Nella Trofimowa, Dr. h., Prof., Leiterin des Lehrstuhls für Linguistik und Übersetzung Hochschule für Außenhandelsbeziehungen, Wirtschaft und Recht St. Petersburg, Russland Forschungsvorhaben im Bereich der Germanistischen Linguistik Thema der Forschung: Von Liebe bis Hass: Grammatik der Expressive1 (Arbeitstitel) 1. Zielsetzung Das geplante Projekt soll sich mit der qualitativen, empirischen Erforschung von Sprache und Sprachgebrauch in der Interaktion auseinandersetzen. Es verfolgt das Ziel, auf der Basis der Untersuchung und eingehender Beschreibung situationsbedingter expressiver grammatischer Formen eine Grammatik der Expressive zu erstellen und somit einen Beitrag zur Entwicklung einer auf dem Konzept der Dialogizität aufbauenden Grammatik der gesprochenen Sprache zu liefern. Hierfür soll eine Verknüpfung zwischen dem Konzept der "Konstruktion"2 und zentralen Aspekten einer an der Mündlichkeit orientierten, interaktional ausgerichteten Sprachbeschreibung (Prozesshaftigkeit, Dialogizität, Gattungs- bzw. Aktivitätsbezug) hergestellt werden. Eine solche Verbindung soll ein Licht darauf werfen, welche grammatischen Gestalten - in Kombination mit lexiko-semantischen Elementen - sich als sedimentierte Lösungen für spezifische kommunikative Aufgaben der Expressive in relevanten Kontexten herausgebildet haben. Auf der Grundlage von Gesprächsdaten aus informellen Kontexten gilt es folglich, empirische Analysen zu den formalen und funktionalen Charakteristika von Gebilden aus strukturell unterschiedlichen Konstruktionsklassen, die sich sowohl hinsichtlich ihrer syntaktischen Komplexität als auch ihrer Idiomatizität deutlich voneinander unterscheiden, durchzuführen. Die Beschreibung soll von Untersuchung der spezifischen semantischen Elemente über Betrachtung der morphologischen Formen bis zur Beschreibung der exklusiven syntaktischen Gestalten reichen. Die Auswahl der Konstruktionstypen ist nicht zufällig, sondern unterliegt den Spezifika des methodologischen Rahmens und des Forschungsziels des Projekts. Die Analyse der expressiven Konstruktionen soll auf drei Ebenen erfolgen: 1 Anstoß zur Wahl der Expressive als empirische Grundlage für das Projekt war ihre besondere soziale Bedeutung im Prozess der zwischenmenschlichen Kommunikation, die dringend einer linguistischen Grundlage zur Sicherung der erfolgreichen interkulturellen Kommunikation bedarf. 2 im Sinne der "Construction Grammar" blablabla i. In Bezug auf die konkreten grammatischen Muster sollen die formalen (syntaktischen und lexikalischen) Charakteristika der unterschiedlichen Konstruktionen erarbeitet werden, wobei den projektiven Eigenschaften der jeweiligen grammatischen Gestalt auf den verschiedenen sprachanalytischen Ebenen besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. ii. Die interaktionale Einbettung der betreffenden Konstruktionen soll hinsichtlich der sequentiellen Organisation, d.h. des Sprecherwechsels, der Rezipientenreaktionen etc. ermittelt werden. iii. Darüber hinaus gilt es, Aspekte der gattungs- bzw. aktivitätsbezogenen Verwendung zu beleuchten, da viele Konstruktionen sich bei differenzierter Betrachtung als typische Merkmale spezifischer kommunikativer Aktivitäten oder Gattungen erweisen. Anhand der Analyse expressiver Konstruktionen im gesprochenen Deutsch soll skizziert werden, wie eine systematische Beschreibung der situationsbezogenen gesprochenen Sprache aussehen kann, die auf deren spezifische Produktions- und Rezeptionsformen eingeht und sowohl interaktionale Momente als auch konstruktionelle Vorgaben und gattungs- bzw. aktivitätsbezogene Aspekte einbezieht. 2. Begründung der Themenwahl und die Darstellung der Problematik Die Konstruktionsgrammatik, die heute als ein geeigneter Grammatikformat für die Beschreibung der gesprochenen Sprache3 angenommen wird, betrachtet die Sprache in ihrem Gebrauch als kulturelle Praxis sozial handelnder Individuen. Die Resultate dieses Handelns mittels eines (multimodalen) Zeichensystems sind Gegenstand der Sprachwissenschaftler, die sich aus der Untersuchung von Diskursen Rückschlüsse erhoffen auf die Strukturen von Sprache, die erst durch kognitive Verfestigungen entstehen und konventionalisiert werden: Konstruktionen als Wort-Bedeutungspaare4 lassen sich so als soziale Konventionen beschreiben. Das Projekt gliedert sich in diese aktuelle Entwicklung ein, indem es Fragen der empirischen Erforschung und der systematischen Beschreibung des spezifischen Bereichs der sozialen Interaktion - den expressiven Diskurs5 - in den Mittelpunkt stellt. Der expressive Diskurs liefert dem Forscher eine Vielzahl der Phänomene 6, die 3 Auer 2005; Deppermann/Fieler/Spranz/Fogasy 2006; Imo 2006; Agel/Hennig 2007; Hennig 2007 u.a.m. So werden sie in Anlehnung an Goldberg 1995 und 2006 verstanden. 5 Die linguistische Forschung der Expressive hat zahlreiche Definitionsansätze hervorgebracht, die zwar in einzelnen Punkten stark konkurrieren, jedoch alle das Zum-Ausdruck-Bringen des inneren psychischen Zustandes des Sprechers als übergeordnetes Ziel hervorheben. Dabei handelt es sich zum Einen um den Erhalt des sozialen Gleichgewichts und die Bemühung um freundliche Beziehungen (rituelle soziative Sprechhandlungen NAMEN), zum Anderen um den emotionalen Katharsis und die bewusst intendierte emotionale Beeinflussung des Gegenübers (emotional-bewertende Sprechhandlungen, Influktive NAMEN). Die Bedeutung der Erforschung von beiden Arten der Expressive ist enorm, sie dient der Sicherung des sozialen Miteinanders, der Vermeidung von Konfrontation und der Reduzierung von Konfliktpotential (vgl. Spencer-Oatey 2002: 87). 6 Gemeint werden Strukturen, die nicht nach universalen Regeln erzeugt werden (vgl. Fillmore et all 19888; Fillmore 1989), sondern unregelmäßig sind, den unterschiedlichen Grad der idiomatischen Formfixiertheit besitzen und nur unter bestimmten syntaktischen oder pragmatischen Kontextbedingungen anzuwenden sind. Ihr Gebrauch erfordert Sprachkompetenz als eine im Wesentlichen einzelsprachspezifische und idiomatisch strukturierte Fähigkeit (vgl. Deppermann 2006: 49). 4 aus Sicht der etablierten Grammatiktheorien irregulär, aber so verbreitet sind, dass sie nicht einfach als problematische Randfälle beiseitegeschoben werden können, so A. Deppermann7. Die Grammatik der Expressive soll sie in das Zentrum der grammatiktheoretischen Modellierung der gesprochenen Sprache stellen und im induktiven Prozess bei der Annahme des Kontinuums von Morphologie, Lexikon und Syntax bei ihrer Beschreibung generalisieren8. Diese Aufgabestellung rückt auch methodische Fragen in den Vordergrund, und zwar soll die Arbeit an konkretem Material, welches das Resultat sozialer kommunikativer Praxis darstellt, auch zur Reformulierung selbstverständlich gewordener Beschreibungsmodelle herangezogen werden - denn im gemeinsamen Interesse liegen ja gerade kognitiv verfestigte und konventionelle sprachliche Muster und eine genuin konstruktionsgrammatische Analyse genau der Phänomene, die sich der Analyse mittels etablierter grammatischer Kategorien und Beschreibungsmodelle sperrten. 