der Weg* Nr

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Der Weg Nr. 2 März 2012 – Thema Wohnen
Inhalt
Editorial ......................................................................................... 2
My home is my castle ................................................................ 2
Wohnen ......................................................................................... 3
Auf dem Weg zur eigenen Wohnung ......................................... 3
Wohnen ist leben ....................................................................... 8
Besser wohnen dank optimaler Beleuchtung .......................... 12
Wohnungssuche mit IV-Rente ................................................. 17
Vaninas Erinnerungen ............................................................. 18
Fokus .......................................................................................... 23
Die rechte Hand ....................................................................... 26
Magazin ....................................................................................... 33
Die Kraft der Liebe ................................................................... 33
iPhone-App – Der Licht-Detektor............................................. 36
Alto – das Telefon zum Telefonieren ........................................ 37
Wenn die Leinwand spür- und tastbar wird ............................. 38
Verband ....................................................................................... 41
2013 bekommt der SBV neue Statuten ................................... 41
Veranstaltungen ....................................................................... 44
Inserate ....................................................................................... 47
Vocatex plus (HD) .................................................................... 47
Öffnungszeiten Zentralsekretariat in Bern ............................... 47
AMMEC HDMI – der sprechende Videorekorder .................... 48
Werden Sie unabhängig – ....................................................... 49
Cooltour – ................................................................................ 49
Blindenfreund-Kalender 2013 .................................................. 50
News aus dem Kurssekretariat ................................................ 50
2. Jugendweekend .................................................................. 51
Freiwillige Helfer ...................................................................... 52
Impressum .................................................................................. 52
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Titelbild
Mara Mueller hat die Klingel zu ihrer Wohnung in Braille
angeschrieben. (Auf dem Cover ist das Bild einer Türklingel, die
in Braille beschriftet ist.)
Editorial
My home is my castle
Naomi Jones
Alle Menschen wohnen. In der Schweiz wohnen die meisten
Erwachsenen in einer eigenen Wohnung. Für Menschen mit einer
Behinderung allerdings ist die eigene Wohnung keine
Selbstverständlichkeit. Denn einen Haushalt zu führen, ist bereits
für Nichtbehinderte aufwändig. Umso grösser ist der Aufwand,
wenn die Arbeit von einer Behinderung behindert wird.
Tritt eine Sehbehinderung plötzlich oder schleichend auf, fürchten
sich viele Menschen davor, nicht mehr in den eigenen vier
Wänden wohnen zu können. Zur Angst vor dem Verlust des
Arbeitsplatzes kommt die Angst vor dem Verlust des vertrauten
Umfeldes. Vreni Hilpertshauser, Lehrerin für Lebenspraktische
Fähigkeiten an der Beratungsstelle für Blinde und Sehbehinderte
des Kantons Bern (BRSB), trifft ihre Klientinnen und Klienten, die
am Anfang eines Lebens mit Sehbehinderung stehen, oft
hoffnungslos an. Dies muss nicht sein. Im Interview erzählt
Hilpertshauser, wie sie bei einer Beratung vorgeht und worauf
man beim Einrichten seiner Wohnung achten kann. Für
Menschen mit einem Sehrest, dies sei vorweggenommen, ist eine
gute Beleuchtung das A und O. Annemarie Pfyffer, Spezialistin für
Low Vision, bietet auf der fachstelle sehbehinderung
zentralschweiz Beratungen für Beleuchtung an. Im Interview sagt
sie, was wichtig ist.
Olivier Schmid hat das Programm Mobile der Stiftung Mühlhalde
in Zürich besucht. «Mobile – Begleitetes Wohnen» ist eine
Wohnschule für Menschen mit einer Sehbehinderung bzw. für
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blinde Menschen. Sie ist ideal für Jugendliche, die vorher bei
fürsorgenden Eltern oder in einer Blindenschule gelebt haben und
nun in ihre erste Wohnung ziehen möchten. Aber es eignet sich
auch für Personen, die sich aufgrund einer plötzlich auftretenden
Sehbehinderung zahlreiche Fertigkeiten aneignen müssen, um
ihren Haushalt blind zu führen.
Jean-Marc Meyrat und Claudine Damay, die beide langjährige
Erfahrung darin haben, den Haushalt mit einer Sehbehinderung
zu bestreiten, träumen von einer Zukunft mit Roboter-Assistenten.
Dank der letzten IV-Revision werden für viele Sehbehinderte
vorerst menschliche Assistenten Realität. Daniel Pulver informiert
im Fokusteil, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen,
damit Sie Anrecht auf einen persönlichen Assistenten bzw. eine
persönliche Assistentin haben und in welchem Umfang.
Legende:
Naomi Jones, Redaktorin «der Weg». (Foto: Luzius Dinkel)
Wohnen
Auf dem Weg zur eigenen Wohnung
Olivier Schmid
«Mobile – Begleitetes Wohnen» ist ein stationäres Wohn-,
Rehabilitations- und Schulungsangebot für blinde und
sehbehinderte Menschen ab 18 Jahren. Zurzeit bereiten sich
sechs Personen im Alter zwischen 23 und 47 Jahren in drei
Zweier- und einem Einzelhaushalt auf ihr Leben in einer
eigenen Wohnung vor. Drei Sozialpädagoginnen und pädagogen sowie zwei Rehabilitationslehrerinnen (LPF/O+M)
begleiten sie dabei.
Die Wohnungen in der Familiensiedlung Regina-Kägi-Hof in
Zürich-Oerlikon sind modern und hell. Beatrice Töngi steht in der
offenen Küche und kocht Tee. Infolge einer Netzhautablösung
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sieht die 47-Jährige ausser Licht und Schatten sowie Konturen
nichts mehr. Anhand der Blindenschriftmarkierungen, die sie an
den Teeschachteln angebracht hat, wählt sie gezielt die
gewünschten Teesorten aus und legt die Teebeutel in die in einer
Reihe aufgestellten Tassen.
Man merkt, dass sie bereits seit vier Jahren hier wohnt. Nachdem
sie den Staubsauger aus dem Schrank genommen hat, schliesst
sie die Türe automatisch. Denn die Gefahr wäre gross, dass sich
ihre blinde Mitbewohnerin daran stösst. Die Wohnung saugt sie
systematisch von links nach rechts, in Bahnen von vorne nach
hinten. Da sie den Dreck nicht sieht, muss sie alles putzen, um
sicher zu sein, jeden Krümel zu erwischen. Dasselbe gilt zum
Beispiel auch für das Tischputzen. Sie ist sehr gut organisiert.
Einmal pro Woche öffnet sie die eingegangene Post, scannt sie
ein, liest sie mithilfe des Vorleseprogramms auf ihrem Laptop und
sortiert sie fein säuberlich in einer Box mit verschiedenen
Schubladen, die sie nach Themen unterteilt hat und die ebenfalls
in Punktschrift beschriftet sind. So ist sie bereit, wenn eine
freiwillige Helferin kommt, um ihr bei der Administration zu helfen.
Individuelle Begleitung
Der Aufenthalt bei Mobile ist in eine Eintrittsphase, eine
Kernphase und eine Austrittsphase gegliedert. «Während des
Informationsgesprächs klären wir die Lebenssituation der an
einem Aufenthalt interessierten Person sowie ihren Bedarf an
Rehabilitation ab», erklärt Monika Leemann, Sozialpädagogin,
Rehabilitationslehrerin für Lebenspraktische Fähigkeiten und
Leiterin von Mobile. Interessierte können bei Mobile neuerdings
auch einen Abklärungsaufenthalt von zwei Monaten verbringen,
um zu sehen, welche Wohnform ihren Bedürfnissen entspricht.
Jede Bewohnerin und jeder Bewohner bei Mobile hat eine andere
Motivation und andere Ziele und durchläuft während des
Aufenthaltes einen anderen Lernprozess. Entsprechend
individuell gestaltet sich denn auch der Aufenthalt bei Mobile.
Ausgehend von den vereinbarten Zielen, planen die
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Mitarbeitenden gemeinsam mit den Bewohnerinnen und
Bewohnern jeweils individuell die bevorstehende Woche. «Die
Vision ist eine eigene Wohnung», sagt Markus Minder, Mitarbeiter
bei Mobile. «Die Frage ist: Was braucht es auf dem Weg dorthin?
Ob die definierten Ziele erreicht werden, wird alle vier, fünf
Monate überprüft. Ausgehend davon werden neue Ziele gesetzt
und schriftlich festgehalten.»
Unterschiedliche Aufenthaltsdauer
Abhängig vom Lernprozess dauert die Aufenthaltsdauer zwischen
einigen Monaten und mehreren Jahren. Leute, die früher gut
sahen, wissen eher, was zu einem Haushalt gehört, und wohnen
zum Teil nur einige Monate bei Mobile, um wieder Vertrauen zu
fassen in die eigene Fähigkeit, einen Haushalt zu führen. Jüngere
Leute, die vorher bei den Eltern oder in einem Wohnheim lebten,
müssen vermehrt nicht nur beim Führen eines Haushalts
unterstützt werden, sondern auch beim Finden eigener Lösungen
und Strategien in anderen Lebensbereichen. So vermitteln und
üben die Mitarbeitenden mit den Bewohnerinnen und Bewohnern
auf ihrem Weg in ein eigenverantwortliches Leben nicht nur
lebenspraktische Fähigkeiten, sondern geben ihnen in
Gesprächen – etwa bei Motivationsproblemen – auch
psychosoziale Unterstützung. Bei schwerwiegenderen
psychischen Problemen stehen den Bewohnerinnen und
Bewohnern externe Fachleute zur Verfügung.
Raum für eigene Erfahrungen
Die Hälfte der Personen, die in den letzten zehn Jahren im Mobile
wohnten, kommt aus Wohnheimen mit Rundumbetreuung. Bei
Mobile können sie die lebenspraktischen Fähigkeiten, die sie
bereits im Heim gelernt haben, selbständig anwenden: «Mobile
bietet den Bewohnerinnen und Bewohnern die Möglichkeit, ihre
Erfahrungen zu machen, ohne dass ständig jemand daneben
steht und ihnen Ratschläge gibt», erklärt Leemann.
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Während der Kernphase des Aufenthaltes nimmt die Intensität
der Begleitung allmählich ab. Wenn Probleme auftreten, können
die Bewohnerinnen und Bewohner während den
Anwesenheitszeiten des Teams im Büro anrufen, das in einer
Wohnung im selben Wohnblock eingerichtet ist: «Es ist wichtig,
dass sie auch Fehler machen können und merken, dass nicht
alles sofort klappen muss. Ziel ist, dass sie Mut bekommen,
etwas umzusetzen, auch wenn wir nicht anwesend sind», sagt
Leemann. Denn viel wichtiger, als die einzelnen Techniken beim
Kochen und Reinigen oder die verschiedenen Hilfsmittel perfekt
zu beherrschen, sei es, diese im Alltag eigenverantwortlich
anzuwenden.
Sich selbst organisieren
Indem die Bewohnerinnen und Bewohner während ihres
Aufenthaltes alles selbst machen und so erfahren, was es
bedeutet, einen Haushalt zu führen, lernen sie, sich selbst zu
organisieren. Dies sei sehr wichtig auf dem Weg zur eigenen
Wohnung, sagt Leemann. Sie lernen, ihre Zeit einzuteilen und
Prioritäten zu setzen: «Wie aufwändig koche ich? Will ich jeden
Tag ein Dreigangmenü kochen? Oder lieber doch öfters ein
Fertig- oder Halbfertigmenü machen? Will ich meine Kleider
selbst bügeln? Oder organisiere ich mir jemand, der mir meine
Kleider bügelt? Es gibt auch Kleider, die man nicht bügeln muss,
oder Kleiderbügel, an denen man die Kleider aufhängen kann und
dank denen die Kleider dann aussehen, als ob sie gebügelt
wären. Das wären so Tipps, die man den Leuten bei der Frage,
wie sie ihre Zeit einteilen wollen, geben kann», erklärt Leemann.
Ein Hilfssystem aufbauen
Ein ebenso wichtiger Prozess sei, so Markus Minder, sich
einzugestehen und zu akzeptieren, dass man gewisse Aufgaben,
die das selbständige Führen eines Haushaltes mit sich bringe, nie
ohne sehende Hilfe werde erledigen können; sei dies, um
Flecken auf Kleidern oder den Nahrungsmittelvorrat zu
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kontrollieren, sei dies Einkäufe zu tätigen, die Administration oder
andere Dinge zu erledigen, die mit Hilfsmitteln nicht erledigt
werden können. «Wenn man nicht lernt, Leute um ihre Hilfe zu
bitten, aus Angst, man falle ihnen zur Last, wird es schwierig,
alleine zu wohnen», sagt Minder. Der Aufbau eines externen
Hilfssystems von Freiwilligen sei auf dem Weg zur eigenen
Wohnung unabdingbar und stehe denn auch im Zentrum während
der Austrittsphase.
Mittlerweile haben wir den Tee, den uns Beatrice Töngi zubereitet
hat, fast vergessen. Sie aber hat nicht vergessen, welche
Teetasse welchen Teebeutel enthält. Sie sei auf der Suche nach
einer eigenen Wohnung. Darum werde sie bald eigene Möbel und
Haushaltutensilien kaufen.
Legenden:
Sieben Personen mit einer Sehbehinderung können gleichzeitig
begleitet im Regina-Kägi-Hof wohnen. (Foto des Hauses)
Die Bewohner und Bewohnerinnen kochen, waschen und putzen
selbst. (Hände einer Frau, die eine gehackte Zwiebel in ein
Gefäss füllt.)
