Die Geschichte des Kongo Erkundung und Annexion Ohne ein eigenständiges und funktionstüchtiges Staatswesen, das groß genug war, um den zunehmenden Aktivitäten der europäischen Kolonialmächte im Kongobecken Paroli zu bieten, war Zentralafrika weitgehend wehrlos. Mit dem beginnenden 18. Jahrhundert konnte so der Sklavenhandel durch Europäer, Afroaraber und einiger afrikanischer Völker ungestört und systematisch ausgebaut werden. Vom Anfang des 16. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurden zwischen 13 und 20 Millionen Menschen aus Afrika als Sklaven verschifft, davon ca. fünf Millionen von der Küste des Kongos und Angolas − ein ungeheurer Verlust, der große Teile der Region sozial und wirtschaftlich verwüstete. Zwar existierten bis zum Ende des 19., teils Anfang des 20. Jahrhunderts weiterhin Königreiche im Kongo, etwa im Nordosten das Königreich der Mangbetu (1815 – etwa 1895) und im Norden das Sultanat der Zande (1860 – etwa 1912). Diese aber hielten sich nur mit europäischer Duldung als entweder abhängige und tributpflichtige Vasallenstaaten oder kleinste Einheiten in den Gegenden, die für die Europäer bis zur vollständigen Bereisung noch terra incognita waren. Henry Morton Stanley Seit dem ersten Kontakt mit dem Kongo 1482 durch Diogo Cão hatten die Europäer sich auf die Ausbeutung des Landes als Sklavenlieferant beschränkt. Fast 400 Jahre lang ließen sich europäische Händler nur an den Küsten des Kontinents nieder, wo sie sich von afroarabischen und afrikanischen Zwischenhändlern Sklaven anliefern ließen, aber mit der sukzessiven Abschaffung der Sklaverei Mitte des 19. Jahrhunderts ging selbst dieses Interesse zurück. So blieb das Innere des Kontinents den Europäern lange verborgen. In den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts war es David Livingstone, ein schottischer Missionar, der als erster mit dem Kongobecken die küstenfernen Regionen des Kongo erforschte. Bei einer weiteren Expedition galt er 1866 als verschollen. Der ihm vom New York Herald nachgesandte britische Journalist Henry Morton Stanley (1841–1904) machte sich 1867 auf die Suche nach ihm und fand ihn am 10. November 1871 in Ujiji nahe dem Tanganjika-See, dessen Nordende sie in der Folge gemeinsam erkundeten. Stanley war zwar weitgereist, in Zentralafrika aber war er zum ersten Mal. Freimütig gestand er: „Ich verabscheue dieses Land von Herzen“, was ihn nicht daran hinderte, seinen Namen untrennbar mit dem des Kongo zu verknüpfen. Stanley erforschte den Verlauf des Kongo-Flusses von 1874 bis 1877 und war damit der erste Europäer, der den Kongo umfassend bereiste. Belgische Kolonialherrschaft [Bearbeiten] Kongo-Freistaat Stanleys Ziel war, mit seinen Expeditionen den Kongo dem britischen Kolonialreich anzugliedern. Da Stanley einen zweifelhaften Ruf hatte, als Amerikaner galt und die allgemeine Stimmung in Großbritannien eher gegen Kolonien war, lehnte die britische Regierung eine Übernahme des Kongo ab. Der belgische König Leopold II. jedoch war von dem Gedanken an ein Kolonialreich seit langem fasziniert. Bereits im September 1876 veranstaltete er eine große geografische Konferenz in Brüssel, bei der es um die Erforschung des Kongos ging und gründete gleichzeitig eine philanthropische Gesellschaft zur Erforschung des Kongo, das Comité d’Études du Haut-Congo (1882 in Association Internationale du Congo umbenannt). Leopold wollte die Gelegenheit des britischen Desinteresses nutzen, umwarb Stanley regelrecht und schloss mit ihm endlich 1878 eine für fünf Jahre geltende Übereinkunft: Stanley sollte das Land aufkaufen und die unschiffbaren Katarakte am Fluss mit Straßen umgehbar machen, Leopold würde sich um den staatsrechtlichen Teil kümmern. Stanley erhielt große Summen Geldes von Leopold dafür, musste jedoch auch zusätzliche Mittel zur Finanzierung der Expedition einwerben. So ging er z. B. auf Vortragsreise und konnte sogar Missionsgesellschaften dazu bringen, Geld zu spenden. Leopold II. von Belgien Fünf Jahre lang war Stanley Leopolds Mann im Kongo. Offiziell trennten sich die Wege von Leopold und Stanley danach, doch heimlich stand Stanley weiter auf der Gehaltsliste des Königs. In Leopolds Auftrag gelang es Stanley, von 1879 bis 1885 durch 450 Kaufverträge für das Land rund um den Fluss mit verschiedenen Bantu-Häuptlingen weite Teile des Kongo zu „erwerben“. Ähnliches hatten zuvor schon die Spanier bei der Eroberung Mexikos getan. Die meist analphabetischen Häuptlinge, die juristische Papiere in einer ihnen unbekannten Sprache unterschrieben, konnten die Tragweite ihrer Tat natürlich nicht absehen. Die folgenreichste Klausel der Verträge besagte, „daß alle Arbeiten, Verbesserungen oder Expeditionen, welche die genannte Association zu irgendwelcher Zeit in irgendeinem Teil dieser Gebiete veranlassen wird, durch Arbeitskräfte oder auf andere Weise unterstützt werden“ sollten. Auf dieser Klausel fußte die Zwangsarbeit der Zukunft. Stanley ließ eine Straße von der Kongomündung bis zum Stanley Pool (heute Pool Malebo) bauen, von wo aus der Kongo schiffbar war. Kleine Dampfschiffe wurden stückweise dorthin geschafft und zusammengebaut. Stanley gründete eine Stadt, die er nach seinem Gönner Léopoldville nannte (heute Kinshasa). An 1500 Kilometern Flusslauf entlang wurden weitere Stationen geplant und gebaut. All dies, so wurde es nach außen dargestellt, im Dienste der Wissenschaft und im Kampf gegen die Sklaverei durch angebliche arabische Sklavenjäger. Durch all diese Aktivitäten konnten Stanley und Leopold zunächst ihren guten Ruf erhalten. 