3. Darstellung des Forschungsvorhabens 3.1. Gegenstand der Forschung Material der Forschung: Экспрессивы имеют особую социальную значимость в процессе межличностной коммуникации, но несмотря на отдельные удачи и достижения в области их изучения, осталось еще множество ждущих заполнения исследованиями лакун, касающихся воплощаемых в экспрессивах интенций говорящего субъекта, взаимодействия коммуникантов, влияния коммуникативной ситуации, а также психолого-лингвистических особенностей языковой личности. Переосмысление известного и неоднократно обсуждавшегося речевого материала в этом направлении может поэтому содействовать уточнению сведений о нем в общелингвистическом плане. Soziative als Instrument der positiven Beziehungsgestaltung Wir fühlen uns verpflichtet, uns auch für die winzige Kleinigkeit bei unseren Mitmenschen zu bedanken und empfinden es als unhöflich, wenn uns eine bekannte Person nicht grüßt. Das sind alltägliche, jedem von uns bekannte Situationen, ihr Vorhandensein liegt daran, dass der Aufbau und Erhalt zwischenmenschlicher Beziehungen primär über Sprache vollzogen wird. Wenn man jemanden auf der Straße grüßt, oder einen Bekannten zu seinem Erfolg oder einem freudigen Ereignis 7 Deppermann 2006: 46 Generalisierung bedeutet, lexikalisch und semantisch spezifische Konstituenten einzelner Konstruktionen werden auf abstraktere Kategorien hin verallgemeinert: "- Abstrakte syntaktische Strukturen sind Schematisierungen von ursprünglich lexikalisch instanziierten token. Syntaktische Strukturoptionen sind vielfach lexikalisch gebunden bzw. restringiert. - Umgekehrt deutet der konstruktionsgrammatische Ansatz darauf hin, dass lexikalische Einheiten nicht isoliert Bedeutung tragen. Eine für die Verständigung hinreichende Bedeutungsfixierung entsteht erst im kollokationalen Kontext von Konstruktionen (Feilke 1996; Steyer 2004). < ...> Die Bindung der Lexeme an Konstruktionskontexte wäre (neben ihrer Referenz) der wesentliche Kontext für die Bedeutungsfixierung" (Deppermann 2006: 51-52). 8 in seinem Leben gratuliert, dann vermittelt man damit, dass das Gegenüber „soziale und persönliche Wertschätzung“9 genießt. Menschen sind Teilnehmer an einem sozialen Geschehen und als mitmenschliche Gesellschaft10 definieren sie sich immer auch in Bezug auf die Gemeinschaft, in der sie leben. Sie versuchen, durch ihr Verhalten dem universalen Bedürfnis nach sozialer Anerkennung und Akzeptanz gerecht zu werden. Erst aktive Beziehungsgestaltung, eine Art gegenseitigen sozialen Streichelns versichert uns der Kooperationsbereitschaft und ermöglicht so eine erfolgreiche Kommunikation11. Höfliche rituelle Formeln sind in jeder harmonischen zwischenmenschlichen Begegnung gegenwärtig, die feinen Mechanismen jedoch, die Ausdruck eines kooperativen Gesprächsverhaltens sind, werden im alltäglichen Austausch kaum wahrgenommen. Ihre Bedeutung wird erst klar, wenn sie fehlen. Was sind diese Mechanismen, wie werden sie angetrieben, was sind ihre Bestandteile - das sind Fragen, die im Projekt zu beantworten sind. Es soll also zum Einen ein Repertoire von altbewährten Konventionen erstellt werden, auf das die Sprecher in Situationen des sozialen Miteinanders zurückgreifen können, zum Anderen aber sollen auch die Möglichketen individueller Handhabung und ihre Quelle aufgeschlossen und dargelegt werden. Influktive als Instrument der emotionalen Beeinflussung des Gegenübers Jeder Mensch versucht bisweilen, andere zu beeinflussen und in seinem Sinne umzustimmen, durch Vorwürfe, Tadel oder Lob, Kompliment oder auch Beleidigung und bösen Wunsch. Durch bestimmte Sprechhandlungen wird der Partner so angesprochen, dass eine Verhaltensänderung oder Änderung der psychischen Variablen bei ihm herbeigeführt wird. Diese Art der Sprechhandlungen schließen wir nach S. Marten-Cleef12 in die Gruppe der Expressive ein. Die Äußerungen dieser Art sind verbalisierte Gefühlsbeziehungen, "Urteile der Seele", der emotionale 9 Raible 1987: 149 ‚ens soziale’ nach Raible 1987: 149 10 11 vgl. Leech 1983: „The CP [cooperation principle] enables one participant in a conversation to communicate on the assumption that the other participant is being cooperative […]. It could be argued, however, that the PP [politeness principle] has a higher regulative role than this: to maintain the social equilibrium and the friendly relations which enable us to assume that our interlocutors are being cooperative in the first place.” (Leech 1983: 82). Nach Lakoff (1976) geht es nämlich nicht nur darum, freundlich zu sein, sondern vor allem darum, jegliche Konfrontation und Kränkung des Gegenübers zu vermeiden2. Ritualität wird von Sprechern bewusst gefördert, um Konflikte in der Kommunikation zu reduzieren und ihren reibungslosen Verlauf zu garantieren, wobei der Höflichkeit ein höherer Stellenwert zukommt, als der von Grice geforderten ‚Klarheit’. „politeness usually supercedes [clarity]: it is considered more important in a conversation to avoid offense than to achieve clarity.” Lakoff 1973: 297 zitiert nach Fraser 2001: 1412 Die Annahme eines ständig vorhandenen Konfliktpotentials in sozialer Interaktion bildet den Kernpunkt der Theorie von Brown und Levinson11, was die Autoren einschlägig in dem Begriff der ‚face threatening acts’ konzeptualisieren 11. Jeder Einzelne möchte schließlich seine Pläne und Ziele verwirklichen. Diese sind aber nicht immer mit den Zielen und Wünschen des Gesprächspartners vereinbar. Werden solche Konflikte nicht aktiv bearbeitet, gefährdet das nicht nur die Beziehung zwischen den Gesprächspartnern, sondern auch die Verwirklichung der kommunikativen Absichten des Sprechers. Es bedarf daher sprachlicher Signale, die symbolisch einen Ausgleich schaffen und den Teilnehmern versichern, dass trotz allem eine unveränderte Kooperationsbereitschaft besteht. 