Literaturgeschichte I_Rohrwasser Claudia Max Matr. Nr. 0501492 WS

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Literaturgeschichte I_Rohrwasser
Claudia Max
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WS 2009/ 2010
1. Einheit 08.10.2009
Behandelter Zeitraum: von 1880 bis zur Gegenwartsliteratur
Kanon = gesellschaftlicher Konsens; historisches Produkt, welches sich ändern kann
1880 kann als Zäsur gesehen werden und als Beginn von Naturalismus und
Symbolismus. Der Höhepunkt des poetischen Realismus war 1880 bereits
überschritten worden. Wir haben in der Literatur ein nebeneinander. Im Naturalismus
soll die Wirklichkeit in all ihren Facetten dargestellt werden. Beim Symbolismus ist der
Wortklang wichtig und welche Magie sich in der Sprache entfaltet. Er verzichtet auf die
mimetische Darstellung, ist an anderen Effekten interessiert. Das Motto hier ist: Literatur
genügt sich selbst, ist nicht irgendwelchen Anordnungen unterworfen. Literatur will nicht
belehren, unterhalten, begeistern (l’art pour l’art = Kunst um der Kunst willen). Der
Bürgerlicher Realismus vor 1880 diente nicht als Widerspiegelung der Wirklichkeit,
sondern stellte sie dar wie sie sein sollte. Diese Denkweise/ Darstellungsweise wird
durch den Naturalismus verabschiedet.
Eine neue Position des Schriftstellers tritt hervor. Der Bedeutungsverlust wird
kompensiert  „Ich bin Priester in einem elitären Kontext und dichte für wenige
Auserwählte“. Wichtig hier zu nennen ist Stefan George er übersetzt Charles-Pierre
Baudelaire, aber nur jene Werke die ihm zugetan sind, nichts Morbides.
zu den Gedichten:
(1) Stefan George: Gemahnt dich noch ….
Hier wird jemand angesprochen, der dem Kindesalter bereits entwachsen. Ein junger
Mann ca. 25, wird von einem noch älteren angesprochen. Der Junge soll sich an die Zeit
erinnern als er noch als Knabe unterwegs war, wie er einem Schmetterling nachgejagt
hat und dann Müde von der Jagd sich an einem Weiher ausgeruht hat.
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In der 3. Strophe passiert der entscheidende Moment. Schwan schwimmt rüber und legt
dem Jüngling seinen Hals in die Hand, daran möchte der Alte ihn erinnern. Erster
Eindruck für den Schwan: Unschuld und Idylle, trägt auch ein gefährliches Element in
sich  die Auslieferung.
Symbol des Schwans: Zeus verwandelt sich in einen Schwan und vergewaltigt Leda,
daraus wird Helena (Rachefigur für die Vergewaltigung ihrer Mutter, treibt im
trojanischen Krieg zahlreiche Männer in den Tod) gezeugt.
Homoerotischer Moment: Hals in die Hand legen
 Priesterliche Weihe, Männerkult, die Jünglinge die mit seinem Meister (George)
wandern, Hugo von Hoffmannsthal der auserwählte Jüngling von George;
männerbündische erotische Aufladung; Elitedenken ist wahrnehmbar
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte das etwas wässrig-klassizistische Ideal
des Münchner Kreises um Emanuel Geibel und Paul Heyse dominiert; von ihnen und
vom vulgären Naturalismus distanzierte sich George mit Verve. Sätze wie: »In der
Dichtung ist jeder der noch von der sucht ergriffen ist etwas >sagen< etwas wirken zu
wollen nicht einmal wert in den Vorhof der Kunst einzutreten« und: »Den wert der
Dichtung entscheidet nicht der sinn sondern die form«, bilden den Kern seiner aus dem
französischen Symbolismus übernommenen Kunstdoktrin des »l'art pour l'art« .
Bezeichnend für seinen Kunstwillen ist die Partialität, mit der er sich ihre Themen und
Stoffe aneignete: alles Hässliche wurde rigoros ausgeschieden; Aufnahme fand nur das
Sittlich-Schöne, das geistig-seelische Erhebung gewährte. Geistiges Haupterlebnis des
jungen George war neben der Beziehung zu den Symbolisten der Einfluss Friedrich
Nietzsches.
Zwei elitäre Lyriker (Hofmannsthal, Rilke) entdecken das Thema der Armut, der
Unterschicht. Bei welchen der Beiden rückt dieses Thema mehr in den Vordergrund.
(2) Hugo von Hofmannsthal: Manche freilich müssen drunten sterben
(Schicksalslied)
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(3) Rainer Maria Rilke: Sieh, sie werden leben und sich mehren
Ein sehr biblischer Ton in diesem Gedicht. Die Armen haben gelitten, aber es wird ihnen
gut gehen. Deutet auf die Verkündung von Erlösung und Gerechtigkeit in der Zukunft
hin. Sie sind die Auserwählten. Die Armen werden getröstet und es wird ihre Zeit
kommen. Das Rollengedicht richtet sich an die Armen. Die Armen sind ausgeruht, alle
anderen haben sich abgearbeitet. Christliche Trostmetaphorik, dass die Armen im
Himmelreich gesegnet werden. Verhöhnung, dass die Armen ausgeruhte Hände haben.
Literarische Moderne beginnt vielleicht schon in der Frühmoderne, nicht erst 1880. Vor
allem mit Baudelaire, Rilke und Hoffmannsthal sind schon in einer Tradition drinnen (in
einer europäischen).
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Sprachmagie: Sprache soll man selber sprechen lassen. Das gab es nicht immer. Erst
um 1850/80. Von den
Merseburger Zaubersprüche bis Barock/ Romantik geht
Sprachmagie.