Wer Hilfe benötigt, kann sie sich an die fünf Sozialpädagoginnen
und -pädagogen, die zur Verfügung stehen, wenden. (Eine junge
Frau füllt die Waschmaschine, eine Sozialpädagogin beobachtet
sie dabei) (Fotos: Stiftung Mühlhalde)
Kasten:
Der Aufenthalt bei Mobile kostet Personen, die ihren Wohnsitz im
Kanton Zürich haben, 95 Franken pro Tag oder 2890 Franken pro
Monat. Bei Personen, für die andere kantonale IV-Stellen
zuständig sind, ist die Tagespauschale von den jeweiligen
Bestimmungen des Wohnsitzkantons abhängig. Personen mit
einer IV-Rente/Hilflosenentschädigung haben Anspruch auf
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Ergänzungsleistungen. Hilfe bei der Finanzierung des
Aufenthaltes bieten unter Umständen auch Fonds, Stiftungen und
Organisationen des Sehbehindertenwesens. Der Preis deckt die
Miete und die von Mobile geleisteten Dienstleistungen ab (vgl.
Haupttext).
Kasten:
Begleitung im eigenen Wohnraum für sehbehinderte und blinde
Menschen – Das neue Angebot von Mobile
Seit 2012 bietet «Mobile – Begleitetes Wohnen» als Ergänzung
zum stationären begleiteten Wohnen eine Wohnbegleitung für
blinde und sehbehinderte Menschen in der eigenen Wohnung an.
Das Angebot richtet sich sowohl an ehemalige Bewohnerinnen
und Bewohner des Mobile, die eine Nachbegleitung wünschen,
als auch an Menschen, die bereits seit längerem in einer eigenen
Wohnung leben und trotz der Hilfe von Freiwilligen einen Bedarf
an blindenspezifischer Unterstützung haben.
Alle zwei Wochen erhält die begleitete sehbehinderte oder blinde
Person während zwei bis vier Stunden Beratung und praktische
Unterstützung bei der Anwendung von lebenspraktischen
Fähigkeiten und bei der Organisation ihres Haushaltes und
Alltags.
Mehr Informationen:
www.muehlehalde.ch/mobile/begleitung_im_eigenen_wohnraum.
html
Wohnen ist leben
Naomi Jones
Vreni Hilpertshauser ist eine lebendige Frau mit kurzen
blonden Haaren und grüngrauen Augen, die von einem Kranz
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Lachfältchen geziert werden. Sie ist dezent geschminkt und
schlicht aber gepflegt angezogen. Sportliche Figur. Ihr Alter
ist schwer abzuschätzen. Nur wer sehr genau hinschaut,
vermutet, dass sie etwas älter sein könnte, als sie aussieht.
Vreni Hilpertshauser ist Lehrerin für Lebenspraktische
Fähigkeiten (LPF) an der Beratungs- und
Rehabilitationsstelle für Sehbehinderte und Blinde des
Kantons Bern (BRSB).
«der Weg»; LPF hat viel mit Wohnen zu tun. Wer kommt zu Ihnen?
Vreni Hilpertshauser: Es gibt Bauherren oder Vermieter, die sich
mit Fragen an mich wenden, wenn sie eine Wohnungseinrichtung
planen. Vor allem sind es jedoch Personen, die selber von einer
Sehbehinderung betroffen sind. Diese kommen in der Regel in
der Anfangsphase ihrer Behinderung. Manchmal melden sich
aber auch Personen, die schon lange mit der Behinderung leben
und nun in eine neue Wohnung ziehen. Es gibt Angehörige, die
wünschen, dass sich ein sehbehindertes Familienmitglied mehr
am Haushalt beteiligt oder es sind Betroffene, die eine grössere
Unabhängigkeit gewinnen möchten. Und schliesslich kommen
Personen, die sich über ein neues Hilfsmittel informieren
möchten.
«der Weg»; Worauf kann man achten, wenn man eine Wohnung einrichtet?
Hilpertshauser: Wenn ich eine Klientin besuche und mit ihr durch
die Wohnung gehe, so ist eine meiner häufigsten Tätigkeiten das
Markieren. Hierzu verwende ich z.B. taktile bzw. farbige Punkte,
wenn noch ein Sehrest vorhanden ist. Auch gibt es eine Paste,
mit der ich taktile Spuren ziehen oder Formen zeichnen kann.
Menschen mit einem Sehrest können die Dinge allenfalls gross
beschriften. Meist haben die Leute selbst Ideen. Sie wissen am
besten, wo sie Schwierigkeiten haben und was noch geht.
Für sehbehinderte Menschen ist eine gute, blendfreie
Beleuchtung sehr wichtig. Je nach dem hilft es, Schränke und
Schubladen von innen zu beleuchten.
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Farben helfen bei der Orientierung. Man kann z.B. Türrahmen
farbig anstreichen oder die Türklinke in einer Kontrastfarbe
wählen. Auch können Lichtschalter schwarz umrandet werden, so
dass sie auf der weissen Wand gut sichtbar sind.
Bei Küchengeräten sollte man starke Kontraste wählen, also z.B.
einen weissen Kochherd mit schwarzen Schaltern. Weniger
geeignet sind Geräte mit Touchscreen. Aber sogar ein
Glaskeramikkochherd kann von einer blinden Person bedient
werden.
Wichtig ist, offensichtliche Gefahren zu eliminieren. Das heisst
nicht, dass die ganze Wohnung leer geräumt werden soll. Denn
Möbel sind Orientierungspunkte. Ein Teppich sollte aber
rutschfest und flach auf dem Boden liegen. Sonst wird er zur
Stolperfalle. Ebenso Kabel. Sie gehören an die Wand montiert. In
der Dusche hilft ein rutschfester Belag.
Sehr gefährlich sind Dinge auf Kopfhöhe. Etwa offene
Schranktüren in der Küche. Überhaupt sind halboffene Türen für
blinde Menschen eine Gefahr. Hier hilft nur Disziplin. Menschen
mit einem Sehrest können Schwellen und Treppentritte mit hellem
Abdeckband markieren. Bei Treppen empfehle ich einen Handlauf
zu montieren, wenn noch keiner vorhanden ist.
Ausserdem kann ein Mobilitätstraining sinnvoll sein. Um den
Gefahren aus dem Weg zu gehen, muss man sich in der eigenen
Wohnung orientieren können. Und das ist, wenn z.B. jemand
plötzlich erblindet, gar nicht so selbstverständlich, wie es scheint.
«der Weg»; Wohnen ist vor allem eine Tätigkeit. Sie beginnt am Morgen, wenn ich
aufwache, meinen Kaffee koche und dann vielleicht das Geschirr vom Vorabend
abwasche …
Hilpertshauser: Auch eine blinde Person kann die Wohnung
putzen und Hemden bügeln. Man kann alles lernen. Allerdings,
dies sei gesagt, ist es sehr aufwändig und braucht viel Zeit.
Während Normalsehende einen Fleck, z.B. auf einem Tisch,
gezielt wegputzen, müssen blinde Personen dabei viel
systematischer vorgehen. Sie müssen darauf achten, dass sie
kein Stück auslassen. Mit der einen Hand wischen sie, mit der
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andern kontrollieren sie. Denn sonst verpassen sie womöglich
gerade den Fleck und das Resultat wirkt trotz viel Mühe
unbefriedigend.
Mit meinen Klienten und Klientinnen bespreche ich immer zuerst,
was sie überhaupt selbst machen wollen und wo sie allenfalls
Hilfe von Dritten beanspruchen können. Denn Wohnen ist leben.
Und auch für blinde und sehbehinderte Menschen hat der Tag
bloss 24 Stunden. Wir alle müssen uns fragen, was uns in der
Zeit, die wir haben, wichtig ist.
«der Weg»; Wie gehen Sie in Ihrer Beratung vor?
Hilpertshauser: Zuerst kläre ich in Gesprächen ab, was die
betroffene Person will. Hierzu beziehe ich die Angehörigen ein.
Denn wenn eine Person auf Druck von Dritten in die Beratung
kommt, bringt es nichts. Ebenso fruchtlos sind meine
Bemühungen wenn Angehörige der betroffenen Person alles
abnehmen und sie keine Möglichkeit hat, selbständig zu werden.
Zusammen planen wir, was wir erreichen wollen und in welchen
Schritten. Auch hier muss man Prioritäten setzen. Es geht nicht
alles aufs Mal und es braucht Zeit, Nerven und Geduld, sich die
nötigen Fertigkeiten anzueignen.
In den Gesprächen muss ich eine Vertrauensbasis schaffen.
Denn eine LPF-Beratung kann schnell ins Persönliche gehen. Um
ein geeignetes Ordnungssystem zu finden, muss ich z.B. in die
Schränke meiner Klienten schauen dürfen. In der Regel gehe ich
zu den Leuten heim. Gewisse Fertigkeiten kann ich aber auch auf
der Beratungsstelle vermitteln. Wir haben auf der BRSB eine
Küche, in der man üben kann.
Ausserdem arbeite ich bei Kochkursen in der Solsana mit. Auch
hier steht am Anfang die Frage, was die Person lernen möchte.
Entsprechend suche ich Rezepte, anhand derer wir das
Gewünschte üben können. Es sind Rezepte aus den üblichen
Kochbüchern. Denn ich vermittle nicht Kochkunst, sondern ich
erarbeite mit den betroffenen Personen Fertigkeiten und
Techniken. Wenn jemand die Techniken des Kochens gelernt hat,
kann er Kurse besuchen, die nicht speziell für Sehbehinderte
angeboten werden.
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Legenden:
Vreni Hilpertshauser in der Beratungsstelle BRSB
Beschriften und Markieren hilft, z.B. das richtige Gewürz rasch zu
finden. (Foto eines Glasbehälters, der gross mit „Zimt“ beschriftet
ist.) (Fotos: Naomi Jones)
Kasten:
LPF-Beratung wird in jeder Beratungsstelle für Blinde und
Sehbehinderte angeboten. Die Beratung ist gratis.
Weitere Informationen zum Thema «Einrichten» auf
www.blindzeln.de unter dem Stichwort «Wohnwelt».
Besser wohnen dank optimaler Beleuchtung
Olivier Schmid
Annemarie Pfyffer ist gelernte Optikerin und ausgebildete
Spezialistin für Low Vision und Beleuchtungsberatung bei
der fachstelle sehbehinderung zentralschweiz. Sie berät
sehbehinderte Menschen bei der Suche nach geeigneten
Hilfsmitteln. Wichtig ist dabei auch die Frage, wie die eigene
Wohnung optimal ausgeleuchtet werden kann.
«der Weg»; Wie gehen Sie vor, wenn Sie einer sehbehinderten Person helfen, ihre
Wohnung optimal auszuleuchten?
Annemarie Pfyffer: Auf der Beratungsstelle klären wir ihr
Sehpotential ab und was sie an Hilfsmitteln braucht. Bei den
optischen Hilfsmitteln ist die Beleuchtung ein wichtiger Faktor. Mit
einer gezielten Arbeitsplatzbeleuchtung kann die Person ihr
Sehvermögen um einiges verbessern. Bei der Wahl der
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geeigneten Leseleuchte spielt neben dem Sehvermögen auch die
Raumsituation eine entscheidende Rolle. Wohnt die Person in
einer hellen Wohnung? Ist der Leseplatz am Fenster oder in einer
dunklen Ecke? Das sollte man, wenn immer möglich, am
Einsatzort ansehen. Eine gute Raumbeleuchtung ist aber auch
wichtig, damit die betroffene Person zum Beispiel beim Putzen
alles sieht. Darum bieten wir auch Hausbesuche an und
analysieren die Raumverhältnisse.
«der Weg»; Welche Leuchten sind für sehbehinderte Personen geeignet?
Pfyffer: Dimmbare Leuchten sind sehr zu empfehlen, gerade für
die Raumbeleuchtung. Tischleuchten sind momentan noch
weniger häufig dimmbar. Aber bei der Nahbeleuchtung kann man
die Helligkeit auch über die Entfernung der Leuchte zum
Arbeitsplatz regeln. Halogenlampen sind zwar oft dimmbar, aber
als Tischleuchten insofern nicht unbedingt für sehbehinderte
Personen geeignet, als sie sich sehr stark erhitzen und
sehbehinderte Personen oft sehr nahe an der Lampe sitzen.
Eine optimale Raumbeleuchtung kann mit einer Deckenleuchte
oder mit einer Stehleuchte erreicht werden. Eine Deckenleuchte
kann man ganz an die Decke oder mit einem bestimmten Abstand
im Raum hängend montieren und so auch über die
Lichtreflexionen an der Decke Einfluss auf die Lichtverhältnisse
nehmen. Mit einer Stehleuchte, die auch indirektes Licht gegen
die Decke ausstrahlt, ist man natürlich flexibler als mit einer
Deckenleuchte, welche fest an einem Ort montiert ist und die man
nicht verschieben kann.
«der Weg»; Bedingen spezifische Sehbehinderungen für eine optimale Beleuchtung
spezifische Lichtverhältnisse?
Pfyffer: Beim gesunden Auge kann man generell sagen: Je älter
die Person ist, desto mehr Licht braucht sie, um die gleiche
Sehaufgabe erfüllen zu können. Bei sehbehinderten Personen ist
es je nach Augenerkrankung unterschiedlich. Es gibt
Augenerkrankungen, bei denen sich zu viel Helligkeit nachteilig
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auswirkt. Da zum Beispiel bei Personen mit Albinismus nur die
Peripherie der Netzhaut funktioniert und diese für das Sehen bei
wenig Licht ausgerüstet ist, kommt es bei zu viel Helligkeit zu
einer Verminderung der Sehleistung. Auch bei RP-Patienten
kommt es oft zu Blendungen, wenn es zu hell ist oder der
Unterschied zwischen hell und dunkel zu gross ist. Bei Personen
mit einer Makuladegeneration hingegen ist in der Regel der
Lichtbedarf zum Lesen im Nahbereich erhöht. Aber auch sie
können bei Tageslicht geblendet sein, weil sich ihr Auge nicht
mehr so schnell an die wechselnden Lichtverhältnisse anpasst.
