Lehrstuhl Philosophie III

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Universität Mannheim
Philosophische Fakultät
Lehrstuhl für Philosophie III
Prof. Dr. Bernward Gesang
HWS 2011/12
Hauptseminar: „Was ist Menschenwürde?“
Leitung: Prof. Dr. Bernward Gesang
Hauptseminararbeit:
Peter Schaber –
Armut als Würdeverletzung
und
der Anwendungsfall Hartz IV
Inhalt
1. Einleitung ............................................................................................................................... 3
2. Schabers Ansatz ..................................................................................................................... 4
2.1 Die Würde oder der Anspruch auf Selbstachtung ............................................................ 4
2.2 Armut als Würdeverletzung ............................................................................................. 7
2.3 Zwischenfazit ................................................................................................................. 11
3. Kritik .................................................................................................................................... 12
4. Hartz IV als Anwendungsfall ............................................................................................... 16
4.1 Grundlegende Informationen über Hartz IV .................................................................. 16
4.2 Ist Hartz IV konform mit Schabers Verständnis von Menschenwürde? ........................ 17
5. Fazit ...................................................................................................................................... 21
6. Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................... 24
7. Internetquellen ...................................................................................................................... 24
8. Bibliographie ........................................................................................................................ 24
8.1 Primärliteratur ................................................................................................................ 24
8.2 Sekundärliteratur ............................................................................................................ 24
9. Erklärung .............................................................................................................................. 25
2
1. EINLEITUNG
Das Konzept Hartz IV ist immer wieder ein umstrittenes Thema. Viele Menschen bezeichnen,
aufgrund der verhältnismäßig niedrigen Leistungen, Hartz IV als Hungerlohn, armselig oder
gar entwürdigend.
Doch was meint man, wenn man von Entwürdigung spricht und weshalb soll Hartz IV
entwürdigend sein?
Aus diesen Gründen soll im Folgenden Hartz IV unter der Thematik der Menschenwürde
näher betrachtet werden. Ein kontemporärer Autor, der sich genau mit diesem
moralphilosophischen Thema auseinandersetzt ist Peter Schaber. In seinem Werk
Instrumentalisierung und Würde definiert er den Begriff der Menschenwürde und geht auf
Möglichkeiten einer Verletzung dieser ein. Allerdings sind die Schwerpunkte in dieser
Hausarbeit auf den Würdebegriff selbst, Schabers Definition und Implikationen, die der
Begriff mit sich bringt, gesetzt.
Fundamentale Fragen wie 'Was ist Menschenwürde?', 'Kann diese Würde verletzt werden?'
und 'Weshalb ist Armut eine Würdeverletzung?' sollen in Anlehnung an Schabers Text somit
beantwortet werden.
Im Anschluss daran folgt eine kritische Diskussion über seine Ansichten und Argumente
hinsichtlich des Würdebegriffs und Armut als Form Würdeverletzung.
Bei dem Anwendungsfall Hartz IV wird letztlich untersucht, ob dieses Konzept der
staatlichen Unterstützung eine Form der Würdeverletzung darstellt oder nicht.
3
2. SCHABERS ANSATZ
Laut Schaber kann die Würde einer Person, beispielsweise durch Erniedrigung, Folter,
Versklavung oder das Leben in absoluter Armut, verletzt werden.1
Doch was genau beschreibt Schaber als die Würde eines Menschen? Im Folgenden soll seine
Definition von Würde und die daraus resultierenden Implikationen, welche der Würdebegriff
mit sich zieht, näher erläutert werden. Überdies wird dargestellt, inwieweit Armut im
Allgemeinen eine Würdeverletzung darstellen kann und welche Folgen für den Menschen
damit verknüpft sind.
2.1 Die Würde oder der Anspruch auf Selbstachtung
Grundlegend versteht Schaber den Würdebegriff in zweierlei Hinsicht: zum Einen im Sinne
der inhärenten Würde2, welcher von dem der kontingenten Würde3 abgegrenzt wird. Die
inhärente Würde bezieht sich ihm nach auf die Form der Würde, wie sie auch im deutschen
Grundgesetz erscheint, nämlich als unantastbar.4 Wesentliche Eigenschaften der inhärenten
Würde sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht erworben, verloren und wiedergewonnen
werden kann.5
Als Gegenspieler kommt die sogenannte kontingente Würde6 zum Tragen. Sie ist genau durch
die gegenteiligen Eigenschaft gekennzeichnet: man kann sie erwerben, verlieren und
wiedergewinnen. Des Weiteren existieren unterschiedliche Formen der kontingenten Würde.