Die europäische Moderne beginnt mit Baudelaire. Das Schlagwort der Modernität von
Baudelaire geprägt. Edgar Allen Poe: Der Rabe. Das ist moderne Dichtung. Vereinigt
Poesie und Reflexion. Philosoph und Kulturkritiker. In der Tradition von Baudelaire steht
Rilke. Nicht mehr durchgehender Text/ Erzählung. Empfindsamer/Sensibler Mensch in
der Großstadt. „Der Albertross“ von George. Bild des Dichters von George und
Baudelaire. Die Fleurs du Mal sind keine dunkle Lyrik. Sie fassen ihre abnormen
Bewusstseinslagen, ihre Geheimnisse und Dissonanzen in verstehbare Verse. Auch die
Dichtungstheorie Baudelaires ist durchaus klar. Indessen entwickelt sie Einsichten und
Programme, die, von seiner eigenen Lyrik nicht oder nur in Ansätzen verwirklicht, dem
bald nach ihm einsetzenden dunklen Dichten vorarbeiten. Es handelt sich dabei in der
Hauptsache um die beiden Theorien der Sprachmagie und der Phantasie. Dichtung,
insbesondere romanische, kannte schon immer Augenblicke, in denen der Vers sich zu
einer Eigenmacht des Tönens hob, die zwingender wirkte als sein Gehalt. Klangfiguren
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aus wohlabgestimmten Vokalen und Konsonanten oder aus rhythmischen Parallelen
verzaubern das Ohr. Doch hat älteres Dichten in solchen Fällen nie den Gehalt
preisgegeben, eher danach getrachtet, ihn eben durch die Klangdominante in seiner
Bedeutung zu steigern. Beispiele aus Vergil, Dante, Calderön, Racine sind leicht zu
finden. Seit der europäischen Romantik treten andere Verhältnisse auf. Verse
entstehen, die mehr tönen als sagen wollen. Das Klangmaterial der Sprache erhält
suggestive Gewalt. Im Verein mit einem zu assoziativen Schwingungen gebrachten
Wortmaterial erschließt es eine traumhafte Unendlichkeit. Man lese Brentanos Gedicht,
das mit dem Vers beginnt: Es will nicht eigentlich mehr verstanden, sondern als tönende
Suggestion aufgenommen werden. Stärker als bisher scheiden sich in der Sprache die
Funktion der Mitteilung und die Funktion, ein unabhängiger Organismus musikalischer
Kraftfelder zu sein. Aber die Sprache bestimmt auch den dichterischen Prozess selbst,
der sich den in ihr liegenden Impulsen hingibt. Die Möglichkeit ist erkannt, ein Gedicht
durch eine Kombinatorik entstehen zu lassen, die mit den tönenden und rhythmischen
Elementen der Sprache schaltet wie mit magischen Formeln. Aus ihnen, nicht aus der
thematischen Planung, kommt dann sein Sinn zustande - ein schwebender,
unbestimmter Sinn, dessen Rätselhaftigkeit weniger von den Kernbedeutungen der
Worte verkörpert wird als vielmehr von ihren Klangkräften und semantischen
Randzonen. Diese Möglichkeit wird in der modernen Poesie zur beherrschenden Praxis.
Der Lyriker wird zum Klangmagier. Die Erkenntnis von der Verwandtschaft zwischen
Poesie und Magie ist zwar uralt. Doch musste sie neu erworben werden, nachdem
Humanismus und transalpiner Klassizismus sie verschüttet hatten. Das erfolgte seit dem
endenden 18. Jahrhundert und führte in Amerika zu den Theorien E. A. Poes. Sie
empfahlen sich dem anwachsenden, spezifisch modernen Bedürfnis, Dichtung ebenso
zu intellektualisieren wie an archaische Praktiken anzuschließen. Die Nähe, indie schon
Novalis Begriffe wie Mathematik und Magie zueinander rückt, wenn er von Dichtung
spricht, ist ein Symptom solcher Modernität. Wir finden die beiden Begriffe von
Baudelaire bis zur Gegenwart, wenn die Lyriker über ihre Kunst nachdenken. Baudelaire
hat Poe übersetzt und ihm dadurch jene Wirkung mindestens in Frankreich gesichert,
die bis ins 20. Jahrhundert hinein andauert, worüber allerdings angelsächsische Autoren
- zuletzt Eliot - sich zu wundern pflegen. In Betracht kommen hier Poes beide Aufsätze
A Philosophy of Composition und The Poetic Principle. Es sind Denkmäler einer
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künstlerischen Intelligenz, die ihre Ergebnisse aus der Beobachtung eigenen Dichtens
gewinnt. Sie verkörpern jenes Zusammentreffen von Dichtung und ranggleicher
Reflexion über Dichtung, das ebenfalls ein wesentliches Symptom der Modernität ist.
Baudelaire hat den ersten Aufsatz vollständig übertragen, den zweiten in Auswahl. Ihre
Theorien hat er sich ausdrücklich zu eigen gemacht. Sie können daher auch als die
seinen angesehen werden. Der Einfall Poes besteht darin, dass er die von der älteren
Poetik angenommene Reihenfolge der dichterischen Akte umkehrte. Was Resultat
scheint, die , ist der Ursprung des Gedichts; was Ursprung scheint, der , ist Resultat.
