"Alt werden bei guter Gesundheit" - das ist ein uralter Menschheitstraum . Mit einem Bild von Lucas Cranach dem Älteren (1472- 1553) eröffnete Professor Hermann Brandenburg von der Pflegwissenschaftlichen Fakultät der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Pallottiner in Vallendar sein Referat. Zuerst einmal gelte es zu definieren, was denn unter "gutem Leben" zu verstehen sei. Eine Umfrage habe ein reiches Spektrum ergeben: "gebraucht werden", "schuldenfrei sein,"das kann man nicht sagen, das muss man leben" bis hin zu "totale Illusion" reichten die Antworten. Philosophen betrachteten das Alter als Ernte (Ernst Bloch) oder Alter als "Werden zu sich selbst(Thomas Rentsch) und "Teilhabe am Leben" (Andreas Kruse). Mit dem Blick auf Menschen mit Demenz müsse erst einmal festgestellt werden, dass - so Brandenburg- Demenz keine Krankheit sondern ein "Syndrom"sei. Es sei schwierig Demenz zu behandeln, weil genaue Ursachen nach wie vor unbekannt seien. Im Umgang mit und der Versorgung von Menschen mit Demenz zeige die Gesellschaft/Kultur, wie sie mit den Schwächsten umgehe. Eine angemessene Versorgung sei unverzichtbar für ein Leben mit Demenz. "90 Prozent aller pflegenden Angehörigen sind Frauen". Deutschland befinde sich angesichts eines "grauen Pflegemarktes" in einer "Pflegefalle". Die Dauerbelastung pflegender Angehöriger führe zu chronischen Krankheiten. "Wir brauchen neue Gesellschaftsmodelle, ähnlich wie in Skandinavien- dort gehört die Pflege zum Gemeinwesen!". Das Verhalten dementer Menschen sei als "Herausforderung" zu verstehen. Egal ob diese Menschen verhaltensgestört ,-auffällig, oder-problematisch seien, deren Verhalten habe immer einen Sinn, auch wenn es für die Umwelt oft nicht verständlich sei. Dieses Verhalten müsse als Herausforderung verstanden werden. Egal ob demenzkranke Menschen verhaltensgestört,- auffällig oder -problematisch gesehen würden, ihr Verhalten habe immer einen Sinn, selbst wenn es für die Umwelt nicht verständlich sei. Es gelte dieses Verhalten als Herausforderung zu verstehen. Menschen mit Demenz wollten in ihrer Umgebung aktiv bleiben und im Alltag integriert bleiben. Das Stichwort sei "gesellschaftliche Inklusion". Die bisherige Diskussion sei viel zu sehr auf Medizin und Pflege fokussiert. Nicht jede Vergesslichkeit sei gleich Demenz. Und wenn Fragen öfter wiederholt oder wenn Anwtworten vergessen würden sei jede Konfrontation mit demenzkranken Menschen zu vermeiden. Zweckmäßiges Handeln sei angeraten und: Trost solle gespendet werden. Dabei könnten BeraterInnen bei Pflegestützpunkten helfen. Dr. Verena Wetzstein von der Katholischen Akademie in Freiburg prangerte die Dämonisierung von Demenz in der Öffentlichkeit als "tot bei lebendigem Leib", "menschenunwürdiges Siechtum " oder "Jahrhundertkrankheit "an. Betroffene würden stigmatisiert, "lieber tot als dement". Frau Wetzstein berichtete vom freundschaftlichen Verhältnis zwischen dem Theologen Hans Küng und dem Philosophen Walter Jens. Beide seien einmal für aktive Sterbehilfe eingetreten. Fünf Gründe gebe es, dem entschieden zu widersprechen. Die Würde des Menschen mit Demenz sei unantastbar. Die Demenz ändere nichts am würdevollen Dasein des Menschen, der immer in Beziehungen lebe. Der Mensch sei zwar ein vernunftbegabtes Wesen, müsse diese Vernunft aber nicht immer ausüben.Der Körper gelte zu Unrecht oft als "biologisches Beiwerk", die Vernunft werde dagegen überhöht. Demenz sei ein Leben in Beziehungen- Menschen mit Demenz zeigten, dass wir aufeinander angewiesen sind. "Menschliches Leben hat immer ein Gegenüber!". Es gehe darum den Menschen in seiner Veränderung anzunehmen. Christlich gesprochen: eine Hinwendung zu den Armen. Eine besondere Sorge gelte den Angehörigen, die einschneidende Veränderungen in ihren Beziehungen zu ertragen hätten. Gesellschaftliche Rahmenbedingungen müssten so geschaffen werden, dass gutes Leben mit Demenz möglich sei. Die Aktion "demenzfreundliche Kommune" sei ein richtiger und wichtiger Schritt in diese Richtung. Zuguterletzt müsse ein Mentalitätswandel herbeigeführt werden."Es geht um unser Miteinander und wie wir es gestalten wollen". Wetzstein forderte eine "UN-Menschenrechtskonvention für Demenzkranke". Andrea Paolozzi berichtete von ihrer praktischen Arbeit im Pflegestützpunkt Mayen. "Anerkenung, Zuneigung, Trost und Beruhigung, also Liebe pflegender Angehöriger und deren Partner ist das Wichtigste! ." In der von Heinz-Peter Rüffin vom Hospizverein Westerwald aus Montabaur moderierten Diskussion wollten die Zuhörer wissen,ob und wie die Kirchengemeinde helfen kann. Einige Besucher des Akademietags ergänzten eigene Erfahrungen im Umgang mit Demenzkranken. "Mein Nachbar hat micht über Jahre immer zum Geburtstag besucht,. Seit er an Demenz erkrankt ist kommt er nicht mehr". (Artikel von Andreas Krisam, SWR)