Wahrscheinlichkeit ablehnen.
Wunder können immer wieder passieren, davon sind wir überzeugt. Wir sind aber auch realistisch.
So wie die 1. Lesung und die beiden Kommissionssitzungen verlaufen sind, sind wir sogar eher ernüchtert. Auch wenn nicht wirklich viel zu erwarten war. Die EVP-Fraktion akzeptiert die Machtverhältnisse, das müssen und wollen wir ja auch, denn das Volk hat so gewählt. Aber wenn es nur um
Macht geht und nicht mehr um gute Lösungen, dann haben wir damit Mühe, ebenso wie mit dieser
Vorlage.
Zu den beiden Paragrafen, die für die EVP ausschlaggebend sind, um die Vorlage abzulehnen. Die
Vorlage bietet leider nicht viel mehr als die neue Form der Motion und die Abschaffung des Auftrags.
Beides findet unsere Unterstützung.
1. Für uns hat die Arbeit im Büro nichts mit Machtverhältnissen zu tun, sondern es geht darum, gemeinsam gute Lösungen und Entscheide zu finden, die unseren Ratsbetrieb unterstützen und ihn gut
organisieren.
Für uns ist der bestehende Paragraf, so wie er aus der letzten Kommissionsberatung hervorgegangen ist, sicher besser durchführbar als zuvor. Aber er entspricht mehr einer Komödie.
2. Die neue Zusammensetzung der Kommissionen ist für uns immer noch unverständlich. In den
Kommissionen werden Fragen gestellt und man diskutiert Dinge, die nicht zwingend ins Plenum gehören. Dies bedingt aber, dass alle Fraktionen daran teilnehmen können. Hier wollten wir anlässlich
der 1. Lesung und in den beiden Kommissionsberatungen konkret werden.
Noch ein 3. Punkt, den wir als Bitte verstanden haben möchten, weil wir diesbezüglich nicht wirklich
einverstanden sind: Bezüglich der neuen Stellvertretungslösung bitten wir die Fraktionen, im Falle
einer Annahme, eine gewisse Kontinuität zu gewährleisten. Ständig neue Personen in den Kommissionen vorzufinden ist nicht unbedingt sinnvoll. Die Verantwortung liegt hier klar bei den Fraktionen.
Im Gegensatz zur FDP sind wir nicht hocherfreut über diese Vorlage, treten ein und lehnen sie mit
grosser Wahrscheinlichkeit ab.
Kathrin Scholl-Debrunner, SP, Lenzburg: Ich nehme es vorweg, die SP-Fraktion wird auf die Vorlage
eintreten und ihr zustimmen.
Nach der konstruktiven Diskussion in der Kommission, als es wirklich darum ging, pragmatische
Lösungen zu suchen und zu finden sowie Kompromisse zu schliessen, erachten wir die vorliegende
überarbeitete Vorlage als eine praktikable Gesetzgebung.
Die gewichteten Stimmen im Büro des Grossen Rats erachten wir allerdings als nicht wirklich notwendig und die SP wird allfälligen Anträgen zustimmen, die geltendes Recht in diesem Punkt vorziehen.
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Es gab auch eine Diskussion um die Stellvertretungen, die nun quasi liberalisiert werden sollen. In
Bundesbern ist es gelungen, damit konstruktiv und lösungsorientiert umzugehen. Das stimmt zuversichtlich. Ich hoffe, dass die Fraktionen hier die Verantwortung wahrnehmen, weil ein geregelter
Ratsbetrieb notwendig ist.
Dr. Urs Hofmann, Landstatthalter, SP: Der Regierungsrat dankt der vorberatenden Kommission für
die konstruktive Zusammenarbeit. Es bestehen keine Differenzen zwischen den Kommissionsanträgen und den Anträgen des Regierungsrats, auch wenn sich der Regierungsrat in einzelnen Punkten
andere Lösungen hätte vorstellen können und auch andere Lösungen bevorzugt hätte. So verzichtet
der Regierungsrat auf gegenteilige Anträge, auch in Anbetracht des Umstands, dass doch zahlreiche
Bestimmungen die internen Abläufe des Grossen Rats regeln und sich der Regierungsrat hier nicht
ohne Not mit abweichenden Anträgen einmischen oder einschalten will.
Ich bitte Sie, auf die Vorlage einzutreten und dem Kommissionsergebnis zuzustimmen.
Vorsitzender: Eintreten ist unbestritten.
Detailberatung
Gesetz über die Organisation des Grossen Rates und über den Verkehr zwischen dem Grossen Rat,
dem Regierungsrat und der Justizleitung (Geschäftsverkehrsgesetz, GVG); Änderung
I., § 10 Abs. 5 (neu)
Zustimmung
§ 11
Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach, Präsident der nichtständigen Kommission "GVG-Revision":
Zu § 11 Zusammensetzung Büro des Grossen Rats, Wahl und Zuständigkeit, Abs. 1: Zusammensetzung: Eine längere Diskussion und vertiefte Abklärungen führte die Kommission noch einmal zur
Zusammensetzung und zum Stimmgewicht unserer Ratsleitung. In 1. Lesung hatte der Grosse Rat
beschlossen, dass das Büro des Grossen Rats aus Präsident, den beiden Vizepräsidenten und je
einem Vertreter der Fraktionen bestehen soll und ergänzend festgehalten: "Die Gewichtung der
Stimmen erfolgt proportional zur Fraktionsstärke“.
Die Kommission war mit der Auffassung des Regierungsrats einverstanden und verzichtete auf vertiefte rechtliche Abklärungen. Die Kommission beschloss sodann, § 11 GVG und § 5 GO gemeinsam
zu diskutieren und zu bereinigen, da sie eng miteinander verknüpft sind.
Wir erinnern uns: Der Grosse Rat und seine Organe diskutierten die Fragen der Repräsentanz sowohl bei der Zusammensetzung der grossrätlichen Kommissionen als auch bei der des Büros und
zwar in regelmässigen Abständen.
Eine Mehrheit der Kommission vertrat folgende Auffassung: Die grösseren Fraktionen verzichten bei
den grossrätlichen 13-er Kommissionen zugunsten der kleinen Fraktionen auf Sitze. Das geht aus
der Aufstellung in der Botschaft auf Seite 5 klar hervor. Während einzelne Mitglieder grosser Fraktionen über gar keinen Einsitz in den Kommissionen verfügen, haben Mitglieder kleinerer Fraktion oft in
zwei oder noch mehr Kommissionen Einsitz. Das sei ungerecht und schaffe ein Gefälle an Einflussmöglichkeiten unter den Ratsmitgliedern. Konsequenterweise könnten sich die grossen Fraktionen
auf den Standpunkt stellen, dass zur Bildung einer Fraktion mindestens so viele Mitglieder nötig seien, wie es ständige Kommissionen gibt. Das wären aktuell 11 Mitglieder.
Ein Antrag dazu wurde nicht gestellt. Hingegen wurde am Beschluss, die Stimmen im Büro besser zu
gewichten, festgehalten: Bei der grossen Mehrheit der Diskussionen des Büros gibt es zwar keine
parteipolitischen Auseinandersetzungen. Bei politisch gefärbten Diskussionen, wie zum Beispiel bei
Wahlgeschäften, hat sich das Gewicht aber seit Längerem deutlich zugunsten der kleinen Fraktionen
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verschoben. Beanstandet wurde vorab von Vertretern der vier grossen Fraktionen, dass heute die
Zusammensetzung des Büros die Zusammensetzung des Ratsplenums nicht mehr korrekt abbilden
würde. Die grossen Fraktionen seien unter- und die kleinen Fraktionen übervertreten. Das führe bei
politisch gefärbten Entscheiden, wie etwa Wahlgeschäften, zu Problemen. Denn im Unterschied zu
den Kommissionen entscheidet das Büro vielfach abschliessend.
Bei der Suche nach der besten Lösung für eine repräsentative Ausgestaltung der Gewichtung der
Stimmen nach Fraktionsstärke war sich die Kommission auch schnell einig, dass der Grossratspräsident und die beiden Vizepräsidenten 1 und 2 im Büro über je eine Stimme verfügen sollten. Diese
wichtigen Personen in unserem Rat sollen auch im Büro ein Stimmrecht haben.
Schliesslich erwies sich folgende Lösung als mehrheitsfähig: Das Büro besteht weiterhin aus den
drei Präsidiumsmitgliedern sowie den Fraktionsvertretungen. Die Fraktionen sollen bezüglich Stimmengewichtung aber einigermassen repräsentativ abgebildet werden. Für die Bildung einer Fraktion
sollen wie bisher 5 Mitglieder notwendig sein.
Eine Erweiterung des Büros um die Vertreter der grossen Fraktionen wurde abgelehnt. Die Stimmkraft eines Fraktionsvertreters richtet sich nach der Fraktionsgrösse. Die Mitglieder des Präsidiums
behalten ihre einzelne Stimme.
Die Fraktionsvertreter sollen gemäss jetziger Lösung eine Stimmkraft zugesprochen erhalten, die
entsprechend einem von der Politik gefundenen Umrechnungsverhältnis errechnet wird. Dieses Umrechnungsverhältnis gab länger zu diskutieren. Massgeblich für eine Stimme sollen künftig 10,0 Prozent aller Ratsmitglieder, also 14 Ratsmitglieder sein. Festgelegt wurden auf diese Weise also
schliesslich 14er-Sprünge, nach denen sich die Stimmkraft der Fraktionsvertreter bemessen soll.
Das ergäbe folgendes Bild: Über je eine Stimme im Büro verfügen: Präsident, Vizepräsident 1 und 2,
die Fraktionspräsidenten von EVP, BDP, GLP und den Grünen; über je 2 Stimmen die Präsidenten
von CVP, SP und FDP; über 4 Stimmen der Fraktionspräsident der SVP.
Aus der Diskussion und den zahlreichen Anträgen resultierte folgendes Abstimmungsdispositiv: Wir
haben zuerst den Grundsatzentscheid über das Stimmrecht des Präsidiums gefällt; dann über das
Stimmrecht des Präsidenten und der Vizepräsidenten, schliesslich über die Stimmkraft der Fraktionsvertreter abgestimmt. Schlussendlich wurde das Resultat dem bisherigen Recht gegenübergestellt.
Zu den Abstimmungen:
1. Grundsatzentscheid über das Stimmrecht des Präsidiums: Dem Präsidium wurde mit 11 Stimmen
gegen 1 Stimme (bei 12 Anwesenden) grundsätzlich ein Stimmrecht zugebilligt.
2. Es war jedoch umstritten, ob es nur der Grossratspräsident oder auch die beiden Vizepräsidenten
erhalten sollen. Deshalb wurde in der Gegenüberstellung mit 6 gegen 5 Stimmen, bei 1 Enthaltung,
(bei 12 Anwesenden) dem Präsidenten und den Vizepräsidenten das Stimmrecht mit je einer Stimme
zugebilligt.
3. Bei der Stimmkraft der Fraktionsvertreter standen sich Anträge auf Sprünge zu je 20, je 15 oder je
14 gegenüber: Es obsiegte der Antrag auf 14 Fraktionsmitglieder mit 11 Stimmen gegen 1 Stimme,
bei 12 Anwesenden.
4. Abstimmung über die Beibehaltung des bisheriges Rechts: Der Antrag wurde mit 8 gegen 2 Stimmen, bei 2 Enthaltungen (bei 12 Anwesenden), abgelehnt.
In der Schlussbereinigung wurden sowohl § 11 Abs. 1 GVG und der eng damit verknüpfte § 5 Abs. 4
GO mit 9 gegen 4 Stimmen (bei 13 Anwesenden) genehmigt. So kam es zur heute zur Diskussion
stehenden Fassung.
§ 11 Abs. 1 (geändert)
Patricia Schreiber-Rebmann, Wegenstetten, beantragt, den letzten Satz gemäss Kommissionsfassung zu streichen: "Die Gewichtung der Stimmen der Fraktionsvertreter erfolgt grundsätzlich im Verhältnis zur Mitgliederzahl der Fraktionen."
(Im Falle einer Annahme wäre § 5 Abs. 4 der Geschäftsordnung zu streichen.)
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Patricia Schreiber-Rebmann, Grüne, Wegenstetten: Die Zusammensetzung des Büros nach Fraktionen hat sich bewährt. Es gab keine bestrittenen Geschäfte, die zu einer Systemänderung führen
müssten. Der Kommissionspräsident hat es gesagt, das Büro ist hauptsächlich für die Organisation
des Ratsbetriebs zuständig. Er hat ebenfalls gesagt, dass die Änderung rechtlich nicht vertieft angeschaut wurde.
Ich habe in der Kommissionsberatung aber darauf hingewiesen, dass es Aspekte gibt, die eine Gewichtung des Büros nach Fraktionsstärke rechtlich gesehen als problematisch einstufen. Aber die
Kommission hat entschieden, dass sie es nicht vertieft prüfen will.
Die Grünen beantragen nun im Namen aller kleinen Fraktionen die Beibehaltung des bisherigen
Rechts, also konkret die Streichung des letzten Satzes in § 11 Abs. 1 GVG.
Ruedi Weber, Grüne, Menziken: Aus organisatorisch-staatsbürgerlichen Überlegungen lehne ich
Abs. 1 von § 11 GVG ebenfalls ab. Nicht deshalb, weil Andreas Glarner dann drei- oder viermal mehr
Wert sein soll als unsere Irène Kälin, sondern weil das Büro des Grossen Rats für mich – und nicht
nur für mich – ein Organisationsgremium bleiben und keine demokratisch-politische Institution werden soll.
Das Büro hat die Aufgabe, unsere echt demokratischen Instrumente – und das sind für mich in erster
Linie das Plenum und die Kommissionen – rein organisatorisch zu unterstützen. Das wollte ich
nochmals klar betonen.
Das Büro hat sich aus dem politischen Entscheidungsprozess möglichst herauszuhalten. Darüber
haben wir hier im Saal zu wachen, damit weder das Büro noch irgendeines seiner Mitglieder überhaupt ein Gewicht erhält – weder ein einfaches noch ein mehrfaches! Mit einer proportionalen
Stimmkraft implizieren wir aber genau dieses politische Gewicht. Wir kennen ja die gewichtigen Politbüros, die Politbüros mit Gewicht, aus vergangenen Ostblock-Epochen! Lehnen Sie deshalb diesen
Absatz ebenfalls ab. Danke.
Vorsitzender: Ich habe den Antrag von Patricia Schreiber; ich erkläre ihn nochmals ganz kurz: Er
möchte, dass bei § 11 Abs. 1 in der Fassung der NIKO, die auch nachher zur Abstimmung gelangt,
der letzte Satz gestrichen wird, der da heisst, "Die Gewichtung der Stimmen der Fraktionsvertreter
erfolgt grundsätzlich im Verhältnis zur Mitgliederzahl der Fraktionen". Ruedi Weber hat denselben
Antrag gestellt beziehungsweise diesen unterstützt. Damit bringe ich die Fassung gemäss NIKO zur
Abstimmung und stelle diese dem Antrag von Patricia Schreiber gegenüber.
Abstimmung (Gegenüberstellung)
Fassung Kommission
Antrag Patricia Schreiber (Teilstreichung)
81 Stimmen
48 Stimmen
Hauptabstimmung gemäss Fassung der Kommission
Der Fassung gemäss Kommission wird mit 83 gegen 46 Stimmen zugestimmt.
§ 11 Abs. 2, 2bis (neu) und 4 sowie Abs. 5 (gelöscht)
Zustimmung
§ 12 Abs. 3bis (geändert)
Zustimmung
Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach, Präsident der nichtständigen Kommission "GVG-Revision": Nach
der Regelung gemäss 1. Lesung könnten die Berechnungen eine zahlenmässig unterschiedliche
Zusammensetzung der ständigen Kommissionen ermöglichen. Dies ist aber weder gewollt noch entspricht es unserer langjährigen Praxis. Zuhanden der Materialien kann deshalb festgehalten werden,
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dass die Veränderung im Grundsatzschlüssel für sämtliche ständigen Kommissionen massgeblich
sein soll. Dies ist in der Botschaft auch so festgehalten. Eine Veränderung muss somit Auswirkungen
auf sämtliche ständigen Kommissionen haben. Dies zur Präzisierung.
§ 12a
Zustimmung
§ 13 Abs. 2
Patricia Schreiber-Rebmann, Wegenstetten, beantragt die Beibehaltung des bisherigen Rechts: "Das
Büro bestimmt auf Vorschlag der Fraktionen pro Kommissionsmitglied einen Stellvertreter."
Patricia Schreiber-Rebmann, Grüne, Wegenstetten: Zu § 13 Abs. 2: Die Flexibilisierung führt voraussichtlich zu stärkerem Wechsel in den Kommissionen und zu Mehraufwand für den Parlamentsdienst. Wer wird wann an welchen Kommissionssitzungen teilnehmen? Wer soll auf welches Dokument Zugriff erhalten? Wir befürchten einen riesigen administrativen Mehraufwand. Ob die Qualität
der Diskussionen nicht ebenfalls leidet, möchten wir zu bedenken geben. Gibt es dann Hauptgrossräte und Schattengrossräte? Also solche, die leider nirgends mitarbeiten dürfen, weil sich die Kommissionsarbeit nur auf ein paar wenige Opinion Leaders konzentriert. Es wäre sozusagen ein Zweiklassen-Parlament. Die Meinungsvielfalt wird mit dieser Flexibilisierung gefährdet, ebenso das Amtsgeheimnis und die Möglichkeit, Lösungen in der Kommissionsarbeit zu finden. Bitte bleiben Sie doch
beim geltenden Recht und verhindern Sie ein spontanes, unübersichtliches System!
Wenn nur noch die Meinungen von Einzelnen gefragt sind und die gewählten Kommissionsmitglieder
eventuell innerhalb der Fraktion je nach Thema konkurrenziert werden, ist dies ein eminenter Demokratieabbau. Wir bitten Sie, den Antrag auf Beibehaltung des alten Rechts zu unterstützen.
Abstimmung
Der Antrag wird mit 110 gegen 19 Stimmen abgelehnt. Somit gilt die Fassung gemäss der 1. Beratung.
§ 13 Abs. 3 (geändert), § 23 Abs. 4 (gelöscht), § 30 Abs. 2 (aufgehoben), § 35 Abs. 1–2 und Abs. 3
(geändert), § 39b Abs. 3, § 41 Abs. 1, Abs. 2 (geändert), Abs. 3 und 4 (aufgehoben), § 42 Abs. 1–3;
§ 44 Abs. 2, § 45 Abs. 1, Abs. 2 (geändert) und Abs. 3–4, § 46 Abs. 1 (geändert), § 48 (aufgehoben)
Zustimmung
§ 57 abs. 4 (geändert)
Zustimmung
Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach, Präsident der nichtständigen Kommission "GVG-Revision": Bei
der Regelung zur Aufführung der Minderheitsanträge gab es Fragen zur Praktikabilität in der Umsetzung: Wer ist mit der betreffenden Minderheit gemeint?
Wenn ein Antrag zwar die Zustimmung von einem Drittel der Kommissionsmitglieder erreicht, aber
kein Interesse an einer Behandlung im Plenum besteht, muss dieser Minderheitsantrag nicht zwingend in die Synopse aufgenommen werden. Die Antragstellenden sollen selbst darüber entscheiden
können. Es muss in der Kommission mittels Abstimmung oder schriftlicher beziehungsweise mündlicher Umfrage abgeklärt werden, ob die Hürde von einem Drittel auch betreffend Aufnahme eines
Minderheitsantrags in die Synopse erreicht wird. Nur in diesem Fall wird der Minderheitsantrag in die
Synopse übernommen.
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II., Organisationsgesetz § 10 Abs. 3, III., IV.
Zustimmung
Dekret über die Geschäftsordnung des Grossen Rats (Geschäftsordnung, GO); Änderung
I., § 4 Abs. 1
Zustimmung
Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach, Präsident der nichtständigen Kommission "GVG-Revision":
Zu § 4 Abs. 1 lit. e): Hier wurde die Formulierung auf "zur Kenntnis bringen" geändert. Damit soll zum
Ausdruck gebracht werden, dass die Lösung unabhängig vom Zustellungssystem erfolgt. "Zur Kenntnis bringen" könnte neben Zustellung per Post oder E-Mail auch die Einstellung im GRAGnet bedeuten.
§ 5 Abs. 4
Zustimmung
Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach, Präsident der nichtständigen Kommission "GVG-Revision":
Zu § 5 Organisation Abs. 4: Eigentlich haben Sie es im Prinzip bereits mit dem GVG entschieden.
Wenn Sie hier die Diskussion über die Anzahl der erforderlichen Sprünge, um im Büro einen Stimmgewichtszuwachs zu erhalten, nochmals führen wollen, dann können wir die Variantenabstimmungen
nochmals wiederholen. Ich würde Sie aber nicht dazu einladen.
§ 6 Abs. 1
Zustimmung
§ 9 (aufgehoben)
Zustimmung
Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach, Präsident der nichtständigen Kommission "GVG-Revision":
Zu § 9 Beschränkung der Zugehörigkeit: Hier wurde der Umgang mit der Amtszeitbeschränkung
diskutiert. Im Grossen Rat des Kantons Aargau wurde vor geraumer Zeit für Kommissionen eine
Amtszeitbeschränkung eingeführt, während beispielsweise im Nationalen Parlament keine derartigen
Amtszeitbeschränkungen bekannt sind. Dort kommt es durchaus vor, dass einzelne Parlamentarier
in den Kommissionen langjährig verbleiben, ohne dass die Fraktionen eingreifen.
Andererseits gab es im Grossen Rat in den letzten Jahren kaum mehr Mitglieder, welche länger als
12 Jahre im Amt verbleiben – der Sprechende vielleicht ausgenommen. Dieser inhaltlichen Diskussion steht die formelle gegenüber. Wenn eine Amtszeitbeschränkung aufrechterhalten bleibt, aber
andererseits jedes Grossratsmitglied beliebig als Stellvertreter eingesetzt werden kann, ist eine vernünftige Handhabung der Amtszeitbegrenzung kaum mehr möglich.
Bei der jetzigen Lösung geht aber auch sehr viel Fachwissen und Know-how verloren, was letztlich
die Verwaltung stärkt. Aus diesem Grund haben wir ein Interesse daran, dass die Fraktionen eigenverantwortlich eine gute Durchmischung in den Kommissionen anstreben.
Die Bedenken betreffend überlanger Zugehörigkeit von einzelnen Mitgliedern in den Kommissionen
sind teilweise nachvollziehbar. Der Versuch, die Beschränkung der Zugehörigkeit aufzuheben, kann
dennoch gewagt werden, so lautete die Meinung der Kommissionsmehrheit. Da es sich um eine
Geschäftsordnungsbestimmung handelt, wäre eine spätere Wiedereinführung einer Amtszeitbeschränkung, falls man Missbräuche feststellt, auch relativ leicht denkbar. Die Mehrheit blieb bei der
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Auffassung, dass eine Amtszeitbeschränkung nicht zu einem derart flexiblen Stellvertretersystem
passt und verwies damit die sachgerechte Dauer der Zugehörigkeit zu einer grossrätlichen Kommission in die Verantwortung der Fraktionen.
§ 11 Abs. 2
Zustimmung
§ 13 Abs. 2bis
Sämi Richner, Auenstein, beantragt folgende Ergänzung: "Auf Anfrage eines Kommissionsmitglieds
können mit Zustimmung des Regierungsrats einzelne Berichte und weitere Unterlagen als öffentlich
erklärt werden."
Nach Abschluss der Diskussion zieht Sämi Richner den Antrag zurück. Somit Zustimmung zu § 13
Abs. 2bis.
Sämi Richner, EVP, Auenstein: Ich hätte eine Frage an den Regierungsrat: Gehe ich recht in der Annahme, dass gemäss § 13 Protokoll Abs. 2bis Berichte und Unterlagen den Status von Protokollen
erhalten? Das heisst, alle Dokumente wären nicht mehr öffentlich und dürften gegen aussen, konkret
ausserhalb des Grossen Rats, nicht mehr verwendet werden. Ich denke beispielsweise an FactSheets oder Präsentationen, die für die Kommissionen im Zusammenhang mit Gesetzesberatungen
bereitgestellt werden. Sind diese Dinge aufgrund von § 13 Abs. 2bis künftig automatisch unter Verschluss? Ich frage den Regierungsrat, ob dies so zutrifft? Sind bei einer Annahme von § 13 Abs. 2 bis
alle Unterlagen eines Protokolls gleichgestellt und demzufolge nicht öffentlich? Ja oder Nein, je nach
Antwort werde ich noch einen Antrag stellen.
Dr. Urs Hofmann, Landstatthalter, SP: Die Öffentlichkeit amtlicher Dokumente richtet sich nach dem
Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ). Was öffentlich ist, bleibt natürlich auch öffentlich, wenn es in einer
grossrätlichen Kommission abgegeben oder vorgelegt wird. Es ist nicht so, dass das, was öffentlich
ist, aufgrund des Öffentlichkeitsgesetzes geheim wird, wenn es in einer Kommission den Grossräten
vorgelegt wird. Insofern kann ich Sämi Richner gerne bestätigen, dass das, was öffentlich ist, auch
öffentlich bleibt und anderen Grossräten auf entsprechendes Verlangen hin abgegeben werden
kann. Wenn allerdings der Regierungsrat gewisse Dokumente, die nicht als öffentlich gelten, nur
einer Kommission zur Verfügung stellt, dann bleibt es dem Kommissionsgeheimnis unterstellt. Insofern wird durch diese Regelung das Öffentlichkeitsprinzip nicht eingeschränkt.
Andreas A. Glarner, SVP, Oberwil-Lieli: Ich habe eine direkte Frage an den Innendirektor: Wieso
schützt er seine Kollegin Susanne Hochuli, die einen unschuldigen, armen, kleinen Grossrat in die
Pfanne haut, weil dieser sagt, dass sie 24 Millionen Franken – ich sage jetzt nicht veruntreute – widerrechtlich ausgegeben hätte? Sie hat Strafanzeige eingereicht. Und dann lügt sie noch und sagt,
sie hätte keine Strafanzeige eingereicht. Wieso schützen Sie das denn, wenn das Dokument doch
öffentlich ist?
Dr. Urs Hofmann, Landstatthalter, SP: Bei dieser umstrittenen Rechtsfrage ging es ja um die Frage,
ob dieses Dokument öffentlich ist oder nicht. Wie es sich damit verhält, das haben die Staatsanwaltschaft oder die Gerichte zu entscheiden. Dazu äussert sich der Regierungsrat nicht.
Wenn das Dokument unbestrittenermassen öffentlich sein sollte, dann wird es ja nicht deshalb, weil
es in einer Kommission vorgelegt wird, zum Geheimpapier.
Sämi Richner, EVP, Auenstein: Für mich war die Antwort leider nicht so klar. Es war weder ein Ja
noch ein Nein für mich. Ich lese nun meinen Antrag vor und frage den Regierungsrat, ob dieser erforderlich sei oder nicht. Der ergänzende Zusatz lautet: "Auf Anfrage eines Kommissionsmitglieds
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können mit Zustimmung des Regierungsrats einzelne Berichte und weitere Unterlagen als öffentlich
erklärt werden."
Ist diese Ergänzung notwendig oder nicht? Wenn man eine Präsentation zeigen möchte, ist es dann
klar, dass man das darf? Mit dieser Ergänzung in der Geschäftsordnung wäre für mich klar, was ich
verwenden darf. Ich habe ja vielleicht die Absicht, in einem Abstimmungskampf gewisse Passagen
zu verwenden. Ich könnte dann in der Kommissionsberatung fragen, ob man diese Berichte verwenden darf respektive, ob sie öffentlich sind. Dann wäre es klar für mich.