Aber welche Lichtverhältnisse geeignet sind, ist sehr individuell
und hängt vor allem vom Empfinden der Person selbst ab. Nicht
nur bezüglich Helligkeit, sondern auch bezüglich Lichtfarben kann
man nicht pauschal sagen, was gut ist. Man muss es individuell
anschauen und ausprobieren in der konkreten Situation. Wir
geben Tipps, auf was man achten sollte, und können
verschiedene Situationen simulieren.
«der Weg»; Wie gehen Sie bei einem Hausbesuch vor?
Pfyffer: Zunächst messe ich die Helligkeit mit dem Lux-Meter aus.
Es gibt Normtabellen, wie hell ein Raum beleuchtet sein soll. Dies
sind aber nur Annäherungswerte. Viel wichtiger ist das
individuelle Empfinden der betroffenen Person. Des Weiteren
analysiere ich mit dem Relux-Programm die Lichtverhältnisse
bezüglich Lichtstärke und Lichtverteilung, indem ich die Eckdaten
des Raumes, die Höhe, Grösse und Farbe der Wände, die
Fenster sowie mögliche Leuchten angebe. Das Resultat kann auf
der Suche nach der optimalen Beleuchtung als Grundlage
dienen. Zudem nehme ich eine Deckenleuchte mit, um zu zeigen,
wie eine Deckenleuchte mit einem indirekten Lichtanteil wirken
würde. Mit unterschiedlichen Leuchtstoffröhren kann die
gewünschte Lichtstärke und -farbe herausgefunden werden.
«der Weg»; Gibt es Kriterien für optimale Lichtverhältnisse im Wohnbereich, auf welche
man achten sollte?
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Pfyffer: Grundsätzlich sollte man grosse LeuchtdichtenUnterschiede vermeiden. Wenn auf engem Raum gleichzeitig
sehr helle und sehr dunkle Stellen vorhanden sind, wie dies etwa
Spotlampen bewirken, ermüdet dies das Auge. Auch eine Kerze
in einem dunklen Raum kann blenden. Denn das Auge schaut in
der Regel nicht starr in eine Richtung und die Pupille und die
Netzhaut müssen sich bei diesen Lichtverhältnissen ständig
anpassen.
Eine Lösung sind daher mehrere im Raum verteilte Leuchten und
indirekte Leuchten. Sehr geeignet sind auch Leuchten, die man
dimmen kann. Ein Vorteil dabei ist auch, dass man so die
Möglichkeit hat, das Licht je nach Stimmung oder Tätigkeit
anzupassen. Denn hinderlich bei der Suche nach einer
geeigneten Beleuchtung ist sicher auch, dass gute
Arbeitsbeleuchtung nicht unbedingt dem gemütlichen wohnlichen
Licht entspricht.
«der Weg»; Worauf muss man bei der Eruierung der optimalen Beleuchtung sonst noch
achten?
Pfyffer: Der Einfluss des Tageslichts ist auch mit einzubeziehen.
Wenn die Sonne scheint, ist es vielen sehbehinderten Menschen
zu hell und die Wohnung muss mit Sonnenstoren abgedunkelt
werden können. Ob dabei lichtundurchlässige oder teilweise
lichtdurchlässige Sonnenstoren geeigneter sind, muss man vor
Ort ausprobieren. Aber das sind oft grössere Veränderungen, die
teuer werden können.
«der Weg»; Müssen sehbehinderte Menschen die Kosten für eine
sehbehindertengerechte Beleuchtung selbst tragen?
Pfyffer: Die Übernahme der Kosten für eine individuelle
sehbehindertengerechte Beleuchtung am Arbeitsplatz kann, wenn
die Kosten über diejenigen einer normalen Beleuchtung
hinausgehen, bei der IV beantragt werden. Die Kosten für die
Beleuchtung der eigenen Wohnung hingegen werden in der
Regel nicht von der IV übernommen. Wird der Beruf hingegen
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zuhause ausgeführt, wie dies bei einer Hausfrau mit
schulpflichtigen Kindern der Fall ist, können die Kosten unter
Umständen von der IV übernommen werden.
«der Weg»; Gibt es Wohnungen, die aufgrund ihrer natürlichen Lichtverhältnisse nicht
geeignet sind für sehbehinderte Menschen?
Pfyffer: Es ist vorteilhaft, wenn die Wohnung nicht über
Fensterläden, sondern über Sonnenstoren verfügt, weil mit ihnen
die Abdunkelung besser reguliert werden kann. Nicht ideal sind
die eher altertümlichen, direkt an der Zimmerdecke montierten
Kugellampen; sie sind eher zu dunkel. Die Raumfarbe und die
Bodenbeläge sind ebenfalls wichtig. Holztäfer ist in der Regel zu
dunkel. Deckenanstriche und Wände sollten möglichst hell sein.
Vorteilhaft sind je nachdem auch Kontraste, bei hellen Böden und
Wänden etwa eine dunkle Leiste, damit die sehbehinderte Person
die Raumkanten erkennt. Fast wichtiger als die natürlichen
Lichtverhältnisse in der Wohnung sind aber die Zugangswege
zum Haus und in die Wohnung, etwa ein gut beleuchtetes
Treppenhaus und Treppenmarkierungen.
Legende:
Annemarie Pfyffer von der fachstelle sehbehinderung
zentralschweiz zeigt, wie die Leselampe ausgerichtet sein soll.
(Foto von Annemarie Pfyffer mit einem Blatt und einer
Leselampe) (Foto: Olivier Schmid)
Kasten:
Die Beratungsstellen des SBV beraten Sie gerne bei Fragen zum
Thema Beleuchtung. Nehmen Sie Kontakt auf mit der
Beratungsstelle in Ihrer Region: www.sbvfsa.ch/de/beratungsstellen.
Hinweis für französische Version: Link zu den Beratungsstellen
lautet www.sbv-fsa.ch/fr/servicesdeconsultation
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Wohnungssuche mit IV-Rente
Naomi Jones
Wohnungen sind knapp, die Mieten steigen. Für Menschen,
die von einer IV-Rente leben, ist die Wohnungssuche in
diesen Zeiten besonders schwer.
Frau S., eine Weg-Leserin (Name der Redaktion bekannt),
bewarb sich im Januar dieses Jahres für eine Mietwohnung. Auf
dem Anmeldeformular verlangte die Verwaltung Angaben zum
jetzigen Vermieter und Arbeitgeber. Gleichzeitig wollte die
Verwaltung das Einverständnis, diese als Referenzen
kontaktieren zu dürfen. Als IV-Rentnerin hatte Frau S. keinen
Arbeitgeber. Den jetzigen Vermieter wollte sie nicht angeben, um
das Mietverhältnis nicht zu trüben. Deshalb habe sie als Referenz
ihre Bankberaterin angegeben und in einem freundlichen
Begleitbrief die Sehbehinderung erwähnt.
Ein paar Tage später wurde Frau S. von der Verwaltung
kontaktiert. Die Verwaltung wünschte als Beleg der Angaben von
Frau S. den IV-Entscheid und die Steuerbescheinigung über die
Einkünfte.
Frau S. schlug stattdessen Kontoauszüge vor und schickte noch
am gleichen Tag einen Bankauszug über drei Monate, auf dem
sie sämtliche Bewegungen, die nicht die Rente betrafen, mit TippEx abgedeckt hatte.
Doch der Verwaltung genügten die geschickten Bankbelege nicht.
Sie wünschte nun Bankauszüge der letzten drei Jahre. «Im
Gespräch merkte ich, dass sich die Verwaltung für den Umfang
meines Vermögens interessierte und ob dieses in den letzten
Jahren gewachsen oder geschrumpft sei. Ich fand dies
ungehörig. Als ich fragte, weshalb sie das wissen wolle, meinte
die Sachbearbeiterin, meine IV-Rente könnte ja gekürzt werden
…» schrieb Frau S. der Redaktion.
So nicht
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Folgende Fragen darf eine Verwaltung gemäss den Richtlinien
des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten stellen:
Name, Adresse, Geburtsdatum, Beruf, Nationalität, Anzahl Kinder
sowie deren Alter und Geschlecht, weitere Mitbewohnende mit
Verwandtschaftsverhältnissen zur mietenden Person, Einkommen
in Einkommenskategorien in Zehntausenderschritten,
Betreibungen der letzten zwei Jahre, Anzahl Autos, Haustiere,
besondere Lärmverursachung sowie die Frage, ob die bisherige
Wohnung durch den Vermieter gekündigt wurde und wenn ja,
warum.
Nicht antworten muss man auf die Frage nach dem Arbeitsort,
Adresse des aktuellen Vermieters und Referenzen. Die
Verwaltungen dürfen die Fragen stellen, müssen aber angeben,
dass die Antwort fakultativ ist.
Die Sache habe aber einen Hacken, so Peter Macher, Sekretär
des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbands.
Beantworte man die Fragen nicht oder falsch, dann kriege man
vermutlich auch die Wohnung nicht. Denn die Vermieter sind
berechtigt, die Zahlungsfähigkeit eines Mietinteressenten
abzuklären und sie dürfen ihren Mieter frei und ohne Angabe von
Gründen wählen. Allerdings dürfen die Vermieter sich nicht für
Dinge interessieren, die mit der Zahlungsfähigkeit einer Person
nichts zu tun haben. Der Mieterinnen- und Mieterverband
empfiehlt daher Menschen, die eine IV-Rente erhalten, bei ihrer
Ausgleichskasse eine Bestätigung über die Höhe der Rente ohne
private Details anzufordern.
Und: Wenn eine Verwaltung allzu neugierige Fragen stelle, dann
dürfe man das Formular dem Eidgenössischen Beauftragten für
Datenschutz schicken, sagt Peter Macher. So erhalte die
Verwaltung zumindest eine Rüge.
Vaninas Erinnerungen
Eine Erzählung von Jean-Marc Meyrat, Claudine Damay
Ich heisse Camille Blanc. Ich bin Leiter der Schweizerischen
Sektion des Weltblindenverbands. Neulich blätterte ich in unsern
elektronischen Archiven und sah, dass der Schweizerische
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Blinden- und Sehbehindertenverband in diesem Jahr 150 Jahre
alt geworden wäre.
Just an jenem Tag besuchte ich meine schon sehr betagte
Bekannte Vanina. Vanina kam 1971 in unserer schönen Schweiz
zur Welt. Das Augenlicht verlor sie durch einen Unfall in früher
Kindheit. Neben der Erziehung ihrer beiden Kinder und ihrem
Haushalt übersetzte sie für die Vereinten Nationen vom
Russischen und Chinesischen ins Französische. Ihre letzten
Jahre verbrachte sie in einem speziell auf Sehbehinderte
ausgerichteten Seniorenheim.
Als ich sie auf den runden Geburtstag der ehemals führenden
Selbsthilfeorganisation blinder und sehbehinderter Menschen in
der Schweiz ansprach, redeten wir lange über das Alltagsleben
von Menschen mit einer Sehbehinderung in jener Zeit.
Wie sehr sich die Zeiten geändert haben. Ich selbst hatte bei
meiner Erblindung vom ersten Tag an die Unterstützung meines
treuen Androiden Malcolm. Bis auf einen halben Tag pro Jahr, an
dem er vom Globalen Rehabilitationsdienst für Blinde und
Sehbehinderte (GRfBS) gewartet und aktualisiert wird, ist er
ständig an meiner Seite. Malcolm ersetzt mir die Augen, er ist
mein virtueller Blindenstock. Mit seinen Sensoren hilft er mir,
Hindernisse zu meiden. Er liest mir Strassennamen und
Busfahrpläne vor – einfach alles, was nötig ist, damit ich mich
sicher im Strassenverkehr bewegen kann. Alles, was ich dazu
benötige, ist ein Empfänger, der kleiner als ein Stecknadelkopf ist
und mir ins Ohr eingepflanzt wurde. Um sich von anderen
Androiden zu unterscheiden, trägt er eine schlichte Armbinde, die
seinen Besitzer als blind ausweist. Ganz ähnliche
Erkennungszeichen trugen Anfang des 20. Jahrhunderts offenbar
die Blinden selbst. Wie wir noch sehen werden, hat Malcolm noch
ganz andere Fähigkeiten.
Ende der 2040er-Jahre überzog man einige Modelle mit
Kunstpelz und versah sie mit einem Hundekopf, aber die Idee
wurde rasch wieder aufgegeben, denn Tierschützer protestierten,
das sei ein Verstoss gegen die Würde des Tiers.
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«Vanina», fragte ich, «wie war das damals: Hattest du in der
Küche besondere Hilfsmittel?»
«Ich hatte eine sprechende Waage und einen Mikrowellenherd,
den ich mit Nagellack markiert hatte», antwortete Vanina. «Durch
einen Bekannten konnte ich mein Induktionskochfeld mit einer
taktilen Bedienleiste ausstatten, um die vier Heizkreise regeln zu
können. Es kostete schon einige Mühe, Geräte zu finden, die
noch Griffe mit Rasterung besassen, denn Tastfelder waren
damals der letzte Schrei. Wenn mir nichts einfiel, was ich für
meine kleine Familie kochen sollte, holte ich mir Anregungen und
Rezepte bei Televox, dem Ansagedienst des SBV. Ansonsten
arrangierte ich mich schlecht und recht, teilweise mit
Spezialgeräten, wie man sie bei Betty Bossi manchmal fand.
