Seite - beim Kanton Aargau

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GROSSER RAT
WORTPROTOKOLL
40. Sitzung vom 4. November 2014 von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr (Art. 0632 - 0650)
Vorsitzender:
Dr. Markus Dieth, Wettingen, Vizepräsident 1
Protokollführung:
Rahel Ommerli-Peyer, Ratssekretärin
Präsenz:
Anwesend 128 Mitglieder (Martin Keller, Obersiggenthal, bis 15.35
Uhr; Bruno Gretener, Mellingen, bis 15.35 Uhr; Marlène Koller,
Untersiggenthal, bis 15.40 Uhr; Antoinette Eckert, Wettingen, bis
15.40 Uhr; Edith Saner, Birmenstorf, bis 15.40 Uhr; Kurt
Emmenegger, Baden, bis 16.20 Uhr; Urs Plüss, Zofingen, bis 16.35
Uhr; Viviane Hösli, Zofingen, bis 16.35 Uhr; Marco Beng, Berikon, bis
16.40 Uhr, Flurin Burkard, Waltenschwil, bis 16.45 Uhr)
Abwesend mit Entschuldigung 12 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Dr. Roland Bialek, Buchs; Josef Bütler,
Spreitenbach; Thierry Burkart, Baden; Jean-Pierrre Gallati, Wohlen;
Thomas Inniger, Hägglingen; Franco Mazzi, Rheinfelden; Ruth Jo.
Scheier, Wettingen; Dr. Bernhard Scholl, Möhlin; Sukhwant SinghStocker, Möhlin; Monika Stadelmann, Bad Zurzach; Gottlieb
Trachsler, Gontenschwil; Ruedi Weber, Menziken
Behandelte Traktanden
Seite
0632 Zur Traktandenliste
1669
0633 Postulat Marianne Binder-Keller, CVP, Baden, vom 4. November 2014 betreffend bessere
Qualitätskontrolle und Qualitätsmanagement der privaten Schulung beziehungsweise
"Homeschooling" im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
1669
0634 Interpellation Martin Brügger, SP, Brugg, vom 4. November 2014 betreffend Verkauf Juraweid
in Biberstein; Einreichung und schriftliche Begründung
1670
0635 Interpellation Bruno Gretener, FDP, Mellingen, vom 4. November 2014 betreffend
Beschwerdeverfahren "Strassenbauprojekt (Umfahrung Mellingen)" des VCS und WWF
gegen den Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
1671
0636 Interpellation Andreas Glarner, SVP, Oberwil-Lieli, vom 25. März 2014 betreffend China-Reise
von Schulleitungsmitgliedern der Kantonsschule Wohlen und weitere Auslandreisen;
Beantwortung und Erledigung
1671
0637 Interpellation Kathrin Scholl-Debrunner, SP, Lenzburg, vom 24. Juni 2014 betreffend
Anwendung von § 10 Abs. 6 im Gesetz über die Anstellung von Lehrpersonen GAL;
Beantwortung und Erledigung
1678
0638 Motion Wolfgang Schibler, SVP, Bettwil, vom 4. März 2014 betreffend Ruhegehälter der
Mitglieder des Regierungsrats; Überweisung an den Regierungsrat
1680
1667
0639 Motion der Fraktionen der BDP, CVP, FDP und SVP (Sprecherin Maya Meier, SVP, Staufen)
vom 3. Juni 2014 betreffend periodische, systematische Leistungsanalyse und zusätzliche
Befristung von neuen Staatsaufgaben; Überweisung an den Regierungsrat
1687
0640 Interpellation der GLP-Fraktion vom 3. Juni 2014 betreffend Kompensationspflicht von nicht
umsetzbaren Sparmassnahmen; Beantwortung und Erledigung
1693
0641 Interpellation der GLP-Fraktion vom 3. Juni 2014 betreffend Nachhaltigkeitsbeurteilung der
Sparmassnahmen in Kompetenz des Regierungsrats; Beantwortung und Erledigung
1696
0642 Interpellation der FDP-Fraktion vom 25. März 2014 betreffend Anzahl Projekte, Konzepte und
Arbeitsgruppen in den Departementen; Beantwortung und Erledigung
1698
0643 Motion Theres Lepori, CVP, Berikon, vom 7. Januar 2014 betreffend Erweiterung des
Steuerabzuges für pflegende Angehörige, welche nicht im gemeinsamen Haushalt leben;
Umwandlung in ein Postulat; Überweisung an den Regierungsrat
1703
0644 Motion der Fraktion der Grünen (Sprecherin Irène Kälin, Lenzburg) vom 20. Mai 2014
betreffend Beschränkung des kantonalen Steuerabzugs für den Arbeitsweg; Ablehnung
1709
0645 Motion Alois Huber, SVP, Möriken-Wildegg (Sprecher), Ralf Bucher, CVP, Mühlau, Andrea
Moll-Reutercrona, FDP, Sins, Ruedi Weber, Grüne, Menziken, Barbara Portmann-Müller,
GLP, Lenzburg, und Rosmarie Groux, SP, Berikon, vom 20. Mai 2014 betreffend Revision des
kantonalen Landwirtschaftsgesetzes aufgrund der neuen Agrarpolitik 2014–2017;
Überweisung an den Regierungsrat
1714
0646 Postulat Sämi Richner, EVP, Auenstein, vom 1. Juli 2014 betreffend Gesamtüberprüfung der
geplanten Strassen- und kantonalen Radroutensanierung Rohr-Auenstein-Rupperswil;
Ablehnung
1719
0647 Interpellation Sämi Richner, EVP, Auenstein, vom 3. Juni 2014 betreffend Entsorgung des bei
der Ausbaggerung des Klingnauer Stausees anfallenden gifthaltigen Sedimentschlamms;
Beantwortung und Erledigung
1723
0648 Auftrag der Fraktion der Grünen vom 25. März 2014 betreffend Erneuerung Gründungsvertrag
der Nordostschweizerischen Kraftwerke AG (NOK); Ablehnung
1726
0649 Interpellation Martin Christen, SP, Spreitenbach, vom 25. März 2014 betreffend Altlasten der
AKWs Beznau 1 und 2 auf dem Grund des Atlantik; Beantwortung und Erledigung
1730
0650 Interpellation Martin Christen, SP, Spreitenbach, vom 4. März 2014 betreffend Gefahren und
Risiken der Altreaktoren Beznau 1 und 2; Beantwortung und Erledigung
1734
1668
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Ich begrüsse Sie zur 40. Sitzung der Legislaturperiode
2013/2016.
0632 Zur Traktandenliste
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Es liegt uns ein Ordnungsantrag vor. Sämi Richner stellt einen
Antrag zur Traktandenliste. Er beantragt, die Traktanden Nr. 22 und 23 auf circa 16.15 Uhr
vorzuziehen. Dies, damit er bei der Behandlung dieser Vorstösse noch dabei sein kann. Unseres
Erachtens ist dieser Ordnungsantrag zulässig. Nachdem Sie keine Fragen haben oder andere
Anträge stellen, möchte ich über diesen Antrag abstimmen.
Abstimmung
Dem Ordnungsantrag von Sämi Richner wird mit 100 gegen 17 Stimmen zugestimmt.
0633 Postulat Marianne Binder-Keller, CVP, Baden, vom 4. November 2014 betreffend bessere
Qualitätskontrolle und Qualitätsmanagement der privaten Schulung beziehungsweise
"Homeschooling" im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Marianne Binder-Keller, CVP, Baden, und 30 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird
folgendes Postulat eingereicht:
Text:
Ich bitte den Regierungsrat folgende Massnahmen zu prüfen:






Personen, welche Kinder privat schulen möchten, haben einen Grundlagenkurs in Didaktik an
einer Pädagogischen Hochschule zu absolvieren.
Kinder, welche zu Hause geschult werden, müssen obligatorisch an Leistungschecks
teilnehmen, welche seit dem Schuljahr 2013/14 an den Volksschulen der Kantone Aargau,
Basel-Landschaft, Basel-Stadt und Solothurn schrittweise eingeführt worden sind, um die
Bildungsziele zu überprüfen.
Pro Semester soll mindestens ein unangemeldeter (!) Besuch der häuslichen Schulung durch
das Inspektorat Volksschule stattfinden, samt Berichterstattung über die fachliche, didaktische
und pädagogische Qualität des Unterrichts an die zuständige Schulpflege.
Erhebung eines Erfolgsmonitorings bei den Übertritten an die Volksschule und weiterführende
Schulen.
Erhebung eines Monitorings über die Gründe, weshalb Eltern ihre Kinder nicht in die Volksschule
schicken.
Einführung einer Bewilligungspflicht und nicht nur eine Meldepflicht für Kinder, welche zu Hause
geschult werden.
Begründung:
Gemäss § 4 Abs. 4 des kantonalen Schulgesetzes kann die Schulpflicht auch im Rahmen einer privaten Schulung erfüllt werden. Die private Schulung steht – wie auch die Privatschulen – unter staatlicher Aufsicht (§ 58a Abs. 1 SchG). Das Schulgesetz verlangt, dass bei einer solchen häuslichen
Schulung durch die Eltern, Pflegeeltern oder durch eine Drittperson der genügende Unterricht nachgewiesen werden muss (§ 58 Abs. 3 SchG).
Geht es um die Qualitätskontrolle über die private Schulung und den Auflagen an diese nimmt es der
Kanton Aargau jedoch im interkantonalen Vergleich ausserordentlich locker. Es braucht im Gegensatz zu beinahe allen Kantonen weder eine Bewilligung, noch ein Lehrdiplom, es werden keine Vor-
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Art.-Nr. 0632-0633
1669
schriften gemacht bezüglich der Lehrmittel, der Unterrichtsführung, es existiert kein Monitoring über
die Gründe, weshalb Kinder nicht zur Schule geschickt werden, es gibt keine Erkenntnisse über Erfolg oder Misserfolg im Zusammenhang mit Übertritten in die Volksschule oder in weiterführende
Schulen. Die Kontrolle des Unterrichtes erfolgt einmal pro Jahr, eine externe Evaluation existiert
nicht. Zudem besteht nur eine Meldepflicht, aber keine Bewilligungspflicht, obwohl in § 58a Abs. 2
des Schulgesetzes von "Bewilligungsvoraussetzungen" die Rede ist.
Wenn man das ausgebaute Qualitätsmanagement für öffentliche Schulen und Privatschulen vergleicht: Unterrichtsbesuche durch die Schulleitung, Mitarbeitergespräche, gegenseitiges Hospitieren,
externe Evaluation, ist das Homeschooling eindeutig im Graubereich. Die Bundesverfassung sagt,
der Grundschulunterricht müsse ausreichend und obligatorisch sein. Das Aargauer Schulgesetz
nennt ausdrücklich eine Schulpflicht, die auch in Privatschulen oder in privater Schulung (Homeschooling) erfüllt werden kann, doch es ist Aufgabe des Staates, ausreichenden Unterricht zu gewährleisten. Der verfassungsmässige Auftrag, wonach jedes Kind einen Anspruch hat auf eine angemessene Bildung, wird bei der Qualitätssicherung und der Qualitätskontrolle der privaten Schulung
zu wenig ernst genommen.
0634 Interpellation Martin Brügger, SP, Brugg, vom 4. November 2014 betreffend Verkauf
Juraweid in Biberstein; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Martin Brügger, SP, Brugg, wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Der Biobetrieb mit Restaurant ist am Jurasüdfuss gelegen und bewirtschaftet rund 50 ha Fläche (davon Eigenland 41.7 ha). Der Juraweidhof, im Eigentum des Kantons Aargau, soll verkauft werden.
In den letzten 22 Jahren wurden – neben den Direktzahlungen des Bundes – für die Ökologisierung
des staatseigenen Betriebes Juraweid beachtliche Gelder des Kantons in Beratungen, ökologisch
motivierte Bewirtschaftungsbeiträge und Pflanzgut investiert. Der Landwirtschaftsbetrieb wurde bis in
die 90er Jahre sehr intensiv bewirtschaftet. Die meisten Wiesen und Weiden waren stark gedüngt,
artenarm und in dieser sommertrockenen Lage krautreich mit offenem Boden und vielen Unkräutern.
Aufgrund der Kritik von Bauernseite (Ausscheidung von Schutzzonen im Rahmen der Kulturlandplanung, Vorbildfunktion des Kantons) und in Absprache mit der Gemeinde Biberstein wurde der Betrieb
Juraweid auf sein Extensvierungspotenzial und die Schaffung artenreicher Lebensräume v. a. im
Grünland untersucht. Die Ergebnisse wurden im Rahmen der Kulturlandplanung, eines kantonalen
Bewirtschaftungsvertrages und in Absprache mit dem Bewirtschafter, umgesetzt.
Zum beabsichtigten Verkauf der Juraweid stellen sich folgende Fragen:





Wie begründet der Regierungsrat diese Verkaufsabsicht?
Warum soll der Kanton Aargau auf dem Gebiet einer multifunktionalen Landwirtschaft seine
aktive Vorreiterrolle und einen Vorzeigebetrieb aufgeben?
Warum wird in Kauf genommen, dass mit dem Verkauf der Juraweid 22 Jahre Engagement des
Kantons im Bereich Synergien zwischen Landwirtschaft und Naturschutz auf einem Staatsbetrieb
verloren gehen?
Hat sich der Regierungsrat vor dem Verkauf mit dieser Vorgeschichte befasst? Wurde sie
beachtet und ist sich der Regierungsrat der getätigten Investitionen bewusst? Wie stellt er sicher,
dass diese Investitionen in Zukunft ihre Wirkung entfalten und dass die Kontinuität für den
eigeschlagenen Weg garantiert wird?
Warum wurde in den Ausschreibungsunterlagen des Betriebes mit keinem Wort auf diese
ökologischen und landschaftlichen Werte des Betriebs eingegangen (heute weist der Betrieb ca.
36 % ökologische Ausgleichsflächen aus. Ein Teil davon, ca. 5 ha, sind mittels Nutzungsplanung
geschützt; die restlichen Flächen, rund 13 ha, haben einen befristeten Schutz).
4. November 2014
Art.-Nr. 0634
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
Wurde vor dem Verkaufsentscheid im Departement Bau, Verkehr und Umwelt, bei der Abteilung
Landschaft und Gewässer, fachliche Fragen und Investitionen geklärt und durch die
Fachabteilung eine Strategie für die nötige Kontinuität entwickelt?
0635 Interpellation Bruno Gretener, FDP, Mellingen, vom 4. November 2014 betreffend
Beschwerdeverfahren "Strassenbauprojekt (Umfahrung Mellingen)" des VCS und WWF gegen
den Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Bruno Gretener, FDP, Mellingen, und 26 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende
Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Am 11. Mai 2011 fand die Volksabstimmung über die Umfahrung Mellingen statt. Mit 60.1 % stimmte
die Aargauer Bevölkerung dem Kredit für die Umfahrung Mellingen klar und deutlich zu.
In der Folge wurden zahlreiche Einwendungen beim Regierungsrat eingereicht, welche dieser mit
Entscheid vom 20. März 2013 allesamt abwies. Im April 2013 reichten der VCS Aargau sowie der
WWF Aargau eine gemeinsame Beschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrates ein.
Aus der Presse mussten wir vor Kurzem entnehmen, dass das Verwaltungsgericht nach nunmehr
1 ½ Jahren zum Schluss kam, dass ein von den Beschwerdeführern verlangtes Gutachten bei der
Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) einverlangt werden soll. Die lange
Bearbeitungszeit ist aus Sicht der betroffenen Bevölkerung unverständlich und inakzeptabel. Zudem
muss befürchtet werden, dass zukünftig auch bei weiteren unbestrittenen Strassenbauprojekten unnötige und unberechtigte Beschwerden eingereicht werden im Wissen, dass die Projekte aufgrund
der (zu) langen Verfahrensdauer beim Verwaltungsgericht auf längere Zeit verzögert werden können.
Ich bitte den Regierungsrat daher – allenfalls in Rücksprache mit der Justizleitung – folgende Fragen
zu beantworten. Sollte der Regierungsrat der Meinung sein, dass er für die Beantwortung der Fragen
nicht zuständig sei oder aus anderen Gründen nicht antworten möchte, erwarte ich zumindest eine
ausführliche Stellungnahme zu den folgenden der Justizleitung.
1. Wann genau hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass das besagte Gutachten von der
ENHK einverlangt werden soll?
2. Weshalb wurde das Gutachten der ENHK nicht schon früher eingefordert, beispielsweise nach
einer ersten Sichtung der Beschwerdeunterlagen?
3. Ist es überhaupt üblich, dass in Beschwerdeverfahren in einem ersten Schritt überprüft wird, ob
allenfalls noch weitere Unterlagen/Gutachten eingefordert werden müssen? Falls nein, weshalb
nicht?
4. Sind Regierungsrat/Justizleitung der Meinung, dass dieses Beschwerdeverfahren effizient genug
durchgeführt wird, wenn 1 ½ Jahre verstreichen, bis ein Gutachten eingefordert wird?
5. Weshalb wurde der Gemeinderat Mellingen über den Entscheid nicht in Kenntnis gesetzt, bzw.
musste den Sachverhalt aus der Presse entnehmen?
6. Bis wann wird das Gutachten der ENHK vorliegen, bzw. welche Frist wurde der Kommission zur
Ausarbeitung des Gutachtens gesetzt?
7. Bis wann gedenkt das Verwaltungsgericht einen Beschwerdeentscheid zu fällen?
0636 Interpellation Andreas Glarner, SVP, Oberwil-Lieli, vom 25. März 2014 betreffend ChinaReise von Schulleitungsmitgliedern der Kantonsschule Wohlen und weitere Auslandreisen;
Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0403)
Mit Datum vom 18. Juni 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
4. November 2014
Art.-Nr. 0635-0636
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Vorbemerkungen
1. Rechtliche Grundlagen der Weiterbildung
Für die Mitglieder der Schulleitung mit Prorektoratsaufgaben gelten sowohl die Verordnung über die
Weiterbildung der Lehrpersonen (Weiterbildungsverordnung Lehrpersonen) vom 15. November 2006
(SAR 411.215), da sie immer auch unterrichten, als auch die Verordnung über die Weiterbildung des
Personals (Weiterbildungsverordnung) vom 22. September 2004 (SAR 160.621), da Prorektorinnen
beziehungsweise Prorektoren in ihrer Leitungsfunktion den Regelungen für das Verwaltungspersonal
unterstehen. Beide Verordnungen definieren die Weiterbildung und das Interesse des Arbeitgebers
an der Weiterbildung der Angestellten.
2. Die Kostentragung
Für Lehrpersonen ist die Kostentragung durch die Anstellungsbehörde in der
Weiterbildungsverordnung Lehrpersonen geregelt. Eine Rückerstattungspflicht beziehungsweise
eine Kostentragungspflicht der Lehrperson besteht dann, wenn die Weiterbildungskosten Fr. 7'000.–
übersteigen. In der Weiterbildungsverordnung (des Verwaltungspersonals), welche für Mitglieder der
Schulleitung mit Prorektoratsaufgaben massgeblich ist, ist die Kostentragung in gleichem Sinn
geregelt: Bei externen Weiterbildungen in hohem Interesse des Kantons übernimmt dieser
mindestens 50 % der Weiterbildungskosten. Bei externen Weiterbildungen in beidseitigem Interesse
übernimmt er bis
50 % der Weiterbildungskosten. (§§ 12 Abs. 1 respektive 13 Abs. 1).
3. Zur Genehmigung von Auslandreisen
Gemäss § 10 der Verordnung über Spesen, Sitzungsgelder und übrige Entschädigungen vom
31. Januar 2001 (SAR 165.171) bedürfen Auslandreisen des Verwaltungspersonals der Zustimmung
der Anstellungsbehörde, namentlich der Departementsleitung. Davon ausgenommen sind
Dienstreisen im grenzüberschreitenden Verkehr bis 300 km ab Landesgrenze. Diese Regelung gilt
daher auch für Mitglieder von Schulleitungen kantonaler Schulen, auch wenn die Anstellungsbehörde
der Prorektorin beziehungsweise des Prorektors die Rektorin beziehungsweise der Rektor ist.
Prorektorinnen beziehungsweise Prorektoren sind zwar auch Lehrpersonen, aber gleichwohl und vor
allem Verwaltungsangestellte.
Im Fall der Lehrpersonen und Schulleitungsmitglieder sind deshalb all diejenigen Auslandreisen mit
dem Berufsauftrag begründbar, die mit den nachfolgenden Zielsetzungen erfolgen:


Reisen, die gemäss der Weiterbildungsverordnung Lehrpersonen1 zur Unterrichtsbefähigung
notwendig sind. Dazu gehören Weiterbildungen im fremdsprachigen Ausland
o für den Immersionsunterricht in der entsprechenden Sprache
o für die Unterrichtsbefähigung im Bildungsgang des International Baccalaureate (IB).
Reisen, die der Teilnahme an Fachveranstaltungen, Kongressen etc., dienen, wenn diese in
einem Bezug zur Lehrtätigkeit oder zur Führungsfunktion stehen.
Weiter gehört die Begleitung von Schülerinnen und Schülern ins Ausland zum Berufsauftrag, da
Auslandreisen und Auslandkontakte in den Mittelschulen ein Teil des Curriculums sind. Solche
Reisen finden im Rahmen von Projektwochen und Exkursionen statt und im Austausch mit anderen
Schulen, zum Beispiel im Rahmen von nationalen und internationalen Programmen, wie dem
Comenius-Programm.
1
Weiterbildungsverordnung Lehrpersonen;
§ 18 Abs. 3: "Weiterbildungen liegen in hohem Interesse des Kantons wenn
a) die Kompetenzerweiterung für die Aufgabenerfüllung sehr wertvoll ist und vom Departement Bildung, Kultur und Sport nach erfolgter
Absprache mit der Anstellungsbehörde verlangt wird,
b) sie für die vorgesehenen Einsatzmöglichkeiten der Lehrpersonen (Zusatzqualifizierungen für die Übernahme neuer Aufgaben) notwendig
sind."
§ 25: Globalbudget; Kompetenzen der Schulleitung
Abs. 1: Die Schulleitung verfügt im Rahmen ihres Globalbudgets über finanzielle Mittel für die individuellen und gemeinsamen Weiterbildungen
ihrer Lehrpersonen.
Abs. 2: Die Schulleitung entscheidet im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten und je nach Interessenslage des Kantons über
a) die Ausrichtung von Beiträgen an die Kosten für individuelle Weiterbildungen,
b) die Durchführung von gemeinsamen Weiterbildungen.
Abs. 3 Das Interesse bestimmt sich nach § 18 Abs. 3.
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Die Kostentragung dieser Aktivitäten ist in § 6 des Dekrets über die Mittelschulen (Mittelschuldekret)
vom 20. Oktober 2009 (SAR 423.120) geregelt. Reise, Exkursionen, Projektwochen etc. sind Teil der
Jahresplanung und auf die Stundentafel abgestimmt und werden von der Anstellungsbehörde der
Lehrpersonen, der Schulleitung, bewilligt (siehe nachfolgende Antwort zur Frage 5).
4. Reisen, die nicht den Weiterbildungsverordnungen unterstehen
Im Rahmen der bestehenden Regelung in § 10 der Verordnung über Spesen, Sitzungsgelder und
übrige Entschädigungen sind daher Auslandreisen, welche Lehrpersonen oder
Schulleitungsmitglieder tätigen, die nicht in einem engen Bezug zur Lehrtätigkeit oder zur
Führungsfunktion an der Schule stehen oder die nicht in der Begleitung von Schülerinnen und
Schülern erfolgen vom Departement Bildung, Kultur und Sport zu bewilligen. Darunter wäre auch die
Weiterbildungsreise der beiden Prorektoren der Kantonsschule Wohlen nach China gefallen, die von
der Schweizerischen Zentralstelle für die Weiterbildung der Mittelschullehrpersonen (wbz cps)
organisiert wurde, und zwar nicht weil ihr der Bezug zur Führungsfunktion gefehlt hätte, sondern weil
sie ohne Teilnahme der Schülerschaft in der Unterrichtszeit stattfand und zu über 2/3 von der Schule
finanziert wurde (siehe auch Antwort zur Frage 11).
Zur Frage 1: "Wie viele Angestellte des Kantons Aargau nehmen an der aktuellen China-Reise teil?"
Es nahmen zwei Prorektoren der Kantonsschule Wohlen teil.
Zur Frage 2: "Welches ist der Zweck dieser Reise?"
Die Reise hatte zum Ziel, Einblicke zu gewinnen in das chinesische Bildungssystem und in aktuelle
Entwicklungen der chinesischen Gesellschaft und Wirtschaft. Es sollten Möglichkeiten geprüft
werden für die Kontaktnahme zwischen Schulen in China und in der Schweiz: Ziel dieser
Kontaktnahme ist die Sensibilisierung der Schülerinnen und Schüler in der Schweiz für China und die
chinesische Sprache und Kultur. Die aargauischen Prorektoren hatten den Auftrag, die Möglichkeiten
auszukundschaften, um ein Schüleraustauschprogramm aufzubauen.
Zur Frage 3: "Wie hoch sind die Kosten dieser Reise?"
Die gesamten Kosten betrugen Fr. 8'961.–.
Zur Frage 4: "Wer trägt die Kosten?"
Von den gesamten Kosten übernahm die Kantonsschule Wohlen Fr. 6'361.– oder 71 %. Den
Restbetrag von Fr. 2'600.– bezahlten die beiden Prorektoren.
Zur Frage 5: "Welchen Konti der Staatsrechnung werden solche Exkursionen belastet?"
Reisen, in welchen Lehrpersonen die Schülerinnen und Schüler begleiten, werden der Kostenart
31710000 "Exkursionen, Schulreisen und Lager" belastet. Reisen zur Weiterbildung der
Lehrpersonen, die in Zusammenhang mit ihrer Lehrtätigkeit stehen und Reisen zur Weiterbildung der
Mitglieder der Schulleitung, welche in einem Zusammenhang mit ihrer Führungsaufgabe stehen,
werden ebenfalls dem Globalbudget der Schule belastet, namentlich den Kostenarten 30900001
"Ausbildung Lehrpersonen" und 31700003 "Spesen Lehrpersonen" sowie 30900000 "Ausbildung
Verwaltungspersonal" und 31700000 "Spesen Verwaltungspersonal". Die China-Reise der beiden
Prorektoren
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der Kantonsschule Wohlen wurde den Kostenarten "Ausbildung Lehrpersonen" und "Spesen
Lehrpersonen" belastet.
Die Finanzierung von Reisen wird wie folgt budgetiert:

Mit dem Globalbudget wird eine Pauschale für die Weiterbildung ausgerichtet in der Höhe
von insgesamt Fr. 330'000.– für alle Mittelschulen, welche unter anderem die Vergütung von
Reisekosten, aber auch alle weiteren Bildungsaktivitäten der Lehrpersonen beinhaltet. Pro
Vollzeitäquivalent ergibt dies rund Fr. 650.–, pro Lehrperson rund Fr. 400.–.

Den Lehrpersonen werden maximal Fr. 700.– an die Reisekosten vergütet.

Die Schülerinnen und Schüler bekommen in der Regel keinen Reisebeitrag (siehe § 6
Mittelschuldekret), müssen aber die Einwilligung der Eltern einholen, wenn die Kosten zum
Beispiel der verbindlichen Schwerpunktfachreise mehr als
Fr. 400.– betragen. Die voraussichtlichen Reisekosten werden mit der Ausschreibung der
Reise immer frühzeitig bekanntgegeben, so dass Schülerinnen und Schüler abwägen
können, ob sie zum Beispiel im Rahmen der schulischen Projektwochen an einer freiwilligen
Reise teilnehmen wollen. In Härtefällen werden die Kosten ganz oder teilweise erlassen und
von der Schule übernommen (siehe § 41 Abs. 4 Mittelschuldekret).

Mit dem Globalbudget wird eine Pauschale für Beiträge Exkursionen, Schulreisen, Lager
ausgerichtet in der Höhe von Fr. 500.– pro Abteilung.
Zur Frage 6: "Welche anderen Auslandreisen haben Angestellte von kantonalen Schulen in den
letzten fünf Jahren unternommen? Antworten mit folgenden Angaben erbeten:
a)
b)
c)
d)
e)
f)
g)
Welche Schule?
Zeitraum der Reisen?
Kosten?
Zahler?
Grösse der Delegationen?
Ziel?
Zielerreichung?
Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über alle Auslandreisen der sechs Tagesmittelschulen
für den Zeitraum Schuljahr 2009/10 bis Schuljahr 2013/14. Bei den Reisen handelt es sich zum
grössten Teil um Projektwochen oder Sprachaufenthalte in mitteleuropäischen Kulturstädten. Sie
werden in der Regel durch die Mittelschulen selber organisiert. Die Aargauische Maturitätsschule für
Erwachsene führt keine Reisen durch.
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Art.-Nr. 0636
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Tabelle 1. Übersicht über die Auslandreisen der Mittelschulen
Jahr
Destinationen
2009/10
2009/10
2009/10
2009/10
2009/10
2009/10
2009/10
2009/10
2009/10
2010/11
2010/11
2010/11
2010/11
2010/11
2010/11
2010/11
2010/11
2011/12
2011/12
2011/12
2011/12
2011/12
2011/12
2011/12
2011/12
2012/13
2012/13
2012/13
2012/13
2012/13
2012/13
2012/13
2012/13
versch. Europa
Schulische Projektwoche
versch. Europa, China
Studienreisen
versch. Europa
Schwerpunktfachwoche Gymnasium
versch. Europa
Abschlussreisen
Sevilla, Oxford
Sprachaufenthalte S+S
Frankreich
Velowoche
versch. Europa
Klassenaustausch
England
Sprachaufenthalt LP / Immersion
Süditalien
Projektwoche Vulkanismus
versch. Europa
Schulische Projektwoche
versch. Europa, China
Studienreisen und Schüleraustausch
versch. Europa
Schwerpunktfachwoche Gymnasium
versch. Europa
Abschlussreisen
versch. Europa
Sprachaufenthalte S+S
Italien
Sozialpraktikum
Frankreich
Velowoche
Schweden, Rumänien
Klassen- u. EU-Comenius Austausch
versch. Europa
Schulische Projektwoche
versch. Europa, China, Indien Studienreisen und Schüleraustausch
versch. Europa
Schwerpunktfachwoche Gymnasium
versch. Europa
Abschlussreisen
versch. Europa
Sprachaufenthalte S+S
Italien
Sozialpraktikum
versch. Europa
Klassen- u. EU-Comenius Austausch
Mainz (1)
persönliche Weiterbildung
versch. Europa
Schulische Projektwoche
versch. Europa, China, Indien Studienreisen und Schüleraustausch
versch. Europa
Schwerpunktfachwoche Gymnasium
versch. Europa
Abschlussreisen
Italien
Sozialpraktikum
Frankreich
Velowoche
versch. Europa
Klassen- u. EU-Comenius Austausch
China
Bildungsreise Rektor; Kontaktaufnahme
für Austausch
Deutsche Börse/EZB
Bildungsreise LP Wirtschaft & Recht
Frankfurt
Darmstadt
Entgegennahme der MINT-Auszeichnung
England, USA
Sprachaufenthalt LP / Immersion
versch. Europa
Schulische Projektwoche
versch. Europa, China, Indien Studienreisen und Schüleraustausch
versch. Europa
Schwerpunktfachwoche Gymnasium
versch. Europa
Abschlussreisen
versch. Europa
Sprachaufenthalte S+S
China
Studienreise Prorektoren;
Kontaktaufnahme für Austausch
2012/13
2012/13
2012/13
2013/14
2013/14
2013/14
2013/14
2013/14
2013/14
Ziel
Anzahl LP
Total
Anzahl SL
Anzahl S+S Kosten
Schule in Fr.
339
17'500
955
52'256
285
18'902
237
14'155
49
2'100
34
300
67
2'710
0
11'265
21
1'400
488
25'900
881
49'202
400
25'232
278
15'075
116
4'200
8
719
28
0
54
0
599
33'900
1244
62'272
356
18'517
207
13'980
123
7'000
9
700
29
0
0
300
199
13'300
1076
72'567
502
21'744
269
16'247
20
700
34
0
95
0
0
900
26
87
30
22
3
3
4
2
1
38
80
40
22
6
1
4
4
48
100
33
22
10
1
9
1
21
368
35
25
1
4
11
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
2
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1
15
2
4
30
49
27
28
5
0
0
2
0
0
0
0
0
0
2
0
0
0
453
647
269
283
60
0
5'000
1'000
8'385
21'000
35'712
17'500
17'434
3'500
6'361
1189
6
10371
618'934
Organisator
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
andere
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Universität
Mainz
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
wbz
Schule
andere
andere
Schule
Schule
Schule
Schule
Schule
wbz
Glossar:

Studienreisen: themenzentrierte Spezialwochen; finden unter grosser Mitarbeit der Schülerinnen und Schüler abteilungsintern statt, meist
im 3. Gymnasium und der 3. WMS/IMS und FMS.

Schulische Projektwochen: finden abteilungsübergreifend und themenbezogen statt, können in allen Klassen eingeplant werden.

Schwerpunktfachreisen: können in der 4. Klasse des Gymnasiums in einzelnen Schwerpunktfächern stattfinden
Zur Frage 7: "Welchen Sinn sieht der Regierungsrat hinter solchen Reisen in ferne Länder und
Kontinente?"
Reisen bildet. Die Weiterbildung zur Unterrichtsbefähigung oder in Zusammenhang mit der Funktion
als Schulleitungsmitglied ist im Gesetz über die Grundzüge des Personalrechts (Personalgesetz,
PersG) vom 16. Mai 2000 (SAR 165.100) nicht bloss gewährleistet sondern gleichsam verlangt, hat
doch der Regierungsrats ein Interesse daran, dass das Staatspersonal mit den Entwicklungen im
jeweiligen Fachbereich Schritt hält. So hält das Personalgesetz fest:
§ 19 Betriebliche Bildung
1
Der Regierungsrat schafft die Voraussetzungen für eine nachhaltige Personalentwicklung und regelt die entsprechende Aus-,
Fort- und Weiterbildung.
2
Die betriebliche Bildung fördert nebst den funktionsbezogenen Fähigkeiten und der langfristig flexiblen Einsatzbereitschaft
auch die allgemeine Fach-, Selbst- und Sozialkompetenz.
4. November 2014
Art.-Nr. 0636
1675
Analog ist dies im Gesetz über die Anstellung von Lehrpersonen (GAL) vom 17. Dezember 2002
(SAR 411.200) geregelt:
§ 21 Personalentwicklung
1
Der Kanton schafft die Voraussetzungen für eine nachhaltige Personalentwicklung. Der Regierungsrat regelt die
entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrpersonen sowie deren Finanzierung.
2
Die Personalentwicklung fördert nebst den funktionsbezogenen Fähigkeiten und der langfristig flexiblen Einsatzbereitschaft
auch die allgemeine Fach-, Selbst- und Sozialkompetenz.
An den Mittelschulen sind internationale Kontakte, wenn es um die Unterrichtsbefähigung und die
Weiterbildung im Bereich des Immersionsunterrichts geht, zwingend. Kontakte zum Ausland sind in
Zusammenhang mit dem Curriculum der Mittelschulen nicht bloss bereichernd sondern eine wichtige
Ergänzung. Die Lehrpläne der Mittelschulen, insbesondere des Gymnasiums, stellen viele Bezüge
her zur internationalen Entwicklung in den einzelnen Fachbereichen. Die seriöse Vorbereitung für die
wissenschaftliche Arbeitsweise an den international vernetzten Hochschulen setzt dies gleichsam
voraus, machen doch weder Wissenschaft noch Forschung an den Landesgrenzen halt.
Wenn also ein Teil der Weiterbildung in internationalem Kontext erfolgt, so ist dies im Interesse eines
aktuellen Unterrichts und somit der Qualität der Maturität und der Erlangung der allgemeinen
Studierfähigkeit gemäss Art. 5 Abs. 1 der Verordnung des Bundesrats/Reglement der EDK über die
Anerkennung von gymnasialen Maturitätsausweisen (MAR) vom 16. Januar 1995 (SAR 400.710).
Damit wird auch ein Beitrag an die "allgemeine Gesellschaftsfähigkeit" geleistet, die in Art. 5 Abs. 4
MAR festgehalten ist:
Art. 5 Bildungsziel
4
Maturandinnen und Maturanden finden sich in ihrer natürlichen, technischen, gesellschaftlichen und kulturellen Umwelt
zurecht, und dies in Bezug auf die Gegenwart und die Vergangenheit, auf schweizerischer und internationaler Ebene. Sie sind
bereit, Verantwortung gegenüber sich selbst, den Mitmenschen, der Gesellschaft und der Natur wahrzunehmen.
Zur Frage 8: "Lassen sich solche Exkursionen vor dem Gebot des haushälterischen Umgangs mit
Steuergeldern und der sog. "Entlastungsmassnahmen" rechtfertigen?"
In den vergangenen fünf Jahren besuchten rund 5'400 Schülerinnen und Schüler die Mittelschulen,
die von rund 800 Lehrpersonen, verteilt auf rund 500 Vollzeitäquivalente unterrichtet wurden. Wie in
Antwort zur Frage 6 aufgeführt, betrugen die durchschnittlichen Reisekosten pro teilnehmende
Lehrperson Fr. 521.– Pro Schuljahr wurden im Schnitt Fr. 124'000.– für Bildung und Weiterbildung in
Form von Reisen aufgewendet. Pro Schüler und Jahr macht dies Fr. 23.– aus. Nach Ansicht des
Regierungsrats zeugt dies von einem haushälterischen Umgang mit Steuergeldern und ist
gerechtfertigt.
Was die Reise der beiden Prorektoren der Kantonsschule Wohlen nach China anbelangt, fällt die
Antwort anders aus. Der von der Schule geleistete Beitrag an die Reise ist sicher an der Obergrenze
des noch vertretbaren. Bezüglich der Bewilligungspflicht solcher Reisen vergleiche die Antwort zur
Frage 11.
Zur Frage 9: "Welches ist der praktische Nutzen solcher Reisen?"
