AUF DEM BREITEN WEG GEN HIMMEL? Das menschliche

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AUF DEM BREITEN WEG GEN HIMMEL?
Das menschliche Bestreben die Welt in Gut und Böse, in Richtig und Falsch, in gläubig und
ungläubig zu teilen ist wohl nicht tot zu kriegen. Eines der Blüten dieses Denkens sind die sog. ZweiWege-Bilder, die eine klare Trennung zwischen den
Frommen und den Verdammten darstellen sollen.
Erstaunlicherweise stellen die Künstler den Eingang zum
'frommen' Weg schäbig und unansehnlich dar, setzen das
Törchen sogar in eine Stacheldraht bewehrte Mauer. Dabei
glaube ich aus der Bibel ersehen zu können, dass der sog.
Schmale Weg in der Mitte des
breiten Weges liegen muss.
Letztens hörte ich eine Predigt
über den schmalen Weg, der zur
Seligkeit führt und den breiten Weg,
auf dem die Massen der ewigen
Verdammnis
entgegenstreben.
Mt.7,13+14 spricht diesbezüglich auch
eindeutige Worte: „Gehet ein durch die
enge Pforte. Denn die Pforte ist weit,
und der Weg ist breit, der ins
Verderben führt, und viele sind es, die da hineingehen. Aber
die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben
führt, und wenige sind es, die ihn finden!“. Künstler haben sich
dieses Themas angenommen (Links ein Bild von Charlotte
Reihlen) und versucht Texte der Bibel bildlich umzusetzen.
Holger Klaewer (Bild rechts) versah die Mauer mit dem Tor
zum Reich Gottes sogar mit einem Stacheldraht. Soweit so gut.
Aber dann machte der Pastor in seiner Predigt eine Aussage, die mich stutzig machte. Er sagte, man
könne jederzeit zwischen den Wegen hin und her wechseln. Es soll möglich sein mit einem Schritt von der
Zugspitze nach München zu gelangen? Das erschien mir dann doch sehr weit hergeholt. Also begann ich
über die beiden Wege nachzudenken. Irgendetwas schien hier nicht zu stimmen. Würden die Bilder die
Realität wiedergeben, läge der Moment der unverrückbaren Entscheidung am Anfang. Denn die beiden Tore
bilden die Anfangspunkte der Wege, deren einer nach unten und der andere nach oben führt.
Doch in Jesu Gleichnis mit dem Kornfeld wird deutlich gezeigt, dass das Unkraut gemeinsam mit dem
guten Getreide aufwächst und die Trennung erst während der Ernte stattfindet. Auch bei den Menschen wird
erst am Jüngsten Tag sichtbar, welchen Weg sie gegangen sind. Bis dahin ist alles gemischt. Also befindet
sich das enge Tor durch das JEDER hindurch muss am Ende. Bei Jesu Wiederkunft trennen sich erst die
Wege, vorher nicht.
Doch wieso soll der schmale Weg in der Mitte liegen?
Früher konnte man sich grundsätzlich zwischen zwei Reisewegen entscheiden: den Land- und den
Wasserweg. Zu Lande war der Weg zwar häufig kürzer aber dafür umso beschwerlicher! Der Vorteil lag in
den vielen Landmarken (Berge, Täler, Ebenen, Flüsse, Wälder und Städte), die dem Reisenden den Weg
wiesen. Auf dem Wasser war das anders. Mangels GPS fand man sich auf diesen endlosen Meeren nicht so
gut zurecht und verlor sehr schnell die Orientierung. Damit waren zwei Extreme vorgegeben: Der
beschwerliche Landweg und der orientierungslose Wasserweg. Kluge Kapitäne nutzten die Landmarken
UND die Weite des Meeres, indem sie immer in Sichtweite des Landes blieben. So fanden sie sicher ihren
Heimathafen wieder und konnten mit weniger Aufwand mehr Ladung gefahrloser transportieren.
Die rechte Seite des breiten Weges ist die Orientierungs- und Hindernisfülle zu Lande. Jeder Schritt
ist beschwerlich, aber man meint immer zu wissen, wo man sich befindet. Die linke Seite des breiten Weges
ist die Orientierungslosigkeit und Hindernisfreiheit des Meeres. Man genießt alle Freiheiten und fühlt sich
völlig ungebunden. Erst wenn Essen und Trinken knapp werden beginnt man über den wahren Wert dieser
Freiheit nachzudenken. Einzig der schmale Weg nutzt die Vorteile beider Wege, Orientierungsfülle bei
größtmöglicher Hindernisfreiheit, immer wissen wo man ist und doch die schier grenzenlose Freiheit
genießen. Geriete man zu nah an das Land könnte man leicht zerschellen und mutiges auf das Meer
hinauswagen könnte den totalen Verlust der Orientierung bedeuten und eine Rückkehr zum Heimathafen
unmöglich.
So sehe ich auf der seinen Seite die Menschen, die sich ohne Gott in der Freiheit wiegen und bei
Erblicken von Land sich engeschränkt sehen und sofort kehrt machen, um in der Weite ihr Heil zu suchen.
Auf der anderen Seite sind all die frommen Menschen, die sich das Leben wegen dem Bedürfnis nach klarer
Orientierung durch Regeln schwer machen und recht verbissenen dreinblicken. In der Mitte sieht man
entspannte Menschen, die die endlose Freiheit genießen, weil sie mit einem Auge immer die Regeln im
Visier haben. Unverkrampft und doch klar auf das Ziel ausgerichtet, das sind die Menschen auf dem
schmalen Weg.
Unser gesamtes Leben besteht aus schmalen Wegen. In der Musik (ein bisschen daneben und Deine
Fußnägel kräuseln sich), beim Autofahren (ein bisschen zu schnell und man hat eine nette Ergänzung fürs
Familienalbum; oder ein bisschen zu weit nach links und es kracht), beim Kegeln (ein bisschen daneben und
man hat 'ne Pumpe), beim Radio (ein bisschen daneben und man hört Radio Vatikan). Das optimale Leben
findet zwichen Zuviel und Zuwenig statt.
Also bis bald dann ...
...auf dem schmalen Weg zum Tor des Lebens
Reinhard Seidel
10.03.2004
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