Wenn ich zu faul war, meine Einkäufe aufzulisten, stellte ich die
frischesten Lebensmittel ganz hinten ins Kühlschrankfach, damit
nicht versehentlich Sachen mit abgelaufenem Verfalldatum auf
den Tisch kamen.»
«Wie bitte?» rief ich aus. «Du hattest keinen intelligenten
Kühlschrank, der dir eine Einkaufsliste erstellte und dir sagte,
wenn ein Verfalldatum abgelaufen war? Nach meinen
Informationen gab es das doch damals auch schon!»
«Aber nein», entgegnete Vanina, «das galt seinerzeit noch als
Spitzentechnologie und war dementsprechend viel zu teuer,
zumal es dafür keine Zuschüsse gab. Da ich mich mit Computern
gut auskannte, konnte ich online einkaufen. Wenn die Sachen
dann geliefert wurden, habe ich sie mit Hilfe meines PENfriend
stimmmarkiert – das war ein Markierstift für ‹sprechende› Labels,
die man einfach auf die Sachen klebte und dann einlas. Ich
konnte aufzeichnen, um was es sich handelte und wie lange es
haltbar war. Eine liebe Nachbarin im Ruhestand half mir, indem
sie mir die Angaben auf der Packung vorlas. Mit demselben
Verfahren konnte ich ganz einfach meine Weinflaschen
identifizieren und meinen Gästen den richtigen kredenzen.
Damals war Wein ja noch rezeptfrei.»
«Und dein Haushalt?» fragte ich ungläubig.
«Eine Kollegin erzählte mir von vollautomatischen Staubsaugern,
die gar nicht so teuer waren – seinerzeit unter 500 Franken. Sie
hatte einen Apparat namens Roomba von iRobot, aber es gab
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auch andere Marken. So ein intelligenter Staubsauger saugte je
nach Programmierung in allen Räumen, es sei denn, man schloss
die Tür. Man konnte sogar eine virtuelle Wand errichten, damit er
sich nicht den Tannenbaum vorknöpfte. So etwas wäre praktisch
gewesen, um die Haare der fünf Blindenhunde aufzusaugen, die
mich nacheinander begleiteten. Leider habe ich mich damals
nicht weiter damit beschäftigt, weil ich darauf hoffte, dass der
Assistenzbeitrag es mir ab 2012 ermöglichen würde, eine
Putzfrau einzustellen, oder jemanden, der mir im Alltag behilflich
war, mich zum Arzt oder zu Freizeitaktivitäten begleitete.»
Ich war neugierig und fragte weiter: «Heute steht mir dank
Malcolm und seiner integrierten Blindbox für sämtliche
Fernsehprogramme eine Audiodeskription zur Verfügung. Wie
war das damals bei euch?»
«Das fing gerade erst an. Aber um zu wissen, welche Filme mit
Audiodeskription gezeigt wurden, brauchte ich dank Televox und
Mails vom SBV nicht einmal auf Websites zu gehen, die meistens
nicht zugänglich waren.»
«Hmm. Dank Malcolm habe ich Zugriff auf sämtliche
Tageszeitungen und Hörbücher, die es im Internet gibt. Wie hast
du dich damals informiert?»
«Ich habe mich nach Herzenslust am elektronischen Kiosk des
SBV bedient», erzählte Vanina. «Obwohl ich nur Zugriff auf die
schweizerische Presse hatte, konnte ich aus Zeitgründen gar
nicht alles lesen, was ich auf mein Lesegerät heruntergeladen
hatte – damals war es ein Milestone oder Victor. Wenn ich
Hörbücher haben wollte, ging ich entweder auf entsprechende
Websites oder, was mir noch lieber war, lud mir ganz einfach
eines von den vielen Büchern herunter, die ehrenamtliche
Mitarbeiter der Westschweizerischen Hörbibliothek aufgenommen
hatten. Auch in den öffentlichen Bibliotheken gab es schon ein
ständig wachsendes Angebot an Werken im MP3-Format.
Ausserdem haben wir die Sachen natürlich an andere
weitergegeben.»
«Und das Telefon?», wollte ich weiter wissen.
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«Damals befanden wir uns gerade im Umbruch: Tastentelefone
verschwanden nach und nach vom Markt, dafür gab es
Touchscreens. Mir persönlich fiel die Umgewöhnung nicht leicht.
Deshalb brachte ein Anbieter auch ein Telefon mit grossen Tasten
heraus, das Alto. Damals hatten wir Angst, dass es irgendwann
überhaupt keine Geräte mit Tastatur mehr geben könnte.
Malcolms Urahnen existierten zwar schon, aber die arbeiteten
überwiegend in der Industrie und waren für Normalsterbliche
unerschwinglich.» Vanina seufzte ein wenig und lehnte sich in
den Sessel zurück.
Letzten Samstag fühlte sich Vanina nicht gut. Da sie sehr müde
war, sass ich nur still bei ihr. Unvermittelt fragte sie mich: «Ob
Malcolm mir wohl Chopins Nocturne Op. 9 vorspielen könnte?»
Chopin – von einem Musiker mit diesem komischen Namen hatte
ich noch nie gehört. Ich wandte mich an meinen Androiden und
bat ihn: «Malcolm, such das neunte Nocturne von Chopin!» Fast
augenblicklich schwebte eine zarte Klaviermelodie durch das
Halbdunkel des Zimmers. Als die Musik verklang, schlief Vanina,
und wir gingen auf Zehenspitzen hinaus, Malcolm und ich.
Ein paar Tage später gab Malcolm einen schrillen Laut von sich
und berichtete mit gewollt betrübt klingender Stimme: «Vanina ist
in ihrem 91. Lebensjahr gestorben.»
Da ich keine Reaktion zeigte, wiederholte er die Nachricht. Doch
wem konnte ich meinen Kummer anvertrauen? Dieser
seelenlosen Maschine? Ich wandte mich zu ihm um und sagte:
«Malcolm, deinetwegen und wegen deiner schrecklichen
Tüchtigkeit kenne ich nicht mal meine Nachbarn!» Und er
erwiderte: «Aber dafür kann ich doch nichts!»
Legende:
«Wie bitte?» rief ich aus. «Du hattest keinen intelligenten
Kühlschrank, der dir eine Einkaufsliste erstellte und dir sagte,
wenn ein Verfalldatum abgelaufen war?» (Foto von R2D2, dem
aus dem Film „Star Wars“ bekannten Roboter) (Foto: Naomi
Jones)
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Fokus
Der Assistenzbeitrag – eine Chance für uns
Daniel Pulver
Seit dem 1. Januar 2012 ist die IVG-Revision 6a in Kraft. Der
damit eingeführte Assistenzbeitrag soll behinderten
Menschen ein selbstbestimmtes Wohnen und Leben
ermöglichen. Nachfolgend ein kleiner Überblick.
Mit dem Assistenzbeitrag können behinderte Menschen jene
Kosten decken, die für die Anstellung von Assistenten anfallen.
Diese werden mit einem Arbeitsvertrag angestellt. Von
Behinderung Betroffene werden somit zu Arbeitgebern.
Arbeitgeber sein verpflichtet
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit wir
sehbehinderten oder blinden Menschen uns solche Leistungen
einkaufen können? Arbeitgeber sein tönt im ersten Moment
verlockend und spannend. Ist es im Grundsatz auch. Es
verbergen sich jedoch viele administrative Aufgaben (Pflichten)
dahinter, die den Zugang zu Assistenzbeiträgen erheblich
erschweren können. Doch hier sieht das Gesetz Hilfestellungen
vor.
Administrative Hilfe
Sobald die IV-Stelle einen Assistenzbeitrag gesprochen hat, kann
sie dem Empfänger während 18 Monaten Beratung und
Unterstützung in organisatorischen und administrativen Fragen
gewähren. Zu diesem Zweck kann die IV-Stelle Dritte
(Institutionen, Treuhänder, natürliche Personen) beauftragen, die
sie selbst oder auf Vorschlag der versicherten Person auswählt.
Diese Dritten können dann der IV-Stelle im Rahmen des Auftrags
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Rechnung stellen. Die Höhe der Vergütung hängt von der
Schwierigkeit der Verhältnisse ab. Es können höchstens 75
Franken pro Stunde und maximal 1500 Franken total vergütet
werden.
Wer hat Anspruch? – Wer nicht?
Wer hat nun konkret Anspruch auf solche Assistenzleistungen?
Personen, denen eine Hilflosenentschädigung der IV
zugesprochen wird, die gleichzeitig zu Hause leben und die
volljährig sind, können Assistenzleistungen beantragen. Dem
gegenüber haben Personen, die eine Hilflosenentschädigung der
Unfall- oder Militärversicherung beziehen, keinen Anspruch auf
den Beitrag. Dasselbe gilt für Personen, die eine
Hilflosenentschädigung der AHV beziehen. Auch sie haben
keinen Anspruch auf den Assistenzbeitrag.
Voraussetzungen für Minderjährige
Unter folgenden Voraussetzungen haben auch Minderjährige
Anspruch auf einen Assistenzbeitrag. Wer regelmässig die
obligatorische Schule in einer Regelklasse besucht, eine
Berufsausbildung auf dem regulären Arbeitsmarkt oder eine
andere Ausbildung auf Sekundarschulstufe II absolviert, kann
Assistenzbeiträge einfordern. Auch Personen, die eine
Erwerbstätigkeit während mindestens zehn Stunden pro Woche
auf dem regulären Arbeitsmarkt ausüben.
Welche Hilfeleistungen deckt der Assistenzbeitrag?
Die Grundlage für die Bemessung des Assistenzbeitrags ist der
für Hilfeleistungen zeitlich benötigte Bedarf. Folgende alltägliche
Lebensverrichtungen können angerechnet werden:
• Haushaltführung
• Gesellschaftliche Teilhabe und Freizeitgestaltung
• Erziehung und Kinderbetreuung
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• Ausübung einer gemeinnützigen oder ehrenamtlichen Tätigkeit
• Berufliche Aus- und Weiterbildung
• Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt
• Überwachung während des Tages
• Nachtdienst
20 Stunden pro Lebensverrichtung
Für den Hilfsbedarf bei den alltäglichen Lebensverrichtungen, bei
der Haushaltführung und der gesellschaftlichen Teilhabe werden
im Falle leichter Hilflosigkeit pro hilfsbedürftiger
Lebensverrichtung maximal 20 Stunden pro Monat angerechnet.
Hier ein Beispiel: Rolf bezieht eine Hilflosenentschädigung
leichten Grades und ist bei zwei der sechs alltäglichen
Lebensverrichtungen auf Dritthilfe angewiesen. Bei ihm können
somit für die genannten Bereiche monatlich maximal 40 Stunden
(2 x 20 Stunden) angerechnet werden.
Drei Lebensverrichtungen für Blinde
Bei blinden und hochgradig sehschwachen Personen sieht der
Assistenzbeitrag die Entschädigung von drei
Lebensverrichtungen vor. Bei Personen, die gehörlos und
zugleich blind oder hochgradig sehschwach sind, sind es sechs
Lebensverrichtungen.
Auch dazu ein kurzes Beispiel: Anna ist blind und bezieht eine
Hilflosenentschädigung leichten Grades wegen Bedarfs an
lebenspraktischer Begleitung. Bei ihr können für die genannten
Bereiche monatlich maximal 60 Stunden (3 x 20 Stunden)
angerechnet werden.
Kasten:
Seit dem 1. Januar dieses Jahres können Personen, die eine IVRente erhalten und im eigenen Haushalt leben, Assistenzbeiträge
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beantragen. Der Versicherte stellt selbst private Hilfskräfte ein
und schliesst mit ihnen Arbeitsverträge ab. Die Hilfe muss
regelmässig und wiederkehrend erbracht werden. Arbeitgeber
und Hilfskraft dürfen nicht in direkter Linie miteinander verwandt
sein.
Der Assistenzbedarf ist abhängig von der Hilflosenentschädigung
und davon, ob es um Haushaltsführung oder Berufstätigkeit geht.
Für sehbehinderte Personen werden im Monat maximal 60
Stunden Assistenz finanziert. Taubblinde Personen haben
Anspruch auf maximal 240 Stunden.
Der Betrag, den die IV für geleistete Assistenz bezahlt, beträgt
grundsätzlich Fr. 32.50 pro Stunde. Für qualifizierte Leistungen
zahlt sie Fr. 48.- und für Nachtdienste Fr. 86.- pro Stunde.
Einen Assistenten zu beschäftigen, heisst Arbeitgeber sein. Dies
beinhaltet Pflichten. Wer deshalb Beratung und Unterstützung
beim Abschliessen von Verträgen und Stellen von Rechnungen
braucht oder sich bei der Mitarbeiterverwaltung und der
Berechnung von Lohnnebenkosten des Assistenten helfen lassen
möchte, erhält Fr. 75.- für maximal 20 Stunden.
Detaillierte Informationen über Ihren Anspruch auf einen
Assistenzbeitrag erteilt Ihnen die SBV-Beratungsstelle in Ihrer
Region.
Lesen Sie über Erfahrungen von behinderten Menschen mit
persönlichen Assistenten und Assistentinnen im Artikel des
Soziologen Tom Shakespeare.
Die rechte Hand
Tom Shakespeare
Persönliche Assistenten geben Behinderten mehr Freiheit –
und alle Pflichten und Rechte eines Arbeitgebers. Chancen
und Fallstricke einer besonderen Beziehung.