1884 nahm auch Stanley an der internationalen Kongo-Konferenz teil, die Otto von Bismarck in Berlin veranstaltete. Da auch in Belgien die Stimmung eher gegen Kolonien war, wurde Leopold der Kongo als Privatbesitz der belgischen Krone zugesprochen, mit der Verpflichtung „die Erhaltung der eingeborenen Bevölkerung und die Verbesserung ihrer sittlichen und materiellen Lebenslage zu überwachen, an der Unterdrückung der Sklaverei und des Negerhandels mitzuwirken“ und „religiöse, wissenschaftliche und wohltätige Einrichtungen und Unternehmungen zum Besten der Eingeborenen zu schützen“, demzufolge erklärte Leopold II. sich am 23. April 1885 zum Eigentümer des Kongo und erließ eine Verfassung für den Kongo-Freistaat. Dieser Status jenseits allen Völkerrechts war in der ganzen Kolonialgeschichte einzigartig. 1889 fand in Brüssel eine große Konferenz gegen die Sklaverei statt. Sklavenhändler waren mittlerweile traditionell Afroaraber, die Konferenz stellte also für die europäischen Teilnehmer kein Problem mehr dar. Leopold ließ Stanley auf dieser Konferenz auftreten, um seine Position auf der Konferenz zu festigen und gleichzeitig dem belgischen Parlament einen Kredit von 25 Millionen Franken zu entlocken. Das Riesenland, 75-mal größer als Belgien, wurde sukzessive kolonisiert und die bestehenden Bantureiche zerschlagen. Im Zuge der Inbesitznahme des Territoriums durch Belgien wurde auch die christliche Missionierung vorangetrieben, was zur Gründung von Schulen und Krankenstationen führte. 1891 erwarb das belgische Königshaus am Unterlauf des Kongo einen schmalen Zugang zum Atlantik und ließ Kautschukplantagen anlegen. Ein Jahr später wurde in der Provinz Katanga mit dem Abbau der Kupfervorkommen begonnen. Aus diesen und weiteren Wirtschaftszweigen (Elfenbein) wird ein Staatsmonopol und für die Bevölkerung die Zwangsarbeit verordnet. Die Erschließung des riesigen Kongo finanzierte König Leopold II. durch den Verkauf von Nutzungsrechten an Gesellschaften. Die Konzessionsfirmen verfolgten ihre wirtschaftlichen Ziele mit einer − auch für damalige Verhältnisse − beispiellosen Rücksichtslosigkeit. Zur bestmöglichen Ausbeutung des Bodens und der Rohstoffe griffen die Kolonialherren zum Mittel der Enteignung, zum Sammeln von Kautschuk, Palmöl und Elfenbein wurde die Bevölkerung ebenso wie zum Gütertransport und Wegebau zwangsweise eingesetzt. Zur militärischen Sicherung und Kontrolle der Indigenen wurde die Force Publique ins Leben gerufen. Zunächst wurden bevorzugt Hausa aus dem Zentralsudan angeworben, ab 1890 nahm der Anteil lokaler Rekruten schnell zu. Die Truppe war 1907 in 127 über mehrere regionale Zentren verteilte Kompanien, mit einer –selten erreichten– Sollstärke von zusammen 16.000 Mann, davon 360 europäischen Offizieren, gegliedert, und galt als undiszipliniert und schlecht ausgebildet. Die Truppe war mit Gewehren und Pistolen ausgestattet, dazu Maschinengewehre und Kanonen. Einer der größten Feldzüge war die Unterwerfung der Azande 1904/05 im Grenzgebiet zum anglo-ägyptischen Sudan, dem sogenannten Zandeland.[2][3] Belgisch-Kongo Die brutale Ausbeutung des Landes und der Bevölkerung des Kongo-Freistaates wurden als „Kongogräuel“ bekannt und führten um die Jahrhundertwende zu beträchtlichen Unruhen. In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts kam es zu internationalen Protesten, die zum Teil durch Berichte von Missionaren ausgelöst wurden, die von den Gräueltaten wie dem Sammeln abgehackter Hände berichteten. Auf Druck der öffentlichen Meinung musste Leopold II. 1904 eine Untersuchungskommission installieren. Nachdem die Kommission Sklavenhandel, Zwangsarbeit und weitere Missstände aufgedeckt hatte, sah sich der König zu Reformen gezwungen, die jedoch wenig wirksam waren. 1908 sorgten Berichte über die menschenunwürdigen Ausbeutungspraktiken als so genannte „Kongogräuel“ international für Aufsehen und Empörung, alarmierten die westlichen Nationen und zwangen Leopold endgültig zum Verkauf des Freistaates Kongo an den belgischen Staat. Am 15. November 1908 erfolgte die Umwandlung in die Kolonie Belgisch- Kongo. Die Verfassung, die Charte Coloniale, verbot jede politische Betätigung in der Kolonie und verfügte, dass die Regierungsmitglieder nicht gewählt, sondern ernannt werden. Auch die Zwangsarbeit, zu der die Kongolesen bisher unter belgischer Herrschaft verpflichtet waren, wurde am 22. März 1910 offiziell abgeschafft. Inoffiziell aber erwies sich diese Maßnahme als wirkungslos, die Unterdrückung der einheimischen Bevölkerung blieb erhalten. Zwischen 1880 und 1920 halbierte sich die Bevölkerung des Kongo, von den anfangs um 20 Millionen Einwohnern starben über 10 Millionen durch koloniale Gewaltverbrechen, Hunger, Entkräftung durch Überarbeitung und Krankheiten. Durch die Ausbeutung der Agrarerzeugnisse Kautschuk, Palmöl und Kaffee aus einer expandierenden Plantagenwirtschaft sowie der Bergbauprodukte Kupfer, Blei, Zink und Diamanten gelang es Belgien, sich in die Gruppe der erfolgreichen Kolonialstaaten einzureihen. Die mächtigen Konzessionsgesellschaften, allen voran die 1928 gegründete „Société Générale“, übten bis in die 1960er Jahre großen Einfluss auf die wirtschaftliche und politische Entwicklung im Kongo aus. Am 5. August 1914 begann der Erste Weltkrieg in Afrika. In der folgenden Auseinandersetzung zwischen (hauptsächlich) Großbritannien und dem deutschen Kaiserreich unterstützte Belgien ab Juni 1916 die britische Offensive in Deutsch-Ostafrika und besetzte Ruanda-Urundi (heute Ruanda und Burundi). Mit dem Versailler Vertrag verlor das Deutsche Reich 1919 völkerrechtlich die Kolonien in Ostafrika und Belgien erhielt die vorläufige Verwaltung über Ruanda-Urundi. 