Ich möchte gerne eine ehrenamtliche Vormundschaft übernehmen, ... welche Aufgaben/Rolle habe ich? Ein Vormund ist der rechtliche Vertreter eines unbegleiteten Minderjährigen. I.d.R stellt das Jugendamt diesen, dann spricht man von „Amtsvormund“. Rechtlich ergeben sich die Aufgaben eines Vormundes aus der Wahrnehmung der elterlichen Sorge, § 1626 BGB (Personensorge, gesetzliche Vertretung und Vermögenssorge). Die gesetzlichen Grundlagen für Vormundschaften werden geregelt durch die §§ 1773-1895 BGB. Minderjährige, die ohne Eltern oder Angehörige nach Deutschland einreisen, erhalten nach ihrer Ankunft einen Amtsvormund, damit sie überhaupt handlungsfähig sein können. Ein Amtsvormund kann allerdings bis zu 50 sogenannte „Mündel“ gleichzeitig haben. Als Einzelvormund, als welcher Sie sich beim Jugendamt bewerben können, vertreten Sie in der Regel nur einen unbegleiteten Minderjährigen, zu dem Sie eine vertrauensvolle Beziehung entwickeln und für den Sie sich einsetzen würden. Die mitunter über Jahre bestehende Beziehung des Einzelvormunds zu seinem sog. „Mündel“ kann die Entwicklung eines Kindes oder Jugendlichen stark positiv beeinflussen. Mit der Übernahme einer ehrenamtlichen Vormundschaft, die durch das Jugendamt vorgeschlagen und vom Familiengericht bestellt und eingesetzt wird, ist ein weites Spektrum an Aufgaben verbunden: Sie entscheiden unter größtmöglicher Beteiligung des jungen Menschen z.B., auf welche Schule er geht, unterschreiben ggf. einen Ausbildungsvertrag, oder entscheiden ob er bei einer Gastfamilie einzieht. Als Vormund unterliegen Sie hinsichtlich der Ausübung Ihrer Tätigkeit der familiengerichtlichen Kontrolle und einer Reihe von gesetzlichen Beschränkungen. Zudem sind Sie verpflichtet, jederzeit und auf Anforderung durch das Familiengericht Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Mündels zu erteilen und im jährlichen Abstand über die persönlichen Verhältnisse schriftlich zu berichten. Sich für die Belange eines jungen Flüchtlings zu öffnen, ist eine ganz besondere Aufgabe. Sie bietet die Möglichkeit, ein Kind/einen Jugendlichen unmittelbar zu unterstützen und im Alltag neue, bereichernde Erfahrungen zu machen. Unterstützung kann bedeuten: • • • dem jungen Flüchtling bei der schulischen Integration und Berufsfindung beratend zur Seite zu stehen, dem jungen Menschen Unterstützung im Asylverfahren zu geben, sich um die altersmäßig angemessene Unterbringung und eine ausreichende medizinische und ggf. therapeutische Versorgung zu kümmern. ... welche Voraussetzungen sollte ich mitbringen? Formale Voraussetzungen Sie brauchen keine spezielle Ausbildung und auch Kenntnisse des Asyl- und Ausländerrechts sind keine Bedingung, wenngleich förderlich für die Ausübung der Tätigkeit. Auch eine volle Berufstätigkeit schränkt Sie nicht ein. Sie sollten aber über ausreichend Zeit verfügen Formale Voraussetzung • Sie müssen volljährig sein, • in jedem Fall müssen Sie ein erweitertes Führungszeugnis ohne Eintragungen vorlegen, in einigen Städten/Kommunen werden auch Gesundheitsatteste verlangt Persönliche Voraussetzungen Gesucht werden Personen, die offen und sensibel für die besonderen Erfahrungen von jungen Flüchtlingen sind. Menschen, die Freude daran haben, sich für die Belange von Anderen einzusetzen und keine Scheu davor haben, sich mit Verwaltung und Bürokratie auseinanderzusetzen. Wichtig ist die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und eine möglicherweise enge Beziehung einzugehen, die auch über das Jugendlichenalter hinausreichen kann. Wünschenswert wären Erfahrungen im Umgang mit Jugendlichen. Sie sollten über Offenheit, Neugier und Interesse an Menschen aus anderen Kulturkreisen verfügen sowie Verständnis für Verhaltensweisen aufbringen, die aus starker Belastung resultieren können oder die einfach nur „ganz anders“ sind. Habe ich Anspruch auf Schulung, Beratung und Vergütung? Beratung und Schulung Sie durchlaufen eine Vorbereitung und Schulung, die regional sehr unterschiedlich intensiv und umfänglich gestaltet sein können. Themen, die in fast allen Schulungen vorkommen, sind • die Aufgaben und Besonderheiten der ehrenamtlichen Vormundschaft, • die Stationen eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings im asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren, • die psychosoziale Situation von Jugendlichen mit Fluchterfahrung, • die Anforderungen bzgl. Berichterstattung an das Familiengericht sowie die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern. Die Vorbereitung wird in Form von Gesprächen bei Ihnen zu Hause, bei einem freien Träger, in Einzelkontakten und/oder in Gruppen durchgeführt. Der gesamte Prozess der Vorberatung und Qualifizierung kann mehrere Wochen dauern und ist auch eine wichtige Zeit, um Entscheidungen in Ruhe überdenken zu können. Vormunde haben während ihrer Tätigkeit einen gesetzlichen Anspruch auf Beratung und Unterstützung. Vergütung Als ehrenamtlicher Vormund erhalten Sie die Aufwendungen, die im Zusammenhang mit Ihrer Tätigkeit stehen, ersetzt (§1835 BGB), zur Vereinfachung können Sie eine jährliche Aufwandspauschale von 399 Euro beantragen (§1835a BGB). Wie kann ich feststellen, ob ich für diese Aufgabe überhaupt geeignet bin? Grundsätzlich gibt es keine Ausschlusskriterien, die sich auf eine nicht vorhandene Ausbildung (z.B. eine pädagogische) und/oder fehlende Fachkenntnisse (z.B. im Asyl- und Ausländerrecht) beziehen. Alle Menschen, die sich einer gesellschaftlich sinnstiftenden Aufgabe wie dieser widmen wollen, sind willkommen. Es kann allerdings förderlich sein, wenn Sie sich im Vorfeld mit einigen grundsätzlichen Fragen auseinandersetzen, wie etwa: • • • • Verfüge ich über ausreichend Zeit und bin ich bereit, diese einzusetzen? Habe ich Lust an Herausforderungen und möglichen Auseinandersetzungen mit Verwaltung und Justiz? Macht es mir Freude, mich für einen anderen Menschen einsetzen zu können? Habe ich berufliche oder private Erfahrung mit Jugendlichen? Bin ich neugierig auf ihre Sichtweisen, ihre Geschichten und Erfahrungen?