Aber mit IDAG (Gesetz über die Information der Öffentlichkeit, den Datenschutz und das Archivwesen) usw. zu argumentieren, das ist für mich sehr kompliziert. Da müsste man zuerst ein Gesuch
stellen usw. Deshalb würde ich gerne diesen Antrag stellen. Falls der Regierungsrat plausibel erklären kann, dass es nicht erforderlich ist, dann kann ich den Antrag immer noch zurückziehen.
Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach, Präsident der nichtständigen Kommission "GVG-Revision": Geschätzter Kollege Richner, hier benötigen wir nicht die Äusserung des Regierungsrats. Bitte schlagen
Sie das GVG auf, § 24 Amtsverschwiegenheit, Abs. 3. Ich lese Ihnen vor: "In Bezug auf die vom
Regierungsrat, von Mitarbeitern des Kantons oder Sachverständigen gemachten Äusserungen und
herausgegebenen geheimen Amtsakten sind die Mitglieder der Kommissionen und die Mitarbeiter
des Parlamentsdienstes zur Geheimhaltung verpflichtet. Der Regierungsrat bestimmt im einzelnen
Fall, auf welche Äusserungen oder Aktenstücke diese Bestimmung anwendbar ist."
Das ist genau diese Lösung, die Sie hier angesprochen haben und sie ist heute bereits im GVG § 24
Abs. 3 geltendes Recht. Der Antrag ist also überflüssig.
Vorsitzender: Ich frage den Antragsteller an, ob er den Antrag aufrechterhält. Er zieht den Antrag
zurück.
§ 17 Abs. 2, § 18 Marginalie und Abs. 3, § 39 Abs. 1 lit. b, § 43 Abs. 1, § 53 Abs. 2,
Zustimmung
§ 62a Abs. 2,
Zustimmung
Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach, Präsident der nichtständigen Kommission "GVG-Revision": Zu §
62a, Stille Wahlen, Abs. 2 hat uns Dr. Urs Hofmann, Regierungsrat DV DVI, wie folgt ins Bild gesetzt:
Die Justizleitung hatte einen Antrag gestellt, das Prozedere bei den Richterwahlen zu prüfen. Allenfalls müssten klare gesetzliche Regelungen getroffen werden. Allerdings konnte diesem Antrag in der
Kürze der Zeit – auf diese 2. Lesung hin – nicht entsprochen werden. Die bisherige Lösung ist gemäss Rechtsgutachten des Rechtsdiensts des Regierungsrats nicht befriedigend und muss mit einer
separaten GOG-Änderung angepasst werden. Im Zusammenhang mit der Einführungsgesetzgebung
ist weiterer Handlungsbedarf für eine Überarbeitung vorhanden. Das Problem wird also in einer
nächsten GOG-Änderung angepackt.
§ 63, § 74 Abs. 1, § 80 Abs. 1, § 82a (aufgehoben), § 83
Zustimmung
§ 90 Abs. 1 (in der Synopse nicht enthalten)
Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach, Präsident der nichtständigen Kommission "GVG-Revision":
Zu § 90 Abs. 1: Unter diesem Absatz sind die Entschädigungen des Ratspräsidiums geregelt. Es
wurde beantragt, dass die Entschädigung für den Ratspräsidenten um die Hälfte auf 10'000 Franken
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und die der zwei Vizepräsidenten auf 2'500 Franken reduziert werden. Nachdem die Grossratspräsidentenfeier separat entschädigt werde, sei ein solcher Antrag in der aktuellen Sparsituation angemessen.
Die Mehrheit hingegen argumentierte, dass Arbeit – auch parlamentarische Arbeit – sich lohnen
müsse. Die Tätigkeit des Ratspräsidiums sei mit grossem Zusatzaufwand verbunden. Durch die Kürzung der Entschädigung werde das Anforderungsprofil einer Präsidentin oder eines Präsidenten
weiter eingeengt. In der Folge könne es sich kaum jemand mehr leisten, Grossratspräsident oder
Grossratspräsidentin zu werden. Es dürfe nicht sein, dass aus finanziellen Überlegungen von diesem
Amt Abstand genommen werden müsse. Der Einsatz sei enorm und die bisherige Entschädigung
angemessen und darum beizubehalten.
Der Antrag wurde mit 7 gegen 3 Stimmen, bei 1 Enthaltung (bei 11 Anwesenden), abgelehnt. Der
amtierende Vizepräsident 2, Marco Hardmeier, begab sich dazu in den Ausstand.
§ 92 Abs. 1, Abs. 3 (aufgehoben), II., III., IV.
Zustimmung
Vorsitzender: Damit haben wir das Dekret durchberaten. Bevor wir zu den Abstimmungen kommen,
gebe ich nochmals dem Kommissionspräsidenten das Wort.
Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach, Präsident der nichtständigen Kommission "GVG-Revision": Es
wurden einstimmig sieben Vorstösse abgeschrieben.
Die Kommission hat ihrem Wunsch Ausdruck gegeben, dass die Gesetzesänderungen nach Möglichkeit auf das nächste Amtsjahr in Kraft treten können. Zwischenzeitlich wurde uns seitens des
Departements Volkswirtschaft und Inneres (DVI) bestätigt, dass die Inkraftsetzung auf den 1. März
2015 erfolgen kann.
Die nichtständige Kommission GVG stimmte den in 2. Lesung vorliegenden Änderungen des Geschäftsverkehrsgesetzes und der Geschäftsordnung mit 9 gegen 4 Stimmen zu.
Abstimmungen
Schlussabstimmungen
Antrag 1 gemäss Botschaft wird mit 107 gegen 21 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 2 gemäss Botschaft wird mit 110 gegen 19 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 3
Antrag 3 gemäss Botschaft wird mit 128 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Beschluss
1. Der Entwurf für eine Änderung des Gesetzes über die Organisation des Grossen Rates und über
den Verkehr zwischen dem Grossen Rat, dem Regierungsrat und der Justizleitung (Geschäftsverkehrsgesetz, GVG) wird – wie aus den Verhandlungen hervorgegangen – in 2. Beratung zum Beschluss erhoben.
2. Der Entwurf für eine Änderung des Dekrets über die Geschäftsführung des Grossen Rates (Geschäftsordnung, GO) wird – wie aus den Verhandlungen hervorgegangen – zum Beschluss erhoben.
3. Es werden die folgenden parlamentarischen Vorstösse als erledigt von der Kontrolle abgeschrieben:
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(06.70) Motion der SVP-Fraktion vom 2. Mai 2006 betreffend parlamentarische Einflussnahme bei
Konkordaten (24. Oktober 2006);
(06.90) Motion der SVP-Fraktion vom 16. Mai 2006 betreffend Effizienzsteigerung der Arbeit des
Grossen Rats (29. August 2006);
(06.181) Motion Thomas Leitch-Frey, Hermetschwil-Staffeln (Sprecher), Dr. Jürg Stüssi- Lauterburg,
Windisch, Thierry Burkart, Baden, Sämi Richner, Auenstein, Susanne Hochuli, Reitnau, Erika MüllerKiller, Lengnau, vom 5. September 2006 betreffend Ergänzung § 33 des Geschäftsverkehrsgesetzes
(9. Januar 2007);
(07.62) Motion Pascal Furer, Staufen, vom 20. März 2007 betreffend klare Definition des parlamentarischen Auftrags; Umwandlung in ein Postulat (30. Oktober 2007);
(07.140) Motion der SP-Fraktion vom 5. Juni 2007 betreffend Regelung der Kommissionsmitarbeit für
fraktionslose Mitglieder des Grossen Rats (Änderung GVG); Umwandlung in ein Postulat (30. Oktober 2007);
(10.138) Motion der FDP-Fraktion vom 4. Mai 2010 betreffend Einführung eines Verordnungsvetos
im aargauischen Recht (7. September 2010);
(12.69) Motion Roland Basler, BDP, Oftringen (Sprecher), und Bernhard Guhl, BDP, Niederrohrdorf,
vom 27. März 2012 betreffend Änderung Geschäftsverkehrsgesetz (18. September 2012).
Fakultatives Referendum
Der Beschluss gemäss Ziffer 1 untersteht dem fakultativen Referendum gemäss § 63 Abs. 1 lit. a der
Kantonsverfassung. Publikation im Amtsblatt.
0566 Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach, Mitglied des Grossen Rats; Rücktritt
Vorsitzender: Ich erlaube mir, folgenden Hinweis zu machen. Es wurde mir noch ein Rücktrittsschreiben eingereicht. Ich verlese es ganz kurz:
"Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Thierry
Ich teile Dir mit, dass ich nach Abschluss meiner Arbeit als Präsident der Nichtständigen Kommission
GVG Revision am 26. August 2014 meinen Rücktritt aus dem Grossen Rat erklären werde. Ich werde zum Schluss der 2. Lesung noch ein paar Worte an den Grossen Rat richten, dem ich 25 Jahre
angehören durfte.
Ich danke Dir herzlich für unsere fruchtbare Zusammenarbeit und wünsche Dir und der Aargauer
Volksvertretung alles Gute. Mit freundlichen Grüssen Dr. Daniel Heller"
Bevor ich Daniel Heller das Wort gebe, nehme ich noch kurz seine Fiche zur Hand. Erlauben Sie mir,
dass ich jeweils kurz auf seine Mitgliedschaften in den Kommissionen verweise, die genauen zeitlichen Daten jedoch weglasse. Dr. Daniel Heller war Mitglied des Büros des Grossen Rats, der Kommission für Erziehung, Bildung und Kultur, der er auch als Präsident vorstand, der Gesundheitskommission, der Kommission für Gesundheit und Sozialwesen sowie der Kommission für Volkswirtschaft
und Abgaben. Daneben war er stellvertretendes Mitglied der Kommission für Aufgabenplanung und
Finanzen, der Kommission für Gesundheit und Sozialwesen sowie der Kommission für Volkswirtschaft und Abgaben. Er war Mitglied in den nichtständigen Kommissionen WOV, Fachhochschulen,
Regierungsprogramm 1997/2001, Grossratsgebäude als Präsident, Horizont 2003, Spitalgesetz,
ALÜP, Standesinitiative Bankkundengeheimnis sowie GVG-Revision, der er ebenfalls als Präsident
vorstand. Nun gebe ich Grossrat Dr. Daniel Heller das Wort.
Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich durfte mich heute zum letzten Mal an Sie wenden. Sie haben es gehört, ich benutze die Gelegenheit, hier anstelle eines Briefes
noch ein paar wenige Worte an Sie zu richten.
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Ich trete nach 25 Jahren Zugehörigkeit, davon 10 Jahre als Präsident meiner freisinnigen Fraktion,
aus diesem Rat zurück. Für mich war es eine grosse Bereicherung, hier mitwirken zu dürfen. Dafür
danke ich allen, die dazu beigetragen haben und mit denen ich zusammenarbeiten durfte.
Für mich war es eine besondere Freude, dass ich zum Schluss noch einmal an der Weiterentwicklung des Parlamentsrechts mitwirken durfte. Im Rückblick haben mich die Fragen der Staatsleitung,
der Gewaltenteilung und des Zusammenwirkens der drei Gewalten am meisten umgetrieben und
beschäftigt. Die Mitwirkungsrechte unseres Parlaments sind gerade auch im interkantonalen Vergleich gut ausgebaut. Das ist richtig und wichtig, macht es aber für uns Milizparlamentarier anspruchsvoll und bringt auch eine höhere Verantwortung für die Aargauer Volksvertreter mit sich.
Engagieren Sie sich weiter mit klaren Positionen für Ihre Anliegen! Denken Sie aber daran, in unserem Konkordanzsystem braucht es am Schluss auch den Kompromiss, sonst kommen keine Lösungen zustande. Und ohne Lösungen in diesem Hause kann unser Staatswesen nicht angemessen
weiterentwickelt werden. Eine solche Weiterentwicklung ist aber überlebenswichtig, da sich die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Umwelt ohne Rücksicht auf die Politik verändern und weiterentwickeln. Das ist wohl die wichtigste Erkenntnis, welche ich als Fraktions- und Kommissionspräsident in
der parlamentarischen Arbeit gewonnen habe.
Ich danke Ihnen für die Zusammenarbeit und wünsche Ihnen allen, speziell meinen Kollegen Fraktionspräsidentinnen und -präsidenten, aber auch dem Regierungsratskollegium, der Ratsleitung unter
dem Präsidenten Thierry Burkart, meinem Nachfolger Dr. Bernhard Scholl als Fraktionschef, dem
Staatsschreiber Dr. Peter Grünenfelder, seinem Stellvertreter Urs Meier, den Parlamentsdiensten
unter der Leitung von Rahel Ommerli und auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kantons
für die Zukunft alles Gute. Tragen Sie Sorge zur Qualität der politischen Arbeit, tragen Sie Sorge zu
unserem Kanton! Besten Dank.
Vorsitzender: Lieber Herr Heller, im Namen des Grossen Rats möchte ich Ihnen für Ihre grosse Arbeit, welche Sie in den letzten 25 Jahren hier in diesem Rat als Mitglied, aber auch als Mitglied des
Büros des Grossen Rats, zu Gunsten der Bevölkerung des Kantons Aargau geleistet haben, ganz
grossen Dank aussprechen. Wir wünschen Ihnen alles Gute und freuen uns, dass Sie uns in verschiedener Funktion, unter anderem als Verwaltungsratspräsident der Kantonsspital Baden AG, erhalten bleiben. Alles Gute und besten Dank.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wie Sie vielleicht gehört haben, hat die FDP-Fraktion heute
einen neuen Fraktionspräsidenten gewählt. Es handelt sich um Dr. Bernhard Scholl, Möhlin. Auch
ihm wünschen wir alles Gute.
0567 Postulat Adrian Meier, FDP, Reinach (Sprecher), Marlène Koller, SVP, Untersiggenthal,
Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen, Jeanine Glarner, FDP, Möriken-Wildegg, Herbert Strebel,
CVP, Muri, Flurin Burkard, SP, Waltenschwil, und Kathrin Fricker, Grüne, Baden, vom 25. März
2014 betreffend Kommunikation der KAPO Aargau bei Ergebnissen von Drogenschnelltests;
Überweisung an den Regierungsrat und gleichzeitige Abschreibung
(vgl. Art. 0421)
Mit Datum vom 18. Juni 2014 erklärt sich der Regierungsrat bereit, das Postulat entgegenzunehmen
und beantragt mit folgender Begründung die gleichzeitige Abschreibung:
Einleitende Bemerkungen
Am 25. August 2013 veröffentlichte die Kantonspolizei Aargau eine Pressemitteilung zu einem Verkehrsunfall zwischen einem Personenwagen und einem 14-jährigen Mofafahrer. Darin wurde erwähnt, dass "[d]er beim Mofafahrer durchgeführte Drogenschnelltest […] positiv [verlief]. Er musste
sich einer Blut- und Urinprobe unterziehen. Zudem wurde ihm der Führerausweis durch die Kantonspolizei abgenommen." In der Folge reichte Grossrat Adrian Meier, FPD, Reinach, am 17. September
2013 eine Interpellation zu diesem Vorfall ein. In seiner Beantwortung vom 13. November 2013 hielt
der Regierungsrat fest, dass die Pressemitteilung der Kantonspolizei Aargau sowohl den gesetzli-
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chen als auch den internen Vorgaben entsprochen habe. Sie habe weder eine unkorrekte Darstellung der Faktenlage noch Mutmassungen oder Spekulationen, welche die Unschuldsvermutung der
betroffenen Person untergraben hätte, enthalten.
Im Nachgang zu diesem Vorfall hat die Kantonspolizei Aargau ihre Kommunikationspraxis überprüft
und folgende Massnahmen beschlossen:
•
•
•
•
Die transparente Informationsverbreitung von Unfallereignissen wird beibehalten.
Das positive Ergebnis eines Alkohol- oder Drogenschnelltests wird aus präventiven Überlegungen weiterhin kommuniziert.
Bei Verdacht auf Fahren unter Drogen- oder Medikamenteneinfluss wird explizit erwähnt,
dass ein allfälliger Führerausweisentzug durch die Polizei vorläufiger Natur ist.
Bei Jugendlichen unter 16 Jahren werden bezüglich allfälliger Drogenschnelltests sowie Blutund Urinprobe in der Regel keine Angaben mehr gemacht.
Mit dem vorliegenden Postulat vom 25. März 2014 wird der Regierungsrat eingeladen, aufzuzeigen,
welche korrigierenden Massnahmen bei der Kommunikationspolitik der Kantonspolizei Aargau im
Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Ergebnisse von Drogenschnelltests zu treffen seien: Es
sei hinlänglich bekannt, dass Drogenschnelltests nicht zuverlässig seien. Dass die Kantonspolizei
Aargau ihre Kommunikationspolitik unter 16-Jährigen bezüglich Drogenschnelltests angepasst habe,
sei dahingehend zu verstehen, dass diese nicht beweistauglich seien. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, weshalb diese Praxis im Sinne der Gleichbehandlung auf alle Personen ausgeweitet werde.
1. Drogenschnelltest
Drogenschnelltests werden eingesetzt, wenn bei einer Fahrzeuglenkerin oder einem Fahrzeuglenker
der Verdacht auf Fahrunfähigkeit infolge Drogen- oder Medikamentenkonsum besteht (vgl. Art. 10
Abs. 2 Verordnung über die Kontrolle des Strassenverkehrs [Strassenverkehrsverordnung, SKV]
vom 28. März 2007 [SR 741.013]). Das Resultat liegt innerhalb von wenigen Minuten vor. Dabei
handelt es sich lediglich um ein vorläufiges Resultat, welches im strafrechtlichen Sinne keinen vollen
Beweis eines Drogen- oder Medikamentenkonsums erbringt. Den vollen Beweis vermag nur die medizinische Auswertung von Blut und Urin zu erbringen, welche jedoch erst nach ungefähr 14 Tagen
vorliegt. Hingegen kann gestützt auf einen polizeilichen Verdachtsmoment oder einen positiven Drogenschnelltest aus präventiven Überlegungen der Führerausweis zuhanden des Strassenverkehrsamts auf der Stelle entzogen und weitere Abklärungen bezüglich der Fahrfähigkeit angeordnet werden (Art. 31 Abs. 1 lit. b SKV). Drogenschnelltests stellen ein wichtiges und taugliches Mittel für die
Polizei zur Einschätzung der Situation und der Bestimmung des weiteren Vorgehens vor Ort dar. Auf
die Anordnung einer Blut- und Urinuntersuchung wird verzichtet, wenn der Drogenschnelltest negativ
ausfällt und die kontrollierte Person keine weiteren Anzeichen von Fahrunfähigkeit aufweist (Art. 10
Abs. 4 SKV).
2. Kommunikation der Kantonspolizei Aargau
Die Kommunikation der Kantonspolizei Aargau über ihre Tätigkeit, im Besonderen über Kontrollen im
Strassenverkehrsbereich, liegt in einem Spannungsfeld verschiedener, sich teilweise widersprechender Interessen:
Auf der einen Seite besteht ein legitimes Interesse der Öffentlichkeit, über die Tätigkeit der Polizei
und deren Wirkung informiert zu werden. Die Information dient neben der Rechenschaftspflicht gegenüber dem Steuerzahler insbesondere auch der Generalprävention im Strassenverkehr. Nicht nur
die Schwere der Folgen einer Widerhandlung, sondern vor allem auch die Wahrscheinlichkeit der
Aufdeckung der Widerhandlung erzielt einen präventiven Effekt. Indem die Polizei über festgestellte
Widerhandlungen und somit auch über sofort erfolgte polizeiliche Abnahmen des Führerausweises
informiert, signalisiert sie, dass bei Verstössen gegen das Strassenverkehrsgesetz mit entsprechenden Sanktionen zu rechnen ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass lediglich eine
unmittelbare Ereigniskommunikation die entsprechende Wirkung erzielt. Die Orientierung der Öffentlichkeit zwei bis drei Wochen nach dem Ereignis ist für die Medien nicht mehr von Interesse und
würde daher auch nicht entsprechend publiziert.
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Auf der anderen Seite sind stets die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu wahren, insbesondere
der Unschuldsvermutung. Die Information der Öffentlichkeit darf keine unwahren Angaben enthalten
und sollte nicht zu einer Vorverurteilung und Stigmatisierung einer konkret bestimmbaren Person
führen. Die Kantonspolizei Aargau ist überzeugt, dass ihre aktive Kommunikationspraxis ein wesentlicher Bestandteil der Gesamtheit aller Massnahmen bildet, welche nachweislich zu mehr Sicherheit
auf den Stassen im Kanton Aargau führen.
Wie bereits dargelegt, enthielt die fragliche Medienmitteilung der Kantonspolizei Aargau weder falsche Tatsachen noch wurde die Unschuldsvermutung des betroffenen jugendlichen Mofafahrers
untergraben: Vom Mofafahrer wurde lediglich das Alter, nicht jedoch Name und Wohnort genannt.
Aus dem Wortlaut der Medienmitteilung, dass er nach dem positiven Drogenschnelltest sich einer
Blut- und Urinuntersuchung unterziehen musste, wurde auch klar, dass es sich lediglich um ein vorläufiges Ergebnis handelte. Unglücklicherweise wies der Betroffene aufgrund des Unfalls sichtbare
Verletzungen auf. Somit konnten Personen aus seinem weiteren Umfeld diesen Umstand mit der
Pressemitteilung der Kantonspolizei Aargau verknüpfen, was letztlich zu den entsprechenden Gerüchten führte. Hinzu kam, dass die betroffene Familie sich im Regionalfernsehen exponierte, was
für eine zusätzliche Bekanntheit des betroffenen Mofafahrers führte.
Im Nachgang zu diesem Vorfall beschloss die Kantonspolizei, wie bereits in der Beantwortung der
Interpellation vom 17. September 2013 ausgeführt, dass bei unter 16-Jährigen künftig keine Angaben mehr zum Drogenschnelltest sowie Blut- und Urinuntersuchung gemacht werden.
3. Weitere Massnahmen
Aufgrund einer nochmaligen Überprüfung der Kommunikationspraxis wird in Zukunft auf die Erwähnung eines allenfalls durchgeführten Drogenschnelltests verzichtet. Bei Vorfällen im Strassenverkehr, bei welchen der Verdacht auf Drogen- oder Medikamentenmissbrauch vorliegt, wird ab sofort
folgendermassen kommuniziert:
"Zur Abklärung des Verdachts auf Führen eines Fahrzeugs unter Drogen- oder Medikamenteneinfluss hat die KAPO im Auftrag der zuständigen Staatsanwaltschaft eine Blut- und Urinuntersuchung
angeordnet. Zudem nahm sie der Lenkerin / dem Lenker den Führerausweis vorläufig ab."
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'517.–.
Adrian Meier, FDP, Reinach: Ich danke dem Regierungsrat für die zügige Beantwortung des Postulats. Gerne möchte ich im Namen aller Postulanten kurz folgende Anmerkungen anbringen:
Allgemeines: Es ist begrüssenswert, dass die Kantonspolizei aufgrund des vorliegenden Postulats
eingelenkt und die Kommunikation sinnvoll angepasst hat.
Bedauerlicherweise hat eine erste Interpellation zur gleichen Sache nicht die erhoffte Wirkung erzielt,
weshalb dieses Postulat nachgereicht werden musste. Im Sinne der Effizienz ist künftig zu hoffen,
dass Interpellationen beim Regierungsrat wieder mehr Beachtung geschenkt wird.
Zum Inhaltlichen: Wie in der Beantwortung des Postulats ausgeführt, ist es korrekt, dass erst die
medizinische Auswertung von Blut und Urin den vollen Beweis eines Drogen- oder Medikamentenmissbrauchs erbringen kann. Es ist deshalb richtig, dass der Führerausweis bei begründetem Verdacht vorläufig entzogen wird.
Was jedoch vonseiten der Postulanten stossend wirkt, ist die Tatsache, dass es bei einem negativen
Bluttest bisweilen wochenlang dauert, bis den Betroffenen der Ausweis wieder ausgehändigt wird. Es
ist deshalb darauf hinzuweisen, dass nach dem Vorliegen des negativen Entscheids, notabene auch
bei Alkoholtests, der Führerausweis dem entsprechenden Halter unverzüglich ausgehändigt wird. Ich
danke für die Aufmerksamkeit und bin mit der Entgegennahme des Postulats und der gleichzeitigen
Abschreibung einverstanden.
Vorsitzender: Namens der Postulanten erklärt sich Adrian Meier mit der gleichzeitigen Abschreibung
einverstanden. Das Postulat wird somit stillschweigend an den Regierungsrat überwiesen und gleichzeitig als erledigt von der Kontrolle abgeschrieben.
26. August 2014
Art.-Nr. 0567
1482
0568 Interpellation Ralf Bucher, CVP, Mühlau vom 4. März 2014 betreffend Überprüfung von
Förderprogrammen für ausländische Firmenansiedlungen und zu Einzonungen für ausländische Unternehmungen nach dem Volks-Ja gegen die Masseneinwanderung; Beantwortung
und Erledigung
(vgl. Art. 0348)
Mit Datum vom 4. Juni 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Vorbemerkungen
Die Anziehung von ausländischen Unternehmen um jeden Preis entspricht nicht der Standortförderungspolitik des Kantons. Im Gegensatz zu anderen Kantonen kennt der Kanton Aargau grundsätzlich keine einzelbetrieblichen Förderinstrumente, um die Ansiedlung ausländischer Unternehmen zu
unterstützen. Eine Ausnahme bildet die Möglichkeit von Steuererleichterungen. Diese werden nicht
nur beim Zuzug von ausländischen Unternehmen, sondern auch für Umzüge innerhalb der Schweiz
und für den betrieblichen Ausbau von Aargauer Unternehmen gewährt (siehe Antwort zur Frage 3).
Die Aargau Services Standortförderung ist vom Regierungsrat beauftragt, im Kanton eine qualitativ
hochstehende Entwicklung zu fördern, vor allem im Technologiebereich. Im Zentrum stehen die Positionierung des Aargaus als Hightech-Standort, ein optimaler Technologietransfer sowie die Förderung von Startups. Zudem steht die Unterstützung der bestehenden Aargauer Unternehmen bei ihrer
Entwicklung vor Ort im Vordergrund. Ausdruck dieser Strategie ist Hightech Aargau. Hinzu kommt
ein vermehrtes Engagement bei der Entwicklung von Industrie- und Gewerbearealen, die sich besonders für hochwertschöpfende (Technologie)-Unternehmen eignen. Beispiele sind das Sisslerfeld
für die Life Sciences Industrie oder die Revitalisierung von unternutzten Industriebrachen wie beispielsweise das Reichhold Chemie Areal (RCI) in Hausen/Lupfig. Ebenfalls intensiviert wird die Zusammenarbeit der kantonalen Standortförderung mit den Regionen und den Gemeinden.
Nach der Auflösung der Zusammenarbeit mit der Greater Zurich Area (GZA) im Jahr 2010 wurde die
Standortförderung neu auf qualitative Ziele hin ausgerichtet. Die früheren mengenmässigen Ziele,
das heisst die Ansiedlung möglichst vieler Unternehmen, wurden im Aufgaben- und Finanzplan
(AFP) entsprechend angepasst. Die Akquisitionsstrategie ist seither auf wenige Länder fokussiert
(Deutschland, USA/Kanada und Japan) und erfolgt branchenspezifisch. Flächenintensive Ansiedlungen aus dem Ausland werden kritisch geprüft. In den letzten Jahren haben keine stattgefunden. Unter diesen Rahmenbedingungen wurde seit 2012 auch die Kooperation mit BaselArea aufgebaut.
Eine Weiterführung dieser Zusammenarbeit ist zurzeit noch offen. Sie hängt insbesondere vom Zielerreichungsgrad und den Beratungen zur Leistungsanalyse ab.