Der Nutzen von Auslandreisen für Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Mittelschulausbildung,
für Lehrpersonen und Schulleitungsmitglieder im Rahmen der Lehre an den Mittelschulen und der
Führung derselben ist breitgefächert. Einerseits geht es um Unterrichtsbefähigung für den Unterricht
(zum Beispiel Immersion) und um das Kennenlernen von Schulen, Schulsystemen, Schülerinnen und
Schülern im Ausland, von fremden Gesellschaften, Kulturen und Lebensformen, um den Aufbau von
Austauschprogrammen. Daraus lassen sich viele Bezüge zum Fachunterricht herstellen. Bildung und
Wissen machen an den Landesgrenzen nicht halt.
4. November 2014
Art.-Nr. 0636
1676
Wie in der Antwort zur Frage 7 ausgeführt, ist ein übergeordnetes Ziel der gymnasialen Ausbildung
die allgemeine Gesellschaftsreife beziehungsweise die Vorbereitung auf anspruchsvolle Aufgaben in
der Gesellschaft, das andere übergeordnete Ziel ist die allgemeine Studierfähigkeit. Beide Ziele
können heute nicht erlangt werden, wenn die Formen und Auswirkungen der internationalen
Vernetzung in allen Lebensbereichen nicht ausreichend thematisiert werden. Reisen in einem
Bildungskontext leisten dazu einen Beitrag. Der Qualität der Mittelschulen ist dies zuträglich.
Zur Frage 10: "Warum werden diese Reisen nicht in den Ferien veranstaltet?"
Die Reise nach China wurde von der Schweizerischen Zentralstelle für die Weiterbildung der
Mittelschullehrpersonen (wbz cps) organisiert. Sie wurde schweizweit ausgeschrieben. Im
schweizerischen föderalistischen Bildungssystem bleiben knapp vier Wochen im Jahresverlauf,
während denen alle Lehrpersonen und Schulleitungsmitglieder gemeinsame unterrichtsfreie Zeit
haben: etwa zwei Wochen zwischen Weihnachten und Neujahr und zwei Wochen während der
Sommerferien. Dies lässt für die interkantonale Ausschreibung solcher Reisen kaum Raum, müssten
doch zum Beispiel die Schulen im Zielland während der Unterrichtszeit besucht werden können.
Es wird aber künftig in Zusammenhang mit der Bewilligung solcher Reisen von Seite des
Departements Bildung, Kultur und Sport darauf geachtet werden, dass diese in der unterrichtsfreien
Zeit stattfinden.
Zur Frage 11: "Gibt es verwaltungsinterne Richtlinien, welche die zunehmenden Reise-Aktivitäten
der aargauischen Lehrpersonen regeln?"
Es ist keineswegs so, dass die Reise-Aktivitäten der aargauischen Lehrpersonen der Mittelschulen
ins Ausland aktuell häufiger stattfinden als vor einigen Jahren, wie die Auflistung zur Frage 6 zeigt.
Denn in den vergangenen fünf Jahren sind auch die Schülerzahlen um 14 % gewachsen. Die
verwaltungs- und schulinternen Richtlinien für die Reisen, die zum Curriculum der Mittelschulen
gehören, sind genügend. Es wird jedoch künftig sichergestellt, dass Reisen von Lehrpersonen oder
Schulleitungsmitglieder, die nicht in Zusammenhang mit der Weiterbildung für ihre Berufstätigkeit
oder in Begleitung von Schülerinnen und Schülern stehen, in der unterrichtsfreien Zeit und privat
finanziert stattfinden werden. Können sie begründetermassen nicht in die unterrichtsfreie Zeit gelegt
werden, müssen sie vom Departement BKS bewilligt werden.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 5'824.–.
Andreas A. Glarner, SVP, Oberwil-Lieli: Es ist schier unglaublich: Da gehen – oder besser gesagt
fliegen – zwei Prorektoren einer Kantonsschule einfach so kurz nach China, und der Steuerzahler
bezahlt den überwiegenden Teil dieses als Vergnügungsreise zu deklarierenden Trips. Aber dem
nicht genug: Das Ganze findet nicht etwa innerhalb der mehr als grosszügig bemessenen 13
Wochen Ferien – pardon, der unterrichtsfreien Zeit – statt. Nein, man fliegt natürlich während der
Schul- oder Unterrichtszeit. Doch der Regierungsrat scheint für einmal einsichtig, so antwortet er
doch: "Was die Reise der beiden Prorektoren der Kantonsschule Wohlen nach China anbelangt, fällt
die Antwort anders aus. Der von der Schule geleistete Beitrag an die Reise ist sicher an der
Obergrenze des noch vertretbaren. Es wird jedoch künftig sichergestellt, dass Reisen von
Lehrpersonen oder Schulleitungsmitgliedern, die nicht im Zusammenhang mit der Weiterbildung für
ihre Berufstätigkeit oder der Begleitung von Schülerinnen und Schülern stehen, in der
unterrichtsfreien Zeit und privat finanziert stattfinden werden. Können sie begründetermassen nicht in
die unterrichtsfreie Zeit gelegt werden, müssen sie vom Departement BKS bewilligt werden."
Ich danke dem Regierungsrat für seine offenen Worte und die klare Aufstellung über die "fliegenden
Klassenzimmer". Ich bin von der Antwort befriedigt.
4. November 2014
Art.-Nr. 0636
1677
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort befriedigt. Das
Geschäft ist erledigt.
0637 Interpellation Kathrin Scholl-Debrunner, SP, Lenzburg, vom 24. Juni 2014 betreffend
Anwendung von § 10 Abs. 6 im Gesetz über die Anstellung von Lehrpersonen GAL;
Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0506)
Mit Datum vom 20. August 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Vorbemerkungen
§ 10 des Gesetzes über die Anstellung von Lehrpersonen (GAL) vom 17. Dezember 2002 (SAR
411.200) lautet wie folgt:
§ 10 Auflösung des Anstellungsverhältnisses a) Fristen und Termine
1
Die Vertragsparteien können das Anstellungsverhältnis jederzeit im gegenseitigen Einvernehmen beendigen.
2
Das Anstellungsverhältnis endet ohne Kündigung
a) bei Erreichen der durch Dekret festgelegten Altersgrenze;
b) mit Ablauf eines befristeten Vertrags;
c) …
3
Bei unbefristeten Verträgen gelten für die ordentliche Kündigung folgende beidseitigen Mindestfristen:
a) im ersten Anstellungsjahr 1 Monat;
b) ab dem zweiten Anstellungsjahr 3 Monate.
Vorbehalten bleibt § 4 Abs. 2.
4
Das Anstellungsverhältnis kann im ersten Anstellungsjahr auf Ende eines Monats, ab dem zweiten Anstellungsjahr auf Ende
eines Schulhalbjahrs beendet werden.
5
Im Anstellungsvertrag kann eine längere Kündigungsfrist vereinbart werden.
6
Werden aus organisatorischen oder wirtschaftlichen Gründen ganze Organisationseinheiten aufgehoben oder andere
Umstrukturierungen vorgenommen, wird ein Sozialplan ausgearbeitet.
Absatz 6 entspricht § 9 Abs. 5 des Gesetzes über die Grundzüge des Personalrechts (Personalgesetz, PersG) vom 16. Mai 2000 (SAR 165.100). Den Materialien zum Personalgesetz lässt sich entnehmen, dass ursprünglich für im Fall der Aufhebung von ganzen Verwaltungseinheiten oder der
Vornahme anderer Umstrukturierungen lediglich eine Verlängerung der Kündigungsfrist vorgesehen
gewesen war. Der Grosse Rat beschloss dann aber eine eher programmatische Regelung zum Sozialplan, zu der es keine weitergehenden Verfahrensnormen gibt. Es handelt sich deshalb um eine
Ordnungsvorschrift, die verfassungskonform und im Rahmen der allgemeinen Grundprinzipien des
schweizerischen Verwaltungsrechts auszulegen und anzuwenden ist (insbesondere unter Berücksichtigung des Öffentlichen Interesses, der Verhältnismässigkeit, der Rechtsgleichheit und von Treu
und Glauben; vgl. § 2 Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980 sowie §§ 3 und 4 Gesetz
über die Verwaltungsrechtspflege [Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG] vom 4. Dezember 2007).
Aus § 10 Abs. 6 GAL können daher keine direkten Ansprüche abgeleitet werden.
Selbst wenn man ergänzend zur Auslegung von § 10 Abs. 6 GAL die seit dem 1. Januar 2014 geltenden Art. 335h–335k des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) beiziehen wollte, wird aus den
genannten bundesrechtlichen Bestimmungen des Privatrechts ersichtlich, dass nicht in jedem Fall
eine Verhandlungspflicht greift. So kommt Art. 335i Abs. 1 lit. b OR nämlich nur dann zur Anwendung, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, innert 30 Tagen mindestens 30 Arbeitnehmern aus
Gründen zu kündigen, die in keinem Zusammenhang mit ihrer Person stehen. Da es sich beim
Anhang zum GAL aber um einen statischen Verweis handelt, können die oben genannten
bundesrechtlichen Normen ohnehin nicht eins zu eins auf den vorliegenden Fall angewendet werden
(Stand: 1. Januar 1998; vgl. § 7 GAL).
4. November 2014
Art.-Nr. 0637
1678
Zur Frage 1: "Welche konkreten (mit Beispielen untermauerten) Voraussetzungen müssen gegeben
sein, damit § 10 Abs. 6 zur Anwendung kommt?"
In der (00.187) Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 24. Mai
2000 zur ersten Lesung des Gesetzes über die Anstellung von Lehrpersonen (GAL) wurde Absatz 6
wie folgt kommentiert:
"Abs. 6 regelt die Aufhebung von ganzen Organisationseinheiten. Hier muss es sich um ganze, geschlossene Gruppen handeln, also beispielsweise eine Aufhebung der Kindergärten oder der Realschule. Die Aufhebung einzelner Schulabteilungen fällt nicht unter diese Bestimmung."
Die Ausarbeitung eines Sozialplans kann dann in Betracht gezogen werden, wenn Lehrpersonen mit
einer bestimmten Lehrfunktion nicht mehr weiter beschäftigt werden können, so beispielsweise,
wenn Textiles Werken, Werken oder Hauswirtschaft an der Volksschule nicht mehr angeboten
würden und die betroffenen Lehrpersonen mit einer altrechtlichen Ausbildung (Monofach) nicht mehr
weiterbeschäftigt werden könnten. Durch eine Verbreiterung in der Lehrerinnen- und
Lehrerausbildung dürften sich solche Risiken weitgehend vermeiden lassen.
Zur Frage 2: "Welche rechtlichen Voraussetzungen waren bei der Strukturreform nicht gegeben, so
dass auf einen Sozialplan verzichtet werden konnte?"
Die Ausarbeitung eines Sozialplans aufgrund der Strukturreform war nicht erforderlich und wäre unverhältnismässig gewesen, weil der Grossteil der überzähligen Lehrpersonen an der Oberstufe an
der Primarschule eingesetzt werden kann. Die Strukturreform kam zudem nicht überraschend. Für
die betroffenen Lehrpersonen bestand ein Vorlauf, um sich auf einen solchen Wechsel vorzubereiten
oder sich anderweitig neu zu orientieren. Es sollen keine Anreize für Lehrpersonen, einen Wechsel
an die Primarschule abzulehnen, geschaffen werden. Die Situation liess sich somit nicht mit Betriebsschliessungen im Sinne der Normierung des OR zum Sozialplan (Art. 335h–335k OR) vergleichen. Es lag im öffentlichen Interesse, dass möglichst viele der überzähligen Oberstufenlehrpersonen an die Primarschule wechseln. Der Kanton wollte diesem nicht mit einem Sozialplan zuwiderhandeln. Vielmehr setzte der Kanton auf flankierende Massnahmen wie zum Beispiel auf eine
Besitzstandsregelung für Lehrpersonen, die von der Oberstufe an die Primarschule oder an den Kindergarten gewechselt haben (vgl. § 41c Dekret über die Löhne der Lehrpersonen [Lohndekret Lehrpersonen, LDLP] vom 24. August 2004). Die Strukturreform sollte im Übrigen nicht zu einer automatischen und damit unverhältnismässig grossen Anzahl vorzeitiger Pensionierungen führen. Dies hätte
gegenüber anderen Lehrpersonen, denen zum Beispiel aufgrund sinkender Schülerzahlen gestützt
auf § 11 Abs. 1 lit. a GAL gekündigt werden muss, Rechtsungleichheiten geschaffen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'281.–.
Kathrin Scholl-Debrunner, SP, Lenzburg: Beim Lesen der juristischen Vorbemerkungen wird einem
schwindlig – dies nicht nur aufgrund des Juristendeutschs, sondern auch wegen des Kopfschüttelns
über die doch abenteuerlich anmutenden formalistischen Klimmzüge. Es wird von öffentlichem
Interesse und Verhältnismässigkeit, wie auch von Treu und Glauben gesprochen, von Verfassung,
Obligationenrecht, Verwaltungsrechtspflegegesetz. Es wird zitiert und relativiert. Doch auf die zwei
simplen und eindeutig formulierten Fragen nimmt die Antwort auf meine Interpellation kaum Stellung.
Ob es diesen Paragrafen eventuell nicht wirklich gibt?
Der Regierungsrat lässt einen wichtigen Teil des Paragrafen 10 Abs. 6 GAL (Gesetz über die
Anstellung von Lehrpersonen) schlicht unerwähnt. Es heisst: " ..... ganze Organisationseinheiten
aufgehoben oder andere Umstrukturierungen vorgenommen ....." Es lässt sich vielleicht darüber
streiten, ob der Wegfall eines ganzen Oberstufenjahrgangs eine aufgehobene Organisationseinheit
ist oder nicht. Aber sicher war die Strukturreform eine grössere Umstrukturierung – inhaltlich,
räumlich, organisatorisch und personell.
4. November 2014
Art.-Nr. 0637
1679
Es gab durchaus Lehrpersonen, die aufgrund ihrer Ausbildung nicht mehr weiter beschäftigt werden
konnten. Zahlenmässig ist es wohl richtig, dass die wegfallenden Pensen der Oberstufe nun an der
Primarschule zusätzlich anfallen. Der Regierungsrat hat einfach vergessen, dass hinter diesen
Zahlen Menschen stehen, die mehr Wertschätzung verdient hätten.
Die Antwort des Regierungsrats lässt die Vermutung zu, er hätte sich gegen unerwünschte
Ansprüche seitens der betroffenen Lehrpersonen vorauseilend zur Wehr setzen wollen.
Insbesondere folgende Aussage in der Beantwortung zur Frühpensionierung irritiert: "Die
Strukturreform sollte im Übrigen nicht zu einer automatischen und damit unverhältnismässig grossen
Anzahl vorzeitiger Pensionierungen führen." Im Dekret über die Frühpensionierungen war und ist nie
ein Automatismus vorgesehen. Und das ist auch gut so.
Fazit: Es gibt keine saubere rechtliche Begründung für die Haltung des Bildungsdirektors, ein
Sozialplan sei nicht notwendig. Viel wichtiger ist jedoch die Erkenntnis, dass die betroffenen
Lehrpersonen auf wenig Wertschätzung und Verständnis stiessen. Dies ist unverständlich und in
Anbetracht des Lehrpersonenmangels auch unklug. Letztlich sind es rund 30 Personen, die keine
oder keine genügende Lösung gefunden haben: Einige erkrankten, ein paar wenige werden zurzeit
noch durch das RAV (Regionales Arbeitsvermittlungszentrum) betreut.
Diese Zahlen zeigen deutlich auf, dass es zynisch ist, von Unverhältnismässigkeit zu sprechen.
Härtefälle lassen sich nie ganz vermeiden, jedoch unnötige Verletzungen durch die Art und Weise
des Umgangs. Ich bin mit der Antwort nicht zufrieden.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Interpellantin erklärt sich von der Antwort nicht befriedigt. Das
Geschäft ist erledigt.
0638 Motion Wolfgang Schibler, SVP, Bettwil, vom 4. März 2014 betreffend Ruhegehälter der
Mitglieder des Regierungsrats; Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. Art. 0344)
Mit Datum vom 11. Juni 2014 beantragt der Regierungsrat, die Motion mit folgender Begründung
abzulehnen:
Der Motionär verlangt, dass die Ruhegehälter der Regierungsrätinnen und Regierungsräte gemäss
Dekret über die Ruhegehälter der Mitglieder des Regierungsrates vom 27. Mai 1975 (SAR 153.550)
reduziert werden sollen. Vorstösse mit ähnlichem Inhalt wurden schon mit den (06.261 und 06.38)
Motionen von Katharina Kerr Rüesch vom 12. Dezember 2006 und vom 14. März 2006 eingereicht,
mit welchen eine Gleichstellung der Regierungsrätinnen und Regierungsräte mit den Staatsangestellten bezüglich der beruflichen Vorsorge verlangt wurde. In beiden Fällen folgte der Grosse Rat
dem Regierungsrat und lehnte beide Motionen ab. Die Grundzüge der damaligen Argumentation des
Regierungsrats haben auch heute noch Gültigkeit.
Das Dekret über die Ruhegehälter der Mitglieder des Regierungsrates sieht vor, dass in Abhängigkeit von Amtszeit, Eintritts- und Austrittsalter, Höhe des letzten Jahresgehalts als Mitglied des Regierungsrats und krankheitsbedingtem Rücktritt höchstens 50 % der bei Ausscheiden aus dem Amt
bezogenen Jahresgrundbesoldung zuzüglich Teuerungszulagen ausgerichtet werden. Beträgt die
Amtszeit weniger als 12 Amtsjahre oder erfolgt der Eintritt erst nach Erreichen des 55. Altersjahrs,
wird das Ruhegehalt für jedes nicht geleistete Amtsjahr gekürzt. Eine Kürzung ist ebenfalls vorgesehen, wenn ein ehemaliges Mitglied des Regierungsrats ein höheres Jahreseinkommen (inklusive
Ruhegehalt) als die Jahresbesoldung eines amtierenden Mitglieds erzielt. Das Ruhegehalt hat bis
zum Erreichen des ordentlichen AHV-Alters den Charakter eines Einkommensersatzes und ab Alter
65 die Bedeutung einer beruflichen Rente. Einkaufsmöglichkeiten in die Pensionskasse sind nicht
vorgesehen.
Es handelt sich hierbei um eine massvolle Lösung, welche weder betragsmässig noch bezüglich der
Voraussetzungen mit nicht gerechtfertigten Abgangsentschädigungen in der Privatwirtschaft vergli-
4. November 2014
Art.-Nr. 0638
1680
chen werden kann. Faktisch ist es so, dass Rücktritte von Amtsträgern zumeist in einem Alter erfolgen, in dem der Eintritt ins ordentliche Rentenalter nur noch wenige Jahre entfernt ist. Das Amt eines
Regierungsrats wird meist während einer eigentlichen Lebensabschnittsphase ausgeübt und bildet
dementsprechend in der Regel den Höhepunkt der berufliche Karriere; die 20 ehemaligen Mitglieder
des Aargauer Regierungsrats mit Amtsantritt seit 1950 waren bei Amtsantritt durchschnittlich rund 48
Jahre alt und schieden nach knapp 13 Jahren im 61. Altersjahr aus dem Amt aus.
Das Amt des Regierungsrats ist eine spezielle Position und nicht vergleichbar mit Kaderstellen der
obersten Hierarchie in der öffentlichen Verwaltung oder der Privatwirtschaft. Eigenheiten dieses politischen Amts rechtfertigen die Höhe der finanziellen Entschädigung der Regierungsratsmitglieder
während und nach ihrer Amtszeit insbesondere deshalb, weil die besonderen Bedingungen eine
grosse Herausforderung für die Amtsträgerinnen und Amtsträger während ihrer Amtszeit darstellen
und ihnen zudem den Wiedereinstieg ins ordentliche Berufsleben nachweislich erschweren:
Die physischen und psychischen Anforderungen an die Mitglieder des Regierungsrats sind in den
letzten Jahren stark gestiegen: Die Geschäftslast und die Erwartungen an die Exekutivmitglieder
haben stetig zugenommen. Es wird vorausgesetzt, dass sie ihre ganze Zeit und Überzeugung einsetzen und persönliche Bedürfnisse – auch nach beruflicher Weiterentwicklung und Weiterbildung
oder Neuorientierung – hinten anstellen. Mitglieder der kantonalen Exekutive sind Politikerinnen und
Politiker, die ihr Amt aufgrund einer Volkswahl antreten, sich alle vier Jahre einer Wiederwahl stellen
müssen, in ausgeprägtem Mass Personen der Öffentlichkeit sind und, ob verschuldet oder unverschuldet, Konsequenzen durch eine negative Bewertung ihrer Arbeit in der Öffentlichkeit in Kauf
nehmen müssen. Gerade eine Abwahl oder ein Rücktritt unter schwierigen Umständen mit entsprechender medialer Aufmerksamkeit sind nicht imagefördernd und erschweren einen nahtlosen Übergang ins ordentliche Berufsleben zusätzlich. Solche Fälle können im Kanton Aargau wie auch in
anderen Kantonen dokumentiert werden.
Regierungsratsmitglieder sollen ihr Amt völlig unabhängig ausüben. Deshalb bestehen zahlreiche
Unvereinbarkeiten mit anderen politischen Ämtern oder sonstigen Nebenerwerbstätigkeiten. Zunehmend wird aus Gründen der Public Corporate Governance auch die Einsitznahme in Steuerungsgremien von staatsnahen Betrieben infrage gestellt und eine Tätigkeit nach Rücktritt oder Abwahl in
einem Fachgebiet, in welchem der ehemalige Amtsträger schon als Regierungsrat tätig war, wird von
den Medien und der Öffentlichkeit oft kritisch beurteilt. Die heute in der Berufswelt sehr wesentliche
Netzwerkpflege findet während der Amtszeit zwar statt; dabei steht aber viel weniger die Person als
vielmehr das Amt und der Kanton im Vordergrund. Zudem ist selbst dabei die Einhaltung einer gewissen Distanz und Unabhängigkeit geboten. Mit einer angemessenen finanziellen Entschädigung
während und nach der Amtszeit soll diese Unabhängigkeit ermöglicht werden.
Ein Vergleich mit anderen Kantonen und dem Bund zeigt, dass der Kanton Aargau über keine aussergewöhnlich grosszügige Entschädigung seiner Exekutivmitglieder nach Ausscheiden aus dem
Amt verfügt. Die verschiedenen Lösungen sind dabei nur bedingt vergleichbar, da in anderen Kantonen unterschiedliche Kriterien wie Alter oder Ausscheidegrund oder zusätzliche Versicherungselemente zur Anwendung kommen.
Eine ähnliche Lösung wie der Kanton Aargau kennt der Bund: Ein zurückgetretenes oder abgewähltes Mitglied der Landesregierung erhält – wie es die aargauische Lösung auch vorsieht – ein Ruhegehalt in der Höhe einer halben Jahresbesoldung. Dabei gilt eine Mindestamtszeit von vier Jahren.
Die Kantone Bern, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Zürich und Luzern sehen für ihre ehemaligen Regierungsrätinnen und Regierungsräte ein Ruhegehalt von 65 % (Bern und Basel-Stadt) beziehungsweise 60 % (Basel-Landschaft und Zürich) und 55 % (Luzern) des versicherten Lohns vor. Die Ruhegehälter stellen jedoch eine Leistung der Pensionskasse dar und lassen sich nur eingeschränkt
vergleichen, da die Berechnungsgrundlage aus versicherungstechnischen Gründen (Koordinationsabzug, allfällige Teuerungszulagen, getätigte Einkäufe und daraus resultierende Steuerabzüge, allfällige Abzüge, unterschiedliche Beiträge und Umwandlungssätze etc.) unterschiedlich sein kann.
Wie der Kanton Aargau tätigt der Kanton Basel-Landschaft nur entsprechend der geleisteten Amtszeit Abzüge auf das Ruhegehalt. In den Kantonen Zürich, Basel-Stadt, Luzern und Bern wird neben
der Amtszeit auch das Rücktrittsalter berücksichtigt. Beispielsweise wird also derselbe Rentensatz
auf einen Berner Regierungsrat A im Alter von 52 Jahren mit Rücktritt oder Abwahl nach zwei Amts-
4. November 2014
Art.-Nr. 0638
1681
jahren wie auf einen Regierungsrat B im Alter von 37 nach einer Amtszeit von acht Jahren angewendet (15 %), während A im Kanton Aargau 20 % und B 38 % erhalten würde. Im Kanton Basel-Stadt
würde A rund 37 % und B rund 27 %, in Zürich erhält A in jedem Fall (abgesehen von den Freizügigkeitsleistungen) kein Ruhegehalt und B bei freiwilligem Rücktritt 40 % und bei unverschuldeter
Nichtwiederwahl 45 %.
Wenige kleine Kantone kennen kein Ruhegehalt oder sehen lediglich Abgangsentschädigungen vor.
Diese Kantone müssen ihre Regierungsrätinnen und Regierungsräte wie das Personal aber
zumindest in der beruflichen Vorsorge versichern und können wie beispielsweise der Kanton Zug
teilweise hohe Sparbeiträge entrichten, das heisst bei Rücktritt oder Abwahl werden
Freizügigkeitsleistungen ausgerichtet.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'281.–.
Wolfgang Schibler, SVP, Buchs: Meine Motion zu einer Reduktion der Ruhegehälter – nicht etwa ein
ersatzloses Streichen – wird unter anderem mit der Begründung abgelehnt, dass die Grundzüge der
Argumentation der abgelehnten Motion von Katharina Kerr Rüesch, SP, aus dem Jahre 2006 auch
heute noch ihre Gültigkeit hätten.
Zur Erinnerung: Katharina Kerr Rüesch forderte die Gleichstellung der Regierungsratsmitglieder mit
den Staatsangestellten bezüglich die berufliche Vorsorge.
Nun, ich werde Ihnen erläutern, warum die Begründung nicht mehr zutrifft: Die Zeiten und die
Gesellschaft haben sich seit 2006 geändert, und die Wahrnehmung des Steuerfrankens durch den
Steuerzahler hat sich wesentlich verändert. In der Ablehnung meiner Motion wird unter anderem
gesagt, dass die Höhe der finanziellen Entschädigungen der Regierungsratsmitglieder während und
nach der Amtszeit gerechtfertigt sei, weil nebst der hohen Belastung auch der Wiedereinstieg ins
ordentliche Berufsleben nachweislich erschwert sei. Dazu halte ich Folgendes fest: Ich habe nur
Einwände gegen die Höhe der Ruhegehälter, nicht aber gegen die Höhe der Löhne während der
Amtszeit. Kein Wort davon steht in meiner Motion! Ich halte auch fest, dass mich die konkreten
Nachweise – Zitat – "des erschwerten Wiedereinstiegs ins ordentliche Berufsleben" doch sehr
interessieren würden, und ich hoffe sehr, dass unser Regierungsrat auch sein Amt als einen
ordentlichen Beruf bezeichnet.
Weiter halte ich fest, dass die meisten Amtsinhaber nach dem Rücktritt sehr wohl von der
Netzwerkpflege während der Amtszeit profitieren können, wenn sie das denn möchten. Denn die
Sache und der Mensch sind in diesem Amt untrennbar miteinander verbunden. Das lässt sich gar
nicht vermeiden. Ich halte auch fest, dass die Unvereinbarkeit des Regierungsratsamts mit anderen
politischen Ämtern oder anderen Nebenerwerbstätigkeiten nur während der aktiven Amtszeit besteht,
jedoch nicht mehr nach dem Rücktritt oder der Abwahl. Als Letztes halte ich fest, dass mit der
Ablehnung meiner Motion ein Zeichen gesetzt wird – und zwar ein negatives Zeichen: Es soll überall
gespart werden, aber bloss nicht bei den Regierungsratsmitgliedern.
Verglichen wird auch mit der Bundeslösung. Die sei ähnlich. Nun, wenn der Bund eine Lösung hat,
heisst das doch nicht a priori, dass diese Lösung gut und zeitgemäss ist. Denn auch diese Lösung
wird nicht mehr verstanden. Sie wurde thematisiert, hinterfragt und kritisiert.
Auf Kantonsebene zeigen neueste Erhebungen, dass inzwischen über die Hälfte der Kantone die
Zeichen der Zeit erkannt hat; sie kennen bereits andere Systeme oder sind auf dem Weg, das
System "Ruhegehalt" abzulösen. Und der Aargau?
Meine Damen und Herren, überall soll gespart werden. Unser Kanton steht vor finanz- und auch
sozialpolitisch grossen Herausforderungen. Die Steuerzahler – das sind wir – werden Jahr für Jahr
mehr und mehr belastet. Seit meine Motion am 28. Juni dieses Jahres in der Presse thematisiert
wurde, hatte ich die Möglichkeit, mit unzähligen Leuten aller Couleurs zu sprechen. Und wissen Sie
was? Kaum einer oder eine wusste, dass ehemaligen Regierungsratsmitgliedern zu Lasten des
Kantons – sprich der Steuergelder – lebenslang ein Ruhegeld ausbezahlt wird. Die Kommentare der
Bürgerinnen und Bürger waren recht eindeutig. Denn im Zeitalter der Sparübungen versteht nun
wirklich niemand mehr, warum seine Steuergelder in jährliche Ruhegelder von 150'000 Franken pro
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Einzelperson fliessen sollen, wenn es – wie andere Kantone aufzeigen – schon verschiedene
Alternativen gibt.
Mit der Annahme der Motion hätte der Regierungsrat Gelegenheit gehabt, weitere sinnvolle und
akzeptable Alternativen zum Ruhegeld aufzuzeigen. Er tut es nicht. Damit überstrapaziert er das
Verständnis der Bevölkerung und ignoriert deren Gerechtigkeitsempfinden. Also tun Sie, verehrte
Kolleginnen und Kollegen, nicht dasselbe wie unser Regierungsrat. Tragen Sie nicht weiterhin zu
einer längst nicht mehr verstandenen Besitzstandswahrung bei. Zeigen Sie, dass zumindest das
Parlament willens ist, auch seinen Beitrag zu diesem Sparprogramm zu leisten.
Da ich mich nun nicht auf den Pfad eines Postulats umlenken lasse, bitte ich Sie um ein Ja zu
meiner Motion. Sagen auch Sie, meine Damen und Herren: Ja, der Regierungsrat soll seinen Teil
zum Sparprogramm beitragen. Sagen Sie: Ja, wir Parlamentarier haben die Zeichen der Zeit
erkannt. Und sagen Sie: Ja, wir stellen den Auftrag Sparen über die Einzelinteressen. Mit einem Ja
können Sie Ihrer Wählerschaft mit gutem Gewissen und – vor allem dann im Wahljahr 2016 –
jederzeit offen und lächelnd gegenübertreten.
Andreas A. Glarner, SVP, Oberwil-Lieli: Auch hier ist es schier unglaublich. Der Regierungsrat
streicht im Rahmen der endlich durchgeführten Leistungsanalyse von Drucksachen bis Schulklassen
so ziemlich alles weg, was ihm in den Weg und Sinn kommt; nur bei sich selbst, da wird der
Regierungsrat nicht fündig. Eigentlich noch verständlich, denn an sich denken die vier Wohltäter und
die Wohltäterin ja zuletzt. Auch wenn es hier für einmal durchaus mehr als angebracht gewesen
wäre.
So wollte der gute Wolfgang Schibler den fünf Unbeugsamen mit einer Motion, die nicht einmal sie
selbst, sondern erst ihre Nachfolger betroffen hätte, zu Hilfe eilen. Doch weit gefehlt: Der
Regierungsrat weist dieses Ansinnen von sich, im vollen Wissen, dass im Parlament genügend
Grossrätinnen und Grossräte sitzen, die hoffen, dereinst auch selbst einmal in den Genuss dieser
üppigen Rente zu kommen. Doch eines darf ich den hier anwesenden Grossrätinnen und Grossräten
in Erinnerung rufen: Sie sind vom Volk gewählt und haben dieses hier zu vertreten und nicht ihre
allfällig ureigensten Interessen. Und dass das Volk in dieser Frage hinter uns steht, dessen sind wir
uns gewiss.
Sollten Sie also diese Motion ablehnen, so wird der Motionär im Alleingang eine Volksinitiative
starten und diese mit Sicherheit auch gewinnen. Alle, die heute diese Motion ablehnen, müssen sich
noch vor den nächsten Wahlen vorwerfen lassen, die ureigensten Interessen, statt den Volkswillen
vertreten zu haben. Stimmen Sie der Motion zu.
Marie-Louise Nussbaumer, SP, Obersiggenthal: Hier, wie anderswo: Das hatten wir doch auch
schon! Wer erinnert sich nicht. Wenn die SVP jetzt davon spricht, dass das Volk hinter ihr steht,
verweise ich gerne auf das Jahr 2006. Aber es geht ja um die Sache und um einen Vorstoss. Wir
wollen mal schauen, ob er, wenn er von rechts kommt, mehr Chancen hat!
Wie gesagt, dieser Vorstoss ist eigentlich eine Zusammenfassung der beiden Vorstösse von
Katharina Kerr Rüesch aus dem Jahre 2006. 2006 haben wir gesagt, die heutige
Ruhestandsregelung für Regierungsräte sei eine Luxuslösung – das sagen wir immer noch. Das hat
nichts mit dem heutigen Umfeld und der gegenwärtigen Sparhysterie zu tun. Geänderte Zeiten sehen
wir hier auch nicht.
An der Argumentation des Regierungsrats hat sich aber auch nichts geändert. So meinte er damals,
das Ruhestandsgehalt biete "keine Luxuslösung". Und was, fragte der Regierungsrat ganz kläglich,
wenn ein Regierungsmitglied aus dem Amt scheidet und keine Stelle findet? Ja was denn, meine
Herren beziehungsweise meine Dame? Und was, wenn dies einem gewöhnlich Sterblichen, einer
gewöhnlich Sterblichen, geschieht?
Der Vorstoss wurde im Jahr 2006 mit 77 gegen 36 Stimmen eindeutig abgelehnt. Die APK-Revision
(Aargauische Pensionskasse) für das kantonale Personal kam erst später. Sie brachte fürs Personal
höhere Beiträge, mehr Beitragsjahre sowie ein höheres Rentenalter. Sie brachte den
Primatswechsel, was ein Abschieben des Versicherungsrisikos auf die Versicherten bedeutete. Fürs
Personal hiess es also: Länger arbeiten, mehr bezahlen, weniger bekommen. Diese massive
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Verschlechterung geschah unter Mithilfe und mit dem Segen des Regierungsrats, der für sich selber
an seiner
komfortableren Ruhestandslösung nichts, aber auch gar nichts, änderte und immer noch nicht
ändern will.
Seit 1975 zahlt ein Regierungsmitglied 6,0 Prozent Beiträge, kann mit 60 Jahren in Pension gehen
und erhält nach dem Ausscheiden aus dem Amt ein volles oder anteilmässiges "Ruhegehalt" von
50,0 Prozent der Jahresbesoldung plus Teuerung – garantiert und im Leistungsprimat. Das ist mehr,
als das Personal je bekam, und es ist noch viel mehr, als dieses seit der Revision der APK noch
bekommt. Damit lässt sich tatsächlich schön ruhen!
Am liebsten wäre uns nach wie vor, wenn das Dekret über die Ruhegehälter der Mitglieder des
Regierungsrats aufgehoben würde und sowohl die aktiven als auch die künftigen Mitglieder des
Regierungsrats bei der APK versichert würden – und zwar zu den gleichen Bedingungen wie das
Staatspersonal und die Lehrpersonen. Und wenn es für die Zeit der Vorpension irgendein
Ruhestandsge-halt braucht, dann soll dieses bitte ausserhalb der APK für den Notfall, und bitte nur
für diesen, geregelt werden. Ansonsten lässt sich eine Bevorzugung der Exekutive wirklich nicht
mehr rechtfertigen.
Ich zitiere gerne unsere liebe ehemalige Kollegin Katharina Kerr Rüesch: "Ich bin natürlich der
Meinung, dass wir möglichst gute Regierungsmitglieder brauchen, die unabhängig agieren sollten.
Ich erwarte aber, dass dies mit einem sehr guten Lohn – das ist immer noch so – in der aktiven Zeit
möglich sein sollte. Wer ein Regierungsratsamt anstrebt, weiss, was er oder sie auf sich nimmt.
Bisher musste noch niemand in den Regierungsrat gezwungen werden, es gab immer genügend
Interessierte für dieses Amt. Und der Aargau wird nicht unregierbar, wenn der Regierungsrat eine
andere Altersversicherung bekommt."
Und dann noch ein Satz aus dem Referat des ehemaligen Grossrats Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP,
aus dem Jahre 2007: "Dass im Hinblick auf die Zukunft etwas geschehen muss, liegt auf der Hand.
Unser früherer Ratskollege Dieter Märki hat das vor einigen Jahren schon thematisiert. Es war
damals nicht die richtige Zeit. Nun liegt uns mit Katharina Kerr Rüeschs Vorstoss ein sehr
vernünftiger Vorschlag auf dem Tisch. Er kommt diesmal aus einer anderen Partei, aber wir lassen
uns diesmal hoffentlich aus lächerlicher Parteieneifersucht nicht dazu verführen, ihn abzulehnen."
Leider taten Sie es dann doch. Wir tun es heute nicht!
Auch wenn die Argumentation von Wolfgang Schibler nicht unbedingt dafür spricht, dass wir ihn
unterstützen wollen. Sie wäre eigentlich ein Grund, den Vorstoss abzulehnen. Auch da könnte ich
von einer Neidgesellschaft reden, die Sie immer wieder ansprechen, auch da müsste ich sagen: Sind
Sie sicher, dass Sie die Zeichen der Zeit erkannt haben? Oder ist es vielleicht doch nur das
Wahljahr, das Sie eben auch angesprochen haben? Höhere Steuern und Leistungsanalyse? Ist es
wirklich nur das? Aber ich hinterfrage jetzt nicht alles. Wir unterstützen den Vorstoss trotzdem.
Sander Mallien, GLP, Baden: Auch wir von der GLP sind der Meinung, dass die Anregungen von
Kollege Schibler sehr moderat sind und die heutige Ruhestandsregelung nicht mehr zeitgemäss ist.