12 Marten-Cleef. Aber auch Telija: Um Missbilligung, Verachtung, Geringschätzung oder Billigung zu äußern, kann man zum Performativ wie Ich verachte dich, Ich billige dich oder auch zum Emotiv Du bist Judas-Verräter greifen, nach Telija12. Eigenausdruck, zum Anlass dessen die Empfindung des Sprechers dient, dass das Verhalten des Partners oder der Partner selbst von der Norm abweichen, spezifischer Verhaltensmuster, die die zwischenmenschliche Interaktion innerhalb einer Gemeinschaft regeln und die sich in sprachlichen Routinen und Konventionen widerspiegeln. Der bewusste oder auch unabsichtliche Verzicht auf Befolgung der Konventionen führt im Allgemeinen zu sozialen Sanktionen13: Lob, Billigung informelle positive Sanktionen, Tadel, Verweis, Verspottung, Verhöhnung, Missbilligung, Geringschätzung sind informelle negative Sanktionen in Bezug auf die Normverletzenden. In der Interaktion werden diese Sanktionen in Form der Influktive gekleidet. Influktive sind immer Wirkungen, die nach außen gerichtet sind und eine enorme Einflusskraft besitzen. Sie können wie schon gesagt, die Denkweise, das Verhalten und Handlungsweise der Akteure verändern. Einige von ihnen sind Einmischung in die Privatsphäre des Adressaten und gefährden den sozialen Status der sprachlichen Persönlichkeit (z.B. Beleidigung), die anderen beteiligen sich an der Vervollkommnung der menschlichen Beziehungen und Umgangsformen durch Erhöhung (Übertriebenheit) der Vorteile des Partners (z.B. Kompliment). Im Ganzen spiegeln sie das System der axiologischen Koordinaten des Sprachkollektivs wider, die Qualität der Rollenspiels eines jeden in der Kommunikation, Beziehungen zwischen ihnen, kurz - alles, was auf die in der Gesellschaft festgelegten sozialen Normen und Prozeduren ihrer Erfüllung bezieht. Der perlokutive Effekt der Vollziehung der Influktive ist das Endresultat der Wirkung wie emotionale Zustände der Freude, der Begeisterung oder der Unzufriedenheit, Verdrießlichkeit, Beleidigung u.dgl. Die Beücksichtigung dieser perlokutiven Effekte gibt W. Karasik den Anlass, diese Sprechhandlungen als emotional-kausative Sprechhandlungen zu bezeichnen14. Aus diesen einleitenden Überlegungen zum Wesen und der Differenzierung der Expressive geht bereits die Komplexität des Gegenstandes hervor. Die kognitivlinguistische Analyse der expressiven Sprachverwendung im Bereich von Liebe bis Hass und systematische Darstellung der relevanten Sprachelemente in einer Grammatik der Expressive ist ein globales Ziel, das sicherlich Erreichung einiger Unterziele voraussetzt. Es gilt daher, die wesentlichen Aspekte zu nennen und klare Aufgaben zu definieren. 4. Inhaltsüberblick und Vorgehensweise Die Arbeit soll sich aus zwei größeren Teilen zusammensetzen. Im ersten Teil (Kapitel 1-2) sollen die theoretischen Grundlagen dargelegt und die Einsichten aus der existierenden linguistischen Forschung der Expressive diskutiert werden. In einem größeren Teil (Kapitel 3-6) soll die Reinterpretation von für den expressiven Diskurs typischen grammatischen Erscheinungen bei der Berücksichtigung der Bedingungen gesprochensprachlichen Sprechens erfolgen. Действия, которые предполагается осуществить в случае выполнения или невыполнения нормы субъектом, обычно нормируются в виде поощрений и наказаний <...>. Роль санкции как регулятора поведения – предупреждать повторения нарушения и закреплять положительный опыт следования норме [Ишмуратов, 1987: 87-88]. 14 Карасик 2002: 150 13 In Kapitel 1 soll zunächst der theoretisch-programmatorische Ausgangspunkt der Studie auseinandergesetzt werden, und zwar die Frage danach, wie "Grammatik der Expressive" vor sich gehen soll. Mögliche Strategien der Kategorienbildung, die auf die Fragestellung des Projekts übertragbar sind, sind von M. Hennig in Anlehnung an R. Fiehler15 formuliert worden: - Übernahme eines bereits vorhandenen Grammatikbegriffs, - Reinterpretation eines bereits vorhandenen Grammatikbegriffs, - Entwicklung eines spezifischen Grammatikbegriffs für die gesprochene Sprache. Als konzeptueller Rahmen der Arbeit wird die konstruktivistische Grammatiktheorie herangezogen, die insbesondere adäquat für die Beschreibung eines komplexen dynamischen Phänomens wie Expressive erscheinen dürfte. Drei Pfeiler des kognitivlinguistischen Ansatzes erhalten für unsere Forschungszwecke besondere Relevanz. Erstens setzt die kognitive Linguistik eine konstruktivistische Semantiktheorie voraus, nach der Bedeutungskonstitution als ein dynamischer Prozess der Konzeptualisierung zu betrachten ist, bei der generelle kognitive Konstituierungsmechanismen zum Einsatz gebracht werden16. Ein zweiter Pfeiler betrifft die Annahme einer gebrauchsbasierten Sprachtheorie ("usage based linguistics"), nach der sprachliche Einheiten als symbolische Abstraktionen aufgrund rekurrenter Muster im eigentlichen Sprachgebrauch betrachtet werden. Eine dritte Grundlage des kognitiv-linguistischen Ansatzes bezieht sich auf Einsichten in die prototypische Kategorienstruktur. Nach der Prototypenlehre weisen Kategorien eine hierarchische Struktur auf, bei der nicht alle Mitglieder den gleichen Status bzw. die gleiche Salienz innerhalb der Kategorie haben. In Kombination mit dem ersten Pfeiler impliziert dies für semantische Kategorien, dass sie als anpassungsfähige Strukturen zu bezeichnen sind, die zur Konstituierung unterschiedlicher Erfahrungen eingesetzt werden können. In Kapitel 2 soll ein Forschungsüberblick über die linguistische Forschung der Expressive im Allgemeinen, und im Besonderen die kognitiv-linguistisch angelegten Studien, die Expressive als empirische Basis herangezogen haben, angeboten werden. In dem ersten Teil des Kapitels sollen die prominentesten Vertreter der sprachwissenschaftlichen Theoriebildung über Expressive als Sprechakte, der Theorie der Expressivität/Emotionalität der Sprache17 erläutert und kritisch gewürdigt werden. In einem zweiten Teil soll eine umfassende Übersicht der Forschung der 15 Eine Strategie besteht nach wie vor in der Übernahme und Adaption von Kategorien der traditionellen Grammatik. Der zweite Zugang besteht in einer handlungs- und funktionsorientierten Reinterpretation traditioneller Kategorien. <...> Eine dritte Strategie versucht, grammatische Phänomene aus den Grundbedingungen gesprochener Sprache <...> herzuleiten und kategorial zu fassen (Fiehler 2000: 29). 16 Es ist leicht nachweisbar, dass Äußerungen und ihre Bestandteile eine sehr große und im Prinzip nicht begrenzbare Zahl unterschiedlicher Bedeutungen haben können (Kindt 1985). Heraus ergibt sich die Aufgabenstellung, herauszufinden, mit welchen Verfahren diese Bedeutungen konstruiert werden können und wie es den Kommunikationsbeteiligten trotz differenzierter Interessen, Wertungen, Wissensvoraussetzungen und Situationswahrnehmungen gelingt, sich untereinander zu verständigen, das heißt hinreichend ähnliche Bedeutungszuordnungen zu erreichen (Kindt 2002:34). 