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Wo immer Sonali hingeht, ist Helena dabei. Wenn Sonali einen
Vortrag hält, spricht Helena die meisten der Worte. Wenn Sonali
durchs Zimmer stolpert, ist Helena an ihrer Seite. Wenn Sonali
eine Mahlzeit zu sich nimmt oder zu Bett geht, wird sie von
Helena unterstützt. Sonali ist eine Universitätskollegin von mir.
Sie ist 38 Jahre alt und Sozialwissenschafterin, sie ist mit einem
englischen Fotografen verheiratet und leidet an einer
Zerebralparese, die sie beim Sprechen, in der Feinmotorik und
beim Gehen beeinträchtigt – aber nicht in ihrer Intelligenz oder
ihrem Wunsch nach Unabhängigkeit. Helena ist ihre persönliche
Assistentin, die ihr ein Leben in Würde und die Ausübung ihrer
beruflichen Tätigkeit ermöglicht. Sonali ist Helenas Arbeitgeberin.
(…)
Vom 1. Januar 2012 an wird die Revision 6 a der
Invalidenversicherung den behinderten Bürgerinnen und Bürgern
der Schweiz jenes Mass an Unabhängigkeit und Flexibilität
ermöglichen, über das britische, niederländische und
skandinavische Behinderte schon seit vielen Jahren verfügen.
«Die einzelnen Personen mit Behinderung und ihre Familien
werden endlich frei wählen können, wo sie leben wollen und mit
wem – und von wem sie die Unterstützung erhalten, die sie
brauchen», sagt Katharina Kanka von der Fachstelle Assistenz
Schweiz (FAssiS).
Ich selbst bin ein britischer Wissenschafter, der zu Behinderung
forscht, und arbeite zurzeit in Genf. Ich hörte zum ersten Mal von
der Idee der persönlichen Assistenz, als ich vor 25 Jahren an
meiner Doktorarbeit sass. Ich versuchte meinen Studenten an der
Universität, darunter vielen zukünftigen Sozialarbeitern, zu
erklären, dass zwischen körperlicher und sozialer Abhängigkeit
ein grosser Unterschied bestehe. Ich verwies auf eine Gruppe
von Leuten in Grossbritannien, die spezielle Schulen besuchen;
sie werden mit eigens für sie hergerichteten Transportmitteln hinund hergefahren; sie tragen kein Geld auf sich; sie werden
angestarrt, wo immer sie hingehen; sie leben in abgegrenzten
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Wohnarrangements; man muss ihnen bei allen möglichen Dingen
zur Hand gehen. Diese scheinbar extrem abhängige Gruppe
heisst «die königliche Familie». Ein blöder Vergleich? Vielleicht.
Aber er veranschaulicht doch, dass man nicht in der Lage sein
muss, alles eigenhändig zu tun: Man muss nur in der Lage sein,
selbst zu bestimmen, wie die Dinge für einen erledigt werden.
Kontrolle macht einen unabhängig, nicht Fähigkeit.
Ich selbst wurde mit Achondroplasie geboren, einer Störung, die
das Körperwachstum beeinträchtigt, und bin immer unabhängig
gewesen. Obschon mich diese Behinderung ungewohnt, in den
Augen mancher Leute sogar komisch aussehen lässt, schränkte
sie das, was ich tun konnte, nicht sehr stark ein. Ich besuchte
eine normale Eliteschule, studierte an der Universität Cambridge
und erfreute mich einer erfolgreichen akademischen Laufbahn,
bis ich 2008 plötzlich die Herrschaft über meine Beine verlor.
Innert dreier Tage wurde ich von einem gehenden, Fahrrad
fahrenden, autonomen Individuum zu einer von den Hüften
abwärts gelähmten Person. Ich war im Spital in Newcastle ans
Bett gefesselt und benötigte zur Bewältigung aller erdenklichen
Körperfunktionen plötzlich die Hilfe von Krankenschwestern. Die
Rehabilitation von einer Rückenmarksverletzung ist für jeden eine
traumatische Erfahrung. Das Besondere an meinem Fall war,
dass ich nichts dagegen hatte, behindert zu sein – schliesslich
hatte ich mein ganzes Leben lang mit einer Behinderung gelebt.
Was mich zutiefst bekümmerte und beinahe zum Selbstmord
getrieben hätte, war die Tatsache, dass ich nun von anderen
abhängig geworden war.
Als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde und nach Hause
zurückkehrte, vermittelte mir meine Gemeinde im Nordosten
Englands eine Helferin, die mir jeden Morgen half, mich zu
duschen und auf den Tag vorzubereiten. Das fühlte sich sehr
merkwürdig an. Es handelte sich um eine leicht gelangweilte
junge Frau, die oft zu spät zur Arbeit kam und von der ich mir
dauernd Klagen über ihre eigenen Probleme anhören musste.
Doch seit 1996 ist es den britischen Gemeinden gestattet, ja sie
werden geradezu dazu ermuntert, direkt an die
Leistungsempfänger ein Assistenzbudget auszuzahlen. Als man
mir diese Möglichkeit anbot, willigte ich hocherfreut ein. Der
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zuständige Sozialarbeiter schätzte meinen Assistenzbedarf auf 22
Stunden pro Woche, und ich unterschrieb einen Vertrag. Danach
wurde mir das Budget für die veranschlagten Assistenzstunden
auf mein Bankkonto überwiesen, und ich bezahlte davon selber
die Person, die ich haben wollte, für genau die Hilfe, die ich
brauchte.
Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich beschloss, Leute anzustellen,
die ich bereits kannte. Das fiel mir leichter, als per Annonce völlig
fremde Personen zu suchen. Ich kannte viele verarmte Künstler,
die das Geld dringend gebrauchen konnten. Ausserdem dachte
ich mir, wenn ich schon so viel Zeit mit einem Assistenten
zubringen musste, dann wäre es doch angenehmer, wir teilten ein
paar Interessen. Wenn ich nun zu einer Tagung fahren wollte und
nicht sicher war, ob die Räumlichkeiten dort behindertengerecht
waren, bezahlte ich einfach meine Künstlerfreundin Lucy dafür,
mich zu begleiten. Als ich in Dänemark einen Vortrag hielt,
begleitete mich meine Freundin Wendy, eine Tänzerin, um mich
dort durch die Gegend zu schieben, zu tragen und mir sonst über
die Runden zu helfen.
Dasselbe galt fürs Einkaufen, Putzen und die Gartenarbeit, alles
Dinge, die ich früher eigenständig erledigen konnte, aber für die
ich nun die Hilfe anderer Leute brauchte. Dank der Tatsache,
dass ich selbst die Assistenten bezahlen konnte, wurde ich
wieder Herr meines eigenen Lebens, bekam wieder Kraft und
Selbstbewusstsein. Ich fühlte mich frei – auch wenn ich kaum
noch allein war.
Persönliche Assistenz brachte mir mehr Eigenverantwortung und
mehr Macht. Ich war zum Arbeitgeber geworden, was bedeutete,
dass ich selbst Leute anstellen, beaufsichtigen und ihre Steuern
abführen musste. Ich merkte, dass Künstler und Tänzer zwar
hervorragende Gesellschafter sein können, aber dass sie es mit
den Quittungen oft nicht so genau nehmen. Ich aber brauchte die
ganzen Belege, weil ich gegenüber dem South Tyneside Council,
der mir das Budget zur Verfügung stellte, über alle Einnahmen
und Ausgaben Rechenschaft ablegen musste. Menschen mit
Behinderungen, die in den Genuss einer persönlichen Assistenz
kommen, müssen in der Lage sein, den Papierkram in nützlicher
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Frist zu erledigen – eine Verantwortung, der nicht jeder
gewachsen ist. Wenn die Schweiz im Januar 2012 das PA-Modell
einführt, werden Organisationen wie das Zentrum für
selbstbestimmtes Leben eine entscheidende Rolle dabei spielen,
Menschen mit Behinderung darin zu instruieren, was sie als
Arbeitgeber ihrer Assistenten zu tun haben.
Ein PA kann im übrigen zu interessanten persönlichen und
emotionalen Konflikten führen. Ich entsinne mich, dass ich einmal
bei David, einem Freund mit einer neurologischen Behinderung,
der seit vielen Jahren seine eigenen Angestellten hat, zum
Abendessen eingeladen war. Sein PA bereitete die Mahlzeit und
zog sich dann zurück, statt mit uns gemeinsam zu essen.
Irgendwann merkte ich, dass er einfach in der Küche sass und
Zeitung las. Als der Wein ausgetrunken war, rief David nach ihm,
und der Assistent kam und schenkte neuen Wein ein. Der PA
beteiligte sich nicht an unserem Gespräch, sondern blieb stets im
Hintergrund, bis er gebraucht wurde. Ich fühlte mich beinahe in
die Welt vor dem Zweiten Weltkrieg zurückversetzt, als es noch
Hausangestellte und Diener gab.
Ich erfuhr, dass es unhöflich sei, einen PA ins Gespräch
einzubeziehen, weil die behinderte Person stets im Mittelpunkt
stehen solle. Es sei unerträglich, so argumentierten einige meiner
behinderten Kollegen, wenn sie zu irgendeiner gesellschaftlichen
Veranstaltung gingen und alles drehe sich nur um den PA und sie
selbst würden ignoriert. Aus demselben Grund beschäftigen die
meisten Menschen mit Behinderung aus meinem Bekanntenkreis
lieber fremde Personen und machen, anders als ich, einen
grossen Bogen um Freunde. Es sei viel leichter, eine
professionelle Distanz aufrechtzuerhalten, wenn man seinen PA
nicht persönlich kenne, besonders wenn er oder sie auch
Aufgaben im Intimbereich verrichten müsse. In dem Moment, wo
Freunde die Rolle eines Helfers übernähmen, verliere man seine
Privatsphäre und vielleicht auch die Gleichheit.
Um einen anderen Standpunkt kennenzulernen, sprach ich mit
Daniela, einer Rollstuhlnutzerin in den Vierzigern. Sie leidet an
einer genetisch bedingten progressiven Krankheit und hat eine
Behindertenzeitschrift herausgegeben. Daniela ist eine von 250
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Schweizer Behinderten, die während der letzten fünf Jahre am
nationalen PA-Pilotprojekt teilgenommen haben. Sie erzählte mir,
dass sie ihre Helfer per Anzeige am schwarzen Brett der
Universität suche. Sie habe immer mehr Bewerber gehabt, als sie
benötigte, aber «es ist schwer, Leute zu finden, die diese Aufgabe
ernst genug nehmen, egal, wie gut und entspannt die persönliche
Beziehung ist». Daniela weiss genau, was sie von ihren
Assistenten fordert: «Ich verlange hundertprozentige
Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Respekt, gute Arbeitsleistung,
einen akademischen Bildungsstand, ein sonniges Gemüt plus
Katzenfreundlichkeit!»
Wie andere Arbeitgeber kann auch Daniela ein Lied von all jenen
Angestellten singen, die die Anforderungen nicht erfüllten: die
Unzuverlässige, die nur die Hälfte der Zeit aufkreuzte; der
Alkoholiker, der eines Tages zugedröhnt zur Arbeit erschien; der
ewige Junge, der im Grunde selbst bemuttert werden wollte. «Es
ist schwer, ein guter Arbeitgeber zu sein», sagt sie, «fair und
gerecht und anspruchsvoll, aber nicht bärbeissig, pünktlich
zahlend, auch wenn das Geld vom Bund noch nicht eingetroffen
ist. Die Verwaltung ist sehr zeitaufwendig, aber es lohnt sich
absolut.»
Danielas Bericht bestärkt mich in meiner Überzeugung, dass die
persönliche Assistenz für behinderte Menschen eine echte
Befreiung ist. Viele werden zum ersten Mal in ihrem Leben in die
Lage versetzt, aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Wissenschaftliche Untersuchungen belegen ausserdem, dass
das Modell gegenüber der Heimbetreuung günstiger arbeitet.
Doch als Sozialwissenschafter finde ich das PA-Modell auch aus
sozialer und ethischer Perspektive höchst faszinierend. Die
Pioniere dieser Form der Unabhängigkeit aus den 1970er und
1980er Jahren lehnten die traditionellen Hilfsangebote
ausdrücklich ab. Mit unterschiedlichen Konsequenzen.
Erstens zogen diese Leute es vor, keine professionellen
Krankenpflegekräfte zu beschäftigen, die immer schon zu wissen
glaubten, was am besten sei. Stattdessen griffen sie auf
Ungelernte zurück, die sie anlernen konnten, wie sie es sich
wünschten. Doch manche Behinderten sind sehr verletzbar und
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werden leicht misshandelt, bestohlen oder ausgebeutet. Manche
Assistenten arbeiten für mehr als einen Arbeitgeber. Besteht dann
nicht die Gefahr, dass sich Klatsch und Tratsch in der oft eng
vernetzten Gemeinschaft der Behinderten verbreiten und dass die
Schweigepflicht gebrochen wird? Aus diesen Gründen sind hohe
professionelle und ethische Standards für persönliche Assistenten
meiner Meinung nach absolut unabdingbar.
Zweitens: Statt für die Unterstützung dankbar sein zu müssen,
zogen die meisten Menschen mit Behinderungen ein einfaches
Dienstleistungsverhältnis vor, das keine persönlichen
Verpflichtungsgefühle und Abhängigkeiten mit sich bringt. Sie
wollten Hilfsleistungen und Gefühle voneinander trennen. Aber
ich bin mir nicht sicher, ob dies wirklich möglich ist. Ein Mensch,
der von anderen Menschen unterstützt wird, befindet sich immer
schon in einer Beziehung. Die persönliche Assistenz enthält viele
subtile Momente, in denen es um Grenzen und Intimität geht, um
Privatheit und Vertraulichkeit. Manche Behinderten in meinem
Bekanntenkreis behandeln ihre persönlichen Assistenten wie
Knechte, während andere in ihnen eine Art Lebensgefährten
sehen.