Daneben steht sie in krassem Gegensatz zur heutigen Handhabung bei normalen Arbeitnehmenden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch Wähler können sich irren. Leider kommt es hin und wieder
vor, dass sich eine in ein Exekutivamt gewählte Person bald einmal als zur Amtsausübung
ungeeignet erweist. Zur Illustration verweise ich auf einen Stadtpräsidenten, welcher sich in den
letzten Monaten nicht nur fachlich und zeitlich als völlig überfordert erwiesen hat, sondern auch noch
moralisch.
Meine Damen und Herren, ein Exekutivmitglied, das gute Leistungen erbringt, hat selbst im
fortgeschrittenen Alter keine Mühe, eine ansehnlich dotierte Anschlussaufgabe zu finden. Aber ein
goldener Fallschirm für Blindgänger ist nicht mehr zeitgemäss und erst noch ungerecht anderen
Arbeitnehmern gegenüber, welche unverschuldet ihre Stelle verlieren – dies geschieht immer öfters
– und von der Arbeitslosenversicherung bereits nach zwei Jahren ausgesteuert werden. Die GLP
wird die Motion Schibler unterstützen.
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Maya Bally Frehner, BDP, Hendschiken: Die BDP hegt sehr wohl Sympathien für das Anliegen von
Wolfgang Schibler. Wir sind jedoch der Meinung, dass der Auftrag für eine Motion etwas schwammig
ist und nicht zum gewünschten Resultat führen könnte. Wir sind auch der Meinung, dass der Kanton
Aargau nicht grundsätzlich über eine Luxuslösung verfügt. Und wenn man weiterhin davon ausgeht,
dass tatsächlich die meisten Regierungsmitglieder erst mit 61 Jahren zurücktreten, gibt es nicht
unbedingt Handlungsbedarf.
Da es aber in Zukunft sehr wohl vermehrt möglich sein könnte, dass ein Regierungsrat bereits mit 50
oder 55 Jahren ausscheidet, ist es unserer Ansicht nach lohnend, das System diesbezüglich zu
durchleuchten und Lösungen zu prüfen. Ein Ruhegehalt ist ein Ruhegehalt. Dieses erhält jemand,
wenn er wirklich im Ruhestand ist und nicht, wenn er mit 50 oder 55 ein Amt abgibt.
Wir sind deshalb im Clinch, weil wir der Meinung sind, der Auftrag sei etwas dürftig. Wir hätten
tatsächlich ein Postulat vorgezogen, um genau zu prüfen, welche Lösungen es gibt. Ich kann jetzt
noch nicht sagen, wer wie abstimmt. Einem Postulat jedoch hätten wir einstimmig zugestimmt. Bei
einer Motion kann ich jetzt noch nichts sagen.
So oder so, wir sind der Meinung, die Lösung sollte überdacht werden, aber auf eine andere Art und
Weise.
Robert Obrist, Grüne, Schinznach: Wir Grünen lehnen die Motion ab. Das Ruhegehalt hat bis zum
Erreichen des ordentlichen AHV-Alters den Charakter eines Einkommensersatzes und ab dem 65.
Altersjahr die Bedeutung einer beruflichen Rente. Einkaufsmöglichkeiten in die Pensionskasse sind
nicht vorgesehen. Es handelt sich keinesfalls um einen goldenen Fallschirm; angesichts der von den
Mitgliedern des Regierungsrats erbrachten Leistungen und Verantwortlichkeiten nicht einmal um
einen silbernen. Die Regelung ist massvoll, und sie gewährleistet eine unabhängige Amtsausübung.
Berücksichtigt werden müssen auch die eingeschränkten Betätigungsfelder nach der Amtszeit.
Grossrat Schibler "schlägt den Sack Ruhegehalt und meint den Esel" oder vielleicht auch die
weibliche Form dieses Grautieres mit vier Buchstaben. Kritik an der Amtsführung der in den
Regierungsrat gewählten Personen soll offen und konstruktiv erfolgen. Rücktrittsforderungen und
Kürzungen des Ruhegehalts sind nicht angebracht.
Wir sind gegen die Reduktion der Ruhegehälter, so wie wir auch gegen die meisten
Sparmassnahmen des Regierungsrats sind. Wir sind in unserer Haltung durch das Votum von Herrn
Glarner bestärkt worden. Hier wird diskutiert und nicht erpresst.
Peter Voser, CVP, Killwangen: Die Motion Wolfgang Schibler verlangt mindestens eine Reduktion
der Ruhegehälter des Regierungsrats gemäss heutigem Dekret.
Die CVP lehnt die Motion ab, weil sie zu eng gefasst und zwingend ist. Wir würden aber ein Postulat
unterstützen, welches einen detaillierten Bericht über die gesamte Situation verlangt, inklusive einer
Versicherungslösung, so wie es das BVG (Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenenund Invalidenvorsorge) vorsieht. Aus unserer Sicht ist nicht die Höhe der Entschädigung das
eigentliche Problem, sondern dass das Ruhegehalt nicht gesetzeskonform ist. Störend ist auch, dass
die angesparten Gelder aus früheren Tätigkeiten nicht eingebracht werden müssen. Die berufliche
Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch, es gibt aber Ausnahmen. Ob
allerdings der Regierungsrat in der Vorsorgefrage als Ausnahme gilt, wissen wir nicht. Einige andere
Kantone haben die gleiche Lösung wie wir – auch der Bundesrat kennt ein Ruhegehalt. Ob diese
Regelung noch zeitgemäss ist und es keine besseren Lösungen gibt, sollten wir erneut abklären.
Mit dem Dekret über die Ruhegehälter sind viele Fragen nicht definitiv geklärt. Ein Beispiel: Sollte
sich ein verheirateter Regierungsrat scheiden lassen, steht wohl seine Frau finanziell im Regen. Bei
einer angesparten Versicherungslösung hätte sie Anspruch auf die Hälfte des Kapitals. Beim
Ruhegehalt gibt es aber kein angespartes Kapital. Die Leistungen an die ehemaligen
Regierungsmitglieder werden der laufenden Rechnung belastet.
Wenn wir eine Versicherungslösung anstreben und das Gehalt des Regierungsrats unverändert bei
300'000 Franken liegt, beträgt der versicherte Lohn circa 272'000 Franken. Die Rente der
Angestellten liegt bei circa 60,0 Prozent des versicherten Lohns. Das würde bedeuten, dass ein
Regierungsrat eine Rente von circa 163'000 Franken erhalten würde – also deutlich mehr als die
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heutige Lösung mit dem Ruhegehalt. Dies allerdings nur, wenn bei Amtsantritt genügend Kapital
mitgebracht wurde oder wenn während der Regierungszeit zusätzliche freiwillige Einkäufe
stattgefunden haben. Die Entschädigungen zeitlich zu limitieren geht allerdings nicht, denn
Versicherungsleistungen werden immer auf Lebzeiten ausbezahlt. Es kann wohl nicht der Fall sein,
dass
die
AHVoder
die
BVGGelder nach zehn oder nach 15 Jahren nicht mehr ausbezahlt werden. Darum ist klar, dass auch ein
Ruhegehalt, sofern es anstelle einer Versicherungsleistung zum Tragen kommt, nicht eine bestimmte
Laufzeit haben kann. Aus diesen Gründen lehnen wir die Motion ab.
Matthias Jauslin, FDP, Wohlen: Die FDP wird die Motion ebenfalls ablehnen. Es ist richtig, das
Ruhegehalt, wie es jetzt auf dem Tisch liegt, ist nicht mehr zeitgemäss. Es kann nicht nachvollzogen
werden, warum ein Regierungsrat oder eine Regierungsrätin auf Lebenszeit 150'000 Franken oder
noch mehr erhalten soll, ohne dass er oder sie sich bei diesen BVG-Lösungen oder bei diesen
Einzahlungen paritätisch beteiligt hat.
Für die FDP steht eine Versicherungslösung im Vordergrund, ähnlich wie sie Peter Voser skizziert
hat. Das ist der richtige Weg. Da in der Motion keine aktuellen Regierungsräte und
Regierungsrätinnen angesprochen sind, gehen wir davon aus, dass genügend Zeit ist, um hier gute
Lösungen zu suchen. Diese Lösung muss eine Versicherungslösung sein, meine Damen und
Herren. Das muss nicht einfach eine Kürzung des Ruhegehalts sein, wie jetzt vom Motionär
gefordert wird, sondern das muss eine grundlegend neue Aufarbeitung dieser Finanzierung sein.
Wir gehen davon aus, dass sich der Regierungsrat tatsächlich Gedanken machen muss, wenn diese
Motion abgelehnt wird. Sollten von Seiten des Regierungsrats keine Lösungen kommen, werden wir
selbstverständlich mit politischen Mitteln nochmals einen Vorstoss bringen.
Ich bitte Sie, im Sinne einer richtigen Lösung, diese Motion abzulehnen und das ganze System zu
hinterfragen und neu aufzuarbeiten.
Urs Plüss, EVP, Zofingen: Das Ruhegehalt alleine betrachtet scheint schon etwas merkwürdig und
ist nicht mehr zeitgemäss. Aber man muss ja immer alles zusammen betrachten: Das Ruhegehalt,
den Lohn, die Vorsorgeleistungen usw. Da muss man zusammen etwas erarbeiten. Bei der
Festsetzung des Lohns sind uns Grenzen gesetzt. Dies, weil der Lohn des Direktionspräsidenten der
AKB (Aargauische Kantonalbank) jetzt daran gekoppelt ist. Wir würden dann diesen Lohn
automatisch auch nach oben anpassen. Da sind uns die Hände gebunden.
Ich schliesse mich aber meinem Kollegen Jauslin an, dass diese Motion die falsche Lösung ist. Sie
bietet uns kein zeitgemässes Instrument. Wir könnten uns ein Postulat besser vorstellen. Da die
aktiven Regierungsräte nicht direkt betroffen sind – ich gehe jetzt mal davon aus – haben wir wirklich
genügend Zeit, dies aufzuarbeiten.
Noch ein Hinweis: Der amerikanische Präsident Barack Obama hat etwa 300'000 US-Dollar
Jahresgehalt. Er hat kein Ruhegehalt. Er kann aber seinen Lebensunterhalt mit Vorträgen
aufbessern. Für jeden gehaltenen Vortrag erhält er zwischen 300'000 und 500'000 Franken. Ich kann
mir aber nicht vorstellen, dass irgendjemand für Roland Brogli eine halbe Million Franken bezahlt.
Ganz ehrlich, missverstehen Sie mich bitte nicht. Ich will Roland Broglis Qualitäten nicht infrage
stellen. Trotzdem, eine halbe Million Franken sind doch etwas viel. Deswegen lehnt die EVP die
Motion ab, würde aber ein Postulat unterstützen.
Roland Brogli, Landammann, CVP: Die vorliegende Motion verlangt eindeutig, dass die
Ruhegehälter der Regierungsrätinnen und Regierungsräte reduziert werden sollen – und zwar auf
der Basis des geltenden Dekrets.
Die bestehende Regelung im Dekret über die Ruhegehälter der Mitglieder des Regierungsrats hat
zum Inhalt, dass bei Ausscheiden aus dem Amt das Ruhegehalt höchstens 50,0 Prozent des
bisherigen Lohns beträgt. Einen Einfluss auf die Höhe des Ruhegehalts hat neben der Dauer der
Amtszeit auch das Eintritts- und Austrittsalter. So wird bei einer Amtszeit von weniger als 12 Jahren
oder bei Amtsantritt erst nach Erreichen des 55. Altersjahrs das Ruhegehalt für jedes nicht geleistete
Amtsjahr um 3,0 Prozent gesenkt.
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Erzielt ein ehemaliges Mitglied des Regierungsrats ein höheres Jahreseinkommen als die
Jahresbesoldung eines amtierenden Mitglieds, wird das Ruhegehalt gekürzt. Die bestehende
Regelung, die vor allem den Charakter einer beruflichen Rente hat, sieht keine Einkaufsmöglichkeit
in die Pensionskasse vor. Der Regierungsrat ist der Meinung, dass die bisherige Lösung massvoll ist
und weder betragsmässig noch bezüglich der Voraussetzungen mit einem "goldenen Fallschirm"
verglichen
werden kann. Die Erfahrung zeigt, dass die Rücktritte von Amtsträgern meist kurz vor dem Eintritt ins
Rentenalter erfolgen. Das Amt wird meist während längerer Zeit ausgeübt und bildet normalerweise
den Höhepunkt der beruflichen Karriere. Dies zeigt auch ein Blick auf die bisherigen Amtsinhaber
seit 1950. Diese waren beim Amtsantritt durchschnittlich rund 48 Jahre alt und schieden nach knapp
13 Jahren, im Alter von 61 Jahren, aus dem Amt aus. Ich selbst liege bereits über dem Durchschnitt.
Das Amt des Regierungsrats ist eine spezielle Position, die nur bedingt mit Kaderstellen,
beispielsweise in der öffentlichen Verwaltung, verglichen werden kann. Aufgrund der starken
öffentlichen Exposition kann – verschuldet oder unverschuldet – eine negative Beurteilung für die
Amtsinhaber Konsequenzen haben, beispielsweise die Abwahl. Die hohe Belastung im Amt erlaubt
kaum berufliche Weiterentwicklung und Weiterbildung im angestammten Beruf. Die Unabhängigkeit
des Regierungsrats soll unbedingt gewährleistet bleiben. Überlegungen zur Zeit nach dem Austritt
und allfällige künftige Erwerbsquellen dürfen keine Rolle spielen. Mittlerweile wird ein Amtsträger, der
nach seinem Austritt eine Tätigkeit in seinem ehemaligen Fachgebiet anstrebt, von den Medien und
der Öffentlichkeit kritisch beobachtet.
Ein Vergleich mit anderen Kantonen und dem Bund zeigt immer noch, dass der Kanton Aargau über
keine aussergewöhnlich grosszügige Lösung verfügt. Ich kann Ihnen sagen: Es ist klar, der
Regierungsrat fühlt sich mit dieser Lösung nicht unterbedient. Die verschiedenen Regelungen sind
dabei eben auch – das muss man auch berücksichtigen – nur eingeschränkt vergleichbar, da
unterschiedliche Kriterien oder zusätzliche Versicherungselemente zur Anwendung kommen. Aus all
diesen Gründen bitte ich Sie namens des Regierungsrats, die Motion abzulehnen.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Der Motionär ist mit der Ablehnung nicht einverstanden; auch
nicht mit der Umwandlung in ein Postulat.
Abstimmung
Die Motion wird mit 76 gegen 49 Stimmen überwiesen.
0639 Motion der Fraktionen der BDP, CVP, FDP und SVP (Sprecherin Maya Meier, SVP,
Staufen) vom 3. Juni 2014 betreffend periodische, systematische Leistungsanalyse und
zusätzliche Befristung von neuen Staatsaufgaben; Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. Art. 0461)
Mit Datum vom 13. August 2014 erklärt sich der Regierungsrat bereit, die Motion entgegenzunehmen
und beantragt mit folgender Begründung die gleichzeitige Abschreibung:
Seit dem 1. Januar 2006 erfolgt die Staatsleitung des Kantons Aargau mit dem System der
wirkungsorientierten Verwaltungsführung (WOV). Im Rahmen des Projekts WOV-FIREL wurden die
staatlichen Führungsinstrumente weiterentwickelt und das neue harmonisierte Rechnungsmodell 2
(HRM2) eingeführt. Der bisherige Planungs- und Budgetierungsprozess sowie die dazugehörigen
rechtlichen Grundlagen wurden dabei umfassend überprüft und wo notwendig angepasst. Der
Grosse Rat hat am 5. Juni 2012 in 2. Beratung der Änderung des Gesetzes über die
wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF; SAR 612.300) zugestimmt und
das neue GAF sowie das dazugehörige Dekret über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben
und Finanzen (DAF; SAR 612.310) verabschiedet.
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Die Verfassung des Kantons Aargau und das GAF verlangen einen ausgeglichenen Staatshaushalt
und eine laufende Überprüfung der Leistungen. Weiter sind die Grundlagen für ein wirkungsvolles
Controlling inklusive Wirkungsprüfung sowie die Möglichkeit für den Erlass von befristeten Gesetzen
und Dekreten bei neuen Aufgaben festgelegt:
Verfassung des Kantons Aargau
§ 116 Finanzhaushalt und Finanzplanung
1
Der Finanzhaushalt ist sparsam, wirtschaftlich, konjunkturgerecht und auf die Dauer ausgeglichen zu führen. Die
Einhaltung dieser Grundsätze ist durch eine ausreichende Kontrolle zu überprüfen.
2
Der Kanton und die Gemeinden sorgen für eine umfassende Aufgaben- und Finanzplanung, die mit der Finanzplanung
des Bundes in Einklang zu halten ist.
3
Die Aufgaben und Ausgaben sind laufend auf ihre Notwendigkeit und Zweckmässigkeit sowie auf ihre finanziellen
Auswirkungen und ihre Tragbarkeit hin zu überprüfen.
Gesetz über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF):
§ 2 Grundsätze der Aufgabenerfüllung
1
Die Steuerung der Aufgabenerfüllung erfolgt zusammen mit der Festlegung der Finanzen. Aufgaben und Finanzen sind
miteinander zu verknüpfen.
2
Die zur Erfüllung der Aufgaben erbrachten Leistungen (Geld-, Sach- oder Dienstleistungen) sind auf ihre Wirksamkeit
und Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Die Aufgaben sind mit dem besten Kosten-/Nutzen-Verhältnis zu erfüllen.
3
Aufgaben sind auf ihre Notwendigkeit und Tragbarkeit zu prüfen. Neue Aufgaben sind nach Massgabe ihrer
Wichtigkeit, Dringlichkeit sowie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung
anzugehen.
§ 42 Controlling
1
Das Controlling umfasst die Abstimmung von Zielen und Tätigkeiten mit den Finanzen, die Planung der Massnahmen
sowie die Steuerung und Durchführung von periodischen Wirkungsprüfungen.
2
Die Steuerungsinstanzen stellen ein stufengerechtes Controlling sicher. Der Regierungsrat regelt die Ausführung nach
Anhörung des Büros des Grossen Rats, der Justizleitung, der Finanzkontrolle und der beauftragten Person für
Öffentlichkeit und Datenschutz durch Verordnung.
§ 47 Erprobung neuer Formen
1
Zur Erprobung neuer Formen der staatlichen Leistungserbringung oder ihrer Steuerung können Pilotvorhaben
durchgeführt werden.
2
Soweit die Kompetenzen des Regierungsrats dafür nicht ausreichen, legt der Grosse Rat durch befristete Gesetze oder
Dekrete die inhaltlichen Ziele, die Rahmenbedingungen, die Dauer und seine Mitwirkung fest.
Der Grundsatz der permanenten und systematischen Überprüfung von staatlichen Aufgaben ist
somit im Rechtssetzungsprozess fest verankert.
Die wirkungsorientierte Verwaltungsführung basiert für die kurz- und mittelfristige Steuerung auf den
Instrumenten "Aufgaben- und Finanzplan (AFP)" sowie "Jahresbericht mit Jahresrechnung". Diesen
beiden Instrumenten übergeordnet ist das langfristig ausgerichtete Entwicklungsleitbild (ELB). Bei
neuen Aufgaben kann das Instrument des Planungsberichts eingesetzt werden. Sowohl auf
strategischer wie auch auf operativer Ebene findet dabei ein systematisches Controlling statt. Die
nachfolgende Abbildung zeigt die Instrumente im Steuerungskreislauf.
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Das ELB legt als langfristiges Planungsinstrument die Ziele des Regierungsrats für den Zeithorizont
von zehn Jahren fest. Es wird alle vier Jahre aktualisiert und dem Grossen Rat zur Kenntnisnahme
vorgelegt (§ 7 GAF).
Der AFP als kurz- und mittelfristiges Planungsinstrument bricht die Zielvorgaben des ELB auf die
nächsten vier Jahre herunter. Der Grosse Rat beschliesst das Budget (§ 13 Abs. 1 GAF) und
genehmigt die Planjahre, wobei er für den nächsten AFP eigene Vorstellungen formulieren kann (§
12 GAF). Der Grosse Rat hat somit im Rahmen der parlamentarischen Beratung zum AFP die
Möglichkeit, Einfluss auf die Ausgestaltung der Aufgabenbereichspläne zu nehmen und spezifische
Änderungen zu den Vorgaben des Regierungsrats zu verlangen. So kann er Anpassungen an den
aufgabenseitigen (Entwicklungsschwerpunkte und Ziele) und finanziellen Steuergrössen vornehmen.
Im Rahmen der AFP-Erstellung findet verwaltungsintern bereits eine flächendeckende,
systematische und ganzheitliche Aufgabenüberprüfung inklusive Finanzcontrolling statt. Während
drei Eingaberunden werden die staatlichen Aufgaben unter anderem bezüglich deren Notwendigkeit
und Zweckmässigkeit hin überprüft und falls nötig entsprechend angepasst.
Der grösste Einfluss des Parlaments auf die staatliche Aufgabenerfüllung und das Aufgabenportfolio
erfolgt aber in seiner Rolle als Gesetzgeber. Im Rahmen der jeweiligen Gesetzgebungsprozesse
kann er für die Notwendigkeit neuer Aufgaben beziehungsweise Anpassungen bei der
Aufgabenerfüllung eine systematische Aufgabenkritik vornehmen.
Vertiefende Wirkungsprüfungen in Form von Evaluationen erfolgen punktuell. Evaluiert werden sollen
vor allem Geschäfte von besonderer politischer oder strategischer Bedeutung, solche von finanzieller
Relevanz, mit Innovationscharakter, beispielsweise auch bezüglich Kooperationsformen und von
wirtschaftlicher Bedeutung. So wurden in der Vergangenheit strategische Änderungen bei der
Aufgabenerfüllung beziehungsweise neue Aufgaben evaluiert:



Pforte Arbeitsmarkt: Dreijährige Pilotphase mit anschliessender Evaluation
Evaluation der dualen Polizeiorganisation
WOV-Evaluation (führte zur Weiterentwicklung der Führungsinstrumente)
Vertiefte Evaluationen können aus ressourcengründen nicht flächendeckend erfolgen. Der Grosse
Rat hat aber im Rahmen der Beratung von Botschaften die Möglichkeit, zielgerichtete Evaluationen
von Vorhaben zu fordern und entsprechende Ressourcen bereitzustellen.
Aus Sicht des Regierungsrats sind aufgrund der obigen Ausführungen keine weiteren Anpassungen
der rechtlichen Grundlagen erforderlich. Flächendeckende, periodische und systematische
Leistungsanalysen sind aus Sicht des Regierungsrats dann vorzunehmen, wenn es die finanzielle
Situation des Kantons notwendig macht. Eine starre Regelung ist sowohl aus Kosten-Nutzen-
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Überlegungen wie auch aufgrund der bereits vorhandenen Interventionsmöglichkeiten nicht
angezeigt.
Die Forderung nach vermehrter Befristung von neuen staatlichen Aufgaben ist im Einzelfall zu prüfen
und kann vom Grossen Rat während des Gesetzgebungsverfahrens umgesetzt werden.
Im Vergleich zur Bundesebene werden im Kanton Aargau, wie auch in anderen Kantonen, wenige
Wirkungsüberprüfungen durchgeführt. Hier besteht noch Potenzial, wobei neben den notwendigen
Ressourcen auch Fachpersonal für die Durchführung beziehungsweise Begleitung von externen
Evaluationen vorhanden sein muss. Aufgrund der aktuellen Ressourcenlage musste der
Regierungsrat das Vorhaben, zentral Wirkungsprüfungen durchzuführen, zurückstellen (vgl.
Massnahme 100-12 'Verzicht auf eine zentrale Koordination der Wirkungsprüfung'). Diese Absicht
soll aber zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgegriffen werden.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'107.–.
Maya Meier, SVP, Staufen: Mit der Begründung, dass bereits genügend Instrumente zur Verfügung
stehen würden, will der Regierungsrat die gemeinsame Motion der BDP, CVP, FDP und SVP
abschreiben. Selbstverständlich sind uns diese Gesetze und Prozesse bekannt. Genauso, wie sie
auch dem Regierungsrat bekannt sind. Trotzdem ist es so, dass wir in Zeiten, wo die Wirtschaft
wächst und die Steuereinnahmen sprudeln – und notabene jedes Jahr noch mehr anwachsen –
Defizite schreiben und auch weiterhin Defizite budgetieren. Wir haben unsere Reserven, welche
eigentlich
für wirtschaftlich schlechte Zeiten gedacht gewesen wären, jetzt aber in guten Zeiten für die
Verschleierung der effektiven Defizite vollständig aufgebraucht. Und erst jetzt beraten wir die
Leistungsanalyse und budgetieren weiterhin strukturelle Defizite.
Diese Situation an sich beweist doch, dass das aktuelle System alleine nicht genügt und unsere
Motion nicht einfach so abgeschrieben werden kann. Deshalb votiere ich als Sprecherin der vier
Fraktionen gegen die Abschreibung unserer Motion. Nur wenn wir künftig einen systematischen
Prozess etablieren, indem wir die Staatsleistungen periodisch überprüfen und auf die Kernaufgaben
reduzieren, können wir Sonderübungen, welche sowieso immer zu spät kommen, in der Zukunft
vermeiden und strukturelle Defizite verhindern.
Um dies zu erreichen, könnte man § 2 des Gesetzes über die wirkungsorientierte Steuerung von
Aufgaben und Finanzen (GAF) mit einem neuen Abs. 4 ergänzen. Dieser neue Absatz könnte
beispielsweise wie folgt lauten: "Der Regierungsrat führt pro Legislatur mindestens einmal eine
vertiefte Leistungsanalyse in jedem Aufgabenbereich durch. Die Analyse kann entweder gleichzeitig
in allen Aufgabenbereichen oder gestaffelt erfolgen. Er berichtet über deren Ergebnisse dem
Grossen Rat."
Ich bin überzeugt, dass wir mit dieser Systematik mit relativ geringem Aufwand auch der Verfassung
besser Rechnung tragen, welche in § 116 Abs. 3 verlangt, dass die Aufgaben und Ausgaben laufend
auf ihre Notwendigkeit und Zweckmässigkeit sowie auf ihre finanziellen Auswirkungen und ihre
Tragbarkeit zu überprüfen sind.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Motionärin ist mit der Abschreibung nicht einverstanden.
Marie-Louise Nussbaumer, SP, Obersiggenthal: Wir halten es hier wie fast immer mit dem
Regierungsrat: Die WOV-Gesetzgebung (Wirkungsorientierte Verwaltungsführung) reicht als
Grundlage sehr wohl aus, um die geforderte regelmässige Leistungsanalyse zu ermöglichen. Und
dass es gemacht wird, dafür werden Sie, liebe Grossrätinnen und Grossräte, schon sorgen, wenn es
der Regierungsrat nicht von sich aus selber macht. Ich mache Sie allerdings dann darauf
aufmerksam, dass nichts von nichts kommt und dass Wirkungsprüfungen, Verwaltungsanalysen,
Evaluationen, Leistungsanalysen etc. eben nicht vom Himmel fallen, sondern dass Sie dafür
Aufträge erteilen können, aber auch die finanziellen und personellen Ressourcen zur Verfügung
stellen müssen.
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Jetzt aber noch zum Lieblingswort oder zum Unwort des Tages: Die "Sunset-Klausel" gefällt mir
heute besonders gut. Auch hier komme ich gerne wieder auf das Jahr 2007 zurück – vielleicht bin ich
wirklich schon zu lange hier. Auch hier, alle paar Jahre wieder. Über die Befristung von
Staatsaufgaben und konkret von Gesetzen haben wir uns ebenfalls im Jahr 2007 ausführlich
unterhalten.
Inhaltlich – und nachdem er 640 Erlasse und rund 12'000 Paragraphen des Aargauischen Rechts hat
überprüfen lassen – kam der Regierungsrat damals zum Schluss, dass der "Sunset-Klausel" ein
interessantes, dynamisches Moment innewohnt, dass sie aber dennoch nicht prinzipiell, sondern nur
dort einzusetzen sei, wo es sach- und zweckgerecht sei. Eine Befristung eines Erlasses garantiere
noch längst nicht seine Qualität. Diese müsse auf allen Stufen – auch mit Wirkungsanalysen und
Kontrollen der Erlasse – überprüft werden, und das tue der Regierungsrat natürlich regelmässig und
wenn immer nötig. Oberstes Prinzip sei aber auch hier die Rechtssicherheit. Aus dieser ergäbe sich
eine klare Begrenzung ihrer Anwendung. Dann wurde anhand von sechs Lebenssachverhalten –
offensichtlich ein Begriff aus der Rechtsprechung – gezeigt, wie und nach welchen Kriterien eine
solche Überprüfung von Erlassen vor sich gehen könne, und welche eventuell zeitlich begrenzt
werden könnten. Grundsätzlich werde heute im Rahmen der Vorbereitung des Normkonzepts für
neue Erlasse verlangt, dass die Begrenzung derselben a priori geprüft werde. Was wollen Sie mehr?
Da hat man ganz viel geschrieben. Was daraus geworden ist, wissen wir seit heute Vormittag gut.
In Anlehnung an die damalige Kommissionsmeinung ist es für uns immer noch unbestritten, dass
jede Staatshandlung, also auch die Legiferierung, immer wieder der Überprüfung bedarf. Ebenso
unbestritten ist, dass die "Sunset-Klausel" als Grundprinzip dafür nicht geeignet ist. Ein damaliges
Grossratsmitglied meinte dazu: "Damit würde eine politische Aufgabe im Prinzip in das
Gesetzgebungsverfahren verpflanzt; das wäre ein Trugschluss. "Sunset" ist nur eines der möglichen
Instrumente für die Durchführung einer Aufgabenüberprüfung. Eine prinzipielle Einführung einer
"SunsetLegislation", sozusagen zur zusätzlichen Aufgabenüberprüfung, würde über das Ziel
hinausschiessen."
Liebe Kollegin Meier, lieber Kollege Giezendanner, lassen Sie mich so schliessen, wie unsere vorhin
schon erwähnte ehemalige Kollegin damals geschlossen hat. Für die Befristung des Gesetzes wurde
der ordnungspolitische Begriff "Sunset-Legislation" gewählt. "Sunset" oder Befristung? Na ja. Mir
gefällt eigentlich der Sonnenuntergang besser, hauptsächlich deshalb, weil er für mich seit 180
Jahren ironisch besetzt ist. Die literarische Referenz findet sich in einem Gedicht von Heinrich Heine
aus dem "Buch der Lieder" von 1827.
Das Fräulein stand am Meere
Das Fräulein stand am Meere
Und seufzte lang und bang,
Es rührte sie so sehre
Der Sonnenuntergang.
„Mein Fräulein! Sein Sie munter,
Das ist ein altes Stück;
Hier vorne geht sie unter
Und kehrt von hinten zurück.“
Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg: Die Grünliberalen teilen einen Teil der Grundhaltung
dieses Vorstosses, nämlich einen ausgeglichenen Staatshaushalt zu erreichen und Leistungen
immer wieder auf Effizienz und Effektivität zu überprüfen. Dennoch sind wir über diese Motion nicht
glücklich. Weshalb? Wir erachten die heutigen Regelungen als ausreichend. Wir haben eine
Verfassung, wir haben gesetzliche Regelungen, die wir aber anwenden müssen. Es ist eigentlich
unser Job, unsere Aufgabe hier im Grossen Rat, insbesondere beim Aufgaben- und Finanzplan und
insbesondere in der Kommission KAPF (Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen), dafür zu
sorgen, dass hier nichts aus dem Ruder läuft und dass diese Prüfungen vorgenommen werden. Wir
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Art.-Nr. 0639
1691
müssen uns selber an der Nase nehmen. Was jetzt mit diesem Vorstoss passiert, ist, dass wir noch
mehr Kompetenz Richtung Exekutive schieben. Davor möchten wir warnen. Es ist dann der
Regierungsrat, der schaut. Der Regierungsrat ist der Auftraggeber von Evaluationsberichten. Wie Sie
wissen, kommen die meisten Evaluationen ja so heraus, wie das der Auftraggeber gewünscht hat.
Zudem kostet das – siehe heute Morgen Standortförderungsgesetz. Die grössten Profiteure dieser
Übung wären Beratungsfirmen. Wollen wir das wirklich?
Wir sind der Meinung: Lieber nicht! Machen wir unsere Aufgabe hier drin und in Kommissionen.
Machen wir sie ernsthaft, dann braucht es diesen Vorstoss nicht. Wir werden ihn ablehnen.
Ralf Bucher, CVP, Mühlau: Es stellt sich die Frage, ob es alle paar Jahre eine umfassende
Leistungsanalyse braucht – wir haben gesehen, es ist immer wieder eine umfassende Spardebatte
geführt worden – oder ob es besser wäre, permanent und mit institutionalisierten Instrumenten eine
Leistungsanalyse vorzunehmen. Dabei sollen eben verschiedene Aufgabenbereiche vertieft
überprüft werden und der Nutzen hinterfragt werden.
Dann bräuchte es eben gerade keine "Sunset-Legislation", sondern man würde das Gesetz oder
eine Aufgabe abschaffen, wenn es oder sie keinen Nutzen mehr hätte. Man könnte auch darüber
diskutieren – wie wir das auch schon gefordert haben – ob man Aufgabenbereiche extern
analysieren lassen sollte. Das muss nicht permanent so sein, kann in bestimmten
Aufgabenbereichen aber sinnvoll sein.
Um wirklich etwas abzuschaffen oder zu sparen braucht es einen gewissen Druck. Wir haben
während der Debatte der Leistungsanalyse – beim Blick in die Vergangenheit – gesehen, dass mit
Mass-nahmen, die vorher heilig waren, plötzlich gespart werden kann.
Diesen Druck will die CVP-Fraktion aufrechterhalten und hält an der Motion fest. Lieber mehrere
ständige kleine Leistungsanalysen, als alle paar Jahre eine umfassende.
Robert Obrist, Grüne, Schinznach: Der Regierungsrat zeigt in seiner Antwort die heute angewandten
Instrumente und deren Handhabung auf. Von den Leiterinnen oder Leitern der Departemente
erwarten wir, dass die verantwortliche Person der Regierung eine kontinuierliche Leistungsanalyse
als Kernaufgabe versteht und auch wahrnimmt. Dem Grossen Rat stehen zweckmässige und auch
gutgenutzte Werkzeuge zur Verfügung, um Fehlentwicklungen festzustellen und allfällige
überbordende Aktivitäten der Verwaltung zu erkennen und zu stoppen. Diese werden insbesondere
in den Diskussionen des AFP von den Fachkommissionen und der KAPF angewandt und sind aus
unserer Sicht ausreichend. Im Weiteren schliessen wir uns der Essenz der Voten der SP und der
GLP an und lehnen diese Motion ab.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Wir haben einen Antrag auf Ablehnung.
Lilian Studer, EVP, Wettingen: Wir von der EVP haben von Anfang an gesagt, dass wir dafür sind,
dass immer wieder eine Leistungsanalyse gemacht wird und man überprüft, ob die Aufgaben noch
korrekt sind oder ob man etwas ändern muss. Da stimmen wir dem Anliegen dieses Vorstosses zu
und sind derselben Meinung. Trotzdem gibt es Gründe, warum wir diese Motion in dieser Form
ablehnen.
Wir – das haben wir jetzt einige Male gehört – haben genügend Instrumente, um dieses Anliegen
umzusetzen. Die Frage ist: Wird das bis anhin schon getan? Meines Erachtens gehört dies auf die
ständige Traktandenliste. Der Regierungsrat muss die Aufgaben auf ihre Zweckmässigkeit
überprüfen. Der Grosse Rat ist auch vif genug, immer wieder mit Vorstössen nachzuhaken, wenn er
mit etwas nicht einverstanden ist oder wenn er das Gefühl hat, gewisse Aufgaben seien überflüssig
oder müssten geändert werden. Schlussendlich müssen wir uns überlegen, wie teuer es uns zu
stehen kommt, wenn wir diesen Vorstoss überweisen.
Maya Meier hat einige Male das grosse Defizit erwähnt, das wir haben. Dem ist so. Wir brauchen
einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Da ist jeder oder jede von uns gefragt und muss seine
Aufgabe erledigen. Ich möchte Sie aber trotzdem an die Steuergesetzrevision erinnern: Da haben wir
gesagt, wir hätten ein Defizit und bräuchten einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Wir könnten uns
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dieses und jenes nicht leisten. Wir haben es uns aber geleistet. Nun müssen wir uns selber an der
Nase nehmen. Wir dürfen momentan keinen grösseren Druck auf die Verwaltung und den
Regierungsrat ausüben, da wir zurzeit mit der Leistungsanalyse genügend zu tun haben. Diese muss
zuerst abgeschlossen werden. Dann sehen wir, wie wir weiterfahren. Aber zurzeit dient es
niemandem, diesen Druck aufrecht zu erhalten.
Ich bitte Sie, diese Motion abzulehnen.
Roland Brogli, Landammann, CVP: Der Kanton Aargau kennt bereits den Grundsatz der
permanenten systematischen Überprüfung staatlicher Aufgaben. Dieser Grundsatz steht in der
Kantonsverfassung und ist deshalb bereits gesetzlich verankert. Bereits im Rahmen der jährlichen
Steuerungsprozesse mit den Instrumenten Aufgaben- und Finanzplan sowie Jahresbericht und
Jahresrechnung und mit dem langfristig ausgerichteten Entwicklungsleitbild findet ein systematisches
Controlling sowohl auf strategischer wie auch auf operativer Ebene statt.
Der Grosse Rat hat im Rahmen der AFP-Beratungen jederzeit die Möglichkeit, Anpassungen bei den
Aufgaben und den Finanzen vorzunehmen. Vertiefende Wirkungsprüfungen in Form von
Evaluationen oder Leistungsanalysen können aus Ressourcengründen nicht in kurzen Abständen
fixiert werden und flächendeckend erfolgen, sondern nur punktuell. Evaluiert werden sollen vor allem
Geschäfte von besonderer Bedeutung oder besonderem Innovationscharakter.
Abschliessend lässt sich sagen, dass aus Sicht des Regierungsrats keine weiteren Anpassungen der
rechtlichen Grundlagen erforderlich sind. Eine starre Regelung ist nicht zweckmässig, da sowohl
Kosten-Nutzen-Überlegungen
als
auch
die
bereits
bestehenden
parlamentarischen
Mitbestimmungsmöglichkeiten dies gar nicht erforderlich machen.