Zum Einen unterscheidet man die soziale Würde, welche von sozialen Funktionen abhängig
ist. Schaber nennt hier als Beispiele die Würde der Richterin oder des Bischofs. Außerdem ist
die expressive Würde zu nennen, welche von dem Verhalten der Menschen abhängig ist. Laut
Schaber meinen wir diese Würde, wenn wir Aussagen wie "[E]r hat die Niederlage mit Würde
ertragen"7 tätigen. Letztlich gibt es noch die ästhetische Würde. Diese greift, wenn man über
würdevolle Bewegungen von Personen spricht.8
Ein wesentlicher Unterschied, der zwischen der inhärenten und kontingenten Würdeform von
Schaber getroffen wird ist der, dass ebenso zwei verschiedene Formen des Respekts
entgegengebracht werden. Die kontingente Würdeform verlangt gemäß Schaber einen
1
Vgl. Schaber, Peter (2010): Instrumentalisierung und Würde. Paderborn: Mentis. S.105.
Ebd., S.47. [Hervorhebung im Original]
3
Ebd. [Hervorhebung im Original]
4
Vgl. Ebd., S.47.
5
Vgl. Ebd., S.48.
6
Ebd. [Hervorhebung im Original]
7
Ebd.
8
Vgl. Ebd. [Hervorhebungen durch die Verfasserin]
2
4
sogenannten Respekt der Hochschätzung, wohin gegen man der inhärenten Würde einen
Respekt der moralischen Achtung abverlangt. Wichtig hierbei ist, dass man sich, im Vergleich
zum Respekt der Hochschätzung, den Respekt zur moralischen Achtung nicht verdienen kann.
Diese moralische Achtung wird von Grund auf anderen gegenüber geschuldet, völlig
ungeachtet dessen, welchen Leistungen, Taten oder Ämtern diese Personen nachgehen.
Folglich ist laut Schaber diese moralische Achtung der inhärenten Würde zu schulden. Aus
dieser Schlussfolgerung leitet er ab, dass Würde etwas Normatives ist, das man annehmen
oder gegen das man verstoßen kann. 9 Im Folgenden wird unter Würde immer die inhärente
Würde gemeint.
Wenn man gegen die Würde verstößt, handelt es sich um eine Verletzung eines Rechts bzw.
eines Anspruchs, welche Personen anderen gegenüber geltend machen können und sollen.
(müssen) Auf die Frage, die Schaber sich selbst stellt, welcher Anspruch mit Würde gemeint
sei, verweist er auf sogenannte paradigmatische Verletzungen10, die in ihrer Definition
deutlich machen, was genau sie beim Menschen verletzen. So sei Demütigung eine Form der
Würdeverletzung, da sie auf die Selbstachtung eines Menschen abziele, denn Demütigung
beeinträchtige die Selbstachtung. Hieraus leitet Schaber also ab, dass Würde mit dem
Anspruch sich selbst achten zu können einhergeht.11
Sein Vorschlag hinsichtlich der Definition von Würde lautet nun, dass Würde der Anspruch
auf Selbstachtung ist. Der Begriff der Selbstachtung wird häufig mit dem der
Selbstwertschätzung gleichgestellt. Selbstwertschätzung bezieht sich laut Schaber jedoch auf
die
Bewertung
eigener
Fähigkeiten
und
Leistungen.
Überdies
misst
sich
die
Selbstwertschätzung nur am eigenen Wert, den man einer Sache selbst beimisst. Der
Anspruch auf Selbstachtung hingegen ist nicht als Anspruch darauf zu verstehen, wann man
auf sich selbst etwas halten darf.12
Selbstachtung wird gemäß Schaber so verstanden, dass es hierbei um die Art und Weise des
Umgangs mit sich und anderen geht. Das Selbst soll vom Menschen selbst und von anderen
stets geachtet werden.13 Wobei das Selbst achten als "[…] das Recht einer jeden Person, über
wesentliche Bereiche des eigenen Leben[s] verfügen zu können […]"14 zu verstehen ist.
9
Vgl. Schaber, Peter (2010): Instrumentalisierung und Würde. Paderborn: Mentis. S.48.
Ebd., S.49. [Hervorhebung im Original]
11
Vgl. Ebd.
12
Vgl. Ebd., S.50.
13
Vgl. Ebd., S.52.
14
Ebd., S.52.
10
5
Diesen Anspruch auf Selbstachtung besitzt jeder Mensch und diesen kann auch niemand
verlieren.
Allerdings ist es möglich, dass das grundlegende Recht auf Selbstachtung von einem selbst
oder von anderen verletzt werden kann.15 Der Ausdruck "[e]in Leben in Selbstachtung zu
führen"16 impliziert, dass man dieses Recht nicht nur besitzt, sondern auch im Stande dazu ist
es auszuführen. Zudem gilt laut Schaber als Kondition, dass jemand von anderen nicht in
diesem Recht eingeschränkt wird oder man sich selbst der Ausübung dieses Rechts entzieht.17
Demgemäß kann man also festhalten, dass man nach Schaber nicht nur Pflichten gegenüber
anderen, sondern auch sich selbst gegenüber hat.