1920 und 1923 wurden die Länder offiziell belgisches Völkerbundsmandat und am 21. August 1925 als Mandatsgebiete Ruanda-Urundi administrativ der Kolonie Belgisch-Kongo angegliedert. Um den ihres Erachtens zur Rohstoff-Ausbeutung unterbesiedelten Kongo besser entwickeln zu können, beförderten die Belgier die Immigration insbesondere aus Ruanda, die bis in die Gegenwart für Konflikte insbesondere im Osten des Landes sorgt. Anfang bis Mitte der 20er Jahre entstanden einige Kulte, die sich in den Folgejahren erfolgreich unter der Bevölkerung etablierten und wegen ihres Rückgriffs auf afrikanische Traditionen und der Etablierung nationalistischer Ideen von der Kolonialverwaltung wohl zu recht als Gefahr erlebt wurden. Vor allem im um 1921 entstandenen prophetischen Kimbanguismus, der die Situation im Kongo mit der des alttestamentlichen Israel gleichsetzte und eine Art „Königreich Gottes auf Erden“ zu etablieren suchte, mit einer eigenständig afrikanischen Verwaltung auf christlichem Fundament, sowie dem um 1925 entstandenen Kitwala-Kult sah Belgien eine Bedrohung der Kolonialherrschaft, am 11. Februar 1926 wurde daher ein Verbot gegen alle afrikanischen, auch religiösen, Organisationen erlassen. Zugleich wechselte auch die Hauptstadt der Kolonie, die Verwaltung wurde von Boma nach Léopoldville, dem heutigen Kinshasa, verlegt. Aufschwung im Zweiten Weltkrieg Am 28. Oktober 1906 wurde das Unternehmen Union Minière du Haut Katanga gegründet, eine mächtige Monopolfirma. Sie gehörte zum größten belgischen Handelsunternehmen Société générale de Belgique, einem Konzern, der in den kommenden Jahren erheblichen Einfluss auf die Geschicke des Kongos gewann. Die Bergbau- und Finanzfirma wuchs im Boom der 30er und 40er Jahre zu gewaltiger Größe heran und organisierte die Ausbeutung und Plünderung des Kongo. Nach der Niederschlagung der Sezessionsbestrebungen in der an Mineralstoffen reichsten Provinz der Kolonie Katanga 1931 und durch den Zweiten Weltkrieg expandierte die Industrie des Kongo; insbesondere die Uran-, Kupfer-, Palmöl- und Gummiindustrie erlebte einen großen Aufschwung. Die kongolesische Armee nahm während des Zweiten Weltkriegs am Kampf gegen die Italiener in Nordafrika teil. Als Rohstofflieferant für die alliierte Kriegswirtschaft – unter anderem mit Uran für das US-amerikanische Atombombenprogramm – blühte der Kongo im Zweiten Weltkrieg wirtschaftlich auf. Entsprechend wurde die Infrastruktur zügig ausgebaut, die ersten Ansätze der Industrialisierung verstärkten die Verstädterungstendenzen. Die afrikanische Bevölkerung erhielt zwar eine Basiserziehung und medizinische Versorgung, wurde aber nicht an der Verwaltung beteiligt. So existierten bis in die fünfziger Jahre keine afrikanischen Führungsfiguren. Die Unzufriedenheit der modernen Afrikaner wuchs. Ruanda-Urundi wurde nach dem Ende des Kriegs am 13. Dezember 1946 als UN-Treuhandschaftsgebiet unter belgischer Verwaltung wieder administrativ vom Kongo getrennt und am 1. Juli 1962 in die Unabhängigkeit entlassen. Auf eine Rückführung der zahlreichen von den Belgiern als „Gastarbeiter“ in den Kongo geholten Ruander wurde dabei aber verzichtet. Jahrzehnte später, im Bürgerkrieg der 90er Jahre, wurden diese eine der Quellen ethnischer Unruhe im Osten des Landes. Nachkriegszeit [Bearbeiten] Auch in der Nachkriegszeit stieg die Produktivität der Kolonie anfangs weiter an, gleichzeitig aber ließ die autoritäre Kolonialpolitik Belgiens ab den 1950er Jahren den Widerstand der Kongolesen gegen die Fremdherrschaft erstarken. Dieser war allerdings weniger als nationalistische Unabhängigkeitsbestrebung des ethnisch heterogenen Kongo zu verstehen, sondern eher als eine gemeinsame antibelgische Bewegung. Um dieser zu entgegnen, initiierten die Belgier eine Reihe von Reformen, um dem Widerstand die Spitze zu nehmen. Am 8. Dezember 1957 nahmen so Kongolesen erstmals an den Kommunalwahlen teil und errangen 130 der 170 Sitze. Ab 1958 erlaubte Belgien die Gründung der ersten politischen Parteien, darunter die der beiden in der Zukunft wichtigsten Parteien, der bereits seit 1950 im Untergrund existierenden Abako (Association du Bas-Kongo) unter Joseph Kasavubu und am 10. Oktober 1958 des MNC (Mouvement National Congolais) unter Patrice Lumumba. Ein Kongress dieser sowie verschiedener ethnisch-regionaler Parteien und nationaler Bewegungen forderte 1959 die sofortige volle Unabhängigkeit des Kongo. In der Folge kam es zu Unruhen, auf die die belgische Regierung hart reagierte. Im Oktober 1959 wurde auch Lumumba verhaftet und gefoltert. Erst nachdem der belgischen Regierung klar wurde, dass sie die Kontrolle über das riesige Land nicht aufrechterhalten könnte, wurde er nach rund drei Monaten am 