Den Anfang des dichterischen Prozesses bildet ein der sinnhaltigen Sprache
vorausgehender, insistierender, ein gestaltloses Gestimmtsein. Um ihm Gestalt zu
geben, sucht der Autor nach denjenigen Lautmaterialien der Sprache, die einem
solchen Ton am nächsten kommen. Die Laute werden an Worte gebunden, diese
schließlich zu Motiven gruppiert, aus denen, als Letztes, ein Sinnzusammenhang
hergestellt wird. Hier ist zur folgerichtigen Theorie erhoben, was bei Novalis ahnender
Entwurf war: Dichtung entsteht aus dem Impuls der Sprache, die, ihrerseits dem
vorsprachlichen gehorchend, den Weg weist, auf dem sich die Gehalte einfinden; die
Gehalte werden nicht mehr zur eigentlichen Substanz des Gedichts, sondern sind
Träger der Tonmächte und ihrer bedeutungsüberlegenen Schwingungen. Poe zeigt,
dass z. B. das Wort in einem seiner Gedichte seine Existenz der unstrengen Assoziation
aus voraufgegangenen Versen, aber auch seinem Klangreiz verdankt. Kurz danach
beschreibt er die - ohnehin beiläufige -Gedankenführung als eine bloße Suggestivität
des Unbestimmten, weil auf diese Weise die Tondominante gewahrt und nicht von einer
Sinndominante um ihre Wirkung gebracht wird. Solches Dichten versteht sich als
Hingabe an magische Sprachkräfte. In der Zuweisung eines nachträglichen Sinnes zum
primären Ton hat es von mathematischer Präzision> zu sein. Das Gedicht selbst ist ein
in sich geschlossenes Gebilde. Es vermittelt weder Wahrheit noch Trunkenheit des
Herzens>, vermittelt überhaupt nichts, sondern ist: the poem per se. Mit solchen
Gedanken Poes ist diejenige moderne Dichtungstheorie begründet, die später um den
Begriff der poesie pure kreisen wird. Wahrscheinlich haben Novalis und Poe die Lehren
der französischen Illuminaten gekannt. Von Baudelaire wissen wir es. Zu diesen Lehren
gehört eine spekulative Sprachtheorie: das Wort ist nicht menschliches Zufallserzeugnis,
sondern entspringt dem kosmischen Ur-Einen; sein Aussprechen bewirkt magischen
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Kontakt des Sprechers mit solchem Ursprung; als dichterisches Wort taucht es die
trivialen Dinge wieder in das Geheimnis ihrer metaphysischen Herkunft und stellt die
verborgenen Analogien unter den Seinsgliedern ins Licht. Da Baudelaire mit diesen
Gedankengängen vertraut war, musste ihm die Übernahme der vermutlich aus den
gleichen Quellen angeregten Dichtungslehren Poes naheliegen. Auch bei ihm hören wir
von der Notwendigkeit des Wortes, in einem Satz, den später Mallarme zitieren wird: .
Die Formel kehrt häufig wieder, auch auf die bildenden Künste bezogen. Sie ist
Ausdruck eines im Vorstellungsbereich der Magie und der sekundären Mystik stehenden
Denkens. Wendungen wie, sind nicht minder häufig. Und schließlich stellt sich ein
weiteres Stichwort ein: Suggestion; wir haben es später zu erörtern. Es verschlägt
nichts, dass die Fleurs du Mal nur an wenigen Stellen solche reine Sprachmagie walten
lassen, etwa in Form ungewöhnlicher Reimhäufungen, Fernassonanzen, Tonbögen,
sinnlenkender, nicht sinngelenkter Vokalabfolgen. In den theoretischen Erörterungen ist
Baudelaire sehr viel weiter gegangen. Sie deuten auf eine Lyrik voraus, die zugunsten
der magischen Klangkräfte zunehmend auf sachliche, logische, affektive und auch
grammatische Ordnung verzichtet und sich aus den Impulsen des Wortes Gehalte
zuwerfen lässt, die durch planende Überlegung nicht gefunden worden wären. Es sind
Gehalte abnormen Sinnes, an der Grenze oder jenseits der Grenze des Verstehbaren.
Hier schließt sich der Ring, hier zeigt sich eine weitere Folgerichtigkeit in der Struktur
der modernen Lyrik. Ein Dichten, dessen Idealität leer ist, entrinnt dem Wirklichen durch
Erzeugen einer unfasslichen Geheimnishaftigkeit. Um so mehr kann es sich durch die
Sprachmagie unterstützen lassen. Denn mittels Operieren in den Klang- und
Assoziationsmöglichkeiten des Wortes werden weitere sinndunkle Gehalte entbunden,
aber auch geheimnisvolle Zaubermächte des reinen Tönens.
(1) Richard Dehmel: „Der Arbeitsmann“ (1896)
Volksliedton wird wahrgenommen. Schlicht gebaut. Simpel in der Ideenführung und
bescheiden in der Forderung. Es geht hier um die Wirkung. Dehmel gehört in die Reihe
von Rilke, Hofmannthal rein, Jugendstil. Wird in der Zeitschrift Simplicissimus
veröffentlicht.
Harmloses
Gedicht
das
es
auch
Wirkung
anlegt.
In
der
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Sozialdemokratischen Bewegung ist dieses Gedicht umstritten gewesen. Zwei Stimmen:
Ist endlich ein Dichter der dem Volk aus dem Mund spricht. vs. Kein Kämpfer, hat dem
Proletariat nichts zu sagen. 3. Strophe: Ein Unwetter zieht auf, gesellschaftliches
Gewitter. Klage gegen die lange Arbeitszeit. Arbeitsmann ein antiquiertes Wort für diese
Zeit. Man durchaus einen kämpferischen Ton in dem Gedicht wahrnehmen. Den Zensor
davon ablenken soll, dass der achtstunden Tag befürwortet wird.
Nebeneinander von Symbolismus und Naturalismus.
Im Naturalismus kommt es zum Versuch der Verwissenschaftlichung von Literatur.
Schlagworte wie Darwinismus und Vererbungslehre stehen im Vordergrund. Diese
naturwissenschaftlichen Erkenntnisse werden in die Literatur eingearbeitet. Liberale
Anthropologie spielte eine zentrale Rolle in der Literatur. Themen sind unter anderem
eine als idealistisch zu verstehende Vorstellung von Selbstbestimmung und die daraus
resultierende Aufwertung von Personen welche mit schwierigen Startbedingungen
konfrontiert sind. Schlagworte hierbei sind Urbanisierung und Soziale Misere. Dem
Naturalismus voraus geht der so genannte Poetische Realismus, welcher auf ein
bürgerliches Publikum zugeschnitten ist. 1885/90 setzt diese neue Strömung des
Naturalismus ein. Polemiken gegen das Bestehende gehen einer neuen literarischen
Strömung voraus. Gegen das literarische System wird polemisiert. Hochblüte haben
Ende des 19. Jhdt. die Familienblätter. Sie bieten für jeden etwas, sind einigermaßen
unpolitisch und zielen auf ein breites Publikum ab. Sie zählen zur Unterhaltungsliteratur
auch eine Konjunktur von Novellen ist zu erkennen. Eine Diffusion in Familienblätter
findet statt. Gegen Unterhaltungszeitschriften polemisiert der Naturalismus und gegen
eine historisierende Lyrik. Emmanuel Geibel und Heyse sind wichtige Vertreter bei den
Nachahmern der Klassik und Romantik gegen welcher der Naturalismus angeht. Der
Naturalismus polemisiert gegen bestehende Literatur. Ein Schulterschluss zwischen
Staat und literarischer Produktion findet statt. Politische Situation: Deutsches
Kaiserreich wird 1871 gegründet. Das was ein Staat nicht hat, wird literarisch
beschworen. Aufkommen der Massenparteien, die für das Entstehen des Naturalismus
wichtig sind. Es ist sozial engagierte und politische Literatur, welche damals veröffentlich
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wurde. 1890 naturalistische Literatur kommt mit Gesetzt in Konflikt. Auch Hauptmann,
hat ein Jahr vor Veröffentlichung „Vor Sonnenaufgang“ im Exil in der Schweiz gelebt.