Deshalb nimmt der Regierungsrat die Motion selbstverständlich entgegen, beantragt aber
gleichzeitig deren Abschreibung.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Entgegennahme ist bestritten.
Abstimmung
Die Motion wird mit 81 gegen 37 Stimmen überwiesen.
Die gleichzeitige Abschreibung wird mit 80 gegen 40 Stimmen abgelehnt.
Die Motion ist somit an den Regierungsrat überwiesen.
0640 Interpellation der GLP-Fraktion vom 3. Juni 2014 betreffend Kompensationspflicht von
nicht umsetzbaren Sparmassnahmen; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0468)
Mit Datum vom 13. August 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Vorbemerkungen
Im Rahmen der Leistungsanalyse wurden alle Aufgaben und Leistungen, die der Kanton erbringt,
systematisch analysiert und kritisch hinterfragt. Im Fokus stand dabei die Frage, wie die Bedürfnisse
der Bürgerinnen und Bürger wirtschaftlich, kostengünstig und mit dem besten Nutzen erfüllt werden
können. Die Leistungsanalyse erfolgte systematisch und flächendeckend über alle Aufgabenbereiche
und Leistungsgruppen. Im Sinne einer Zweckkritik wurde untersucht, ob die richtigen Leistungen
erbracht werden. Die Kriterien dafür ergeben sich aus dem Prüfauftrag aus Verfassung und Gesetz
(Notwendigkeit, Zweckmässigkeit, finanzielle Auswirkungen, Tragbarkeit). Weiter wurden im Sinne
einer Vollzugskritik die wichtigsten Leistungen entlang der Kriterien Steuerungsform, Effektivität,
Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Verursacherprinzip beurteilt.
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Die Interpellanten gehen bei ihren Fragen davon aus, dass "gemäss (14.82) Botschaft Sparmassnahmen, welche aus verschiedenen Gründen nicht umgesetzt werden können, kompensiert werden
müssen". Diese Annahme ist nicht aus der Botschaft abzuleiten; eine Kompensationspflicht nicht
umsetzbarer Massnahmen besteht nicht. Hingegen ist zu beachten, dass sich ein Verzicht auf die
Umsetzung einer Massnahme ohne eine finanzielle Kompensation unmittelbar auf die Finanzierungsrechnung des Kantons auswirkt. Aus diesem Grund wurden die aufgrund der Anhörung nicht weiter
verfolgten Massnahmen mit vertretbaren neuen Massnahmen kompensiert (vgl. Kapitel 4.1 "Anpassung der Massnahmen aufgrund Anhörung" der (14.82) Botschaft an den Grossen Rat vom 2. April
2014).
Aufgrund der nicht zutreffenden Annahme der Interpellanten einer generellen Kompensationspflicht
werden die Fragen im Folgenden zusammenfassend beantwortet:
Frage 1: "Auf welcher Stufe bzw. innerhalb welcher Einheit müssen diese kompensiert werden?"
Frage 2: "Welche Begründung führt der Regierungsrat an für die Kompensationspflicht?"
Frage 3: "Wie sachgerecht wird diese Bestimmung erachtet, obwohl kein lineares Sparziel pro
Einheit vorgegeben wurde?"
Frage 4: "Wird dadurch nicht der Auftrag der Leistungsanalyse, nämlich eine vertiefte Analyse der
Notwendigkeit von Leistungen vorzunehmen, ad absurdum geführt? Gedenkt der Regierungsrat
anlässlich der zweiten Beratung einen weniger irrführenden Titel zu benutzen?"
Frage 5: "Welche Einheit wird mit dem Sparpaket wie stark (absolut sowie prozentual zu ihrem
Budgetanteil) betroffen (Stand nach Versand Botschaft)?"
Frage 6: "Welche Bedeutung kommt dabei dem Kostendeckungsgrad zu?"
Frage 7: "Werden kooperative Einheiten durch diese Bestimmung bestraft, weil sie allenfalls vorab
viele konstruktive Sparideen eingebracht hatten?"
Frage 8: "Entspricht eine Sparmassnahme nicht dem politischen Willen des Parlaments (z. B. im
Rahmen von AFP-Beratungen letztes und dieses Jahr) und wurde deshalb eine relevante Grösse im
AFP verändert, woraus schliesst der Regierungsrat, dass der politische Willen eine Kompensation
innerhalb derselben Einheit vorsieht?"
Frage 9: "Kann sich der Regierungsrat vorstellen, auf die zweite Beratung auf die
Kompensationspflicht verzichten und anstelle davon aus den gemachten Vorschlägen weiteres
Sparpotential zu eruieren?"
Zusammenfassende Antwort zu den Fragen
Es gibt keine Kompensationspflicht nicht umsetzbarer Massnahmen für die entsprechenden Organisationseinheiten. Über den gesamten Kanton hingegen soll das Ziel der Leistungsanalyse, das strukturelle Defizit zu beseitigen, und eine langfristige Entlastung des Finanzhaushalts erreicht werden.
Denn gesunde öffentliche Finanzen sind ein wesentlicher Aspekt der nachhaltigen Entwicklung. Sie
bestimmen den finanziellen Handlungsspielraum heutiger und künftiger Generationen und die Möglichkeit des Staats, seine Aufgaben im sozialen und ökologischen Bereich auch künftig wahrnehmen
zu können. So verpflichten denn auch sowohl die Verfassung des Kantons Aargau (Kantonsverfassung) als auch § 2 des Gesetzes über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und
Finanzen (GAF) den Kanton zu einer sparsamen, wirtschaftlichen, konjunkturgerechten und auf die
Dauer ausgeglichenen Haushaltsführung. Die Aufgaben und Ausgaben sind laufend auf ihre
Notwendigkeit und Zweckmässigkeit sowie auf ihre finanziellen Auswirkungen und ihre Tragbarkeit
hin zu überprüfen (§ 116 Abs. 1 und 3 Kantonsverfassung). Weil sich die strukturellen Defizite aus
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heutiger Sicht ohne die vollständige Umsetzung der mit der Leistungsanalyse einhergehenden
Entlastungen nicht beheben lassen, wurden im Rahmen der Erarbeitung des Massnahmenpakets für
die Botschaft zur 1. Beratung einzelne Massnahmen aufgrund der Anhörung mit vertretbaren
Massnahmen kompensiert. Nach der definitiven Beratung der Leistungsanalyse und des Aufgabenund Finanzplans (AFP) 2015–2018 durch den Grossen Rat im Herbst 2014 wird der Regierungsrat
die Situation neu beurtei-len. Wenn Massnahmen durch den Grossen Rat gestrichen werden und
dadurch ein Defizit im Budgetjahr 2015 und/oder in den Planjahren 2016–2018 bestehen bleibt,
müssen im Rahmen des AFP-Prozesses 2016–2019 weitere Massnahmen ergriffen werden.
Sowohl für die Leistungsanalyse als auch den AFP gilt der Grundsatz gemäss § 2 Abs. 1 GAF, wonach die Steuerung der Aufgabenerfüllung zusammen mit der Festlegung der Finanzen erfolgt. Bei
Anpassungen der finanziellen Ressourcen ist demnach konsequent auch immer die dahinter stehende Aufgabe sowie die Leistungserbringung zu prüfen und umgekehrt. Die eingangs beschriebene
Analyse der Leistungen, die diese Verknüpfung von Aufgaben und Finanzen vornimmt, stellt sicher,
dass unabhängig von der Optik der Betroffenheit von Organisationseinheiten sachgerechte und umsetzbare Massnahmen formuliert werden. Damit werden keine einzelnen Aufgabenbereiche bestraft
oder bessergestellt, und es gibt keinen Anlass, die Bezeichnung "Leistungsanalyse" anzupassen.
Im Hinblick auf die 2. Beratung der Leistungsanalyse prüfte der Regierungsrat nach der Ablehnung
von Massnahmen durch den Grossen Rat in 1. Beratung Ersatzmassnahmen. Bei den Ersatzmassnahmen handelt es sich wiederum nicht um Kompensationen pro Organisationseinheit, sondern um
Massnahmen, die die beschriebenen Kriterien erfüllen und die umsetzbar sind. Es ist Aufgabe des
Regierungsrats, bestehenden rechtlichen Handlungsspielraum bezüglich Art und Weise sowie Umfang der Leistungserbringung unter Beachtung der beschriebenen Kriterien und Grundsätzen auszuloten.
Schliesslich ist es ist mit ein Ziel der Leistungsanalyse, den Kostendeckungsgrad der staatlichen
Leistungen insgesamt zu verbessern. Gemäss § 4 GAF haben Verursachende und Nutzniessende
besonderer Leistungen des Staats die zumutbaren Kosten zu tragen. Zur Verstärkung des Verursacherprinzips und des Kostendeckungsprinzips umfasst die Leistungsanalyse deshalb in Bereichen
mit einer deutlichen Kostenunterdeckung auch Massnahmen, die eine Gebührenanpassung
vorsehen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'989.–.
Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg: Die ganze Geschichte dieser Leistungsanalyse wird für
uns Grünliberale immer absurder und abstruser. Die Antwort zu unserer Interpellation stellt ein
weiteres Puzzleteil einer mittlerweile missratenen und aus dem Ruder gelaufenen Übung dar.
Unsere Annahme der Kompensationspflicht sei irrig und in der Botschaft nicht enthalten. Nun: Man
öffne das Dokument im Word und aktiviere die Funktion "Suchen“ und suche einmal nach den
Wörtern kompensiert und Kompensation. Und siehe da, es gibt Treffer und sämtliche Treffer führen
zu Kompensationen innerhalb der gleichen Abteilung. Das stimmt mit diversen Aussagen überein,
die dem Vernehmen nach verwaltungsintern gemacht worden seien.
Aber seis drum, Schwamm drüber. Die Grünliberalen sind froh, dass der Regierungsrat erkannt hat,
dass eine Kompensation innerhalb derselben Abteilung sein wohlklingend "Leistungsanalyse"
genanntes Projekt absurd machen würde – und zwar so absurd, dass das beim besten Willen nicht
geht.
Dass sich der Regierungsrat aber erlaubt hat, die wichtigsten Fragen gar nicht zu beantworten,
grenzt an eine Frechheit beziehungsweise es zeigt unseres Erachtens die Hilflosigkeit gegenüber
der Eigendynamik dieser Vorlage. Wir haben diese Fragen deshalb nochmals eingereicht. Zudem
sind wir selbst am Analysieren der Spareffekte pro Einheit und pro Bereich. Und ich kann schon jetzt
vorwegnehmen: Die Resultate, insbesondere im Bereich Umwelt, sind äusserst aussagekräftig. Kein
Wunder, wollte man diese Frage nicht beantworten. Wer weiss, vielleicht könnte sie doch zu einer
Abstimmungsniederlage führen? Die Grünliberalen sind – nett ausgedrückt – nicht zufrieden mit der
Beantwortung.
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Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Namens der Interpellantin erklärt sich Barbara Portmann-Müller
von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
0641 Interpellation der GLP-Fraktion vom 3. Juni 2014 betreffend Nachhaltigkeitsbeurteilung
der Sparmassnahmen in Kompetenz des Regierungsrats; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0469)
Mit Datum vom 13. August 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Vorbemerkungen
Der Zustand und die Perspektiven des öffentlichen Haushalts bestimmen den finanziellen Handlungsspielraum heutiger und künftiger Generationen. Gesunde Staatsfinanzen sind die Voraussetzung, damit die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Zielsetzungen dauerhaft und
wirksam verfolgt werden können. Die Verfassung des Kantons Aargau verpflichtet deshalb den Kanton zu einer sparsamen, wirtschaftlichen, konjunkturgerechten und auf die Dauer ausgeglichenen
Haushaltsführung. Ebenso sind die Aufgaben und Ausgaben laufend auf ihre Notwendigkeit und
Zweckmässigkeit sowie auf ihre finanziellen Auswirkungen und ihre Tragbarkeit hin zu überprüfen.
Der Regierungsrat handelt nach diesen Grundsätzen einer nachhaltigen und stabilen Finanzpolitik
und setzt alles daran, strukturelle Defizite zu vermeiden. Das bereits in den Jahresrechnungen 2012
und 2013 erkennbare strukturelle Defizit in der Grössenordnung der verwendeten Mittel der Ausgleichsreserve steigt – wie in der 1. Beratung der (14.82) Botschaft Leistungsanalyse dargelegt – im
aktuellen Rechnungsjahr 2014 weiter an. Ohne die Umsetzung der mit der Leistungsanalyse einhergehenden Entlastungen lassen sich diese strukturellen Defizite aus heutiger Sicht nicht beheben.
Bei den vorgesehenen Entlastungsmassnahmen wurde systematisch darauf geachtet, dass untragbare, längerfristige Auswirkungen in den Nachhaltigkeitsdimensionen Wirtschaft, Gesellschaft und
Umwelt vermieden werden. Allerdings sind bei einem Entlastungspaket in dieser Grössenordnung
punktuelle, kurzfristige Auswirkungen von einzelnen Massnahmen in einzelnen Leistungsbereichen
nicht zu vermeiden. Im Sinne einer ganzheitlichen Interessenabwägung ist die Regierung aber überzeugt, dass die längerfristig negativen Auswirkungen von strukturellen Defiziten wesentlich schwerwiegender sind, als kurzfristig unerwünschte Wirkungen einzelner Entlastungsmassnahmen.
Zur Frage 1: "Wurde bei den Massnahmen in Kompetenz Regierungsrat eine
Nachhaltigkeitsbeurteilung vorgenommen?"
Die Leistungsanalyse berücksichtigt systematisch und flächendeckend Nachhaltigkeitskriterien. Auf
der Stufe der Leistungsgruppen wurden die wichtigsten Leistungen nach den Kriterien Steuerungsform, Effektivität, Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Verursacherprinzip untersucht und beurteilt mit dem
Fokus auf einen wirkungsorientierten und effizienten Ressourceneinsatz. Der effiziente und
wirksame Einsatz der begrenzten Ressourcen ist eine wesentliche Voraussetzung für eine
nachhaltige Entwicklung. Ebenso ist das Verursacherprinzip ein Grundsatz der Nachhaltigkeit.
Weiter wurden im Rahmen der Definition der eigentlichen Massnahmen mögliche Auswirkungen auf
eine nachhaltige Entwicklung berücksichtigt. Bei allen Massnahmen wurden die Auswirkungen auf
Ziele, Finanzen und Stellen sowie auf verschiedene weitere Akteure und die drei Nachhaltigkeitsdimensionen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt beurteilt. Die Ergebnisse sind in den entsprechenden Massnahmenblättern dokumentiert (vgl. Beilagen 5 und 6 der Botschaft Leistungsanalyse vom
20. August 2014 zur 2. Beratung).
Die Massnahmen der Leistungsanalyse sind auf verschiedenen Ebenen angesiedelt: Gewisse Massnahmen sind der operativen Ebene zuzuordnen (Beispiel: 425-14 Zusätzliche Revisoren), während
andere Massnahmen eher der strategischen Ebene angehören (Beispiel: 645-02 Reduktion Ziele
Naturschutzprogramm Wald 4. Etappe). Grundsätzlich eignen sich vertiefende Nachhaltigkeitsbeur-
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teilungen mit den heute gängigen Methoden und Instrumenten eher für Handlungen auf der strategischen Ebene. Bei operativen Massnahmen sind die Erkenntnisse aus einer vertieften Nachhaltigkeitsbeurteilung oft bescheiden. Eine flächendeckende Anwendung einer vertieften Nachhaltigkeitsbeurteilung über alle Massnahmen ist deshalb aus methodischen Gründen aber auch aus Gründen
der Effizienz nicht sinnvoll. Der Aufwand würde die Erkenntnisse nicht rechtfertigen.
Zur Frage 2: "Wenn nein, weshalb nicht?"
Siehe Antwort zur Frage 1.
Zur Frage 3: "Wenn ja, weshalb wurde diese bis heute nicht öffentlich zugänglich gemacht?"
Die einzelnen Massnahmen der Leistungsanalyse werden laufend an neue Erkenntnisse und Entscheide angepasst. Die Massnahmenblätter mit Massnahmen in der Kompetenz des Grossen Rats
wurden mit dem damaligen Stand im Rahmen der Botschaft Leistungsanalyse zur 1. Beratung veröffentlicht. Die Massnahmenblätter mit Massnahmen in der Kompetenz des Regierungsrats beziehungsweise der Gerichte Kanton Aargau und der Finanzkontrolle werden im Rahmen der Botschaft
zur 2. Beratung der Leistungsanalyse veröffentlicht.
Zur Frage 4: "Weshalb sind die Informationen zu diesen Massnahmen äusserst spärlich?"
Siehe Antwort zur Frage 3.
Zur Frage 5: "Veröffentlicht der Regierungsrat weitere vertiefte Abklärungen inkl.
Nachhaltigkeitsbeurteilung zu diesen Massnahmen bevor der Aufgaben- und Finanzplan beraten
wird? Wenn nein, weshalb nicht?"
Siehe Antwort zur Frage 3.
Zur Frage 6: "Wie ist angesichts der kaum vorhandenen Informationen die Aussage betreffend
grösstmöglicher Transparenz zu werten? Bedeutet diese, dass der Gesamt-Regierungsrat auch nicht
über mehr Informationen als Grundlage seines Entscheids verfügte, als öffentlich zugänglich ist?"
Der Regierungsrat war bei seinen Beratungen zur Leistungsanalyse im Besitz der für die Beurteilung
der Massnahmen notwendigen Grundlagen. Dazu gehörten auch vertiefende Analysen zu einzelnen
Themen der Leistungsanalyse sowie der jeweilige Stand der ausführlichen Massnahmenblätter sowohl zu den Massnahmen in der Kompetenz des Grossen Rats wie auch zu den Massnahmen in der
Kompetenz des Regierungsrats.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'192.–.
Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg: Die Grünliberalen begrüssen, dass der Regierungsrat im
Rahmen der 2. Beratung der Leistungsanalyse nun mehr Informationen zu den Massnahmen in der
Kompetenz des Regierungsrats veröffentlicht hat.
Wir lesen in der Antwort, dass bei den vorgesehenen Entlastungsmassnahmen systematisch darauf
geachtet wurde, dass untragbare, längerfristige Auswirkungen in den Nachhaltigkeitsbereichen
Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt vermieden werden, dass aber kurzfristig negative Auswirkungen
möglich seien.
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Wir staunen darüber, dass die Kürzungen beim von der Leistungsanalyse übermässig betroffenen
Bereich Umwelt dieser Nachhaltigkeitsprüfung Stand gehalten haben, ist er doch im Kern betroffen.
Ein für das Gesamtbudget kleiner, aber für die Nachhaltigkeit immens wichtiger Teil wurde nach
Ansicht der Grünliberalen mit Absicht – oder fast noch schlimmer unwillentlich – abgestraft, warum
auch immer.
Die Dimension ist enorm. Die Grünliberalen sind keine Partei, die die Welt so simpel in "Sparen ist
immer richtig“ oder "kein Discount-Kanton“ aufteilen mögen. Unsere Haltung leitet sich aus
Interpretation der Zahlen ab, und diese sind, wie gesagt, aussagekräftig. Wir bedauern sehr, dass
der Regierungsrat trotz verschiedener Gelegenheiten weder den Mut hatte, diese Zahlen durch
Beantwortung unserer Fragen zu veröffentlichen noch – und besser – rechtzeitig in dem Bereich
korrigierend einzugreifen, sondern nach dem Motto "Augen zu und durch“ zu handeln scheint. Wir
sind dennoch mit der Antwort teilweise zufrieden.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Namens der Interpellantin erklärt sich Barbara Portmann-Müller
von der Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
0642 Interpellation der FDP-Fraktion vom 25. März 2014 betreffend Anzahl Projekte, Konzepte
und Arbeitsgruppen in den Departementen; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0423)
Mit Datum vom 2. Juli 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Vorbemerkungen
Projekte, Konzepte und Arbeitsgruppen werden für die Interpellationsbeantwortung wie folgt definiert:
Als solche werden gegenwärtig laufende Projekte mit einem Zusatzaufwand von gesamthaft mindestens Fr. 100'000.– (oder 50 Stellenprozenten jährlich) in den Organisationseinheiten der
Zentralverwaltung betrachtet. Neben dieser quantitativen Abgrenzung war ausserdem abzuwägen,
ob ein Vorhaben ausreichend Projekt- oder Konzeptcharakter hat (Merkmale von Projekten: Anstoss
durch Auftrag, Veränderung/Lösungsentwicklung als Ziel, einmaliger Durchlauf, definiertes Ende,
zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzung, projektspezifische Organisation).
Bauprojekte (insbesondere der Immobilien Aargau, der Abteilung Tiefbau, der Abteilung Landschaft
und Gewässer und der Abteilung Verkehr inklusive den damit verbundenen Vorbereitungsaufwand)
wurden nicht berücksichtigt; dasselbe gilt für Projekte, die über den Swisslos-Fonds finanziert
werden. Eine eindeutige Unterscheidung zwischen Projekten und Konzepten ist nicht möglich, da ein
Konzept immer Bestandteil eines Projekts ist und grössere Konzepte ein Projekt darstellen.
Detailinformationen lassen sich der als Beilage vorliegenden Übersicht "Projekte und Konzepte der
Kantonalen Verwaltung" entnehmen. Referenzgrösse bildet grundsätzlich der Aufgaben- und
Finanzplan (AFP) 2014–2017.
Zur Frage 1: "Welche kleinen und grossen Projekte laufen aktuell in den fünf Departementen?"
Die Zahlen stellen sich pro Departement und Staatskanzlei wie folgt dar:
Staatskanzlei
6
Departement Volkswirtschaft und Inneres
12
Departement Bildung, Kultur und Sport
26
Departement Finanzen und Ressourcen
26
Departement Gesundheit und Soziales
15
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Departement Bau, Verkehr und Umwelt
15
Zur Frage 2: "Welche Konzepte werden zurzeit erarbeitet?"
Unter den Projektbegriff fallen gemäss den Ausführungen unter den Vorbemerkungen auch
Konzepte. Ihre Zahl lässt sich demgemäss nicht gesondert ausweisen.
Zur Frage 3: "Wie ist die zeitliche Planung dieser Konzepte? Wie lange laufen sie schon, wann
sollen sie abgeschlossen sein?"
Detaillierte Angaben können der Übersicht in der Beilage entnommen werden (vgl. Spalten 4 und 5).
Zur Frage 4: "Wie viele Stellenprozente werden für die Projekte, wie viele für die Erarbeitung der
Konzepte eingesetzt?"
Die Übersicht in der Beilage zeigt in Spalte 6 die eingesetzten Stellenprozente 2013 und 2014 auf.
2014 werden pro Departement und Staatskanzlei summiert folgende Personalressourcen benötigt:
Staatskanzlei
130 %
Departement Volkswirtschaft und Inneres
2'730 %
Departement Bildung, Kultur und Sport
1'360 %
Departement Finanzen und Ressourcen
2'705 %
Departement Gesundheit und Soziales
1'090 %
Departement Bau, Verkehr und Umwelt
440 %
Zur Frage 5: "Welche Kosten entstehen und sind budgetiert sowohl für die Entwicklung der Projekte
als auch für die Entwicklung der Konzepte (aktueller Stand, und budgetierte Gesamtkosten)? Sind
bereits Folgekosten für die Umsetzung der Projekte und Konzepte absehbar resp. in den Planjahren
eingestellt?"
Die Übersicht in der Beilage zeigt in den Spalten 7–9 den Aufwand 2013, die in den AFP-Jahren
2014–2017 notwendigen finanziellen Ressourcen und ob in den Jahren ab 2018 Folgeaufwände
entstehen werden. Bezogen auf das laufende Budget 2014 können die Aufwände pro Departement
und Staatskanzlei wie folgt totalisiert werden (auf Fr. 10'000.– gerundet):
Staatskanzlei
Fr.
1'350'000.–
Departement Volkswirtschaft und Inneres
Fr.
12'700'000.–
Departement Bildung, Kultur und Sport
Fr.
8'100'000.–
Departement Finanzen und Ressourcen
Fr.
13'560'000.–
Departement Gesundheit und Soziales
Fr.
2'570'000-–
Departement Bau, Verkehr und Umwelt
Fr.
2'600'000.–
4. November 2014
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Zur Frage 6: "Wo und wie werden diese Projekte im AFP aufgeführt, wie erfolgt die Steuerung und
wo sind die notwendigen Ressourcen vorgesehen?"
Für den Ausweis der Projekte im Aufgaben- und Finanzplan gelten die Grundsätze des Gesetzes
über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF; SAR 612.300). Die
Steuerung erfolgt bei aufgabenbereichsrelevanten Projekten sachlich über den jeweiligen
Entwicklungsschwerpunkt und/oder finanziell über die finanziellen Steuergrössen im Globalbudget
beziehungsweise in der Investitionsrechnung im jeweiligen Aufgabenbereich (vgl. hierzu Spalte 10
der Übersicht in der Beilage). Detailliertere Zahlen zu Krediten insbesondere in der Kompetenz des
Grossen Rats finden sich in den jeweilige Botschaften und den Aufgabenbereichs- und
Leistungsgruppenplänen. Diese können über das Management-Informations-System (MIS) des
Grossen Rats eingesehen werden.
Zur Frage 7: "Auf welche Projekte/Konzepte könnte im Sinne einer Priorisierung und konsequenten
Fortführung der Leistungsanalyse in den Planjahren am ehesten verzichtet werden bzw. bei welchen
Projekten/ Konzepten hätte ein Verzicht/Abbruch keine oder nur geringe negative Auswirkungen?"
Grundsätzlich ist ein Abbruch oder Verzicht bei den meisten Projekten und Konzepten nicht sinnvoll,
da bereits Aufwendungen getätigt wurden, welche verloren gehen würden (und die Projekte teilweise
kurz vor dem Abschluss stehen). Ein allfälliger Verzicht, eine Redimensionierung oder eine
Aufschiebung muss deshalb in erster Linie bei der Auftragserteilung in Betracht gezogen werden.
Die Übersicht in der Beilage zeigt in Spalte 11 die Auswirkungen eines Verzichts pro Projekt auf.
Nachstehend werden zudem jene Projekte pro Departement und Staatskanzlei aufgelistet, die im
Rahmen der Leistungsanalyse beziehungsweise aufgrund der allgemeinen finanziellen Restriktionen
bereits aufgegeben oder eingeschränkt worden sind beziehungsweise auf die verzichtet wird:
Staatskanzlei
Projekt Chancen- und Risikomanagement (CHARM)
Zentrale Koordination der Wirkungsprüfung
Departement Volkswirtschaft und Inneres
Ersatz Interaktives Schiesskino der Kantonspolizei
Ersatz Gegensprechanlage der Kantonspolizei
Mobile Rapportierung
Computerunterstützte Fahrzeugprüfungen (CUFA)
Ablösung Software Elektronisches Archiv
Erneuerung und Erweiterung Geschäftskontrolle (GIGA+)
Kataster der öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen
(ÖREB)
Elektronische Führung der Strafverfahrensakten
Departement Bildung, Kultur und Sport
Neuorganisation Instrumentalunterricht Volksschule
Optimierung Führungsstrukturen Volksschule
Einführung Deutschschweizer Lehrplan im Kanton Aargau
(Verschiebung Lehrplan 21)
Einführung Französischunterricht in der 5. Klasse der
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Art.-Nr. 0642
1700
Primarschule (Verschiebung zusammen mit Lehrplan 21)
Verstetigung Erhöhung Kantonsbeitrag an Kosten von
eidgenössischen Prüfungen (von Fr. 750.– auf Fr. 2'000.–)
Departement Finanzen und Ressourcen
Umsetzung des Geo-Informationsgesetzes (GeolG) und des
Kantonalen GeolG
Ablösung der Informatiksysteme für die Veranlagung natürlicher
Personen und für die Grundstückschätzungen
Ausbau der E-Government-Plattform
Erneuerung des Intranets
Einführung einer elektronischen Datenablage
Umsetzung der Network Security Policy
Departement Gesundheit und Soziales
Fachstelle Bienensicherheit
Umsetzung Neobiota-Strategie
Departement Bau, Verkehr und Umwelt
Ersatzbeschaffung Oelwehrfahrzeuge
Diverse Förderprogramme Energie
Ersatzbeschaffung Forstfahrzeug
Naturschutzprogramm Wald; 4. Etappe
Zur Frage 8: "Welche externen Stellen werden für Projekte, Konzepte und Arbeitsgruppen
beigezogen? Wie hoch belaufen sich die entsprechenden direkten Kosten und indirekten Kosten
(Bspw. 140 Experten aus dem Gesundheitswesen des ganzen Kantons diskutieren einen halben Tag
lang einige Thesen in Aarau)?"
Externe Stellen sind in den meisten Fällen Bestandteile von externen Aufträgen und werden nicht
separat vom Projektaufwand erfasst. Es liegt jeweils in der Kompetenz des Auftragnehmers, wie viel
Stellenprozente er für eine zu erbringende Leistung an den Kanton einsetzt. Insofern können die
externen Stellen in der Übersicht nicht separat aufgeführt werden.
Indirekte Kosten werden in der Übersicht nicht ausgewiesen, da unmöglich oder nicht mit
vernünftigem Aufwand erhoben werden konnte, wie hoch diese sind. Zudem ist der Begriff "indirekte
Kosten" nicht genau definierbar.
Zur Frage 9: "Die FDP-Fraktion möchte ab 2015 zusätzliche 50 Stellen in der Kernverwaltung
einsparen. Wie viele Stellen kann und will der Regierungsrat pro Departement in welchen Konzepten
und Projekten einsparen?"
Im Rahmen der Leistungsanalyse wurde systematisch und flächendeckend geprüft, ob und wo
Einsparungen bei Leistungen auf Ebene der Leistungsgruppen vorgenommen werden können. Die
Leistungsanalyse umfasst deshalb auch eine Prüfung der mit den Leistungen verbundenen Konzepte
und Projekte und schlägt verschiedene Massnahmen in diesem Bereich vor. Die Massnahmen der
Leistungsanalyse haben somit insgesamt auch Auswirkungen auf die Stellen. Gegenüber dem AFP
2014–2017 werden durch die Leistungsanalyse 7 ordentliche Stellen und rund 14 Projektstellen beim
Verwaltungspersonal eingespart. Weiter werden geplante Stellenerhöhungen nicht realisiert.
Der Regierungsrat misst der Stellenentwicklung aber auch weiterhin eine grosse Bedeutung zu. Er
hat bereits im AFP 2014–2017 eine generelle Plafonierung der ordentlichen Stellen umgesetzt und
für das Budget 2015 ebenfalls eine generelle Plafonierung der ordentlichen Stellen gemäss
Stellenplan 2014 beschlossen. Zudem prüft der Regierungsrat vor dem Hintergrund der weiterhin
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Art.-Nr. 0642
1701
angespannten Finanzlage des Kantons weitere Anstrengungen in diesem Bereich. Projektstellen
werden nach Abschluss der Projekte konsequent abgebaut.
In der Antwort zur Frage 7 wird dargelegt, dass der Regierungsrat im Rahmen der Leistungsanalyse
bereits auf Projekte verzichtet. Zudem gilt, dass Projekte vielfach dazu führen, dass bestehende und
neue Aufgaben effizienter, mit weniger Personalaufwand, erfüllt werden können. Dies zeigt sich
beispielsweise augenfällig am Projekt GRUNAG (Informatisiertes Grundbuch im Kanton Aargau), mit
dem 12 Stellen abgebaut werden können. Ein Verzicht auf weit fortgeschrittene Projekte und
Konzepte ist wenig sinnvoll, weshalb der Fokus eher auf Projekte und Konzepte in Planung gelegt
wird.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 15'795.–.
Dr. Lukas Pfisterer, FDP, Aarau: Im Namen der FDP-Fraktion danke ich dem Regierungsrat für die
Beantwortung.
Wir stellen fest, dass der Regierungsrat diese Interpellation schnell beantwortet hat, und damit sind
wir zufrieden. Die Antwort gibt eine Übersicht über die bestehenden Projekte und Konzepte. Und Sie
alle haben anhand der umfangreichen A3-Tabellen gesehen, dass es sehr viele Konzepte und
Projekte gibt.
Dazu mache ich drei Bemerkungen: Erstens zum Begriff der Projekte und Konzepte: Entscheidend
war der Begriff dieser Projekte und Konzepte. Der Regierungsrat hat diese bei 100'000 Franken
beziehungsweise bei 50 Stellenprozenten jährlich angesetzt. Das war in der Interpellation so nicht
enthalten. Wir hatten nach kleinen und nach grossen Projekten gefragt. Wir vermuten deshalb, dass
es noch sehr viele kleine Projekte unterhalb der vom Regierungsrat festgelegten Schwelle gibt.
Bekanntlich macht auch Kleinvieh Mist, oder – anders gesagt – benötigt Ressourcen. Insofern ist die
Antwort des Regierungsrats teilweise unvollständig.
Zweitens zu den Antworten: Sie konnten es nachlesen. Der Umfang dieser aufgezeigten Konzepte
und Projekte beträgt knapp 41 Millionen Franken oder 85,5 Stellen. Das ist eine erhebliche Anzahl.
Dabei sind die externen Kosten und Stellen nicht enthalten, denn diese sind vom Regierungsrat nicht
erhoben worden. Wir stellen deshalb fest, dass keine Übersicht über die Vollkosten besteht und der
Regierungsrat sie nicht kennt. In Zeiten der Leistungsanalyse sind wir hierüber einigermassen
erstaunt.
Drittens zur Liste: Der Regierungsrat führt aus, dass er auf einige Projekte aus Kostengründen
verzichtet hat. Das stimmt sicher und wird hier auch anerkannt. Jedoch sind die von ihm dazu
aufgeführten Projekte und Konzepte nicht immer gut gewählt. Ich nenne Beispiele: Im Departement
Bildung, Kultur und Sport die Neuorganisation des Instrumentalunterrichts oder die Optimierung der
Führungsstrukturen der Volksschule oder die Einführung des Lehrplans 21. Das sind keine eigentlichen Verzichte aus finanziellen Gründen, sondern Verzichte, die aus politischen Gründen erfolgten,
weil dem Regierungsrat hier Gegenwind entstand und er deshalb "zurückkrebste".
Auch die Aussage in der Liste betreffend Folgekosten ist nicht immer verständlich oder erfolgt
einseitig, zum Beispiel die Pforte Arbeitsmarkt. Sie erinnern sich, dass wir hier kürzlich über Geld
gesprochen haben. Der Regierungsrat möchte die Pforte Arbeitsmarkt verstetigen und auf den
ganzen Kanton ausweiten. Gemäss Liste sollen jedoch keine Folgekosten entstehen. Wir werden
den Regierungsrat dann gerne daran erinnern.
Fazit: Die Antwort des Regierungsrats ist rasch erfolgt und gibt eine erste gute Übersicht. Aber sie
hat auch die Befürchtung aufgezeigt, dass viele Konzepte und Projekte am Laufen sind. Viele kleine
Projekte wurden nicht erwähnt. Dem Regierungsrat fehlt offensichtlich eine gewisse Gesamtschau.
Wir stellen hier infrage, wie er so den Verfassungsauftrag erfüllen will, wonach die Aufgaben und
Ausgaben laufend auf ihre Notwendigkeit zu überprüfen sind. In diesem Sinne ist die FDP-Fraktion
teilweise zufrieden.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Namens der Interpellantin erklärt sich Lukas Pfisterer von der
Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
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0643 Motion Theres Lepori, CVP, Berikon, vom 7. Januar 2014 betreffend Erweiterung des
Steuerabzuges für pflegende Angehörige, welche nicht im gemeinsamen Haushalt leben;
Umwandlung in ein Postulat; Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. Art. 0326)
Mit Datum vom 14. Mai 2014 beantragt der Regierungsrat, die Motion mit folgender Begründung
abzulehnen:
Der Regierungsrat geht mit den Motionären einig, was die gesellschaftliche Bedeutung der Betreuung von pflegebedürftigen Eltern durch Angehörige angeht. Unsere Gesellschaft ist in zunehmendem
Mass auf Personen angewiesen, welche die professionelle Pflege zu Hause entlasten beziehungsweise erst ermöglichen. Damit kann der Eintritt in stationäre Langzeiteinrichtungen hinausgezögert
oder gar ganz verhindert werden. Dies ist nicht nur aus finanziellen Überlegungen, sondern auch im
Kontext des sich abzeichnenden Fachkräftemangels wesentlich. Darüber hinaus anerkennt der Regierungsrat die Leistungen von pflegenden Angehörigen als wichtigen Beitrag zur Solidarität in unserer Gesellschaft und zur Lebensqualität im Alter. Entsprechend sind pflegende Angehörige Bestandteil der Strategie "ambulant vor stationär" (Verankerung in Strategie 17 der Gesundheitspolitischen
Gesamtplanung [GGpl]) und der Sozialplanung. Zudem ist ihre Bedeutung im Leitsatz 11 der Aargauer Alterspolitik verankert: "Im Kanton Aargau sind pflegende Angehörige anerkannt und unterstützt." Allerdings soll die Anerkennung und Unterstützung aus den in Kapitel 2 aufgeführten
Gründen nicht über das Steuerrecht erfolgen. Deshalb lehnt der Regierungsrat die Motion ab.
1. Ausgangslage
1.1 Bisherige parlamentarische Vorstösse
Eine Anpassung des Steuergesetzes, wie sie von den Motionären angeregt wird, wurde bereits in
einigen parlamentarischen Vorstössen gefordert. Ende 2002 strebte die Fraktion der Grünen eine
Änderung des Steuergesetzes mit Blick auf freiwillig geleistete Arbeit in Rahmen von Institutionen an.
Die Motion und somit die Möglichkeit eines solchen Abzugs wurde vom Regierungsrat abgelehnt, da
dies im Widerspruch zum geltenden Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern
der Kantone und Gemeinden (StHG) vom 14. Dezember 1990 steht. Aus demselben Grund wurde
die von der SP-Fraktion Ende 2004 eingereichte Motion betreffend gesetzlichen Steuerabzug für
Freiwilligenarbeit vom Regierungsrat abgelehnt.