25. Januar 1960 freigelassen. Zwei Tage später, am 27. Januar 1960, kündigte Belgien Wahlen und Selbstverwaltung an und erklärte, dass es sich innerhalb von sechs Monaten aus dem Kongo zurückziehen werde. Das Versprechen wurde gehalten. Am 30. Juni 1960 erhielt der Kongo seine Unabhängigkeit, nachdem einen knappen Monat zuvor am 25. Mai 1960 der MNC in den ersten freien Wahlen des Kongo die meisten Stimmen auf sich vereinigt hatte. Unabhängigkeit „Kongo-Wirren“ Patrice Lumumba Der übereilte Rückzug Belgiens (nur die militärische Führung blieb in den Händen der Belgier) stellte die Unabhängigkeitsbewegung aber vor große Probleme, denn das Land war in einem äußerst instabilen Zustand. Regionale und ethnische Führer hatten teils mehr Macht als die Zentralregierung in Kinshasa. Dieser Zustand war durchaus von Belgien beabsichtigt: der zuständige belgische Kolonialminister August De Schryver vertraute im Herbst 1959 einem Gesprächspartner an, dass er darauf warte, im „entstehenden Chaos um Hilfe gerufen zu werden“ (nach Van Bilsen, 1994). Das Wahlergebnis hatte Lumumbas Mouvement National Congolais mit 33 von 137 Sitzen zur stärksten Fraktion des zersplitterten Parlaments gemacht. Dieses Ergebnis war von Belgien und den USA, die Lumumba als Kommunisten verdächtigten und eine Hinwendung des rohstoffreichsten und größten schwarzafrikanischen Landes zum kommunistischen Lager unter allen Umständen verhindern wollten, nicht erwünscht. Ihr Favorit war der eher gemäßigte Kasavubu. Zugleich zerbrach die bisher nur durch die Unabhängigkeitsbewegung zusammengehaltene Allianz, und interne Konflikte brachen auf. Patrice Lumumba wurde erster Ministerpräsident und Joseph Kasavubu erster Staatspräsident des Kongo. Sie repräsentierten völlig gegensätzliche politische Vorstellungen. Kasavubu, dessen Partei besonders im Bas-Congo stark war, verfocht eher föderalistische Bestrebungen, im Gegensatz zu Lumumba, der Zentralist war. Trotzdem bemühten sich beide, das Land trotz Meutereien, Aufständen und Gewalttätigkeiten zu regieren, obwohl es mit dem überstürzten Rückzug Belgiens und seiner Verwaltung fast unregierbar geworden war. Kaum ein Kongolese war übergangslos in der Lage, die ausgebildeten belgischen Beamten zu ersetzen. Weniger als 30 Kongolesen besaßen 1960 einen Universitätsabschluss. Unter den 4500 höchsten Beamten des Staates waren nur drei Afrikaner. Auch waren Afrikaner kaum im Besitz von Kapital. Ende der 1950er Jahre verfügten sie, die gut 99 % der Bevölkerung stellten, nur über 55 % der Löhne. Diese Entwicklung war von Belgien durchaus vorhergesehen worden, und man hoffte und erwartete in Brüssel, zu „Hilfe gerufen“ zu werden und sich den Kongo so wieder aneignen zu können. Bei diesem Unterfangen sollten die noch immer im Kongo stationierten belgischen Truppen helfen. Am 5. Juli erklärte der belgische General der Force Publique, Émile Janssens, den kongolesischen Soldaten in Kinshasa, dass „Nach der Unabhängigkeit = Vor der Unabhängigkeit“ sei. Dies wurde dahingehend verstanden, dass sich ihr Status und ihre Rolle nicht verbessern würden, sollte aber möglicherweise nur die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung von Disziplin und Ordnung betonen. Daraufhin kam es zu einer Meuterei, die sich innerhalb der nächsten Tage über das ganze Land ausbreitete und auch unter Zivilisten zu Aufständen führte. Als Ergebnis von Verhandlungen mit den Meuterern entschieden Lumumba und Kasavubu, den belgischen Oberbefehlshaber und seinen Stab zu entlassen. Als neuen Oberbefehlshaber ernannten sie Victor Lundula und als Stabschef Joseph Mobutu, was den bereits mit dem belgischen und dem US-Geheimdienst in Verbindung stehenden Mobutu neben dem schwachen Lundula in eine äußerst mächtige Position beförderte. Die Unruhen, die Afrikanisierung des Offizierskorps sowie das Angebot einer Arbeitsstelle in Belgien durch die belgische Regierung führten zu einer Massenflucht der Belgier, was den vollständigen Zusammenbruch der Zivilverwaltung bewirkte. Sezessionskrieg Moïse Tschombé proklamierte bereits einen Tag vor der Unabhängigkeit des Kongo, am 29. Juni 1960, die Unabhängigkeit der Provinz Katanga, und widerrief diese Erklärung erst unter Androhung seiner Verhaftung. Zwar hatte Tschombé die Erklärung der Unabhängigkeit widerrufen, keinesfalls aber von seinem Ziel, der Unabhängigkeit Katangas, Abstand genommen. Nur wenige Tage später, am 10. Juli, intervenierten belgische Truppen auf sein Ersuchen in Elisabethville, dem heutigen Lubumbashi, der Hauptstadt von Katanga. Am nächsten Tag erklärte sich Katanga für unabhängig, dabei wurde es von Belgien unterstützt, das in einem unabhängigen, gemäßigten Katanga die beste Möglichkeit für die Kontrolle über die rohstoffreichste Region des Kongo sah. Kasavubu und Lumumba ersuchten die UNO um Hilfe im „Krieg mit Belgien“. Zwar lehnte die UNO unter ihrem Generalsekretär Dag Hammarskjöld nicht ab und entsandte in ihrer ersten afrikanischen Mission ONUC auch Blauhelmsoldaten, die die belgischen Truppen im Kongo ablösten. Gleichzeitig arbeiteten sie aber den USA zu, die eine direkte Verwicklung in den Konflikt aus Sorge um eine Eskalation mit der UdSSR mieden, einen Kongo unter Lumumba aber nicht zu tolerieren bereit waren. So behinderte die UNO Kinshasa beim Versuch der Aufrüstung gegen Katanga, leitete