Naturalismus kann als ein Demokratisierungsschub von Literatur verstanden werden.
Seine Ideen werden hauptsächlich in Zeitschriften verbreitet. Um die Zensur zu
umgehen, hat man Theatervereine gegründet. So konnte man naturalistische
Aufführungen sehen. Otto Brahm gilt als wichtiger Vertreter. Freie Volksbühne Berlin.
Zwei Effekte: man konnte Zensuren umgehen, Aufführungen waren nicht öffentlich
zugänglich,
Eintrittsgelder
waren
dadurch
niedrig
gewesen.
Die
Naturalisten
protestierten dabei gegen soziale Missstände, gegen den deutschen Obrigkeitsstaat,
waren aber prinzipiell von pessimistischer Grundhaltung, zeigten keine Lösung,
vermittelten keine Hoffnung. Sie verstanden sich trotz aller Nähe zu sozialen Themen,
trotz aller Sympathie für die Sozialdemokratie nicht als politische Bewegung mit
Programm, konkreten Zielen und mit Strategien. Der Naturalismus war in erster Linie
eine bürgerlich-intellektuelle, vorwiegend literarische Protestbewegung.
Der Naturalismus hat eine kritische Beziehung zum Historismus. Der Naturalismus ist
dem Realismus verwandt, beide haben dieselben geistigen und sozialen Wurzeln. Die
Naturalisten versuchten aber, die Grundideen des Realismus konsequent zu Ende zu
denken, sie empfanden sich als radikaler.
Diejenige Wissenschaft, von der man im 19. Jh. annahm, dass sie die Realität einzig
richtig erfasse, war die Naturwissenschaft. Mithin musste sie nach Meinung der
Naturalisten auch zur Grundlage der Kunst werden. Der Literaturtheoretiker Wilhelm
Bölsche
drückte
es
in
seinem
Buch,
das
den
bezeichnenden
Titel
„Die
naturwissenschaftlichen Grundlagen der Poesie“ (1887) trug, folgendermaßen aus:
„Der Dichter ... ist in seiner Weise ein Experimentator, wie der Chemiker, der
allerlei Stoffe mischt, in gewisse Temperaturgrade bringt und den Erfolg
beobachtet. Natürlich: der Dichter hat Menschen vor sich, keine Chemikalien.
Aber... auch diese Menschen fallen ins Gebiet der Naturwissenschaften. Ihre
Leidenschaften, ihr Reagieren gegen äußere Umstände, das ganze Spiel ihrer
Gedanken folgen gewissen Gesetzen, die der Forscher ergründet hat und die der
Dichter bei dem freien Experimente so gut zu beachten hat, wie der Chemiker,
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wenn er etwas Vernünftiges und keinen wertlosen Mischmasch herstellen will, die
Kräfte und Wirkungen vorher berechnen muss, ehe er ans Werk geht und Stoffe
kombiniert.“
Ziel
sei
es,
„zu
einer
wahren
mathematischen
Durchdringung
der
ganzen
Handlungsweise eines Menschen zu gelangen und Gestalten vor unserm Auge
aufwachsen zu lassen, die logisch sind, wie die Natur.“
Der wichtigste Theoretiker des Naturalismus, Arno Holz, fasste das Problem in eine
Formel (Dichtungstheorie): "Kunst=Natur-x". Das "x" sei das Material der Kunst, ihre
Reproduktionsbedingungen, im Falle der Dichtung also die Sprache und die
dichterischen Formen. Das "x" müsse möglichst nach Null tendieren, die Literatur also
die Wirklichkeit möglichst exakt abbilden. Ein weiterer Verfechter des Naturalismus,
Michael Georg Conrad, forderte 1885 von der Literatur: "Treue Wiedergabe des Lebens
unter strengem Ausschluss des romantischen, die Wahrscheinlichkeit der Erscheinung
beeinträchtigenden Elementes; die Komposition hat ihren Schwerpunkt nicht mehr in der
Erfindung und Führung einer mehr oder weniger spannenden, den blöden Leser in Atem
haltenden Intrigue (Fabel), sondern in der Auswahl und logischen Folge der dem
wirklichen Leben entnommenen Szenen..."
Als Natur, Wahrheit, Leben bezeichneten die Naturalisten die Realität, so wie sie sie
sahen. Sie folgten in ihrer Sicht den Theorien des französischen Historikers und
Philosophen Hippolyte Taine (1828-1893). Er verstand den Menschen als gesetzmäßig
bestimmt, als 'determiniert', von Vererbung, Milieu und historischer Situation. Die
Naturalisten interessierten sich demnach für diejenigen Bereiche, in denen die
Determiniertheit ihrer Meinung nach am krassesten zum Ausdruck kam und die vom
bürgerlichen Bewusstsein damals in der Regel verdrängt wurden: die soziale Frage, die
Exzesse der Großstadt - Alkoholismus, Geschlechtskrankheit, Kriminalität-, die
Zerrüttung von Familie und Ehe, sei es durch die Verlogenheit der Reichen, sei es durch
die Not der Armen.