Im Postulat vom 4. Mai 2010 forderte Urs Leuenberger – mit Blick auf mögliche Anreizsysteme im
Gesundheitswesen – ebenfalls eine Änderung des Steuergesetzes. Damit eine Pflege durch Angehörige nicht aus finanziellen Gründen verhindert wird, sollte die Möglichkeit von finanziellen Abgeltungen oder Steuerabzüge eingeführt werden. Die Pflege sollte nach wie vor auf freiwilliger Basis
erfolgen, doch sollten die negativen finanziellen Folgen für Angehörige abgefedert werden können.
Nach wiederholter Prüfung wurde auch dieses Postulat abgelehnt. Die Möglichkeit des Steuerabzugs
widerspricht dem übergeordneten Bundesrecht. Ebenso wird festgehalten, dass die Einführung eines
neuen Steuerabzugs dem allgemeinen Besteuerungssystem nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit widersprechen und das Steuerrecht sowie dessen Vollzug verkomplizieren würde.
1.2 Entwicklungen auf nationaler Ebene
Auf nationaler Ebene wurde ebenfalls eine Reihe von parlamentarischen Initiativen im Zusammenhang mit pflegenden Angehörigen ergriffen. Nationalrat Rudolf Joder forderte beispielsweise im Jahr
2012, dass Eltern, welche ihre schwerkranken oder schwerbehinderten Kinder zu Hause pflegen,
bessere Unterstützung erhalten (12.470). Im selben Jahr brachte Jean-François Steiert ein, dass die
Pauschalentschädigung für die Hilfe und Pflege zu Hause von den Steuern befreit werden soll
(12.453). Ebenso in den Räten beziehungsweise im Eidgenössischen Departement des Inneren
(EDI) aufgenommen wurden die (11.412 und 11.411) parlamentarischen Initiativen Lucrezia Meier-
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Schatz. Einerseits soll die gesetzliche Grundlage erarbeitet werden, um pflegenden Angehörigen
eine Auszeit zu ermöglichen. Andererseits sollen pflegende Angehörige eine Betreuungszulage
erhalten. Zur Beantwortung der beiden letztgenannten Initiativen hat das EDI ein Projekt lanciert.
Ergebnisse und konkrete Massnahmen zur Verbesserung der Situation in der Pflege durch
Angehörige und zur Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und der Angehörigenpflege werden
voraussichtlich Ende 2014 vorliegen.
Nebst den parlamentarischen Initiativen werden im Rahmen von Projekten praktische Erfahrungen
gesammelt. Beim Projekt "Family Care Plus" der Stiftung Careum wird beispielsweise die Anstellung
von pflegenden und betreuenden Angehörigen durch die Spitex untersucht.
2. Steuerabzug für pflegende Angehörige: steuerrechtliche Überlegungen
Der Betreuungsabzug ist heute in § 42 Abs. 1 lit. d des Steuergesetzes (StG) und in § 28 der Verordnung zum Steuergesetz (StGV) geregelt. In den letzten Jahren wurde der Betreuungsabzug im
Kanton Aargau jeweils in rund 1'100 Fällen geltend gemacht, wobei die Tendenz leicht steigend war.
Voraussetzungen für die Gewährung dieses Sozialabzugs sind, dass die pflegebedürftige Person im
gemeinsamen Haushalt betreut wird, diese Person eine Hilflosenentschädigung der AHV oder IV
bezieht und dass die Steuerpflichtigen nicht nach den ortsüblichen Ansätzen für Hauspflegepersonal
entschädigt werden. Beschlossen wurde dieser Abzug bei der Totalrevision 1998. Ein
weitergehender Betreuungsabzug lehnte die vorberatende Kommission zur 2. Lesung ab, primär
aufgrund der damit zu erwartenden Schwierigkeiten im Vollzug.
Mit der Voraussetzung "im gemeinsamen Haushalt" wurde für die Gewährung dieses Sozialabzugs
ein griffiges Kriterium festgelegt. Griffig ist dieses Kriterium zum einen, weil es klar vorgibt, in welchen Fällen ein Betreuungsabzug gewährt werden kann und in welchen nicht. Für vereinzelte Grenzfälle, bei denen die betagten Eltern beispielsweise im Stöckli wohnen, wurde den Steuerbehörden
ein Ermessenspielraum eingeräumt. Griffig ist das Kriterium zum andern auch, da es für die Gemeindesteuerämter in der Regel ohne grösseren Aufwand feststellbar ist, ob die Voraussetzung "Betreuung im gemeinsamen Haushalt" erfüllt ist. Da zudem der gemeinsame Haushalt für sich allein
bereits als ausrechend starkes Indiz für die Betreuung betrachtet wird, müssen die Gemeindesteuerämter nicht zusätzlich überprüfen, ob eine effektive Betreuung auch tatsächlich stattfindet.
Ohne die Voraussetzung "im gemeinsamen Haushalt" ergäbe sich für den Gesetzgeber ein grosser
Regelungsbedarf. Zu definieren wäre, in welcher Art und Weise die Betreuung zu erfolgen hat und
welches die zeitlichen Anforderungen sind, damit es für die Geltendmachung eines Betreuungsabzugs genügt. Auch wäre festzulegen, ob in Fällen, in denen mehrere Personen für die Betreuung
aufkommen, nur die hauptbetreuende Person oder alle Beteiligten einen Abzug geltend machen
können. Falls mehrere Personen den Abzug geltend machen können, wäre zu bestimmen, ob jeweils
alle Beteiligten den ganzen Abzug oder nur einen Anteil davon zu Gut haben. Welcher
Personenkreis für den Abzug grundsätzlich infrage kommt, wäre ebenfalls festzulegen. Dabei wäre
eine Beschränkung auf Angehörige, wie es aus der Motion herausinterpretiert werden kann, gegenüber dem
heutigen Betreuungsabzug teilweise ein Rückschritt, da die geltende Regelung diesbezüglich keine
Einschränkung kennt.
Sind die oben genannten gesetzgeberischen Fragen schon anspruchsvoll, so würde der Vollzug
eines erweiterten Betreuungsabzugs noch ungleich grössere Probleme mit sich bringen. Die Gemeindesteuerämter müssten einen grossen Aufwand betreiben, wenn sie dabei der gebotenen Untersuchungspflicht nachkommen wollten. In vielen Fällen wäre es nicht nur aufwendig, sondern vor
allem auch schwierig festzustellen, ob und durch wen eine Betreuung in welchem Ausmass tatsächlich stattfindet. Insbesondere in Fällen, in denen eine pflegebedürftige Person durch mehrere Verwandte betreut würde, könnte sich (je nach Regelung) die Aufteilung eines Abzugs beziehungsweise
die Feststellung, wer am meisten betreut, oftmals als schwierig erweisen. Dabei ist davon auszugehen, dass sich die verschiedenen Verwandten oder allenfalls auch die hilfsbereiten Nachbarn bezüglich ihres Anteils an der Betreuung nicht immer einig wären.
Gemäss Kenntnisstand des Kantonalen Steueramts gewährt neben dem Kanton Aargau nur noch
der Kanton Basel-Landschaft einen Betreuungsabzug für die Betreuung von pflegebedürftigen
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Personen. Der gemeinsame Haushalt ist auch hier eine Voraussetzung dafür. Im StHG ist dieser
Abzug nicht vorgesehen, da Steuerabzüge grundsätzlich nur bei geldmässiger Belastung
vorgesehen sind, jedoch nicht aufgrund von persönlichem Arbeitseinsatz. (Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leis-tungsfähigkeit). Der bestehende § 42 Abs. 1 lit. d stellt insofern eine Ausnahme
dar, die auch aus diesem Grund nicht noch ausgebaut werden sollte.
Der mit der vorgeschlagenen Erweiterung des Betreuungsabzugs verbundene Mehraufwand der
Behörden für Abklärungen und Administration sowie die erhöhten Deklarationsanforderungen für die
betreffenden Steuerpflichtigen stehen somit auch im Gegensatz zur ständigen Forderung von Politik
und Steuerpflichtigen nach Vereinfachung des Steuerwesens.
3. Strategien und Vorhaben im Kanton Aargau
Auch wenn die Anerkennung und Unterstützung von pflegenden Angehörigen aufgrund dieser Überlegungen nicht über das Steuerrecht erfolgen kann, fallen unterstützenden Massnahmen im Rahmen
der Strategie "ambulant vor stationär" (Verankerung in Strategie 17 der GGpl) und der Sozialplanung
sowie mit Blick auf die Umsetzung des eingangs zitierten Leitsatzes eine wichtige Bedeutung zu.
Beispielsweise werden von der Fachstelle Alter regionale Informationsveranstaltungen in Zusammenarbeit mit relevanten Organisationen durchgeführt, damit sich pflegende Angehörige niederschwellig über (Entlastungs-)Angebote und Unterstützungsmöglichkeiten informieren können. Ergänzend dazu soll das im Rahmen der Sozialplanung vorgesehene Projekt "work & care" Arbeitnehmer,
Arbeitgeber und Behörden zum Thema Berufstätigkeit und Angehörigenpflege sensibilisieren. Des
Weiteren werden die Entwicklungen auf nationaler Ebene aktiv verfolgt und gegebenenfalls weitere
Aktivitäten im Rahmen der erwähnten Strategien lanciert.
Dem Regierungsrat ist bewusst, dass die demografische Entwicklung die Leistungen und Dienste der
Angehörigen beansprucht und weiter fordern wird. Entsprechend setzt er sich im Rahmen der
genannten Strategien und unter Einbezug von Organisationen und Gemeinden für diese wichtige
gesellschaftliche Ressource ein.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'635.–.
Theres Lepori, CVP, Berikon: Zu eng gefasst ist meines Erachtens der Betreuungsabzug zugunsten
pflegender Angehöriger in § 42 Abs. 1 lit. d des Steuergesetzes; in einer Zeit, in welcher wir wissen,
dass Pflegebetroffene, aber auch wir als Gesellschaft und Staat, auf jegliche Unterstützung, die
privat von pflegenden Angehörigen geleistet wird, angewiesen sind. Anerkennende Worte tun gut,
Taten sollten aber auch folgen. In den zurückliegenden 16 Jahren, seit dem Bestehen dieses
Paragrafen, haben sich die hier tragenden gesellschaftlichen Faktoren erheblich verändert.
Demographie, Individualismus, lose Familienstrukturen, Mobilität; um nur einige wenige Faktoren im
Zusammenhang mit den zu pflegenden und betreuenden Personen zu nennen.
Die Auflistung in der regierungsrätlichen Antwort zu grossrätlichen Vorstössen im kantonalen wie
auch nationalen Parlament zu diesem Themenkreis zeigt deutlich das wachsende Bedürfnis nach
Veränderung in Bezug auf die Wertschätzung pflegender Angehöriger. So bin auch ich als
Stiftungsratsmitglied im Careum Zürich gespannt auf die Auswertung des diesbezüglichen nationalen
Projekts "Family Care Plus". Die Gesellschaft, die Wirtschaft, aber auch der Staat auf kantonaler
Ebene, sollten ihren Part übernehmen und entsprechende Beschlüsse fassen. Ich anerkenne die
aufgeführten Schwierigkeiten beim Vollzug meiner Forderung. Ich erachte sie aber als marginal. "Wo
ein Wille, da ein Weg!" Dies gilt auch hier. So könnte zum Beispiel der Arzt oder die pflegebedürftige
Person in einem Schreiben deklarieren, wer als Angehöriger die Hauptarbeit leistet und daher
abzugsberechtigt
ist.
Die
Hilfsbedürftigkeit
ist
durch
die
AHV/IV
(Altersund
Hinterlassenenversicherung / Invalidenversicherung) bereits ausgewiesen. Eine Vereinfachung und
Harmonisierung der direkten Steuern wird seit 30 Jahren gefordert. Es gäbe wirkungsvollere und
umfassendere Möglichkeiten, als gerade hier ein Exempel zu statuieren.
Mein Fazit: So schön, so wohltuend anerkennende Worte für pflegende Angehörige sind; sie
genügen zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr.
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"Ambulant vor stationär" als Strategie oder, eher gesagt, als Forderung und der Hinweis "arrangezvous" gelten nicht! Dieser sinnvolle, wirtschaftliche und von der Wirksamkeit her hervorragende
Paradigmenwechsel muss von allen gestützt werden. Es ist nicht einzig das Problem unserer
Gesundheitsdirektorin, weil die Strategie in der gesundheitspolitischen Gesamtplanung aufgeführt ist,
nein! Es steht als interdisziplinäre Aufgabe in der Verantwortung aller Regierungsräte, um weitere
Ressourcen gegen den Pflegemangel aktivieren zu können. Der Steuerabzug für pflegende
Angehörige könnte einen kleinen, weiteren Beitrag dazu leisten.
Weiter ist das Bildungsdepartement aufgefordert, sich verstärkt zu engagieren, damit endlich die
nötigen Ausbildungsstrukturen in den Schulen zur Sicherung des Nachwuchses in adäquater Qualität
und adäquatem Umfang realisiert werden. Ich nenne als Stichworte HFGS (Höhere Fachschule
Gesundheit und Soziales) und BFGS (Berufsfachschule Gesundheit und Soziales). Das Problem des
manifesten Personalmangels im Gesundheitswesen betrifft uns alle; tragen wir daher Sorge zu
pflegenden Angehörigen!
Ich beantrage die Umwandlung meiner Motion betreffend Erweiterung des Steuerabzugs für
pflegende Angehörige, welche nicht im gemeinsamen Haushalt leben, in ein Postulat, und bitte um
Entgegennahme durch den Regierungsrat und die Unterstützung des Grossen Rats. Der Abzug ist
vertretbar, weil er auf 3'000 Franken pro Jahr limitiert ist. Besten Dank.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Motionärin hat die Motion in ein Postulat umgewandelt.
Dr. Jürg Knuchel, SP, Aarau: Lassen Sie mich gleich zu Beginn festhalten: Die SP-Fraktion lehnt die
vorliegende Motion auch in der Form eines Postulats grossmehrheitlich ab. Wir teilen mit der
Motionärin zwar die Wertschätzung der Freiwilligenarbeit bei der Pflege betagter und hilfsbedürftiger
Menschen. Diese Freiwilligenarbeit, welche häufig von den nächsten Angehörigen geleistet wird, ist
eine wertvolle Unterstützung der professionellen spitalexternen Krankenpflege.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an unsere Pflegeinitiative, welche pflegebedürftige
Menschen vor einer übermässigen Kostenbeteiligung bei der ambulanten Pflege schützen, also die
ambulante Pflege unterstützen wollte, auch gemäss dem Grundsatz "ambulant vor stationär". Es ist
eigenartig, dass die Motionärin diese Stossrichtung damals nicht unterstützen mochte. Wo liegt der
Unterschied?
Im Gegensatz zur Pflegeinitiative geht es bei der vorliegenden Motion respektive dem Postulat nicht
um die materielle Unterstützung von pflegebedürftigen, häufig in bescheidenen Verhältnissen
lebenden Menschen, sondern es geht um einen reinen Steuerabzug zugunsten der Angehörigen.
Dieser sogenannte Betreuungsabzug ist im kantonalen Steuergesetz zwar vorgesehen, er ist aber
auch ganz klar definiert und kann nur dann geltend gemacht werden, wenn die pflegebedürftigen
Personen eine Hilflosenentschädigung beziehen. Das heisst, sie müssen bei alltäglichen
Verrichtungen, namentlich beim An- und Auskleiden, beim Aufstehen und Absitzen, beim Abliegen,
beim Essen, bei der Körperpflege etc. regelmässig auf Hilfe angewiesen sein. Nur dann ist dieser
Abzug
zulässig.
Eine solche Hilfe kann nur dann – wie es vom Gesetzgeber zu Recht verlangt wird – glaubwürdig
geltend gemacht werden, wenn jemand tatsächlich im gleichen Haushalt lebt. Solche alltäglichen
Hilfeleistungen kann man nicht einzelsprungweise oder "à distance" leisten. Das ist unmöglich.
Das heisst, die Forderung, die hier gestellt wird, käme einer ungerechtfertigten und kaum
kontrollierbaren Ausweitung dieser Steuererleichterung gleich. Eine solche Steuererleichterung, von
welcher in erster Linie Besserverdienende profitieren würden, ist nicht opportun, schon gar nicht in
einer Zeit, in der von gleicher Seite gleichzeitig schmerzhafte Sparpakete geschnürt werden. Wir
bitten Sie deshalb, dieser Motion und auch dem Postulat nicht zur Überweisung zu verhelfen.
Clemens Hochreuter, SVP, Aarau: Die Motionärin hat in ihrem Vorstoss ein wichtiges Thema
aufgegriffen. Die Thematik der Pflege im Alter wird in den kommenden Jahren weiter an Wichtigkeit
gewinnen. Die Demografie lässt sich nicht aufhalten. Viele ältere Personen wollen solange wie
möglich in den eigenen vier Wänden bleiben und nicht in ein Pflegeheim gehen – oder erst später,
wenn sie es denn müssen.
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Mit der Stossrichtung im Postulat wird die Freiwilligenarbeit gestärkt und anerkannt. Angehörige,
welche die häufig anstrengende Pflege auf sich nehmen, erhalten auf diese Weise eine Entlastung
und auch Anerkennung. Bereits heute gibt es in § 42 Steuergesetz die Möglichkeit eines
Betreuungsabzugs, wobei vorausgesetzt wird, dass die pflegenden Angehörigen im gleichen
Haushalt wohnen. Hand aufs Herz, in der heutigen Zeit ist dies eine unnötige und nicht mehr
angebrachte Einschränkung und eigentliche Ungleichbehandlung der pflegenden Angehörigen.
Die Thematik ist wichtig, weshalb den hehren Absichten in der Alterspolitik im Kanton Aargau nun
auch Taten folgen sollen. Sonst bleibt der Leitsatz Nr. 11 inhaltlos, der da lautet: "Im Kanton Aargau
sind pflegende Angehörige anerkannt und unterstützt."
Auch die in der regierungsrätlichen Antwort stehenden Massnahmen unter Kapitel 3 (Strategien und
Vorhaben im Kanton Aargau) sind sehr vage. Der Vorstoss unterstützt zudem die kantonale
Strategie "ambulant vor stationär". Die Ermöglichung eines längeren Aufenthalts zu Hause kommt
günstiger, als der frühzeitige Eintritt in ein Pflegeheim und macht mit Sicherheit die Steuerausfälle
mehr als wett. Zusätzlich entlastet es die Gemeinden, die bekanntlich die zuständige Staatsstufe bei
der Pflegefinanzierung sind.
Der Vorschlag des vorliegenden Postulats ist prüfenswert. In diesem Sinne unterstützen wir den
Vorstoss in der Form eines Postulats. Die Erweiterung des Steuerabzugs auf pflegende Angehörige,
welche nicht im gemeinsamen Haushalt wohnen, macht gesellschaftspolitisch, volkswirtschaftlich
und auch aus Sicht der Gemeinden Sinn. Wir begrüssen die Umwandlung des Vorstosses in ein
Postulat, da es trotz aller Sympathie für die Sache einige Punkte gibt, die genauer geklärt werden
müssen. Dazu gehören die konkrete Umsetzung im Steuergesetz, ein möglichst unbürokratischer
Vollzug dieser Massnahme durch die Steuerämter sowie die Sicherstellung, dass kein Bundesgesetz
verletzt wird.
Renata Siegrist-Bachmann, GLP, Zofingen: Für einmal sind wir einig mit der SVP. Wir legen auch die
Hand aufs Herz. Wer von uns lebt denn noch mit seinen Eltern im selben Haushalt? Trotzdem kann
es vorkommen, dass pflegebedürftige Menschen der älteren Generation auf die Hilfe ihrer Kinder
angewiesen sind, um möglichst lange in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben zu können. Die
Thematik ist uns allen hinlänglich bekannt.
Als Hauptargument wird bei der Ablehnung der Motion auf die mangelnde Praktikabilität bei der
Umsetzung des Steuerabzugs hingewiesen. Unseres Erachtens hat dies aber vor allem mit der
Formulierung "im selben Haushalt lebend“ zu tun. Es kann ja jemand im selben Haushalt leben und
trotzdem ausser Haus ein Vollzeitpensum bewältigen. Diese Person würde dann jedoch finanziell
entlastet werden, obwohl eine Hilfe fast nicht möglich ist. Umgekehrt ist es zum Beispiel bei einer
Tochter oder einem Sohn, die zwar im gleichen Haus, aber in einer anderen Wohnung leben oder
etwas weiter weg in der Nachbarschaft wohnen und regelmässig ihre Eltern pflegen. Sie müssen ihr
Arbeitspensum dafür reduzieren und Wegkosten in Kauf nehmen. Sie haben einen
Einkommensverlust und Wegkosten und werden steuerlich nicht entlastet. Beide leisten aber den
gleichen Dienst an der Gesellschaft und tragen damit zur Entlastung bei den Gesundheitskosten bei.
Vielleicht ist es richtig, dass die Entlastung über den Steuerabzug tatsächlich nicht die praktikabelste
Lösung ist. Vielleicht gäbe es andere Anreize. Es ist aber eine Möglichkeit, die Pflege möglichst
innerfamiliär zu gewährleisten und dafür einen Anreiz zu schaffen. Vielleicht wäre es in Anbetracht
des oft erwähnten Grundsatzes "ambulant vor stationär“ der richtige Moment, um über ein allfällig
neues Bonussystem nachzudenken.
Wir hegen die Hoffnung, dass der Kanton Aargau in dieser Angelegenheit abermals findig ist und
vielleicht auch den Mut hat, wiederum eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Es wäre spannend, ein
zeitgemässes, den heutigen Lebensumständen und der heutigen Demografie angepasstes
Bonusmodell, das schlussendlich auch die Gesundheitskosten im Rahmen zu halten hilft,
kennenzulernen.
Aus diesen Gründen, und weil wir im Grundsatz mit der Motionärin einig sind, lehnen wir zwar die
vorliegende Motion ab, sind aber gerne bereit, ein Postulat, das weitere abklärende Massnahmen
zulässt, zu unterstützen.
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Lilian Studer, EVP, Wettingen: Vonseiten der EVP gibt es einige Gründe, diese Motion
beziehungsweise das Postulat abzulehnen.
1. Wir unterstützen eher eine Vereinfachung des Steuergesetzes.
2. Wieder wird nur eine begrenzte Gruppe angesprochen. Was passiert mit allen anderen
Freiwilligen, die sich auch enorm engagieren und wichtige Dienste leisten?
3. Scheinbar ist das Anliegen nicht bundesrechtskonform.
Doch das Anliegen einfach zur Ablehnung zu empfehlen, widerstrebt uns. Uns ist das Anliegen, die
pflegenden Angehörigen zu entlasten, wichtig.
Die Frage lautet, ob dieser Vorstoss das richtige Instrument ist. Beispielsweise sind pensionierte
Personen, die ihre pflegenden Angehörigen entlasten, eher auf andere Unterstützung angewiesen.
Gründe für eine Überweisung des Vorstosses wären für uns zum Beispiel, dass die monetäre
freiwillige Spende abgezogen werden darf, nicht jedoch die vielen auf freiwilliger Basis geleisteten
Arbeitsstunden.
Ich nenne einen weiteren Punkt. Trotz grossem Arbeitseinsatz und dem Wunsch der verwandten
Personen, ihre pflegebedürftigen Angehörigen zu unterstützen und zu pflegen, ist es nicht immer
angezeigt, auch noch im selben Haushalt zu leben. Man will ja immer nur das Beste, aber aus
emotionalen Gründen ist es nicht immer unbedingt das Beste, wenn die pflegenden Angehörigen
auch noch in der gleichen Wohnung wohnen. Dies weiss ich aus eigener Erfahrung genau.
Ich erwähne ein Beispiel: Meine Mutter hat meine an Alzheimer erkrankte Grossmutter rund um die
Uhr betreut. Die Grossmutter hat nicht in der gleichen Wohnung, aber im selben Haus gelebt. Es war
eine riesige Belastung, und zwar wegen der emotionalen Nähe und aufgrund der vielen Arbeit. Aber
sie wohnte nicht im selben Haushalt – und dahin geht ja die Stossrichtung dieses Postulats. Deshalb
ist das Postulat für uns unterstützenswert.
Fazit: Die Stossrichtung der Motion ist unterstützenswert, insbesondere da es jetzt in ein Postulat
umgewandelt wurde. Einige Mitglieder der EVP hätten sich mit der Motion ein bisschen schwer
getan. Darum können wir den Vorstoss jetzt unterstützen.
Egal, ob dieser Vorstoss nun überwiesen wird oder nicht, auf der Traktandenliste müssen weiterhin
die Angehörigenentlastung und Anreize stehen. Dies muss immer wieder überprüft und stetig
bearbeitet werden.
Robert Obrist, Grüne, Schinznach: Das Postulat ist zwar gut gemeint, und Ähnliches wurde von uns
Grünen im Jahr 2002 für eine etwas anders ausgerichtete Arbeit auch schon gefordert. Damals ging
es um die Freiwilligenarbeit im Rahmen von Institutionen. Die Antwort des Regierungsrats zeigt auf,
dass die gesetzgeberischen Fragen sehr anspruchsvoll sind. Aber vor allem kann der Vollzug nicht
mit einem einigermassen vertretbaren Aufwand gestaltet werden. Dies insbesondere, weil
Leistungen für nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Angehörige anvisiert werden.
Wir
hinterfragen
Steuerabzüge
grundsätzlich.
Ihre
Einführung
führt
immer
zu
Abgrenzungsproblemen, zu Schwierigkeiten im Vollzug und zu Ungerechtigkeiten. Das werden wir
auch im unmittelbar folgenden Geschäft aufzeigen. Anstelle von Steuerabzügen erachten wir
innovative Systeme als
zweckmässiger; wie Gutschriften für geleistete Freiwilligenarbeit für künftig zu beziehende
Leistungen, beispielsweise im Betreuungsbereich. Wir werden auch das Postulat ablehnen.
Roland Brogli, Landammann, CVP: Menschen, die Angehörige mit Hingabe pflegen, verdienen eine
grosse Wertschätzung, da sind wir uns einig. Weil die Pflege durch Angehörige so wichtig ist, ist die
Thematik in der Strategie "ambulant vor stationär" in der Sozialpolitik und in einem Leitsatz der
Aargauer Alterspolitik verankert. Der Regierungsrat will die pflegenden Angehörigen durch
verschiedene Massnahmen weiter unterstützen. Der Regierungsrat hat in seiner Beantwortung der
Motion auch verschiedene Beispiele von Unterstützungsmassnahmen erwähnt.
Man kann aber nicht einfach alles mehrfach unterstützen, also einerseits mit eigentlichen
Unterstützungsmassnahmen, andererseits zusätzlich zu diesen Massnahmen noch mit
Steuerabzügen. Eine geldmässige Unterstützung in Form eines erweiterten Steuerabzugs, das
heisst die Ausdehnung des Abzugs auf Personen ausserhalb des gemeinsamen Haushalts, lehnt der
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Regierungsrat deshalb klar ab. Es wurden schon früher drei in die gleiche Richtung zielende
parlamentarische Vorstösse abgelehnt, weil das Steuerrecht kein geeignetes Instrument zur
Förderung der privaten Pflege ist.
Der
beantragte
Steuerabzug
widerspräche
dem
für
die
Kantone
verbindlichen
Steuerharmonisierungsgesetz. Er passt auch systematisch nicht in unser Steuersystem, weil die
Steuerabzüge ausschliesslich geldmässige Ausgaben, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der
leistenden Personen schmälern, kompensieren sollen. Persönliche Arbeitsleistungen oder
Zeitaufwendungen werden im schweizerischen Steuerrecht nicht abgebildet. Es gibt im Bundesrecht
deshalb bisher konsequenterweise nirgendwo einen Abzug für eine reine Arbeitsleistung, weder im
Zusammenhang mit einer Betreuung noch im Zusammenhang mit unentgeltlicher Sozialarbeit. Im
kantonalen Recht kennen wir eine einzige Ausnahme: Der Kanton Aargau ist einer von nur zwei
Kantonen, zusammen mit Basel-Landschaft, der seit 2001 einen einfachen und einfach
nachvollziehbaren Betreuungsabzug kennt. Der heutige Abzug in Form eines Pauschalabzugs ist
aber eingeschränkt und einfach zu vollziehen, weil die pflegebedürftige Person im gleichen Haushalt
wie die pflegende Person leben muss. Vorausgesetzt wird auch, dass sie eine
Hilflosenentschädigung der AHV oder der IV bezieht.
Schliesslich würde der Abzug überproportionale Vollzugsschwierigkeiten und eine generelle
Verkomplizierung des Steuerrechts bewirken. Der Regierungsrat hat in seiner Beantwortung diese
Schwierigkeiten konkret aufgezeigt.
Aus all diesen Gründen empfiehlt Ihnen der Regierungsrat, die in ein Postulat umgewandelte Motion
abzulehnen.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Motion wurde in ein Postulat umgewandelt. Somit stimmen
wir über das Postulat ab.
Abstimmung
Das Postulat wird mit 79 gegen 41 Stimmen überwiesen.
0644 Motion der Fraktion der Grünen (Sprecherin Irène Kälin, Lenzburg) vom 20. Mai 2014
betreffend Beschränkung des kantonalen Steuerabzugs für den Arbeitsweg; Ablehnung
(vgl. Art. 0444)
Mit Datum vom 13. August 2014 beantragt der Regierungsrat, die Motion mit folgender Begründung
abzulehnen:
Die Eidgenössischen Räte haben mit Schlussabstimmung vom 20. Juni 2013 den Bundesbeschluss
über Finanzierung und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur (FABI) verabschiedet. Der
Bundesbeschluss revidiert verschiedene Artikel der Bundesverfassung. Parallel dazu haben die
Eidgenössischen Räte am 21. Juni 2012 das Bundesgesetz über Finanzierung und Ausbau der
Eisenbahninfrastruktur beschlossen. Dieses Bundesgesetz ändert verschiedene Gesetze, unter anderem das
Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) und das Steuerharmonisierungsgesetz (StHG).
Das Schweizer Stimmvolk hat den Verfassungsänderungen am 9. Februar 2014 zugestimmt. Zurzeit
läuft bis zum 25. September 2014 die Referendumsfrist zum Bundesgesetz über Finanzierung und
Ausbau der Eisenbahninfrastruktur vom 21. Juni 2013. Der Bundesrat hat mit Bundesratsbeschluss
vom 2. Juni 2014 erklärt, dass sowohl die Bundesverfassungsänderungen als auch die
Gesetzesänderungen auf den 1. Januar 2016 in Kraft gesetzt werden unter Vorbehalt einer allfälligen
Volksabstimmung aufgrund des zustande gekommenen Referendums.
4. November 2014
Art.-Nr. 0644
1709
Nach geltendem Recht können die unselbstständig erwerbenden Personen alle notwendigen
Fahrkosten zwischen Wohn- und Arbeitsort als Gewinnungskosten steuerlich in Abzug bringen.
Soweit zumutbar, können allerdings nur die Kosten des öffentlichen Verkehrs in Abzug gebracht
werden. Was zumutbar ist und was nicht, ergibt sich aus der Rechtsprechung.
Mit der Revision des DBG wird der Fahrkostenabzug auf Fr. 3'000.– begrenzt. Mit dieser
Massnahme bei der direkten Bundessteuer gelangt der Bund jährlich zu rund 200 Millionen Franken
Steuermehreinnahmen. Diese Einnahmen fliessen in den Bahninfrastrukturfond (BIF), mit dem
künftig der Unterhalt, die Erneuerung und der Ausbau der Bahninfrastruktur finanziert werden. Der
Regierungsrat hat FABI aus den folgenden Gründen unterstützt: Der Ausbau der Bahninfrastruktur
ist notwendig und auch im Interesse des Kantons Aargau, weil auch im Aargau entsprechende
Projekte geplant sind. Mit diesen Verbesserungen kann dem Bevölkerungswachstum und der
Verkehrsnachfrage im Kanton Aargau begegnet werden. Dabei entlastet ein attraktives öV-Angebot
die teilweise stark befahrenen Strassen, was im Interesse aller ist. Generell ist die verkehrliche
Erreichbarkeit der Aargauer Regionen ein wichtiger Standortfaktor. Bevölkerung und Wirtschaft
profitieren von einer guten Verkehrsanbindung und von attraktiven öV-Angeboten und letztlich auch
von einem bestmöglichen Erhalt der gerade im Kanton Aargau noch guten Umweltbedingungen.
Aus diesen Gründen hat sich der Regierungsrat im November 2013 auch gegen die Standesinitiative
"Verzicht auf Abzockerei der Aargauer Pendler" gestellt. Die Standesinitiative ist in der Folge vom
Grossen Rat nicht überwiesen worden.
Die seinerzeitige Stellungnahme des Regierungsrats zu FABI und den damit verbundenen
Gesetzesänderungen stand somit in klarem Zusammenhang mit der Finanzierung der
Bahninfrastruktur. Es ging dem Regierungsrat nicht darum, die Mehreinnahmen aus der Begrenzung
des Pendlerabzugs für andere Zwecke als die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs
beziehungsweise der Bahninfrastruktur zu verwenden. Deshalb hat er sich bisher nie dafür
ausgesprochen oder gar in Aussicht gestellt, auch auf kantonaler Ebene den Pendlerabzug
beschränken zu wollen.
Im Kanton Aargau ist eine Begrenzung des Pendlerabzugs aus verschiedenen Gründen nicht
angezeigt. So ist der Aargau ein Kanton mit ausgeprägt dezentralen Strukturen, was bedeutet, dass
viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit dem Privatfahrzeug zur Arbeit pendeln. Insbesondere
für strukturschwache Gebiete und Randregionen hätte eine Begrenzung des Pendlerabzugs negative
Auswirkungen auf die Standortattraktivität.
Im Übrigen greifen die von der Motionärin angeführten Argumente für die Beschränkung des
kantonalen Steuerabzugs für den Arbeitsweg aus Sicht des Regierungsrats – und mit Blick auf die
Diskussion auf Bundesebene – zu kurz beziehungsweise erscheinen in Bezug auf die Ziele im
Zusammenhang mit der Finanzierung der Bahninfrastruktur als nicht zielführend.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'871.–.
Irène Kälin, Grüne, Lenzburg: Steuerabzüge setzen mitunter falsche Anreize; dies gilt insbesondere
für den Pendlerabzug. Dank dem Ja zu FABI (Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur)
wurde er auf Bundesebene nun auf 3'000 Franken pro Jahr begrenzt. Was für den Bund richtig ist,
wäre auch für den Kanton Aargau angezeigt. Gerade heute, da wir vor einem riesigen Sparpaket mit
vielen schmerzlichen Massnahmen stehen, wäre eine Beschränkung des Pendlerabzugs auf
kantonaler
Ebene eine dringend benötigte Mehreinnahmequelle für unsere kantonale Kasse. Plus/minus
60 Millionen Franken könnten in unsere Kantonskasse fliessen. Es ist mir unverständlich, wie der
Regierungsrat in seiner Beantwortung der Motion zu folgender Aussage kommt: "Im Kanton Aargau
ist eine Begrenzung des Pendlerabzugs aus verschiedenen Gründen nicht angezeigt." Wir sparen an
allen Ecken und Enden. Wie kann der Regierungsrat so locker auf diese Mehreinnahmen
verzichten?
4. November 2014
Art.-Nr. 0644
1710
Aber nicht nur aus aktueller Not, sondern auch aus Gründen der Steuergerechtigkeit und im Hinblick
auf unsere stetig zunehmende Mobilität und deren negative Folgen, wäre eine Beschränkung des
Pendlerabzugs auf kantonaler Ebene zu begrüssen. Denn ein unbegrenzter steuerlicher
Pendlerabzug setzt falsche Anreize für lange Pendeldistanzen. Wir alle wissen, dass die Mobilität in
der Schweiz stetig wächst und auf Strassen und Schienen – auch im Kanton Aargau – immer mehr
Engpässe entstehen. Dies stellt nicht nur grosse Herausforderungen an die Infrastruktur, sondern
hinterlässt auch in Umwelt und Landschaft immer tiefere Spuren. Unsere Verkehrssysteme, sowohl
Schienen wie auch Strassen, kommen an ihre Kapazitätsgrenzen und die Mobilitätskosten steigen
stark an. Wobei die externen Kosten der Mobilität in der Regel vom allgemeinen Steuersubstrat
bezahlt werden müssen. Deshalb ist es nötig, dass der Kanton Anreize schafft, um kurze
Pendlerwege in Fuss- und Velodistanz zu fördern.
Dass Pendlerabzüge von mehreren 10'000 Franken geltend gemacht werden können, ist ein Unding
und mindert die Steuereinnahmen unseres Kantons. Mit einem hohen Pendlerabzug bezahlen
insbesondere Autofahrer, je weiter sie pendeln, desto weniger Steuern. Denn auch ein
Generalabonnement (GA) 2. Klasse kostet nur wenig mehr als 3'000 Franken pro Jahr.
Fazit: Je mehr man pendelt und die Infrastruktur beansprucht, desto mehr kann man von den
Steuern abziehen und desto weniger bezahlt man an die anfallenden Kosten. Das ist weder logisch
noch gerecht.
Mit unserer Motion der Beschränkung des kantonalen Pendlerabzugs könnte man also zwei Fliegen
mit einer Klappe schlagen: Millionen von Steuermehreinnahmen für unseren Kanton, die wir dringend
brauchen, und keine steuerlichen Anreize mehr zur Förderung der Mobilität, die uns sowieso
davonrennt.
Jürg Caflisch, SP, Baden: Der Regierungsrat argumentiert in seiner Stellungnahme zur Motion
haarscharf am Thema vorbei.
Mit keinem Wort geht er auf die Argumente der falschen Anreize des heutigen Pendlerabzugs ein,
also auf die negativen ökologischen Auswirkungen und die durch das Pendeln verursachten
Gesundheitskosten.
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) schreiben in
einer aktuellen Studie, dass eines der effektivsten Mittel gegen die Zersiedelung, welche speziell den
Autoverkehr aber auch die S-Bahnen in den letzten Jahren sprunghaft hat ansteigen lassen, die
Streichung von Subventionen des Pendelns wären.