Eine weitere wesentliche Bedingung die erklärt eben, was es heißt, einen Anspruch auf
Selbstachtung zu haben, der Zusammenhang wird nicht klar stellt die Möglichkeit einer Wahl
zwischen akzeptablen Optionen dar, wobei hier Schaber unter akzeptablen Optionen solche
versteht, die man aus persönlichen Gründen wählt. Nein, aus objektiven Gründen vgl. S. 52
Nur die selbstbestimmte Wahl zwischen verschiedenen Optionen lässt einen über die
wesentlichen Bereiche welche sind das eigentlich? seines Lebens verfügen.18 Die
entsprechenden Gründe, die man für eine Wahlmöglichkeit aufbringt, sind stets subjektiv,
müssen aber rational nachvollziehbar sein. Besser. So nennt hier Schaber beispielsweise
religiöse Überzeugungen, die ein Gläubiger als Gründe hat, ein Atheist aber nicht. Beide
haben also von Grund auf verschiedene Überzeugungen, was wiederrum zur Folge hat, dass
beide verschiedene Gründe zur Wahl von entsprechenden Optionen vorweisen.19 Aber wo
bleibt da jetzt die rationale Nachvollziehbarkeit? Sie fragen nicht wirklich kritisch nach, was
dieser Passus für Schaber bedeutet, Sie referieren den Text bei Schaber, gehen aber nicht
wirklich „hinter“ ihn.
Speziell das Einstehen für eigene Rechte in Fällen der externen Bedrohung nennt Schaber als
exemplarische Form der Selbstachtung und verweist hier auf Thomas Hills Zitat:
One must respect one's own moral rights; and this amounts to having a kind of selfrespect incompatible with servility.20
15
Vgl. Schaber, Peter (2010): Instrumentalisierung und Würde. Paderborn: Mentis. S.52.
Ebd.
17
Vgl. Ebd.
18
Vgl. Ebd.
19
Vgl. Ebd.
20
Vgl. Hill, Thomas (1991): Servility and Self-Respect. In: Autonomy and Self-Respect. Cambridge: University
Press. S.13.
16
6
Schabers Ansicht über die Bedeutung von Würde bzw. der Anspruch auf Selbstachtung lässt
sich mit seinen abschließenden Worten zusammenfassen:
Wer sich selbst achtet, tritt als jemand auf, der ein Recht hat, über die wesentlichen
Bereiche seines Lebens zu verfügen. Er wird dieses Recht und die moralischen
Rechte, welche ein Leben mit akzeptablen Optionen schützen, anderen gegenüber
notfalls einfordern. […] Das Selbst achten, heisst [sic!], dieses Recht und die sich
daraus ergebenden Rechte achten. Wenn ich diese Rechte geltend mache, achte ich
mich selbst.21
2.2 Armut als Würdeverletzung
Nachdem Schaber deutlich gemacht hat, dass das Recht auf akzeptable Optionen und die
Achtung dieses Rechts von anderen wesentliche Bedingungen für den Anspruch auf
Selbstachtung sind, leitet er aus diesen weiter moralische Rechte ab. Die Aufgabe der
moralischen Rechte ist es, den Würdeanspruch zu sichern und zu gewährleisten, sowie die
entsprechenden Bedingungen dafür bereitzustellen und zu bewahren.22
Moralische Rechte dürfen aber keineswegs mit dem Begriff der Würde oder der
Menschenrechte gleichgestellt werden. Denn Würde bezeichnet den Anspruch auf
Selbstachtung, aus dem sich, wie oben bereits erwähnt, moralische Rechte ableiten. Diese
Rechte schützen die Mittel, die notwendig sind, um ein Leben nach eigener Bestimmung
führen zu können. Als Beispiele führt Schaber hier das Recht sich frei bewegen zu können
und das Recht auf Eigentum an. Diese Rechte fordern also mitunter die Autonomie des
Menschen zu respektieren. Autonomie umfasse "[…] das Recht auf die Ausübung der
Fähigkeit, sich nach eigenen Gründen zu bestimmen."23 Allerdings muss auch hier wieder
beachtet werden, dass Autonomie nicht mit dem Anspruch auf Selbstachtung gleichzustellen
ist.24 Das Recht auf Selbstachtung hingegen bedeutet "[…] über wesentliche Bereiche des
eigenen Lebens zu verfügen und die Rechte auszuüben, welche die notwendigen Bedingungen
der Selbstachtung schützen."25 Was ist aber der Unterschied zur Autonomie?