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Figur des Dichters
Rolle des Schriftstellers. Was ist dem Dichter seit 1848 widerfahren. Eine Deklassierung
beginnt in den 40er Jahren. Mit der Philosophie des Fortschritts mit Hegel. Kunst wird
verschwinden und Wissenschaft wird diesen Platz einnehmen. Verwissenschaftlichung
des Denkens. Dichter wird bedeutungslos. Nicht mehr gleiche Bedeutung wie in der
Aufklärung. Positivistische Kategorien mit denen das künstlerische Potential abgewertet
wird. Illusionäre Emanzipation von Bewegungen. Man rettet sich in eine auserwählte
elitäre Position. Literatur wird eine Ware. Wird auf einem Markt gefragt und ist Angebot
und Nachfrage unterworfen. „In der Prosa liegt das Geld“. Literarischer Markt braucht
verkäufliche Ware. Elitäre Abwendung, man will nicht für den Markt produzieren.
Naturalismus wird als eine Epoche gesehen die parallel läuft und auch noch nicht den
Namen trägt. Bezeichnen sich selbst als Radikale Realisten. Der Naturalist zielt auf
Wirkung ab, will provozieren. Will Wirkung mit der Literatur erzielen. Als Beispiel kann
Hauptmanns „Die Weber“ genannt werden: hatte eine große Wirkung, viele gehen
danach auf die Straße demonstrieren gegen die Arbeitszeit. Die Menschen sind vom
Elend erschüttert. Frühe Arbeiterbewegung. Naturalismus und Sozialdemokratie
gehören zusammen.
Mit welcher Sprache, Vokabular wird der neue Blick auf das Elend gerichtet. Der
Schriftsteller als der kalte Beobachter. Literatur wird zu einem sozialkritischen
Experiment. Wir als Autoren sind die Experimentatoren. Èmile Zola einer der wichtigsten
Vertreter bei dem Versuch der Erfassung von Wirklichkeit, welche sie gleichzeitig
verändern wollen. Maschinen- und Menschenwelt gehen ineinander. Um 1900 ist Jungle
der Begriff für das Großstadtleben. Im Naturalismus gibt es wenig Gedichte, hier finden
wir mehr Romane. Die höchste Gattung des Naturalismus ist der soziale Roman. Die
Hinwendung zum Roman hat etwas mit der Wahrnehmung des literarischen Marktes zu
dieser Zeit zu tun. Ökonomische Faktoren bestimmten Gattungstheorie. Literarischer
Markt bevorzugt Zeitschriften in der hauptsächlich Novellen verkauft werden.
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Zola durch Comte (betreibt Sozialdarwinismus) geprägt. Die Induktion ist die einzig gute
Erkenntnismöglichkeit. Wir beschäftigen uns mit dem was ist nicht mit dem was sein
könnte. Von der Einzelerscheinung folgern wir auf allgemeine Erscheinungen. Trias
Rasse, Milieu, Zeit. Hier schon frühe Rassentheorien erkennbar. Darwin spielt hier im
Hintergrund eine große Rolle. Emile Zola, der letzte der großen französischen
Romanciers des 19. Jahrhunderts, ist der Begründer und wichtigste Theoretiker des
literarischen Naturalismus, mit seinem Gesamtwerk auch der bedeutendste Autor dieser
Richtung in der europäischen Literatur. Seinen literarischen Durchbruch erreichte er mit
dem »Experimentairoman« Therese Raquin, dessen drastische Wirklichkeitsschilderung
des täglichen, privaten und sozialen Lebens den gängigen Realismus in der Nachfolge
Honore de
Balzacs weit übertraf und den eigenen Weg zur naturalistischen
Darstellungsweise programmatisch vorbereitete. Drei Jahre später erschien Das Glück
der Familie Rougon, der erste Roman des sorgfältig geplanten Romanzyklus Die
Rougon-Macquart, den Zola 22 Jahre später mit dem zwanzigsten Band (DoktorPascal,
1893) abschloss und der bis heute seinen Nachruhm sichert. Zolas zweites historisches
Verdienst war sein couragierter Einsatz für die Rehabilitierung des 1897 wegen
Landesverrats zu lebenslanger Haft verurteilten jüdischen Hauptmanns Alfred Dreyfus.
Der unter dem Originaltitel J'accuse... berühmt gewordene Offene Brief an den
Präsidenten der französischen Republik führte unmittelbar zur Gründung der Liga für
Menschenrechte und schließlich zur vollen Rehabilitierung des zu Unrecht Verurteilten.
Zola hingegen wurde wegen Unbotmäßigkeit zu einjähriger Haft verurteilt, der er sich
durch die flucht nach England entzog. Bei seiner Rückkehr wurde er vom Volk begeistert
gefeiert. Sein Leichnam ruht seit 1908 im Pantheon, dem Ehrentempel der größten
Persönlichkeiten der französischen Nation. Mit Die Rougon-Macquart setzte Emile Zola
dem monumentalen Zyklus Die menschliche Komödie von Honore de Balzac ebenso
planvoll und ehrgeizig einen Romanzyklus entgegen, in dem erstmals nicht die
persönliche Komödie oder Tragödie des Lebens im Vordergrund stand, sondern die
Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft bzw. in der Masse. Durch diesen
Perspektivwechsel erschloss der Autor dem Roman Themen und Ausdrucksformen, die
bis dahin als unerwünscht, sogar als tabu galten. Diese Innovation ging in die
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Literaturgeschichte unter der Bezeichnung Naturalismus ein. Aufbau: Der Untertitel des
Zyklus, Natur- und Sozialgeschichte einer Familie unter dem Zweiten Kaiserreich, lässt
klar Zolas naturwissenschaftliche, ja analytische Betrachtungsweise erkennen und
steckt den zeitlichen Rahmen ab: Ihn interessiert das natürliche, wahre Dasein in der
Gegenwart, das von Egoismus, Besitzgier und rücksichtslosem Machtstreben
beherrscht wird; Kaiser Napoleon 111. selbst ist das Vorbild dafür. Es sind die
politischen Vorgänge, die sozialen Bedingungen sowie die Errungenschaften der neu
entwickelten Wissenschaften mit all ihrem Für und Wider, die über Wohl und Wehe des
Individuums, ob Arm oder Reich, bestimmen. Deshalb hat der Autor die neu
aufgekommene
Philosophie
des
Positivismus
studiert,
die
Vererbungs-
und
Evolutionstheorie von Charles Darwin, die Lehre von Karl Marx, und er konfrontiert die
Mitglieder der beiden Stammfamilien seines Zyklus mit den geistigen und handfesten
Konsequenzen dieses Fortschritts. Inhalt: Die Handlung beginnt 1851 mit dem
Staatstreich Napoleon Bonapartes und der gleichzeitigen Wende im Leben der Familien
Rougon und Macquart. Der Weg der großbürgerlichen Rougons führt eine Zeitlang steil
nach oben, wenn auch oft auf krummem Weg, während einige der kleinbürgerlichen
Macquarts ins Proletariat absteigen. Jene Teile des Zyklus, die vor allem der saturierten
Rougon-Klasse gewidmet sind, lassen noch die Nachbarschaft von Balzac-Clans
erkennen. In eine für die Geschichte der Romanliteratur neue Umwelt fuhren dagegen
die Macquart-Bände, z.B. Der Totschläger und Germmal. Die schonungslosen,
detailversessenen
Milieuschilderungen
aus
Pariser
Elendsquartieren
und
die
Beschreibung eines blutig beendeten Bergarbeiterstreiks im nordfranzösischen
Kohlenrevier erschüttern noch heute, und die in Nana beschriebene Karriere einer
Straßendirne in der Gefahrenzone zwischen Kriminellen unter den Brücken und jenen in
den Stadtpalais hat zeitlose Gültigkeit. Bezeichnenderweise endet beinahe jeder Band
mit einem seherischen Zukunftsbild. Zola ahnt das lnfemo der Materialschlachten eines
ersten Weltkrieges voraus und den Aufstand der Massen gegen totalitäre Regime.