Die FABI-Vorlage fand auch im Kanton Aargau eine solide Mehrheit. Die Kosten von FABI müssen
aber nicht nur vom Bund, sondern auch von den Kantonen finanziert werden. Darum ist es absolut
gerechtfertigt, wenn die Subventionen für das Pendeln auch im Kanton Aargau etwas gedämpft
werden. Sie werden nicht abgeschafft, aber sie werden gedämpft.
Der durch und durch bürgerliche Regierungsrat des Kantons Zürich hat soeben eine Vorlage in die
Vernehmlassung geschickt, die genau eine solche Beschränkung des Pendlerabzugs auf 3'000
Franken pro Jahr vorsieht.
In der Antwort auf meine Interpellation zu den Pendlerabzügen sprach der Regierungsrat von
Pendlerabzügen von zum Teil mehreren 10'000 Franken im Kanton Aargau. Das sind Summen, die
einfach nicht mehr erklärbar sind. Dass der Kanton Aargau in Zeiten einer exzessiven Sparpolitik auf
Einnahmen in Höhe von 32 Millionen Franken verzichten möchte – dazu kommen noch 30 Millionen
Franken für die Gemeinden hinzu – ist absolut unverständlich und zeigt den wahren Spargeist. Die
Haltung des Regierungsrats ist mutlos. Ich hoffe, das Parlament ist hier etwas aufgeschlossener. Die
SP-Fraktion unterstützt die Motion.
Adriaan Kerkhoven, GLP, Brugg: Die Grünliberalen unterstützen den Vorstoss der Grünen, wenn es
darum geht, keine zusätzlichen Anreize für eine nicht nachhaltige Verwendung unserer Ressourcen
im Kanton Aargau zu schaffen. Es ist keine nachhaltige Lösung, für Kosten, welche Pendler bereits
heute durch verstopfte Infrastruktur und durch ständig überlastete Strassen verursachen – und für
die der Kanton Aargau geradestehen muss – zusätzliche Anreize durch Abzüge zu schaffen, die in
4. November 2014
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1711
die Millionen gehen. Es kann nicht sein, dass Personen, die die Infrastruktur am stärksten
beanspruchen, auch noch dafür belohnt werden, indem sie bei den Steuern Abzüge vornehmen
können. Zur heutigen Zeit ist es ein absoluter Unsinn, die Verschwendung der natürlichen
Ressourcen mit Subventionen und indirekten Anreizen zu fördern. Man produziert Lärm, hebt die
Unfallstatistik an, treibt Leute in die Asthmakliniken und schafft mit Geldern auch noch Anreize für
diesen Unsinn.
Es ist auch unverantwortlich, wenn der Regierungsrat diese Kosten weiterhin nicht einnehmen will,
muss er doch ständig für diese Situation geradestehen. Der Kanton muss beispielsweise die Polizei
finanzieren und weitere Aspekte mittragen, die einfach auf die Gesellschaft abgewälzt werden.
Diejenigen, die diese Infrastruktur am stärksten nützen, sollen zusätzlich noch am allerwenigsten
Steuern bezahlen. Das ist eine absolute Unlogik. Die Grünliberalen sind geschlossen für eine
Beschränkung des Pendlerabzugs.
Ich persönlich wäre für einen Pendlerabzug von 5'000 Franken pro Jahr, sodass man sich
beispielsweise ein GA 1. Klasse leisten könnte, wenn man wirklich eine weite Strecke fahren muss.
Es gibt Leute, die pendeln müssen. Es können nicht alle an ihrem Wohnort arbeiten. Aber es sollen
keine zusätzlichen Anreize geschaffen werden, die das Pendeln geradezu attraktiv gestalten.
Roland Basler, BDP, Oftringen: Die BDP-Fraktion wird diese Motion, welche eine Begrenzung des
kantonalen Steuerabzugs für den Arbeitsweg fordert, bachab schicken oder sollte ich besser sagen,
auf den Mond schiessen? Denn die Raketen pendeln ja, und es kommen zumindest Teile davon
wieder zurück.
In der Begründung geben die Motionärinnen den Autopendlern die Schuld an Übergewicht, Diabetes
und Herzkreislauferkrankungen. Nun haben die Raucher endlich Gesellschaft bekommen. Auch
behaupten Sie, Autopendler würden sich selbst weniger bewegen und dazu noch die Mobilität der
restlichen Bevölkerung einschränken. Ja, das ist eine Pauschalisierung, die ich so auch nicht
unterstützen kann.
Die steuerlichen Abzüge sind doch nicht der wahre Grund, wieso die Menschen sich ein Haus auf
dem Land kaufen. Wir alle wissen, der Kanton Aargau ist ein Kanton der wunderschönen Regionen.
Und genau diese Regionen sollten wir am Leben erhalten und dafür sorgen, dass die Menschen
nicht aufgrund von fehlenden Anreizen die strukturschwachen Gebiete verlassen. Natürlich ist es
eine Tatsache, dass einige Aargauer Regionen nicht optimal durch den ÖV erschlossen sind und
sich der Arbeitsweg ohne Auto übermässig in die Länge ziehen kann.
Man stelle sich vor, alle Autofahrerinnen und Autofahrer würden auf den ÖV umsteigen! Dann
bräuchten wir in Zukunft S-Bahnzüge mit drei oder vier Etagen! Aus Sicht der BDP ist es wichtig,
dass man auch hier eine optimale Verteilung erreicht, damit weder ÖV noch MIV (motorisierter
Individualverkehr) kollabieren, obwohl beide Systeme schon heute an ihre Grenzen stossen.
Die BDP ist einstimmig gegen die Überweisung dieser Motion.
Werner Müller, CVP, Wittnau: Die CVP-Fraktion erachtet den begrenzten Pendlerabzug in Höhe von
3'000 Franken pro Jahr als falschen Ansatz. Denn die Begrenzung benachteiligt Personen, welche in
ländlichen Regionen wohnen, dort keine Arbeit finden und daher einen längeren Arbeitsweg in Kauf
nehmen müssen.
Die Standortattraktivität der ländlichen Regionen wird durch diese Begrenzung massiv vermindert. Im
Gegensatz dazu wird die Zentralisierung der Wohnbevölkerung gefördert. Die Arbeitgeber verlangen
heutzutage vermehrt flexible Arbeitszeiten von den Arbeitnehmern. Daher ist es oft nicht möglich, mit
dem ÖV rechtzeitig am Arbeitsplatz zu erscheinen. Mit dem begrenzten Pendlerabzug werden diese
Personen massiv benachteiligt. Zudem wird einmal mehr die Mittelschicht finanziell belastet. Die in
der Motion erwähnten Abzüge von mehr als 10'000 Franken sind bestimmt Einzelfälle, welche
möglicherweise von den Steuerbehörden zu wenig genau überprüft wurden.
Eine höhere Begrenzung könnten wir uns allenfalls vorstellen. Eine Mehrheit der CVP-Fraktion wird
die Motion ablehnen.
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Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen: Ich habe es gut, die meisten Argumente zu dieser Motion sind
bereits vorgetragen worden. Wir kennen sie. Die freisinnige Fraktion beurteilt die Argumente, welche
gegen die Überweisung dieser Motion sprechen, als die stärkeren.
Unser Kanton ist bekanntlich der Kanton der Regionen. Wir wollen den Speckgürtel zwischen Baden,
Lenzburg, Aarau – mit der Fortsetzung nach Zofingen – nicht weiter stärken. Wir wollen im Gegenteil
dafür sorgen, dass auch die Regionen überleben können. Wir sind froh, dass es viele
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Regionen gibt, die mangels Arbeitsplätzen in diesen
Regionen im Speckgürtel oder in Zürich und anderswo arbeiten können. Der Regierungsrat hat
konsequent gehandelt und seinerzeit bei der Unterstützung der FABI-Initiative bezüglich des
Bundesverfassungsartikels gesagt, dass die Begrenzung des Pendlerabzugs im Bundesrecht auf
3'000 Franken pro Jahr zwar zweckmässig ist, dass er aber wegen der besonderen Lage unseres
Kantons diese Pendlerabzugsbegrenzung nicht ins kantonale Steuerrecht übernehmen will. Diese
Haltung unterstützen wir und bitten Sie, die Motion abzulehnen.
Urs Plüss, EVP, Zofingen: Die EVP-Fraktion begrüsst und befürwortet die Motion. Uns ist klar, ohne
Pendeln geht es nicht. Wir sind ein Kanton der Regionen, und man muss zu seiner Arbeitsstelle
gehen. Es stellt sich aber die Frage, arbeitet man dort, wo man wohnt oder wohnt man dort, wo man
arbeitet. Bei uns sind es die ökologischen Aspekte, die als sehr wichtig gewichtet werden. Wir
können es uns künftig fast nicht mehr leisten, wie bisher zu pendeln.
In einer Interpellation wurde bereits beantwortet, wie viele Leute über 10'000 Franken pro Jahr als
Pendlerabzug abziehen können. Das ist eine ganze Menge, und ich glaube nicht, dass in diesen
Fällen das Steueramt nicht konkret hingeschaut hat.
In diesem Saal hat es auch einige Befürworter der Ecopop-Initiative. Vielleicht kommt jetzt eine
Ecopop-Initiative für den Kanton Aargau, damit wir den Siedlungsdruck von Zürich nicht mehr im
Aargau haben. Es sind ja dann alles Aargauer Bürger, die von Zürich zugezogen sind und dann nach
Zürich pendeln. In der Folge machen sie den Pendlerabzug geltend und zahlen so weniger Steuern.
Aber man könnte ja hier weiter und weiter gehen, aber das hat gar keinen Effekt.
Ein Nebeneffekt wäre, dass die Verwaltung auch viel schlanker werden würde, denn die meiste Zeit
braucht eine Steuerbehörde heute bei der Überprüfung des Pendlerabzugs. Sollte er wegfallen oder
pauschal nur noch 3'000 Franken betragen, könnten wir hier ganz viele Verwaltungskosten sparen.
Benjamin Giezendanner, SVP, Rothrist: Die Diskussion ist nahezu erschöpft. Ich möchte aber
gleichwohl die anfänglich gefallenen Voten kommentieren.
Wir fallen wieder zurück in den Grabenkampf "Strasse gegen Schiene". Es wird behauptet, der
Schienenverkehr sei ökologisch sehr sinnvoll, und der Strassenverkehr sei noch immer eine
Dreckschleuder. Aber das wissen Sie doch selbst, das sind Ihre ideologischen Bilder, die Sie
weiterhin haben, und die aber nicht korrekt sind.
Das Schlimme daran ist, Sie greifen die Regionen mit diesem Vorstoss an. Sie wollen die Regionen,
die nicht am öffentlichen Verkehr angeschlossen sind, schwächen und zusätzlich noch eine
Steuererhöhung einführen.
Für mich persönlich ist es ein Angriff auf die Arbeit und auf die Leute, die nachts arbeiten müssen.
Es ist ein Angriff auf Leute, die auf das Fahrzeug angewiesen sind, weil sie vielleicht in einem
Unternehmen einen guten Job haben, dieses aber 50 Kilometer entfernt ist. Es ist schade, dass wir
hier wieder in dieses Muster zurückfallen und nicht sehen, dass es ein Handschlag der bürgerlichen
Seite war, als diese sagte, FABI werde mit 200 Millionen Franken finanziert.
Auch die SVP-Fraktion lehnt diesen Vorstoss ab. Ich bitte Sie, wieder das Gesamte zu betrachten
und im Strassenverkehr nicht diese Links-Rechts-Politik zu betreiben. Ich möchte, dass wir
zusammenarbeiten und nicht diese Grabenkämpfe austragen müssen.
Roland Brogli, Landammann, CVP: Der Regierungsrat lehnt dieses Anliegen ab. Wir haben uns
seinerzeit, wie es Grossrat Herbert H. Scholl bemerkt hat, im Rahmen der FABI-Vernehmlassung
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entsprechend geäussert. Ich will nur noch einige wenige Punkte anfügen, die noch nicht besonders
erwähnt wurden:
1. Der Kanton Aargau weist ausgeprägte dezentrale Strukturen auf, deshalb pendeln sehr viele
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Von der Begrenzung wären rund 95'000 steuerpflichtige
Personen respektive rund 28,0 Prozent aller Steuerpflichtigen betroffen. Alle diese Personen würden
gegenüber der heute geltenden Lösung schlechter gestellt werden.
2. Die Begrenzung hätte wegen der dezentralen Strukturen negative Auswirkungen auf die
Standortattraktivität der Randgebiete unseres Kantons.
3. Die Arbeitswegkosten sind berufsnotwendig und daher gemäss dem Grundsatz der Besteuerung
nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit steuerlich abziehbar. Eine Begrenzung würde diesem in
der Bundesverfassung statuierten Grundsatz widersprechen. Da das Bundesgericht ja bekanntlich
die Bundesgesetze nicht korrigieren darf, bliebe die Missachtung der Bundesverfassung allerdings
ohne Folgen.
4. Eine Begrenzung des Pendlerabzugs bei den unselbstständig Erwerbenden bewirkt eine
Ungleichbehandlung gegenüber den Selbstständigerwerbenden, die die Arbeitswegkosten weiterhin
abziehen können. Eine Begrenzung auch bei den Selbstständigerwerbenden wäre administrativ
faktisch nicht oder nur mit sehr grossem administrativem Aufwand durchzusetzen.
5. Eine Begrenzung würde die auf 2014 und 2015 beschlossenen Steuerentlastungen gerade für den
Mittelstand teilweise wieder rückgängig machen.
In Würdigung all dieser Umstände empfehle ich Ihnen namens des Regierungsrats, die Motion
abzulehnen.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Motionäre stellen sich gegen die Ablehnung.
Abstimmung
Die Motion wird mit 76 gegen 36 Stimmen abgelehnt.
0645 Motion Alois Huber, SVP, Möriken-Wildegg (Sprecher), Ralf Bucher, CVP, Mühlau,
Andrea Moll-Reutercrona, FDP, Sins, Ruedi Weber, Grüne, Menziken, Barbara PortmannMüller, GLP, Lenzburg, und Rosmarie Groux, SP, Berikon, vom 20. Mai 2014 betreffend
Revision des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes aufgrund der neuen Agrarpolitik 2014–
2017; Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. Art. 0447)
Mit Datum vom 13. August 2014 beantragt der Regierungsrat, die Motion mit folgender Begründung
abzulehnen beziehungsweise er erklärt sich bereit, sie als Postulat entgegenzunehmen:
Die Motionäre verlangen eine Anpassung des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes aufgrund der
zahlreichen Änderungen der Bundesgesetzgebung im Bereich Landwirtschaft mit der neuen
Agrarpolitik 2014–2017 (AP 14–17). Gleichzeitig soll der Kanton die Co-Finanzierung für die
freiwilligen Bundesprogramme im Aargau flächendeckend sicherstellen.
Parallel zur AP 14–17 auf Stufe Bund hat der Regierungsrat auf kantonaler Ebene angesichts der
angespannten Finanzlage im Rahmen der Leistungsanalyse zahlreiche Sparmassnahmen
beschliessen müssen. Der Massnahmenbeitrag der Landwirtschaft von maximal 1 Million Franken
pro Jahr (rund 20 % des Sachaufwands) und der zusätzliche 5 %-Stellenabbau sind zeitgemäss und
insgesamt tragbar.
Die beiden Planungsprozesse – AP 14–17 auf Bundesebene und die Leistungsanalyse auf
Kantonsebene – wurden unabhängig voneinander beschlossen und waren zeitlich nicht aufeinander
abge-
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stimmt. Sie führten deshalb zu Zielkonflikten. Während bei den Bundesumweltprogrammen
(Biodiversität- sowie neu auch Landschaftsqualitätsprojekte) eine Co-Finanzierung anderer Trägerschaften von 10 % verlangt wird, hat der Regierungsrat – so weit als möglich – die Streichung von
Co-Finanzierungen durch den Kanton beschlossen. Sichergestellt bleibt die Co-Finanzierung durch
den Kanton für bestehende Vernetzungsprojekte in den Vorranggebieten nach kantonalem
Richtplan. Nach Ansicht des Regierungsrats sind deshalb die Gemeinden vermehrt in Pflicht zu
nehmen. Dies hat er bereits in der Beantwortung der (13.258) Interpellation betreffend Auswirkungen
der Agrarpolitik 2014–2017 und der Leistungsanalyse auf die Aargauer Landwirtschaft vom 3.
Dezember 2013, entsprechend ausgeführt.
Der Regierungsrat hat durchaus Verständnis für die ihm in der Motion unterbreiteten Anliegen. Er ist
sich bewusst, dass die Aargauer Landwirtschaft durch die Umsetzung der AP 14–17 rund ein Viertel
der Direktzahlungen oder knapp 40 Millionen Franken verlieren wird, wenn die Bäuerinnen und
Bauern in den nächsten vier Jahren auf den Paradigmenwechsel der neuen Agrarpolitik nicht
reagieren. Mit den neuen Bundesumweltprogrammen Biodiversität und Landschaftsqualität könnten
maximal 30 von diesen 40 Millionen Franken Direktzahlungen kompensiert werden. Bedingung ist,
dass die Gemeinden die Co-Finanzierung von 10 % übernehmen, ansonsten fliessen die
Direktzahlungen und Steuererträge in andere Kantone.
Eine Änderung des geltenden Landwirtschaftsgesetzes des Kantons Aargau (LwG AG) vom 13.
Dezember 2011 (SAR 910.200) ist aus Sicht des Regierungsrats nicht erforderlich. § 41 Abs. 1 LwG
AG räumt dem Kanton die Möglichkeit ein, landwirtschaftlichen Betrieben, die besondere ökologische
Anforderungen erfüllen oder in anderer Weise besondere Leistungen im öffentlichen Interesse
erbringen, finanzielle Abgeltungen zu gewähren. Angesichts der Kann-Bestimmung lässt sich daraus
aber auch kein zwingend formulierter Auftrag für eine Co-Finanzierung bei freiwilligen
Bundesumweltprogrammen ableiten. Eine Gesetzesänderung ist nur dann zwingend, wenn der
Kanton oder die Gemeinden zur Co-Finanzierung verpflichtet werden und damit keine Freiwilligkeit
für entsprechende Beitragszahlungen mehr besteht.
Aus den genannten Gründen lehnt der Regierungsrat die Entgegennahme des Vorstosses als Motion
ab. Er ist hingegen bereit, den Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen, um die offenen Fragen der
Auswirkungen der neuen Agrarpolitik 14–17 des Bundes, insbesondere der Co-Finanzierung der
neuen Bundesprogramme Biodiversität und Landschaftsqualität, zwischen Kanton und Gemeinden,
zu prüfen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'370.–.
Alois Huber, SVP, Möriken-Wildegg: Mit der Agrarpolitik 2014 – 2017, insbesondere durch den
markanten Richtungswechsel im Direktzahlungssystem zugunsten der Ökologie, wurden auf
Bundesebene in der Bundesgesetzgebung zahlreiche Änderungen im Bereich Landwirtschaft
vorgenommen. Um die neuen Massnahmen auch im Aargau korrekt und zielorientiert umzusetzen,
muss das kantonale Landwirtschaftsgesetz, insbesondere im Bereich der ökologischen Leistungen,
angepasst werden. Hier fordern die Motionäre zwingend, dass der Kanton die Co-Finanzierung von
10,0 Prozent für die freiwilligen Bundesprogramme der Landschaftsqualität und der Vernetzung
übernimmt. Nur so kann sichergestellt werden, dass sich alle Landwirte im Kanton Aargau
gleichberechtigt an den genannten Ökoprogrammen beteiligen können. Müssten, wie vom
Regierungsrat vorgeschlagen, die Gemeinden für die Co-Finanzierung aufkommen, wären hier die
finanzschwachen ländlichen Gemeinden stark benachteiligt; sind doch gerade in diesen die
gewünschten Flächen und Objekte zahlreich vorhanden. An den Infoveranstaltungen der
Regionalverbände, welche für die Erarbeitung und Umsetzung der Ökoprogramme verantwortlich
sind, haben genau diese Gemeinden grosse Bedenken angemeldet. Einige haben eine Beteiligung
an der Co-Finanzierung aus finanziellen Gründen bereits jetzt schon abgelehnt. Um eine gerechte
Ausgangssituation für alle Bauernfamilien und die Gemeinden im Kanton Aargau zu erhalten, ist es
4. November 2014
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überaus notwendig, dass der Kanton die Trägerschaft der Co-Finanzierung von 10,0 Prozent
übernimmt.
Wie der Regierungsrat in seinem Antwortschreiben festhält, ist eine Gesetzesänderung nur
zwingend, wenn eine Verpflichtung der Co-Finanzierung eingegangen werden soll. Um die
Planungssicherheit für alle Beteiligten zu erhalten, sollte gerade vom Kanton eine solche
Verpflichtung sichergestellt werden. Mit der Sicherstellung der Co-Finanzierung der
Bundesprogramme durch den Kanton profitieren die Natur, die Landschaft sowie die Bevölkerung
durch aktive Naherholungsräume, die Bauernfamilien und nicht zuletzt die Gemeinden und der
Kanton, welche mit den geschätzten Einnahmen für die Landwirte von 30 Millionen Franken
Direktzahlungen einiges an Steuern erhalten.
Deshalb halten wir an unserer Motion fest.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Motionäre sind mit der Umwandlung in ein Postulat nicht
einverstanden.
Rosmarie Groux, SP, Berikon: Die SP-Fraktion unterstützt das Festhalten an der Motion betreffend
Revision des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes aufgrund der neuen Agrarpolitik des Bundes
grossmehrheitlich.
Es erscheint uns wichtig, dass die Mitfinanzierung von Aufwertungsprogrammen des Bundes
kantonal geregelt ist, und dass nicht die Gemeinden in die Pflicht genommen werden. Mit der jetzt
vorliegenden Kann-Regulierung sollten die Gemeinden 10,0 Prozent der Beiträge übernehmen,
wenn sie denn wollen und finanziell in der Lage sind.
In der heutigen finanziell angespannten Lage der Gemeinden durch den Rückgang der
Steuereinnahmen werden neue Ausgaben sicher nicht gerne übernommen, auch wenn niemand den
Nutzen für die Natur und Landschaft anzweifelt. Aber auf die Beiträge des Bundes zu verzichten, ist
für die Landwirtschaft und die Ökologie nicht sinnvoll. Also holen wir das Geld vom Bund ab und
investieren als Kanton trotz Leistungsanalyse weiterhin in die Biodiversität und die
Landschaftsqualität. Wie gesagt, die SP stimmt dem Festhalten an der Motion grossmehrheitlich zu.
Heinz Graf, BDP, Oberrohrdorf: Es gibt im Land einen bekannten Spruch: Bei den Bauern lernt man
jammern. Dieses ist bei der BDP angekommen. Die BDP nimmt in diesem Fall die Bauernfamilien
ernst und sieht die Problematik der neuen Agrarpolitik, dass im Durchschnitt pro Betrieb 5'000
Franken wegfallen. Es kann noch schlimmer kommen: Ermöglicht der Kanton Aargau keine
flächendeckende Umsetzung der freiwilligen Programme, wie die Vernetzung der
Biodiversitätsförderflächen oder die Landschaftsqualität, gehen circa 40 Millionen Franken verloren.
Leider haben wir einen Zielkonflikt zwischen der Leistungsanalyse auf Kantonsebene und der
Agrarpolitik 2014 – 2017 auf Bundesebene. Sie wurden zeitlich unabhängig voneinander
beschlossen und führten deshalb zu einem Zielkonflikt. Diesen können wir heute korrigieren. Es ist
der BDP ein Anliegen, dass man die aargauischen Landwirte ernst nimmt, die zu den Verlierern der
neuen Agrarpolitik des Bundes gehören. Diejenigen grossen Landgemeinden, welche von der CoFinanzierung ungerecht hoch betroffen werden, sollen diesbezüglich entlastet werden. Die BDP
unterstützt das Anliegen der Motionäre und stimmt der Motion einstimmig zu.
Gertrud Häseli, Grüne, Wittnau: Die Grünen unterstützen eine flächendeckende Umsetzung der
Programme im Bereich Biodiversität und Landschaftsqualität. Die vom Kanton vorgeschlagene
Lösung, die Aufgabe auf die über 200 Aargauer Gemeinden zu übertragen, schafft mehr Probleme,
als Lösungen ermöglicht werden. Biodiversität und Landschaftsqualität sind Anliegen, die uns alle
angehen. Gerne würden die Bauern von ihren Produzentenpreisen leben, aber das würde wohl eine
Verdoppelung oder eine Verdreifachung der Lebensmittel bedeuten. Und dies können wir uns kaum
leisten. Dies ist auch der Grund, warum Direktzahlungen ausbezahlt werden.
Ich möchte darum bitten, die Motion zu überweisen.
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Ralf Bucher, CVP, Mühlau: Die CVP ist erfreut, dass der Regierungsrat Handlungsbedarf erkennt
und das Anliegen der Motionäre aufnimmt, indem er es als Postulat entgegennehmen will. Es geht
insbesondere um die Co-Finanzierung der mit der neuen Agrarpolitik geschaffenen
Landschaftsqualität und den Vernetzungsbeiträgen. Der Bund bezahlt an diese Programme 90,0
Prozent
–
wir
haben
es gehört – der Kanton Aargau will die Restfinanzierung von 10,0 Prozent den Gemeinden
überlassen. Das trifft insbesondere die ländlichen Gemeinden überproportional stark und würde wohl
dazu führen, wie auch schon erwähnt, dass die einen Gemeinden die Kosten übernehmen und
andere nicht. Dies wiederum vergrössert die jetzt schon hohe Bürokratie und erschwert die
Umsetzung. In Vorranggebieten, wo der Kanton die Vernetzung übernehmen will, jedoch nicht die
Landschaftsqualität. In Nichtvorranggebieten trägt rund ein Drittel bereits jetzt die Kosten für die
Vernetzung, während ein Drittel nichts bezahlt. Die Natur und die Bauern wären die Leidtragenden,
weil nämlich eine Gemeinde ihre Biodiversitätsförderflächen vernetzt, dies jedoch nur bis zur
Gemeindegrenze tun kann.
Komplizierter wird es für die vielen Bauernfamilien, die in verschiedenen Gemeinden Land
bewirtschaften und am einen Ort etwas für ihre Leistungen bekommen, am anderen Ort nicht. Ganz
zu schweigen von der Umsetzung in den Gemeinden selber. Gemäss Schreiben der kantonalen
Gemeindeabteilung müssen dort die Bauernfamilien in den Ausstand treten, wenn es um die
Finanzierung geht. Dumm nur, wenn dann die Hälfte der Anwesenden den Saal verlassen muss, was
in einer ländlichen Gemeinde nicht selten der Fall wäre.
Langer Rede kurzer Sinn: Die CVP will eine Entlastung der Gemeinden, eine Verminderung der
Bürokratie bei der Abrechnung, eine Möglichkeit für die Bauern, wegfallende Direktzahlungen zu
kompensieren und gleichzeitig etwas für die Natur und die Biodiversität tun – dies notabene
insbesondere mit Geldern vom Bund, die sonst in andere Kantone fliessen.
Eine aktuelle Bemerkung: Heute hat das BLW (Bundesamt für Landwirtschaft) beschlossen, dass der
Faktor für den Übergangsbeitrag viel tiefer ausfallen wird. Das hat damit zu tun, dass die Gelder für
die freiwilligen Programme in diesem Jahr vor allem in die anderen Kantone fliessen, welche diese
freiwilligen Programme schon umsetzen. Somit stimmt die Aussage nicht, die gestern in der
Aargauer Zeitung stand, dass die Bauern dieses Jahr rund 15 Millionen Franken verlieren. Es
werden rund 18 – 20 Millionen Franken sein.
Die CVP unterstützt die Bauern via Aufgaben- und Finanzplan (AFP), damit hier bereits ab 2015
eingegriffen werden kann. Längerfristig will die CVP dies gesetzlich verankern und unterstützt
deshalb die Motion. Die CVP ist gegen die Überweisung als Postulat.
Kathrin Hasler, SVP, Hellikon: Als Gemeindeammann einer kleinen, landwirtschaftlich geprägten,
finanzschwachen Gemeinde kann ich die Verlagerung der 10,0 Prozent der Co-Finanzierung des
neuen Bundesprogramms Landschaftsqualität und der bestehenden Vernetzungsprogramme auf die
Gemeinden nicht akzeptieren. Als Verlierer der neuen Agrarpolitik des Bundes mit finanziellen
Einbussen bei den Direktzahlungen sind die Landwirte gezwungen, bei diesen Projekten
mitzumachen. In einer Zeit, in welcher durch die Agrarpolitik mit zusätzlichen finanziellen Ausfällen
zu rechnen ist, müssen die 10,0 Prozent der Co-Finanzierung, Vernetzung von Ökoflächen und der
Landschaftsqualitätsbeiträge auch in unserem Kanton gesichert werden.
Der Kanton Aargau kann mit einer Investition von 1 Million Franken 9 Millionen Franken vom Bund
für diese Programme auslösen. Der Aargau hat – im Gegensatz zu vielen anderen Kantonen – im
AFP keine zusätzlichen Mittel für die Umsetzung dieser Programme eingestellt und möchte diese
Kosten nun den Gemeinden übertragen. In der Umsetzung würde das bedeuten, wie bereits
erwähnt, dass die Gemeinden an den Gemeindeversammlungen für die acht Jahre laufenden
Verträge einen Kredit holen müssen. Somit riskieren wir eine ungleiche Behandlung der Landwirte,
weil es Gemeinden geben würde, die diese Beiträge genehmigen und andere Gemeinden, die diese
Beiträge nicht bewilligen würden.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es im Sinne eines jeden Landwirtes ist, die Kulturlandschaft zu
erhalten und zu fördern. Aber mit den zunehmenden Ökoprogrammen gefährden wir die
Versorgungssicherheit, und unsere Bauern werden zu Landschaftsgärtnern. Politisch und
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gesellschaftlich müssen wir diskutieren, ob wir wollen, dass die Landwirtschaft bei der einheimischen
Produktion immer mehr eingeschränkt wird oder ob wir wollen, dass unsere Landwirtschaft die
einheimische Versorgung sicherstellen kann.
Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Motion zu unterstützen. Damit wird die
Finanzierung der beiden Projekte gesichert, ohne die Gemeinden zusätzlich zu belasten. Daneben
profitieren unsere Landwirte finanziell von diesen Programmen.
Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg: Nur ein paar Ergänzungen oder Würdigungen aus Sicht
der GLP: Die Agrarpolitik ist Bundesaufgabe. Sie wurde dort beschlossen. Die Grundhaltung dieser
Agrarpolitik sollte auch in die kantonale Gesetzgebung beziehungsweise in deren Auslegung
einfliessen. Diese Grundhaltung entspricht der GLP – die Vorstellung könnte durchaus noch weiter
gehen. Aber sie entspricht ihr insofern, als dass gewisse Giesskannenbeiträge nun durch
leistungsbezogene Abgeltungen abgelöst wurden.
Es ist auch festzuhalten, dass es in dieser Agrarpolitik nicht nur Verlierer gibt, sondern auch sehr
viele Gewinner. Denn insgesamt bleibt der Kuchen in etwa gleich gross. Für Verlierer gibt es speziell
geschaffene, abfedernde Beiträge – das soll auch nicht vergessen werden, auch wenn es vielleicht
etwas weniger ist, als erwartet.
Die GLP unterstützt dieses Anliegen aber sehr, denn gute Projekte dienen den Bauern, der
Landschaft, der Bevölkerung, den Gemeinden, der Natur und der Biodiversität.
Das Festhalten an der Motion ist auch gerechtfertigt, denn eine klare Gesetzgebung ist sinnvoll.
Dabei soll bitte die Gelegenheit genützt werden, um möglicherweise bestehende Zielkonflikte
zwischen der kantonalen Gesetzgebung, der Leistungsanalyse und der Agrarpolitik des Bundes zu
eliminieren. Insbesondere legen wir auch dem Regierungsrat ans Herz, das Konstrukt der
Vorranggebiete zu überprüfen. Da gibt es auch den Aktionsplan Biodiversität und verschiedene
andere Themenbereiche auf Bundesebene, die in diesem Sinne angeschaut werden müssten. Wir
bitten Sie, an der Motion festzuhalten.
Marie-Louise Nussbaumer, SP, Obersiggenthal: Meine Kollegin Rosmarie Groux hat Sie darüber
informiert, dass die SP-Fraktion diese Motion mit grosser Mehrheit unterstützen will. Wir unterstützen
sie, weil wir wollen, dass die Programme für Biodiversität und Landschaftsqualität im ganzen Kanton
durchgeführt werden können – und zwar zu gleichen Bedingungen.
Wenn es in unserer Fraktion trotzdem Grossrätinnen und Grossräte gibt, die sich der Stimme
enthalten wollen, dann liegt es daran, dass wir die aktuell laufenden Diskussionen in den
Kommissionen rund um Leistungsanalyse, Budget und AFP nicht so gut ausblenden können, wie Sie
es hier anscheinend können, oder wie es einzelne Anspruchsgruppen offensichtlich gut können.
Ich persönlich sehe hier wirklich die Bauern, die mit diesem Vorstoss wieder einmal das alte Vorurteil
bestätigen, dass ihnen jedes mögliche oder unmögliche Argument nur recht ist, um vom Staat die
finanziellen Mittel abzuholen. Bei 200 vom Regierungsrat beantragten Sparmassnahmen machen
Sie alle – ungeachtet aller Härte für Umwelt oder Bildung – gern mit und streichen sogar noch
munter weiter. Bei allem und allen anderen, nur nicht bei sich selber – da richten Sie gerne mit
grosser Kelle an! 13 oder gar mehr Millionen Franken – kein Problem. Wir haben es ja, wenn es
denn für die Bauern ist. Die übrigen Verlierer – nicht des Bundes, sondern des Kantons – die
interessieren uns anscheinend eher weniger.
Roland Brogli, Landammann, CVP: Warum lehnt der Regierungsrat die Motion ab, ist aber bereit,
den Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen?
Wie aus unserer Antwort ersichtlich, wurden die beiden Planungsprozesse der neuen Agrarpolitik
2014 – 2017 des Bundes auf Bundesebene und unsere Leistungsanalyse zeitlich nicht aufeinander
abgestimmt. Sie konnten nicht aufeinander abgestimmt werden, weil sie zeitlich unterschiedlich
gelagert waren. Der Zielkonflikt mit der Leistungsanalyse wurde bereits erwähnt. Der Regierungsrat
ist aber bereit, die neuen Auswirkungen der Agrarpolitik 2014 – 2017 des Bundes, insbesondere die
Fragen der neuen Co-Finanzierung, der Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsprojekte, zu prüfen.
Dazu kommt, dass ein zwingend formulierter Auftrag für die Co-Finanzierung angesichts der KannBestimmungen im bestehenden Landwirtschaftsgesetz nicht zielführend ist, da ansonsten der
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Kanton seinen Handlungsspielraum auch für die Zukunft, falls diese 10,0 Prozent wieder ändern
würden, verlieren würde.
Für das Anliegen der Motionäre braucht es gar keine Gesetzesänderung. Die Kann-Vorschrift im
Gesetz genügt.
Ich möchte an dieser Stelle aber nochmals betonen, dass sich der Kanton keineswegs ganz aus der
Co-Finanzierung der Bundesprogramme zurückziehen will. Für die bestehenden Vernetzungsprojekte in den sogenannten Vorranggebieten stellt er die Co-Finanzierung nach wie vor sicher.
Gleichzeitig möchte er aber auch die Gemeinden, namentlich bei den Landschaftsqualitätsbeiträgen,
vermehrt in die Pflicht nehmen. Das ist hier auch eine entscheidende Frage. Die entsprechenden
Zahlen sind schliesslich in der Botschaft zur Leistungsanalyse – in der Bilanz dieser Botschaft –
berücksichtigt. Und wenn Sie hier eine Veränderung vornehmen wollen, dann steigen die
Nettoentlastungen der Gemeinden noch mehr und im Gegenzug unsere Belastungen auf kantonaler
Seite auch.
Zugleich haben sowohl die Kommissionen UBV (Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung)
als auch die AVW (Allgemeine Verwaltung) im Rahmen der Beratung des AFP und der
Leistungsanalyse verdeutlicht, dass sie eine flächendeckende Umsetzung der Landschaftsqualitätsund Vernetzungsbeiträge wünschen.
Aus all diesen Gründen bitte ich Sie, diese Motion als Motion abzulehnen – und sie als Postulat zu
überweisen.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Motionäre sind gegen die Entgegennahme als Postulat,
halten also an der Form der Motion fest.
Abstimmung
Die Motion wird mit 109 gegen 0 Stimmen überwiesen.
0646 Postulat Sämi Richner, EVP, Auenstein, vom 1. Juli 2014 betreffend Gesamtüberprüfung
der geplanten Strassen- und kantonalen Radroutensanierung Rohr-Auenstein-Rupperswil;
Ablehnung
(vgl. Art. 0520)
Mit Datum vom 3. September 2014 beantragt der Regierungsrat, das Postulat mit folgender
Begründung abzulehnen:
1. Übergeordnete Planung kantonale Radrouten
Am 16. Januar 2001 setzte der Grosse Rat das kantonale Radroutennetz im Richtplan fest. Die kantonale Arbeitsgruppe Zweiradverkehr (KAZ) legte in der Folge gemäss Beschluss des Grossen Rats
mit den Regionalplanungsverbänden und den Gemeinden die definitive Linienführung und Führungsart fest und schlug dem Grossen Rat kleinere Korrekturen am Netz vor. Am 2. November 2004
beschloss der Grosse Rat diese Anpassungen.
Im kantonalen Radroutennetz sind die R510 (Radwegverbindung) entlang der K 244 Aarau Rohr–
Rupperswil–Brugg, die R751 Hunzenschwil–Rupperswil und die R812 Rupperswil–Auenstein festgehalten. Dieses Konzept hat weiterhin Gültigkeit und entspricht auch den damaligen Aussagen von alt
Regierungsrat Peter C. Beyeler. Die Vorhaben werden mit dem Ziel einer Gesamtlösung abschnittsweise nach Projektfortschritt umgesetzt.