Ein wesentlicher Punkt, den Schaber aufführt, ist der Punkt der Armut. Ihm zu Folge
ist eine wesentliche Bedingung den Würdeanspruch geltend zu machen, dass man kein Leben
in absoluter Armut führen muss und man demgemäß das moralische Recht auf
21
Schaber, Peter (2010): Instrumentalisierung und Würde. Paderborn: Mentis. S.53.
Vgl. Ebd., S.59.
23
Ebd., S.61.
24
Vgl. Ebd., S.60f.
25
Ebd., S.62.
22
7
Grundversorgung besitzt.26
Menschenwürde
dar.
Also
Hierbei
stellt
beruft
Armut
er
für Schaber eine
sich
auf
Artikel
Verletzung der
25
der
UN-
Menschenrechtsdeklaration27, welche besagt:
Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie
Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung,
ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen, sowie das Recht auf
Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im
Alter sowie bei anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete
Umstände.28
Derjenige, der ein Leben in Selbstachtung führen will, muss ein Recht auf materielle
Grundversorgung besitzen. Ein weiteres Recht ist das Recht auf Grundausbildung.29 Um ein
Leben in Selbstachtung führen zu können, d.h. ein Recht auf Selbstverfügung zu haben,
benötigt man, wie bereits oben erwähnt, die Wahl zwischen akzeptablen Optionen. Materielle
Grundversorgung gewährleistet dieses Recht. Es ist wichtig zwischen moralischen Rechten
die zum einen die Mittel schützen und zum anderen solchen, die die inhärente Würde auf
direkte Weise schützen, zu unterscheiden.30
Grundlegend unterscheidet Schaber zwischen relativer und schwerer Armut31. Relative Armut
wird am Standard der entsprechenden Gesellschaft gemessen. Die Grundbedürfnisse in dieser
Gesellschaft gelten als anerkannte Ansprüche von Personen. Grundbedürfnisse nimmt
Schaber hier als irritierenden Begriff wahr d.h,? , da diese Grundbedürfnisse von den
Menschen selbst erhoben werden. Dies hat entsprechend zur Folge, dass Menschen in
wohlhabenderen
Gesellschaftsschichten
ein
völlig
anderes
Verständnis
von
Grundbedürfnissen haben, als andere aus niederen Schichten.32 Grundbedürfnisse unterliegen
also scheinbar einem stark subjektivem Empfinden. Schwere Armut hingegen trifft
Menschen, die "[…] pro Tag [mit] weniger als 1,25$ […]"33 auskommen müssen. Diesen
26
Vgl. Ebd., S.59.
Vgl. Ebd.
28
Vgl. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Artikel 25.
http://www.un.org/depts/german/grunddok/ar217a3.html (04.01.2012)
29
Vgl. Schaber, Peter (2010): Instrumentalisierung und Würde. Paderborn: Mentis. S.106.
30
Vgl. Ebd., S.108f.
31
Ebd., S.112. [Hervorhebung durch die Verfasserin]
32
Vgl. Ebd., S.112.
33
Ebd.
27
8
Menschen fehlen Güter, "[…] die für jede mögliche Form des guten Lebens in jeder
denkbaren Gesellschaft der Welt von essentieller Bedeutung sind."34
Schaber postuliert, dass im Normalfall Armut keine Folge absichtlicher Handlungen Dritter
sei. Vielmehr sei Armut "[…] die nicht intendierte Nebenfolge des Tuns vieler anderer, und
oft auch gar nicht das Resultat des Tuns, sondern vielmehr von Unterlassungen anderer."35
Die Würdeverletzung, die mit Armut in Verbindung gebracht werden kann, kommt erst dann
zum Tragen, wenn jemand eine würdeverletzende Handlung an mir begeht.36
Die Frage, die sich Schaber nun stellt ist, inwiefern denn relative oder schwere Armut
würdeverletzend sein kann. Rein intuitiv schlägt er vor, dass wohl der Mangel an Grundgütern
selbst der Grund sei. Dieser versetzt Menschen in Leid und verletzt somit die Würde dieser,
da sie nicht im Stande sind ein gutes Leben führen zu können. Diesen Vorschlag verwirft
Schaber jedoch, da es in der Tat Fälle gibt, in denen Menschen sich selbst dazu entschließen
ohne Güter, die ein gutes Leben ermöglichen, zu leben.
Hier nennt er als Beispiel Menschen, die in Askese leben. Diese Menschen wählen selbst die
Art und Weise wie und wovon sie leben möchten.37 So schlussfolgert Schaber an dieser
Stelle, dass der erzwungene oder grundlose Mangel an Gütern die Würdeverletzung darstellt.
Allerdings verwirft er hier erneut diesen ersten Vorschlag.