Mit der Intimität ist auch die Frage nach der Sexualität
aufgeworfen. Was, wenn Sie jemandem begegnen, den Sie
attraktiv finden – aber der oder die geht lieber mit Ihrem PA aus
statt mit Ihnen? Man kann leicht eifersüchtig werden, zumal die
Assistenten in der Regel jünger sind als ihre behinderten
Arbeitgeber. Und was, wenn Sie tatsächlich zu den «Glücklichen»
zählen? Gehört es zu den Aufgaben eines PA, Ihnen das
Sexualleben zu erleichtern? Oder, falls Sie Single sind, Ihnen bei
der sexuellen Befriedigung zu helfen, wenn Sie nicht selbst dazu
fähig sind? Was ist, wenn Sie lesbisch oder schwul sind und Ihr
Assistent homophob? Solche und ähnliche Fragen führen
zweifellos hin und wieder zu Problemen. Es ist auch nicht
ungewöhnlich, dass sich zwischen einer behinderten Person und
ihrem PA eine erotische Beziehung entspinnt. Was dann? Kann
der PA weiter angestellt bleiben? Tut er oder sie jetzt das, was
vorher gegen Bezahlung erledigt wurde, um der blossen Liebe
willen?
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(….)
Ich selbst bin – als Soziologe ebenso wie als Mensch mit
Behinderung – nach wie vor fasziniert von den neuen Formen
professioneller Betreuung, von den neuen
Dienstleistungsbeziehungen und von den neuen persönlichen
und emotionalen Dilemmata des PA-Modells.
Kasten:
Tom Shakespeare ist Soziologe. Er lebt in Genf.
Der Text erschien in voller Länge im NZZ Folio Nr. 11/2011 zum
Thema Verantwortung.
© NZZ Folio
www.nzzfolio.ch
Publikation mit ausdrücklicher Zustimmung von NZZ Folio. Wir
danken für die freundliche Genehmigung.
Magazin
Die Kraft der Liebe
Olivier Schmid
Der Dokumentarfilm «Ursula – Leben in Anderswo» von Rolf
Lyssy erzählt die Geschichte der taubblinden Ursula Bodmer
und ihrer langjährigen Pflegemutter Anita Utzinger.
Behutsam nähert er sich der uns fremden Welt von Ursula.
Gleichzeitig ist der Film Zeugnis einer selbstlosen
Nächstenliebe.
Mitte der 1960er-Jahre wirkte Rolf Lyssy als Kameramann an der
Produktion des Dokumentarfilms «Ursula oder das unwerte
Leben» von Reni Mertens und Walter Marti mit. Der Film verfolgte
die Entwicklung des taubblinden Mädchens Ursula und
dokumentierte die Einzigartigkeit der Therapien und
Behandlungsmethoden, welche die Pädagogin Mimi Scheiblauer
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bei ihrer Arbeit mit Kindern mit unterschiedlichen Behinderungen
anwandte.
Im Jahr 2009 hat Rolf Lyssy die mittlerweile 60-jährige Ursula und
ihre Pflegemutter Anita Utzinger wieder getroffen. Aus dieser
Begegnung und aus Schwarz-Weiss-Sequenzen aus dem Film
von 1966 ist «Ursula – Leben in Anderswo» entstanden.
«Man muss sie einfach gern haben»
Ursula, sagt Anita, sei für sie stets ein Kind geblieben. Sie
hingegen ist mittlerweile 80-jährig – zu alt, um sich noch um
Ursula zu kümmern. «Wenn man ein behindertes Kind hat, darf
man eigentlich nicht alt werden», sagt sie. Mittlerweile wohnt
Ursula in einer Wohngruppe der «Tanne», einer Stiftung für Hörund Sehbehinderte. Aber regelmässig kommt Ursula sie
besuchen. «Ja, jetzt darfst du hüpfen», sagt ihr Anita bei der
Begrüssung.
Nach einer dreijährigen Odyssee durch ein Dutzend Heime hatte
die Heilpädagogin und Lehrerin für Hör- und Sehbehinderte die
damals 7-jährige Ursula vor 55 Jahren in ihre Obhut genommen.
Niemand wollte sich ihrer annehmen. Als Anita sie zum ersten
Mal auf ihren Armen trug, schloss sie sie sofort in ihr Herz: «Man
muss sie einfach gern haben.» Ursula war 4-jährig, aber klein wie
ein Baby. Die im damaligen Heimalltag systematisch
vernachlässigte Ursula konnte weder sitzen noch laufen. Die
Ärzte attestierten ihr Idiotie, Bildungsunfähigkeit und keine grosse
Lebenserwartung.
«Nichts ist im Verstand, das nicht vorher in den Sinnen war» (Locke)
Zusammen mit ihrem Vater brachte sie Ursulas drei Sinnen die
Welt näher. Noch heute, wenn Ursula sie besuchen kommt,
macht sie mit ihr zusammen einen Rundgang durch den Garten.
Ursula voran, Anita in ihrem Schlepptau, die Hände auf ihren
Schultern. Fast ist man unsicher, wer wen führt und stützt. Anita
stupft Ursula an, wenn sie stehenbleibt. Sie nimmt ihre Hand und
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führt sie an die Blüten der Pflanzen. Sie erklärt ihr, dass es im
Teich schon Molche habe.
Sie habe nie aufgehört, mit ihr zu sprechen. «Manchmal mussten
wir etwas hundert Mal wiederholen, manchmal zweihundert Mal,
bis sie es begriff – um es dann viel besser zu machen, auf ihre
Art.» Ihre Beharrlichkeit hat sich gelohnt: Mit der Zeit lernte
Ursula, anhand der Vibrationen die Bedeutung einzelner Wörter
zu erkennen. Aber dies sei nicht von einem Tag auf den anderen
gekommen, sondern erst nach Jahren.
Anita erzählt von ihrem Kampf um eine IV-Rente für Ursula. Sie
habe nie Ferien gemacht, weil sie sich ja um Ursula kümmerte.
Woher nahm sie ihre Kraft, all die Jahre lang? «Ich habe sie
einfach», sagt sie mit gebrochener Stimme, denn man müsse lieb
sein mit ihr, «das spürt sie, ob man lieb ist».
In der «Tanne» ruft die Betreuerin Gaby Weiss Ursula zu sich in
die Küche. Ursula erhebt sich aus dem Sofa, läuft auf ihre
traumwandlerische Art, die Arme leicht angewinkelt nach vorne
gestreckt, langsam durch die Stube, bleibt stehen, reibt sich, auch
dies eine ihrer typischen Gesten, die Augen, und geht schliesslich
weiter, als Gaby auf den Tisch klopft und ihr die Richtung angibt.
Am Küchentisch führt Gaby geduldig Ursulas Hand vom Teller, wo
die Apfelschnitze liegen, zum vorbereiteten Teig. Immer wieder.
Minutenlang. Bis Ursula begreift. Um nach drei Handgriffen
wieder innezuhalten. Ursula sei nicht auf die Welt gekommen, um
zu arbeiten, meint ein Betreuer lachend.
Taubblinde lassen sich nicht in ein System pressen, sie sind im
Jetzt, sagt Rolf Lyssy in einem der angenehm rar gesäten
Kommentare. Taubblinde Menschen machen uns bewusst, dass
Leben auch einfach ein Zustand sein könne und nicht immer
Fortschritt bedeuten müsse.
Ureigenes Tempo
Auf die Frage, wer Ursula als Person sei, meint der Betreuer:
«Man muss sie entdecken, wer sie ist. Wir sind immer noch dran,
es hört nicht auf.» Aber eine typische Eigenart von ihr sei ihr
Tempo. Man könne nicht in ihren Rhythmus eingreifen, ihn nicht
beschleunigen, man müsse ihn akzeptieren, wie er sei.
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35/53
Dies ist die Stärke des Films: dass er sich dem Tempo Ursulas
anpasst und die langen Kameraeinstellungen dem Zuschauer
erlauben, zu versuchen, sich in Ursula hineinzuversetzen. Dass
es beim Versuch bleibt, ist nicht dem Film anzulasten. Ursula lebt
in Anderswo.
Kasten:
«Ursula – Leben in Anderswo» ist in verschiedenen Schweizer
Städten im Schweizer Kino zu sehen. Die tagesaktuellen
Spielorte und Vorführungszeiten finden Sie auf der Internetseite
www.movies.ch/film/ursulalebeninanderswo. Die DVD zum Film
ist bald auf www.ursula-film.ch/de/home bestellbar.
Legende:
Ursula Bodmer ist taubblind. Sie lebt in Anderswo. (Nahaufnahme
von Ursula, die auf einem Sofa liegt) (Foto: Elia Lyssy)
iPhone-App – Der Licht-Detektor
Urs Kaiser
Kennen Sie die Situation? Sie sind blind und allein zu Hause. Die
sehenden Gäste haben sich fröhlich verabschiedet und Sie
wissen nun nicht: Ist das Licht ausgeschaltet oder nicht? Um das
festzustellen, gibt es im SZB-Shop ein Gerät für Fr. 66.50, den
LumiTest. Den gleichen Dienst erweist die iPhone-App «Light
Detector», die im App-Store für einen Franken zu erwerben ist.
Durch die Kameralinse des iPhone misst der Lichtdetektor die
Helligkeit des Bildausschnitts, auf den Sie die Kamera richten und
zeigt den Wert mit einem Signalton an. Je mehr Licht auf die
Kameralinse fällt, desto höher wird der Ton und umgekehrt. So
kann ich sogar bei Tageslicht feststellen, ob in meiner Küche das
Licht brennt. Wird der Ton nach dem Betätigen des Lichtschalters
höher, dann habe ich das Licht soeben eingeschaltet; wird der
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Ton hingegen tiefer, habe ich es ausgeschaltet. Mit Hilfe dieser
App gelingt es sogar, bei einem einseitig bedruckten Dokument
festzustellen, welches die bedruckte Seite ist. Auch bei der
Orientierung in einem grossen Raum kann die App hilfreich sein.
Da sie Lichtquellen anzeigt, kann ich durch Schwenken des
iPhones feststellen, in welcher Richtung sich beispielsweise die
Fenster befinden. Ob die App allerdings auch anzeigt, ob es sich
bei meinem Gegenüber um einen hellen Typ handelt, das ist zu
bezweifeln. Das muss ich schon selber raus bekommen.
Alto – das Telefon zum Telefonieren
Claudine Damay
Alto ist ein ganz einfaches, gut auf die Bedürfnisse
Sehbehinderter ausgerichtetes Mobiltelefon, mit dem man
anrufen, angerufen werden sowie SMS senden und empfangen
kann. Der Apparat hat eine ausgesprochen gut verständliche,
wahlweise männliche oder weibliche Sprachansage, ist ein
Schiebetelefon und wiegt nur 100 g. Der Display-Kontrast kann
mit hellem oder dunklem Hintergrund angepasst werden, die
Schriftgrösse ist optimal. Man kann das Gerät mit und ohne
Headset benutzen. Es besitzt eine Notruffunktion; in der
integrierten «Pillendose» lassen sich sechs Weckrufe für die
Medikamenteneinnahme vorprogrammieren. Die Eingabetasten
sind erheblich grösser als bei anderen derzeit handelsüblichen
Telefonen. Zum Aufladen schliesst man das Alto an den PC oder
eine normale Steckdose an. Zum Lieferumfang gehören
Ladestation, Adapter, USB-Kabel, Headset und Schutzhülle. Der
Apparat wird in Orange, Blau und Anthrazit angeboten und kostet
nur 149 Franken. Nach mehrstündigem Testen ist das Alto
unserer Meinung nach die ideale Lösung für alle, die ein
Mobiltelefon ohne unnötige Zusatzfunktionen lediglich zum
einfachen, bequemen Telefonieren suchen. Wir möchten darauf
hinweisen, dass wir keine eingehenden technischen Tests
vorgenommen haben, sondern die Anwenderfreundlichkeit
geprüft haben. Weitere Auskünfte erhalten Sie bei: Gold GMT
www.goldgmt.com, 032 725 21 21.
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Wenn die Leinwand spür- und tastbar wird
Ann-Katrin Gässlein
Kunst für Blinde und Sehbehinderte: Mit dem Projekt
«Berühren Sehen» hat das Walliser Kunstmuseum
zusammen mit dem SBV ein Angebot entwickelt, das im Jahr
2011 den Preis im nationalen Sehbehindertenwesen, die
«Canne blanche», erhielt.
Warum entwickelt ausgerechnet ein Kunstmuseum, das wie kaum
eine andere Institution auf visuelle Wahrnehmung setzt, eine
Ausstellung für Blinde? «Man kann die Frage auch anders
stellen», meint Liliane Roh, Verantwortliche für Bildung und
Vermittlung bei den Kantonsmuseen und Koordinatorin des
Projekts: «Welche Personengruppe ist am meisten von der Kunst
in kantonalen Institutionen ausgeschlossen? Da kommt man
rasch auf Blinde und Sehbehinderte.» Dabei sieht das 2004 in
Kraft getretene Gesetz über die Gleichstellung sehbehinderter
Personen vor, den Zugang zu Gebäuden, zu Information und
Kultur zu erleichtern. Als 2007 das Kunstmuseum neu
eingerichtet wurde, bot sich die Gelegenheit, zusammen mit der
Sektion Wallis und der Beratungsstelle Sitten des SBV ein
Angebot zu entwickeln, das auch blinden und sehbehinderten
Personen zugänglich ist. «‹Berühren Sehen› bezeugt unsere
Bemühungen um Integration und unseren Willen zur Beseitigung
von Schranken jeglicher Art, seien sie physischer, psychischer,
gesellschaftlicher oder kultureller Art», fasst Staatsrat Claude
Roch zusammen.