17 Austin 1972; Searle 1980; Searle/Vanderveken 1985; Wunderlich 1976; Bally 1951; Marten-Cleef 1991; Konstantinidou 1997; Fiehler 2011. Expressive in der jüngeren Zeit geboten werden, sowohl im Hinblick auf ihre theoretische als auch linguistische Relevanz. In Kapitel 3und 4 soll empirische Analyse des Phänomens dargelegt werden, womit der Konnex zwischen Theorie und Empirie hergestellt werden soll. Es sollen einerseits inhärent expressive sprachliche Elemente untersucht werden, die unabhängig von deren jeweiligen Gebrauch die Fähigkeit besitzen, den psychischen Zustand und die Gefühle des Sprechers auszudrücken/zu kommunizieren, ohne dass diese Gefühle explizit genannt/thematisiert werden (Kapitel 3). Andererseits soll die Kategorie der sprachlichen Elemente in Betracht gezogen werden, die den aktiven und stark kontextualisierten Charakter der Bedeutungskonstitution veranschaulichen und lokale Ambiguierung erzeugen (Kapitel 4). (z.B. aus Äußerung Als kleines Mädchen warst du niedlich. Die Zeit ist vorbei kann man durch einfache Inferenzen zum Schluss kommen, dass eine Beleidigung des weiblichen Gegenübers intendiert war. Durch eine solche Reprofiliereng der wörtlichen Basis wird dem Adressaten sein Platz gewiesen, ohne dass formale soziale Konventionen dabei verletzt werden. In Kapitel 5 sollen die wichtigsten Schlussfolgerungen der Arbeit diskutiert werden. Ausgehend von empirischen Beobachtungen sollen Konsequenzen für sowohl sprachwissenschaftliche Expressivenforschung in Theorie und Praxis als auch für die Didaktisierungsmöglichkeiten der Ergebnisse der Forschung geschildert werden. Eigene Vorleistung Eine gewisse Vorarbeit ist von mir schon im Rahmen der Vorbereitung der Habilitationsarbeit geleistet worden: eine komplexe Analyse der einzelner Expressive, die den pragmatischen Aspekt (sozialer Status der Akteure, Besonderheiten der pragmatischen Situation) sowie die Lage der Sprechhandlung in der dialogischen Sequenz und die Besonderheiten der sprachlichen Gestaltung der kleinsten Nuancen des Sinns der Äußerungen berücksichtigt (s. meine 2. Dissertation und Monografien). Eine umfassende Materialsammlung von verschiedenen Typen der Sprechakte ist parat, ich habe mich in die umfangreiche Literatur zur linguistischen Pragmatik in allen ihren Erscheinungsformen (Sprechakttheorie, Konversationsanalyse, ...) eingearbeitet. Im Laufe der empirischen Forschung bin ich zu umfangreichen Erkenntnissen über das Funktionieren der Expressive gelangt, nun soll meine Perspektive auf meinen Gegenstand ändern: Die Fülle an Detailerkenntnissen bietet nun eine Grundlage für Verallgemeinerungen, bestimmte Ansätze haben sich als relevant nicht nur für ein Phänomen, sondern für eine Fülle von Phänomenen erwiesen, einzelne Phänomene erscheinen nun nicht mehr als singuläre Erscheinungen, sondern als mit anderen Phänomenen interagierende Bestandteile eines komplexes Systems. Deshalb lohnt es sich (ist es an der Zeit) die Erkenntnisse zu Detailphänomenen in einen theoretischen Zusammenhang einzubetten (nach A. Deppermann 1999:7; Auer 2005: 2; Imo 2003: o.S.). Rahmenzeitplan Projektbeginn: Oktober 2012 Laufzeit: 18 Monate, in drei Jahre verteilt 1. Zeitabschnitt: Lesen, Theoretischen Teil der Grammatik schreiben 2. Zeitabschnitt: Korpusrecherche, Lexikalische Ebene 3. Zeitabschnitt: Korpusrecherche, Morphologie und Syntax der Expressive Begründung des Forschungsortes Als Forschungsort scheint mir das IDS Mannheim am besten geeignet zu sein, denn das Institut ist absolut bekannt für germanistische Wissenschaft und Forschung. Es besteht hier eine unikale Möglichkeit sich bei den Ansprechpartnern beraten zu lassen, die zur an der Grammatik der gesprochenen Sprache arbeitenden Forschungsgruppe gehören. Außerdem ist die umfangreiche Bibliothek und die besten Bedingungen für die Arbeit sind die guten Voraussetzungen für den erfolg des geplanten Unternehmens.nd Warum IDS? Die Datenbanken der IDS sollen die Materialgrundlage für die Forschung bilden. Die Mitarbeiter des IDS machen die Forscher mit Methoden der Datenerhebung, Bearbeitung und Auswertung authentischen Sprachmaterials vertraut. Hier gibt es Zugang zu größeren Datenkorpora und Ansprechpersonen bei Fragen im Umgang mit der Datenerhebung, -transkription und -archivierung. Voraus Wohin das hinauslaufen soll: Monografie als Lehrbuch für Deutschstudierende, die das Material in dem Unterricht gebrauchen können, beim Übersetzen der Texte Eine solche qualitativ ausgerichtete Studie verspricht Ergebnisse über sprachlichkommunikative Gemeinsamkeiten und Unterschiede, die entstehen, wenn eine globalisierte Kommunikationsform in unterschiedlichen Kulturen genutzt wird. Neben der Beschreibung allgemeiner Charakteristika von Expressive werden Aspekte konzeptueller Mündlichkeit, Facetten informellen Sprachgebrauchs, Strategien der Sprachökonomie etc. fokussiert. Die jeweiligen sprachlichen Verfahren werden in Hinblick auf das Ineinandergreifen von kulturellen Besonderheiten und sprachspezifischen Voraussetzungen hin verglichen. Eine der Aufgaben dieses anwendungsbezogenen Projekts ist es, Materialien (Audiodateien und Transkripte) von authentischen Kommunikationssituationen deutscher MuttersprachlerInnen zu erheben, zu transkribieren und zu archivieren, sowie darauf aufbauende Didaktisierungsvorschläge zu entwickeln und für den Unterricht Deutsch-als-Fremdsprache in der Auslandsgermanistik bereit zu stellen. Trotz der sogenannten "kommunikativen Wende" orientieren sich Lehrwerke im Bereich Deutsch-als-Fremdsprache fast ausschließlich an den Normen der deutschen Schriftsprache: So weichen die in Lehrbuch-Dialogen konstruierten Äußerungen noch immer erheblich vom tatsächlichen mündlichen Sprachgebrauch deutscher MuttersprachlerInnen ab. Nicht nur im Bereich der für den Unterricht bereitgestellten Lehrvorschläge macht sich ein Mangel an authentischen Dialogen bemerkbar, auch von Seiten der DaF-LehrerInnen wird bemängelt, dass es an praxisorientierter, für die Lehrenden aufbereiteter Information über grundlegende und relevante Strukturen des gesprochenen Deutsch mangelt. Das Projektvorhaben setzt an diesem Defizit an, mit dem Ziel, authentische Gespräche zwischen deutschen MuttersprachlerInnen zu archivieren, zu transkribieren und ausländischen Deutschlehrenden für den Unterricht bereit zu stellen. Die innerhalb des Projekts gewonnenen Erkenntnisse werden unter anderem zur Untersuchung der sog. ‚covert‘ und ‚overt translations‘ eingesetzt, um zu überprüfen, inwiefern bei ‚covert translations‘ ein kultureller Filter dafür sorgt, dass Übersetzungen aus dem deutschen Sprachraum im Russischen nicht als Übersetzungen, sondern als russische Texte wahrgenommen werden. Mit Bezug auf die im Projekt auszuwertenden Daten möchte ich insbesondere die Frage überprüfen, inwiefern der kulturelle Filter dafür verantwortlich ist, dass in russischen Übersetzungen einzelne deutsche Sprechakte z.B. direkter als im jeweiligen Original wahrgenommen werden. Методологической базой исследования служат следующие достижения отечественной и западной лингвистики, психологии и психолингвистики: – системный подход