So führt er das Beispiel eines Schiffbrüchigen an, der auf einer einsamen Insel gestrandet ist
und folglich einsam verhungert.38 Zwar sei dies ein schlimmer Fall, aber dennoch keine
Würdeverletzung. In der Tat ist er ab einem gewissen Zustand nicht länger dazu in der Lage
über sein Leben frei verfügen zu können. Allerdings ist kein Mensch hierfür verantwortlich,
es ist lediglich der unglücklich Umstand, der ihn in diese Lage versetzt. Folglich missachtet
ihn niemand, kein anderer Mensch ist der unterlassenen Hilfeleistung39 schuldig und könnte
somit seine Würde verletzen.40 Er besitzt zwar das Recht auf Selbstverfügung, es bleibt
unabsichtlich unerfüllt. Also: Entwürdigend können nur Taten anderer sein?
Für Henry Shue ist Armut deshalb entwürdigend, da arme Menschen nicht in der Lage sind
ihre Rechte wahrzunehmen.41 Doch dies ist nicht die entsprechende Begründung für Schaber,
34
Ebd.
Ebd., S.111.
36
Vgl. Ebd., S.112.
37
Vgl. Schaber, Peter (2010): Instrumentalisierung und Würde. Paderborn: Mentis. S.113.
38
Vgl. Ebd., S.113f.
39
Vgl. Ebd., S.52. Schaber postuliert hier, dass das Recht auf Selbstachtung von anderen, wie auch von einem
selbst geachtet werden muss. Dieser interessante Punkt hätte etwas vertieft werden können.
40
Vgl. Ebd., S.113f.
41
Vgl. Ebd., S.114.
35
9
sondern das Factum, dass die Armut grundsätzlich "[…]verhindert, überhaupt Ansprüche
geltend machen zu können [und] Menschen nicht in einer Weise auftreten können, die zur
Realisierung der besagten Rechte führt."42 So können Menschen die in Armut leben nicht das
Leben genießen, da sich keine Grenze zwischen Arbeit und Freizeit ziehen lässt. Also ist jetzt
die Armut selbst oder sind nur die Taten von Menschen entwürdigend? In Armut lebende
Menschen sind wohl eher stets damit beschäftigt, sich um ihre Existenz zu sorgen. Sie haben
dazu wenige oder keine Alternativen und auf diese Weise ist es wohl kaum möglich über
eigene Bereiche ihres Lebens frei verfügen zu können.
Ebenso, so führt Schaber an, leiden Menschen, die in Armut leben, z.B. Slumbewohner, an
physischer Gewalt. Diese sei eine Verletzung des Rechts auf physische Integrität und ohne
Zweifel eine Verletzung der Würde. Allerdings ist es hier nicht die Armut, die explizit
würdeverletzend ist, sondern vielmehr die physische Gewalt und diese gehört laut Schaber
nicht zum Begriff der Armut und somit wäre Armut selbst nicht würdeverletzend.43
Schaber verwirft jedoch all diese Annahmen. Zuvor klang es so, als vertrete Schaber einiges
davon! So kann man das also nicht präsentieren. Man muss schreiben: Schaber baut die
Interpretationen 1, 2 und 3 auf, Für 1 spricht nach Schaber s, für 2 n usw., aber am Ende
verwirft er 1-3 zugunsten von 4… Ihm zu Folge ist Armut letztlich deshalb würdeverletzend,
da Armut Menschen von anderen Menschen abhängig macht und somit "[…] keine Wahl
zwischen akzeptablen Optionen haben."44 So postuliert Schaber:
Würdeverletzend ist Armut, sofern sie Menschen anderen Menschen ausliefert, sofern
sie dafür verantwortlich ist, dass das eigene Überleben sowie auch die Weise des
Überlebens in den Händen anderer liegt. Menschen, die in Armut leben müssen, sind
nicht in der Lage, ihr eigenes Leben gegen andere zu behaupten.45 Hier müssten Sie
nachhaken: Die Frage ob Armut selbst oder nur ein Handeln anderer an Ihnen
entwürdigend sein kann, bleibt immer noch offen. Und wie ergibt sich diese
Ablehnung der Abhängigkeit aus Schabers sonstigen Würdedefinitionen?
Allerdings muss dies nicht zwingend so sein. So kann es beispielsweise Fälle der relativen
Armut geben, in denen es Menschen trotzdem möglich ist ein unabhängiges Leben zu
42
Ebd., S.115.
Vgl. Schaber, Peter (2010): Instrumentalisierung und Würde. Paderborn: Mentis. S.116.
44
Ebd.
45
Ebd.