2. Aarebrücken Rupperswil-Auenstein
Eine Auswertung der polizeilich erfassten Unfälle für die Jahre 2009–2014 ergab insgesamt drei
Unfälle. Davon betraf ein Unfall einen Langsamverkehrsteilnehmer, die übrigen zwei Unfälle ereigneten sich zwischen Teilnehmenden des motorisierten Verkehrs.
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Der Ausbau der beiden Aarebrücken für den Langsamverkehr ist Bestandteil der kantonalen Radroute und unbestritten. Im September 2009 machte alt Regierungsrat Peter C. Beyeler in einem Brief an
die Gemeinde Auenstein folgende Aussage (Auszug):
"Wir sehen vor, dass die Frage der Aarebrücke vorgezogen behandelt wird, sodass bis Mitte 2011
ein Vorprojekt über die Radroutenführung auf der Brücke vorliegen kann. Vorlaufend muss aus heutiger Sicht der Zustand der Brücken abgeklärt werden. Wir streben an, dass der Aareübergang für
die Fussgänger und Radfahrer bis 2014 modernisiert ist."
Für die beiden einstreifigen Brücken über die Aare und über den Unterwasserkanal, welche im
Eigentum und in der Erhaltungspflicht der Kraftwerk Rupperswil Auenstein (KRA) stehen, wurden
letztes Jahr die Zustandsüberprüfungen (mit Materialprüfungen) und umfangreiche statische Nachrechnungen ausgeführt. Anschliessend wurden diese Arbeiten, welche als Planungsgrundlagen für
den Ausbau der Radwegverbindung dienen, durch einen Prüfingenieur unter der Leitung der Abteilung Tiefbau überprüft. Diese Arbeiten werden zurzeit verifiziert und im Spätsommer abgeschlossen.
Im Herbst 2014 wird die Abteilung Tiefbau auf dieser Basis die Ausarbeitung eines Vorprojekts auslösen.
Bevor ein Ausbau der Radwegverbindung durch den Kanton Aargau erfolgen kann, müssen die beiden Flussbrücken in seinem Eigentum stehen. Die Abteilung Tiefbau versuchte mit der SBB als heutige und künftige Betreiberin bezüglich der Übernahme der Brücken eine Lösung zu finden. Da die
Konzessionsverhandlungen zu wenig fortschreiten, mussten die Verhandlungen sistiert werden. Auf
eine vorgezogene Behandlung des Brückendossiers, wie dies im oben angeführten Schreiben vom
18. September 2009 angetönt wurde, ist die SBB nicht eingetreten.
Die Abteilung Tiefbau wird alles daran setzen, mit den SBB die Behandlung des Brückendossiers
voranzutreiben. Parallel dazu wird sie die Projektierung weiter vorantreiben, damit ein unnötiger Zeitverlust vermieden werden kann. Zurzeit sind aber verlässliche Angaben über einen möglichen Baubeginn des Ausbaus der Flussbrücken für den Langsamverkehr nicht möglich.
Im Frühjahr 2015 wird das KRA dringend anstehende Reparaturarbeiten an beiden Brücken
ausführen lassen, damit der Betrieb weiterhin gewährleistet werden kann.
3. Kreisel Rotholz Rupperswil
Im Zusammenhang mit der dringend notwendigen Belagssanierung (Belag über 40-jährig) an der K
244 Aarau Rohr–Rupperswil wurde mit den Gemeinden und der KAZ der Ausbaustandard der R510
und der R812 festgelegt. In Absprache mit dem Gemeinderat Rupperswil wurde ein entsprechendes
Projekt gestartet. Dieses beinhaltet eine Belagsverstärkung, beidseitige Radstreifen, im Innerort (ab
der Abzweigung Käterlistrasse bis Rotholzweg) südseitig der Kantonsstrasse einen Gehweg und
anstelle der versetzten Einmündungen Käterlistrasse und K 471 (Auensteinerstrasse) einen Kreisel.
Die K 471 mündet heute spitzwinklig in die K 244 (Aarauerstrasse) ein. Mit dem Verschieben der
Einmündung ostwärts auf die Höhe der Käterlistrasse und dem Erstellen eines Kreisels werden zwei
versetzt in die K 244 einmündende Strassen kreuzungsgleich zusammengeführt. Eine Unfallauswertung für die Knotenbereiche K 244/K 471 und K244/Käterlistrasse für die Jahre 2009–2014 ergab
insgesamt fünf Unfälle. Mit dem vorliegenden Projekt können folgende Punkte verbessert werden:
• Bessere Übersicht auf kleinerem Raum
• Reduktion der Geschwindigkeit im Einmündungsbereich der Querstrassen in die K 244
• Reduktion der Geschwindigkeit in Fahrtrichtung Rupperswil innerorts (Einfahrtsbremse)
• Erhöhung der Sicherheit für die Radfahrerbeziehungen und bessere Anbindung zum Innerortsrespektive Siedlungsgebiet
Die Einwohnergemeindeversammlung Rupperswil stimmte am 23. November 2012 dem Kreiselprojekt zu und genehmigte den Gemeindeanteil von 1,05 Millionen Franken an den auf 3,17 Millionen
Franken veranschlagten Gesamtkosten. Das Projekt lag im Oktober/November 2013 öffentlich auf;
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zurzeit werden die zwei eingegangenen Einwendungen behandelt. Der Baubeginn ist für 2016 in
Koordination mit den nachfolgend beschriebenen Arbeiten an der K 471 vorgesehen.
4. Kantonsstrasse K 471 zwischen Aarebrücken und Kreisel Rotholz, Brücke Steinerkanal
Die Kantonsstrasse K 471 wurde 2011 für die Markierung eines Radstreifens verbreitert, die Brücke
über den Steinerkanal weist aber immer noch die alte Fahrbahnbreite von 5 m auf und bildet dadurch
eine Gefahr. Im Oktober 2009 hat die KRA als bisherige Eigentümerin eine Zustandsüberprüfung der
Brücke in Auftrag gegeben. Im entsprechenden Zustandsbericht wurde Instandsetzungsbedarf für
die Brücke ausgewiesen.
Statt viel Geld in eine reine Instandsetzung der Brücke über den Steinerkanal zu investieren und ein
gefährliches Engnis zu erhalten soll die Brücke der heutigen Strassenbreite angepasst werden. Die
Abteilung Tiefbau hat deshalb die Brücke in ihr Eigentum übernommen, und die KRA hat die Kosten,
welche für die Instandsetzung hätten aufgewendet werden sollen, als Abgeltung ausbezahlt.
Momentan steht das Projekt für den Brückenausbau kurz vor dem Abschluss. Die Projektauflage
findet voraussichtlich im Herbst 2014 statt, der Baubeginn ist für 2016 geplant. Gleichzeitig werden
die ausstehenden Deckbelagsarbeiten auf dem ganzen Streckenabschnitt ausgeführt.
5. Schlussfolgerung
Die einzelnen Projekte im Raum Aarau Rohr-Rupperswil-Auenstein sind auf ein schlüssiges Gesamtkonzept ausgerichtet, welches die Bedürfnisse sämtlicher Verkehrsteilnehmenden abdeckt.
Jedes einzelne Projekt führt zu einer Verbesserung der Situation bezüglich Sicherheit und Langsamverkehr, unabhängig von der Reihenfolge der Realisierung.
Der Regierungsrat erachtet es nicht als sinnvoll, realisierungsreife Projekte zurückzustellen, weil
benachbarte Projekte verzögert oder blockiert werden. Es wäre nicht Ziel führend, die Ausbau- und
Sanierungsplanungen der Kantonsstrasse zwischen Rupperswil und Rohr wie im Postulat gefordert
zu stoppen und eine Gesamtüberprüfung der geplanten Strassen- und kantonalen Radroutensanierung Rohr-Auenstein-Rupperswil vorzunehmen. Die ebenfalls geforderte Gesamtplanung der Radrouten von Rohr bis Rupperswil (Dorf) und Schwimmbad Auenstein/Rupperswil ist im Rahmen der
übergeordneten Planung für die kantonalen Radrouten bereits erfolgt.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'343.–.
Jürg Caflisch, SP, Baden: Die SP unterstützt das Postulat. Die Situation bei der einspurigen AareBrücke ist tatsächlich gefährlich, und es drängt sich eine rasche Lösung auf. Auch die Überprüfung
des Kreisels Rotholz drängt sich auf. Die Euphorie des früheren Baudirektors für solche Lösungen,
also die Lösung durch Kreisel, ist hinlänglich bekannt. Tatsächlich macht ein Kreisel oft Sinn, aber
eben nicht immer. In diesem Fall sind erhebliche Zweifel angebracht; daher macht eine nochmalige
sorgfältige Prüfung Sinn.
Grundsätzlich findet es die SP problematisch, wenn ein Regierungsrat unter dem Druck eines
drohenden Gerichtsverfahrens Versprechungen macht, die dann im weiteren Projektverfahren zur
Makulatur werden. In einem demokratischen Rechtsstaat ist das keine gute Politik.
Die SP unterstützt das Postulat.
Eugen Frunz, SVP, Obersiggenthal: Die SVP wird das Postulat ablehnen. Ich möchte hier nicht auf
die Polemik eingehen, die Sämi Richner mit einem früheren Regierungsrat in dieser Sache gehabt
hat. Es gab Auseinandersetzungen in Bezug auf die sachlichen Inhalte der Problemlösungen der
angeführten Teilstücke.
Zur Begründung: Meine Damen und Herren, inzwischen sind Fakten auf dem Tisch; und aufgrund
dieser ist eine Beurteilung vorzunehmen. Es gibt viele Aspekte, und ich gehe nicht einzeln auf diese
ein; Sie haben den Vorstoss gelesen. Die verlangte Ausarbeitung eines Gesamtkonzepts verursacht
grössere Probleme. Ein Stopp der Ausbau- und Sanierungsplanungen sowie eine Neubeurteilung
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der Gesamtsituation machen keinen Sinn. Es ist besser, die punktuellen Planungen weiterzuführen.
Ich bitte Sie wirklich, hier die Gesamtlösung zu betrachten, und die Problematiken, die hiermit
verbunden sind – vor allem mit dem Eigentum der Brücken – zu berücksichtigen. Wir finden das
Auseinanderbrechen und nochmalige Aufrollen des politischen Prozesses, welche kaum zu einer
besseren Lösung führen werden, sehr problematisch.
Sämi Richner, es tut mir leid, Ihnen heute kein Abschiedsgeschenk machen zu können. Aber ich
weiss auch, dass Sie dieses gar nicht akzeptieren würden, weil das politischer Filz wäre. Und ich
nehme an, dass Sie das auch heute ertragen können.
Sämi Richner, EVP, Auenstein: Warum geht es bei der Ergänzung der Aare-Brücke von Rupperswil
und Auenstein nicht vorwärts? Diese Ergänzung wurde eigentlich versprochen, auch als
Gegenleistung. Aufgrund dieses Versprechens haben wir keine Beschwerde eingereicht. Warum
geht es nicht vorwärts?
Es ist richtig, dass diese Brücke von Auenstein und Rupperswil dem Kraftwerk gehört. Doch der
Kanton könnte sie bald übernehmen. Wenn das Kraftwerk sie reparieren würde, könnte der Kanton
sie gratis übernehmen. Dann würde es vorwärts gehen. Aber der Kanton möchte noch ein bisschen
Geld vom Kraftwerk; deshalb geht es nicht vorwärts. Ich muss sagen, in Auenstein herrscht nur
Kopfschütteln, dass man im Rotholz für 3,1 Millionen Franken einen Kreisel bauen lässt, den
niemand für nötig hält. Dafür hat man Geld. Aber die Brücke vorzeitig übernehmen und so auf ein
paar Franken verzichten, das möchte man nicht. Das begreifen wir Auensteiner nicht. Es betrifft eben
vor allem Auenstein. Wenn die Kinder aus Rupperswil in die Badi möchten, sind aber auch sie
betroffen.
Ich bin überzeugt, wenn wir vor Gericht gegangen wären, hätte dies hohe Kosten verursacht, und der
Auenpark wäre noch nicht gebaut worden. Dies wäre sicher schade. Wenn man jedoch auf rechtliche
Schritte verzichtet, sollte man annehmen können, dass sich der Regierungsrat an seine Zusagen
hält, die er in einem Schreiben machte, welches in einer Mediation entstanden ist.
Ich weiss nicht, um wie viel Geld es bei der Brücke geht – vielleicht 100'000 Franken oder so. Aber
man könnte ja stattdessen auf den unnötigen Kreisel verzichten. Ich komme nochmals auf den
Kreisel zurück. An diesem Standort besteht kein Problem wegen zu hohen Verkehrsfrequenzen. Um
18.00 Uhr, wenn man in Hunzenschwil kaum über die Strasse gelangen kann, besteht an besagtem
Standort kein solches Problem. Dann müsste man ja überall Kreisel bauen. Das begreife ich nicht
ganz. Offensichtlich hat der Kanton zu viel Geld. In der Strassenkasse ist offensichtlich noch sehr
viel Geld vorhanden; deshalb kann man so etwas bauen.
Aber eigentlich ist es mir ein Anliegen, dass es endlich vorwärts geht mit dieser Brücke. Dies ist auch
das nahezu einstimmige Anliegen aus Auenstein. Deshalb plädiere ich für ein Ja.
Stephan Attiger, Regierungsrat, FDP: Ich habe Verständnis für Sämi Richner und den Vorstoss. Nur,
der Vorstoss zielt in die falsche Richtung. Ich habe Verständnis, dass man das Projekt bei der
Brücke beschleunigen will. Dafür habe ich wirklich Verständnis. Ich habe jedoch kein Verständnis
dafür, dass man jetzt die Sanierung der Kantonsstrasse mit dem neuen Projekt infrage stellt. Der
Kreisel führt dazu, dass wir eine Kreuzung weniger haben.
Ich möchte daran erinnern, dass die Gemeindeversammlung Rupperswil am 23. November 2012
dem Kreditanteil der Gemeinde von über 1,0 Million Franken zugestimmt hat. Eine
Gemeindeversammlung stimmt nicht einem Kredit von über 1,0 Million Franken zu, wenn es diesen
nicht braucht. Da bitte ich Sie wirklich, die demokratischen Prozesse zu respektieren. Die
Gemeindeversammlung hat den Kredit genehmigt. Demzufolge bitte ich darum, das Projekt jetzt
nicht wieder infrage zu stellen.
Für den Ausbau der Brücke habe ich Verständnis. Jetzt ist es aber so – und ich kann einfach die
heutige Situation beurteilen – dass der Konzessionär nicht bereit ist, eine Lösung für die Brücke zu
diskutieren, wenn nicht über die Gesamtkonzession verhandelt werden kann. Die Brücken gehören
heute dem Kraftwerk. Die Konzession läuft im Jahr 2018 aus. Wir sind jetzt am Verhandeln für die
neue Konzession. Selbstverständlich will der Konzessionär eine Verlängerung; er will natürlich ein
Pfand nicht frühzeitig hergeben.
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Wir haben die Projektierung aber gestartet; so verlieren wir keine Zeit. Sobald wir die Brücke ins
Eigentum übernehmen können, können wir das Projekt schnell realisieren. Die Projektierung ist
gestartet. Wir wollen vorwärts machen, aber die Brücke muss Eigentum des Kantons sein. Ich
persönlich habe mit dem Eigentümer verhandelt. Er will eine gesamtheitliche Lösung, was aus seiner
Sicht ja auch verständlich ist. Ich bin überzeugt, wenn wir die Verhandlungen jetzt nach der
Projektierung weiterführen, verlieren wir nicht allzu viel Zeit.
Aber ich gebe zu, das Versprechen, das damals gemacht wurde, wurde nicht eingehalten. Darum
habe ich Verständnis für den Vorstoss. Aber der Vorstoss beinhaltet auch Angelegenheiten, die wir
jetzt nicht mehr ändern können. Ich bitte Sie wirklich, zu respektieren, dass die Gemeinde jetzt
vorwärts machen will. Die Kantonsstrasse müssen wir jetzt sanieren; der Belag ist über 40-jährig. Wir
können das nicht aufschieben. Wir müssen die Strasse sanieren, wir müssen die Knoten sanieren.
Deshalb sage ich wirklich zu, dass wir bei der Brücke vorwärts machen. Ich bitte Sie aufgrund dieser
Überlegungen, das Postulat entweder zurückzuziehen oder abzulehnen. Leider kann ich Sämi
Richner auch kein Geschenk machen. Mir wäre ein Chanson fast lieber gewesen als dieses Postulat.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Der Regierungsrat empfiehlt Ablehnung des Postulats. Der
Postulant hält an der Überweisung fest.
Abstimmung
Das Postulat wird mit 72 gegen 32 Stimmen abgelehnt.
0647 Interpellation Sämi Richner, EVP, Auenstein, vom 3. Juni 2014 betreffend Entsorgung
des bei der Ausbaggerung des Klingnauer Stausees anfallenden gifthaltigen
Sedimentschlamms; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0489)
Mit Datum vom 27. August 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Vorbemerkungen
Der Grosse Rat fasste am 8. November 2011 seinen Beschluss für das Projekt zur Reaktivierung
des Seitenarms im Klingnauer Stausee. Dem Kredit von 2,44 Millionen Franken lag das damalige
Bauprojekt 2010 zugrunde. Dieses Projekt sah eine vollständige Wiedereinleitung der Sedimente in
den Rhein im Umfang von ca. 40'000 m3 vor. In der Zwischenzeit wurde das Projekt verbessert und
wird von vielen Beteiligten grundsätzlich positiv beurteilt. Das neue Bauprojekt 2014 lag vom 26. Mai
2014 bis zum 25. Juni 2014 öffentlich auf. Die im Rahmen der öffentlichen Auflage eingegangenen
Einwendungen und Rückmeldungen werden geprüft.
Zur Frage 1: "Bereits bei der Beratung der Kreditvorlage habe ich den Regierungsrat auf die
alternative Entsorgungsmöglichkeit durch mechanisch physikalische Trennung der Sedimente
hingewiesen. Das Material für den neuen unterirdischen Durchmesserbahnhof in Zürich wurde
flüssig an die Oberfläche befördert und anschliessend in einer Anlage getrennt. Nach der
Kreditsprechung hat sich noch ein zweites Ingenieurbüro bei mir gemeldet, welches eine saubere
Entsorgungstechnik im Angebot hat. Dieser zweite Anbieter wurde via Aarg. Fischereiverband dem
Kanton bekannt gemacht."
Zur Frage 1.1: "Hat der Kanton bei diesen alternativen Entsorgungsanbietern Offerten eingeholt?"
Der Bauauftrag zur Realisierung des Seitenarms im Klingnauer Stausee unterliegt dem Submissionsdekret und muss öffentlich ausgeschrieben werden. Die Entsorgung ist ein wichtiger Projektbestandteil. Aus vergaberechtlicher Sicht ist das Einholen von Offerten bei potenziellen Auftragnehmern vor der öffentlichen Ausschreibung zu unterlassen. Allerdings enthalten die mit der Submission
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des Bauprojekts 2010 eingereichten Offerten Entsorgungsvarianten im Sinne der Frage des Antragstellers.
Zur Frage 1.2: "Wenn ja, wie hoch wären die Kosten?"
Eine gesamthafte Entsorgung der anfallenden Sedimentmenge von insgesamt 28'000 m3 wurde als
Option geprüft und mit der Begleitkommission diskutiert. Die Projektkosten würden sich in diesem
Fall auf etwa 3,7 Millionen Franken belaufen.
Zur Frage 1.3:"Wenn nein, ist der Kanton bereit dieses Versäumnis nachzuholen?"
-/-
Zur Frage 2: "In jüngster Zeit haben Forschungsanstalten auf einen eigentlichen Giftcocktail in
unseren Gewässern aufmerksam gemacht. Dafür seien viele verschiedene Stoffe in kleinen Mengen
verantwortlich, von der Antibabypille bis zu den Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft. Deshalb
soll in den Kläranlagen eine zusätzliche Reinigungsstufe eingebaut werden. Aber auch die neuen
Gewässerraumvorschriften lassen grüssen. Das obwohl die Vorschriften betreffend Einnahme der
Pillen immer eingehalten, jeder Landwirt der Pflanzenschutzmittel einsetzt eine Spezialprüfung bestanden haben muss. Aber auch sein Ausbringgerät, die Spritze, muss regelmässig die Prüfung
bestehen."
Zur Frage 2.1: "Ich erwarte vom Regierungsrat eine wissenschaftlich fundierte Antwort, weshalb die
leicht unter dem Grenzwert mit Schwermetallen, PAK (polyzyklische aromatische
Kohlenwasserstoffe) und PCB (po-lychlorierte Biphenyle) belasteten 20'000 Kubikmeter nicht zu
diesem Giftcocktail beitragen sollen (PCBs sind hochgiftig, krebsfördernd und akkumulieren sich in
der Nahrungskette)?"
Die chemische wie auch die ökomorphologische Qualität der Aargauischen Gewässer ist dem Regierungsrat wichtig. Aus diesem Grund wurde im Klingnauer Stausee eine detaillierte Beprobung der
angelandeten Sedimente im geplanten Seitenarm durchgeführt, um ein umfassendes Bild der in den
Sedimenten enthaltenen Stoffe zu erhalten. In Abstimmung mit dem Bundesamt für Umwelt werden
für die zur Wiedereinleitung vorgesehenen Sedimente die Empfehlungen der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) vorsorglich berücksichtigt. Die IKSR sieht für die chemische
Belastung der Sedimente eine Klassifizierung mit fünf Belastungsstufen (blau, grün, gelb, orange,
rot) vor. Nur bei Sedimenten mit oranger und roter Einstufung liegt eine relevante Belastung vor.
Die Mittelwerte der Ergebnisse der Sedimentuntersuchungen innerhalb des projektierten Seitenarms
liegen allesamt unterhalb der Grenze für eine relevante Belastung. Konkret: Die Werte der Schwermetalle und PAK liegen im blauen Bereich. Die Belastung mit PCB liegt im gelben Bereich und somit
ebenfalls unterhalb der Grenze für eine relevante Belastung. Die Betrachtung der Einzelproben zeigt
jedoch, dass knapp ein Drittel der Proben eine relevante Belastung mit PCB aufweisen. Die relevanten Belastungen sind räumlich konzentriert und vorrangig in drei Bereichen anzutreffen. Diese Bereiche werden ausgebaggert und in Deponien entsorgt. Dadurch wird die chemische Belastung der
wieder einzuleitenden Sedimente stark reduziert und dem Vorsorgeprinzip wird mit entsprechenden
Mehrkosten zusätzlich Rechnung getragen.
Zur Frage 3: "Jahr für Jahr nimmt der Kanton Aargau über 40 Millionen Franken (2013 44,7) an
Wasserzinsen ein. Ich bin daher der Meinung, dass es mehr als gerechtfertigt ist giftige Sedimente
anständig zu entsorgen, auch wenn es etwas mehr kostet.
Weshalb teilt der Regierungsrat die Meinung des Interpellanten nicht?"
4. November 2014
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Der Regierungsrat teilt die Auffassung des Interpellanten, dass giftige Sedimente anständig zu entsorgen sind und setzt dies im vorliegenden Fall entsprechend den geltenden gesetzlichen Bestimmungen um (vgl. Antwort 2.1).
Zur Frage 4: "Der Fischerverein Turgi-Siggenthal besitzt einen Fischteich. Ein Bach fliesst hinein und
dieser bringt nicht nur Wasser sondern auch Geschiebe und Feinmaterial mit. Jahrelang wurden
Forellen gezüchtet und der Öffentlichkeit zum Verkauf angeboten. Die Sedimente wurden durch
"Weiherspülungen" alle paare Jahre dem Unterlauf übergeben. Bis der Kanton verlangte, dass wenn
der Verein Fische im Teich grossziehe (sozusagen "mäste") und verkaufe, die Sedimente von einer
Spezialfirma abgesaugt und als Sondermüll entsorgt werden müsse. Verständlicherweise verzichtet
der Verein seither auf die Fischzucht und den Fischverkauf aus ihrem Teich. Es kann angenommen
werden, dass die jungen Sedimente im Teich im Vergleich zu jenen im Klingnauer Stausee praktisch
unbelastet waren und trotzdem wurden vom Kanton drastische Massnahmen verhängt."
Zur Frage 4.1: "Wie begründet der Regierungsrat diese Anordnung im Lichte der Ausbaggerung des
Klingnauer Stausees?"
Grundsätzlich sind die Sedimente in einer Fischzucht organischer Natur. Durch die Fütterung gelangen grössere Mengen Nährstoffe in den Teich. Die Sedimente enthalten in der Folge grosse Mengen
Nährstoffe (Ausscheidungen der Fische und deren Abbauprodukte). Solche Stoffe führen zu einer
Überdüngung, Sauerstoffzehrung und Veränderung des pH-Werts. Dies stellt nun die relevante Belastung aus Sicht des Gewässerschutzes dar, weshalb die Ableitung der Sedimente in ein öffentliches Gewässer nicht bewilligungsfähig ist. Es hat schon Fälle von Fischsterben (wegen Sauerstoffmangel im Gewässer) durch die Ableitung solcher Sedimente gegeben. Diese Belastung kann nicht
mit der stofflichen Belastung in den Sedimenten im Klingnauer Stausee verglichen werden.
Zur Frage 4.2: "Wird da nicht mit verschiedenen Ellen gemessen? Sieht der Kanton den Splitter im
Auge des Kleinen, aber seinen Balken im Auge nicht?"
Der Fischereiverein verzichtete nicht wegen den kantonalen Auflagen auf den Betrieb der Fischzucht
mit kommerzieller Nutzung sondern wegen der Gebührenerhöhung aus dem Jahr 2002. Die
jährlichen Nutzungsgebühren für einen Weiher von 500 m2 betragen bei einer kommerziellen
Nutzung Fr. 600.– pro Jahr, bei einem Fischweiher ohne kommerzielle Nutzung hingegen lediglich
Fr. 200.– pro Jahr.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'166.–.
Sämi Richner, EVP, Auenstein: Ich beginne mit der vierten Frage; diese ist ein wenig einfacher. Der
Fischerverein Turgi-Siggenthal hatte einen Fischteich. Einen Teich hat er immer noch, aber Fische
hat es darin keine mehr. Der Fischerverein hatte eine extensive Fischzucht. Periodisch machte er
Spülungen; es gab jedoch nie Probleme. Der Kanton verfügte dennoch, dass die Sedimente durch
eine Spezialfirma entsorgt werden müssten. Diese Kosten wären ins Unermessliche gestiegen.
Wenn man jemanden von Möriken mit seiner Entsorgungsfirma hätte kommen lassen müssen, gäbe
das teure Forellen. Diese wären fast unbezahlbar geworden. In der Antwort steht, die Forellen wären
aufgrund der Erhöhung der Nutzungsgebühr von 200 Franken auf 600 Franken, welche im Jahr 2002
stattgefunden hat, zu teuer geworden. Diese Antwort ist falsch. Diese 400 Franken hätte der
Fischerverein mit dem Fischverkauf problemlos aufbringen können. So komme ich bereits zum
Schluss. Der Kanton sieht Splitter, aber den Balken in seinen Augen nicht.
Ich komme nun zur Hauptfrage meiner Interpellation: Warum tragen PCB (Polychlorierte Biphenyle)
im Sedimentmaterial vom Klingnauer Stausee, das in den Rhein gelangt, zum Cocktail bei,
diejenigen vom Kanton aber nicht? Diese Frage wurde nicht beantwortet. Stattdessen wurde eine
frühere Antwort einfach hinein kopiert.
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Bei meinen Recherchen bin ich jedoch auf ein relevantes Dokument gestossen: Das Stockholmer
Abkommen aus dem Jahre 2004, welches die Schweiz ratifiziert hat. Dieses ist eine internationale
Vereinbarung über das sogenannte "dreckige Dutzend", in der Fachsprache "persistent organic
pollutants (pop)". Das Stockholmer Abkommen besagt, dass man diese auf keinen Fall in die Umwelt
gelangen lassen sollte, und zwar in keinerlei Konzentration – so habe ich es zumindest verstanden.
Die Entsorgung nach Aargauer Art, den Dreck in den Rhein zu pumpen, auch in geringer
Konzentration, verstösst meines Erachtens gegen das Stockholmer Abkommen, das höher zu werten
ist
als
die
Empfehlung der internationalen Kommission zum Schutz des Rheins. Ich befürchte, die Gerichte
werden entscheiden, wie die Sedimente zu entsorgen sind – falls man überhaupt baggern will. Das
ist eine andere Frage. Aber ich meine, es wäre gescheiter, das Geld für die teurere und sauberere
Variante einzusetzen und die Entsorgung sauber durchzuführen, als es den Anwälten zu geben. Es
kostet zwar ein wenig mehr. Aber wenn man weiss, welchen Betrag der Kanton Aargau jährlich an
Wasserzinsen einnimmt – 40 bis 45 Millionen Franken – sollte man sich eine saubere Entsorgung
leisten können. Mit der Antwort bin ich nicht zufrieden.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Der Interpellant erklärt sich mit der Antwort nicht zufrieden. Das
Geschäft ist erledigt.
0648 Auftrag der Fraktion der Grünen vom 25. März 2014 betreffend Erneuerung
Gründungsvertrag der Nordostschweizerischen Kraftwerke AG (NOK); Ablehnung
(vgl. Art. 0397)
Mit Datum vom 25. Juni 2014 beantragt der Regierungsrat, den Auftrag mit folgender Begründung
abzulehnen:
Die Axpo Holding AG ist der gemeinsame Stromproduzent der Nordostschweizer Kantone und
befindet sich zu 100 % im Eigentum der öffentlichen Hand. Der Kanton Aargau ist an dem
Unternehmen mit 14 % direkt beteiligt. Weitere 14 % werden von der AEW Energie AG gehalten. Die
AEW Energie AG gehört zu 100 % dem Kanton Aargau. Das Aktienkapital von 370 Millionen Franken
setzt sich wie folgt zusammen:
Kanton Zürich
Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ)
Kanton Aargau
AEW Energie AG
18,342 %
18,410 %
13,975 %
14,026 %
St. Gallisch-Appenzellische Kraftwerke (SAK)
12,501 %
Elektrizitätswerk Kanton Thurgau (EKT)
Kanton Schaffhausen
Kanton Glarus
Kanton Zug
12,251 %
7,875 %
1,747 %
0,873 %
Wie für sämtliche Beteiligungen des Kantons hat der Regierungsrat auch für die Axpo Holding AG
und die AEW Energie AG jeweils eine Eigentümerstrategie verfasst.2 Die Eigentümerstrategien
wurden am 12. September 2008 dem Grossen Rat als Planungsbericht zugestellt und am 29.
Oktober 2008 infolge der Finanzmarktkrise zur Neubeurteilung zurückgezogen. Die
Rahmenbedingungen im Energiesektor haben sich zwischenzeitlich weiter grundlegend verändert
und sind in elementaren Bereichen noch nicht klar festgelegt (zum Beispiel
Strommarktliberalisierung, Energieabkommen EU, Energiestrategie 2050 etc.).
Wie bei jeder Aktiengesellschaft, liegt es in der Verantwortung des Verwaltungsrats, auf Basis der
gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Unternehmensstrategie an die
veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Als Grundlage dazu sollen die Eigentümerstrategien
2
https://www.ag.ch/de/dfr/finanzen/beteiligungen/eigentuemerstrategien/eigentuemerstrategien_1.jsp
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Art.-Nr. 0647
1726
des Kantons Aargau für die Axpo Holding AG (Direktbeteiligung) und die AEW Energie AG (IndirektBeteiligung) dienen. Die Eigentümerstrategie soll festlegen, welche Ziele und Stossrichtungen der
Kanton im Rahmen seiner Beteiligung in den Verwaltungsrat einbringen soll. Aufgrund der
Eigentümerverhältnisse (28 %-Anteil) ist der Kanton Aargau auf die Zusammenarbeit mit weiteren
Eigentümern angewiesen.
Der Regierungsrat verfolgt die Absicht, die Eigentümerstrategie in den nächsten Monaten zu
überarbeiten und dabei auch die anderen Eigentümerkantone einzubeziehen. Sollte es sich dabei
zeigen,
dass eine Vertragsanpassung des NOK-Gründungsvertrags sinnvoll und notwendig ist, würden die
notwendigen Schritte unter Einbezug der übrigen Aktionäre eingeleitet.
Der Auftrag fordert, dass der Regierungsrat dem Grossen Rat innert drei Jahren einen neuen
Konkordatsvertrag vorzulegen hat. Mit dem neuen Vertrag müssen alle Partner (9 Kantone)
einverstanden sein. Die Verhandlungen sind anspruchsvoll und aufwendig. Entsprechende Erfahrung
wurden mit dem vergleichbaren Projekt Hexagon3 gemacht. Es ist unrealistisch, dass die geforderte
Frist von 3 Jahren eingehalten werden kann. Der Regierungsrat lehnt deshalb den Auftrag ab.
Zu den Begründungen und Zielen für einen erneuerten NOK-Gründungsvertrag nimmt der
Regierungsrat im Einzelnen wie folgt Stellung:
Die Axpo hat sich auf die neue Situation eingestellt. Sie ist im teilgeöffneten Markt bereits
positioniert. Ihre Tochterunternehmen im Ausland unterstehen europäischem Recht.
Als Miteigentümer beurteilt der Kanton Aargau die Risiken im Rahmen der Eigentümerstrategie. Das
Risikomanagement der Axpo analysiert das unternehmerische Gesamtrisiko innerhalb der Vorgaben
des Verwaltungsrats. Der Kanton Aargau ist über seine Vertreter im Verwaltungsrat der Axpo
Holding umfassend über die aktuelle Risikosituation des Konzerns informiert.
Der NOK-Gründungsvertrag aus dem Jahr 1914 ist zwischenzeitlich in einigen Bereichen nicht mehr
aktuell. Für die Versorgungssicherheit haben wesentliche Elemente aber nach wie vor ihre Gültigkeit
(zum Beispiel Liefer- und Abnahmeverpflichtungen, Verbot Aktienverkauf an Dritte etc.). Die überholten Paragrafen verursachen in der Praxis keine Einschränkungen. Der NOK-Gründungsvertrag
stellt die Basis der Zusammenarbeit zwischen den Eigentümern dar. Es ist sinnvoll, zuerst in einer
Eigentümerstrategie die Ziele und Stossrichtungen festzulegen. Erfahrungen bei dem Projekt
Hexagon haben gezeigt, wie wichtig ein gemeinsames Vorgehen ist.
Das wirtschaftliche und regulatorische Umfeld stellen die Axpo und die Kantonswerke vor grosse
Herausforderungen. Dies betrifft insbesondere die Vertriebsstrukturen, wo mögliche Synergien zu
nutzen sind. Entsprechenden Abklärungen werden gegenwärtig durchgeführt.
Zu den im Energiegesetz formulierten Zielen leistet die Axpo bereits heute wesentliche Beiträge. So
steht eine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Stromversorgung auch bei der Axpo an
erster Stelle. Die Axpo ist die grösste Produzentin erneuerbarer Energie in der Schweiz, besitzt im
Aargau vier Wasserkraftwerke und ist an weiteren sieben beteiligt. Mit dem Bau des
Pumpspeicherwerks "Linthal 2015" mit einer elektrischen Leistung von 1'000 MW leistet die Axpo
einen wichtigen Beitrag zur Vorhaltung von Leistung für eine sichere Stromversorgung.
Die Botschaft zum ersten Massnahmenpaket zur Energiestrategie 2050 wurde dem
Bundesparlament zur Beratung unterbreitet. Das Ergebnis der Beratung liegt noch nicht vor.
Aussagen im Zusammenhang mit der Axpo wären zum heutigen Zeitpunkt verfrüht.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'517.–.
Gertrud Häseli, Grüne, Wittnau: Wir sind Mitbesitzer der Axpo, unserem Energieversorger. In
Zusammenarbeit mit neun Kantonen wird elektrische Energie produziert und damit gehandelt. Die
3
Projekt "Hexagon" verfolgte 1999–2003 den Zusammenschluss der an der Axpo beteiligten Kantonswerke mit der NOK unter dem Dach der
Axpo Holding. Nachdem das Zürcher Stimmvolk in einer Volksabstimmung vom 10. Juni 2001 die Umwandlung seines Elektrizitätswerks in eine
Aktiengesellschaft abgelehnt hatte, wurde das Projekt aufgegeben.
4. November 2014
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Grundlage der Zusammenarbeit ist im 100-jährigen NOK-Vertrag (Nordostschweizerische Kraftwerke
AG) geregelt. Die Regierung betont, der Vertrag sei nicht hinderlich für die Zusammenarbeit. Ist er
aber förderlich? Wir stellen fest: Nein. Produktion und Handel haben sich in den letzten 100 Jahren
sehr verändert und müssen sich in den nächsten 30 Jahren noch stark verändern. Leider will sich
niemand bewegen. Die Energiepreise sind im Keller, die Stromproduktion mit Wasserkraft lohnt sich
nicht mehr. Billigstrom aus Braunkohle und aus den AKWs (Atomkraftwerken) überschwemmt
unseren Markt. Unserer Meinung nach muss die Nachfolgerin der NOK, die Axpo, es sofort an die
Hand nehmen, sich neue Regeln zu geben. Stromproduktion in der Schweiz muss sich wieder
lohnen. Auch ausländische CO2-Bilanzen müssen uns interessieren, und im Preis für Atomstrom
müssen
alle
Kosten enthalten sein. Wir dürfen nicht Energie auf Kosten unserer Kinder nutzen. Die Neufassung
dieses Regelwerks muss ein Schritt in die richtige Richtung sein. Die Axpo braucht ein neues
Geschäftsmodell. Wir bitten Sie, unserem Auftrag zuzustimmen.
Rolf Ryser, SVP, Würenlingen: Einmal mehr müssen wir hier leeres Stroh dreschen, statt unsere
wertvolle Zeit sinnvollen Aufgaben zuwenden zu können. Die wahren Hintergründe zu diesem
Auftrag dürften wohl allen hier im Saal bekannt sein.