к категории смысла, возможность динамики и многообразные связи между его компонентами и с другими объектами (Ср.: Admoni 1966; Звегинцев 1973; Блох 2000; Кибрик 1992; Бондарко 1978, 2001; Худяков 2000; Кравец 2001, 2003; Мустайоки 2006 и др.); – антропоцентризм языковой системы, языковая картина мира и связанная с ней теория языковой личности (Ср.: Апресян 1986; Арутюнова 1999; Бахтин 1995,Богин 1984; Колшанский 1975; Караулов 1987; Кубрякова 1991, Телия 1991, Шахнарович 1995; Карасик 2002 и др.); – типология содержательных компонентов языковых категорий и поиск решения проблемы их общности, дискретности и взаимопереходности (Ср.: Вольф 2006; Арутюнова 1999; Бондарко 1971, 1984; ПФГ 2000; ТФГ 1992, 1996; Норман 1994 и др.); – рассмотрение вопросов речевой деятельности как целостной системы, языкового онтогенеза, использование средств смыслопорождения в творческой практике общения (Леонтьев 1975; Бондарко 1998; Гаспаров 1996). Теоретическую базу исследования составили: – труды основоположников и последователей теории речевых актов и прагматики Л. Виттгенштейна, Дж. Остина, Дж. Серля, Д. Вундерлиха, П. Грайса, Дж. Сейдока, С. Левинсона, Дж. Лича, З. Вендлера, Г.Г. Почепцова, И.П. Сусова и др.; – работы философов Г. Фреге, А. Черча, В. Дильтея, Р. Карнапа, Э. Гуссерля, М.М. Бахтина, Р.И. Павилениса и др., занимавшихся разработкой многих вопросов философии языка, создавших в том числе теоретический фундамент для исследования феномена смысл; – основополагающие работы 4зарубежных и отечественных теоретиков языка Ш. Балли, Э. Бенвениста, А Вежбицкой, В.Г. Адмони, Ю.Д. Апресяна, Н.Д. Арутюновой, А.В. Бондарко, Е.М. Вольф, В.Г. Гака, Г.В. Колшанского, С.Д. Кацнельсона, Е.С. Кубряковой, В.Н. Телия и др., внесших огромный вклад в разработку кардинальных проблем современной лингвистики, релевантных для целей настоящего исследования; – труды известных психолингвистов Т.А. Графовой, А.А. Залевской, И.А. Стернина, Н.В. Уфимцевой, А.М. Шахнаровича, В.И. Шаховского и др., занимавшихся разработкой теории способов их отражения в языке; психофизиологических состояний и – идеи таких психологов, как Л.С. Выготский, С.Л. Рубинштейн, К. Изард, А.Н. Леонтьев, А.Р. Лурия, В.К. Вилюнас и др., разрабатывавших концепции эмоционального строя личности; – работы социолингвистов Дж. Лича, П. Браун, С. Левинсона, С.М. Эрвин-Трипп, Е. Гоффманна, П. Вацлавика, К. Адамчик, Ф. Коулмаса, В.И. Карасика, Н.И. Формановской и др., занимающихся проблемами интеракции, а также разработкой теории вежливости и статусной маркированности общения. Ziel des Projekts: Erkundung der kommunikativen Verfahren des Umgangs mit Fragen des Verstehens und die sprachlichen Formen, die für diese Verfahren eingesetzt werden. Dazu gehören z.B. Konstruktionen mit mentalen und kommunikativen Verben (meinen, verstehen, auf etwas hinauswollen), die Fortführung von Partnerbeiträgen durch Äußerungsverknüpfungen (A: Ich muss heute noch viel arbeiten. - B: Weil der Chef morgen wiederkommt.), modale Konstruktionen (das ist ja wohl nicht wahr; sie werden gesehen haben, dass...) sowie Gesprächspartikeln (hm,ja, jaja). Das Projekt beschreibt die sprachlichen Konstruktionen und die interaktiven, sequenziellen Organisationsformen der unterschiedlichen Verfahren und erkundet, an welche kommunikativen Kontexte sie gebunden sind. Es untersucht ihre Funktionen für die Verständigung im Gespräch, fragt aber auch, für welche weiter gehenden interaktiven Belange sie eingesetzt werden - z.B. die Durchsetzung von Positionen, den Ausdruck von Kritik oder die Regulation der Beziehung zwischen den Gesprächsteilnehmern. Methodischtheoretische Grundlagen der Untersuchung sind vor allem Konzepte der construction grammar und der Konversationsanalyse. Die Untersuchung greift auf unterschiedliche gesprochene Korpora des IDS zurück. Mein geplantes Forschungsprojekt bezieht sich auf Fragen der Wahrnehmung der expressiven Sprechhandlungen. Von besonderem Interesse sind für mich Faktoren, die die Wahrnehmung der Äußerung (so wie sie intendiert ist oder anders) beeinflussen. Als wichtige Aufgabe sehe ich auch die Aufnahme der Kontakte mit den deutschen Kollegen, um zu erfahren, wie die Germanistik an deutschen Universitäten versucht, die Außenperspektive für die Vermittlung von deutscher Sprache und Kultur fruchtbar zu machen. Im allgemeinen möchte ich über sehr gute landes- und kulturkundliche Kenntnisse verfügen und mit den Gegenwartsproblemen Deutschlands vertraut sein, um die deutsche Kultur in Russland zu vermitteln und interkulturelle Beziehungen zwischen unseren Ländern aufrechtzuerhalten. Nella Trofimowa Unter den Forschungen, die Expressiven gewidmet sind, nehmen die synchronkonfrontierenden Untersuchungen nur äußerst wenig Raum ein. Der in dieser Arbeit vorgenommene Vergleich entspringt der Feststellung, dass deutsche Expressive in DaF-Lehrwerken behandelt werden, ohne mit hinreichenden Erklärungen didaktischer Art versehen worden zu sein. Sie werden zwar hauptsächlich in Dialogen/Dialogmustern eingeführt, aber ohne jeglichen Kommentar bezüglich ihrer Struktur und charakteristischen Funktion in der fremdsprachlichen Kommunikation. Das führt dazu, dass Expressive von Deutsch lernenden Russen kaum verwendet und nicht selten falsch interpretiert werden. Es überrascht, dass Expressive keine didaktische Explikation verdienen sollen, da sie ein relevantes kommunikatives Bedürfnis befriedigen, nämlich dasjenige, Sprechereinstellungen und -emotionen zum Ausdruck zu bringen. Mit Hilfe der Expressive lassen sich emotionale Inhalte und Bewertungen vermitteln. Das eingereichte Projekt ist als ein Versuch anzusehen, einen Beitrag zur konfrontativen Forschung im Bereich der Expressive zu leisten, sowie einen Anlass zur Einbeziehung expressiver Strukturen in den DaF-Unterricht zu geben. Das Projekt setzt sich eine konfrontative Analyse der deutschen Expressive zum Ziel, um auf dieser Grundlage gewisse Regularitäten in ihrem Bau sowie in der Wiedergabe dieser Sätze im Russischen aufzufinden. Dabei handelt es sich um den ersten umfangreichen Analysevorschlag, wobei wir Hoffnung haben, Feinheiten und Details ausgearbeitet zu können. Gegenstand unserer Analyse bildet ein Korpus deutscher Expressive, dessen Quelle Radio- und Fernsehsendungen, Presse- und Internetbeiträge, sowie die einschlägige Literatur bilden. Das Projekt gliedert sich in vier Teilthemen. Das erste Teilthema möchte einige theoretische Vorüberlegungen zum Problem der Expressivität der Sprache anstellen. Die Rekapitulation des Forschungsstandes soll die wichtigsten Erkenntnisse auf diesem Gebiet darstellen sowie die Vielschichtigkeit dieses Problems vergegenwärtigen. Das zweite Teilthema befasst sich mit der linguistischen Kategorie des Satzmodus. Es werden die