43
10
führen.46 Allgemein gilt für Schaber, dass "[…] [j]e größer die Armut [ist], desto grösser [ist]
diese besondere Form der Abhängigkeit von anderen."47 Dies sei mit der bestehenden
Korrelation zwischen zunehmender Armut, zunehmendem Mangel an akzeptablen Optionen
und somit zunehmender Abhängigkeit von anderen zu begründen. Folglich ist die Situation
des Bittstellens für den Bittsteller entwürdigend, auch wenn seine Bitte gewährt wird.48
Aufgrund der würdeverletzenden Abhängigkeit ist die Wahl zwischen akzeptablen Optionen
stark einschränkt oder gar völlig verhindert.49 Als Resultat können sich die von Armut
geplagten Menschen "[…] nicht als eigenständige Personen behaupten […] [.]"50 Dies verletzt
demgemäß die Selbstachtung. Weil? Diese ist nicht mit dem Recht auf minimale
Grundversorgung gleichzusetzen, vielmehr ist dieses Recht auf minimale Grundversorgung
eine notwendige Bedingung für die Selbstachtung, da die Grundversorgung ein Garant für
eine Wahl an akzeptablen Optionen darstellt.51
Allerdings wirft Schaber hier ein, dass eine gewisse Abhängigkeit unter den Menschen zur
conditio humana gehört. Wie also kann Abhängigkeit als würdeverletzend betrachtet werden?
Hierauf antwortet er, dass es sich um eine besondere Form der Abhängigkeit handelt.
Diese liege vor "[…] wenn es um lebenswichtige Güter geht, und Personen keine Wahl
zwischen akzeptablen Optionen haben, wenn es darum geht, sich Zugang zu diesen Gütern zu
verschaffen."52
Darüber hinaus schließt Schaber, dass die Menschen, die dazu in der Lage sind,
würdeverletzende Armut nicht einfach nur hinnehmen dürfen, sie müssen etwas dagegen tun,
da "[…] die Würde anderer Menschen uns verpflichtet […][.] Sie [die Abhängigkeit von
anderen] abzuschaffen, ist die moralische Pflicht derer, die dazu in der Lage sind."53
2.3 Zwischenfazit
Zusammenfassend ist festzustellen, dass nach Schaber jeder Mensch die inhärente Würde inne
hat. Diese kann durch paradigmatische Verstöße verletzt, jedoch nicht verloren werden. Das
Recht auf Selbstachtung ist von jedem Menschen, sowie auch die eigene von einem selbst, zu
achten. Die Wahl zwischen Akzeptable Optionen stellen eine notwendige Bedingung dar, um
ein Leben in Selbstachtung führen zu können.
46
Vgl. Ebd.
Ebd.
48
Vgl. Ebd., S.117.
49
Vgl. Ebd.
50
Ebd.
51
Vgl. Ebd., S.117f.
52
Schaber, Peter (2010): Instrumentalisierung und Würde. Paderborn: Mentis. S.119.
53
Ebd.
47
11
Durch mangelnde Grundversorgung kommt es zu einer Form der Armut, die würdeverletzend
ist. Dies begründet Schaber damit, dass eine besondere Form der Abhängigkeit gegenüber
anderen entsteht, man keine akzeptablen Optionen im Hinblick auf Grundgüter besitzt und
man nicht im Stande ist, sich selbst als eigenständige Person wahrzunehmen und von anderen
wahrgenommen zu werden.
Hinsichtlich Schabers Argumentation lassen sich allerdings einige Kritikpunkte feststellen,
die nun anschließend erörtert werden.
3. KRITIK GENERELL SOLLTE MAN SICH MEHR RAUM FÜR DIE DARSTELLUNG
NEHMEN.
HÄLFTE KRITIK,
HÄLFTE
DARSTELLUNG
IST NICHT GÜNSTIG.
ZWEI
DRITTEL DARSTELLUNG EIN DRITTEL KRITIK IST BESSER.
Im Folgenden sollen nun diverse Ansätze Schabers näher betrachtet und kritisiert werden.
Dabei erfolgt das Vorgehen chronologisch nach Schabers Werk Instrumentalisierung und
Würde.
D.h. Sie wollen das ganze Buch kritisieren, Stück für Stück? Oder die für Ihr Thema
relevanten Stellen? Zu unspezifische Ankündigung.
Zu Beginn wird bei der inhärenten und kognitiven Würde allgemein geprüft, ob beiderlei
Begriffe überhaupt als Würde an sich was ist das? gefasst werden können. Anschließend wird,
hinsichtlich der Selbstachtung, das Dilemma in Bezug auf Verpflichtender und Verpflichteter
in einer Person näher (besser gesagt: in Bezug auf Pflichten gegenüber sich selbst betrachtet
werden. Darüberhinaus wird der Begriff der Demütigung als paradigmatische Verletzung
näher betrachtet. Überdies wird bei der Selbstachtung, im Hinblick auf die Armut, eine
Inkonsistenz in Schabers Beispielen aufgedeckt. Weiter wird in Erwägung gezogen, ob
schwere Armut zwingend würdeverletzend sein muss.