vertrauliche Informationen an die USA weiter und erklärte sich im kritischen Sezessionskrieg zwischen Kongo und Katanga für neutral. Belgien wiederum stationierte die „freigewordenen“ Truppen aus dem Kongo in Katanga. Am 8. August erklärte sich mit Hilfe des belgischen Bergbaukonzerns Forminière auch die Bergbauprovinz Süd-Kasai unter Albert Kalonji für selbstständig. Am 25. und 26. August nahm die kongolesische Armee Süd-Kasai kurzzeitig ein und eroberte die Hauptstadt Bakwanga, Kalonji flüchtete nach Katanga und kehrte mit belgischen Verbänden nach Süd-Kasai zurück. Verteidigung und ein weiterer Angriff der Kongo-Armee missglückten. Bei den Militäroperationen der schlecht ausgerüsteten und undisziplinierten Armee kam es zu schweren Massakern an der Zivilbevölkerung, die ihre Ursache auch in den Methoden der „französischen Doktrin“ haben dürften, die vom kurzzeitig in Katanga dienenden französischen Oberst Roger Trinquier gelehrt wurden. Lumumbas Ende In dieser Situation bat Lumumba – wie zu erwarten war, vergebens – die USA um Hilfe und wandte sich dann mit seinem Hilfeersuchen an die UdSSR. Damit war er aus Sicht der USA endgültig als Kommunist diskreditiert. Präsident Eisenhower wies am 18. August die CIA an, Lumumba zu töten[4], in einem entsprechenden Telegramm vom 28. August an einen Agenten vor Ort schrieb Allen Dulles: „Wir haben beschlossen, dass die Beseitigung Lumumbas unser wichtigstes Ziel ist und dass dieses Ziel unter den gegebenen Umständen innerhalb unserer geheimen Aktion Priorität genießt.“. Ein entsprechender Versuch, Lumumba zu vergiften, scheiterte jedoch, und die Anweisung wurde von den kommenden Ereignissen überholt. Kasavubu, bedrängt von der UNO, den USA, Belgien und den sezessionistischen Provinzen, entließ am 5. September Lumumba als Premierminister. Das Parlament jedoch wies Kasavubus Antrag zurück, im Gegenzug entließ wiederum Lumumba Kasavubu, aber auch dieser Antrag scheiterte im Parlament. Am 13. September sprach das Parlament Lumumba erneut das Vertrauen aus, kurz darauf wurde er von seinem bisherigen Vertrauten, Armeestabschef Joseph-Désiré Mobutu, mit Unterstützung der CIA und der UN gestürzt. Kasavubu verblieb in seinem Amt als Staatschef, Lumumba jedoch wurde unter Hausarrest gestellt. Sein Stellvertreter, der Vize-Premierminister Antoine Gizenga, wich am 14. Oktober gemeinsam mit Teilen der legalen Regierung nach Stanleyville (heute: Kisangani) aus, proklamierte am 13. Dezember eine lumumbistische Gegenregierung und besetzte mit Unterstützung des von Mobutu entlassenen Generals Victor Lundula und Teilen der Armee die Ostprovinzen Kivu und Orientale. Diese Regierung konnte ihren Einflussbereich zeitweise bis ins nördliche Katanga ausdehnen. Am 24. November jedoch erkannte die UNOVollversammlung auf massiven Druck der USA die Regierung unter Kasavubu als legitime Regierung des Kongo an, womit Lumumbas Absetzung auch international anerkannt worden war. Drei Tage später, am 27. November, gelang Lumumba die Flucht aus dem Hausarrest in Kinshasa, er wollte nach Kisangani, um dort zu Gizenga zu stoßen. Obgleich die Bevölkerung ihn auf der Flucht unterstützte, wurde er nach vier Tagen Suche von CIA, belgischem Geheimdienst und Mobutus Truppen bei Mweka wieder festgenommen und nahe Kinshasa nach Thysville in ein Militärlager gebracht, aus dem er nicht mehr fliehen konnte. Die Jahreswende jedoch brachte die Allianz aus Belgiern, Amerikanern, UNO und Mobutu in Schwierigkeiten: Die Lumumbisten unter Gizenga in Kisangani errangen Erfolg auf Erfolg und kontrollierten fast das halbe Land, am 9. Januar besetzten sie sogar das nördliche Katanga. Zusätzlich gelang es Lumumba im Militärlager Thysville einen Teil der Soldaten auf seine Seite zu bringen. Nachdem diese eine Meuterei begannen, befürchtete Belgien eine erneute Flucht Lumumbas, und der belgische Afrika-Minister Harold d'Aspremont Lynden beschloss seine Ermordung in Gang zu setzen. Dafür flog man Lumumba am 17. Januar 1961 in einer DC4 der Sabena nach Katanga aus, formal als „Auslieferung“ an Tschombé bezeichnet. Unterwegs bereits wurden Lumumba und seine beiden Begleiter schwer gefoltert und in der folgenden Nacht in Katanga von einem belgisch-kongolesischen Kommando erschossen. Fünf Tage später fuhr ein rein belgisches Kommando erneut in die Savanne zum Hinrichtungsplatz, exhumierte die Leichen, hackte sie in Stücke und löste sie in Schwefelsäure auf. Bürgerkrieg Im Februar 1961 entließ Präsident Kasavubu das von Mobutu während des Putsches eingesetzte Kommissarskollegium und installierte eine neue Regierung unter Premierminister Joseph Ileo, Mobutu zog sich auf seine militärische Funktion zurück. Nachdem im Dezember die Sezession Kasais endete und am 16. Januar 1962 Kongo- und UN-Truppen Kisangani, die Hauptstadt der lumumbistischen Regierung, eingenommen hatten und Antoine Gizenga verhafteten, beherrschte Kasavubu fast den ganzen Kongo, bis auf das weiterhin sezessionistische Katanga. Neuer Premierminister war jetzt Cyrille Adoula. Allerdings hatten weder Belgien noch die USA ein weiteres Interesse an unabhängigen Provinzen und entzogen Katanga ihre Unterstützung, mit Hilfe der UNO-Blauhelme endete auch die staatliche Eigenständigkeit Katangas im Januar 1963 und Tschombé ging nach Spanien ins Exil. 1964 endete die UNO-Mission