wesentlichen Standpunkte zum Modus von expressiven Äußerungen und zum kategorialen Status der Expressive dargestellt. In Teilthema drei wird eine detaillierte Charakteristik der Expressive gegeben, die als Grundlage der vorgenommenen Analyse fungiert. Zuerst wird das Augenmerk auf die funktionale Spezifizierung der Expressive gelenkt, dann werden ihre formal geprägten Besonderheiten erläutert. Im Rahmen dieses Themas wird auch das Problem der ... diskutiert. In Thema vier liegt der Schwerpunkt auf der konfrontativen Analyse der deutschen Expressive und ihrer Äquivalente im Russischen. Die konfrontative Analyse hat unilateralen Charakter; das Deutsche ist die Ausgangs-, das Polnische die Zielsprache. Es wird überprüft, inwieweit sich deutsche und russische Expressive die gleiche Funktion besitzen, in ihrer Struktur ähneln und wo wesentliche Unterschiede bezüglich formaler Indikatoren der Expressivität in den beiden Sprachen bestehen. Im vorliegenden Kapitel wird beabsichtigt, einen Überblick über das Problem der Expressivität/Emotionalität in der Sprache zu geben. Dabei wird kein Anspruch auf Vollständigkeit der präsentierten Theorien erhoben. Es wird von den sprachfunktionalistischen Modellen Bühlers und seiner Nachfolger ausgegangen, die das Augenmerk auf die expressive/emotive Sprachfunktion richten, bei der die Perspektive des Senders zum Tragen kommt. Im Folgenden werden auch das Phänomen der Expressivität in der Sprechakttheorie und der Zusammenhang zwischen Emotion und Bewertung kurz umrissen. Den Kern des Kapitels bildet die Frage nach dem Ausdruck von Emotionen, der auf verschiedenen sprachlichen Ebenen lokalisiert werden kann. Das Projekt intendiert somit, einen Beitrag zur Erarbeitung einer gebrauchsbasierten Theorie der Grammatik gesprochener Sprache zu leisten. Dem liegt die These zugrunde, dass der Begriff der Dialogizität die Möglichkeit bietet, zwei zentrale Aspekte einer "realistischen Sprachbeschreibung" in einem grammatiktheoretisch relevanten Sinne miteinander zu verbinden: 1. Dialogizität als Organisationsprinzip der Interaktion: Grammatische Konstruktionen entfalten sich im interaktionalen Gebrauch. Dabei stellen sie fortlaufend Rückbezüge auf vorhergehende Äußerungen her und bauen Erwartungshaltungen in Bezug auf den weiteren Gesprächsverlauf auf. In diesem Sinne stellen sie keine autonomen, vom sequenziellen Kontext losgelösten Gebilde dar, sondern repräsentieren "Inter-Acts" (Linell 2008) im Rahmen eines dialogisch organisierten zeitlichen Ablaufs alltäglicher Interaktion. 2. Dialogizität als theoretischer Ausgangspunkt der Modellierung von Konstruktionen: Dialogizität formt nicht nur die kontextgebundene und interaktive Aktualisierung grammatischer Strukturen im Gebrauch, sondern sie geht in Folge zunehmender Routinisierung in die kognitiven Muster ein, die den rituellen Konstruktionen zugrunde liegen. Diese dynamische und reflexive Beziehung zwischen Aktualisierung und Sedimentierung wirft grundlegende Fragen auf für eine Theorie gesprochener Sprache, die beabsichtigt, sowohl die dialogische Natur emergenter syntaktischer Strukturen als auch die Orientierung an Musterhaftigkeit im Gespräch zu erfassen. Soziale Werte und Normen beschreiben keine zwingenden Wege, sondern dienen lediglich als Richtlinien und Interpretationsschemata. In konfliktgeladenen Gesprächssituationen können die Sprecher einerseits auf ein zurückgreifen. Andererseits werden diese aber oft als ‚leere Hüllen’ empfunden. Insofern spiegelt Höflichkeit die permanente Ambivalenz zwischen spontaner Kreativität und einerseits und formaler Routine andererseits wider. Sie ist also keine starre Normerfüllung, sondern eine Kunst18, bei der jedes Individuum auf seine zwischenmenschliche Intuition bauen muss. Mangelndes Fingerspitzengefühl oder. Wenn auch in unterschiedlicher Weise, so findet sich Höflichkeit doch in allen Gesellschaftsformen. Sie verfolgt das übergeordnete Ziel einer Gesellschaft, das soziale Miteinander einzelner Individuen auf der Basis von gemeinsamen Wertstrukturen zu sichern und so reibungslos wie möglich zu gestalten. In allen Kulturen haben sich dabei über Jahrhunderte hinweg Prioritäten hinsichtlich wegweisender Werte herauskristallisiert, die in ihrer Gesamtheit für den Inhalt sozialer Normen verantwortlich sind. Sie haben zur Herausbildung spezifischer Verhaltensmuster geführt, die die zwischenmenschliche Interaktion innerhalb einer Gemeinschaft regeln und die sich in sprachlichen Routinen und Konventionen widerspiegeln. Das bringt aber auch kulturbedingte Erwartungshaltungen mit sich. Jedes Individuum lernt im Laufe seiner Sozialisation nicht nur emotionale Kontrolle und die Abstimmung seiner eigenen Bedürfnisse auf die der anderen Gesellschaftsmitglieder, sondern erfährt unter dem Einfluss der herrschenden Wertstrukturen die Formung und Überformung seiner persönlichen und sozialen Bedürfnisse. Modalpartikeln als didaktische Herausforderung In älteren Grammatiken und normativen Stilkunden wurden deutsche MPn - wenn man sie überhaupt beachtete - als "Füllwörter", "Flickwörter", "Würzwörter", "überflüssige Einschiebsel" und sogar als "Läuse in dem Pelz unserer Sprache" (Reiners 1967: 340) 18 vgl. Held 1994 bezeichnet. Bezeichnungen dieser Art liegt die alte Auffassung zu Grunde, die MPn seien bedeutungsleer und trügen zur sinnvollen Kommunikation nichts bei. In dem Maße, dass sie übersehen oder ignoriert wurden und werden, kann aber auch die unbestreitbare Kompliziertheit des zu erforschenden Gegenstandes selbst ein entscheidender Faktor gewesen sein. Dass die MPn nicht ganz bedeutungsleer sind, ist - so hoffe ich - im ersten Teil dieser Arbeit nachgewiesen worden. Eine Position, die in krassem Gegensatz zu der alten Auffassung steht, vertritt Dietrich Busse (1992: 39): "Partikellose Sprache ist im Deutschen eindeutig als barsch, schroff oder apodiktisch markiert; wenn ausländische Deutschlerner oftmals ihre Verwunderung darüber kundtun, dass der Kommunikationsstil der Deutschen 'zu sachlich', 'krass unverbindlich' oder gar 'unhöflich' sei, so ist dies ein Hinweis darauf, dass sie in ihrem Fremdsprachenunterricht den Partikelgebrauch nicht gelernt haben und ihnen damit die wichtigen kommunikativen Möglichkeiten fehlen, welche die Partikeln den Deutschen bereitstellen. Das Lehren von Partikeln ist aber trotz der Probleme der Bedeutungsbeschreibung, die ja auch Probleme der Bedeutungsvermittlung und damit der Didaktik sind, unbedingt notwendig, wenn die Deutschlernenden ein nicht als 'schroff' oder wenigstens eindeutig 'unidiomatisch' markiertes Deutsch lernen sollen (mit allen negativen Folgen, die dies im sozialen Verkehr haben kann)." Versuchen wir, die genannten Gesichtspunkte der Reihe nach zu