Der Martinstag (am 11. November) als Festtag des Heiligen Martin von Tours ist in Mitteleuropa von zahlreichen Bräuchen geprägt, darunter das Martinigansl-Essen, der Martinszug und das Martinssingen. Das heutige Martinsfest hat sich aus alter Tradition entwickelt, die sich in einzelnen Gegenden bis gegen 1800 erhalten hat. Am Martinstag selbst wird übrigens nicht gearbeitet, denn er ist ein sogenannter Bauernfeiertag. In nicht wenigen Dörfern ist dieser Heilige Kirchenpatron, wo dann sein Fest mit großem Pomp als "Kirchtag" gefeiert wird. Was hat der Hl. Martin mit der Martinigans zu tun? Eigentlich nichts! Der Legende nach soll Martin befohlen haben Gänse zu schlachten, weil die Vögel sein Mönchsleben störten. Jedoch ist es kaum vorstellbar, dass dieser heilige Mann den Tod der Gänse verlangte. Viel glaubhafter sind da schon folgende Erklärungen: Die Martinigans - der heidnische Brauch: Die Kelten, die vor den Germanen und Römern weite Teile Europas bewohnten, hielten sich Gänse als Haus- und Kulttiere. Die misstrauischen und wetterfühligen Vögel dienten ihnen das Jahr über als "Wachhunde". Und bei den Römern bewachten z.B. heilige Gänse das Capitol, den Mittelpunkt von Rom. Im Herbst schlachteten die Kelten die Herde bis auf ein Zuchtpaar. Dies geschah aus rituellen Gründen immer am 11. November, dem Tag, an dem das Sternbild der Plejaden an das nächtliche Firmament zurückkehrt. Bei den keltischen Druiden war der 11. November der Winteranfang. Der Martinstag ist somit eine Art heidnisches Erntedankfest. Wer zur Weihnachtszeit Gans auftischt, lädt in Gedanken immer auch Sankt Martin ein, ungeachtet der Geschichte um die Martinsgans. Die Martinigans - eine Zinsbeigabe Der volkstümliche Brauch der Martinsgans, die man vielerorts zum Martinsfest verzehrt, basiert auf dem Martinstag als Hauptzinstag: Am Martinstag begann das neue Wirtschaftsjahr des Bauern, an das Gesinde wurde die Löhne bezahlt, Pachtverträge wurden geschlossen, Steuern abgeführt, Knechte und Mägde konnten, wie an Lichtmess, den Dienstherrn wechseln. Zu Martini wurde das Vieh geschlachtet, das aus Kostengründen nicht den ganzen Winter hindurch gefüttert werden konnte: dazu gehörten die Gänse; so ergab sich der Brauch, am Martinstag, vor dem großen Fasten im Advent, Gänsebraten zu essen. Die Gans war auch eine bevorzugte Zinsbeigabe an den Grundherrn, Tribute waren oft bezahlbar in Form von Gänsen. Der Martinszug In vielen Regionen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz sind Umzüge zum Martinstag üblich. Bei den Umzügen ziehen Kinder zum Gedenken mit Laternen durch die Straßen der Dörfer und Städte, begleitet von einem auf einem Schimmel sitzenden und als römischer Soldat verkleideten Reiter, der mit einem roten Mantel den Heiligen Martin darstellt. Gelegentlich wird auch die Schenkung des Mantels an den Bettler nachgestellt. Bei dem Umzug werden traditionelle Martinslieder gesungen. Die Laternen werden oft vorher im Unterricht der Volksschulen und in Kindergärten gebastelt. Zum Abschluss gibt es häufig ein großes Martinsfeuer. Vielerorts erhalten die Kinder einen Weckmann aus Germteig mit Rosinen. Das Martinssingen Das Martinssingen ist ein christlicher Brauch, der auch zu den Feierlichkeiten des Martinstags gehört. Es ist ein sogenannter "Gabenheischender Ansingebrauch". Die Heischegänge und die Heischelieder haben auf dem Land ihren Ursprung in den Hirtensprüchen und der Überreichung der Martinigerten. In den Städten sammelten die Kinder dagegen Brennmaterialien für das Martinsfeuer und freuten sich über die zusätzlich überreichten Schleckereien. Das Martinsfeuer Das Feuer wird als Symbol verstanden: Es bringt Licht in das Dunkle, wie die gute Tat Martins das Erbarmen Gottes in die Dunkelheit der Gottesferne brachte. Der Ursprung des Martinsfeuers wird in den Riten der germanischen Wintersonnwendfeier und des germanischen Erntedankfestes vermutet: Ein Freudenfeuer, wie es auch zu anderen Anlässen angezündet wurde, ist zugleich aber auch ein reinigendes Feuer, in dem das vergangene Jahr verbrannt wird: Der Sommer wird verbrannt! Das „Sommerverbrennen“ soll daran erinnern. Martiniloiben Im Burgenland findet jährlich das "Martiniloiben" statt. Der Tradition verbunden, gehen die Winzer um den 11.November von Keller zu Keller, um die jungen Weine zu verkosten, beurteilen und zu benennen. Ist der junge Wein reif, wird er getauft und es darf zugeprostet werden. Dieser alte Winzerbrauch hat in den letzten Jahren in den Weinbaugemeinden um den Neusiedler See zu einem von mit Wein, Kulinarik und Winzerbrauchtum begleitetet Festreigen entwickelt. Bauernregeln Als erster Tag der Winterzeit galt der Martinstag als wichtiger Wetterlostag, so zum Beispiel: Wenn an Martini Nebel sind, wird der Winter meist gelind. Ist Martini klar und rein, bricht der Winter bald herein. Hat Martini einen weißen Bart, wird der Winter lang und hart. Wenn die Martinsgänse auf dem Eise geh’n, muss das Christkind im Schmutze steh’n.