Auch auf nationaler Ebene hat in der Standortpromotion in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden, weg von einer mengenmässigen hin zu einer qualitativen Ansiedlungspolitik. Dies drückt sich
im Grundsatz "Connect with the best" von Switzerland Global Enterprise (SGE) aus, welche im Auftrag des Bundes die nationale Standortpromotion verantwortet. Alle Kantone haben mit SGE eine
Leistungsvereinbarung unterzeichnet.
Zur Frage 1: "Macht es Sinn, weiterhin Firmenansiedlungen aus dem Ausland zu fördern, wie dies
auf der Homepage des Kantons propagiert wird, welche vor allem auf ausländische Arbeitskräfte
angewiesen sind, obschon das Volk klar gesagt hat, dass man keine so hohe Zuwanderung mehr
will?"
Auch in Zukunft liegt es im Interesse des wirtschaftlich starken Kantons Aargau, innovative Unternehmen im Kanton zu haben. Deshalb ist die Ansiedlung neuer Unternehmen dann erwünscht, wenn
sie den Standort Aargau stärken und vor allem zu Synergien mit ansässigen Firmen und Forschungsinstitutionen führen. Eine grosse Dichte an potenziellen Zulieferbetrieben ist ein Vorteil für
die KMU-Landschaft. Beispielsweise wurde im Jahr 2012 die Gründung einer Tochterfirma unterstützt, welche auf Wunsch eines Grossunternehmens zwecks räumlicher Nähe einen Standort in der
Schweiz aufbauen sollte. Die Standortförderung des Kantons Aargau erbrachte Beratungsleistungen
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betreffend Standortsuche und Immobilienvermittlung. So konnte der neue Standort auf einer ehemaligen Industriebrache realisiert werden. Dabei stand der Aargau im direkten Wettbewerb mit anderen
Kantonen.
Durch die Ansiedlung von Unternehmen werden neue Arbeitsplätze geschaffen und zusätzliche
Wertschöpfung generiert. Ansiedlungen tragen zum Erhalt und zur Förderung der Innovationskraft
bei. Dies ist für exportorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU), welche im Kanton Aargau
zahlreich vertreten sind, ein wichtiger Wettbewerbsvorteil. Die Multiplikatoreneffekte werden auf den
Faktor 1–1,9 geschätzt. Das heisst, im Maximum führen Ansiedlungen dank indirekter und induzierter Effekte fast zu einer Verdoppelung des unmittelbar durch die Ansiedlung generierten Impulses.
Davon profitiert die bereits ansässige Wirtschaft1.
Die Erfahrung der kantonalen Standortförderung zeigt, dass ausländische Unternehmen bei ihrem
Geschäftsaufbau in der Schweiz Zugang zu lokalem Know-how und den vor Ort vorhandenen Netzwerken benötigen. Deshalb rekrutieren diese Unternehmen zu einem grossen Teil, falls die entsprechenden Fachkräfte vorhanden sind, im Schweizer Arbeitsmarkt. Hingegen kommt es vor, dass für
den Geschäftsaufbau vorübergehend eine ausländische Fachkraft in die Schweiz entsandt wird. Dies
betrifft jedoch wenige Erwerbstätige. Diese Erkenntnisse werden gestützt durch eine Untersuchung
des Bundes, welche zum Schluss kommt, dass die Standortförderung des Bundes inklusive die damit verbundenen Aktivitäten der Kantone einen Anteil von lediglich rund 4 % der Nettozuwanderung
ausmachen2. Ebenfalls rekrutieren neu angesiedelte Unternehmen im Allgemeinen nicht anders als
andere Unternehmen der gleichen Branche. Der Grossteil der Zuwanderung wird durch den Bedarf
der inländischen Unternehmen verursacht.
Der Wettbewerb zwischen den Kantonen im Ansiedlungsgeschäft führt dazu, dass sie ihre Standortattraktivität laufend verbessern, indem sie in Infrastruktur und Ausbildung investieren, die Steuerbelastungen für Unternehmen reduzieren oder beispielsweise ihre landschaftlichen Vorzüge pflegen.
Aus diesen Gründen ist es auch in Zukunft sinnvoll, dass die kantonale Standortförderung ihre Tätigkeiten in einem wie oben beschriebenen klar definierten und auf qualitative Ziele fokussierten Bereich fortsetzt.
Zur Frage 2: "Wie viele Steuergelder könnten eingespart werden, wenn diese Ansiedlungspolitik,
welche ja nun mit dem Ausgang der Abstimmung sowieso unnötig wird, nicht mehr gefördert würde?"
An seiner Sitzung vom 6. Dezember 2011 hat der Grosse Rat mit deutlichem Mehr für das internationale Standortmarketing für die Jahre 2012–2015 einen Kleinkredit für einen einmaligen Nettoaufwand von 2,4 Millionen Franken beschlossen. Dies entspricht vier Jahrestranchen von Fr. 600'000.–.
Der effektive Aufwand für die Jahre 2012–2013 betrug:
Internationales Standortmarketing
Leistungsvereinbarung SGE
Mitgliedschaft Basel Area
Eigene Aktivitäten, Kommunikationsmittel
Branchenfokussierte Akquisition3
Total
Rechnung 2012
(in Franken)
378'000
101'000
138'000 (pro rata)
139'000
21'000
399'000
Rechnung 2013
(in Franken)
358'000
101'000
150'000
107'000
28'000
386'000
Der Aufwand für das Internationale Standortmarketing ist in den Jahren 2012 und 2013 somit geringer ausgefallen als vorgesehen. Teilweise wurden Aktivitäten aufgrund der schwierigen Marktlage
1
Hochschule Luzern, Studie zu den kantonalen und ausserkantonalen Auswirkungen von Firmenansiedlungen, Schlussbericht, 2012
2
Ecoplan, Standortförderung und Zuwanderung, 2013
3
Die in den Jahresberichten 2012 und 2013 aufgeführten Aufwendungen beinhalten hälftig Aufwendungen für Aargauer Unternehmen
(= Bestandespflege) als auch Akquisitionsaktivitäten.
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und mangelnder Nachfrage (zum Beispiel in Deutschland) nicht durchgeführt. Des Weiteren wird bei
allen Marketingmassnahmen das Kosten-Nutzen-Verhältnis kritisch geprüft und im Zweifelsfall auf
die Aktivität verzichtet. Dieser Kredit läuft per Ende 2015 aus. In den Planjahren 2016 ff. sind für die
Weiterführung der Aktivitäten Fr. 300'000.– vorgesehen. Die im AFP 2014–2017 jährlich eingestellten
Fr. 550'000.– wurden im Rahmen der Leistungsanalyse um Fr. 250'000.– pro Jahr reduziert. Damit
werden für die Standortförderung künftig erheblich geringere Mittel zur Verfügung stehen.
Der Kredit für die branchenfokussierte Akquisition läuft per Ende 2014 aus. Eine Nachfolgefinanzierung ist nicht vorgesehen.
Zur Frage 3: "Gibt es steuerliche Anreize für Firmenansiedlungen? Wenn ja, aus dem Ausland und
oder auch aus anderen Kantonen?"
Das aargauische Steuerrecht kennt gestützt auf die Vorgaben des Bundesrechts nur eine Möglichkeit eines steuerlichen Anreizes bei Ansiedlungen: Die Gewährung einer Steuererleichterung. Dabei
spielt es keine Rolle, ob das Unternehmen aus dem Ausland oder einem anderen Kanton zuzieht
oder neu gegründet wird. Der Grosse Rat hat in Ausübung der Kompetenznorm von § 15 des Steuergesetzes (StG) die Rahmenbedingungen im Dekret über die Möglichkeit von Steuererleichterungen
vom 29. August 2000 festgelegt. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben kann der Regierungsrat eine
Steuererleichterung in Form einer prozentualen Reduktion des Steuerbetrags für maximal 10 Jahre
gewähren. Dabei darf eine Steuererleichterung nur gewährt werden, wenn keine Konkurrenzsituation
zu einem bereits im Kanton ansässigen Unternehmen besteht und wenn neue Arbeits- und/oder
Ausbildungsplätze geschaffen und Investitionen getätigt werden. Der Regierungsrat legt das Ausmass unter Berücksichtigung der gesamten Umstände fest. Gemäss dem Willen des Grossen Rats
handhabt der Kanton Aargau dieses Förderungsinstrument relativ restriktiv. Im Jahresbericht wird
jeweils die Anzahl der gewährten Steuererleichterungen ausgewiesen. Im Jahr 2012 wurde in vier
Fällen, im Jahr 2013 wurde in einem Fall eine Steuererleichterung gewährt.
Zur Frage 4: "Werden grosse Einzonungen wie sie beispielsweise in Würenlingen mit über 10 ha für
wirtschaftliche Entwicklungsschwerpunkte geplant sind und Arbeitsplätze vor allem für Grenzgänger
und ausländische Arbeitskräfte geschaffen werden, zurückgestellt, bis die Auswirkung der Initiative
klar ist?"
Vorprüfungen von Einzonungen erfolgen seit Sommer 2013 nur noch unter Vorbehalt des neuen
übergeordneten Rechts. In Würenlingen wie auch in anderen Gemeinden können Einzonungen, die
nicht flächengleich kompensiert werden, erst wieder vom Kanton genehmigt werden, wenn der erforderliche, neue Richtplanbeschluss zum Siedlungsgebiet durch den Bundesrat genehmigt ist. Dies ist
frühestens Ende 2015 zu erwarten.
Mit dem Richtplan sollen die bis ins Jahr 2040 nach den aktuellen Prognosen und Planungen erforderlichen Raumreserven durch den Grossen Rat gesichert werden. Die momentan laufende Anhörung/Mitwirkung der Richtplananpassung dauert noch bis zum 19. September 2014. Einzonungen
sind zukünftig nur innerhalb des im Richtplan festgelegten Siedlungsgebiets möglich. Als weiteres
Hauptkriterium für eine Einzonung bleibt unverändert die Voraussetzung, dass die erwartete Bevölkerungs- und Arbeitsplatzentwicklung eine Einzonung erfordert. Wie und wann sich die Volksabstimmung vom 9. Februar 2014 auf die Bevölkerungs- und Arbeitsplatzentwicklung konkret auswirkt,
ist offen. Für zukünftige Einzonungsvorlagen wird die effektive Entwicklung massgebend sein. Der
Entscheid, ob und wann bei erfüllten Voraussetzungen eine Einzonung erfolgt, liegt bei den Gemeinden. Eine Einflussmöglichkeit auf die Zusammensetzung beziehungsweise Herkunft der Arbeitnehmenden in einer Arbeitszone über die raumplanerischen Instrumente besteht weder für die Gemeinde noch für den Kanton.
Im Rahmen der Richtplananpassung ist für das in der Frage explizit genannte Areal in Würenlingen
eine ausschliessliche Zweckbindung für die Umsetzung der Hightech-Strategie des Kantons bezie-
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hungsweise den Innovationspark PARK innovAARE beim Paul Scherrer Institut (PSI) vorgesehen.
Sowohl Hightech Aargau wie auch PARK innovAARE sind Massnahmen zur Stärkung der Innovationkraft der Wirtschaft im Kanton Aargau, um ein qualitatives Wachstum (hohe Wertschöpfung bei
tiefem Ressourcenverbrauch) sicherzustellen. Der PARK innovAARE ist als Generationenprojekt mit
einem Zeithorizont von 30 Jahren konzipiert. Unter dem Vorbehalt der ausstehenden Beschlüsse
durch die Regierung und das Parlament bezieht sich die erste Etappe der Umsetzung ab 2016 vorab
auf die Hightech Zone in Villigen sowie auf eine innere Verdichtung am PSI. Die Zone in Würenlingen und andere beim PSI stellen ein langfristiges Erweiterungspotenzial dar. Die langfristige Planung
und fokussierte Zweckbindung der Areale schliessen ein auf schnelles Wachstum und Quantität orientiertes Vorgehen der Wirtschaft und eine entsprechende Nutzung der Areale aus. Der Regierungsrat ist überzeugt, dass die Projekte Hightech Aargau wie auch PARK innovAARE einen wichtigen
Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit und Qualität des Standorts Aargau und insbesondere der Aargauer
Unternehmen leistet.
Aus den aufgezeigten Gründen besteht kein Anlass, im Zusammenhang mit dem Volksentscheid
über die Masseneinwanderung vorsorglich Einzonungen zurückzustellen, da solche wie dargelegt
frühestens ab 2016 wieder möglich sind und dann die neuen Richtplanbeschlüsse des Grossen Rats
zu beachten sind.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'576.–.
Ralf Bucher, CVP, Mühlau: Uns geht es gut. Unserem Land geht es gut. Unserem Kanton und uns
selber geht es gut. Uns geht es so gut, dass wir auch bereit sind, zu Initiativen Ja zu sagen, die uns
allenfalls mehr Probleme als Lösungen bringen könnten. Wir wagen es aber, weil man anscheinend
auch bereit ist, in Kauf zu nehmen, dass es uns wirtschaftlich gesehen vielleicht weniger gut gehen
könnte, dafür aber vielleicht landschaftlich mehr so bleibt, wie es ist. Wenn wir dazu bereit sind,
müssten wir auch konsequent sein und nicht mit Steuergeldern und Steuererleichterungen Firmenansiedlungen fördern.
Ich attestiere dem Regierungsrat, dass er diese Gelder – zumindest was im Aufgaben- und Finanzplan (AFP) dafür eingestellt ist – haushälterisch einsetzt. Auch bei der Leistungsanalyse hat er den
Rotstift angesetzt – aus meiner Sicht zu wenig, aber hier könnte der Grosse Rat ja noch korrigierend
eingreifen.
Mit Hightech Aargau sind weitere Investitionen in Firmenansiedlungen geplant. Ich frage mich, ob
hier das Synergiepotenzial mit der Standortförderung verstärkt genutzt werden könnte. Gemäss Studien sind vier Prozent der Nettozuwanderung auf die Standortförderung zurückzuführen. Vielleicht
sind es auch etwas mehr. Aber es sind immerhin 3'200 Personen pro Jahr. Ich tendiere auf Konsolidierung statt auf Wachstum. So interpretiere ich auch den Volksentscheid vom 9. Februar 2014.
Konsolidieren heisst für mich Qualität vor Quantität, aber auch vor allem, dass bestehende Unternehmungen gefördert werden, bevor neue mit Steuergeldern und Steuererleichterungen angesiedelt
werden. Ich bin mit der Antwort teilweise zufrieden.
Vorsitzender: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
0569 Interpellation der BDP-Fraktion vom 25. März 2014 betreffend Gefahr der Freilassung von
"Tobi B." wegen fehlender Unterbringungsmöglichkeit; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0398)
Mit Datum vom 14. Mai 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
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Vorbemerkungen
Im Jugendstrafrecht enden alle Massnahmen mit Vollendung des 22. Altersjahrs (Art. 19 Abs. 2 Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht [Jugendstrafgesetz, JStG]). Die Jugendanwaltschaft des Kantons Aargau beantragte deshalb beim zuständigen Bezirksamt, "Tobi B." sei nach Vollendung des
22. Altersjahrs am 17. August 2012 in einer geeigneten und insbesondere gesicherten Einrichtung
unterzubringen. Der Antrag auf Fürsorgerische Unterbringung (damals nach altem Recht noch "Fürsorgerische Freiheitsentziehung") basierte auf der gesetzlichen Grundlage von Art. 19 Abs. 3 JStG,
wonach die Vollzugsbehörde rechtzeitig die Anordnung geeigneter vormundschaftlicher Massnahmen beantragt, wenn der Wegfall einer Schutzmassnahme für den Betroffenen selber oder für die
Sicherheit Dritter mit schwerwiegenden Nachteilen verbunden ist. Diese gesetzlich vorgeschriebene
Überführung in "geeignete vormundschaftliche Massnahmen" konnte fristgerecht auf den 17. August
2012 bewerkstelligt werden und wurde schliesslich durch das Bundesgericht vollumfänglich geschützt (BGE 138 III 593).
Zur Frage 1: "Hat der Kanton eine Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, dass der Fall "Tobi B." innert
zwei Monaten urteilskonform gelöst wird? Wenn ja, in welcher Form? Wie kann der Kanton in einem
solchen Fall den Schutz der Bevölkerung sicherstellen?"
Das zwischenzeitlich zuständige Bezirksgericht Lenzburg, Abteilung Familiengericht (nachfolgend:
Familiengericht), hat mit Entscheid vom 10. April 2014 die fürsorgerische Unterbringung von "Tobi
B." bestätigt und bis zur nächsten periodischen Überprüfung im April 2015 verlängert. Der Entscheid
des Familiengerichts wurde beschwerdeweise am 22. April 2014 angefochten. Dieser Beschwerde
kommt jedoch von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung zu.
Das Familiengericht hat dabei den Sicherheitstrakt (SITRAK) II der Justizvollzugsanstalt Lenzburg
(JVA) unter Einbezug des Angebots der bundesgerichtlichen Vorgaben als für die fürsorgerische
Unterbringung geeignete Einrichtung befunden. Die vom Bundesgericht verlangten drei Therapiestunden pro Woche werden aktuell im Zentralgefängnis durch ausgewiesene Fachkräfte angeboten.
Damit sind die bundesgerichtlichen Vorgaben derzeit erfüllt und werden auch bis zur Verlegung von
Tobi B. in eine geeignete Einrichtung erfüllt bleiben. Die Voraussetzungen der fürsorgerischen Unterbringung sind mindestens einmal jährlich durch das Familiengericht von Gesetzes wegen zu überprüfen.
Zur Frage 2: "Bestehen Pläne, um künftig hochsicherheitsgerechte und kostengünstige Einrichtungen für derart gelagerte Fälle zu installieren? Oder bestehende zu erweitern?"
Das Strafvollzugskonkordat Nordwest- und Innerschweiz hat im Rahmen der laufenden gesamtschweizerischen Anstaltsplanung eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die den Bedarf an Plätzen für den
Vollzug von stationären Massnahmen zur Behandlung von psychischen Störungen (Art. 59 Schweizerisches Strafgesetzbuch [StGB]) und deren Standards erarbeiten soll. Allerdings sind hier Plätze
für zivilrechtliche Unterbringungen nicht eingeschlossen.
Es besteht auch auf Bundesebene ein Bedürfnis nach gesetzlicher Regelung für jugendliche Straftäter mit hohem Gefährdungspotenzial für die Öffentlichkeit.
Generell ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall ohne gesetzliche Grundlage für eine Sicherheitsverwahrung nach Erwachsenenstrafrecht ein Spannungsverhältnis zwischen den Therapie-Anforderungen nach Jugendstrafrecht und dem öffentlichen Sicherheitsbedürfnis besteht. Im Rahmen der
fürsorgerischen Unterbringung steht die psychiatrisch-therapeutische Betreuung im Vordergrund.
Ohne die Möglichkeit der Unterbringung in eine spezialisierte Institution liegt daher die Lösung nahe,
dieses Angebot im Rahmen der JVA zu gewährleisten, um dem öffentlichen Sicherheitsbedürfnis
gebührend Rechnung zu tragen, zumal es sich gemäss Bundesgericht beim vorliegenden Fall um
einen Spezialfall mit entsprechend spezieller Umsetzung in der Praxis handelt.
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Zur Frage 3: "Wie stellt sich der Kanton Aargau dazu, dass die Wohngemeinde alleine die Kosten für
den fürsorgerischen Freiheitsentzug für den Fall "Tobi B." finanzieren muss?"
Gemäss der geltenden Kostenregelung gehen die Kosten für die fürsorgerische Unterbringung primär zulasten der betroffenen Person (vgl. § 67r Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch und Partnerschaftsgesetz [EG ZGB]). Subsidiär trägt gemäss der Gesetzgebung über die öffentliche Sozialhilfe und die soziale Prävention die Wohnsitzgemeinde die Kosten. Auf eine Anfrage der Gemeinde
Rupperswil hin wurde ihr die im konkreten Fall wohl zum Tragen kommende Kostenpflicht mit
Schreiben des Leiters des Amts für Justizvollzug im September 2012 schriftlich mitgeteilt.
Im Resultat handelt es sich vorliegend um einen Fall des zivilrechtlichen Kindes- und Erwachsenenschutzrechts. Die Voraussetzungen für die Anordnung eines fürsorgerischen Freiheitsentzugs sind
gemäss höchstrichterlichem Entscheid gegeben und die Kostentragungspflicht ist gesetzlich geregelt. Im "Normalfall" gäbe diese wohl nicht zu weiteren Diskussionen Anlass. Vorliegend ist jedoch
die Entstehungsgeschichte dieses zivilrechtlichen Falls nicht alltäglich: Zu Beginn steht ein jugendstrafrechtliches Verfahren. Die im Rahmen dieses Verfahrens angeordneten Massnahmen fielen
zwingend mit dem Erreichen des 22. Altersjahrs dahin und aus Gründen des Selbstschutzes sowie
der Sicherheit Dritter musste zur Massnahmen der fürsorgerischen Unterbringung gegriffen werden.
Genau diese Abfolge sieht jedoch das Jugendstrafrecht vor mit seiner Regelung gemäss Art. 19 Abs.
3 JStG (siehe Vorbemerkungen).
Zur Frage 4: "Besteht die Möglichkeit, dass Kanton und Gemeinden einen Fonds bilden, aus dem die
Unterbringung von solchen Personen finanziert wird, um eine einzelne Gemeinde finanziell zu schützen?"
Ein derartiger Fonds bräuchte eine entsprechende gesetzliche Grundlage, da sowohl dem Kanton
wie auch den Gemeinden verwehrt ist, finanzielle Mittel für einen bestimmten, nicht gesetzlich geregelten Zweck zu verwenden. Eine derartige Grundlage besteht aktuell nicht.
Der Regierungsrat erachtet die Schaffung eines Fonds mit dem anbegehrten Zweck nicht als angebracht. Wenn mit "solchen Personen" einzig Fälle mit analogem Sachverhalt (jugendstrafrechtliche
Täter, welche zum gegebenen Zeitpunkt fürsorgerisch untergebracht werden müssen) gemeint sind,
würde die Schaffung einer Spezialregelung zu einem Ungleichgewicht zu den Fällen fürsorgerischer
Unterbringung mit anderem Hintergrund führen. Umgekehrt könnte es nicht Zweck eines solchen
Spezialfonds sein, alle Fälle von fürsorgerischer Unterbringung zu erfassen.
Zwar besteht im vorliegenden Fall die Möglichkeit eines überdurchschnittlichen Kostenrisikos – immerhin sind die Voraussetzungen der Anordnung der fürsorgerischen Unterbringung jährlich zu
überprüfen – hohe Kosten können jedoch auch in anderen Fällen öffentlicher Sozialhilfe entstehen
(beispielsweise lange Therapieaufenthalte suchtmittelabhängiger Personen; langdauernde Arbeitslosigkeit). Ein Abweichen von der geltenden Regelung würde auch unter diesem Aspekt zu neuen,
unangemessenen Ungleichheiten führen.
Zur Frage 5: "Wie stellt sich der Kanton dazu, Therapien von wahrscheinlich untherapierbaren Straftätern verfassungskonform neu bzw. realistisch zu beurteilen und ggf. dauerhaft oder temporär auszusetzen?"
Das Bundesrecht regelt die Voraussetzungen für die Anordnung von therapeutischen Massnahmen
abschliessend (Art. 56 ff. StGB). Die Vollzugsbehörde hat die entsprechenden Therapien zu vollziehen, wenn ein Gericht diese angeordnet hat. Erst nach einer gewissen Dauer der Therapie kann
unter Umständen aus medizinischer Sicht zu Fragen der Therapierbarkeit Stellung bezogen werden.
Würde dabei die Nichttherapierbarkeit festgestellt, so würde die Vollzugsbehörde umgehend einen
Antrag beim Gericht auf Änderung der ursprünglich ausgesprochenen Sanktion stellen.
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Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'576.–.
Maya Bally Frehner, BDP, Hendschiken: Die BDP bedankt sich beim Regierungsrat für die Beantwortung der Interpellation. Wir sind sehr beruhigt, dass die weitere Unterbringung von "Tobi B." realisiert werden konnte und mit den entsprechenden therapeutischen Massnahmen gewährleistet wird.
Wir sehen sehr wohl das Spannungsverhältnis zwischen dem öffentlichen Sicherheitsbedürfnis und
den Therapieanforderungen nach Jugendstrafrecht. Ein Kanton muss aber damit rechnen, dass es
Fälle wie diesen geben kann und dass er dann auch verpflichtet ist, eine geeignete Unterbringung
zur Verfügung zu stellen. Wenn sich schliesslich die Justizvollzugsanstalt (JVA) in Lenzburg als die
geeignetste Möglichkeit zeigt, dann hat die BDP im Grundsatz nichts dagegen einzuwenden.
Aus der Stellungnahme geht aber hervor, dass sich auch die Fachleute nicht einig sind, was nun
anscheinend wirklich geeignet sei. Bezüglich Übernahme der Kosten für diesen Fall, basierend auf
gesetzlichen Grundlagen, auf die sich der Regierungsrat abstützt, widersprechen wir nicht. Es ist
aber auch eine Tatsache, dass selbst der Regierungsrat im Fall von "Tobi B." erwähnt, dass es sich
nicht um einen Normalfall handle. Wir – und ich gehe davon aus, nicht nur wir – empfinden es mehr
als stossend, dass hier nur eine Gemeinde die Sicherheit unser aller finanzieren muss. Auch wenn
dies gemäss gültigem Recht seine Richtigkeit hat, so bleibt es rechtspolitisch trotzdem absolut unbefriedigend. Es gibt Experten, die hier von einer unechten Gesetzeslücke sprechen würden. Somit
wäre der kantonale Gesetzgeber aufgefordert, die kantonalen Bestimmungen zu revidieren. Es ist
richtig, dass es für die Bildung eines Fonds eine entsprechende gesetzliche Grundlage braucht und
dass die Definition von Kriterien noch gewisse Denkarbeit und Diskussionen erfordert. Aber es wäre
absolut machbar. Insofern enttäuscht uns die Antwort des Regierungsrats.
Aber wahrscheinlich müsste man grundsätzlich die heutige Kostenübernahme von kindes- und erwachsenenschutzrechtlichen Massnahmen aufgrund des neuen Kindes- und Erwachsenenschutzgesetzes überdenken und anpassen. Neu ist es ja so, dass die Gemeinde keine Entscheidungsbefugnisse mehr hat, jedoch zahlende Stelle ist. Dies ist ein Missverhältnis, das nicht nur im besagten
absoluten Extremfall schon zu Unmut Anlass gegeben hat.
Aufgrund unserer Erläuterungen können Sie entnehmen, dass die BDP mit der Beantwortung lediglich teilweise zufrieden ist. Wir behalten uns vor, mit einem Postulat allenfalls die erwähnten Problemfelder genauer untersuchen zu lassen.
Vorsitzender: Namens der Interpellantin erklärt sich Maya Bally Frehner von der Antwort teilweise
befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
0570 Interpellation Jeanine Glarner, FDP, Möriken-Wildegg, vom 4. März 2014 betreffend Versteigerung von Kontrollschildern der Staatsverwaltung und angeschlossenen Anstalten; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0351)
Mit Datum vom 21. Mai 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Vorbemerkung
Gemäss § 3 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung über den Vollzug des Strassenverkehrsrechtes (Strassenverkehrsverordnung, SVV) kann das Strassenverkehrsamt besonders begehrte Kontrollschilder
öffentlich versteigern.
Die erste Versteigerung fand im Jahr 1999 statt. In den ersten Jahren wurden jährlich einmal Versteigerungen als Publikumsanlässe in Lenzburg durchgeführt. Seit Ende 2006 erfolgen die Versteigerungen laufend via Internet (siehe www.auktion-ag.ch).