Zugang zur Malerei schaffen
Natürlich hatte das Walliser Kunstmuseum nicht als erstes die
Idee, ein Angebot für ein sehbehindertes Publikum zu schaffen.
Normalerweise stehen Skulpturen zur Verfügung. Aber der
Zugang zur Malerei – ohne das Original zu berühren – ist
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nochmals eine andere Herausforderung. Diese Vermittlung
geschieht in «Berühren Sehen» nun dreistufig: durch zwei- und
dreidimensionale Tastmodelle von Werken zum Anfassen, durch
mehrsprachige, für Sehbehinderte konzipierte Audio-Guides und
durch besondere Führungen. Dazu wurde das Personal des
Kunstmuseums vor Ausstellungsbeginn entsprechend geschult.
Geschichtsträchtige Schlösser werden sicher
Trepp auf, Trepp ab, durch verborgene Türen hinaus und durch
Seiteneingänge ins nächste Gebäude – im Walliser
Kunstmuseum atmet eine langjährige Vergangenheit. Die
Dauerausstellungen sind in den beiden Schlössern Majorie und
Vidomnat, dem ehemaligen Sitz des Bischofs von Sitten,
beheimatet. «Es war alles andere als einfach, ein Kunstmuseum,
das in einem historischen Gebäude untergebracht ist, für blinde
und sehbehinderte Personen zugänglich zu machen», erzählt
Liliane Roh. Mögen sich schon Personen sehenden Auges in den
Ecken und Winkeln des Schlosses verirren, muss sehbehinderten
Personen zunächst eine Vorstellung der Örtlichkeit vermittelt
werden. Dafür ist im Eingangsbereich des Museums ein Modell
mit der Breite einer Armspanne aufgestellt. Verschiedene
Materialien zeigen, wo sich Mauern, Felsen, Grünflächen oder
Wasserbecken befinden. Durch abnehmbare Dächer lässt sich in
die Räume «hineinschauen», um den eigenen Standort zu
verorten. Der folgende Rundgang durchs Museum wurde
analysiert und gesichert: Mit Treppengeländern und Markierungen
der Schwellen ist die Sicherheit und Orientierung für
sehbehinderte Personen gewährleistet.
Gemälde in zwei und drei Dimensionen
Das jüngste Kunstmuseum der Schweiz hat seit seiner Gründung
1947 die Aufgabe, regionales Kunstschaffen zu entdecken. Es
verwundert daher nicht, dass schon der erste Raum seine
Besucher mit dem Motto «Der erhabene Berg» begrüsst. In
dramatischen Licht-Schatten-Kontrasten, mit packender Aussicht
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39/53
und Wolkenansammlungen, oft in seiner Gewaltigkeit auch
übertrieben dargestellt, erscheinen die Alpen auf Ölgemälden des
18. Jahrhunderts. Pionier der Gebirgsmalerei ist Caspar Wolf,
dessen zwei Werke «Brücke und Dalaschlucht bei Leuk» (um
1775) zur Inspirationsquelle des ersten «Tastmodells» wurden.
Mit verschiedenen Materialien wurden die Felsen, die filigrane
Brücke, winzig erscheinende Menschen am Fuss der Schlucht
vor dem schäumenden Gebirgsbach eingefangen. Wo die Sonne
steht und in welchem Einfallswinkel Strahlen ins Wasser treffen –
das erklärt die Mediatorin, während sie die blinden Besucher an
das Werk heranführt.
Bei anderen Werken stehen andere Methoden, aber immer der
Tastsinn im Vordergrund. Für «Die Wäscherinnen» wurden
verschiedene Bildebenen in Rahmen gesetzt, die gleichsam
weggeklappt werden können, um bis in den Hintergrund des
Bildes vorzudringen. Zusätzliche Muster der bemalten Leinwand
veranschaulichen die Maltechnik und den Pinselstrich – aber
auch Materialien wie die Steinmauer, den Waschtrog aus Holz
und die Wolle der Kleider. «Eine Person, die von Geburt an blind
ist, entwickelt Vorstellungen, die auf nichtvisuellen
Wahrnehmungen beruhen, über andere Sinne – Tastsinn, Gehör,
Geruch, Geschmack – und über den gesellschaftlichen und
persönlichen Austausch», erklärt Denise Javet, Ergotherapeutin
für Sehbehinderungen bei der Beratungsstelle Sitten des SBV
und Kunsthistorikerin. «Unsere Arbeit besteht nun darin, diese
beiden Elemente zusammenzubringen und es so zu ermöglichen,
eine eigene und persönliche Vorstellung des Bildes oder anderer
visueller Phänomene zu machen.» So gehört zur Ausstellung
immer eine persönliche Begleitung; der Besuch wird interaktiv
durch die Erzählungen und Beschreibungen der geschulten
Führer. Daneben setzt das Museum auch auf einen speziellen
Audio-Guide, der Kommentare zu 30 Werken auf Deutsch,
Französisch und Englisch vermittelt.
Kasten:
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Detaillierte Informationen zu den Führungen auf Anfrage oder auf
der Website:
www.museen-wallis.ch
Verband
2013 bekommt der SBV neue Statuten
Jean-Marc Meyrat
Die letzte Revision der SBV-Statuten fand 2005 statt. Seit
mehreren Monaten beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe im
Auftrag der Delegiertenversammlung 2011 mit einer
kompletten Überarbeitung unseres Grundlagenpapiers. Ein
Interview mit SBV-Präsident Remo Kuonen.
«der Weg»; Wie ist die Vorbereitung bisher gelaufen?
Remo Kuonen: Es wurde eine Arbeitsgruppe bestehend aus neun
Personen unter meiner Leitung gebildet: drei Mitglieder des
Zentralvorstands, drei Sektionspräsidenten als Vertreter der drei
linguistischen Regionen, zwei Vertreter der
Delegiertenversammlung und der Zentralsekretär des SBV. In
sechs Sitzungen erstellte diese AG einen Vorentwurf, der dem
Zentralvorstand, den Sektionsräten und den beiden
Regionalkommissionen zur Stellungnahme vorgelegt wurde.
«der Weg»; Welche Grundlinie verfolgen die neuen Statuten?
Kuonen: Der Grundsatz lautet Vereinfachung. Ich möchte hier
nicht allzu sehr ins Detail gehen, aber wir wollen ein Rahmenwerk
schaffen, das genügend Spielraum bietet, damit später je nach
Bedarf Richtlinien herausgegeben werden können, ähnlich wie
die Verfassung, auf deren Grundlage Gesetze erlassen werden.
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Hauptmerkmal der neuen Statuten ist die Berücksichtigung der
unterschiedlichen Erwartungen der Sektionen. Einige davon
wünschen sich mehr Eigenständigkeit, um sich beispielsweise in
der Lokalpolitik zu engagieren, andere sind eher geneigt, diese
Aufgaben den professionellen Strukturen zu überlassen und sich
lieber für die Organisation von Freizeitaktivitäten einzusetzen. Die
AG hat deshalb Wert auf verstärkte Autonomie und die
Übertragung von mehr Verantwortung auf die Sektionen gelegt,
denen nach wie vor ein Verwaltungsinstrument zur Verfügung
steht. Dadurch können sie sich so aufstellen, wie sie selbst es für
richtig halten.
«der Weg»; Wie sollen die Kriterien für die Aufnahme neuer Mitglieder aussehen?
Besteht nicht die Gefahr, dass unterschiedliche Messlatten angelegt werden?
Kuonen: Bewerber werden zunächst Mitglied einer Sektion, die
sie anschliessend im Zentralregister einträgt. Das bedeutet, dass
die Sektionen über Aufnahmeanträge befinden müssen.
Allerdings wird es eine Reihe Kriterien geben, die im Grossen und
Ganzen den heute geltenden entsprechen. Die einzige
Einschränkung ist der Wohnort. Das neue Mitglied muss
zwingend im Gebiet der jeweiligen Sektion wohnen.
Grundsätzlich hat jede Person, die sich an ein Verwaltungsorgan
wendet, Anspruch auf Überprüfung. Fühlt sie sich durch eine
Ablehnung ungerecht behandelt, kann sie jederzeit bei einer
höheren Instanz Widerspruch einlegen, in diesem Fall an den
Zentralvorstand.
Damit es bei der Beurteilung keine allzu grossen Unterschiede
zwischen den Sektionen gibt, sehen die neuen Statuten die
Gründung eines Sektionsrats vor. Dieses Organ soll zu
Entscheidungen über regionale und lokale Probleme befugt sein.
All das muss natürlich koordiniert werden. Der Sektionsrat ersetzt
nicht die Regionalkommissionen oder die derzeitige Konferenz
der Sektionspräsidenten.
«der Weg»; Wie wird die Delegiertenversammlung aussehen?
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Kuonen: Schon seit einigen Jahren stehen wir vor dem Problem,
dass die Delegiertenversammlung exponentiell wächst: Derzeit
sind es 64 Delegierte. Die AG ist zu dem Schluss gekommen,
dass wir, um auch künftig hochwertige Arbeit leisten zu können,
die Delegiertenversammlung nach dem Vorbild des Bundesrats
zahlenmässig begrenzen müssen, und zwar auf höchstens 40
Delegierte; die Verteilung müsste auf der Mitgliederzahl der
jeweiligen Sektionen basieren. Natürlich gäbe es eine
Mindestanzahl Vertreter.
«der Weg»; Und was wird aus dem Zentralvorstand?
Kuonen: Die AG schlägt vor, die Zahl der Mitglieder von neun auf
sieben zu reduzieren. Angesichts der Komplexität der Vorgänge
sind wir zudem zu dem Schluss gekommen, dass ein
zweijähriges Mandat zu kurz ist. Man muss zugestehen, dass
allein für die Einarbeitung mindestens ein Jahr erforderlich ist.
Deshalb schlägt die AG vor, dass die ZV-Mitglieder jeweils für
eine vierjährige Amtszeit gewählt werden und zweimal
wiedergewählt werden können.
«der Weg»; In welcher Form berücksichtigt der Statutenentwurf die Regionen?
Kuonen: Früher wurde stets auf eine ausdrückliche Formulierung
der kulturellen bzw. sprachlichen Gleichstellung gepocht, im
Klartext: auf die Respektierung der Minderheiten. Durch die
Autonomie der Sektionen versteht es sich meiner Meinung nach
von selbst, dass diese Forderung eingehalten wird, ähnlich wie in
den Statuten, die seit Jahren in unserer Tessiner Sektion gelten.
«der Weg»; Erfolgt diese Statutenrevision nicht etwas überstürzt?
Kuonen: Das Vernehmlassungsverfahren sieht ja vor, dass der
Vorentwurf dem Zentralvorstand, den Sektionsvorständen und
den beiden Regionalkommissionen zur Stellungnahme vorgelegt
wird, damit diese Instanzen Gelegenheit haben, die in diesem
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Papier enthaltenen grundsätzlichen Änderungen zu überdenken
und dazu Stellung zu nehmen. Die Arbeitsgruppe sammelt alle
Kritikpunkte und Vorschläge und erstellt dann einen
Statutenentwurf, der im Herbst 2012 nochmals auf allen Ebenen
unseres Verbands diskutiert wird, bevor sich dann bis Jahresende
die Delegiertenversammlung dazu äussert.
Legende:
SBV-Präsident Remo Kuonen (Foto: P. W. Henry)
Veranstaltungen
Sektion Aargau-Solothurn
03.04.
24.04.
01.05.
10.05.
15.05.
Stammtisch-Kaffeetreff von 14.00–16.30 Uhr in der
Aarauerstube beim Bahnhof in Aarau. Auskunft erteilt:
Verena Müller 062 721 51 67
Ausflug ins Technorama in Winterthur. Anmeldung bis
13. April bei: Verena Müller, 062 721 51 67,
[email protected]
Stammtisch-Kaffeetreff von 14-16.30 Uhr in der
Aarauerstube beim Bahnhof in Aarau. Auskunft erteilt:
Verena Müller, 062 721 51 67
Oltner Kabarettage, Stadttheater Olten, 20.00 Uhr,
Organisation: Martin Guldimann, 062 212 77 20
Wanderung mit Grillplausch und musikalischer
Unterhaltung. Anmeldung bei: Barbara Fehr und Roman
Schober von 19.00–20.00 Uhr 062 824 77 70
(Verschiebedatum: 22.05.)
18.–20.05.
Literatur im Dunkelzelt in Solothurn. Spannende
Begegnungen mit Autorinnen und Autoren. Vorgetragen
von der blinden Radiomitarbeiterin Yvonn Scherrer.
Anmeldung und Auskunft: Urs Kaiser, 076 339 50 31
[email protected]
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Sektion Bern
28.03.
02.04.
21.04.
25.04.
07.05.
Stammtisch im «a familia portugesa»
Mittagstisch in der Villa Stucki
Besichtigung Lötschbergtunnel und Tropenhaus in
Frutigen. Anmeldeschluss 1. April.
Stammtisch im «a familia portugesa»
Mittagstisch in der Villa Stucki
Sektion Berner Oberland
08.03
02.04
12.04
21.04
27.04
10.05
25.05
11.06
Freizeitgruppe Brigitta Stehli, Tel. 034 461 89 88, Bruno
Seewer, Tel. 033 657 10 58
Selbsterfahrungsgruppe, Hansueli Lüthi, Tel. 033 453
14 22, Rösli Polgar, Tel. 033 336 38 55
Freizeitgruppe
Frühlingsausflug zur Schokoladenfabrik in Broc
Freitagstreff: Yvonne und Jürg Albisser/Gut, Tel. 033
437 25 82
Freizeitgruppe
Freitagstreff
Selbsterfahrungsgruppe
Sektion Nordwestschweiz
21.03.