im Kongo und die Blauhelme zogen ab, auf Druck europäischer Länder und der USA beauftragte Präsident Kasavubu Tschombé mit der Regierungsbildung. Unmittelbar darauf begannen Aufstände verbliebener lumumbistischer Verbände mit dem Ziel, Belgier und Amerikaner aus dem Kongo zu vertreiben. Insbesondere der Simba-Rebellion 1964 unter maßgeblicher Beteiligung Laurent Kabilas konnte zwar gemeinschaftlich von Belgiern, Amerikanern und der kongolesischen Armee unter Tschombé mit der Operation Dragon Rouge und Dragon Noir niedergeschlagen werden, der Bürgerkrieg währte jedoch weiter. Die zweiten Parlamentswahlen im Mai 1965 fanden in einem vom Krieg traumatisierten und zerrissenen Land statt. Tschombé gelang es, ein Parteienbündnis zu schmieden, das ihm tatsächlich an die Macht half, aber Kasavubu weigerte sich, den Sieger Tschombé mit der Regierungsbildung zu beauftragen und berief am 13. Oktober stattdessen Évariste Kimba (1926–1966). Dessen „Wahl“ jedoch wird am 14. November vom Parlament abgelehnt, der Staat war wie 1961 blockiert, eine Situation, die Mobutu zum Anlass nahm, sich am 24. November zum zweiten Mal und diesmal endgültig an die Macht zu putschen. Mobutu Sese Seko Mobutus Putsch bedeutete das Ende der Demokratie und den Beginn seiner mehr als drei Jahrzehnte währenden Diktatur, die sich als eines der brutalsten und korruptesten Regimes des nachkolonialen Afrika erweisen sollte. Zur Festigung seiner noch jungen Herrschaft benutzte er eine Kombination aus Gewalt, Korruption und der frühzeitigen Ausschaltung möglicher alternativer Machtzentren, eine Kombination, die für seine ganze weitere Herrschaft prägend blieb. Anders als die bisherigen Politiker des jungen Landes fand er seine Machtbasis nicht in einer Partei oder einer Ethnie (also in irgendeiner Weise dem „Volk“), sondern im von ihm kontrollierten Militär und in seinem Verbündeten, den USA. Zugleich hatte er in den Jahren seit der Unabhängigkeit ein weit reichendes Netz aus Kontakten, Allianzen, Verbindungen und Verpflichtungen im Apparat des Staates und darüber hinaus aufgebaut, die ihn fast unangreifbar für seine Gegner machten und ihm ermöglichten, in den kommenden Jahren seine Gegner nach und nach auszuschalten. Ironischerweise war es gerade diese Unangreifbarkeit, die ihn anfangs im Volk beliebt machte, denn nach der Kolonialzeit, den enttäuschten Hoffnungen der Unabhängigkeit und den Jahren des Bürgerkriegs wollten die Menschen nur noch Frieden und begrüßten daher anfangs Mobutus „Säuberungen“. Konsolidierung und „Authenticité“ [Bearbeiten] Nachdem er das Land „befriedet“ hatte, begann Mobutu mit der Festigung seiner Herrschaft. Er löste die Regionalparlamente auf, verbot alle ethnischen Organisationen und für die Dauer von fünf Jahren jedwede politische Betätigung. Am 22. März 1966 machte er den Militär Léonard Mulamba zum Premier, erhob sich selbst zum Präsidenten und übernahm alle gesetzgeberische Macht. Er ließ Evariste Kimba und mehrere Minister der legalen Regierung als „spektakuläres Exempel“ (Mobutu) hinrichten. Tschombé und Kasavubu stellte er vorläufig still, um so eine mögliche zukünftige Opposition zu „enthaupten“. Tschombé war wieder in Spanien im Exil und wurde in Abwesenheit als Hochverräter verurteilt. Kasavubu wurde abgesetzt, er zog sich in sein Heimatdorf zurück. Sein Amt nahm Léonard Mulamba ein. Tschombé und Kasavubu starben beide 1969, ob Mobutu in ihren Tod verwickelt war, ist bis heute unklar. Mobuto konnte 1967 auch die Reste von Tschombés Söldnerarmee besiegen, die die Stadt Bukavu erobert hatten und dort für einige Wochen die sog. Söldnerrepublik Kongo halten konnten. Mobutu Sese Seko 1973 Zugleich begann er mit der ideologischen Unterfütterung seiner Herrschaft. 1967 hatte er bereits eine eigene Partei gegründet, die Mouvement Populaire de la Révolution, die im November 1970 den Einparteienstaat und alle Bürger zu Mitgliedern erklärte, und sich selbst zum obersten Staatsorgan erhob. Bereits im Gründungsmanifest propagierte die MPR dabei die Authenticité, eine kongolesische Spielart der Négritude. Sie verwies auf die „Werte der Vorfahren“ und die irrige Vorstellung vom Kongo als einer kulturellen Einheit, als Resultat davon wurde das Land unter anderem „afrikanisiert“. So firmierte die Demokratische Republik Kongo ab dem 27. Oktober 1971 als Zaire – ein ursprünglich durch Missverständnisse entstandener Name: Als die Portugiesen landeten und nach dem Namen des Kongoflusses fragten, dachten die Einheimischen, sie wollen wissen, wie man „Fluss“ in der Landessprache sagt. Die Antwort war daher „N’Zadi“ = der Fluss auf Lingala, einer der heutigen vier Nationalsprachen. Die Portugiesen verstanden „N'zaire“. Im Februar 1972 wurden alle christlichen Vornamen afrikanisiert und der Abacost, ein spezieller Anzug, war als Kleidungsstück für Männer vorgeschrieben. Dieser der Zeit entsprechende ideologische Unterbau war allerdings eine reine Fassade. Die letzte große Maßnahme unter ihrem Mantel war 1973 die Zairisierung der Wirtschaft, sprich die Verstaatlichung der großen Konzerne, die bis dahin noch in zumeist belgischer Hand waren, danach erlahmte die Authenticité. Vorübergehend versuchte man, an seiner Stelle den „Mobutismus“ einzuführen, eine religiöse Verklärung Mobutus als göttliche Gestalt, die im Volk aber grandios