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Die Erträge fliessen in die Staatskasse und entwickelten sich wie folgt:
Nach Länge der Kontrollschild-Nummern ausgewertet ergibt sich folgendes Bild:
Zur Frage 1: "Welches waren seit Einführung der Versteigerung im Kanton Aargau die jeweils höchsten Gebote für die 1-, 2-, 3-, 4- und 5-stelligen Kontrollschilder?"
Die höchsten Gebote, welche pro Kategorie gestellt worden sind, können der nachfolgenden Aufstellung entnommen werden:
Kontrollschilder
Fahrzeugart
Maximalertrag
1-stellig
Motorrad
Fr. 10'200.–
2-stellig
Motorwagen
Fr. 70'000.–
3-stellig
Motorwagen
Fr. 27'600.–
4-stellig
Motorwagen
Fr. 26'000.–
5-stellig
Motorwagen
Fr. 12'400.–
Zur Frage 2: "Wie viele Fahrzeuge der Staatsverwaltung des Kantons Aargau oder angeschlossener
Anstalten haben 1- bis 5-stellige Kontrollschilder, die sich zur Versteigerung eignen?"
Auf den Kanton Aargau sind heute 151 Motorwagen mit 1- bis 5-stelligen Kontrollschildern, auf die
angeschlossenen Anstalten deren 68 eingelöst, somit total 219 Kontrollschilder. Zur Frage, welche
sich zur Versteigerung eignen, wird unter Frage 5 eingegangen.
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Zur Frage 3: "Wie viele davon sind 1, 2-, 3-, 4- oder 5-stellig?"
Es kann auf die nachfolgende Zusammenstellung verwiesen werden:
Anzahl kantonaler Kontrollschilder
Staatsverwaltung
Selbstständige Anstalten und
Institutionen
Total
1-stellig
2-stellig
3-stellig
4-stellig
5-stellig
Total
9
-
4
-
8
4
37
26
93
38
151
68
9
4
12
63
131
219
Zur Frage 4: "Wie hoch schätzt der Regierungsrat die Einnahmen aus der Versteigerung dieser Kontrollschilder, die der Staatsverwaltung des Kantons Aargau oder angeschlossener Anstalten gehören?"
Der mögliche Ertrag hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, vor allem von der Wirtschaftslage und
der Marktsättigung. Unter der Voraussetzung, dass die in Betracht gezogenen Kontrollschilder gestaffelt zur Versteigerung frei gegeben werden, kann davon ausgegangen werden, dass die bisherigen durchschnittlichen Erträge erzielt werden können. Ausgehend von den Mittelwerten in der ersten
Tabelle auf Seite 1 (vgl. Vorbemerkungen) ergäben sich folgende Erlöse – zu den 1-stelligen Kontrollschildern können aufgrund fehlender Erfahrungswerte keine Schätzungen abgegeben werden:
Kontrollschilder
Geschätzter Ertrag pro
Kontrollschild
Anzahl
Geschätzter
Gesamtertrag
2-stellig
Fr.
36'000.–
4
Fr.
144'000.–
3-stellig
Fr.
13'000.–
12
Fr.
156'000.–
4-stellig
Fr.
4'800.–
63
Fr.
302'000.–
5-stellig
Fr.
1'600.–
131
Fr.
210'000.-
Fr.
812'000.–
Total
Würden alle Kontrollschilder gleichzeitig zur Versteigerung gebracht, müsste mit grosser Wahrscheinlichkeit mit geringeren Erträgen gerechnet werden.
Zur Frage 5: "Kann sich der Regierungsrat vorstellen, diese Kontrollschilder für die Versteigerung
freizugeben?"
Über die Kontrollschilder der selbstständigen Anstalten und Institutionen kann der Regierungsrat
nicht verfügen. Diese sind Eigentum der jeweiligen Organisationen, welche rechtlich eigenständig
sind.
Was die 151 Schilder betrifft, welche dem Kanton Aargau inklusive den unselbstständigen Anstalten
gehören, ist der Regierungsrat bereit, die 4- und 5-stelligen Schilder zur Versteigerung freizugeben.
Dabei handelt es sich um 130 und damit um eine grosse Mehrheit der im Eigentum des Kantons
Aargau stehenden Schilder. Bei den 21 verbleibenden, nicht zum Verkauf stehenden Schilder handelt es sich praktisch ausschliesslich um Fahrzeuge der Kantonspolizei, nämlich bei deren 19. Diese
sollen weiterhin im Dienst der Kantonspolizei, in erster Linie der mobilen Einsatzpolizei eingesetzt
werden.
Das Strassenverkehrsamt wird somit angewiesen, die 4- und 5-stelligen, sich im Besitz des Kantons
Aargau befindlichen Nummernschilder in zeitlicher und sachlicher Hinsicht geeigneter Art zur Versteigerung zu bringen. Damit sollte ein Betrag von rund einer halben Million Franken erzielt werden
können.
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Zur Frage 6: "Welche anderen Kantone haben ihre eigenen Kontrollschilder ebenfalls versteigert?"
Die aufgrund des vorliegenden Vorstosses vorgenommene Umfrage bei den Kantonen hat ergeben,
dass nur eine Minderheit der Kantone eigene Kontrollschilder versteigert beziehungsweise verkauft
haben. Dabei handelt es sich um die Kantone Uri, Glarus, Solothurn, Appenzell Innerrhoden,
St. Gallen, Graubünden und Neuenburg.
Die Kantone Zürich, Bern, Luzern, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Zug, Freiburg, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Schaffhausen, Appenzell Ausserrhoden, Thurgau, Tessin, Waadt, Wallis, Genf und
Jura haben angegeben, dass sie keine eigenen Kontrollschilder versteigert hätten.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'579.–.
Jeanine Glarner, FDP, Möriken-Wildegg: Vorweg: Eigentlich ist diese Versteigerung von Kontrollschildern unsinnig. Eine Übertragung an Drittpersonen sollte doch eigentlich für alle Kontrollschilder
uneingeschränkt möglich sein. Ob ich mir das beim Nachbarn oder bei meiner Grossmutter besorge,
ob ich das geschenkt bekomme oder dafür etwas bezahlen muss, ist doch eigentlich egal. Und wenn
man dann dieses neue Schild hat, geht man auf das Strassenverkehrsamt und lässt es registrieren.
Dass der Staat sich mit der Versteigerung von Kontrollschildern beschäftigt und dafür Ressourcen
bereitstellen muss, finde ich persönlich ineffizient. Vielleicht kann sich der Regierungsrat im Rahmen
der Leistungsanalyse hierzu noch Gedanken machen. Aber hier geht es ja eigentlich darum, dass die
Staatsverwaltung ihre eigenen Kontrollschilder auch zur Versteigerung und zur Verfügung stellen
soll.
Ich danke Ihnen für die rasch erfolgte Bereitschaft, doch immerhin 130 von insgesamt 151 Kontrollschildern, die im Besitz der Staatsverwaltung sind, zur Versteigerung zu bringen. Was ich allerdings
nicht verstehe – und der Regierungsrat in seiner Antwort auch nicht begründet – ist die Tatsache,
dass es sich dabei nur um die vier- und fünfstelligen Kontrollschilder handelt. Die ein- bis dreistelligen Kontrollschilder will der Staat behalten.
Vor welchem Hintergrund? Warum ist die Staatsverwaltung so scharf auf diese Nummern? Sollen sie
doch Freaks beglücken, die aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen bereit sind, mehrere zehntausend Franken dafür auszugeben. Von den 21 ein- bis dreistelligen Kontrollschildern handelt es sich
laut Regierungsrat bei deren 19 um solche, die im Dienst der Kantonspolizei eingesetzt werden. Ich
frage mich – oder nein, ich bin mir eigentlich sicher – ob Polizistinnen und Polizisten ihre Arbeit nur
deshalb so gut machen, weil am Auto eine ein- bis dreistellige Nummer hängt. Unsere Polizei macht
auch mit jeder anderen beliebigen Autonummer einen hervorragenden Job. Da bin ich mir sicher. Ich
bin deshalb mit der Antwort des Regierungsrats nur teilweise zufrieden.
Vorsitzender: Die Interpellantin erklärt sich von der Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist
erledigt.
0571 Postulat der FDP-Fraktion vom 7. Januar 2014 betreffend Optimierung des RessourcenEinsatzes an den Aargauer Volksschulen; Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. Art. 0315)
Mit Datum vom 30. April 2014 erklärt sich der Regierungsrat bereit, das Postulat mit folgender Erklärung entgegenzunehmen:
Die Schulung von Kindern und Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten an der Volksschule erfolgt integrativ in der Regelklasse mit Heilpädagogik oder separativ in Kleinklassen. Schülerinnen und
Schüler mit Behinderungen können entweder mit verstärkten Massnahmen (VM-Lektionen) im Kindergarten, in tragfähigen Regel-, Einschulungs- oder Kleinklassen gefördert werden oder in Sonderkindergärten und Sonderschulen. Die wichtigsten rechtlichen Grundlagen finden sich im Schulgesetz
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1492
(SAR 401.100), in der Verordnung über die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit besonderen schulischen Bedürfnissen (SAR 421.331) sowie in der Verordnung über die integrative Schulung
von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen, die Sonderschulung sowie die besonderen Förder- und Stützmassnahmen (V Sonderschulung; SAR 428.513).
In den Jahren von 2006 bis und mit 2011 haben die Aargauer Schulen auf breiter Basis in den Regelklassen integrierte Heilpädagogik (IHP) eingeführt. 2006 waren 7 % IHP-Schulen, bis 2011 wuchs
der Anteil auf 91 % bei den Primarschulen und 75 % bei den Real- und Sekundarschulen. Seit 2012
ist das Verhältnis von IHP-Schulen zu Schulen mit Kleinklassen stabil, nur vereinzelt haben seither
Schulen ihre Kleinklassen aufgelöst. Diese breite Entwicklung von den Kleinklassen zu Regelklassen
mit integrierter Heilpädagogik hat eine pädagogische Entwicklung angestossen. Diese wurde von der
pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz begleitet. Schulleitungen konnten
bei Bedarf ein Coaching beanspruchen und Weiterbildungsmodule für die Lehrpersonen abrufen.
Das Departement Bildung, Kultur und Sport bot Beratungen für Schulpflegen an und stellte die erforderlichen Handreichungen zur Verfügung. Die Schulen haben tatsächlich und gewollt eine hohe Verantwortung im Bereich IHP und übernehmen diese auch. Die Lehrerinnen und Lehrer sowie die
Schulleitungen wurden also während des Veränderungsprozesses unterstützt.
Die Lektionen für integrierte Heilpädagogik werden den Schulen aufgrund der Anzahl Schülerinnen
und Schüler als Pensenpool zugeteilt. Zuständig für die Zuteilung auf die Abteilungen und Klassen ist
die Schulleitung. Die Lehrpersonen und die schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen organisieren die Unterstützung der Kinder und Jugendlichen im pflichtgemässen Ermessen und im Rahmen der verfügbaren Ressourcen. Werden die Lernziele gemäss Lehrplan in einzelnen Fächern
nicht erreicht, so ist ein Laufbahnentscheid nötig. Dieser erfolgt in der Regel einvernehmlich zwischen Lehrpersonen und Eltern. Bei Uneinigkeit entscheidet die Schulpflege.
Einen zeitlich grösseren Aufwand erfordern die Abklärungen zur integrativen Schulung von Kindern
mit einer Behinderung mit verstärkten Massnahmen (VM-Lektionen). Die integrative Schulung von
Kindern mit Behinderung ist sowohl in Regelklassen wie auch in Kleinklassen möglich. Jeder Einzelfall wird individuell ressourciert, was unter ökonomischen und pädagogischen Gesichtspunkten nach
sorgfältiger und professioneller Abklärung verlangt. Der damit verbundene Aufwand erscheint vielen
als zu gross. Das Departement Bildung, Kultur und Sport hat den Handlungsbedarf erkannt und
einen entsprechenden Entwicklungsschwerpunkt im Aufgaben- und Finanzplan (AFP) formuliert
(310E015).
Die Modelle "Kleinklasse" und "Integrierte Heilpädagogik" erfordern einen ähnlichen finanziellen Aufwand. Schulen mit Kleinklassen beanspruchen gut einen Viertel aller im Kanton eingesetzten Lektionen für Heilpädagogik. Die Schülerzahl dieser Schulen beträgt knapp einen Viertel der Gesamtschülerzahl des Kantons. Bei Schulen mit integrierter Heilpädagogik liegen die beiden Anteile bei rund
drei Vierteln. Bei beiden Modellen ist somit das Verhältnis von heilpädagogischen Lektionen zur
Schülerzahl gleich gross. Die Bevorzugung des einen oder anderen Modells beinhaltet demnach
kaum Sparpotenzial.
Wie der Kanton Aargau überlässt der Kanton Bern die Verantwortung zur Führung von integrativen
oder separativen Schulungsformen den Schulträgern, geht aber bei der Ressourcenzuteilung einen
Schritt weiter. Er weist den Schulen einen Lektionenpool für besondere Förderung zu, der auf einem
sozialindexierten Faktor beruht. Im Kanton Aargau dagegen werden unterschiedliche Steuerungsmodelle angewandt: Einheitlicher Faktor für integrierte Heilpädagogik, Steuerung des Kleinklassenangebots via Abteilungsgrössen vor Ort, bedarfsabhängige Zuweisung der Lektionen für Deutsch als
Zweitsprache, einheitlicher Faktor für Logopädie, sozialindexierte Zuweisung von Zusatzlektionen. Im
Rahmen von Überlegungen zu neuen Modellen der Ressourcensteuerung prüft und entwickelt das
Departement Bildung, Kultur und Sport unterschiedliche Möglichkeiten der Zuteilung von Ressourcen
an die Schulen und bezieht dabei auch das Berner Modell in seine Überlegungen ein. Dabei wird
man auch die Auswirkungen verschiedener Modelle auf den administrativen Aufwand vergleichen.
Gut nachvollziehen kann der Regierungsrat den Ruf nach Leistungsüberprüfungen. Mit der Einführung der vierkantonalen Leistungschecks haben die Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt
und Solothurn hier Pionierarbeit geleistet. Erfreulicherweise stehen die Schülerinnen und Schüler der
Aargauer Schulen bei der erstmaligen Durchführung in der dritten Klasse der Primarschule leistungs-
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1493
mässig an der Spitze der vier Kantone. Offensichtlich kommen im Kanton Aargau die Normalbegabten, von denen der überwiegende Teil integrative Schulen besucht, nicht zu kurz.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'546.50.
Sabina Freiermuth-Salz, FDP, Zofingen: Die FDP dankt dem Regierungsrat für die Bereitschaft, dieses Postulat entgegenzunehmen.
Wir nehmen an, dass die geforderte Analyse im Rahmen der in der regierungsrätlichen Antwort beschriebenen "laufenden Überlegungen zu neuen Modellen der Ressourcensteuerung" gemacht werden soll. Das begrüssen wir natürlich. Wir erwarten aber auch, dass in der mit der Entgegennahme
des Postulats versprochenen Analyse sämtliche im Postulat gestellten Fragen ganz konkret beantwortet werden.
Der Regierungsrat spricht in seiner Antwort von der "pädagogischen Entwicklung", die mit der Einführung der Integrativen Schulungsform an den Aargauer Schulen vonstatten gegangen sein soll. Aus
unserer Sicht ist das Schönfärberei; wir sehen momentan mehr Verlierer als Gewinner. Dazu einige
Beispiele:
- Schülerinnen und Schüler, die tagtäglich erleben müssen, dass sie heillos überfordert sind.
- Begabte Kinder, die in ihrem Wissensdrang gebremst werden.
- Lehrpersonen, die aufgrund der fast nicht mehr zu bewältigenden Heterogenität in den Schulstuben
und dem daraus resultierenden administrativen und organisatorischen Zusatzaufwand ihre eigentliche Kernaufgabe – das Vermitteln von Wissen – nicht mehr wahrnehmen können.
- Schulgemeinden, die sich mit der Umsetzung der Integrativen Schulung (IS) überfordert fühlen, da
die Führung durch das zuständige Departement schlichtweg unzureichend ist.
Neuste Medienberichte über die im Kanton Zürich seit der Einführung der Integrativen Schulungsform massiv angestiegene Anzahl Sonderschul-Einweisungen müssen uns alle aufhorchen lassen.
Wir erwarten also im postulierten Bericht ausführliche Informationen über die Aargauer Entwicklung
in all den angesprochenen Bereichen.
Es ist wahr, dass im AFP schon seit längerer Zeit ein Entwicklungsziel zur Überprüfung und Erarbeitung eines neuen Pensenmodells definiert ist. Die Kommission für Bildung, Kultur und Sport (BKS)
wartet denn auch schon sehr lange darauf. Vor diesem Hintergrund frage ich den Regierungsrat
höflich an, ob er uns eine Prognose abgeben kann, bis wann wir mit dem Bericht, welcher sich offenbar in Arbeit befindet, rechnen können. Wir danken den Fraktionen für die Überweisung des vorliegenden Postulats.
Vorsitzender: Der Regierungsrat erklärt sich bereit, das Postulat entgegenzunehmen. Es ist unbestritten und wird stillschweigend an den Regierungsrat überwiesen. Das Geschäft ist erledigt.
0572 Postulat Marianne Binder-Keller, CVP, Baden (Sprecherin), und Martin Steinacher-Eckert,
CVP, Gansingen, vom 4. März 2014 betreffend externe Analyse bei Verwaltung und Administration im Bildungsbereich; Ablehnung
(vgl. Art. 0378)
Mit Datum vom 21. Mai 2014 beantragt der Regierungsrat, das Postulat mit folgender Begründung
abzulehnen:
Im Rahmen der Leistungsanalyse wurden alle Aufgaben und Leistungen, die der Kanton erbringt,
systematisch untersucht und kritisch hinterfragt. Im Fokus stand dabei die Frage, wie die Bedürfnisse
der Bürgerinnen und Bürger wirtschaftlich, kostengünstig und mit dem besten Nutzenverhältnis erfüllt
werden können. Die Leistungen wurden priorisiert nach den Grundsätzen: Fokussierung auf Kernaufgaben, Optimierung der Aufgabenerfüllung sowie Priorisierung von Projekten. Die Ergebnisse der
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Leistungsanalyse wurden am 29. August 2013 der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Botschaft an den
Grossen Rat mit den notwendigen Anpassungen an Gesetzen und Dekreten wurde am 4. April 2014
veröffentlicht. Zahlreiche Massnahmen im Bildungsbereich wurden von verschiedenen Seiten scharf
kritisiert, einzelne Massnahmen hat der Regierungsrat aufgrund dieser Kritik angepasst.
Der Bildungsbereich setzt sich zusammen aus den Volksschulen, den Sonderschulen, den Berufsschulen, den Mittelschulen und den Hochschulen. Der Kanton ist direkt zuständig für die Mittelschulen und zwei Berufsschulen, bei allen anderen Schulen leistet der Kanton grosse Beiträge zur Finanzierung, er ist aber nicht Träger der Schulen. Dies gilt namentlich für die Regelschulen, die durch die
Gemeinden getragen sind ("Schulen vor Ort").
Der Bildungsbereich ist mit einem Anteil von 34,3 % die grösste Aufwandgruppe des Kantons (Statistisches Jahrbuch 2013). Entsprechend hat der Regierungsrat im Rahmen der Leistungsanalyse auch
im Bildungsbereich Entlastungen vorgeschlagen. Diese Entlastungsvorschläge sind stets gekoppelt
an konkrete Leistungen (zum Beispiel Massnahme 310-03 Abschaffung des Werkjahrs). Aufgrund
der Aufwandstruktur im Bildungsbereich betreffen die meisten Massnahmen direkt den Personalaufwand. Dies lässt sich am Beispiel des grössten Aufgabenbereichs verdeutlichen: Im Aufgabenbereich 310 'Volksschule' (vgl. Tabelle 1) besteht der Aufwand zu 95,7 % aus Personalaufwand. Davon
sind über 98 % direkter Personalaufwand der Regelschule, also Lehrpersonen und Schulleitungen
(SL). 1,5 % sind Personalaufwand für schulnahe Aufgaben wie das Inspektorat oder der Schulpsychologische Dienst (SPD). Weniger als ein 0,5 % des Personalaufwands fällt in der Verwaltung an. In
den anderen Aufgabenbereichen des Bildungsbereichs sind die Verhältnisse ähnlich.
Tabelle 1. Aufwandstruktur Aufgabenbereich 310 'Volksschule' (Jahresbericht 2013)
Aufgabenbereich 310 Volksschule
Aufwand
2013
(in Fr. 1'000.–)
Anteil am
Gesamtaufwand
Anteil am
Personalaufwand
Gesamtaufwand Aufgabenbereich 310
-888'707
100,0 %
--
Personalaufwand
-850'791
95,7 %
100,0 %
Personalaufwand Schule/Unterricht (Lehrpersonen, SL)
-834'947
94,0 %
98,1 %
-12'543
1,4 %
1,5 %
-3'302
0,4 %
0,4 %
Personalaufwand schulnahe Aufgaben (Inspektorat, SPD, etc.)
Personalaufwand Verwaltung
Das Departement Bildung, Kultur und Sport ist verantwortlich für alle Fragen des Schul- und Bildungswesen des Kantons, deren Behandlung nicht dem Regierungsrat, dem Erziehungsrat oder
einer anderen Instanz durch Gesetz übertragen ist (§ 86 Schulgesetz). Dazu zählen namentlich die
Festlegung des Lehrplans und der Lehrmittel, die Ressourcenzuteilung und die Lohnadministration,
die Qualitätssicherung und Aufsicht, die Organisation der Schuldienste und zahlreiche weitere Aufgaben. Die Leistungen werden erbracht für die Volksschulen (Aufgabenbereich 310), die Sonderschulen (Aufgabenbereich 315) und die Berufs- und Mittelschulen (Aufgabenbereich 320). Aufgrund
der Grösse und der Bedeutung des Bildungsbereichs für den Kanton als Ganzes und für den Finanzhaushalt im Besonderen, erachtet der Regierungsrat den Verwaltungsanteil (0,4 % des Gesamtaufwands für den Aufgabenbereich Volksschule) als angemessen.
Mit den aktuellen Führungsstrukturen wird eine wirkungsvolle Bildungspolitik sichergestellt, wie der
Leistungstest 2013 im Bildungsraum Nordwestschweiz zeigte, bei dem die Aargauer Schülerinnen
und Schüler im vierkantonalen Vergleich am besten abgeschlossen haben. Das Ausmass der Aufgaben wird durch die geltende Rechtsordnung vorgegeben, die Führung erfolgt über die bestehenden
Instrumente zur Steuerung der Aufgaben und Finanzen, wobei die Leistungen verknüpft sind mit den
Finanzen und dem Personal. Das wichtige Prinzip der Subsidiarität im Bereich der Volksschule
("Schulen vor Ort") erfordert ein Mindestmass an Instrumenten zur Sicherstellung der Aufsichtspflicht
und zur Überprüfung der Qualität. Dazu zählen namentlich das Inspektorat und die externe Schulevaluation.
Die Massnahmen der Leistungsanalyse im Bildungsbereich klammern den Bereich "Verwaltung und
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Administration" nicht aus: Insgesamt 15 Massnahmen betreffen diesen Bereich direkt (Tabelle 2), bei
den übrigen Massnahmen ist er indirekt betroffen. Die vorgeschlagenen Massnahmen sind aus pädagogischer Sicht vertretbar. Die Massnahmen wurden so gewählt, dass die Qualität der Aargauer
Volksschule als Ganzes nicht leidet.
Tabelle 2. Massnahmen der Leistungsanalyse im Bildungsbereich mit direkter Auswirkung auf den
Bereich "Verwaltung und Administration"
Nr.
Massnahme
Umsetzung
Potenzial*
(in Franken)
Auswirkung auf Verwaltung und Administration
GR 320-01
Leistungsreduktion Lehrpersonenberatung
Schuljahr
2015/16
270'000
Der Leistungsumfang des Angebots wird reduziert,
indem die Anzahl kostenloser Beratungssitzungen
von durchschnittlich 4,7 Beratungssitzungen auf
3 Beratungssitzungen mit Termineinheiten bis maximal 90 Minuten limitiert wird.
GR 320-02
Kostenpflicht Laufbahnberatung Erwachsene
2015
1'200'000
Der Leistungsumfang des kostenlosen Angebots
wird reduziert. Die Anzahl unentgeltlich beratener
Personen in der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung (320Z005) sinkt um rund einen Viertel.
RR 300-11
Reduktion Engagement
interkantonale Zusammenarbeit - Bildung
2017
160'000
Der Kanton Aargau reduziert im Bereich Bildung sein
Engagement in der interkantonalen Zusammenarbeit.
RR 300-12
Elektronische Lohnabrechnungen
2015
53'000
Die Lohnabrechnungen sollen im E-Personaldossier
der Lehrpersonen zur Verfügung gestellt werden.
Die Kostensenkung wird durch den Wegfall der
Portokosten für die monatlichen Versände der Lohnabrechnungen erreicht.
RR 310-17
Reduktion externe Schulevaluation ab 2018
2018
500'000
Schulen, die bei der vorangehenden Prüfung alle
Ampeln auf grün gestellt hatten, was eine grundsätzliche Funktionsfähigkeit bedeutet, werden bei der
externen Schulevaluation in reduziertem Umfang
evaluiert. Dies bedeutet für die Schulen eine Reduktion des Aufwands.
RR 310-19
Reduktion Aufsichts- und
Beratungsumfang Inspektorat
SJ 2015/16
169'000
Das Inspektorat der Volksschulen und der Privatschulen reduziert den Leistungsumfang mittels Personalabbau um 10 %.
RR 310-21
Reduktion Leistungsumfang Schulpsychologischer Dienst
2015
300'000
Der Schulpsychologische Dienst reduziert das Leistungsangebot mittels Personalabbau um 5 %.
RR 320-11
Leistungsabbau Case
Management Berufsbildung (CMBB)
2015
200'000
Indem auf Jugendliche zwischen 15 und 20 Jahren
fokussiert wird, kann die Anzahl Fälle um rund 20 %
reduziert werden. Die Leistungen des CMBB werden
mittels Personalabbau reduziert.
* Maximales jährliches Entlastungspotenzial
Der Regierungsrat lehnt eine externe Evaluation im Bildungsbereich aus mehreren Gründen ab:
Potenzial
Der Regierungsrat erachtet das Potenzial an zusätzlichen Massnahmen aus einer externen Evaluation als eher gering. Hauptgrund dafür ist die Tatsache, dass die Leistungsanalyse sehr systematisch
und umfassend über alle Aufgabenbereiche und Leistungsgruppen erfolgte. Da alle Politikbereiche
gemäss den Analysekriterien untersucht worden sind, müsste eine externe Evaluation entweder auf
ausgewählte Politikbereiche fokussieren oder die gesamte Analyse wiederholen. Eine Fokussierung
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erachtet der Regierungsrat als nicht angemessen, weil die Gesamtsicht fehlt; eine Wiederholung der
Analyse ist sehr aufwendig und führt zu einer hohen zeitlichen Belastung des Personals. Zudem ist
nicht erkennbar, aus welchen Gründen beziehungsweise mit welcher Methodik die externe Evaluation zu grundlegend anderen Ergebnissen führen würde als die Leistungsanalyse, zumal auch für die
externe Evaluation das Fachwissen der Spezialisten unabdingbar ist.
Politische Machbarkeit
Damit das angestrebte Entlastungspotenzial der Leistungsanalyse auch tatsächlich realisiert werden
kann, müssen sowohl das gesamte Paket wie auch die einzelnen Massnahmen im Bereich des politisch Machbaren liegen. Aus Sicht des Regierungsrats ist nicht erkennbar, wie eine externe Evaluation zu politisch verträglicheren Massnahmen führt.