erörtern. Erstens: Treten MPn nie als Füllworter auf? Dazu meint Lewandowski (1994:716) folgendes: "In spontan gesprochener Rede können M.n auch als so genannte Füllwörter gebraucht werden." Diese Ansicht teile ich, jedenfalls wenn man auch andere Partikeltypen als MPn mit einbezieht. Irgendwo muss es eine Partikelgrenze geben, deren Überschreitung nicht zu empfehlen ist. In Ermangelung der Intuition eines native speakers wage ich es nicht, diese Grenze genau festzulegen. Es würde mich aber sehr überraschen, wenn sie mit der Äußerung eines Satzes wie Ich habe das doch eigentlich wohl nicht ganz so gemeint nicht überschritten wäre. Nach Hertkorn (1990) empfinden viele Leute solche Fügungen weiterhin als "Unarten". Hinzu kommt natürlich die übliche Inflationsgefahr innerhalb der Sprache. Defizite der MP-Forschung und fehlender Konsens über die Bedeutung der MPn stellen auch ein Problem für das Fach Deutsch als Fremdsprache dar: Indirekt in dem Sinne, dass Angaben zu den MP-Bedeutungen in einschlägigen Wörter- und Lehrbüchern mangelhaft oder irreführend sind, direkt in dem Sinne, dass Lehrer und Schüler nicht wissen, was sie mit den MPn anfangen sollen. In einem Punkt kann ich aber Busse nicht folgen. Ich bin mir nicht so sicher, dass ein eher holpriges - sprich partikelloses oder partikelkarges - Deutsch gewöhnlich negative Folgen oder Sanktionen mit sich bringt im Umgang mit Deutschen und anderen Personen mit Deutsch als Muttersprache. Die meisten Menschen sind ja rücksichtsvoll Ausländern gegenüber und erwarten nicht, dass sie genau wie die Einheimischen sprechen sollen. Umgekehrt sind viele Ausländer nicht bereit, ihre sprachliche Herkunft und Identität ganz aufzugeben oder zu verbergen. Warum sollten sie es auch? Vier fundamentale und zusammengehörige fremdsprachendidaktische Fragen sollen nun im folgenden erörtert werden: Sind MPn lernbar? Wie werden sie erlernt? Sind MPn lehrbar und gegebenenfalls wie? Von diesen Fragen ist die erste Frage eine Voraussetzung für die zweite, die eine Voraussetzung ist für die dritte usw. Wenn etwas nicht lernbar ist, macht es eigentlich keinen Sinn, die übrigen Fragen zu stellen. Daher gehe ich davon aus, dass es - zumindest teilweise und in der Theorie - möglich ist, sämtliche Fragen zu bejahen, wenn auch nur bedingt. Also noch einmal: Sind MPn lernbar? Wie könnten sie gelernt werden? Dass deutsche Muttersprachler, sogar Kinder, MPn in Gesprächen gut beherrschen, das wissen wir. Weniger bekannt ist, wie sie sich diese Wörter aneignen. In unserem Zusammenhang ist diese Frage aber auch nur interessant, wenn angenommen wird, dass der Muttersprachenerwerb und der Fremdsprachenerwerb weitgehend oder teilweise identisch ablaufen. Die so genannte Identitätshypothese ist aber bei weitem nicht bewiesen oder allgemein akzeptiert. Das gleiche gilt für andere "große" Spracherwerbshypothesen, insbesondere in ihren "starken" Versionen. Wenn man nun trotzdem - wie ich persönlich - die so genannte Kontrastivitätshypothese bevorzugt und im weiteren zugrundelegt, muss man damit rechnen, dass Kinder und Erwachsene, die Deutsch als eine Fremdsprache lernen, durch ihre jeweilige Erstsprache bzw. Muttersprache nachhaltig beeinflusst sind. Was die MPn betrifft, müssten deutschlernende Skandinavier, die mit MPn als Wortklasse schon vertraut sind, gegenüber Engländern und Franzosen, denen solche Wörter beinahe unbekannt sind, einen großen Lernvorteil haben. [15] So einfach ist es aber nicht. Wenn z.B. norwegische und deutsche MPn "falsche Freunde" sind, was manchmal der Fall ist (vgl. norw. jo und vel einerseits und dt. ja und wohl andererseits), kann dies beim Lernprozess ein Störfaktor sein und zu Interferenzfehlern führen. [16] Wir wissen aber nicht mit Sicherheit, wie deutschsprachige Muttersprachler - je nach der Situation - reagieren, wenn Ausländer deutsche MPn falsch verwenden. Manchmal kann Vermeidung deshalb die beste Strategie sein. Sind MPn lehrbar? Wie sollte man sie lehren? In diesem Zusammenhang ist das so genannte Interface-Problem von entscheidender Wichtigkeit: Ist es möglich, explizites Wissen, z.B. Grammatikwissen, in implizites Wissen, z.B. automatisierte Sprachfertigkeit, umzusetzen? Darüber besteht kein Konsens (vgl. Heggelund 2000). Wenn man davon ausgeht, dass eine solche Umwandlung wenigstens zu einem gewissen Grad stattfindet, ist es auch durchaus möglich, dass explizite Vermittlung von MPn durch exakte Beschreibung ihrer Bedeutung und Funktionsweise erfolgreich sein kann. Falls explizite Grammatikarbeit und Wortschatzvermittlung wirkungslos bleiben, könnten gezielte Struktur- und Kommunikationsübungen unter Umständen gewinnbringender sein. Dabei sollte eine onomasiologische Vorgehensweise durchaus erwogen werden, z.B. nach dem Rezept von Weydt (1983). In dieser kleinen Partikellehre ist der Ausgangspunkt der einzelnen Übungseinheiten verschiedene Sprachhandlungen wie "Staunen", "Vermuten", "Meinen" und "Kommentieren". Diejenigen Modalpartikeln, die jeweils in Betracht kommen, werden eingeführt und anschließend durch vorgegebene, aber "partikelbedürftige" Sätze eingeübt. Ein wichtiges Lernziel im modernen Fremdsprachenunterricht ist die Fähigkeit, die Fremdsprache in Alltagssituationen angemessen und nach Möglichkeit korrekt zu gebrauchen. Daraus folgt, dass MPn als typische "Gesprächswörter" auch gelernt werden sollten. Wenn man nicht die Möglichkeit hat, die Fremdsprache in natürlichen Situationen, d.h. im außerschulischen Umgang mit native speakers zu verwenden, ist es besonders wichtig, die Situation im Klassenzimmer selbst optimal auszunutzen. Obwohl die Einübung isolierter Fertigkeiten gewöhnlich nicht zu empfehlen ist, teile ich diesen Standpunkt von Stephen Speight (1991:211): "Übungen, die die Aufmerksamkeit auf typische Elemente der gesprochenen Sprache (z.B. Kurzantworten, Füllwörter und Verstärkungspartikel) lenken, könnten sehr nützlich sein." Um das Klassenzimmer als eine fruchtbare "Sprachinsel" zu gestalten, sollten auch moderne Medien und Unterrichtsmethoden Anwendung finden. Bespiele sind Fernsehfilme (z.B. Derrick-Folgen), Internet (z.B. Chat) und Comic-Hefte (z.B. Donald Duck-Geschichten). Der Einsatz von "schriftlichen" Medien wie Internet und ComicHeften steht nicht im Widerspruch zu der Tatsache, dass die MPn vornehmlich in der mündlichen Sprache auftreten. Die Hauptsache ist, dass die zugrundeliegenden Texte partikelreich sind und den Schülern als Sprachmodelle dienen können, wenn sie selbst "Texte" produzieren (z.B. imitierte und "echte" Äußerungen in Unterrichtsgesprächen und Rollenspielen). Dabei sollte man nicht vergessen, dass die Erstellung eines gesprächs- und partikelfreundlichen Klimas im Klassenzimmer ebenso wichtig sein mag, wie das Material, das die