Selbstverständlich sind wir von der SVP gegenüber Neuerungen mehr als offen. Aber was macht es
für einen Sinn, einen Gründungsvertrag aus dem Jahr 1914 neu zu fassen, der noch nie, noch gar
nie, Anlass zu Problemen gegeben hat? Oder muss ich sagen, zu verschlimmbessern? Es geht doch
den Grünen nicht in erster Linie um formale Anpassung, sondern um eine Behinderung der mehr
oder weniger freien Marktwirtschaft. Die gut funktionierende Unternehmensstrategie der heutigen
Axpo an veränderte Rahmenbedingungen, sprich erneuerbare Energien, anzupassen, liegt einzig
und allein in der Verantwortung des Verwaltungsrats. Und dieser ist von den sieben
Gründungskantonen gewählt und macht seine Sache ausgezeichnet. Und wir wollen nun, wenn es
nach dem Willen der Grünen geht, mit dem Einbezug der Politik eine ausgezeichnet funktionierende
Führungsstruktur behindern. Das kann doch nicht sein. Das wollen und dürfen wir nicht.
Nur nebenbei gesagt: Die Axpo ist die grösste Produzentin erneuerbarer Energien in der Schweiz.
Sie besitzt alleine im Aargau vier Wasserkraftwerke und ist an sieben weiteren beteiligt. Zudem
leistet die Axpo mit dem Bau des Pumpspeicherwerks Linthal 2015, mit einer elektrischen Leistung
von 1000 Megawatt, einen überaus wichtigen Anteil zur Speicherung von Leistung für eine sichere
Stromversorgung. Wir sehen zum heutigen Zeitpunkt absolut keinen Grund, auf den Auftrag der
Grünen einzutreten und lehnen diesen vollumfänglich ab.
Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg: Ich mache es kurz: Die Grünliberalen sehen den
Handlungsbedarf nach diesen vielen Jahren, die da vergangen sind; die Formulierungen sind wirklich
etwas lustig.
Hingegen können wir dem Auftrag nicht zustimmen, so wie er formuliert ist, mit der Klausel "innert
dreier Jahre". Wir schlagen den Auftragsverfassern, den Grünen, vor, diese drei Wörter zu streichen.
Das kann man ja beim Auftrag im Laufe der Debatte. Dann könnten wir dem Auftrag zustimmen,
ansonsten müssen wir ihn ablehnen; wir erachten das schlichtweg als nicht möglich.
Martin Christen, SP, Spreitenbach: Die SP-Fraktion unterstützt einstimmig den Auftrag der Grünen,
den NOK-Vertrag anzupassen, den Regierungsrat zu verpflichten, Verhandlungen aufzunehmen und
innert dreier Jahre, oder auch vier oder fünf, einen neuen Konkordatsvertrag vorzulegen. Den
regierungsrätlichen Argumenten, warum der Auftrag abzulehnen sei, können wir nur teilweise
respektive kaum respektive nicht folgen. Offenbar lehnt er diesen Vorstoss einzig und allein aufgrund
Punkt 3 ab, der ihm eine 3-jährige Frist für einen erneuerten Konkordatsvertrag setzt; den übrigen
Punkten stimmt er ja eigentlich zu. Er unterstützt diese ja, indem er zum Beispiel auf Seite 2 schreibt,
dass er sowieso die Absicht habe, unter Einbezug der anderen Eigentümerkantone die
Eigentümerstrategie zu überarbeiten und dabei auch eine Vertragsanpassung des NOKGründungsvertrags zu überprüfen.
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Die gegenwärtigen Abschreibungen in Milliardenhöhe, die zahlreichen Entlassungen und die zu
erwartenden Verluste zeigen in aller Deutlichkeit, dass es die Axpo in der Vergangenheit verpasst
hat, das Stromgeschäft mittel- und langfristig den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen
und zukunftsgerichtet und auf erneuerbare Energien setzend ins 21. Jahrhundert zu führen. Bitte
unterstützen auch Sie diesen Auftrag der Fraktion der Grünen.
Dr. Martina Sigg, FDP, Schinznach: In einem Punkt müssen wir der Grünen Partei Recht geben: Sie
verlangt, dass der Gründungsvertrag der Nordostschweizerischen Kraftwerke AG aus dem Jahr 1914
nach 100 Jahren zu erneuern sei und den heutigen Gegebenheiten angepasst werden muss.
Heute agiert das Unternehmen der Nordostschweizer Kantone ohne politisch definierten Auftrag. Die
im Vertrag aus dem Jahr 1914 vorgesehene Verpflichtung zur günstigen Abgabe von Strom an die
Kantonswerke wird durch die vollständige Marktliberalisierung ohnehin aufgehoben. Vonseiten der
Axpo wird erklärt, dass zwischen ihr, Kantonen und Kantonswerken ein Konsens bestehe, wonach
der NOK-Vertrag gar nicht mehr im Wortlaut umgesetzt werden könne, sondern die Grundzüge
sinngemäss den neuen Erfordernissen angepasst würden. Vorstösse der FDP, der letzte im Jahr
2009, eine neue Eigentümerstrategie auszuarbeiten, sind leider im Sand verlaufen.
Es besteht Handlungsbedarf. Die Rahmenbedingungen im Energiesektor haben sich
zwischenzeitlich grundlegend verändert und sind in elementaren Bereichen noch nicht klar
festgelegt. Die Festlegung der Unternehmensstrategie ist Aufgabe des Verwaltungsrats der Axpo,
wie bei jeder Aktiengesellschaft. Als Grundlage dienen dazu unter anderem die Eigentümerstrategien
des Kantons Aargau für die Axpo Holding und die AEW Energie AG. Aufgrund der
Eigentümerverhältnisse ist der Kanton Aargau auf die Zusammenarbeit mit den anderen
Eigentümern angewiesen. Eine neue Eigentümerstrategie muss wohl überlegt und frei von
ideologischen Vorstellungen sein. Sonst wird der Stromkonzern handlungsunfähig.
Zudem wäre der Regierungsrat angesichts der fortschreitenden Marktliberalisierung schlecht
beraten, ein neues Konkordat auszuarbeiten, so wie es der Auftrag fordert. Der Regierungsrat
verfolgt laut Antwort zum Auftrag die Absicht, die Eigentümerstrategie in den nächsten Monaten zu
überarbeiten und dabei auch die anderen Eigentümerkantone einzubeziehen. Als Basis dient dabei
die Energiestrategie 2050 des Bundes. Wir warten das Ergebnis dieser Verhandlungen ab und
lehnen zusammen mit dem Regierungsrat den Auftrag der Grünen ab.
Esther Gebhard-Schöni, EVP, Möriken-Wildegg: Namens der EVP kann ich es kurz machen: Wir
glauben auch, dass es Anpassungen brauchen wird. Aber die Energiepolitik ist in Bewegung. Es ist
wichtig, sich in einer solchen Phase den Handlungsspielraum zu bewahren. Für die Erneuerung des
Vertrags ist aus unserer Sicht jetzt nicht der richtige Zeitpunkt; deshalb lehnt die EVP den Auftrag ab.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Sprecherin der Fraktion der Grünen, Gertrud Häseli, hat mir
mitgeteilt, dass sie im Namen der Auftragsteller Ziffer 3 des Auftrags abgeändert haben möchte.
Der Passus "innert dreier Jahre" soll gestrichen werden. Ziffer 3 lautet neu "Der Regierungsrat hat
dem Grossen Rat einen erneuerten Konkordatsvertrag vorzulegen." Diese Änderung ist gemäss § 41
Abs. 4 des Geschäftsverkehrsgesetzes möglich. Ich bitte den Baudirektor um eine Stellungnahme.
Stephan Attiger, Regierungsrat, FDP: Ich fange beim Antrag an. Die Streichung der Klausel "innert
dreier Jahre" ist eine Linderung, aber keine Heilung des Auftrags. Grundsätzlich würde ich den
Antrag auch mit der Streichung "innert dreier Jahre" ablehnen. Warum? Ich glaube tatsächlich auch,
dass der Gründungsvertrag nicht noch einmal 100 Jahre hält. Aber jetzt einen neuen
Gründungsvertrag auszuarbeiten – es wurde gesagt – ist sicherlich kein idealer Zeitpunkt, und ich
bin überzeugt, dass wir zuerst eine Eigentümerstrategie ausarbeiten müssten.
Sie können nicht sagen, dass nichts unternommen wurde. Sie sehen das auch in den Unterlagen;
man hat das Projekt Hexagon diskutiert. Da sehen Sie auch die Schwierigkeit, mit den
verschiedenen Kantonen und Organisationen eine Einigung herbeizuführen. Hexagon ist gestorben.
Wir müssen neue Ansätze finden, wie der Konzern zusammen mit den Kantonswerken in die Zukunft
geht; und dies während der Strommarktliberalisierung, in der wir mittendrin stecken.
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Die Axpo ist ja die Tochter der Kantonswerke, und nicht umgekehrt. Deshalb müssen wir über die
Eigentümerstrategien der Kantonswerke die Eigentümerstrategie der Axpo finden; und dann, wenn
wir das Konstrukt haben, allenfalls den Gründungsvertrag anpassen. Wir können froh sein, dass wir
noch den Gründungsvertrag haben. Mit diesem wird wesentlich geregelt, wie die Zusammenarbeit
funktionieren soll. Es ist so, die Formulierungen und Sprachmodi stimmen heute nicht mehr, aber
inhaltlich sind wir gar nicht so weit weg vom Gründungsvertrag. Ich bitte Sie wirklich, alle drei
Anträge abzulehnen.
Zum Vorwurf, dass sich die Axpo nicht den neuen Herausforderungen stellt: Das muss ich
zurückweisen. Die Axpo hätte es wie andere öffentliche Stromproduzenten machen können – Sie
konnten es heute in der Zeitung lesen. Es gibt Konzerne, die haben ihre Geschäftserfolge damit
verstärkt, dass sie Beteiligungen an Kohlekraftwerken gekauft haben. Das war bis jetzt nicht die
Strategie
der
Axpo. Die Axpo steht insbesondere zur Wasserkraft und macht Investitionen in die Wasser- und die
Windkraft. Ich bitte Sie, das zu respektieren. Die Situation ist schwierig, aber die Axpo hat sich
besser verhalten als der Durchschnitt der Branche, auch wenn im Moment gerade in der Wasserkraft
Abschreibungen anstehen.
Ich bitte Sie, die Anträge abzulehnen, auch wenn "innert dreier Jahre" gestrichen wird.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Wir stimmen somit über den geänderten Wortlaut des Auftrags
ab. Sind Sie damit einverstanden? Dies scheint der Fall zu sein.
Abstimmung
Geänderte Fassung des Auftrags
Die Überweisung des geänderten Auftrags wird mit 84 gegen 32 Stimmen abgelehnt.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Nach Rücksprache mit Daniel Hölzle wird seine Motion aufgrund
der fortgeschrittenen Zeit auf die nächste Sitzung verschoben. Sie sind damit einverstanden. Somit
fahren wir mit Traktandum 26 weiter.
0649 Interpellation Martin Christen, SP, Spreitenbach, vom 25. März 2014 betreffend Altlasten
der AKWs Beznau 1 und 2 auf dem Grund des Atlantik; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0402)
Mit Datum vom 4. Juni 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Zur Frage 1: "Wie viele Fässer atomarer Abfälle (Gesamtgewicht?) wurden insgesamt von den
AKWs Beznau 1 und 2 wann und wo im Atlantik versenkt?"
Für die Schweiz hat in den Jahren 1969–1983 das Eidgenössische Institut für Reaktorforschung
(EIR, heute Paul Scherrer Institut) an der Verklappung teilgenommen. Seit 1972 wurden auch Abfälle
aus dem Kontrollbereich des Bundesamts für Gesundheit (Forschung, Industrie, Medizin) und aus
den Kernkraftwerken (KKW) übernommen. Insgesamt wurden 7'420 Fässern mit einem
Gesamtgewicht von 5'341 t versenkt. Über 99,9 % des Gewichts entfallen auf die Beton- und
Stahlverpackung. Von den 5'341 t stammten rund 2'153 t (40,3 %) aus KKW. Wie gross der Anteil
KKW Beznau 1 und 2 daran war, erschliesst sich aufgrund der uns zugänglichen Informationen nicht.
Die Schweiz hat sich an internationalen Versenkungsaktionen beteiligt. Diese fanden an drei
Standorten im Atlantik statt. Die versenkten schwach- und mittelaktiven Abfälle lagern auf einer
durchschnittlichen Tiefe von 400 m. Die Standorte sind mindestens 700 km von den Küsten entfernt.
4. November 2014
Art.-Nr. 0648
1730
Zur Frage 2: "Wie setzte sich dieses radioaktive Material zusammen? Trifft es zu, dass
ausschliesslich schwach- und mittelradioaktive Abfälle auf diese Weise "entsorgt" wurden? Kann
ausgeschlossen werden, dass teilweise auch hochradioaktives Material dabei war? Kann ebenfalls
ausgeschlossen werden, dass die Betreiber von Beznau 1 und 2 radioaktive Abfälle in anderen
Meeren, z. B. im Mittelmeer, verklappen liessen?"
Es wurden ausschliesslich schwach- und mittelaktive Abfälle, also keine hochaktiven Abfälle,
versenkt. 85 % der versenkten Aktivitäten entfallen auf das Tritium. Es handelte sich hier vorwiegend
um Abfälle aus der Herstellung von Leuchtfarben und Ionisationsmeldern für die Medizin, Industrie
und Forschung. Tritium wird unter anderem zur Markierung bestimmter Substanzen verwendet. Uns
ist nur die Verklappung im Nordatlantik bekannt.
Zur Frage 3: "Ist bekannt, in welchem Zustand sich die vor Jahrzehnten im Meer versenkten Fässer
heute befinden? Welche Gefahren können für welche Zeiträume von ihnen ausgehen?"
Es war nie die Absicht, die Radioaktivität in den Fässern dauernd zurückzuhalten. Durch den Zerfall
der kurzlebigen radioaktiven Stoffe (die geringe Radioaktivität der versenkten Abfälle baut sich innert
weniger Jahrzehnte auf ein unbedenkliches Niveau ab) wurde die im Meer lagernde Menge an radioaktiven Stoffen deutlich verringert. Dies war Teil des damaligen Entsorgungskonzepts. Für die
Meeresversenkung radioaktiver Abfälle sind von der Nuklear-Energie-Agentur (NEA) der
Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) und von der Internationalen
Atomenergie-Organisation (IAEO) detaillierte Vorschriften und Richtlinien herausgegeben worden,
welche den Abfallproduzenten vorgeschrieben haben, wie die radioaktiven Abfälle zu verfestigen und
zu verpacken sind. Bei den damals im EIR und in den Kernkraftwerken gebräuchlichen
Verfestigungs- und Verpackungsverfahren mussten diese Vorschriften umgesetzt werden. Während
mehreren Jahren wurde ein internationales Überwachungsprogramm mit Schweizer Beteiligung
durchgeführt. Dieses zeigte, dass die Versenkungen zu keinen unzulässigen Strahlenbelastungen
geführt haben. Das "Coordinated Research and Environmental Surveillance Programme relevant to
sea disposal of radioactive waste (CRESP)" der OECD ist 1981 zustande gekommen. Seit der
Gründung hat sich die Schweiz mittels des "Programme de recherche océanique suisse pour
l’élimination des déchets radioactifs (PROSPER)" aktiv am CRESP beteiligt. Aus dem Schlussbericht
des CRESP ist zu entnehmen, dass die Versenkungsaktionen zu schwachen individuellen und
kollektiven Strahlenexpositionen geführt haben. Diese Bewertung gilt auch für die Belastung der
Meeresfauna. Eine Fortsetzung des Überwachungsprogramms hat die NEA aus diesem Grund und
wegen des beschlossenen Verbots von weiteren Versenkungsaktionen aufgegeben.
Zur Frage 4: "Wann wurde in unserem Kanton auf Regierungsebene erstmals von dieser Art des
"Verschwindenlassens" atomaren Mülls Kenntnis genommen? Unterstützten die damaligen
Regierungsräte diese billigste Form der "Endlagerung?"
Im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Atomgesetzes von 1960 (heute Kernenergiegesetz)
wurde die Abfallfrage diskutiert. Eine IAEO-Expertengruppe kam im gleichen Jahr zum Schluss, dass
schwach und mittelstark aktive Abfälle gefahrlos im Meer versenkt werden können, sofern gewisse
Bedingungen eingehalten werden (Verdünnungsprinzip). Dem Regierungsrat war diese Art der
Entsorgung bekannt. Aus heutiger Sicht wäre eine Verklappung von radioaktiven Abfällen nicht mehr
gerechtfertigt.
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Zur Frage 5: "Wie hoch waren die damaligen Gesamtkosten der Atommüll-Versenkung? Mit welchen
Totalkosten müsste heute für die nach heutigem Wissensstand "sachgerechte" Entsorgung dieses
atomaren Abfalls gerechnet werden?"
Der Anteil der durch Abfälle aus den KKW verursachten Kosten betrug Fr. 1'200'792.–. In der
Kostenstudie 2011 sind auch die Kosten für die Entsorgung hochaktiver Abfälle integriert. Aufgrund
des vollständig neuen Entsorgungskonzepts ist ein Vergleich der Kosten nicht aussagekräftig.
Zur Frage 6: "Wie beurteilt der Regierungsrat aus heutiger Sicht und unter Berücksichtigung der
Erfahrungen mit der Sondermülldeponie Kölliken die damalige "aus-den-Augen-aus-dem-Sinn"Strategie der AKW- Betreiber?"
Mit Kernenergiegesetz, Entsorgungsprogramm und Sachplan geologische Tiefenlager verfügt die
Schweiz heute über die notwendigen Grundlagen und Instrumente für eine sichere Entsorgung radioaktiver Abfälle im Inland. Ein sachlicher Zusammenhang mit der Sondermülldeponie Kölliken besteht
nicht.
Zur Frage 7: "Wie beurteilt der Regierungsrat die damaligen Aktionen von Greenpeace, die
schliesslich zu einem Verklappungsverbot geführt haben? Wäre es denkbar, dass ohne den mutigen
Einsatz dieser Umweltorganisation noch heute radioaktive Abfälle aus Beznau 1 und 2 auf dem
Meeresgrund endgelagert würden? – Weshalb sind Spenden an diese Umweltorganisation in
unserem Energiekanton nicht von den Steuern abziehbar?"
Das Protokoll vom 7. November 1996 zum Übereinkommen von 1972 über die Verhütung der
Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen verbietet die
Verbrennung auf See von Abfällen und anderen Stoffen und schränkt die Liste der Abfälle, die noch
eingebracht werden dürfen, erheblich ein. Insbesondere verbietet es das Einbringen sämtlicher
radioaktiver Abfälle. Es untersagt auch die Ausfuhr von Abfällen oder sonstigen Stoffen in andere
Länder zum Zweck einer Einbringung.
Nach Artikel 6 des Protokolls verpflichten sich die Vertragsparteien, die Ausfuhr von Abfällen oder
sonstigen Stoffen in andere Länder zum Zweck des Einbringens oder der Verbrennung auf See nicht
zu erlauben. Diese Bestimmungen stützen sich auf das Basler Übereinkommen vom 22. März 1989
(SR 0.814.05; AS 1992 1125 2934) über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung
gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung.
Seit 1983 hat die Schweiz keine radioaktiven Abfälle zum Einbringen ins Meer exportiert. Die für den
September 1983 geplante Aktion wurde wegen eines Boykotts des Versenkungsschiffs durch die
britische Seeleutegewerkschaft abgesagt. Am 21. Oktober 1992 beschloss der Bundesrat, dass die
Schweiz definitiv auf die Beseitigung radioaktiver Abfälle durch Einbringen ins Meer verzichtet. Der
Bundesbeschluss betreffend das Protokoll von 1996 zum Übereinkommen von 1972 über die
Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen trat
2000 in Kraft.
Freiwillige Zuwendungen an Greenpeace Zürich sind von den Steuern abziehbar 4.
4
Zuwendungsliste des kantonalen Steueramtes vom 31. Januar 2013,
https://www.ag.ch/media/kanton_aargau/dfr/dokumente_3/steuern/natuerliche_personen/merkblaetter_np/2012_liste_zuwendungen_a.pdf
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Zur Frage 8: "Ist der Regierungsrat bereit, sich dafür einzusetzen, dass die Betreiber von Beznau 1
und 2 auf eigene Kosten abklären lassen,
a) in welchem Zustand sich die von den Aargauer AKWs im Meer versenkten Fässer befinden
b) welche mittel- und langfristigen Gefahren sie für das maritime Leben und die Fischerei darstellen
c) unter welchen Umständen und mit welchen Kostenfolgen eine Bergung sowie die nach heutigem
Wissensstand sachgerechte Endlagerung dieser Aargauer Atommüllfässer möglich ist?"
Aus dem Schlussbericht des CRESP ist zu entnehmen, dass die Versenkungsaktionen zu
schwachen individuellen und kollektiven Strahlenexpositionen geführt haben. Diese Bewertung gilt
auch für die Belastung der Meeresfauna. Eine Fortsetzung des Überwachungsprogramms hat die
NEA aus
diesem Grund und wegen des beschlossenen Verbots von weiteren Versenkungsaktionen
aufgegeben.
Zur Frage 9: "Ist der Regierungsrat bereit, sich für die Bergung und die möglichst sichere
Endlagerung dieser Atommüll-Fässer einzusetzen?"
Eine Bergung ist aus der Sicht der Sicherheit nicht notwendig (vgl. Antwort zur Frage 8).
Zur Frage 10: "Wo genau lagern die von Beznau 1 und 2 seit 1961 produzierten schwach-, mittelund hochradioaktiven Abfälle, die nicht im Meer versenkt wurden?"
Beznau 1 wurde erst 1969 in Betrieb genommen; deshalb sind bis dahin keine radioaktiven Abfälle
angefallen. Bis ein Endlager gebaut wird, werden alle radioaktiven Abfälle auf dem Kraftwerksareal
oder im Zwischenlager Würenlingen gelagert. Abfälle, welche ins Ausland zur Wiederaufarbeitung
überführt worden sind, kommen nach und nach zurück.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'930.–.
Martin Christen, SP, Spreitenbach: In meiner ersten Interpellation ging es erstens darum, daran zu
erinnern, dass zu Beginn der Atomstromproduktion äusserst fahrlässig mit den radioaktiven Abfällen
umgegangen wurde. "Aus den Augen aus dem Sinn", lautete die Parole, genauso wie bei der
Entsorgung des übrigen Sondermülls, beispielsweise in Kölliken. So wurden denn 7'420 mit
Atommüll gefüllte Fässer im Atlantik versenkt, womit die Schweiz weltweit am zweitmeisten atomare
Abfälle aller über Atomkraftwerke verfügenden Staaten auf diese skandalöse Weise entsorgte.
Zweitens ging es mir darum, aufzuzeigen, dass noch heute, und bis weit über das nächste
Jahrtausend hinaus, auf dem Meeresgrund ein Teil des Atommülls – dieser sogenannten sauberen
Energie – vor sich hinrostet und hin strahlt.
Natürlich trägt der jetzige Regierungsrat keinerlei Verantwortung für die damaligen Schandtaten der
AKW-Betreiber. Ich danke ihm denn auch für die Beantwortung der Fragen, wenigstens jener, die er
tatsächlich beantwortet hat. Leider habe ich vergeblich darauf gehofft, dass der heutige
Regierungsrat, dem es selbst ja nie im Leben in den Sinn kommen würde, irgendwelchen
Sondermüll irgendwo ins Meer kippen zu lassen, über die damalige Art der Endlagerung sein
Bedauern, und sei dieses noch so klein, ausdrückt. Nichts dergleichen ist geschehen.
Wenn man die Antworten liest, bekommt man sogar den Eindruck, der heutige Regierungsrat
bedaure viel mehr, dass die frühere billige, einfache, schnelle und unkomplizierte Möglichkeit, den
Atommüll – zack – einfach ins Meer zu werfen, seit 1996 nicht mehr besteht.
4. November 2014
Art.-Nr. 0649
1733
Greenpeace und ihren Aktivisten, die unter Einsatz ihres Lebens die AKW-Staaten stoppen konnten,
den Atommüll in die Meere zu kippen, und anderen Umweltorganisationen, die gegen die
Verschmutzung der Meere kämpfen, sind wir alle zu Dank verpflichtet – auch wir Aargauerinnen und
Aargauer. Davon ist die regierungsrätliche Antwort leider weit entfernt!
Immerhin ist die Schweiz daran, das Atommüllproblem auf etwas seriösere, jedoch unglaublich teure,
Art zu lösen – natürlich bei uns im Kanton Aargau.
Ich bin mit einigen Antworten nicht zufrieden und auch insgesamt bin ich mit der Beantwortung der
Interpellation nicht zufrieden.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort nicht befriedigt. Das
Geschäft ist erledigt.
0650 Interpellation Martin Christen, SP, Spreitenbach, vom 4. März 2014 betreffend Gefahren
und Risiken der Altreaktoren Beznau 1 und 2; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0350)
Mit Datum vom 30. April 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Grundsätzliche Bemerkungen
Die Gesetzgebung auf dem Gebiet der Kernenergie ist Sache des Bundes (Art. 90
Bundesverfassung).
Die in der Interpellation beziehungsweise in der Studie "Risiko Altreaktoren Schweiz" thematisierten
Aspekte sind übergeordnet zum grössten Teil im Kernenergiegesetz (KEG) geregelt. Das KEG
bezweckt insbesondere den Schutz von Mensch und Umwelt vor den Gefahren der Kernenergie. Die
Schutzmassnahmen umfassen insbesondere den Einsatz qualitativ hochwertiger Bauteile, gestaffelte
Sicherheitsbarrieren, die mehrfache Ausführung und die Automation von Sicherheitssystemen, den
Aufbau einer geeigneten Organisation mit qualifiziertem Personal sowie die Förderung eines
ausgeprägten Sicherheitsbewusstseins. Für den Fall, dass gefährliche Mengen radioaktiver Stoffe
freigesetzt werden, sind Notfallschutzmassnahmen zur Begrenzung des Schadenausmasses
vorzubereiten. Der Bundesrat regelt, welche Schutzmassnahmen erforderlich sind.
Die Aufsicht über die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf die nukleare Sicherheit hat
das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI). Es ordnet alle zur Einhaltung der
nuklearen Sicherheit notwendigen und verhältnismässigen Massnahmen an.
Nach dem Unfall in Fukushima hat das ENSI die Teilnahme aller Kernkraftwerke in der Schweiz am
EU-Stresstest verfügt. Der EU-Stresstest ist eine Neubewertung des Risikos unter Berücksichtigung
der Erfahrungen von Fukushima. Das Kernkraftwerk Beznau (KKB) hat bei diesem Test sehr gut
abgeschnitten und erfüllt sämtliche von der EU-Kommission als kritisch hervorgehobenen Punkte
(http://www.ensi.ch/de/dossiers/eu-stresstest/). Der Regierungsrat ist überzeugt, dass das ENSI in
der Lage ist, die Sicherheit der Kernkraftwerke in der Schweiz richtig zu beurteilen und die
notwendigen Massnahmen zum Erhalt und Ausbau der Sicherheit erkennt und durchsetzt. Er sieht
deshalb keine Notwendigkeit, die Studie "Risiko Altreaktoren Schweiz" vertieft überprüfen zu lassen.
Zur Frage 1: "Wie beurteilt der Regierungsrat die in dieser Studie gemachten Aussagen über
a) die stets wachsende Gefahr eines schweren Störfalls, ausgelöst durch Alterungsprozesse,
b) die Nachrüstungen, die das Sicherheitsniveau nur unzulänglich verbessern,
c) die Unzulänglichkeit von Wahrscheinlichkeitsberechnungen über die Kernschadenhäufigkeit,
d) die Korrosionsanfälligkeit sicherheitsrelevanter Anlageteile,
e) die ungenügende Sicherheit des Brennelementlagerbeckens?"
4. November 2014
Art.-Nr. 0649
1734
Zur Frage 1a: Die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen in Kernkraftwerken (KKW) wird laufend
überwacht. Zudem wird jedes KKW alle zehn Jahre einer umfassenden Sicherheitsüberprüfung
unterzogen. KKW müssen ausserdem für einen Betrieb über 40 Jahre hinaus einen
Langzeitbetriebsnachweis erbringen. Gemäss Aufsichtsbehörde sind die gesetzlichen Vorgaben für
den Langzeitbetrieb erfüllt (vgl. Beantwortung zur [12.72] Interpellation Martin Christen, SP, Turgi,
vom 27. März 2012 betreffend Wahrheitsgehalt der Aussagen des CEO der Axpo Holding AG zur
Sicherheit der AKWs Beznau 1 und 2).
Zur Frage 1b: Im KKB werden bis zum Abschluss des Projekts AUTANOVE (neue Autarke
Notstrom-Versorgung) 2,5 Milliarden Franken in Nachrüstungen und Erneuerungen investiert. In
einem Fachgutachten betreffend Sicherheitsmängel des KKB würdigte das Ökoinstitut Darmstadt im
Herbst
2012 die momentan laufenden Nachrüstungen des Kraftwerks und erwähnte explizit auch Stärken
des KKB wie die hohe Diversität der Notstrom- und der Kühlwasserversorgung (vgl. Beantwortung
zur [12.269] Interpellation Martin Christen, SP, Turgi, vom 30. Oktober 2012 betreffend gravierende
Sicherheitsmängel der Atomkraftwerke Beznau 1 und 2).
Zur Frage 1c: Es ist Aufgabe des ENSI zu beurteilen, ob die verwendeten Methoden adäquat sind.
Zur Frage 1d:Fragen zu Korrosionsschäden im Stahlcontainment wurden bereits in der (12.72)
Interpellation beantwortet (vgl. Antwort zur Frage 1a). Die in der Studie erwähnten
Reaktordruckbehälterdeckel, die Alloy 600 enthalten, werden während den Revisionsabstellungen
2014 respektive 2015 durch ein Produkt ohne Alloy 600 ersetzt.
Zur Frage 1e:Im Rahmen des Nachweises des KKB zur Beherrschung des 10'000-jährlichen
Erdbebens gemäss PEGASOS Refinement Projekt wurde gezeigt, dass das BrennelementLagerbecken den aktuellsten Erdbebenanforderungen mit wesentlichen Sicherheitsmargen
standhalten. Bei den Versorgungssystemen des Beckenkühlsystems ist dieser Schutzgrad nicht
vollumfänglich vorhanden. Aus diesem Grund wird momentan ein zusätzliches, erdbeben- und
überflutungssicheres, zweisträngiges Beckenkühlsystem nachgerüstet.
Zur Frage 2: "Als wie glaubwürdig erscheinen dem Regierungsrat
a) der Autor dieser Studie,
b) die in dieser Studie gemachten Schlussfolgerungen?"
Der Autor der Studie, Dipl.-Ing. Dieter Majer, ist dem Regierungsrat nicht bekannt. Deshalb kann er
seine Glaubwürdigkeit und seine Kenntnisse der schweizerischen Gesetzgebung nicht beurteilen.
Zur Frage 3: "Ist der Regierungsrat bereit, sich ernsthaft Gedanken zu machen über
a) die sofortige Abschaltung von Beznau 1 und 2,
b) die verheerenden Auswirkungen einer möglichen Kernschmelze in Beznau 1 und/oder 2,
c) die Rolle des aargauischen Regierungsrates "im Exil" aufgrund der Unbewohnbarkeit des
Kantons Aargau nach einer Kernschmelze,
d) die Umsiedlung von Hunderttausenden von Aargauerinnen und Aargauern nach einem GAU,
e) die Verantwortung des Regierungsrates des Kantons Aargau gegenüber der aargauischen
Bevölkerung im Falle eines schweren AKW-Unfalls?"
4. November 2014
Art.-Nr. 0650
1735
Die Aufrechterhaltung der Stromversorgungssicherheit ohne Kernkraftwerke stellt eine grosse
Herausforderung für die Schweiz dar; gerade während der kritischen Übergangsphase nach 2020,
wenn die Bezugsrechte für Strom aus französischen Kernkraftwerken auslaufen. Der Weiterbetrieb
der bestehenden Kernkraftwerke leistet einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit. Solange
die Sicherheit gewährleistet ist, sieht der Regierungsrat keine Veranlassung, sich für eine sofortige
Abschaltung des KKB einzusetzen (vgl. Beantwortung zur [12.217] Interpellation der Fraktion der
Grünen vom 28. August 2012 betreffend vorgesehene Investitionen der Axpo Holding AG von 700
Millionen Franken in die Sicherheit der Reaktoren von Beznau I und II).
Bestehende Notfallschutzmassnahmen und Organisationen werden regelmässig umfangreich beübt
und die Prozesse und Zusammenarbeit werden laufend weiterentwickelt. Der Kanton Aargau ist mit
dem kantonalen Führungsstab (KFS) und dem kantonalen Katastrophen Einsatzelement (KKE) im
Rahmen seiner Möglichkeiten auf die Bewältigung von Grossereignissen und ausserordentlichen
Lagen auf dem Kantonsgebiet vorbereitet.
Derzeit befindet sich der Bericht der "interdepartementalen Arbeitsgruppe zur Überprüfung der
Notfallschutzmassnahmen bei Extremereignissen" (IDA NOMEX) in der Schweiz in der
Vernehmlassung. Der Bericht umschreibt gesetzliche und organisatorische Massnahmen im Bereich
des Notfallschutzes als Folge der Ereignisse in Japan. Neu sind auch Szenarien berücksichtigt,
welche die radiologische Freisetzung von Fukushima überschreiten.
Fragen zum Gefahrenpotenzial von Kernenergieanlagen, zur Notfallplanung und zu
Evakuierungsplänen hat der Regierungsrat bereits umfassend beantwortet (vgl. Beantwortungen
[12.269] Interpellation Martin Christen, SP, Turgi, vom 30. Oktober 2012 betreffend gravierende
Sicherheitsmängel der Atomkraftwerke Beznau 1 und 2; [11.84] Interpellation René Kunz, SD,
Reinach, vom 15. März 2011 betreffend Sicherheit der Kernkraftwerke im Kanton Aargau; [11.80]
Interpellation der SP-Fraktion (Sprecher Martin Christen) vom 15. März 2011 betreffend Erdbebenund Hochwassersicherheit der Aargauer AKWs sowie die Notfallschutzkonzepte für die AKWs
Beznau 1, 2 und Leibstadt; [09.109] Interpellation Martin Christen, Turgi, vom 31. März 2009
betreffend Gefahrenpotenzial der Kernkraftwerke Beznau I und II, Leibstadt und Gösgen; [08.351]
Interpellation Martin Christen, Turgi, vom 25. November 2008 betreffend Gefahrenpotenzial eines
möglichen Endlagers für radioaktive Abfälle im Kanton Aargau).
Zur Frage 4: "Wie beurteilt der Regierungsrat die unterschiedlichen Risiken
a) durch die Nutzung der Geothermie ("Erdbebengefahr") im Vergleich zu
b) der Nutzung der Atomenergie durch die Altreaktoren Beznau 1 und 2?"
Die Stromproduktion mit Geothermie befindet sich im Forschungs- beziehungsweise im
Entwicklungsstadium. Es wird noch viele Jahre dauern, bis der Beitrag der Geothermie zur
Stromversorgung in der Schweiz absehbar ist. Die pro Bohrlochpaar gewinnbare Leistung ist
begrenzt. So wären für den Ersatz der beiden Blöcke in Beznau etwa 200 Geothermiekraftwerke von
der Grössenordnung des abgebrochenen Projekts in Basel notwendig.
Der Charakter der Risiken der beiden Anlagentypen ist sehr unterschiedlich. Bei der Geothermie ist
die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es in der Bauphase zu Schäden kommen kann, das
Schadensausmass jedoch begrenzt. Bei der Kernenergie ist es umgekehrt: Das Risiko eines Unfalls
ist sehr gering, das Schadenspotenzial aber sehr gross. Da die Geothermie sich noch in der
Entwicklungsphase befindet, sind die Risiken im Gegensatz zur Kernenergie noch weniger erforscht.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'402.–.
Martin Christen, SP, Spreitenbach: Ausgangslage meiner zweiten Interpellation war das Gutachten
des Atomexperten Dieter Majer, des ehemaligen Leiters der deutschen Atomaufsicht. Darin kommt
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der AKW-Sicherheitsfachmann zum Schluss: "Insbesondere die Anlagen Mühleberg und Beznau
sollten wegen der in dieser Studie sichtbar gewordenen Sicherheitsdefizite unverzüglich
abgeschaltet werden." Bei uns laufen sie insgesamt wohl über 60 Jahre, aber dieser Experte kommt
zum Schluss, dass diese Anlagen sofort abgestellt werden müssen.
Den Antworten des Regierungsrats ist zu entnehmen, dass er weiterhin unerschütterlich hinter den
Beteuerungen von ENSI (Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat) und AKW-Betreibern
steht. Er hegt nicht den geringsten Zweifel an den von ENSI und den Betreibern herbeigerechneten
Sicherheitsbeurteilungen und sieht folgerichtig "keine Notwendigkeit, die Studie "Risiko Altreaktoren
Schweiz" vertieft überprüfen zu lassen." Da kann ich nur sagen, das ist schade und fahrlässig. Denn
beim Verfasser handelt es sich um den ehemals höchsten Atomsicherheitsexperten Deutschlands
mit über 30-jähriger Erfahrung, der wahrscheinlich in Sicherheitsfragen über mehr Erfahrung,
fundiertere Kenntnisse und über ein umfassenderes Wissen verfügt als das ganze ENSI zusammen.
Natürlich nicht mehr aktuell sind verschiedene regierungsrätliche Aussagen, zum Beispiel jene
bezüglich der Atomstromlieferungen aus Frankreich, die nach 2020 zu einer Stromlücke führen
sollten.
Heute sind ja diese Atomstromimporte ein Verlustgeschäft und verteuern den Strom der
Konsumentinnen und Konsumenten. Ebenso verhält es sich mit den 2,5 Milliarden Franken teuren
Investitionen für Nachrüstungen und Erneuerungen der weltweit ältesten Atomkraftwerke. Sie
verbessern die Sicherheit nur rudimentär und sind, wie die gewaltigen Abschreibungen in Höhe von
1,5 Milliarden Franken zeigen, alles andere als wirtschaftlich.
Ich danke dem Regierungsrat für die Beantwortung der Fragen, bin damit jedoch nicht zufrieden.
Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort nicht befriedigt. Das
Geschäft ist erledigt.
Ich schliesse an dieser Stelle die Sitzung.
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