Benchmark
Erfahrungen aus anderen Kantonen und aus der Aufgaben- und Leistungsüberprüfung von 2002 im
Kanton Aargau zeigen, dass auch externe Analysen weder zu wesentlich anderen Massnahmenvorschlägen noch zu einer höheren politischen Machbarkeit führen.
Dauer
Der Regierungsrat hat frühzeitig auf die sich abzeichnende Verschlechterung der finanziellen Situation reagiert und eine Leistungsanalyse vorgenommen. So war es möglich, bereits im Aufgaben- und
Finanzplan (AFP) 2014–2017 die Grössenordnung des Entlastungspotenzials einzustellen. Im AFP
2015–2018, der zurzeit in Erarbeitung ist, werden die Massnahmen nun detailliert abgebildet. Eine
externe Evaluation des Bildungsbereichs braucht Zeit: Nach einem allfälligen Beschluss, eine solche
Evaluation durchzuführen, ist für die Ausschreibung (nach einem klaren Pflichtenheft), die Vergabe,
die Durchführung der Evaluation und die Berichterstattung mindestens mit einem Jahr zu rechnen.
Die Ergebnisse dieser Evaluation könnten also frühestens in den übernächsten AFP 2017–2020
einfliessen. Angesichts der aktuell schwierigen finanziellen Lage erachtet dies der Regierungsrat als
zu spät.
Kosten
Der Regierungsrat schätzt die Kosten einer externen Evaluation als sehr hoch ein: Für eine normale
Projektevaluation ist mit externen Kosten im Bereich von Fr. 100'000.– zu rechnen, komplexe Evaluationen kosten das Doppelte. Für die Evaluation des ganzen Bildungsbereichs ist mindestens mit
den doppelten Kosten zu rechnen. Zu diesen Kosten ist der interne Aufwand zu addieren.
Grundsätzlich ist der Regierungsrat bestrebt, die Finanzen des Kantons im Lot zu halten. Deshalb
hat er die Leistungsanalyse vorgelegt. Die darin enthaltenen Massnahmen in der Kompetenz des
Grossen Rats sind nun im parlamentarischen Prozess zu diskutieren, die übrigen Massnahmen werden in den AFP 2015–2018 eingestellt. Eine zusätzliche externe Evaluation des Bildungsbereichs ist
aus Sicht des Regierungsrats sowohl aus Kosten-Nutzen-Überlegungen wie auch aus methodischen
Gründen nicht angezeigt. Der Regierungsrat lehnt das Postulat deshalb ab.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'753.–.
Martin Steinacher-Eckert, CVP, Gansingen: Marianne Binder und ich halten am Postulat fest und
sind überzeugt, dass dieses auch sinnvoll und nötig ist.
Um die gestrichenen Sparmassnahmen, die wir in der 1. Lesung der Leistungsanalyse beschlossen
haben, kompensieren zu können – zum Beispiel die Abschaffung der Einschulungsklassen – sind
andere Bereiche nochmals zu durchleuchten. Ein wesentliches Sparpotenzial liegt auch bei der Verwaltung, den Führungsstrukturen und den administrativen Aufwendungen, welche Schulen zu leisten
haben. Deshalb soll mit einer externen Evaluation auch das Sparpotenzial im Bereich der Verwaltung
und Administration untersucht werden. Das muss nicht mit grossen Projektkosten erfolgen. Dies
könnte auch mit einer anonymen externen Befragung der Schulen gemacht werden. Nach intensiven
Gesprächen mit Persönlichkeiten, welche im Bildungswesen tätig sind – Fachpersonen, Lehrperso-
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nen, aber auch Elternorganisationen – befiel uns ein zunehmendes Unbehagen. Uns fehlt eine Übersicht über das gesamte Sparpotenzial im Bildungsbereich, eine ganzheitliche Analyse und eine
übergeordnete Strategie. Bei allen Überlegungen steht für die CVP immer das Schulkind im Zentrum.
Zentrale Fragen sind: Hat man wirklich genügend darauf geachtet, dass nur dort gespart wird, wo die
Bildungsqualität der Schülerinnen und Schüler nicht beeinträchtigt wird? Gibt es Bereiche, die man
ohne Nachteile für unsere Kinder reduzieren oder auflösen kann? Vielleicht gäbe es eine Aufgabenverschiebung, eine Verbesserung und sogar eine Kostenersparnis. Im Fokus steht beispielsweise die
externe Schulevaluation. In welchem Mass kann sie noch mehr reduziert oder gänzlich ausgesetzt
werden? Im Fokus stehen auch die Dienstleistungen der Bildungsverwaltung, so unter anderem die
Angebote des Inspektorats. Auch hier muss hinterfragt werden: Was brauchen die Schulen vor Ort
wirklich? Welche Leistungen könnten reduziert oder eben auch gestrichen werden? Der Regierungsrat hat aus Spargründen auf Projekte verzichtet und diese teilweise auch verschoben. Da nun die
Integration des Instrumentalunterrichts, die Abschaffung der Schulpflegen und der Lehrplan 21 nicht
bearbeitet werden müssen, sind auch weniger Stellen nötig. Im Fokus stehen aber auch die Verwaltungsabteilungen, beispielsweise diejenige der Sonderschulen, welche unter Umständen von der
Abteilung Volksschule übernommen werden könnten. Die Abteilung Sonderschulung, Heime und
Werkstätten ist in den letzten 10 Jahren von 9 auf 24 Personen angewachsen. Private Sonderschulen, zum Beispiel die Aargauische Sprachheilschule, beklagen sich, weil sie in sehr engem Rhythmus von dieser BKS-Abteilung evaluiert und kontrolliert werden.
Mit dem Vorstoss 14.75 (Auftrag der Fraktionen der SP, der BDP und der Grünen vom 25. März
2014 zum Erstellen einer Analyse betreffend a) Trägerschaft der heilpädagogischen Sonderschulen
und b) zu deren Integration in die Abteilung Volksschule) werden wir später entscheiden, ob mit einer
Analyse dieses Anliegen geprüft werden soll. Dort ist dieses mit der Überprüfung der Trägerschaft
der Sonderschulen gekoppelt. Wir möchten es mit diesem Postulat prüfen.
Sparmassnahmen auch im Bildungsbereich sind unumgänglich. Für uns ist aber eine ganzheitliche
Analyse wichtig. Eine externe Evaluation kann uns verlässliche Daten liefern und wäre somit eine
solide Basis für die Gesamtanalyse. Besten Dank für Ihre Zustimmung.
Manfred Dubach, SP, Zofingen: Die SP-Fraktion ist nach wie vor der Meinung, dass eine externe
Evaluation aller Departemente ein vernünftiger Weg gewesen wäre und immer noch ist; eine externe
Analyse mit dem Ziel, Prozesse und Strukturen auf deren Zweckmässigkeit und Effizienz überprüfen
zu lassen. Eine so verstandene Analyse hat als primären Fokus die Qualität der erbrachten staatlichen Dienstleistungen. Erst in zweiter Linie könnten sich gegebenenfalls auch Spareffekte einstellen,
weil die Organisationsentwicklung dazu führt, dass ein gleichwertiges oder sogar besseres Ergebnis
zu einem günstigeren Preis erbracht werden kann.
Nur schwer nachvollziehbar ist für die SP, dass der Regierungsrat den Unterschied zwischen einer
internen Analyse, die direkt Betroffene durchführen, und einer externen Analyse nicht sehen will. Der
gleiche Regierungsrat, der für alle Schulen die externe Evaluation als notwendiges und wichtiges
Instrument der Qualitätssicherung bezeichnet. Es kann ja nicht sein, dass das Qualitätsmanagement
des Staates nicht einmal dasjenige Niveau einer noch so kleinen Schule erreicht.
Weshalb sollen gerade beim Kanton die internen Analysen von der verbreiteten Betriebsblindheit
verschont bleiben, die jedes gut geführte private Unternehmen veranlasst, eine Organisationsentwicklung extern begleiten zu lassen?
Gerade die Behauptung des Regierungsrats in seiner Antwort, dass die vorgeschlagenen Massnahmen pädagogisch vertretbar seien und die Qualität der Schule nicht beeinträchtigen würden, zeigt,
dass diejenigen, die diese Analyse durchgeführt haben, weder ein pädagogisches Verständnis haben noch die Verhältnisse vor Ort genügend gut kennen.
Trotz Unverständnis der ablehnenden Haltung des Regierungsrats gegenüber einer unvoreingenommenen externen Analyse, kann die SP das vorliegende Postulat nicht unterstützen. Eine Analyse
geht nach unserer Meinung nicht zum Voraus von der Tatsache aus, dass ein Sparpotenzial vorhanden ist. Wenn schon bekannt ist, dass eingespart werden kann, dann braucht es keine Analyse
mehr. Dann ist diese eine Farce. Ausserdem ist es unverständlich, weshalb diese Analyse sich auf
das Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) beschränken sollte – insgesamt wollen wir die
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Departemente objektiv und unvoreingenommen überprüfen lassen und nicht in das weit verbreitete
Beamtenbashing einstimmen. Deshalb lehnen wir ein so formuliertes Postulat ab.
Tanja Suter, SVP, Gipf-Oberfrick: 2013 wurden alle Departemente einer Leistungsanalyse unterzogen und es wurde aufgezeigt, wo Einsparungen getätigt werden können. Wir waren überrascht, dass
in den verschiedenen Verwaltungen kaum Sparpotenzial möglich ist. Am 1. Juli dieses Jahres hat
sich der Grosse Rat gegen eine externe Evaluation aller Departemente entschieden. Wir können
deshalb nicht nachvollziehen, wieso nun die Verwaltung eines einzigen Departements evaluiert werden soll. Grundsätzlich ist es sicher richtig, wenn man versucht, bei der Verwaltung Kosten einzusparen. Da sind wir einverstanden.
Hierzu ein Beispiel: Schon mehrmals wurde ich von Heilpädagoginnen angesprochen, wieso es nötig
sei, dass die Formulare, die sie für das BKS ausfüllen müssten, mehrmals jährlich neu gestaltet würden. Doch genau solche Probleme oder Mängel würden bei einer externen Evaluation nicht erkannt.
Wir gehen nicht davon aus, dass unter dem Strich mehr eingespart werden kann, wenn die Verwaltungen selbst sich der Evaluation stellen müssen. Es würde nur viel Papier produziert. Wer schon
solche Evaluationen erlebt hat, weiss, wovon ich spreche.
Zudem generiert eine externe Evaluation hohe Kosten – höhere Kosten als durch die Schliessung
des Grundbuchamts in Laufenburg eingespart werden könnten. Ich möchte nochmals unterstreichen,
dass es in der Verwaltung sicher Sparpotenzial gibt. Eine externe Evaluation sehen wir momentan
nicht als den richtigen Weg.
Somit unterstützt die SVP das Postulat nicht. Ich bin jetzt mit meinem Votum nur auf den Postulatstext von Postulat 14.51 eingegangen. Die Erläuterungen von Martin Steinacher gehen ein bisschen in eine andere Richtung. Die könnten wir zum Teil auch teilen.
Sabina Freiermuth-Salz, FDP, Zofingen: Die FDP lehnt die Überweisung dieses Postulats ab.
Selbstverständlich sind wir grundsätzlich damit einverstanden, dass in der Verwaltung regelmässig
Einsparungspotenziale und mehr Effizienz definiert werden, das soll klar eine laufende Aufgabe sein.
Wir alle wissen es nur zu gut: Die Leistungsanalyse über alle Departemente ist in vollem Gange, und
wir erwarten bereits die Botschaft zur 2. Lesung.
Eine zusätzliche Analyse von externer Seite, quasi im laufenden Verfahren, ist aber unseres Erachtens des Guten zu viel, das würde die gegenwärtigen Arbeiten zur Leistungsanalyse nicht nur stören,
sondern auch verzögern und noch weiter verkomplizieren. Es gilt schliesslich auch daran zu denken,
dass die Verwaltung nebst der Erarbeitung von Analysen und der daraus resultierenden Beschäftigung mit sich selbst auch noch konkrete Aufgaben zu erfüllen hat. Sie darf nicht zum Zulieferer für
die Erstellung von Analysen mutieren.
Nicht zu unterschätzen sind auch die Kosten, die eine solche Übung verursacht.
Darüber hinaus ist auch nicht erklärbar, dass nur ein einzelnes Departement von einer solchen Untersuchung betroffen sein sollte.
Gehen wir doch jetzt einmal in Ruhe in die 2. Lesung der Leistungsanalyse. Wenn wir die Resultate
vor uns haben, lässt sich entscheiden, welche weiteren Massnahmen getroffen werden müssen.
Aus diesen Gründen bittet Sie die FDP-Fraktion, das Postulat abzulehnen.
Dr. Roland Bialek, EVP, Buchs: Wir sind nicht grundsätzlich gegen externe Analysen. Wir möchten
aber dieses Postulat nicht überweisen.
Zur Begründung: Man sollte in einer Übung nicht eine Übung machen. Die Frage ist auch, ob man in
einer Analyse dann nochmals eine Analyse macht. Unsere Vorstellung ist: Wir haben einen Weg
gewählt, welcher bestimmte Spielregeln enthält. Es gibt klare Dinge, die man einsparen kann. Das
durfte man entsprechend kommunizieren.
Jetzt geht es darum, dass man die Kräfte fokussiert und diesen Prozess abschliesst. Wenn der Prozess mit der Leistungsanalyse abgeschlossen ist – das ist er noch nicht – dann sollte eine neue
Standortbestimmung gewählt werden. Dies, damit man feststellen kann, ob es ausreicht oder ob man
etwas Zusätzliches tun muss. Zuerst schliessen wir die eine Arbeit ab, dann nehmen wir eine zweite
Arbeit auf, aber nicht alles durcheinander. Deshalb sind wir gegen die Überweisung dieses Postulats.
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Alex Hürzeler, Regierungsrat, SVP: Ich bitte Sie – diverse Votanten haben es auch schon erwähnt –
dieses Postulat abzulehnen. Lehnen Sie es ab, so, wie Sie an der Sitzung des Grossen Rats vom
1. Juli 2014 ein Postulat der CVP abgelehnt haben, welches eine externe Analyse zum Sparbereich
über alle Departemente gefordert hat (Postulat der CVP-Fraktion vom 25. März 2014 betreffend externe Analyse des Sparpotenzials in der gesamten Verwaltung). Damals haben Sie es mit 107 gegen
25 Stimmen abgelehnt. Ich gehe davon aus, dass Sie dies nun heute im ähnlichen Ausmass auch
tun werden.
Ich bitte Sie und rufe Sie damit auch auf, den Weg, den der Regierungsrat zusammen mit Ihnen als
Parlament und auch mit den diversen Verbänden seit gut einem Jahr geht, nämlich die Leistungsanalyse, nun zu Ende zu gehen. Das Parlament, dessen Kommissionen und Subkommissionen werden all diese Fragen und mögliche weitere Sparpotenziale in den nächsten Monaten sehr vertieft
ausdiskutieren, bevor Sie sich in einer externen Analyse weitere Ideen erhoffen. Sie wissen, wie
solche externen Analysen vonstattengehen müssen. Es werden wiederum interne Leute sein, die
gegenüber Externen diverse Angaben liefern müssen. Ich gehe aber davon aus, dass das heutige
Resultat und Ihre Arbeit in den nächsten Monaten effektiver und effizienter sein werden, als dies eine
externe Analyse zum heutigen Zeitpunkt sein könnte.
Noch eine Bemerkung zu den Äusserungen des Postulanten Martin Steinacher in Bezug auf die Arbeit und Arbeitshaltung der Abteilung Sonderschulung, Heime und Werkstätten: Diesbezüglich distanziere ich mich sehr. Ich bitte den Postulanten, sich in der BKS-Kommission fundiert damit auseinanderzusetzen. Diese Aussagen zur Arbeit der Abteilung Sonderschulung, Heime und Werkstätten
waren sehr oberflächlich.
Abstimmung
Das Postulat wird mit 105 gegen 15 Stimmen abgelehnt.
0573 Auftrag der SP-Fraktion vom 7. Januar 2014 betreffend Ausarbeitung von kantonalen
Richtlinien für den Unterricht im und am Wasser; Ablehnung
(vgl. Art. 0327)
Mit Datum vom 14. Mai 2014 beantragt der Regierungsrat, den Auftrag mit folgender Begründung
abzulehnen:
Mit dem Auftrag wird der Regierungsrat aufgefordert, anstelle der bisherigen Empfehlungen verbindliche Richtlinien zu den Rahmenbedingungen für den Unterricht im und am Wasser zuhanden der
Schulen vor Ort zu erlassen. Diese sollen den Lehrpersonen die Gewissheit geben, sich im Rahmen
der rechtlichen Vorgaben korrekt zu verhalten und sie dazu ermuntern, den Schwimmunterricht nicht
zu vernachlässigen. Die Richtlinien sollen die geforderte fachliche Qualifikation von Lehr- und Begleitpersonen, die maximale Gruppengrösse, eine klare Definition der Obhuts- und Sorgfalts-Pflicht
und Fragen der Haftpflicht umfassen.
Dem Regierungsrat ist es ein wichtiges Anliegen, dass die Aargauer Kinder und Jugendlichen im
schulischen Unterricht wichtige Primärerfahrungen im und am Wasser machen. Die Legitimation
dieses Anliegens gründet auch auf der Formulierung von Zielen im kantonalen Lehrplan. Gemäss
Aargauer Lehrplan sollen die Schülerinnen und Schüler die wichtigsten Verhaltensregeln am Wasser
kennenlernen, mit dem Wasser vertraut werden und schwimmen lernen.
Das Anliegen der Auftraggebenden, dass nicht aufgrund von Unsicherheit auf den Schwimmunterricht verzichtet wird, ist grundsätzlich berechtigt. Der Regierungsrat ist der Ansicht, dass das verfolgte Ziel einer erhöhten wahrgenommenen und effektiven Sicherheit nicht oder nur sehr bedingt durch
eine höhere Verbindlichkeit von Regeln erreicht werden kann. Sicherheitsvorkehrungen spielen beim
Aufenthalt im und am Wasser eine zentrale Rolle. Das gleiche gilt auch für andere schulische Aktivitäten mit einem erhöhten Risikopotenzial wie Veloexkursionen, Bergwanderungen oder Geräteturnen
im Sportunterricht. Diese Aktivitäten unterscheiden sich zum Schwimmunterricht nicht in der Verant-
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wortlichkeit, sondern eventuell im Mass der zu beachtenden Sorgfalt und in der Höhe des Risikos,
dass sich ein Unfall ereignen kann. Zum Berufsauftrag der Lehrpersonen gehört, mögliche Gefahrenpotenziale bei besonderen schulischen Anlässen zu identifizieren, unter methodisch-didaktischen
sowie sicherheitsrelevanten Gesichtspunkten zu bewerten und die richtigen Vorkehrungen zu treffen.
Daher ist es eine wichtige Aufgabe der Schule vor Ort, die Fragen nach der Qualifikation des Personals sowie deren Einsatzmöglichkeit im Unterricht zu klären und die Lehrpersonen über Sorgfaltsund Haftungsfragen zu informieren. Die zur Verfügung stehenden kantonalen Empfehlungen sowie
die Broschüren der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) und der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG) unterstützen diesen Prozess. In den kantonalen Empfehlungen für den
Schwimmunterricht wird bewusst auf das Merkblatt des Dachverbands Schweizer Lehrerinnen und
Lehrer verwiesen, welches die Verantwortlichkeit und Haftpflicht der Lehrpersonen aus juristischer
und pädagogischer Sicht darlegt. Dieses Merkblatt gilt für verschiedene Bereiche als wichtiges Referenzdokument und verfügt über einen hohen Bekanntheitsgrad.
Kantonale Richtlinien und Vorgaben können nicht verhindern, dass bei einem gravierenden Unfall
oder im Todesfall ein Strafverfahren eröffnet wird. Gemäss Art. 7 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO) muss die Strafverfolgungsbehörde ein Strafverfahren eröffnen, wenn ein ausreichender Anfangsverdacht besteht. Dieser ist gegeben, wenn der objektive Tatbestand einer Strafbestimmung erfüllt sein könnte. Es ist Gegenstand der Strafuntersuchung und Aufgabe der Strafverfolgungsbehörde abzuklären, ob die beschuldigte Person die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten eingehalten hat. Als Rechtsquelle für die zu beachtende Sorgfalt kommen Gesetze, Verordnungen, Reglemente, Betriebsvorschriften, Richtlinien, Sport- und Spielregeln, etc. infrage. Im Fall eines Schwimmoder Badeunfalls konkretisieren unter Umständen die kantonalen Richtlinien sowie jene der SLRG
die von der Lehrperson zu beachtende Sorgfalt. Letztlich ist es aus juristischer Sicht nicht zwingend
nötig, dass eine geschriebene Regel vorhanden ist, da sich die strafrechtlich zu beachtende Sorgfalt
auch aus den allgemeinen Grundsätzen (Gefahrensatz) ergibt. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau betont, dass mit dem Erlass kantonaler Vorschriften zum Schwimmunterricht die Situation der Lehrperson unter strafrechtlichen Gesichtspunkten nicht entscheidend verbessert werden
kann.
Jeder Aufenthalt/jede Betätigung mit Kindern im und am Wasser verlangt nach einer situationsbezogenen Einschätzung durch die verantwortliche Lehrperson; die Gruppengrösse ist dabei eines von
mehreren Kriterien. Die kantonalen Empfehlungen bezüglich der maximalen Gruppengrösse sind mit
jenen der SLRG nahezu identisch. Sie liegen beim Schwimmen im Hallenbad sogar deutlich unter
jenen der SLRG. Einzig für Aktivitäten am See liegt die empfohlene Gruppengrösse mit 12 Schülerinnen und Schülern über der SLRG-Empfehlung von zehn. Diese Differenz ergibt sich aus schulorganisatorischen Gründen. So kann beispielsweise der Schwimmunterricht am See mit einer grösseren Primarschulklasse unter bestmöglichen Bedingungen durch zwei Begleitpersonen betreut werden. Was die Gruppengrössen anbelangt gilt zu sagen, dass die SLRG in ihren Empfehlungen betont, dass die angegebenen Gruppengrössen nur "unter optimalsten Bedingungen" gelten.
Ein interkantonaler Vergleich zeigt, dass andere Kantone ähnlich wie der Kanton Aargau Empfehlungen formulieren oder sich auf die Angaben der SLRG abstützen, welche aufgrund der einschränkenden Formulierung wiederum nur einen empfehlenden Charakter einnehmen können. Die Tatsache,
dass Angaben zu Gruppengrössen stets zu relativieren sind, zeigt, dass starre Vorgaben nicht zielführend sind oder gar eine Scheinsicherheit suggerieren können. Vielmehr soll eine eigenverantwortliche Situationsanalyse unter Berücksichtigung von Risiken wie Alter, Klassenzusammensetzung, Art
des Gewässers, Anlass etc. auf der Grundlage von bewährten Empfehlungen gemacht werden. Die
SLRG betont in einer Stellungnahme zum vorliegenden Auftrag, dass "auch bei Existenz verbindlicher Bestimmungen die haftungsrechtliche Exposition nur bedingt eingeschränkt wird" und ein allfällig fahrlässiges Verhalten damit nicht wegbedungen werden kann.
Lehrpersonen bringen in der Regel die Ausbildung für den Schwimmunterricht mit oder aber haben in
ihrem Diplom den Vermerk "Darf keinen Schwimmunterricht erteilen". Durch diese Regelung und
durch die kantonalen Empfehlungen sind Schulleitungen und Lehrpersonen sensibilisiert, dass eine
adäquate Ausbildung für den schulischen Aufenthalt im und am Wasser nötig ist. Seit 2011werden
die bisherigen Schwimmbrevets der SLRG durch neue Abschlüsse abgelöst. Hierfür werden Wieder-
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holungskurse und spezifische Vertiefungsmodule (See/Fluss) verlangt, welche in der Weiterbildung
auch angeboten werden. Bis alle Lehrpersonen – welche sich regelmässig am Wasser aufhalten
oder Schwimmunterricht erteilen – diese Nachqualifikation erlangt haben, wird es noch einige Zeit
benötigen. Ein Obligatorium durch den Kanton, dass alle Lehrpersonen bereits über diese Nachqualifikation verfügen müssen, würde zum jetzigen Zeitpunkt eher dazu führen, dass gar auf den
Schwimmsport verzichtet wird.
Der Aufenthalt am Wasser mit Kindern birgt Risiken. Diese gilt es professionell unter Abwägung situationsbezogener Faktoren abzuwägen. Wichtige Faktoren sind Gruppengrössen und die Qualifikation der Lehr- und Betreuungspersonen. Beides wird aus den oben dargelegten Gründen besser als
Verantwortungs- und Führungsaufgabe durch die jeweilige Schule und durch die Lehrpersonen
wahrgenommen, als über starre kantonale Vorgaben. Der Kanton nimmt seine Verantwortung in
diesem Bereich wahr, indem er die entsprechenden Grundlagen bereitstellt (https://www.schulenaargau.ch/kanton/Unterricht-Schulbetrieb/lehrplan_vs/Pages/bewegung_sport.aspx). Diese Praxis
und Zuteilung der Verantwortlichkeiten zwischen Kanton und Gemeinde/Schule soll beibehalten werden.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'018.50.
Manfred Dubach, SP, Zofingen: Viele der Ausführungen des Regierungsrats in der Antwort zu diesem Auftrag sind zwar richtig, befassen sich aber nicht mit dem eigentlichen Problem. Es geht darum, welche Entscheidungen in der Kompetenz der Lehrperson liegen, welche von übergeordneten
Instanzen getroffen werden und wer jeweils für diese Entscheidungen die Verantwortung übernimmt.
Wir sind der Meinung, dass die Ebene, welche die Entscheidungen trifft, auch die Verantwortung für
diesen Entscheid zu übernehmen hat.
Der Unterricht ist ein sehr komplexes Geschehen. In dessen Verlauf ist es die Aufgabe der Lehrperson, sehr viele Einzelentscheide zu treffen. Selbstverständlich ist sie für diese Entscheidungen auch
verantwortlich. So ist klar, dass zum Beispiel Exkursionen ans Wasser vorher rekognosziert werden
müssen und einzeln beurteilt werden muss, ob diese kein zu grosses Risiko beinhalten. Die Verantwortung für diese Art von Entscheidungen kann der Lehrperson niemand abnehmen. Ebenso wichtig
ist es jedoch, dass die übergeordneten Instanzen für deren Entscheidungen, an die sich die Lehrperson nolens volens halten muss, die Verantwortung übernehmen. Unter dem Titel "Schule vor Ort" hat
sich hier eine organisierte Verantwortungslosigkeit eingeschlichen, indem der Schwarze Peter zwischen den Gemeinden und dem Kanton hin- und hergeschoben wird. Der Kanton ist zwar offiziell
nicht Arbeitgeber. Trotzdem nimmt er viele Arbeitgeberrechte für sich in Anspruch. Er legt die Löhne
fest, er bestimmt die Pensen, er definiert die Klassengrössen und damit das Betreuungsverhältnis.
Bezüglich der Ausbildung der Lehrpersonen schiebt er dann die Verantwortung unverständlicherweise an die Gemeinden ab. Man könnte sagen, dass der Kanton im Schulbereich lieber entscheidet, als die Verantwortung zu übernehmen.