Kommunikation anregen soll. So ist auch die Lehrerpersönlichkeit ein entscheidender Faktor. Dass ich in diesem Aufsatz Comics wie Donald Duck als vielversprechende Lehr- und Lernmittel hervorgehoben habe, mag meine Leser verwundern. Der wichtigste Grund liegt klar auf der Hand: die Donald-Geschichten sind modalpartikelreich. Hinzu kommt, dass die Sprache einfach ist, aber nicht zu einfach, jedenfalls nicht für Anfänger und mäßig fortgeschrittene Lerner. Typische Comic-Interjektionen dominieren auch nicht. Dass sie lustig sind, ist kein Nachteil. Den letzten Grund, den ich erwähnen will, hängt mit dem ersten zusammen: die Emotionalität. Die Einwohner in Entenhausen sind ausgeprägte "Gefühlsmenschen". Die Hauptperson selbst, Donald Duck, ist ein Hitzkopf. Wenn er zum Beispiel in seiner Duschkabine steht und die Seife nicht findet, ruft er: "Wo istdenn diese verflixte Seife?!" Die formale Kommunikationssituation des Unterrichts lässt Gefühlsäußerungen wie Erstaunen, Ärger und Ungeduld normalerweise nicht zu. [17] Zu einem partikelfreundlichen Klima im Klassenzimmer gehört aber die Möglichkeit, sich persönlich - also auch emotional - auszudrücken zu können. Und je persönlicher die Kommunikation ist, desto partikelreicher ist die Sprache. Also könnte es sich durchaus lohnen, das Klassenzimmer ab und zu als ein Entenhausen zu gestalten. 4.Zusammenfassung und Ausblick Wie wir gesehen haben, sind MPn in der Regel nicht bloße "Redefüllsel" oder "Würzwörter", wie früher angenommen wurde. Im Gegenteil: Sie erfüllen eine wichtige kommunikative Aufgabe, vornehmlich in der mündlichen Alltagssprache. Vor 1960 wurden deutsche MPn kaum erforscht. Das hat sich in den letzten Jahrzehnten beträchtlich verändert. Dennoch gibt es noch immer viele Forschungslücken und Bereiche, wo die Erforschung der MPn noch an ihrem Anfang steht. Meiner Ansicht nach liegt die Leistung der MPn größtenteils auf kommunikativpragmatischer Ebene. Besonders ist es mir darum gegangen, semantische Bedeutungen und pragmatische Faktoren auseinanderzuhalten. Eine Vermischung dieser Komponenten, die in der Sprachwissenschaft im allgemeinen und in der MP-Forschung im besonderen sehr ausgebreitet war und zum Teil auch noch immer ist, hat auch für die Schule negative Auswirkungen. Die Frage, ob und gegebenenfalls wie es möglich ist, ausländischen Schülern und Studenten eine richtige und angemessene Beherrschung deutscher MPn beizubringen, steht weiterhin offen. Auf jeden Fall sollte man ein "partikelfreundliches" Unterrichtsklima mit möglichst "natürlichen" Kommunikationssituationen im Klassenzimmer und nach Möglichkeit außerhalb der Schule anstreben. Dabei wären andere Methoden und Medien als die herkömmlichen zu erproben, so z.B. Rollenspiele und Simulationsübungen, Comichefte, Fernsehfilme und Internet. Bei der Partikelvermittlung sollten Satzintonation und Akzentuierung in hohem Maß berücksichtigt werden, denn damit gehen die Modalpartikeln am engsten einher. Um in der MP-Forschung weiterzukommen, halte ich es für unbedingt notwendig, die Untersuchungen auszudehnen. Pragmatische und kontextuelle Faktoren müssen stärker berücksichtigt werden. Außer verschiedenen argumentations- und besonders konversationsanalytischen Ansätzen (vgl. z.B. Franck 1980) sind drei semantische oder semantisch-pragmatische Theorien - so glaube ich - von besonderem Interesse: die in die vorliegende Arbeit einbezogene Sprechakttheorie, die Relevanztheorie und die Polyphonietheorie. [18] Obwohl es auf der MP-"Landkarte" noch immer viele "weiße Flecken" gibt, ist auch viel erreicht worden und die Aussichten stehen gar nicht schlecht. In diesem Aufsatz habe ich der Sprechakttheorie eine Sonderstellung eingeräumt, wenn sie auch zu kurz greift. Andere Theorien, wie die oben genannten, könnten sich als noch gewinnbringender oder wenigstens als wertvolle Supplemente erweisen. Bei der gegenwärtigen Forschungslage sollte meines Erachtens ein "eklektischer" bzw. multitheoretischer Ansatz nicht von vornherein ausgeschlossen werden. In künftigen Arbeiten hoffe ich, die Bedeutung und Funktionen der Modalpartikeln in die angekündigte Richtung ausführlicher behandeln zu können. Literatur: 1. Ágel, Vilmos (2003): Prinzipien der Grammatik. In: Lobenstein-Reichmann, Anja / Reichmann, Oskar (Hrsg.): Neue historische Grammatiken. Zum Stand der Grammatikschreibung historischer Sprachstufendes deutschen und anderer Sprachen. Tübingen: Niemeyer. 1-46. 2. Ágel, Vilmos / Hennig, Mathilde (Hrsg.) 2007: Zugänge zur Grammatik der gesprochenen Sprache. Tübingen: Niemeyer. 315 S. 3. Auer, Peter 2005: Syntax als Prozess. In: InList 41. http://www.unipotsdam.de/u/inlist/issues/41/index.htm 4. Deppermann, Arnulf 2006: Construction Grammar - Eine Grammatik für die Interaktion? In: Deppermann, Arnulf / Fiehler, Reinhard / Spranz-Fogasy, Thomas (Hrsg.): Grammatik und Interaktion: 11. Arbeitstagung zur Gesprächstforschung. Radolfzell: Verlag für Gesprächsforschung. 43-65. 5. Eisenberg, Peter (1995): Grammatik der geschriebenen Sprache als Symbolgrammatik. Ein Versuch an ausgewählten Themen der Morphologie. In: Ágel, Vilmos / Brdar-Szabó, Rita (Hrsg.): Grammatik und deutsche Grammatiken. Tübingen: Niemeyer (Linguistische Arbeiten 330), 23-38. 6. Fiehler, Reinhard (2000): Über zwei Probleme bei der Untersuchung gesprochener Sprache. In: Sprache und Literatur 85, 23-42. 7. Fieler, Reinhard (2011): Wie kann man über Gefühle sprechen? Sprachliche Mittel zur Thematisierung von Erleben und Emotionen. In: Ebert, Lisanne / Gruber, Carola / Meisnitzer, Benjamin / Rettinger, Sabine (Hrsg.): Emotionale Grenzgänge. Konzeptualisierungen von Liebe, Trauer und Angst in Sprache und Literatur. Würzburg: Königshausen&Neumann, 17-33. 8. Hennig, Monika (2007): Grammatik der gesprochenen Sprache in Theorie und Praxis. Kassel: University Press. 349 S. 9. Imo, Wolfgang (2006): Zur Anwendung von Construction Grammar auf die gesprochene Sprache - der Fall "ich mein(e)". In: Agel, Vilmos / Hennig, Mathilde (Hrsg.): Zugänge zur Grammatik der gesprochenen Sprache. Tübingen: Niemeyer. 3-34. 10. Kindt, Walther (1985): Dynamische Semantik. In: Rieger, Burghard (Hrsg.): Semantik von Wort, Satz und Text. Frankfurt a.M., 261-284. 11. Kindt, Walther (2002): Koordinations-, Konstruktionsund Regulierungsprozesse bei der Bedeutungskonstitution: neue Ergebnisse der dynamischen Semantik. In: Deppermann, Arnulf / Spranz-Fogasy, Thomas (Hrsg.): be-deuten. Wie Bedeutung im Gespräch entsteht. Tübimgen: Stauffenburg, 34-58. 12. Schmidt, Jurgen Erich (2000): 18 Thesen zum Verhältnis von Grammatik(theorie) und Empirie. In: Sprachwissenschaft 25. 357-365. 13. Wunderlich, Dieter (1976): Studien zur Sprechakttheorie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 416 S.