Ein meines Erachtens wichtiger Kritikpunkt an Schabers Ansatz ist seine Differenzierung
zwischen der inhärenten und der kontingenten Würde54. Handelt es sich denn tatsächlich bei
beiden Begriffen um Würde?
Die Art des Respekts, die dieser welcher jetzt? Offenbar der kontingenten, von der Schaber
sich sowieso abgrenzt Würdeform entgegengebracht wird, ist der Respekt der Hochschätzung.
D.I.? Textbezug? Allein hier ist der Begriff der Schätzung enthalten. Wenn nun etwas
54
Vgl. Schaber, Peter (2010): Instrumentalisierung und Würde. Paderborn: Mentis. S.47.
12
hochgeschätzt wird, so handelt es sich um einen Wert, der geschätzt wird. Also schätzen =
hochschätzen? Warum dann beides differenzieren? Wenn etwas oder in diesem Falle
jemandem ein gewisser Wert beigemessen wird, geschieht dies von außen, also von anderen
Menschen. Es ist hier unklar, ob man diese Art der Wertschätzung wirklich unter eine Form
von Würde greifen ?A sollte. Vor allem bei der sozialen Würde spricht man zwar oftmals von
der würdevollen Frau Richterin, doch bezieht man sich nicht eher auf das Niveau, als auf die
"tatsächliche" Würde? ??
Vor allem bleibt ungeklärt, welche weiteren Eigenschaften die Form der kontingenten Würde
auszeichnen und auf welche Art und Weise die Berufe des Richters oder des Bischofs zur
dieser Würde führen. Um die kontingente Würde tatsächlich als Form der Würde zu fassen,
bedürfte es meiner Meinung nach weiterer Klärung. Welche Rolle spielt diese Würde aber für
Schaber? Wohl kaum eine.
Ein weiterer Punkt, den er bezüglich der möglichen Würdeverletzung anführt, ist der der
Demütigung. Dies sei eine paradigmatische Verletzung, aus der heraus er versucht, den
Anspruch, der mit Würde gemeint sei, abzuleiten.55 Allerdings gibt Schaber hier keine nähere
Definition von Demütigung, sondern verweist lediglich darauf, dass es deshalb eine Form der
Würdeverletzung sei, da sie auf die Selbstachtung eines Menschen abzielt. Dies ist meiner
Meinung nach ein Begriff, den Schaber zwingend näher hätte erläutern sollen, zumal er
aufgrund dieser Aussage ableitet, dass Würde mit dem Anspruch, sich selbst achten zu
können, einhergeht.
Ein weiterer allgemeiner Kritikpunkt betrifft Schabers
ungenaue Definition von
Selbstachtung. Würde, so Schaber, ist der Anspruch auf Selbstachtung. Zum einen formuliert
er Selbstachtung als ein Recht, nämlich das Recht über eigene Bereiche des Lebens selbst
verfügen zu können. Zum anderen jedoch formuliert er auch Pflichten, die sich daraus
ergeben. Es ist die Pflicht, dass man niemandem in seinem Recht auf Selbstachtung
einschränkt oder man sich sogar selbst dieser Ausübung entzieht.56
Diesen Punkt begründet Schaber damit, dass die Würde anderer von einem selbst geachtet
werden müsse, da man dies der Würde des anderen schuldet und diese nicht verletzt werden
darf. Somit leitet sich für Schaber daraus ab, dass folglich auch die eigene Würde nicht
verletzt werden darf, auch nicht von mir selbst, wie z.B. durch Verleugnung. Die Würde ist
55
56
Vgl. Ebd., S.49.
Vgl. Schaber, Peter (2010): Instrumentalisierung und Würde. Paderborn: Mentis. S.52.
13
deshalb unveräußerlich, da man sich nicht von ihrem Recht A. und somit auch nicht von ihr
als Pflicht sich selbst und anderen gegenüber entsagen kann.57
Schabers Ansatz ist hier praktisch nicht umsetzbar. Theoretisch ist da erst recht einiges faul.
Zwar ist es nachvollziehbar, dass die Würde eines anderen, so wie die eigene, stets geachtet
werden sollte. Dies ist damit zu begründen, da jeder das Recht auf Würde ? bei allen
Menschen besitzt, somit habe auch ich die Pflicht dieses Recht der anderen, so auch meines
selbst, zu achten. Sich allerdings selbst als Verpflichtender und Verpflichteter in einer Person
zu sehen ist praktisch unmöglich. Aber dagegen argumentiert Schaber doch seitenlang. Das
muss man wenigstens würdigen… Wenn dies der Fall ist, ist man selbst doch jederzeit im
Stande sich selbst von seinem Recht und somit auch von seiner Pflicht zu entbinden.58
Selbst die Begründung darauf zu stützen, dass man sich deshalb dieser Pflicht nicht entsagen
kann, da man sich ihrem Recht nicht entziehen kann, ist theoretisch vielleicht akzeptabel, aber
in der Praxis keineswegs realistisch anwendbar. ???