Wenn nun der Kanton einer Lehrperson vorschreibt, dass die Klassengrösse einer Halbklasse beim
Schwimmunterricht maximal 14 Kinder beträgt, dann hat er für die Vorschrift auch die Verantwortung
zu übernehmen. Und wenn eine Gemeinde einer Lehrperson vorschreibt, den Schwimmunterricht
auch ohne genügende Ausbildung durchzuführen, dann hat sie diesen Entscheid zu verantworten
und nicht die Lehrperson. Es kann nicht sein, dass eine Lehrperson juristisch dafür zur Verantwortung gezogen wird, wenn sie sich an die Vorschriften der Behörden hält. Der Regierungsrat schreibt
in seiner Antwort, dass als Rechtsquelle für die zu beachtende Sorgfalt Gesetze, Verordnungen,
Reglemente, Vorschriften und Richtlinien in Frage kommen, aber eben keine Empfehlungen. Deshalb wünschen wir, dass die Empfehlungen in Richtlinien umgewandelt werden.
Es interessiert die Gerichte sehr wenig, wenn die Empfehlungen des Kantons von denjenigen der
Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft aus organisatorischen Gründen abweichen. Die Lehrperson wird dann, ohne dass sie die Möglichkeit hat, einen Entscheid zu fällen, für diesen Zustand
zur Verantwortung gezogen, wie wir das in verschiedenen Fällen gesehen haben.
Die SP ist sich bewusst, dass auch Richtlinien die Gefahr für die Kinder nicht zum Verschwinden
bringen. Ebenso wissen wir, dass auch mit Richtlinien bei gravierenden Vorfällen ein Verfahren er-
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öffnet wird. Trotzdem würde der Erlass von kantonalen Richtlinien den Lehrpersonen zeigen, dass
der Kanton für seine eigenen Entscheidungen die Verantwortung übernimmt und sie im Ernstfall
nicht im Regen stehen lässt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, helfen Sie mit der Überweisung dieses Auftrags, dass der
Schwimmunterricht und die Exkursionen ans Wasser mit gesicherten Rahmenbedingungen durchgeführt werden können. Dies würde auch dazu beitragen, dass der Schulunterricht vermehrt ausserhalb
des Klassenzimmers stattfinden könnte, was wir sehr begrüssen würden.
Martin Lerch, EDU, Rothrist: Ich kann es vorweg nehmen: Die SVP-Fraktion wird diesen Auftrag ablehnen.
Nachfolgend die Gründe dazu, warum wir zu diesem Entscheid gekommen sind:
- Zum Berufsauftrag der Lehrpersonen gehört, mögliche Gefahrenpotenziale bei besonderen schulischen Anlässen identifizieren zu können.
- Es stehen kantonale Empfehlungen zur Verfügung. Diese verweisen betreffend Verantwortung und
Haftpflicht der Lehrpersonen aus juristischer und pädagogischer Sicht auch auf das Merkblatt des
Dachverbandes Schweizer Lehrerinnen und Lehrer. Broschüren der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) sowie der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG) stehen zur Verfügung. Diese Empfehlungen sind nahezu identisch. Es ist jedoch wichtig, immer die Verhältnisse vor
Ort zu beachten; besonders zu relativieren sind die Angaben zur Gruppengrösse.
- Eine vermeintliche Sicherheit kann gefährlich werden! Die entsprechende Situation vor Ort ist immer wieder anders und wird immer wieder anders sein.
- Kantonale, starre Vorgaben, wie dies der Vorstoss fordert, können diese Sicherheit gefährden.
- Die Situation vor Ort unter Berücksichtigung der entsprechenden Grundlagen zu diesem Thema
und unter Beachtung der Kompetenz der Lehr- und Begleitpersonen, der Gruppengrösse usw. bieten mehr Sicherheit als kantonale Vorgaben!
- Alle sind gefordert, Verantwortung zu übernehmen, also die Polizei, der Buschauffeur usw.
Aus diesen Gründen lehnt die SVP diesen wohl gutgemeinten Vorstoss ab.
Sabina Freiermuth-Salz, FDP, Zofingen: Die SP möchte dem Regierungsrat den Auftrag erteilen, den
Schwimmunterricht kantonal zu regeln. Das soll mehr Sicherheit im Schwimmunterricht schaffen und
den Lehrkräften eine grössere Sicherheit bei der Ausübung ihrer Aufgabe bieten.
Die FDP-Fraktion möchte die Kompetenz über den Schwimmunterricht weiterhin den Gemeinden,
das heisst der Schule vor Ort, überlassen. Es reicht, wenn der Kanton sich auf die Herausgabe von
Empfehlungen beschränkt. Dabei habe ich mich gerade auch beraten lassen, dass es keine Rolle
spielt, ob das Ding "Empfehlungen" oder "Richtlinien" heisst; es bedeutet rechtlich genau dasselbe.
Der Regierungsrat hat in seinen Ausführungen verständlich dargelegt, warum die Sicherheit im Wasser mit einer kantonalen Regelung nicht erhöht werden kann. Es gehört klar zum Berufsauftrag der
Lehrpersonen, mögliche Gefahren jeglicher Schulaktivitäten zu bewerten und nötige Vorkehrungen
zu treffen. Das Erlernen der wichtigsten Regeln ums Wasser und ebenso das Schwimmen lernen
sind indes Teil des aargauischen Lehrplans, und Lehrkräfte werden bezüglich Erteilung von
Schwimmunterricht spezifisch ausgebildet. Im Diplom wird überdies vermerkt, wenn die Lehrperson
nicht über diese Ausbildung verfügt.
Allerdings können auch die strengsten Richtlinien tragische Ereignisse nicht verhindern. Eine Strafuntersuchung muss dann gegebenenfalls von Amtes wegen eingeleitet werden. Den Medienrummel
kann der Kanton erst recht nicht verhindern.
Die FDP ist gegen eine kantonale Regelung. Trotzdem erwarten wir vom Departement Bildung, Kultur und Sport, dass seine Empfehlungen mit den Richtlinien der bfu und der SLRG übereinstimmen.
Wir bitten die Verantwortlichen daher, die in der Antwort des Regierungsrats dargestellten Differenzen umgehend zu bereinigen. Folgen wir also dem Regierungsrat und lehnen die Überweisung des
Auftrags ab.
Alex Hürzeler, Regierungsrat, SVP: Ich kann auch keine zusätzlich erhellenden Äusserungen machen. Die Begründung seitens des Regierungsrats liegt auf dem Tisch. Selbstverständlich ist es auch
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in unserem Interesse, dass nie wieder ein Unfall im oder am Wasser im Zusammenhang mit dem
Schulunterricht passieren wird. Aber Sie haben aus verschiedenen Voten entnehmen können, dass
wir uns die komplette Sicherheit und absolute Vollkasko-Absicherung mit keiner Regelung erkaufen
können.
Ich bitte Sie, den heutigen Zustand – wie er besteht und wie er auch mit diversen anderen Empfehlungen in der Schweiz und in anderen Kantonen besteht – so zu belassen.
In diesem Sinne bitte ich Sie um Ablehnung des Auftrags.
Abstimmung
Der Auftrag wird mit 92 gegen 24 Stimmen abgelehnt.
0574 Interpellation Dr. Lukas Pfisterer, FDP, Aarau, vom 4. März 2014 betreffend Schulraumbauten im Kanton Aargau; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0354)
Mit Datum vom 25. Juni 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Zu den Fragen 1–5:
"Wie viele Gemeinden müssen auf das Schuljahr 2014/2015 neue Schulräume erstellen, damit der
Wechsel 5/4 auf 6/3 umgesetzt werden kann?
Wie hoch ist der Investitionsbedarf der Gemeinden in provisorische Schulraumbauten auf das Schuljahr 2014/2015 hin?
Wie hoch ist der Investitionsbedarf der Gemeinden in Schulraumbauten zur Umsetzung der Strukturreform Stärkung Volksschule insgesamt, provisorische und definitive Schulraumbauten und Schulraumumbauten zusammen gerechnet?
Wie hoch ist der Investitionsbedarf der Gemeinden in Schulraumbauten zur Umsetzung von IS/IHP
und Halbklassenunterricht sowie Gruppenunterricht?
Welche zusätzlichen Betriebskosten lösen diese neuen Schulraumbauten bei den Gemeinden aus?"
Mit der Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinde (GAT III) wurden unter anderem die Zuständigkeiten im Volksschulwesen festgelegt. Dabei wurde der Schulbetrieb als Verbundsaufgabe
definiert und die Schulinfrastruktur den Gemeinden übertragen (§ 53 Schulgesetz). Der Kanton verfügt somit nicht über die notwendigen Informationen, die Fragen 1–5 des Interpellanten beantworten
zu können.
Um trotzdem differenzierte Antworten zu diesen Fragen zu erhalten, müsste eine aufwendige Erhebung bei den Gemeinden, Schulen und Schulverbänden durchgeführt werden. Der Zeitpunkt, um
eine solche Studie in Auftrag zu geben, würde zudem nur dann Sinn machen, wenn die Projekte, die
im Zusammenhang mit der "Stärkung der Volksschule Aargau" stehen, abgeschlossen sind.
Die Zuständigkeit für die Schulbauten und die Schuleinrichtungen ist geregelt im § 53 des Schulgesetzes:
§ 53 Schulgesetz, Schulbauten, Schuleinrichtungen (SAR 401.100)
1
Die Gemeinden beschaffen und unterhalten die für die Volksschule erforderlichen Schullokale, Turn- und Spielplätze.
Sie beschaffen und unterhalten das Mobiliar, die Schuleinrichtungen und die Lehrmittel.
3
Vernachlässigt eine Gemeinde diese Pflichten trotz Mahnung, so trifft der Regierungsrat auf ihre Kosten die nötigen
Vorkehren.
4
Die Gemeinden erleichtern den auswärtigen Schulbesuch:
a) durch Schaffung von Radwegen, wo es die Verkehrssicherheit erfordert,
b) durch angemessene Berücksichtigung des öffentlichen Verkehrs,
2
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c) durch Übernahme notwendiger Transportkosten.
5
Die Gemeinden stellen die Schulanlagen und -einrichtungen der Erwachsenenbildung zur Verfügung, sofern diese auf
gemeinnütziger Grundlage erfolgt.
Einschätzungen betreffend Schulraumbauten im Vorfeld "Stärkung der Volksschule Aargau"
Im Vorfeld der beiden Vorlagen "Stärkung der Volkschule Aargau" und "Familienergänzende Tagesstrukturen" wurde im Auftrag des Departements Volkswirtschaft und Inneres (Gemeindeabteilung)
der Firma Metron Raumentwicklung AG, Brugg, der Auftrag erteilt, zum möglichen Investitionsbedarf
über die Schulinfrastruktur der Aargauer Gemeinden einen Bericht zu erstellen. Der Auftrag umfasste
die Ermittlung der Aufwände (Betriebskosten) und Investitionen (Instandsetzungskosten und Neuinvestitionen) der gesamten Infrastrukturanlagen der Volksschulen für die Planperiode 2010–2019. Bei
den Neuinvestitionen wurden die Kosten der beiden genannten Reformvorlagen separat ausgewiesen.
Die Studie vom Juli 2011 ergab, dass Instandsetzungskosten und standardbedingte sowie reformbedingte Flächenzuwachse in der 10-Jahresperiode, Investitionen von total 1,12 Milliarden Franken
auslösen könnten. Davon fallen in den nächsten zehn Jahren rund 40 % der Investitionskosten auf
Instandsetzungsmassnahmen, rund 44 % auf Anpassungen der Raumstandards (Gruppenräume,
Fachzimmer, Lernateliers, Tagesstrukturen) und rund 16 % auf die Reformvorlage "Stärkung der
Volkschule Aargau".
Gemäss der Studie haben die meisten Gemeinden seit 2005 (während der Erarbeitung der Vorlagen
"Bildungskleeblatt" und "Stärkung der Volksschule Aargau") eine vorsichtige Investitionspolitik betrieben, da sie erst Klarheit über die künftigen Rahmenbedingungen der Volksschule Aargau erlangen
wollten.
Zur Frage 6: "Wie wird der Regierungsrat diese erheblichen finanziellen Belastungen der Gemeinden
für Schulraumbauten (Investition und Betrieb) im Rahmen der Aufgabenteilung Kanton/Gemeinden
berücksichtigen?"
Der Regierungsrat orientiert sich grundsätzlich am Gesetz zur Aufgabenteilung zwischen Kanton und
Gemeinden (GAT II). Aus Sicht des Regierungsrats besteht demnach kein Handlungsbedarf, da die
Schulinfrastruktur in der Zuständigkeit der Gemeinden liegt.
Soweit sich die Frage auf die laufenden Arbeiten für die Optimierung der Aufgabenteilung und die
Neugestaltung des Finanzausgleichs bezieht, besteht kein direkter Zusammenhang zwischen den
Schulrauminvestitionen und der Aufgabenteilung. Im Volksschulbereich soll die seit GAT III geltende
Aufgabenverteilung unverändert weitergeführt werden, so dass dieser Bereich nicht Gegenstand von
möglichen Aufgaben- und Lastenverschiebungen sein wird.
Der Kanton hat in den letzten Jahren in verschiedener Form die Belastungsentwicklung der beiden
Staatsebenen dargestellt, so zuletzt im Rahmen der Botschaft zum Ausgleichsgesetz Spitalfinanzierung sowie im Aufgaben- und Finanzplan (AFP) 2014–2017. Der Regierungsrat hat zugesichert,
diese Gegenüberstellungen regelmässig zu ergänzen und zu aktualisieren.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'753.–.
Dr. Lukas Pfisterer, FDP, Aarau: Ich danke dem Regierungsrat für seine Zeilen zu dieser Interpellation – ich sage bewusst nicht "Beantwortung" meiner Interpellation!
Der Hinweis, dass Schulraumbauten Sache der Gemeinden seien, ist mir nicht ganz neu – das kann
ich Ihnen versichern. Es ist seit Jahren das Argument des BKS, um das Thema totzuschweigen. Ich
habe bereits den Vorgänger des heutigen Bildungsdirektors im Rahmen der Diskussion um das "Bildungskleeblatt" darauf hingewiesen, dass die Gemeinden durch den Systemwechsel 6/3 erheblich
belastet werden. Der Bildungsdirektor hatte damals kein Musikgehör für dieses Thema. Er wollte
wohl das "Kleeblatt" nicht gefährden. Nun, wir wissen heute: Das "Kleeblatt" wurde dennoch ausgerissen!
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Der heutige Bildungsdirektor interessiert sich auch nicht für das Thema. Er hat mir einmal an einer
Diskussion gesagt, es brauche nicht mehr Schulraum, es gebe ja nicht mehr Schülerinnen und Schüler. Heute wissen wir es. Landauf, landab können wir täglich nachlesen, wie viele Gemeinden im
Kanton Aargau Schulraumbauten erstellen müssen.
Das System 6/3 hat uns zusätzlich auch noch erhebliche Ausgaben für Mobiliar, Schuleinrichtungen
und Lehrmittel eingebracht – natürlich alles zulasten der Gemeinden. Der Regierungsrat interessiert
sich schlicht nicht dafür.
Es wäre jedoch nicht so schwer gewesen, wenigstens den Investitionsbedarf für die Schulraumbauten, wie von mir verlangt, zu erheben. Eine grosse Aargauer Tageszeitung konnte jedenfalls für den
Bezirk Baden eine solche Erhebung machen (Datum 17. Juni 2014). Sie können das alles detailliert
nachlesen, die Ausgabe ist auch heute noch im Internet abrufbar. Der Regierungsrat hat diese Arbeit
schlicht verweigert. Im schulischen Jargon würde ich sagen: Note ungenügend!
Der Regierungsrat weiss ganz genau, dass die Gemeinden erheblich belastet werden, aber er befürchtet Auswirkungen auf die Aufgaben- und Lastenverschiebung.
Die Antwort des Regierungsrats zeugt von sehr wenig Fingerspitzengefühl in Bezug auf die Gemeinden – und das in einer Zeit, in welcher viele Gemeinden über eine Erhöhung des Steuerfusses diskutieren, damit sie die Schulbauten bezahlen können. Ich bin von dieser Antwort erheblich enttäuscht,
aber nicht überrascht.
Gleichzeitig erwartet der Regierungsrat, dass die Gemeinden bei der Leistungsanalyse Verständnis
aufbringen, dass sie vom Kanton gewisse Aufgaben übernehmen müssen und auch zu Kompromissen Hand bieten.
Nun denn, für mich hat sich diese Bereitschaft im Rahmen der Leistungsanalyse mit dieser Beantwortung oder Nichtbeantwortung doch etwas reduziert. Es reicht eben nicht, wenn man als Regierungsrat am 1. August das Loblied auf die Gemeinden verkündet und es die restlichen 364 Tage
dann bleiben lässt, danach zu handeln. Sie merken es: Ich bin von dieser Nichtbeantwortung nicht
befriedigt.
Vorsitzender: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
0575 Interpellation Jürg Caflisch, SP, Baden, vom 4. März 2014 betreffend kantonale Übersicht
über die Qualität der Schulleitungen in den Gemeinden; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0380)
Mit Datum vom 23. April 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Vorbemerkungen
Die Schulleitungen sind seit August 2007 flächendeckend in allen Schulen der Aargauer Volksschule
eingesetzt. Sie übernehmen die operativen Aufgaben, die Schulpflegen sind für die strategische Führung zuständig. Zwischen Kanton und Gemeinden sind die Kompetenzen im Personalwesen geteilt
und wie folgt festgelegt: Die Rahmenbedingungen der Anstellung (Pensum, Lohn, Berufsauftrag)
werden kantonal festgelegt. Die Personalanstellung, Personalführung und Personalentwicklung liegt
in der Kompetenz der Schulpflege als Anstellungsbehörde in den Gemeinden.
Zur Frage 1: "Inwieweit erfüllen die heute im Aargau amtierenden Schulleiter/-innen (Prozentsatz) die
Erfordernisse der EDK, die im Profil für die Zusatzausbildungen Schulleitungen vom 29.10. 2009
festgehalten sind?"
Für die Anstellung der Schulleitungen sind die lokalen Anstellungsbehörden, die Schulpflegen, zuständig. Sie definieren das Anforderungsprofil und damit auch die erforderlichen Kompetenzen und
Qualifizierungen für die angebotenen Stellen. Dem Departement Bildung, Kultur und Sport ist im All-
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gemeinen nicht bekannt, über welche Ausbildungen die angestellten Schulleiterinnen und Schulleiter
verfügen.
Zur Frage 2: "Hat der Kanton Aargau darüber hinaus noch kantonale Vorschriften betreffend formale
Anstellungsvoraussetzungen für Schulleitende verfasst?"
Die Schulleiterinnen und Schulleiter unterstehen der gleichen Personalgesetzgebung wie die
Lehrpersonen (Gesetz über die Anstellung von Lehrpersonen [GAL] vom 17. Dezember 2002 [SAR
411.200]). Kantonal definiert sind die Ressourcen (Pensenumfang für die Funktion Schullei-tung,
Verordnung zur geleiteten Schule vom 23. November 2005 [SAR 401.115]), der Berufsauftrag (Verordnung über die Anstellung und Löhne der Lehrpersonen [VALL] vom 13. Oktober 2004 [SAR
411.211]), und die Rahmenbedingungen des Lohns (Dekret über die Löhne der Lehrpersonen
[Lohndekret Lehrpersonen, LDLP] vom 24. August 2004 [SAR 411.210]).
Seitens des Kantons werden darüber hinaus ein Musterbeispiel eines Stellenbeschriebs und eines
Anforderungsprofils zur Verfügung gestellt. Bezüglich der Qualifizierung empfiehlt der Kanton eine
Führungsausbildung. Diese muss nicht zwangsläufig im Bildungswesen erfolgt sein.
Zur Frage 3: "Da die Schulleitungen für die Qualitätssicherung der Schulen verantwortlich sind, stellt
sich konsequenterweise die Frage, wer für die Qualitätssicherung dieser Schulleitungen zuständig
ist?"
Für die Führung der Schulleiterinnen und Schulleiter ist die Schulpflege als Anstellungsbehörde und
als vorgesetzte Stelle zuständig.
Zur Frage 4: "Wie sieht der aktuelle und zukünftige kantonale Markt an formal ausreichend ausgebildeten Schulleiterinnen und Schulleiter aus?"
Seit 2005 haben 259 Personen aus dem Kanton Aargau den CAS Schulleitung der Pädagogischen
Hochschule an der Fachhochschule Nordwestschweiz (PH FHNW) abgeschlossen. Aktuell sind 441
Personen (Stand März 2014) in der Funktion Schulleitung an der Aargauer Volksschule angestellt
(inklusive Stufen- und Schulhausleitungen). Zahlreiche Schulleiterinnen und Schulleiter aus anderen
Kantonen oder mit ausserkantonalen Qualifikationen sind an der Aargauer Volksschule angestellt. Es
liegen dem Departement Bildung, Kultur und Sport keine Zahlen vor, wie viele Schulleiterinnen und
Schulleiter eine schulleitungsspezifische Ausbildung vorweisen können.
Der Arbeitsmarkt ist zurzeit ausgetrocknet, insbesondere für kleine Führungspensen an kleinen
Schulen melden sich zurzeit sehr wenige Personen. Es braucht grosse Anstrengungen, um aktuell
und künftig ausreichend kompetente Schulleitungspersonen für die Volksschule gewinnen zu können.
Zur Frage 5: "Wer innerhalb des BKS hat die quantitative und qualitative Übersicht über die kantonale Schulleitungslandschaft? Wenn diese Aufgabe an externe Institutionen delegiert worden ist: An
welche und unter welchen Bedingungen?"
Es stellt sich die Frage, was mit kantonaler Schulleitungslandschaft gemeint ist. Was die Anstellungsbedingungen und Qualifizierung betrifft, zeigen die Antworten zu den Fragen 1–4, wie die Zuständigkeiten zwischen Kanton und Gemeinden geregelt sind. Das Departement Bildung, Kultur und
Sport verfügt über quantitative Daten wie Anzahl Schulleiterinnen und Schulleiter oder Lohninformationen, da das Departement Bildung, Kultur und Sport Auszahlungsstelle für die Löhne der Lehrpersonen und Schulleitungen ist.
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Die Departementsleitung und die Abteilung Volksschule des Departements Bildung, Kultur und Sport
pflegen regelmässige Kontakte zum Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Kanton Aargau
(VSLAG). Zweimal jährlich finden kantonale Tagungen für Schulleiterinnen und Schulleiter statt, die
vom Departement Bildung, Kultur und Sport, dem VSLAG und der PH FHNW gemeinsam organisiert
werden. Jeder Schule ist eine Inspektoratsperson zugewiesen. Es gibt mindestens ein jährliches
Standortgespräch mit allen Schulleitungen. Darüber hinaus stehen die Inspektorinnen und Inspektoren für Beratung und Auskünfte zur Verfügung. So haben beispielsweise im Schuljahr 2012/13 2'418
Gespräche und Sitzungen mit Schulleiterinnen und Schulleitern stattgefunden. Damit ist ein inhaltlicher Austausch mit den Schulleitungen möglich und über diesen Austausch verfügt das Departement Bildung, Kultur und Sport über qualitative Erkenntnisse.
Eine qualitative Übersicht über den Stand der Funktion Schulleitung in ganzen Kanton geben auch
die Daten der externen Schulevaluation. Hier werden alle Schulleitungen, Lehrpersonen und Schülerinnen und Schüler sowie die Eltern in einem Turnus von fünf Jahren unter anderem nach ihrer
Meinung zur Schulführung gefragt. Die mit der Durchführung der externen Schulevaluationen beauftragte Fachstelle der PH FHNW erstattet dem Departement Bildung, Kultur und Sport Bericht
über die Erkenntnisse aus den Evaluationen. Der erste Monitoringbericht steht auf der Webseite
http://www.schulevaluation-ag.ch > Downloads zur Verfügung. Dort ist nachzulesen, dass der Aufbau
von funktionsfähigen Führungsstrukturen am Ende des ersten Durchgangs der Externen Schulevaluation mehrheitlich gelungen ist.
Zur Frage 6: "Was unternehmen der Kanton, respektive die Institution, an welche die entsprechende
Aufgabe delegiert worden ist, gegenüber denjenigen Gemeinden, deren Schulleitungen formal nicht
den EDK-Anforderungen genügen?"
Die Personalentwicklung ist Sache der Anstellungsbehörde. Die Schulpflege und die Gemeinde haben selbst sicher das grösste Interesse, eine kompetente, gut qualifizierte Schulleitungsperson anzustellen und sie mit geeigneten Personalentwicklungsmassnahmen wie Weiterbildung noch besser
zu qualifizieren. Gegenüber der Schulpflege als Anstellungsbehörde oder den Gemeinden hat der
Kanton nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten der Einflussnahme. In der Regel erfolgt dies über
Empfehlungen und Unterstützungsmassnahmen wie Arbeitsinstrumente, Weiterbildungsangebote
oder Beratung.
Die Verantwortung für die Qualität soll in der Schule vor Ort liegen. Diesem Grundsatz, der seit dem
Bericht Führung Schule vor Ort nachgelebt wird, wird damit Rechnung getragen.
Zur Frage 7: "Gibt es Ausnahmeregelungen für formal nicht qualifizierte Schulleitungen? Welches
sind die dabei zur Anwendung gelangenden allfälligen Auflagen? Wer überprüft die Auflagen nach
Ablauf der vorgegebenen Fristen?"
Die Anstellungsbehörde kann wie bei den Lehrpersonen einen Lohnabzug von bis zu 10 % vornehmen, wenn beispielsweise die erforderliche Qualifizierung (noch) nicht vorhanden ist. Wie weit dies
umgesetzt ist, liegt in der Kompetenz der Schulpflege.
Zur Frage 8: "Werden diese kommunalen Schulleitungssituationen und kantonalen Gesamtübersichten regelmässig gegenüber Parlament und Öffentlichkeit offengelegt?"
Inwiefern die Gemeinden über ihre Schulleitungssituation öffentlich informieren, kann vom Departement Bildung, Kultur und Sport nicht beantwortet werden, es liegt keine kantonale Übersicht vor.
Auf kantonaler Ebene wird über die quantitativen Daten im Rahmen der Lehrkräftestatistik öffentlich
informiert (vgl. https://www.ag.ch/media/kanton_aargau/dfr/dokumente_3/statistik/publikationen/
statistikthemen/15_bildung/lehrkraefte/lesta_201112web.pdf).
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Der Monitoringbericht der Fachstelle Externe Schulevaluation steht im Internet zur Verfügung (vgl.
Antwort zur Frage 5).
Zur Frage 9: "Die Schulpflegen dienten der demokratischen und öffentlichen Verankerung und Einbettung der Volksschulen in den Gemeinden. Wie sieht es mit der öffentlichen Verankerung / Einbettung der neuen Schulleitungen nach Meinung des Regierungsrates aus?"
Die Schulleitungen würden auch nach einer möglichen Ablösung der Schulpflege durch den Gemeinderat Angestellte der Gemeinden bleiben. Das heisst, die Führungsverantwortung für die Schulleiterinnen und Schulleiter würde voll und ganz auf den Gemeinderat übergehen. Die demokratische
und öffentliche Verankerung und Einbettung der Schulführung in den Gemeinden bliebe unverändert,
weil auch der Gemeinderat wie die Schulpflege durch die Bürgerinnen und Bürger direkt gewählt
wird.
Zur Frage 10: "Mit dem Wegfall der Schulpflegen werden zusätzliche Aufgaben auf die Schulleitungen zukommen (u.a. rechtliche Fragen). Wie sehen die Ressourcen für diese Aufgaben aus? Insbesondere im Zu-sammenhang mit der Tatsache, dass die ursprünglich geplanten zusätzlichen Ressourcen dem Sparprogramm des Regierungsrates zum Opfer gefallen sind?"