scheiterte; danach beendete die Führung den Versuch ideologischer Rechtfertigung. Plünderung Zaires [Bearbeiten] Politisch durch die USA sowie seit der Zairisierung wirtschaftlich durch Mobutu verdrängt, waren die Belgier, die den Kongo so lang beherrscht hatten, von nun an bedeutungslos geworden. Unter der Maßgabe der USA, die Bodenschätze Zaires dem Westen vorzubehalten, war Mobutu nunmehr der unumschränkte Herrscher über Zaire. Zwar kam es immer wieder zu kleineren Aufständen oder Umsturzversuchen, aber Mobutu konnte sie meist schnell durch militärische Intervention niederschlagen, teils bediente er sich dazu auch fremder Söldnertruppen. Die vollständige Kontrolle über die extremen Rohstoffreichtümer des Landes bot ihm die Möglichkeit, sich unbegrenzt zu bereichern, 1984 verfügte er über ein Vermögen von geschätzten 4 Milliarden Dollar. Aber nicht nur Mobutu „bediente“ sich, Korruption, Diebstahl und Unterschlagung wurden für jene, die in entsprechenden Ämtern saßen, bald zur obersten Priorität. Diese Haltung führte so weit, dass beispielsweise 1994 mehrere Generäle der Armee die Mirage-Flugzeuge der zairischen Luftwaffe heimlich verkauften. Der Staat und seine Verwaltung wurden so innerhalb kürzester Zeit funktionsunfähig und dienten allein der Bereicherung der Führungsschicht. Da auch Investitionen ausblieben und Entwicklungshilfegelder in aller Regel direkt auf den Konten Mobutus verschwanden, sank die Produktivität der zairischen Wirtschaft immer weiter. So betrug die Kupferproduktion des Landes 1995 nur noch acht (!) Prozent von der Fördermenge des Jahres 1984. Ende der 80er Jahre war der Staat wirtschaftlich vollständig heruntergekommen. Sturz Mobutus Mit dem Zusammenbruch der kommunistischen Staaten ab 1989 und dem Ende des Kalten Krieges kühlte sich zusätzlich das Verhältnis zwischen Mobutus Herrschaft und den bisherigen Schutzmächten USA und Frankreich drastisch ab. Mobutu initiierte nach inneren Unruhen und auf Druck von außen zu Beginn der 1990er einen Reformprozess und begann in diesem um die Macht zu taktieren. 1990 verkündete er als erstes das Ende des Einparteiensystems. Über 200 Parteien entstanden in kürzester Zeit, und im Folgejahr installierte Mobutu eine „Souveräne Nationalkonferenz“, zu der sich alle Parteien geladen fanden. Diese Nationalkonferenz zerschlug er jedoch unter dem Vorwand „ethnischer Einseitigkeit“ in ihrer Zusammensetzung und trieb parallel durch Förderung ethnischer Konflikte Keile zwischen die einzelnen Gruppen. Die eigene Macht allerdings vermochte er nicht mehr wieder zu installieren, sein Vorgehen mit teils militärischer Gewalt verhinderte zwar die von den neuen politischen Parteien betriebene Demokratisierung Zaires, nicht aber die Erosion seiner Diktatur. In das Machtvakuum insbesondere in den weit von der Hauptstadt entfernten Teilen des Landes drängten sich Rebellengruppen, ab Juli 1994 wurde dies insbesondere noch angeheizt durch flüchtige Soldaten und Milizionäre des dortigen Regimes, die zusammen mit Hunderttausenden von Hutu nach dem Völkermord in Ruanda nach Zaire flohen. „Dynastie“ Kabila und der Kongokrieg Laurent-Désiré Kabila Im September 1996 begann, angeheizt unter anderem durch Flüchtlingsströme aus Ruanda und Burundi, im Osten Zaires eine Rebellion unter Führung von Laurent-Désiré Kabila, die militärisch von Ruanda und Uganda unterstützt wurde. Obwohl er lange nicht ernst genommen wurde, gelang Kabila am 16. Mai 1997 der Sturz des alten, schwer kranken und international mittlerweile isolierten Mobutu, er zog in Kinshasa ein und erklärte sich am 29. Mai zum neuen Präsidenten. Mobutu ging nach Marokko ins Exil, wo er schon am 7. September starb, und Zaire wurde wieder in Kongo umbenannt. Machtbereiche in der DR Kongo Aber dieser Machtwechsel sollte den Kongo nicht stabilisieren. Ruanda und Uganda waren nicht an einer stabilen Regierung interessiert, versuchten durch die Unterstützung verschiedener Rebellionen auch Kabilas Herrschaft zu beschädigen und setzten so den Kongokrieg in Gang. Im August 1998 führte dies zum Bruch Kabilas mit seinen Nachbarn und ehemaligen Unterstützern, dabei erhielt er Unterstützung von Simbabwe, Angola, Namibia, Tschad und Sudan, deren Regierungen er Zugang zu den Rohstoffvorkommen des Landes zusicherte. Simbabwe erhielt zum Beispiel im Austausch für die Militärhilfe Anteile an der Produktion der kongolesischen Diamantenminen. Ein Putschversuch gegen Kabila in Kinshasa scheiterte, weil Angola, Simbabwe und Namibia auf Seiten Kabilas militärisch intervenierten. Am 10. Juli 1999 unterzeichneten die Regierung Kabila und die Rebellen ein Waffenstillstandsabkommen in Lusaka, das aber immer wieder durch Kämpfe gebrochen wurde, in der Folge zerfiel das Land in mehrere Herrschaftsgebiete. Die Kämpfe dauerten bis in den Juni des Jahres 2000 an. Am 24. Februar 2000 wurde durch die Resolution 1291 des Sicherheitsrates die MONUC (Mission der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Kongo) geschaffen, ihr Hauptquartier wurde in Kinshasa eingerichtet. Die Demokratische Republik Kongo wurde in sechs Sektoren eingeteilt, jeweils mit einem Stabsquartier der MONUC. Kabila stimmte der Stationierung von Blauhelm-Soldaten allerdings erst auf der von der UN neu einberufenen Konferenz von Lusaka im August 2000 zu. Auch willigten alle Kriegsparteien