Germinal schließt mit der Warnung: Bald wird dieses Keimen die Erde sprengen, und
der letzte Band des Zyklus, Le docteur Pascal, mit der Hoffnung auf eine von der
fortschreitenden
Evolution
zur Erkenntnis der wahren
Lebenswerte
geleiteten
Menschheit von morgen. Wirkung: Kurz nachdem 1893 der letzte der 20 RougonMacquart-Bände erschienen war, betrug die französische Gesamtauflage bereits eine
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halbe Million Exemplare, und es lagen Übersetzungen in allen Kultursprachen vor. Der
von Zola ins Leben gerufene Naturalismus inspirierte weniger die nachwachsende
Erzählergeneration als die Dramatiker. Die überragenden Beiträge zur naturalistischen
Weltliteratur lieferten vorwiegend Bühnendichter wie Henrik Ibsen, August Strindberg
und Gerhart Hauptmann.
(2) Arno Holz: Papa Hamlet
Im Naturalismus kam eine neue Technik auf alles Mögliche zu erfassen. Eine
fotographische Realitätserfassung auch Sekundenstil genannt trat in den Vordergrund.
Phonographische exakte Wiederholung von Geräuschen wurde bevorzug. Dialekte
waren vorherrschend in den Erzählungen.
Vater der Moderne nannte ihn 1963 Helmut Heißenbüttel. Gemeint war damit der
Vertreter des konsequenten Naturalismus, aber mehr noch der Verfasser einer
Revolution der Lyrik und der Phantasus-Gedichte. Theorie und Praxis waren bei Holz
immer eng verbunden. Nach Versuchen mit konventioneller Lyrik, Emanuel Geibel war
sein Vorbild, wurde Holz in den 80er Jahren zu einem engagierten Vertreter einer
modernen, sozialkritischen Dichtung. Junge Schriftsteller, die sich aus der Provinz nach
Berlin gezogen fühlten, diskutierten über eine neue realistische Kunst. Waren die
meisten Mitglieder dieser Berliner Literatenzirkel Studenten der Universität, die zum Teil
noch bei Wilhelm Scherer die Grundzüge einer positivistischen Literaturtheorie
kennengelernt hatten, so war Holz ein Autodidakt. Aus einer mittelständischen Familie
stammend, hatte er zwar das Gymnasium besucht, musste es aber als bereits i8jähriger
Untersekundaner verlassen. Zunächst versuchte er, sein Geld als Journalist zu
verdienen, entschied sich aber bald für eine freie Schriftstellerexistenz. Holz hat immer
wieder über die schwierige materielle Situation geklagt, denn von seinen Werken konnte
er
nicht
gut
leben.
Da
gab
es
kleine
Literaturpreise,
Stipendien,
teure
Subskriptionsbände seiner Werke und nicht zuletzt Spenden, die Freunde für ihn
öffentlich einforderten. Franz Mehring hat von einem hässlichen Spiel mit einem großen
Talent gesprochen. Holz blieb während seines ganzen Schriftstellerlebens in Berlin, da
er sich als Großstadtdichter fühlte. Großen Widerhall fand er seit Mitte der 80er Jahre in
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einem Kreis junger Intellektueller, der das Theater revolutionieren wollte. Als 1889 der
Theaterverein Freie Bühne und 1890 die gleichnamige Zeitschrift gegründet wurden,
war Holz dabei. Er beschäftigte sich mit den Werken der französischen Positivsten, der
englischen Empiristen und setzte sich mit Emile Zolas Theorie auseinander. So wurde
er bald der theoretische Kopf der Berliner Naturalisten. Seine Studien befruchteten die
Zusammenarbeit mit Johannes Schlaf, mit dem Holz eine Reihe von Prosaskizzen
herausgab. So ungewöhnlich solche Gemeinschaftswerke in der Geschichte der
Literatur sind, so sind sie doch ein Ausdruck des gemeinsamen Aufbruchwillens, der die
jungen Naturalisten erfasst hatte. Die Werke von Holz und Schlaf wurden zum Inbegriff
eines konsequenten Naturalismus, der mit Beobachtungsintensität und naturgetreuer
Nachahmung der Dichtung neue Darstellungsweisen erschloss, deren Wirkung über die
sozialkritische Literatur der 20er Jahre bis zur Dokumentarliteratur der Gegenwart zu
verfolgen ist. Der Theoretiker Holz hat mit seiner Programmschrift des Naturalismus Die
Kunst. Ihr Wesen und ihre Gesetze zudem sein berühmtes und so missverständliches
Kunstgesetz
verkündet:
Kunst
=
Natur
-
x.