Die Regierung hat das Vorhaben "Optimierung der Führungsstrukturen an der Aargauer Volksschule"
im Zusammenhang mit der Leistungsanalyse sistiert. Inhaltlich steht der Regierungsrat nach wie vor
mit Überzeugung hinter diesem Projekt. Aufgrund der Finanzlage verzichtet er jedoch auf dessen
Umsetzung, da grundsätzlich nur Vorhaben umgesetzt werden sollten, deren Finanzierung gesichert
ist. Eine Wiederaufnahme des Projekts wird frühestens im Jahr 2018 erfolgen mit Wirkung auf die
übernächste Amtsperiode der Schulpflegerinnen und Schulpfleger (2022–2025).
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'517.–.
Jürg Caflisch, SP, Baden: Im Zusammenhang mit der geplanten Abschaffung der Schulpflegen haben sich einige Fragen zur Qualität der Schulleitungen und der sich aus der Abschaffung ergebenden zusätzlichen Aufgaben gestellt. Nun hat der Regierungsrat beschlossen, diese Abschaffung aus
finanziellen Gründen zurückzustellen.
Aber auch unter diesen Gesichtspunkten bleiben einige Fragen zur Qualität der Schulleitungen offen,
insbesondere wenn der Regierungsrat grundsätzlich am Vorhaben festhält.
Insgesamt sind aktuell 411 Schulleitungen an der Aargauer Volksschule angestellt. Seit 2005 haben
295 Personen den CAS Schulleitung (Certificate of Advanced Studies) der Pädagogischen Hochschule (PH) an der FHNW abgeschlossen. Dem Departement BKS liegen aber keine Zahlen vor, wie
viele Schulleitungen, die heute angestellt sind, eine schulleitungsspezifische Ausbildung absolviert
haben. Festzuhalten ist, dass flächendeckend noch längst nicht alle Aargauer Schulen mit Schulleitungen versehen sind, und nicht alle verfügen über das Personal, das den EDK-Standard (Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren) – auch der Kanton Aargau ist übrigens Mitglied der EDK – hat.
Bei der Einführung einer neuen Schulführung ist in den ersten Jahren eine besondere Sorgfalt zu
pflegen. Das bedeutet, dass auch eine genaue Beobachtung der aktuellen Lage und der Entwicklung
durch den Kanton sicherzustellen ist, zum Beispiel durch genaue Vorschriften, Verantwortungszuordnungen, Statistiken und Berichterstattungen. Im neuen Bildungsverfassungsartikel der Eidgenossenschaft ist in Art. 61a ausdrücklich festgehalten, dass Bund und Kantone gemeinsam im Rahmen
ihrer Zuständigkeiten für eine hohe Qualität und Durchlässigkeit des Schweizer Bildungsraums sorgen. Der Bildungsraum Aargau gehört zum Bildungsraum Schweiz.
Der Kanton hat also in seinem Hoheitsgebiet die Verantwortung, für eine flächendeckend hohe Qualität zu sorgen. Diese Verantwortung kann er nicht einfach auf die Gemeinden abschieben. Das kann
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er nur seriös tun, wenn er selbst auch bei den Schulleitungen für eine flächendeckende Qualität
sorgt.
Bei der Kompetenzzuteilung mit den Gemeinden legt der Kanton unter anderem den Berufsauftrag
fest. Dazu gehört die Schulqualität. Diese Berufsfunktionen sind nur durch entsprechende formale
Ausbildungsforderungen gewährleistet. Demzufolge kann nur der Kanton über den Berufsauftrag an
die Lehrkräfte und die Schulleiter eine flächendeckende Übersicht und Qualität im Bildungsraum im
Sinne der Verfassung sichern.
Fazit: Die Aussagen zur Frage 1 – "dem BKS ist im Allgemeinen nicht bekannt, über welche Ausbildung die angestellten Schulleiterinnen und Schulleiter verfügen" – und die Antwort zur Frage 8 – "es
liegt keine kantonale Übersicht über die Schulleitungssituation vor" – zeugen davon, dass der Kanton
seine Aufgabe in diesem Bereich nicht erfüllt. Ich bin mit der Antwort nicht zufrieden.
Vorsitzender: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
0576 Auftrag der Fraktionen der SP, der BDP und der Grünen vom 25. März 2014 zum Erstellen einer Analyse betreffend a) Trägerschaft der heilpädagogischen Sonderschulen und b) zu
deren Integration in die Abteilung Volksschule; Rückzug
(vgl. Art. 0422)
Mit Datum vom 25. Juni 2014 beantragt der Regierungsrat, den Auftrag mit folgender Begründung
abzulehnen:
a) Analyse betreffend Trägerschaft der heilpädagogischen Sonderschulen
Gemäss Art. 62 der Bundesverfassung sorgen die Kantone für eine ausreichende Sonderschulung
aller behinderten Kinder und Jugendlichen. Dieser Auftrag beschränkt sich somit nicht auf die Zielgruppe von Kindern und Jugendlichen mit einer Intelligenzminderung, die in sogenannten "Heilpädagogischen Schulen (HPS)" unterrichtet werden, sondern umfasst alle Kinder und Jugendlichen mit
einer Behinderung, die auf Sonderschulung angewiesen sind. Eine Ungleichstellung der Behinderungsarten beziehungsweise der Sonderschulen mit unterschiedlichen Zielgruppen, insbesondere in
Bezug auf die Kooperation mit der Regelschule, lehnt der Regierungsrat als diskriminierend ab.
Im Kanton Aargau bestehen insgesamt 28 Sonderschulen (Tagessonderschulen und stationäre Sonderschulen), zwei Drittel haben eine private Trägerschaft in Form einer Stiftung oder eines Vereins.
11 Sonderschulen sind HPS, die anderen Sonderschulen sind auf andere Behinderungsarten spezialisiert.
Wie die nachfolgende Tabelle 1 zeigt, sind im Kanton Aargau Sonderschulen, Heime und Werkstätten mit privater Trägerschaft eher die Regel als die Ausnahme. Der hohe Anteil an privatrechtlichen
Trägerschaften hat mit der Entstehungsgeschichte von Institutionen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit besonderen Betreuungs- und Bildungsbedürfnissen zu tun. Mit Ausnahme des Schulheims Olsberg, das Private samt Klosteranlage im Jahr 1860 dem Kanton übergaben, haben bis
Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts ausschliesslich private Träger Kinder und Jugendliche, die damals von der Volksschule ausgeschlossen waren, geschult und gefördert. Bis zum ersten kantonalen
Staatsbeitragsgesetz an die anerkannten gemeinnützigen Erziehungseinrichtungen im Jahr 1958
und verstärkt mit der Einführung der Eidgenössischen Invalidenversicherung im Jahr 1960, erfüllten
die privatrechtlichen Trägerschaften ihre Aufgabe mehr oder weniger ohne staatliche Unterstützung.
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Tabelle 3. Trägerschaften von Einrichtungen im Bereich Sonderschulung, Heime und Werkstätten
Art der Einrichtung
Tagessonderschulen und stationäre
Sonderschulen
 davon HPS
reine Wohneinrichtungen für Kinder und Jugendliche
(ohne interne Sonderschule)
Wohneinrichtungen, Werkstätten, Beschäftigungsstätten, Tagesstätten für Erwachsene
1)
Privatrechtl.
Träger
18
3
8
Gemeinden
Kanton
9
1
8
0
0
0
0
0
1)
33
Zwei dieser drei HPS sind sowohl Tagessonderschule als auch stationäre Sonderschule
Alle Sonderschulen im Kanton Aargau sind Teil des öffentlichen Schulangebots und damit der Volksschule. Dies gilt unabhängig von der Art – Tagessonderschule oder stationäre Sonderschule – und
unabhängig von der Rechtsform der Trägerschaft – öffentlich oder privat. Voraussetzung ist, dass für
die Sonderschule gestützt auf die Betreuungsgesetzgebung eine Leistungsvereinbarung zwischen
dem Departement Bildung, Kultur und Sport und der zuständigen Trägerschaft besteht. Alle anerkannten Sonderschulen erfüllen heute eine öffentliche Aufgabe, unterstehen staatlicher Aufsicht und
es gelten auch für sie die einschlägigen Bestimmungen der Schulgesetzgebung.
Bei der Erarbeitung des Betreuungsgesetzes (in Kraft seit 1. Januar 2007) war unbestritten, dass
Sonderschülerinnen und Sonderschüler auch in Zukunft in den privatrechtlichen und in von Trägergemeinden geführten Sonderschulen unterrichtet werden, und der Kanton, analog der Regelschule,
Sonderschulen nicht selber führt (ausgenommen das Schulheim Olsberg). Die klare Trennung zwischen übergeordneter Führung beim Kanton (Aufsicht, Planung, Steuerung und Finanzierung mittels
Leistungsvereinbarungen) und operativer Führung bei den Sonderschulen und den weiteren Einrichtungen für Menschen mit besonderen Betreuungsbedürfnissen funktioniert aus Sicht des Regierungsrats sehr gut. Das Sonderschulangebot ist sichergestellt und insbesondere die privatrechtlich
geführten Sonderschulen sind in der Lage, auf sich verändernden Bedarf infrastrukturmässig relativ
rasch zu reagieren.
Zur Kantonalisierung der fünf HPS im Kanton Solothurn per 1. Januar 2014 ist festzustellen, dass die
Sonderschullandschaft im Kanton Solothurn nicht mit derjenigen im Kanton Aargau vergleichbar ist.
Gemäss externem Bericht zu dieser Kantonalisierung gibt es im Kanton Solothurn nur HPS und keine Tagessonderschulen für Kinder und Jugendliche mit anderen Behinderungsarten, wie dies im
Kanton Aargau der Fall ist. Die Kantone Bern, St. Gallen und Zürich, die ein ähnliches Sonderschulangebot wie der Kanton Aargau haben, setzen ebenfalls auf eine klare Trennung zwischen übergeordneter Steuerung durch den Kanton und operativer Führung bei den Sonderschulen. Der Kanton
St. Gallen hat im Rahmen der Revision des Volksschulgesetzes kürzlich beschlossen, dass der Sonderschulunterricht auch in Zukunft mit absoluter Priorität den anerkannten privatrechtlichen Sonderschulen vorbehalten bleiben soll. Der Kanton St. Gallen wird Sonderschulen in Zukunft nur selber
führen, wenn die Versorgung durch private Träger wider erwarten nicht sichergestellt werden könnte.
Das heutige System mit unterschiedlichen Trägerschaften der HPS und der anderen Sonderschulen
funktioniert aus Sicht des Regierungsrats einwandfrei und bedarf keiner Änderung.
b) Analyse zu deren Integration in die Abteilung Volksschule
Die Formulierung des Auftrags gemäss Titel, Text und Begründung erlaubt zwei unterschiedliche
Interpretationen:
b1) Integration der HPS in die Abteilung Volksschule
b2) Integration aller Sonderschulen in die Abteilung Volksschule
Im Sinne der Transparenz wird auf beide Optionen eingegangen. Vorab ist allerdings die Feststellung wichtig, dass sich die Mechanismen der übergeordneten Steuerung im Aufgabenbereich (AB)
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Volksschule (AB 310) und im Aufgabenbereich Sonderschulung, Heime und Werkstätten (AB 315)
stark unterscheiden. Das gesamte Fachwissen der Abteilung Sonderschulung, Heime und Werkstätten zur Steuerung, Aufsicht und Finanzierung der Einrichtungen basiert auf der Grundlage des Betreuungsgesetzes. Dazu zählen beispielsweise die Leistungsvereinbarungen mit Verhandlungen
über Angebote, Preis und Qualität, das Anerkennungsverfahren, das Abrechnungswesen und die
Bewirtschaftung der Klientendaten, die Prüfung von Bauvorhaben und von Konzepten, der Vollzug
der Interkantonalen Vereinbarung für Soziale Einrichtungen (IVSE) für ausserkantonale Aufenthalte
von Personen mit Wohnsitz im Kanton Aargau beziehungsweise von ausserkantonalen Personen in
Aargauer Einrichtungen und die Zusammenarbeit mit anderen Kantonen. Eine Aufteilung dieses
Fachwissens auf zwei Abteilungen würde zum einen zu unnötigen Doppelspurigkeiten führen und
zum anderen würde zwischen den beiden Aufgabenbereichen zur Sicherstellung eines einheitlichen
Vollzugs gegenüber den Einrichtungen und den anderen Kantonen eine heute nicht bestehende
Schnittstelle entstehen.
Die bestehende Schnittstelle zwischen dem AB 310 und AB 315 in Bezug auf die Planung und Steuerung im Bereich Sonderschulung und integrative Schulung in der Regelschule bedarf einer engen
Zusammenarbeit zwischen der Abteilung Sonderschulung, Heime und Werkstätten und der Abteilung
Volksschule. Diese Zusammenarbeit funktioniert sehr gut.
Zu b1) Integration der HPS in die Abteilung Volksschule
Wie bereits ausgeführt, haben für den Regierungsrat alle Kinder und Jugendlichen mit einer Behinderung die gleichen Rechte und es müssen alle die gleichen Chancen haben. Eine gut funktionierende Kooperation zwischen den HPS beziehungsweise den Sonderschulen mit der Regelschule ist
primär von der operativen Führung der Sonderschulen und der Regelschule abhängig. Sie kann vom
Kanton im Rahmen der übergeordneten Steuerung nur bedingt beeinflusst werden.
Eine Verschiebung der Zuständigkeit für die HPS von der Abteilung Sonderschulung, Heime und
Werkstätten in die Abteilung Volksschule ist daher primär auf den Nutzen zu beurteilen, welcher ein
Wechsel in Bezug auf die Aufgaben der übergeordneten Steuerung bringt. Bei einem Zuständigkeitswechsel allein für die HPS müsste die Abteilung Volksschule, wie bereits darauf hingewiesen,
ebenfalls auf der Grundlage des Betreuungsgesetzes, Fachwissen für die Steuerung, Aufsicht und
Finanzierung der Sonderschulen aufbauen und lediglich für zwei HPS über spezifische Fachkenntnisse auch im Wohnbereich (beispielsweise Bereich Kindesschutz, Pflege, Medikamente) verfügen.
Um eine Gleichbehandlung aller Sonderschulen zu gewährleisten, müsste die bestehende Zusammenarbeit bei der Planung und Steuerung im Bereich Sonderschulung und integrative Schulung in
der Regelschule auf die Zusammenarbeit bei der Steuerung, Aufsicht und Finanzierung der Sonderschulen ausgeweitet werden, was mit erheblichem Mehraufwand verbunden wäre. Ein weiterer
Nachteil entstände für zwei Trägerschaften (St. Josef-Stiftung, Bremgarten, und Stiftung Schürmatt,
Zetzwil), die sowohl Sonderschulen als auch Angebote im Erwachsenenbereich führen und somit
zwei Aufsichtsbehörden hätten.
Zu b2) Integration aller Sonderschulen in die Abteilung Volksschule
Auch in einer Verschiebung der Zuständigkeit für alle Sonderschulen von der Abteilung Sonderschulung, Heime und Werkstätten zur Abteilung Volksschule sieht der Regierungsrat mehr Nachteile als
Vorteile. Die Schnittstelle in Bezug auf die Planung und Steuerung im Bereich Sonderschulung und
integrative Schulung in der Regelschule liesse sich zwar weitgehend eliminieren. In Bezug auf das
notwendige Fachwissen auf der Grundlage des Betreuungsgesetzes und die Gewährleistung eines
einheitlichen Vollzugs entständen grundsätzlich die gleichen Nachteile wie bei Variante b1). Hinzu
kämen weitere neue abteilungsübergreifende Schnittstellen im Bereich Planung der Angebote wie
beispielsweise der Übergang von der Sonderschulung zur beruflichen und sozialen Eingliederung
(Anschlusslösungen nach der Schulzeit) und zwischen Angeboten in stationären Sonderschulen und
Angeboten in reinen Wohneinrichtungen für Kinder und Jugendliche (ohne interne Sonderschule), für
welche die Abteilung Sonderschulung, Heime und Werkstätten zuständig bliebe.
Zu den unter der Variante b1) erwähnten zwei Trägerschaften mit HPS und Angeboten im Erwachsenenbereich, für die die zwei Aufsichtsbehörden zuständig wären, kommt die Aargauische Stiftung
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für cerebral Gelähmte hinzu, die sowohl Sonderschulen als auch eine Erwachseneneinrichtung führt.
Im Weiteren hätten jene drei Trägerschaften zwei Aufsichtsbehörden, die sowohl Sonderschulen als
auch reine Wohneinrichtungen führen.
Zusammenfassend stellt der Regierungsrat fest, dass die Zusammenarbeit der beiden Abteilungen
bei der bestehenden und wichtigen Schnittstelle der Planung und Steuerung im Bereich Sonderschulung und integrative Schulung in der Regelschule sehr gut funktioniert. Mit einer Verschiebung
der Zuständigkeit, sowohl allein für die HPS als auch für alle Sonderschulen, wären zwischen den
AB 310 und 315 neue, grössere Schnittstellen zu bewerkstelligen und im Bereich Aufsicht, Steuerung und Finanzierung der Einrichtungen entständen Doppelspurigkeiten. Hinzu kommt, dass der
AB 315 mit der Abbildung der Restkosten und dem Kostenteiler Kanton (60 %) und Gemeinden
(40 %) bereits heute eine hohe Komplexität aufweist. Die Nachvollziehbarkeit der Restkosten würde
mit der Abbildung in zwei Aufgabenbereichen wesentlich erschwert.
In der Gesamtschau betrachtet ist eine Verschiebung der Zuständigkeiten nicht zweckmässig. Für
den Regierungsrat besteht deshalb kein Handlungsbedarf und folglich auch kein Bedarf zur Erstellung eines Berichts.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'520.–.
Elisabeth Burgener, SP, Gipf-Oberfrick: Von der regierungsrätlichen Antwort sind wir enttäuscht,
nimmt sie doch unsere Anliegen gar nicht auf. Die Antwort bezieht sich nicht auf den Antrag, eine
Analyse zu erstellen, sondern nimmt inhaltlich Stellung und bewertet unseren Begründungstext. Er
macht also die Analyse gleich selbst.
Das Fazit des Regierungsrats zitiere ich in einem Satz: "Das heutige System mit unterschiedlichen
Trägerschaften der HPS und anderen Sonderschulen funktioniert aus Sicht des Regierungsrats einwandfrei und bedarf keiner Änderung". Dann erhielten wir alle letzte Woche das Schreiben von
AVUSA (Aargauischer Verband Unternehmen mit sozialem Auftrag). Ich möchte daraus zwei Sätze
zitieren: "Der Vorstand AVUSA ist der Meinung, dass die Schnittstellen zwischen der Abteilung
Volksschule und der Abteilung Sonderschulung, Heime und Werkstätten (SHW) gemeinsam geklärt
und bereinigt werden müssen. Die gegenseitige Transparenz muss verbessert werden." Das sieht
der Regierungsrat aber ganz anders. Es funktioniere sehr gut, es bestehe kein Handlungsbedarf und
folglich gäbe es auch keinen Bedarf zur Erstellung eines Berichts.
Wir orientieren uns nun an der Aussage des Verbandes AVUSA, der Optimierungsmöglichkeiten
sieht. Wir ziehen den Auftrag zurück, verfolgen aber, was das mit der Klärung der Schnittstellen konkret bedeutet und werden gegebenenfalls mit Vorstössen reagieren.
Ob klarere Abläufe, Einsparungen, Optimierung der Ressourcen oder eine bessere Zusammenarbeit;
nicht nur wir drei Fraktionen sind der Meinung, dass im Sonderschulbereich, inklusive der Schnittstellen zur integrativen Schulung, grosser Handlungsbedarf besteht!
Vorsitzender: Der Auftrag wurde zurückgezogen. Das Geschäft ist erledigt.
0577 Interpellation der Fraktionen der SP, der Grünen und der GLP vom 25. März 2014 betreffend Schnittstelle Integrative Schulung – Sonderschulung; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0424)
Mit Datum vom 4. Juni 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Zur Frage 1: "Kann der Regierungsrat mit Zahlen belegen, bei wie vielen Schülerinnen und Schülern
Integrative Schulung gescheitert ist und sie in die Sonderschulung haben wechseln müssen? Falls
diese Zahlen vorliegen:
Was bedeutet das für den Regierungsrat in Bezug auf:
a)
die Integrative Schulung?
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b)
c)
die Sonderschulung?
das Therapieangebot?"
Grundsätzlich gilt, dass Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung in einer Sonderschule oder
einer Regelklasse mit besonderer Unterstützung unterrichtet werden können. Der Entscheid über
eine separative oder integrative Schulung liegt, basierend auf den vom Schulpsychologischen Dienst
durchgeführten Abklärungen, bei der Schulpflege.
In der Verordnung über die integrative Schulung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen,
die Sonderschulung sowie die besonderen Förder- und Stützmassnahmen (V Sonderschulung) steht,
dass im Grundsatz die integrative Schulung der Sonderschulung vorzuziehen sei. Für jedes Kind mit
Behinderung und einem verstärkten Bedarf soll möglichst mit und in der öffentlichen Schule eine
passende Lösung gefunden werden, die dem Wohl des Kinds entspricht, es dem Unterricht folgen
lässt und am Leben der Klassen teilhaben lassen soll. Die rechtlichen Grundlagen sehen weiter vor,
dass die Schulpflege jeweils rechtzeitig vor Ende des Schuljahrs überprüft, ob die Voraussetzungen
für die integrative Schulung auch für das folgende Schuljahr erfüllt sind.
Der Regierungsrat geht damit vom Verständnis aus, dass schulische Integration ein Prozess ist, welcher sorgfältig zu begleiten und hinsichtlich der Voraussetzungen für eine gelingende Entwicklung
des Kindes mit Behinderung regelmässig zu prüfen ist. Somit gibt es keine Zahlen über "gescheiterte" Integrationen.
Zur Frage 2: "Teilt der Regierungsrat die Meinung, dass die Schnittstellen zwischen der Regel- und
der Sonderschulen gelöst werden müssen, im Sinne einer bedürfnisgerechten Volksschule für alle?"
Der Regierungsrat teilt diese Meinung. Die Steuerung des Angebots für Kinder- und Jugendliche mit
einer Behinderung ist anspruchsvoll und wichtig. Dazu gehört auch die Klärung der Zuständigkeiten
an den Schnittstellen zwischen Regel- und Sonderschule. Deshalb werden die weiteren Arbeiten im
Rahmen des auf Anregung der Kommission Bildung, Kultur und Sport im Aufgaben- und Finanzplan
(AFP) 2014–2017 neu aufgeführten Entwicklungsschwerpunkts 310ES015 'Klärung und Optimierung
der Zuweisung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen zur integrativen Schulung für Behinderte beziehungsweise in die Sonderschule' bearbeitet.
Zur Frage 3: "Mit der geplanten Kürzung des Sprachheilunterrichtes, der Reduktion der Psychomotorik-Therapie und dem Abbau beim schulpsychologischen Dienst, werden die Regelklassen weiter
belastet und dürfte der Druck auf die Sonderschulen wachsen. Mit welchen Massnahmen gedenkt
der Regierungsrat dieser Tendenz entgegenzuwirken?"
Die geplanten Kürzungen betreffen pädagogisch-therapeutische Angebote für Kinder mit besonderen
schulischen Bedürfnissen. Mit der Reduktion des Pensenpools im Bereich Logopädie gleicht sich der
Kanton Aargau dem interkantonalen Level an. Der Kernauftrag des Sprachheilunterrichts kann mit
dieser Massnahme weiterhin erfüllt werden. Bei den vom Regierungsrat beschlossenen beziehungsweise geplanten Massnahmen handelt es sich nicht um Streichung von Angeboten, sondern um
Reduktionen und Anpassungen. Diese sind angesichts des hohen Qualitätslevels im Bildungswesen
und bei den Beratungsdienstleistungen unseres Kantons zu verantworten. Zudem sind während der
letzten Jahre zusätzliche unterstützende Massnahmen eingeführt worden, um die Tragfähigkeit der
Regelschule zu erhöhen. Beispiele sind die flächendeckende Einführung der Integrierten Heilpädagogik im Kindergarten, Zusatzlektionen für sozial belastete Schulen, breites und kostenloses Weiterbildungsangebot für Lehrpersonen und andere.
Die Unterstützungsangebote für die Schulung von Kinder und Jugendlichen mit Behinderung werden
nicht reduziert. Deshalb geht der Regierungsrat davon aus, dass kein zusätzlicher Druck auf die
Sonderschulen entstehen wird.
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Zur Frage 4: "'Schulische Misserfolge, Sonderschulung und erschwerte berufliche Integration kosten
die Gesellschaft auf lange Sicht mehr." So steht es in der Resolution des Verbandes Aargauischer
Logopäd/innen, die im letzten November verabschiedet wurde. Wie schätzt der Regierungsrat diesbezüglich die Situation im Kanton Aargau ein?"
Der Regierungsrat teilt die Ansicht, dass die berufliche Integration gesellschaftlich sehr bedeutsam
ist. Der Kanton Aargau verfügt über ein leistungsfähiges Schulsystem mit gut ausgebauten Unterstützungsmassnahmen für Kinder und Jugendliche mit besonderen schulischen Bedürfnissen und
ebenso guten sonderpädagogischen Angeboten für Kinder und Jugendliche mit Behinderung (Siehe
auch Antwort zur Frage 2). Die Leistungsfähigkeit der Schulen wird durch die externe Schulevaluation bestätigt, bei der grossen Mehrheit aller Aargauer Schulen sind alle Ampeln auf grün gestellt. Die
Anzahl der Jugendlichen, die nach der Volksschule keine Anschlusslösung finden, konnte in den
letzten Jahren um 40 % gesenkt werden, von 2,4 % 2008 auf 1,4 % 2013. Die Schulen haben daran
grossen Anteil, ebenso wichtig ist aber auch ein attraktiver Wirtschaftsstandort Aargau. Der Regierungsrat verfolgt das Ziel eines starken Wirtschaftsstandorts mit einer starken Volksschule. Daran
ändert die Leistungsanalyse nichts.
Zur Frage 5: "Seitens Bund sind wir verpflichtet ein Sonderpädagogikkonzept zu erarbeiten, worin u.
a. klärend aufgezeigt wird, wie die Schnittstellen zwischen Regel-, Förder- und Sonderschulung aussehen. Wie sieht es im Kanton Aargau betreffend einem solchen Konzept aus? Wann endlich liegt
dieses vom Parlament geforderte Konzept allen zugänglich vor?"
Aus Sicht des Regierungsrats braucht es kein Sonderpädagogik-Konzept, da alle relevanten Aspekte
der Schulung von Kindern und Jugendlichen an der Schnittstelle zwischen Regel- und Sonderschulung seit 2007 im Schulgesetz sowie in der entsprechenden V Sonderschulung geregelt sind. Die
Vorgaben entsprechen jenen des Bundes in diesem Bereich. Im Nachhinein noch ein Konzept über
das Bestehende zu erarbeiten, ist nicht sinnvoll.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'487.50.
Kathrin Scholl-Debrunner, SP, Lenzburg: Nr. 2, 3 und 4 – auch wir sind enttäuscht, dass einmal mehr
zum Ausdruck kommt, dass sich der Regierungsrat hinter schönen Worten verbirgt, die Realität aber
nicht zur Kenntnis nehmen will.
Das, was auf den Papieren und in den Gesetzen steht, sowie in den seit Juli aufgeschalteten Handreichungen zu dieser Thematik, ist das eine, was aber vor Ort tatsächlich geschieht, ist eine andere
Sache.
Es ist nach wie vor so, dass die Ursachen der Zunahme an Sonderschülerinnen und -schülern noch
nicht geklärt sind. Klar ist, dass die integrative Schulung (IS) vorzuziehen sei; die Rahmenbedingungen, dass dies aber auch gelingt, werden allerdings nirgends klar definiert und schon gar nicht mit
Indikatoren versehen.