mit Ausnahme von Uganda darin ein, ihre Truppen aus dem Staatsgebiet der Demokratischen Republik Kongo zurückzuziehen. Am 16. Januar 2001 fiel Kabila dann einem Attentat zum Opfer, angeblich durch seinen Leibwächter. Joseph Kabila und der Neuaufbau Joseph Kabila Kabilas Sohn Joseph übernahm sofort nach der Ermordung seines Vaters zunächst vorübergehend dessen Amtsgeschäfte. Am 26. Januar 2001 „erbte“ er offiziell seine Stellung als Staatspräsident der DR Kongo. Als eine seiner Amtshandlungen forcierte er den Friedensprozess und erlaubte den UN-Blauhelmen Stationierungen entlang der Frontlinie zu den Rebellen. Im Dezember 2002 schlossen Regierung und Rebellen ein Friedensabkommen in Pretoria und bildeten im Juli 2003 eine gemeinsame Regierung, für das Jahr 2005 wurden die ersten demokratischen Wahlen in der Geschichte des Landes avisiert, welche jedoch erst ein Jahr später, im Jahre 2006, Realität werden.[5] Für das Jahr 2003 sollte noch erwähnt werden, dass es in jenem Jahr zu einer humanitären Katastrophe kam, als im bereits durch den Krieg verwüsteten Osten des Landes einer der Virunga-Vulkane ausbrach und zahlreiche Menschenleben forderte. Im Mai 2003 verschärfte sich im Distrikt Ituri im Nordosten der DR Kongo ein seit 1999 schwelender Konflikt zwischen Milizen der Hema- und Lendu-Völker und es kam zu blutigen Massakern in der Distrikthauptstadt Bunia. Daraufhin wurde, im Rahmen der EU-Mission Artemis, für drei Monate eine französische Eingreiftruppe mit logistischer Hilfe Deutschlands in die Region geschickt, ein Einsatz, der im September 2003 jedoch wieder zu Ende ging. Am 10. Juni 2004 kam es zu einem Putschversuch gegen Joseph Kabila. Der Aufstand eines Majors der Präsidentengarde wurde aber schnell niedergeschlagen, nachdem dieser das Wasserkraftwerk und die Rundfunkstation Kinshasas besetzt hatte. Den Wiederaufbau erschwerten der fast vollständige Zerfall der Infrastruktur, Verwaltung und Wirtschaft des Landes und insbesondere die Ausplünderung der äußerst rohstoffreichen Ostprovinzen des Kongo, in denen die Zentralregierung fast völlig machtlos ist, vor allem durch ugandische, ruandische und burundische Kräfte. Mehrere Erhebungen, Aufstände und Revolten konnte Kabila in dieser Zeit abwehren. Von 1998 bis 2004 kamen gemäß Angaben des International Rescue Committee 3,9 Millionen Menschen im Kongo ums Leben, die Mehrzahl allerdings aufgrund von Krankheit und mangelnder Versorgung mit Lebensmitteln. Nirgendwo sonst starben seit dem Zweiten Weltkrieg so viele Menschen in einem so kurzen Zeitraum. Nach Schätzungen der UNO werden jeden Tag 1000 Menschen zu Opfern von Gewalttaten. Alleine in der Provinz Süd-Kivu wurden von 2003 bis 2005 etwa 10.000 Frauen systematisch vergewaltigt – inoffizielle Schätzungen gehen von sogar von bis zu 500.000 Vergewaltigungen aus. Erste Wahlen 2006 Als das zentrale Ereignis der Konsolidierung des Landes waren die ursprünglich für das Jahr 2005 geplanten Wahlen anzusehen, Mitte Juni sollte mit der Registrierung der Wähler begonnen und im Laufe des Jahres die Wahl durchgeführt werden. Am 17. Mai 2005 wurde die dafür erforderliche neue Verfassung vom Parlament verabschiedet, die die zwei Jahre alte Übergangsverfassung ablöste. Zum Inkrafttreten musste diese allerdings noch in einer Volksabstimmung bestätigt werden, wodurch sich die Wahlen bis ins Jahr 2006 verschoben, geplant waren nun zwei Wahlgänge für Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 29. April und am 2. Juni 2006. Es stand jedoch zu befürchten, dass die Wahlen den Keim für neue militärische Konflikte legen und den Krieg erneut befeuern könnten. Drei Kandidaten galten als aussichtsreiche Rivalen um das Amt des Staatspräsidenten, nämlich neben Kabila der Mobutu politisch nahestehende Vizepräsident Jean-Pierre Bemba sowie der ehemalige Chef der Zentralbank Pierre Pay-Pay. Der Oppositionsführer und ehemalige Premierminister Etienne Tshisekedi trat nicht an. Alle Kandidaten hatten eine starke militärische Basis, so kontrollierte Kabila die Provinz Katanga, Tshisekedi die Provinz Kasai und Pay-Pay ein Bündnis aus Politikern in Kinshasa und einigen Milizenführern. Geschützt werden sollten die Wahlen und der Demokratisierungsprozess daher durch eine UN-Mission. Anfang 2006 waren rund 17.000 Militärbeobachter und Soldaten an der Mission de l’Organisation des Nations Unies en République Démocratique du Congo (MONUC) beteiligt. Joseph Kabila gelang es, nach einer Stichwahl gegen Bemba die Wahlen für sich zu entscheiden, trotz vereinzelter Unruhen blieben schwerere militärische Auseinandersetzungen aus. Für Aufsehen sorgte Bemba im Juni 2007 mit der Entscheidung, nach einem Auslandsaufenthalt aus Sicherheitsgründen nicht mehr in die Demokratische Republik Kongo zurückzukehren. Während der Auslandsaufenthalt zunächst als Maßnahme der Entspannung angesehen wurde, gibt es Befürchtungen, dass durch das Fehlen Bembas im Land eine Schwächung der Opposition und damit ein Ungleichgewicht auftreten könnte. Ostkongo-Konflikt Ehemalige Mitglieder des Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes bildeten im Jahr 2012 die Bewegung 23. März, welche immer wieder Städte erobert. Laut der Regierung Kongos sollen die Rebellen, ebenfalls wie die anderen Gruppen, von Uganda und Ruanda unterstützt worden sein. Mit Dank an Wikipedia