31.03.
18.04.
28.04.
16.05.
20.05.
26.05.
Document1
Freizeitgruppe im Blindenheim um 14.30 Uhr
Wanderung: Wanderleiter Beni Karle, Tel. 061 225 58
88
Freizeitgruppe im Blindenheim um 14.30 Uhr
Wanderung: Wanderleiter Heiri Weder, Tel. 032 621 21
50
Freizeitgruppe im Blindenheim um 14.30 Uhr
Prima Vista Geburtstag
Wanderung: Wanderleiter Ruth und Otto Meister, Tel.
061 421 78 69
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Sektion Ostschweiz
05.03.
02.04.
15.04.
21.04.
06.05.
07.05.
Stamm, Rest. Brasserie, ab 19.00 Uhr, beim HB St.
Gallen
Stamm, Rest. Brasserie, ab 19.00 Uhr, beim HB St.
Gallen
Wanderung «Romanshorn», 08.45 Uhr bei
Appenzellerbahn am HB St. Gallen, ohne Anmeldung,
weitere Info 14 Tage vorher auf Televox
Frühlingsanlass: «klingende Steine» in Kradolf,
interessante Objekte selber zum Klingen bringen,
weitere Info in Post und Televox 031 390 88 88
(126612), Anmeldeschluss: 13.4.2012
Tandem-Erlebnis am Bodensee, Start in Romanshorn,
Distanz ca. 50–70 km, weitere Info in Post und Televox
031 390 88 88 (126612)
Stamm, Rest. Brasserie, ab 19.00 Uhr, beim HB St.
Gallen
Sektion Zürich
10.03.
27.03.
31.03.
04.04.
Document1
Mitgliederversammlung Sektion Zürich im Volkshaus mit
Gastreferent Prof. Dr. Josef Zweimüller, Institut für
empirische Wirtschaftsforschung zum Thema:
«Welchen Einfluss hat die Quote auf die Eingliederung
behinderter Menschen in den ersten Arbeitsmarkt?»
Kontaktgruppe Enge. Kirchgemeindehaus Enge, Zürich,
14.00–16.00 Uhr
Samstags-Lunch: Rest. Brunnentor, Brunnenstrasse 21,
8610 Uster, Zeit: 11.30–13.30 Uhr Anmeldung bei Urs
Lüscher 044 940 93 10 oder [email protected]
Wandergruppe Merkur Greifensee-Maur, Anmeldung
bei Maya + Gilbert Monnerat, Tel. 044 741 23 49
(Ersatzdatum 02.05.)
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14.04.
24.04.
28.04.
08.05.
Wandergruppe Soleblitz, Hütten, Sternensee,
Richterswil, Anmeldung bei Marianne + Walti Ogi, Tel.
044 432 28 28 (Ersatzdatum 26.05.)
Kontaktgruppe Enge. Kirchgemeindehaus Enge, Zürich,
14.00–16.00 Uhr
Samstags-Lunch: Rest. Brunnentor, Brunnenstrasse 21,
8610 Uster, Zeit: 11.30–13.30 Uhr, Anmeldung bei Urs
Lüscher 044 940 93 10 oder [email protected]
Besuch im Bundeshaus, Anmeldung bei Urs Lüscher
044 940 93 10 oder sbv.zh@ buero-lektro.ch
Inserate
Vocatex plus (HD)
unsere Erfahrung – Ihr Vorteil!
Das Lesegerät, das Sie optisch und akustisch unterstützt. Sie
lassen sich längere Texte einfach vorlesen. Handgeschriebene
Texte und Bilder lesen und betrachten Sie in Echt- und
verschiedenen kontrastverstärkten Falschfarben. Vocatex, das
audiovisuelle Lesegerät wird seit 2009 produziert und erfolgreich
eingesetzt. Nun ist bei Accesstech der Nachfolger erhältlich. Die
lange Erfahrung und nun vielen Neuerungen überzeugen uns.
Wann lassen Sie sich von Vocatex vorlesen? Informieren Sie sich
bei accesstech ag:
Luzern 041 227 41 27
St. Gallen 071 277 44 11
Neuchâtel 032 725 32 25
www.accesstech.ch
[email protected]
Öffnungszeiten Zentralsekretariat in Bern
Ab dem 1. April bleibt die Zentrale/Empfang am
Freitagnachmittag jeweils geschlossen.
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Montag bis Donnerstag gelten weiterhin folgende Öffnungszeiten:
8 h bis 12 h und 13 h 30 bis 17h. Freitagvormittag sind wir von 8
h bis 12 h für Sie da. Am Freitagnachmittag regeln die Bereiche
selbst, wie sie erreichbar sind.
AMMEC HDMI – der sprechende Videorekorder
Der AMMEC HDMI (Accessible Multi Miedia Entertainment
Center) ist ein Aufnahme- und Wiedergabegerät für digitalen
Fernseh- und Rundfunkempfang sowie zum Abspielen von CDs
und DVDs. Sämtliche Funktionen und Gerätemeldungen werden
gesprochen. Möglichkeiten:
− Nutzung von EPG (elektronischer Programmführer)
− Timergestützte Aufnahme eines Fernseh- oder
Rundfunkbeitrags per Tastendruck
− Gleichzeitiges Aufnehmen und Abspielen von Beiträgen
− Schneiden von Filmen
− Brennen von Filmen auf DVD (mit Ausnahme von HDBeiträgen)
− Teletextfunktion
− Bedienung über blindengerechte Fernbedienung
Der AMMEC kann mit einem Kabel-, DVTB- oder Satellitentuner
bestellt werden. Er setzt einen modernen Flachbildfernseher
voraus und ist in allen Kabelnetzen einsetzbar, welche
unverschlüsselte Programme abstrahlen, wie z.B. im Netz HasleRüegsau und Umgebung.
Für eine Gerätevorführung bei Ihnen zu Hause stehen wir gerne
zur Verfügung.
INVASUPPORT, Ihr Spezialist für Vorlesegeräte,
Friedackerstrasse 8, 8050 Zürich
Tel.: 044 317 90 14, E-Mail: [email protected]
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Werden Sie unabhängig –
mit Hilfsmitteln von Accesstech
– Brailledrucker
– Sprachausgaben
– Vergrösserungssoftware
– Bildschirmlesesoftware
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Unser umfassender Service von a bis z:
– kompetente Bedarfsabklärung und Beratung
für berufliche und private Arbeitsplatzlösungen
– Demoraum, in dem wir Ihnen Hilfsmittel von
den führenden Produzenten zeigen können
– wir stellen für Sie IV- / AHV-Anträge aus
– Lieferung, Installation und Schulung vor Ort
– Support und Reparaturen
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fon: 041 227 41 27
niederlassungen/succursales
st. gallen, rosenbergstr. 87
fon: 071 277 44 11
neuchâtel, crêt-taconnet 12a
fon: 032 725 32 25
Cooltour –
besser als Ferien
Das Sommercamp «Cooltour» erwartet dich mit einem vielfältigen
Angebot – Kampfkunst, Freestyle-Sport, Breakdance, Radio,
Film, Graffiti, Zirkus und viel mehr.
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Bist du zwischen 10–19 Jahre alt und hast du Lust auf
Abwechslung und Abenteuer? Dann bist du bei Cooltour genau
richtig. Das Camp findet vom 28. Juli – 3. August in Bern statt.
Mehr Infos findest du unter: www.cooltour.ch oder 031 932 36 32
Blindenfreund-Kalender 2013
Lebenskraft durch Kräuter – Kräuter bringen Farbe in die Gärten
und auf die Balkone, Sonnenhut und Arnika leuchten,
Gurkenkraut und Melisse stimmen fröhlich, Dill ist aromatisch,
und alle sind sie für unsere Gesundheit wertvoll.
Das Bergwetter geht uns alle etwas an, denn unser Land wird in
besonderem Masse von der Witterung im Gebirge beeinflusst.
Erholung und einen Einblick in den Rhythmus der Natur gewährt
der Wildnispark in Zürich. Das Cartoonmuseum in Basel lädt ein
zum Lachen und Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken.
Wertvolle Tipps, Rezepte, ein ausführliches Kalendarium mit
Marktkalender finden Sie ebenso in diesem Kalender.
Im Alltag stossen blinde und sehbehinderte Menschen auf
zahlreiche Barrieren. Der Schweizerische Blindenverband setzt
sich dafür ein, dass die Barrieren eliminiert werden. Helfen auch
Sie, bestellen Sie den Blindenfreund-Kalender. Herzlichen Dank!
Preis: 19.50
Bestelladresse: Hallwag Kümmerly+Frey AG, Grubenstrasse 109,
3322 Schönbühl
Telefon 0848 808 404, [email protected]
News aus dem Kurssekretariat
Das Kursjahr ist im vollen Gange und wir konnten schon einige
Events erfolgreich durchführen.
Wir nutzen die Gelegenheit, um auf die nächsten Kurse
aufmerksam zu machen, die noch über freie Plätze verfügen.
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Ergreifen Sie die Gelegenheit und melden Sie sich im
Kurssekretariat. Wir geben Ihnen gerne weitere Auskünfte über:
– Punktschriftkurs: 2.–12. Mai 2012
– Wege zur Enthinderung: 13.–17. Juni 2012
– Sommer im Saanenland: 25. Juni –6. Juli 2012
Nicht im Programm ausgeschrieben ist der Steelband-Workshop
im Hotel Solsana von Donnerstag, 31.5. bis Samstag, 2.6.2012.
Die detaillierte Ausschreibung erhalten Sie ebenfalls im
Kurssekretariat.
Wir freuen uns über Ihr Interesse.
Kurssekretariat Deutschschweiz
Gutenbergstrasse 40b, 3011 Bern
Tel. 031 390 88 37
[email protected]
2. Jugendweekend
Bist du zwischen 18 und 35 Jahre alt? Möchtest du eine
Schlauchbootfahrt auf der Aare miterleben? Hast du auch
Interesse an Informatikworkshops zu den Themen
Musikdownload, Hardware eines Computers, IT-Sicherheit, das
IPhone mein Begleiter, Firefox und E-Banking oder einem
Kochkurs? Dann bist du bei uns genau richtig.
Wir organisieren ein Jugendweekend, an welchem du all dies
erleben kannst:
Datum: Freitag, 29. Juni 2012 bis Sonntag, 1. Juli 2012
Ort: Lagerhaus Adonia, Vordemwald, Zofingen
Kosten: Fr. 50.–
Wenn du interessiert bist, dann melde dich bis am 30. April 2012
per E-Mail an bei:
[email protected]. Die Anmeldungen werden nach dem
Anmeldedatum berücksichtigt. Die Teilnehmerzahl ist beschränkt.
Wir freuen uns auf deine Anmeldung.
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Freiwillige Helfer
Für unsere Delegiertenversammlung vom 23. Juni 2012 in Olten
suchen wir
8 bis 10 sehende freiwillige Helfer
Das erwarten wir von Ihnen:
– Präsenz in Olten von 9.00–17.00 Uhr
– Etwas Französischkenntnisse
– Begleiten der Delegierten vom Bahnhof zum Hotel und zurück
– Betreuung vor Ort
– Bereitschaft, allenfalls Führhunde zum Versäubern nach
draussen zu bringen
Das können wir Ihnen bieten:
– Interessante und lohnende Begegnungen mit blinden und
sehbehinderten Menschen
– Einführung in Ihre Aufgabe
– Einsatzleitung vor Ort
– Schriftliche Helferinfos
– Ein T-Shirt
– Ersatz Ihrer Spesen
– Verpflegung
Interessiert? Dann melden Sie sich doch bitte bis spätestens am
31. Mai 2012 im SBV-Zentralsekretariat, Gutenbergstrasse 40b in
3011 Bern bei Frau Marja Kämpfer (Tel. 031 390 88 03 oder
[email protected]) oder Frau Sonia Pio (Tel. 031 390
88 04 oder [email protected])
Impressum
Offizielle Zeitschrift des Schweizerischen Blinden- und
Sehbehindertenverbandes (SBV) im 99. Jahrgang. Erscheint
sechsmal im Jahr in Grossdruck, in Braille, im DAISY-Format, im
Elektronischen Kiosk, teilweise auf www.sbv-fsa.ch sowie auf
Bestellung per E-Mail (ohne Fotos) in Deutsch und Französisch
(«clin d’œil»).
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Herausgeber: SBV
Redaktion: Naomi Jones, Jean-Marc Meyrat und Olivier Schmid
Umschlaggestaltung: Büro Grotesk.cc
Layout: Claudia Holzer, Ediprim AG, Biel
Übersetzungen: USG Übersetzungs-Service AG
Druck: Ediprim AG, Biel/Bienne
Druck auf umweltfreundliches FSC-Papier
Brailleumwandlung und -druck:
Hanni Wüthrich, Anton Niffenegger
DAISY: Paul Güntert Tonstudio
ISSN (Schwarzschrift): 1422-0490
ISSN (Blindenschrift): 1422-0504
Für Mitglieder des SBV: gratis. Jahresabonnement für
Nichtmitglieder: Fr. 28.– (Inland), Fr. 34.– (Ausland). Postkonto:
30-2887-6
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 10. April 2012
Thema: Familie
Anregungen bitte an: Redaktion «der Weg / clin d’œil»
Schweizerischer Blinden- und Sehbehindertenverband,
Gutenbergstrasse 40b, 3011 Bern, Tel. 031 390 88 00; Fax 031
390 88 50
[email protected], www.sbv-fsa.ch
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