Holz
war
eine
ungewöhnlich
ausstrahlungsstarke und dominierende Persönlichkeit, die gern andere Menschen um
sich scharte und eine Kreisbildung versuchte. Solche Bindungen - u.a. mit Gerhart
Hauptmann und Paul Ernst - waren anregend und belastend zugleich. Besonders
Johannes Schlaf hat diese intensive Freundschaft bald als Bürde empfunden und sich in
einen hässlichen Streit um den individuellen Anteil am gemeinsamen Werk eingelassen.
Auch H. gab bei dieser um 1900 öffentlich geführten Diskussion kein gutes Bild ab. Für
den Naturalismus insgesamt wurde allerdings Gerhart Hauptmann im Laufe der 90er
Jahre zum Repräsentanten. Enttäuscht hat sich Holz, der in Hauptmann nur seinen
»Schüler« sah, von der naturalistischen Bewegung abgewandt und in der satirischen
Komödie Sozialaristokraten mit den ehemaligen Berliner Freunden abgerechnet.
Während Holz in der Folgezeit versuchte, seine Existenzsicherung durch bewusst
publikumsbezogene Theaterstücke zu betreiben, entfaltete er zugleich in der Lyrik seine
stärkste Kraft. Hier zeigte er sich als ein besessener Autor, der seine Werke immer
wieder überarbeitete. So geriet der Phantasus im Laufe der Jahrzehnte zu einem
Riesen-Phantasus-Nonplusultra-Poem, das durch Wortreihung und Klangmalerei, durch
bewusste Rhythmisierung und vor allem durch eine eigenwillige graphische Gestaltung
überraschte: die Verse sind an einer imaginierten Mittelachse ausgerichtet, von der die
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Wortgruppen symmetrisch nach beiden Seiten ausschwingen. Ebenso überbordend und
wortverliebt zeigte sich Holz als Satiriker und Parodist, wenn er z.B. in der
Blechschmiede moderne und traditionelle Lyrikformen virtuos zur Verspottung der
literarischen Tradition einsetzt oder in Dafnis. Lyrisches Porträt aus dem 17. Jahrhundert
die erotische Lyrik des Barock imitiert.
Symbolismus
1886 druckte die Pariser Zeitung te Figaro ein Manifest des symbolisme von Jean
Moreas ab. Die neue Kunstrichtung setzte sich von der Wissenschaftlichkeit und dem
Materialismus des Naturalismus ab und kann als eine Fluchtbewegung vor der
Hässlichkeit
und
den
Problemen
von
Industrialisierung,
Verstädterung
und
Proletarisierung angesehen werden. Das von Moreas formulierte Credo der Symbolisten
lautete: Die Idee muss mit einer sinnlichen Form bekleidet werden. Dies beinhaltete die
Schilderung von Seelenlandschaften und transzendenten Wirklichkeiten in freien
Versen. Vorbilder waren die etwas älteren Dichter Baudelaire, Arthur Rimbaud und Paul
Verlaine . Autoren: Den Mittelpunkt der Bewegung bildete der Salon von Stephane ->
Mallarme. Dort verkehrten auch zahlreiche junge belgische Dichter wie Maurice
Maeterlinck, Georges Rodenbach und Emile Verhaeren . Maeterlinck wurde nach dem
als sensationell empfundenen Stück Prinzessin Maleine zum herausragenden
Dramatiker des Symbolismus. Mit Essays wie Ruysbroeck der Große oder Einführung in
eine Traumpsychologie trug er außerdem entscheidend zur theoretischen Fundierung
der Bewegung bei. Die symbolistischen Dichter unterhielten enge Kontakte mit den
Malern dieser Richtung wie Edward Burne-Jones , Odilon Redon und Felicien Rops. Mit
Gegen den Strich schrieb Joris-Karl Huysmans den wichtigsten symbolistischen Roman
und nahm intuitiv eine ganze Reihe späterer Erkenntnisse der Psychologie vorweg.
Inhalt: Herzog Jean Floressas des Esseintes ist der einzige Held des Romans. Der
letzte
Spross
einer
dekadenten
Familie
beschließt,
nach
einem
kurzen,
ausschweifenden Leben auszusteigen. Er lässt sich auf dem Land einen Elfenbeinturm
bauen, der kostbar ausgestattet wird. Des Esseintes lebt in völliger Abgeschiedenheit
seinen Spleen aus. Er stellt exotische Blumensträuße und abenteuerliche Parfüme
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zusammen, genießt feinste Gerichte und alte Portweine, ergötzt sich an Gemälden und
Zeichnungen der Symbolisten Gustave Moreau und Odilon Redon, liest die altrömische,
dekadente Literatur, den flämischen Mystiker Jan van Ruysbroek, Arthur Schopenhauer
sowie die Avantgardisten Charles Baudelaire, Stephane Mallarme und Paul Verlaine . In
seinen Träumen kommen wüste Orgien und perverse Halluzinationen vor. Die Nerven
von Des Esseintes, dessen Vorbild der Dandy Robert de Montesquiou war, sind ständig
angespannt. Allmählich geht er an seinem Kult der Künstlichkeit zu Grunde. Nach einem
Nervenzusammenbruch schickt der Arzt den Neurotiker zur Kur nach Paris. Des
Esseintes graust vor dem normalen Leben unter gewöhnlichen Sterblichen, die er
verachtet. In einem Stoßgebet bittet er Gott um Beistand. Aufbau: Die Handlung in
Gegen den Strich ist sehr spärlich; es gibt nur einen einzigen Dialog zwischen Des
Esseintes und einer Nebenfigur. Im Vordergrund steht allein die akribische
Beschreibung des Dekors und des Seelenlebens der Hauptfigur. Seine Darstellung der
überspannten Gefühlswelt untermauert Huysmans mit präzisen wissenschaftlichen
Kenntnissen; die Werke der erwähnten Schriftsteller werden wörtlich zitiert, Künstler und
Forscher namentlich genannt. Wirkung: Gegen den Strich wurde auf Anhieb zum
Kultroman. Die Zuspitzung auf das Psychologische wurde von Marcel Proust und den
Surrealisten aufgegriffen. Die karge, fast statische Handlung galt noch den Vertretern
des Nouveau Roman als vorbildlich.