Welche Kriterien, die die Schulpflege überprüfen kann, gelten denn? Hier sei noch erlaubt anzumerken, dass die Schulpflege als Laiengremium dies ohne griffige Kriterien kaum beurteilen kann.
Es wird weiter ausgeführt, dass bei den meisten Schulen die Ampeln auf grün stehen; das ist ja erfreulich. Es ist aber genauso richtig, dass Integration ein Prozess ist. Es wird aber verschwiegen,
dass die letzte Erhebung, die vom Departement BKS selbst gemacht wurde, gezeigt hat, dass der
Integrationsprozess wohl im Gange sei, zu viele Schulen jedoch immer noch auf der Stufe 1 von
möglichen 3 Entwicklungsstufen stehen.
Was ebenfalls nicht ausgeführt wird, ist, dass die Integration von Sonderschülerinnen und -schülern
nur sinnvoll gelingen kann, wenn IS an einer Schule funktioniert. Zitat aus den Handreichungen: "Es
braucht dazu tragfähige Regelschulen". Aber niemand sagt mir, wann eine Regelschule tragfähig ist!
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Erschwerend kommt hinzu, dass ausgebildetes Personal für IS Mangelware ist. Eine Erhebung vieler
Lehrpersonen unter vielen Schulen hat gezeigt, dass Lehrpersonen als SHP (Masterstudiengang
Schulische Heilpädagogik) angestellt sind, aber keine entsprechende Ausbildung haben.
Zu Frage 3: Hier sagt der Regierungsrat: "Mit der Reduktion des Pensenpools im Bereich Logopädie
gleicht sich der Kanton dem interkantonalen Level an“. Das mag ja gut sein, dann sorgt bitte sehr
dafür, dass mit der Ressourcierung für IS auch mindestens der interkantonale Durchschnitt erreicht
wird. Da ist der Kanton Aargau unterdurchschnittlich, wie eine jüngst gemachte Erhebung von LCH
(Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz) zeigt.
All diese Ausführungen legen einmal mehr dar, dass es ein Konzept und eine Strategie braucht. In
einem Konzept findet man nicht nur die Auflistung der Angebote und die gesetzlichen Voraussetzungen. Es finden sich darin auch Aussagen zum generellen Auftrag, zur Heilpädagogischen Früherziehung, zum Angebot der Volksschule – wird in der Handreichung neu aufgelistet –, zur Diagnostik, zur
Beratung und vor allem zur Steuerung, Finanzierung und Aufsicht und Qualitätsentwicklung der Förder- und der verstärkten Massnahmen. Externe Schnittstellen werden in der Handreichung jetzt angesprochen, ebenso die Umsetzung sowie die Bedingungen für ein Gelingen.
Im Aufgaben- und Finanzplan (AFP) ist dies gemäss Auftrag des Grossen Rats aufgeführt. Wir erwarten, dass sich der Regierungsrat an die Vorgaben hält und nicht nur auflistet, sondern konzeptionelle Arbeit leistet. Wir sind mit der Antwort nicht zufrieden.
Vorsitzender: Namens der Interpellantinnen erklärt sich Kathrin Scholl-Debrunner von der Antwort
nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
0578 Interpellation Marianne Binder-Keller, CVP, Baden, vom 20. Mai 2014 betreffend Überprüfung der privaten Schulung, beziehungsweise "Homeschooling" im Kanton Aargau; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0450)
Mit Datum vom 2. Juli 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Zur Frage 1: "Wie viele schulpflichtige Kinder werden im Kanton Aargau in Form von Homeschooling
unterrichtet?"
Der Regierungsrat hat Kenntnis von insgesamt 91 Schülerinnen und Schülern, die privat geschult
werden (Kindergarten 24, Primarschule 51, Oberstufe 16), Stand 11. Dezember 2013. Dies entspricht rund einem Promille der Lernenden bei einer Gesamtschülerzahl von 70'690 an der Volksschule im Schuljahr 2012/13. Es besteht keine Meldepflicht der Schulpflegen gegenüber dem Departement Bildung, Kultur und Sport.
Zur Frage 2: "Welche Gründe gelten für eine Bewilligung? Wer erteilt die Bewilligung?"
Die Eltern müssen der Schulpflege den Beginn und die Beendigung einer privaten Schulung mindestens 14 Tage im Voraus melden. Die Schulpflege nimmt die private Schulung zur Kenntnis. Diese ist
nicht zu bewilligen und muss demnach auch nicht begründet werden. Vgl. § 1 Abs. 3 der Verordnung
über die Volksschule (SAR 421.313). Hingegen müssen die Eltern den Nachweis des genügenden
Unterrichts erbringen. Siehe Antworten zu den Fragen 4–8.
Zur Frage 3: "Gemäss Studien werden vor allem religiöse Gründe angeführt. Trifft das auch für den
Aargau zu?"
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Die Eltern teilen der Schulpflege die Aufnahme und die Beendigung einer privaten Schulung ohne
Angabe von Gründen mit. Der Regierungsrat kann über die Gründe der privat geschulten Schülerinnen und Schüler keine Aussage machen.
Zur Frage 4: "Über welche fachlichen und pädagogischen Qualifikationen müssen die Eltern verfügen, damit sie ihre Kinder zu Hause schulen dürfen?"
Die auf der Kindergarten- oder Primarstufe unterrichtende Person muss mindestens über einen Abschluss der Sekundarstufe II verfügen (zum Beispiel Lehrabschluss oder Maturität). Vgl. § 34 lit. e
Verordnung über die Volksschule.
Die auf der Oberstufe unterrichtende Person muss sich über ausreichende Fähigkeiten für das Erteilen der obligatorischen Fächer ausweisen können (Studienabschluss oder höheres Sprachdiplom).
Vgl. § 34 lit. f Verordnung über die Volksschule.
Bei Fremdsprachen kann der Unterricht ausnahmsweise mittels geeigneten Fernstudiums erfolgen.
Vgl. § 34 Abs. 2 Verordnung über die Volksschule.
Die Ausbildungsqualifikationen der unterrichtenden Person sowie ein allfälliger Vertragsabschluss für
ein Fernstudium sind vor dem Beginn der privaten Schulung vorzulegen. Siehe Antwort zur Frage 5.
Zur Frage 5: "In welcher Form müssen die Eltern den Nachweis des "genügenden" Unterrichts erbringen?"
Die Eltern erbringen den Nachweis des genügenden Unterrichts gegenüber der Schulpflege. Dieser
ist gemäss § 34 Abs. 1 lit. a–f Verordnung über die Volksschule erbracht, wenn die Bildungsziele
jenen der öffentlichen Schule entsprechen; nicht mehr als fünf Kinder im selben Semester unterrichtet werden, ausser sie stammen aus derselben Familie; auf der Kindergarten- und Primarstufe
höchstens zwei Kinder mindestens zwei Stunden oder eine Gruppe von drei bis fünf Kindern mindestens drei Stunden täglich fünf Mal pro Woche strukturierten Unterricht erhalten; auf der Oberstufe
höchstens zwei Kinder mindestens drei Stunden oder eine Gruppe von drei bis fünf Kindern mindestens vier Stunden täglich fünf Mal pro Woche strukturierten Unterricht erhalten; die auf der Kindergarten- oder Primarstufe unterrichtende Person mindestens über einen Abschluss der Sekundarstufe II
verfügt; sich die auf der Oberstufe unterrichtende Person über ausreichende Fähigkeiten für das
Erteilen der obligatorischen Fächer ausweisen kann.
Das Inspektorat empfiehlt den Schulpflegen, vor Beginn der privaten Schulung zusammen mit den
Eltern die Rahmenbedingungen, die Erwartungen, die Form der Überprüfung und die Berichterstattung zu klären und in einer Vereinbarung schriftlich festzuhalten.
Zur Frage 6: "Gibt es eine Überprüfung der Lehrmittel, des Pensums, der Stundenpläne?"
Der regelmässig stattfindende strukturierte Unterricht wird überprüft im Sinne der unter Frage 7 beschriebenen rechtlichen Grundlagen. Hingegen haben Eltern bei der Wahl der Lehrmittel mehr Spielraum als die öffentliche Schule. Das Inspektorat empfiehlt die Verwendung der kantonalen Lehrmittel. Schulen können den Eltern die Lehrmittel zur Verfügung stellen.
Zur Frage 7: "Wie werden die Unterrichtsqualität und das Erreichen der Bildungsziele überprüft? Wie
wird Defiziten begegnet?"
Die Schulpflege beauftragt in den meisten Fällen das Inspektorat mit der Überprüfung des genügenden Unterrichts. Das Inspektorat macht in der Regel zusammen mit einer Vertretung der Schulpflege
26. August 2014
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Unterrichtbesuche zuhause und hat Einsicht in wichtige Dokumente. Im Fokus der Überprüfung stehen Bildungsziele, Stoffprogramm und Planungsunterlagen, Stundenplan, Lehrmittel, Spiel-,
und/oder Lernmaterialien, passende Räumlichkeiten, Angaben zur Entwicklung der Selbst- und Sozialkompetenz und zur Entwicklung in den handwerklichen und gestalterischen Fächern, Musik sowie
Bewegung und Sport, Fähigkeitsausweise der unterrichtenden Personen und Vertragsabschlüsse bei
Fernstudium und die Dokumentation der erbrachten Leistungen der Schülerinnen beziehungsweise
der Schüler.
Erweist sich der Unterricht als genügend, so können die Eltern mit der privaten Schulung fortfahren,
erweist er sich als mangelhaft, so ordnet die Schulpflege Verbesserungsmassnahmen an und nimmt
eine erneute Überprüfung vor. Erweist sich der Unterricht weiterhin als ungenügend, so beantragt
das Inspektorat bei der Schulpflege, die Schülerin/den Schüler der öffentlichen Schule zu zuweisen.
Vgl. § 34 Abs. 3 Verordnung über die Volksschule.
Zur Frage 8: "In welcher Häufigkeit werden Schul- bzw. Hausbesuche gemacht?"
In der Regel erfolgt ein Unterrichtsbesuch pro Schuljahr. Die Schulpflege und/oder das Inspektorat
behalten sich jedoch weitere Unterrichtsbesuche vor. Vgl. § 34 Abs. 3 Verordnung über die Volksschule.
Zur Frage 9: "Wer ist zuständig für die externe Evaluation des häuslichen Unterrichts? Wie sieht das
Evaluationssetting aus?"
Es gibt keine externe Evaluation, welche vergleichbar mit der regelmässigen externen Schulevaluation der Volksschule ist.
Zur Frage 10: "Gibt es evidente Erkenntnisse zum Erfolg von Übertritten aus dem Homeschooling in
die öffentliche Schule? Wie finden solche Übertritte statt?"
Ist ein Wiedereintritt in die Volksschule geplant, so erfolgt die Zuweisung in Stufe und Klasse durch
die Schulpflege der aufnehmenden Schule aufgrund einer Gesamtbeurteilung der bisherigen schulischen Laufbahn und eines Gesprächs mit der betroffenen Schülerin beziehungsweise dem betroffenen Schüler. Die Schulpflege kann bei Bedarf Prüfungen anordnen. Vgl. § 10 der Verordnung über
die Laufbahnentscheide an der Volksschule (Promotionsverordnung; SAR 421.352).
Das Departement Bildung, Kultur und Sport erhebt systematisch keine Daten bezüglich der Anschlusslösungen von Kindern und Jugendlichen, die privat geschult werden. Der Regierungsrat verfügt deshalb über keine Kenntnisse zum Erfolg oder Misserfolg von Übertritten von der privaten
Schulung in die öffentliche Schule während der Volksschulzeit und über den Übergang in die Sekundarstufe II (Berufsbildung, Mittelschule).
Zur Frage 11: "Wie sieht der Zugang von privat beschulten Kindern zu schulischen Zusatzangeboten
wie Therapien, schulärztlichen und schulpsychologischen Diensten, Instrumentalunterricht, Frei- und
Wahlfächer, Deutsch als Zweitsprache (DaZ) sowie zu den Verstärkte Massnahmen (Förderunterricht) aus?"
Schülerinnen und Schüler, die privat geschult werden, haben zu den gleichen Bedingungen Zugang
zum Instrumentalunterricht an der Oberstufe sowie zu den Therapien (Legasthenie, Logopädie,
Psychomotorik), Schuldiensten (schulpsychologischer Dienst, schulärztlicher Dienst, Schulzahnpflege) und regionalen Gruppenangeboten im Bereich Begabungsförderung, wie die Kinder an den öffentlichen Schulen. Vgl. § 58b des Schulgesetzes (SAR 401.100).
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Schülerinnen und Schüler, die privat geschult werden, haben kein Anrecht auf den Besuch von
Wahl- und Wahlpflichtfächern und auf den Unterricht im Rahmen von Deutsch als Zweitsprache
(DaZ), der Integrierten Heilpädagogik (IHP) sowie der Verstärkten Massnahmen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen.
Zur Frage 12: "Die Kantonsverfassung regelt das Grundrecht auf Bildung wie folgt: Jedes Kind hat
Anspruch auf eine seinen Fähigkeiten angemessene Bildung (§ 28 Abs. 1). Kann nach Meinung des
Regierungsrats die private Schulung, wie sie im Kanton Aargau zurzeit geregelt ist, dieses Grundrecht erfüllen?"
Ja. Der Regierungsrat ist der Meinung, dass dem Grundrecht gemäss Verfassung entsprochen wird.
Mit der privaten Schulung übernehmen die Eltern die Verantwortung der Bildung ihrer Kinder und der
Kanton stellt eine angemessene Überprüfung des genügenden Unterrichts sicher.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'546.50.
Marianne Binder-Keller, CVP, Baden: Wir haben im Kanton Aargau zusammen mit den Kantonen
Bern und Appenzell-Innerrhoden eine ausserordentlich lockere Regelung mit wenig Auflagen in Bezug auf die private Schulung, auch "Homeschooling" genannt. Man braucht im Gegensatz zu anderen Kantonen weder eine Bewilligung noch ein Lehrdiplom. Es werden keine Vorschriften bezüglich
Lehrmittel gemacht. Man kann also, überspitzt gesagt, auch mit einem Mickey-Mouse-Heft lesen
lernen. Es werden keine Vorschriften bezüglich Unterrichtsführung gemacht. Es gibt keine Übersicht
über die Gründe, weshalb Kinder nicht zur Schule geschickt werden. Es gibt keine Erkenntnisse über
Erfolg oder Misserfolg im Zusammenhang mit Übertritten in die Volksschule oder in weiterführende
Schulen.
Die Kontrolle des Unterrichts erfolgt einmal pro Jahr. Eine externe Evaluation existiert nicht usw. usf.
Dies ist ein Auszug aus den Antworten des Regierungsrats auf die Fragen meiner Interpellation. Das
hat mich keineswegs befriedigt und ich habe auch den Eindruck bekommen, dass der Regierungsrat
ebenso wenig befriedigt und froh über meine Fragen ist.
Wenn man das ausgebaute Qualitätsmanagement in Privatschulen und öffentlichen Schulen vergleicht, dann ist der Heimunterricht eindeutig im Graubereich. Die Bundesverfassung sagt, der
Grundschulunterricht müsse ausreichend und obligatorisch sein. Das Aargauer Schulgesetz nennt
ausdrücklich eine Schulpflicht, die auch in Privatschulen oder beim Homeschooling stattfinden kann,
doch es ist Aufgabe des Staates, den Unterricht ausreichend zu gewährleisten.
Ich bin echt überrascht, wie wenig ernst der Regierungsrat diesen verfassungsmässigen Auftrag
nimmt, wonach jedes Kind ein Anrecht auf angemessene Bildung hat. Deshalb werde ich auch ein
Postulat einreichen, mit welchem ich die Ausbildung überprüfen lassen will, beispielsweise die Absolvierung eines Grundlagenkurses in Didaktik an einer Fachhochschule. Ich schlage ein besseres
Qualitätsmanagement, regelmässigere Kontrollen und die regelmässige Teilnahme an vergleichenden Leistungschecks mit Volksschulkindern vor.
Meine Interpellation hat ziemliche Nervosität ausgelöst. Man hat mir diese Art des Schulwesens in
bestem Lichte erscheinen lassen. Das glaube ich in jedem einzelnen geschilderten Fall gerne. Doch
es geht mir nicht um den Einzelfall, sondern um das System. Ein besseres Qualitätsmanagement ist
auch im Sinne der "Homeschooler", glaube ich.
Vorsitzender: Die Interpellantin erklärt sich von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
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0579 Interpellation Martin Christen, SP, Spreitenbach, vom 4. März 2014 betreffend Bedeutung, Unterstützung und Sicherheit des Bruno-Weber-Parks; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0349)
Mit Datum vom 21. Mai 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Vorbemerkungen
Wie den Medien seit längerem zu entnehmen ist, befindet sich der Bruno Weber Park derzeit in einer
institutionellen und finanziellen Krise. Es gibt offensichtliche Organisations- und Führungsprobleme,
Unstimmigkeiten bezüglich der strategischen Weiterentwicklung und Erhaltung des Parks sowie unbeantwortete Fragen zur finanziellen Lage. Die Zukunft des Parks ist gefährdet, die Meinungen bezüglich Sicherheitsrisiken bei den begehbaren Betonskulpturen gehen weit auseinander. Der Stiftungsrat ist per 28. Februar 2014 in corpore zurückgetreten. Dies, nachdem bereits in den vorangegangenen Jahren zahlreiche Rücktritte von einzelnen Stiftungsräten oder gar des ganzen Gremiums
erfolgt sind. Begründet wird die Demission per 28. Februar 2014 mit Bedenken zur Sicherheit des
Parks, welche von der Familie Weber jedoch in Abrede gestellt werden. Sie stützt sich dabei auf eine
Untersuchung eines Ingenieurs, in welcher dieser zum Schluss gekommen ist, dass die begehbaren
Betonskulpturen keine Risiken bergen würden. Die BVG- und Stiftungsaufsicht Aargau (BVSA) hat
nun die Aarauer Anwältin Brigitte Bitterli als Stiftungsrätin eingesetzt. Die Stiftungsaufsicht wird in
den nächsten Monaten die Probleme im Skulpturenpark aufarbeiten und mögliche Lösungsansätze
aufzeigen.
Der Regierungsrat hat dem Bruno Weber Park in den Jahren 2005–2011 insgesamt Fr. 600'000.–
aus dem Swisslos-Fonds für den Ausbau des Wassergartens zukommen lassen. Der Bruno Weber
Park hat beim Departement Bildung, Kultur und Sport (Abteilung Kultur) im Februar 2014 ein rudimentäres Gesuch für jährliche Betriebsbeiträge ab 2015 eingereicht. Da das Gesuch weder formal
noch inhaltlich den Vorgaben für ein Beitragsgesuch entspricht, eine abschliessende inhaltliche Beurteilung aufgrund der eingereichten Unterlagen nicht möglich ist und beim Bruno Weber Park darüber hinaus derzeit keine klaren Verantwortlichkeiten bestehen, wurde das Gesuch durch die Kommission für Kulturfragen und die Abteilung Kultur abgelehnt.
Zur Frage 1: "Welche künstlerische und kulturelle Bedeutung hat der Bruno-Weber-Park aus Sicht
des Regierungsrates für den Kanton Aargau und die Schweiz? Erfüllt der "Bruno-Weber-Park" die
"Kriterien zur Feststellung der kantonalen Bedeutung" gemäss Kulturgesetz vom 31.3.2009?"
Die für die Beantwortung der Interpellation eingeholten Meinungen von Sachverständigen zur künstlerischen und kulturellen Bedeutung des Bruno Weber Parks gehen weit auseinander. Die geäusserten Zitate lesen sich wie folgt:
"Die Werke selber sind originell, lassen aber eine künstlerische und fundierte Auseinandersetzung
mit der zeitgenössischen Kunstproduktion vermissen."
"Das Werk ist in unserem Umfeld im täglichen Diskurs nicht verankert."
"Kann der Park ohne die Aura des Künstlers das sein, was er sein möchte?"
"…auch wenn nie ganz klar ist, ob viele Arbeiten von Bruno Weber doch allzu stark ins Verzierende,
Dekorierende, ja Kitschige tendieren."
"Der Bruno Weber Park ist singulär und bezeugt eine künstlerische Eigenständigkeit, die ernst zu
nehmen ist."
"Der Park reiht sich in letzter Konsequenz in die Tradition der grossen europäischen Künstlerparks
ein."
"Die künstlerische Ausstrahlung des Parks geht in Richtung nationale Bedeutung."
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Der Regierungsrat hat dem Bruno Weber Park mit der Beitragssprechung aus dem Swisslos-Fonds
für den Ausbau des Wassergartens 2005–2011 eine mindestens regionale kulturelle Bedeutung zugesprochen. Ohne Zweifel bietet der Park einem breiten Publikum – von Schulklassen über FantasyFans und Erholungssuchenden bis zu Kunstexperten – Freude und Anregung. Der Bruno Weber
Park birgt ein kulturtouristisches Potenzial. Zudem kann dem Park ein hoher gemeinnütziger Wert als
niederschwelliges Kulturangebot in einer Agglomerationsregion bescheinigt werden. Die Tatsache,
dass auch die Ernst-Göhner-Stiftung den Park in den letzten Jahren unterstützt hat, bestätigt die
damalige Haltung des Regierungsrats.
Der Regierungsrat und die Kommission für Kulturfragen können derzeit keine abschliessende inhaltliche Beurteilung hinsichtlich einer mindestens kantonalen Bedeutung des Bruno Weber Parks gemäss § 10 des Kulturgesetzes (KG) vornehmen. Aufgrund der aktuell vorliegenden lückenhaften
Gesuchsunterlagen und der vielen offenen Fragen betreffend klarer Verantwortlichkeiten und einer
professionellen Geschäftsführung ist die Erfüllung des Kriteriums der Professionalität sicher nicht
gegeben. Damit ist der Bruno Weber Park aktuell kein Kandidat für kantonale Betriebsbeiträge nach
§ 10 KG.
Zur Frage 2: "Weshalb wird in der diesjährigen Ausgabe von AARGAU Tourismus "Kunst und Kultur
im AARGAU" dieses Gesamtkunstwerk mit keinem Wort erwähnt?"
Gemäss Aargau Tourismus haben die zum Zeitpunkt der Erstellung der Broschüre verantwortlichen
Personen beim Bruno Weber Park keine Reaktion auf diesbezügliche Anfragen gezeigt. In die Broschüre "Kunst und Kultur im Aargau" werden Institutionen aufgenommen, die sich auch an den anfallenden Kosten beteiligen. Aargau Tourismus hat den Bruno Weber Park jedoch in Eigenregie und
kostenlos in die Broschüre "Familien im Aargau" sowie in die Online-Datenbank aufgenommen. Gemäss Auskunft von Aargau Tourismus wird der Bruno Weber Park künftig in die AZ-Wanderungen
integriert.
Zur Frage 3: "Ist der Regierungsrat bereit, sich für eine bessere Anerkennung, Vernetzung und Vermarktung des Bruno-Weber-Parks einzusetzen?"
Aufgrund der aktuell schwierigen betrieblichen Situation wird der Regierungsrat vorderhand keine
aktive Rolle für eine bessere Anerkennung, Vernetzung und Vermarktung des Parks übernehmen.
Der Regierungsrat kann sich mit dieser Frage erst beschäftigen, wenn beim Bruno Weber Park klare
Verantwortlichkeiten geschaffen sind, ein dauerhaft eingesetzter und handlungsfähiger Stiftungsrat
besteht sowie eine professionelle Geschäftsführung etabliert ist.
Zur Frage 4: "Ist der Regierungsrat bereit, sich auf der Basis von Verfassung und Kulturgesetz für die
notwendigen Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten im Bruno-Weber-Park einzusetzen resp. diese
(mit) zu finanzieren?"
Aufgrund der aktuell schwierigen betrieblichen Situation kann der Regierungsrat vorderhand keine
Absichtserklärung betreffend die künftige finanzielle Unterstützung des Bruno Weber Parks in Aussicht stellen. Der Regierungsrat kann sich mit dieser Frage erst beschäftigen, wenn beim Bruno Weber Park klare Verantwortlichkeiten geschaffen sind, ein dauerhaft eingesetzter und handlungsfähiger Stiftungsrat besteht sowie eine professionelle Geschäftsführung etabliert ist. Klar ist, dass der
Kanton die Behandlung künftiger Gesuche unter anderem von den Ergebnissen der Untersuchungen
der Stiftungsaufsicht sowie von der Sicherheitslage im Park abhängig machen muss.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'281.–.
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Martin Christen, SP, Spreitenbach: Auch ich bin nicht zufrieden.
Geschockt haben alle diejenigen, die den Bruno-Weber-Park kennen, von der verfügten Schliessung
des Parks Kenntnis genommen. Insbesondere auch sämtliche Angestellten, die von einem Tag auf
den anderen, ohne Vorwarnung, ihre Kündigung erhalten haben. So also reagiert der Kanton Aargau – der Kulturkanton – auf die Schwierigkeiten, in denen der Bruno-Weber-Park steckt. Es darf ja
wohl nicht wahr sein, dass es der Kanton Aargau ablehnt, ein einmaliges, national und international
bedeutsames Gesamtkunstwerk erhalten zu wollen, als einzige Lösung die definitive Schliessung
verfügt und damit den Untergang des Lebenswerks von Bruno Weber in Kauf nimmt.
Die Antworten des Regierungsrats zeigen leider mit aller Deutlichkeit, dass er sich der grossen
künstlerischen Bedeutung des Bruno-Weber-Parks in keiner Weise bewusst ist.
Bruno Weber war schliesslich nicht irgendein lokal- oder regional-bekannter Künstler. Er hat an der
Weltausstellung 1992 in Sevilla die Schweiz repräsentiert. Er ist damals vom Bund beauftragt worden, als künstlerischer Botschafter unser Land – und nicht nur den Kanton Aargau oder die Gemeinden Spreitenbach und Dietikon – zu vertreten. Damit ist er meines Wissens der bisher einzige Aargauer Künstler, der jemals an einer Weltausstellung die Schweizer Kunst der Weltöffentlichkeit vorstellen durfte. Er ist dabei auf grosse und auch nach seinem Tod immer noch anhaltende internationale Anerkennung gestossen. Davon zeugen die vielen Besucherinnen und Besucher aus aller Welt.
Den Bruno-Weber-Park nun einfach sang- und klanglos, stil- und konzeptlos schliessen zu wollen, ist
eines Kulturkantons unwürdig. Ich bitte den Regierungsrat eindringlich, alles in seiner Macht stehende zu unternehmen, um dieses eindrückliche und grossartige Gesamtkunstwerk der Nachwelt zu
erhalten.
Meine Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, zur Rettung des Bruno-Weber-Parks beizutragen. Ich
danke all jenen, die die von mir in Umlauf gesetzte Petition unterschrieben haben. Am letzten Wochenende haben im Bruno-Weber-Park Hunderte von Besucherinnen und Besuchern ebenfalls unterzeichnet. Diese Petition richtet sich an die beiden Gemeinden Dietikon und Spreitenbach, an die
beiden Kantone Zürich und Aargau sowie an den Bundesrat. Falls Sie den Park noch nicht kennen
sollten, werfen Sie bitte einen Blick auf die beiden Broschüren, die auf dem Tisch im Foyer liegen.
Vielleicht haben Sie Gelegenheit, den Bruno-Weber-Park noch vor seiner definitiven Schliessung zu
besuchen.
Ich danke dem Regierungsrat für die Beantwortung meiner Fragen, mit dem Inhalt der Antworten bin
ich allerdings nicht einverstanden.
Vorsitzender: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
Damit sind wir am Ende der Traktandenliste angekommen. Ich schliesse die Sitzung mit dem Hinweis, dass die nächste Grossratssitzung am 16. September 2014 stattfindet.
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