Andere Bewegung: Decadence (= Verfall)
Dekadenzdichtung ist die vage und umstrittene Bezeichnung für eine Vielzahl an
literarischen Strömungen und Einzelwerken um die Jahrhundertwende (1900), deren
Gemeinsamkeit in ihrer entschiedenen Ablehnung des Naturalismus liegt. Allgemeines
Kennzeichen ist eine Überfeinerung im Sinne einer subjektivistisch-ästhetizistischen
Kunst- und Weltanschauung, die zu einer bewusst antibürgerlichen, antimoralischen,
antirealistischen und antivitalen Selbstbestimmung führt.
Diese Überfeinerung wurde als Symptom einer Zeit kulturellen Verfalls gedeutet und
spätestens seit Nietzsche Gegenstand einer polemischen Zeitkritik. Die Bezeichnung
Décadence wurde eingeführt von dem französischen Dichter Paul Verlaine. Dieser hat
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von sich selbst gesagt: „Je suis l'Empire à la fin de la Décadence.“ Dies heißt: „Ich bin
das Empire am Ende der Dekadenz.“ Mit Empire ist das französische Kaiserreich seit
Napoléon Bonaparte (premier empire) bis zu Napoléon III (second empire) gemeint, das
1870 im Krieg gegen Deutschland seine Niederlage erlitt. Während vor allem in der
französischen Literaturszene die Sensibilität von Dichtern wie Baudelaire gegenüber
dem Sublimen, Rauschhaften, Stimmungsvollen und Morbiden zeitweise gefeiert wurde,
veranschaulicht Nietzsche in Der Fall Wagner (1888) sein Negativurteil über eine
moderne 'Nervenkunst' als Erschöpfung und Auflösung. Spengler führte dieses
alarmistische Geschichtsbild in Der Untergang des Abendlandes (1918) fort.
Empfindsamkeit wird erst in der Krankheit/ Perversion zur Geltung gebracht, war ein
Motto der Decadence. Wichtige Vertreter waren unter anderem:
Joris-Karl Huysmans (1848-1907) gehörte zu den Begründern des Symbolismus und
prägte maßgeblich das Bild vom Fin de Siecle. Mit seiner Konzentration auf Psyche und
Dekor wirkte er noch auf den Nouveau Roman stilprägend. 1871 gründete er einen
Literatenzirkel, dem u.a. Charles Baudelaire, Gustave Flaubert und Emile Zola
angehörten. Sein erster Roman Marthe (1876) schildert noch naturalistisch eine
unglückliche Liebe. Mit dem Roman Gegen den Strich wandte Huysmans sich dem
Ästhetizismus zu. 1891 schilderte er in Tief unten die diabolischen Abgründe des
Seelenlebens. Noch während Huysmans Orgien feierte, wurde er zum glühenden
Katholiken. Mit Durchs Kloster in die Welt zurück begann eine Reihe von Romanen, die
die neukatholische Literatur begründeten. Bis zuletzt blieb Huysmans eine gespaltene
Persönlichkeit, war zu-gleich Laienbruder in einem Benediktinerkloster und Präsident
der Academie Goncourt in Paris. Auch als bedeutender Kunstkritiker konnte er sich
einen Namen machen. Weitere wichtige Werke: Lá-Bas, Á Rebours.
Dt-sprachiger Vertreter der Decadance und des Satanismus: Stanislaw Przybyszewski
Die von Nietzsche beschriebene und kritisierte „dekadente“ Sensibilität zeigte sich um
die Jahrhundertwende in den Werken Rainer Maria Rilkes, Arthur Schnitzlers, Thomas
Manns, und im Frühwerk Hugo von Hofmannsthals, der sich später davon distanzierte.
Gautier und Baudelaire hatten die Décadence zu einer eigenständigen künstlerischen
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Position aufgewertet. Die so verstandene Entwicklungslinie setzte sich von der
negativen Einschätzung der Kulturkritik Montesquieus, Rousseaus und Nietzsches ab.
In der von unterschiedlichen Autoren getragenen Haltung bezog sich der Begriff nun auf
eine antibürgerliche Auflehnung gegen die als mal du siècle verstandene Langeweile
des Zeitalters. Diese Einstellung war durch überreizte, extravagante Sinnlichkeit, Lust
am Untergang und eine postulierte, amoralische Verwandtschaft von Eros und Thanatos
gekennzeichnet.
Thomas Mann betrachtete den „dekadenten“ Ästhetizismus aus kritisch-ironischer
Distanz und charakterisierte ihn etwa in der Gestalt des feinsinnigen, aber bis zur
Lächerlichkeit lebensuntüchtigen Detlev Spinell in seiner Novelle Tristan.
In seinem ersten Roman Buddenbrooks wurde das Zentralthema der Dekadenz schon
im Untertitel deutlich: Verfall einer Familie. Der bei Nietzsche charakterisierte
Doppelaspekt der Dekadenz – biologischer Verfall bei geistiger Verfeinerung – wird in
der Figur des Knaben Hanno Buddenbrook ausgeführt. Er ist der letzte, kränkliche und
künstlerisch veranlagte Spross der Familie, deren Entwicklung über vier Generationen
geschildert wird: Die zunehmende Sensibilität wird mit dem Scheitern in der
Lebenswirklichkeit erkauft. Schon sein Vater, der Senator Thomas Buddenbrook, der die
Gefahr in der Natur Hannos erkennt und dem die Welt der dekadenten Musik Richard
Wagners im Grunde fremd ist, wird am Ende des Romans vom rauschhaften
Pessimismus Schopenhauers erschüttert und stirbt etwas später.
In Manns konservativen und zivilisationskritischen Betrachtungen eines Unpolitischen
bezog sich der Verehrer Nietzsches erneut auf dessen doppelte Perspektive: Aus dem
Lebensgefühl der décadence zu kommen und diese gleichzeitig überwinden zu wollen:
„Ich gehöre geistig jenem über ganz Europa verbreiteten Geschlecht von Schriftstellern
an, die, aus der décadence kommend, zu Chronisten und Analytikern der décadence
bestellt, gleichzeitig den emanzipatorischen Willen zur Absage an sie … mit der
Überwindung von Dekadenz und Nihilismus wenigstens experimentieren.“
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