Im Folgenden lässt sich eine Inkonsistenz Schabers bezüglich der Selbstachtung, im Hinblick
auf die Armut, und der Möglichkeit über eigene Bereiche selbst verfügen zu können,
feststellen.
Bei Schaber stelle die Abwesenheit von Grundgütern insofern einen Mangel dar, da diese
Abwesenheit die Wahl zwischen akzeptablen Optionen einschränkt und somit auch das Leben
in Selbstachtung beeinträchtigt. Entsprechend führt er das Beispiel der freiwilligen
Selbstversklavung an. Ihm nach ist sie zwar verträglich mit der Idee der Freiheit, da diese
Wahl selbst getroffen wurde, allerdings nicht mit der Idee der Würde des Menschen und ist
deshalb nicht zu akzeptieren.59
Später verweist Schaber jedoch auf die Lebensweise des Asketen und postuliert, dass es die
eigene Wahl dieser Menschen ist, von wenigen Grundgütern, die ein gutes Leben kaum
ermöglichen, zu leben.60 Wenn nun die freiwillige Versklavung aufgrund der Verletzung der
Menschenwürde nicht zu dulden ist, müsste auch die freiwillige Wahl in Askese zu leben
mindestens ebenso eine Verletzung der Menschenwürde darstellen. Beide Formen sind auf
freiem Willen getroffen worden, aber verletzen beide – wenn auch in wohl unterschiedlichem
Maße – die Menschenwürde. Aber wieso verletzt der Asket die Würde? Das setzen Sie
voraus! Hier lässt sich eine entsprechende Inkonsistenz seiner Argumentation wiederfinden.
57
Vgl. Ebd., S.73f.
Vgl. Ebd., S.69. Diesen Punkt untersucht Schaber sogar selbst, meint ihn aber letztlich anhand der oben
genannten Begründung manifestieren zu können.
59
Vgl. Ebd., S.74.
60
Vgl. Schaber, Peter (2010): Instrumentalisierung und Würde. Paderborn: Mentis. S.113.
58
14
Einerseits ist es Schaber zufolge möglich aufgrund freien Willens selbst entscheiden zu
können und begründet somit das akzeptable Leben in Askese. Zum anderen jedoch kollidiert
dieser freie Wille mit der Menschenwürdeforderung und macht die freie Wahl auf ein Leben
in Selbstversklavung wiederrum nicht respektabel. Aber an Selbstverskalvung sind doch
Aspekte wie Abhängigkeit von anderen etc. das Problem, die es beim Asketen nicht gibt.
Zudem ist Selbstversklavung irreversibel, Asketentum nicht (74).
Speziell in Bezug auf Armut als Würdeverletzung zieht Schaber die Schlussfolgerung, dass
sie deshalb würdeverletzend sei, da sie Menschen von anderen Menschen abhängig macht und
es ihnen nicht weiter ermöglicht sich Zugang zu lebensnotwendigen Gütern zu verschaffen.61
Aufgrund seiner vorangegangen Argumentation kann ich dieser Aussage jedoch nicht
vollständig zustimmen.
Gemäß Schaber sei ein gewisser Bedarf an Grundgütern Voraussetzung dafür, ein gutes
Leben führen zu können. Dies ist also nicht möglich, wenn man in schwerer Armut lebt.
Zudem versetzt diese schwere Armut Menschen in die oben genannte Abhängigkeit.
Allerdings muss meines Erachtens schwere Armut nicht zwingend würdeverletzend sein.
Dies begründe ich damit, dass im Falle der schweren Armut der Zustand der Abhängigkeit gar
nicht erst erreicht werden muss. Im Grunde ist es durchaus möglich, dass Mitmenschen, wie
z.B. Freunde, sich sehr hilfsbereit zeigen und den Armen Güter in ausreichender Menge
schenken, so dass diese doch im Stande sind ein für sich gutes Leben führen zu können. Somit
kommt es erst gar nicht zu einer Situation des entwürdigenden Bittstellens oder der
entwürdigenden Abhängigkeit. Na ja, weil die Freunde die Bitte vorwegnehmen, an der
Abhängigkeitsrelation ändert das aber nichts. Diese Situationen werden sozusagen von
vornherein umgangen. Aus Gnade der Freunde… Natürlich herrscht insofern eine gewisse
Abhängigkeit von diesen Freunden, da man sie im Gegenzug nicht einfach missachten könnte.
Allerdings denke ich nicht, dass man gegenüber seinen Freunden diese Absicht inne hat,
gerade nach dieser mehr als freundschaftlichen Geste. Und gibt es solche Freunde für
Somalis?
Überdies postuliert Schaber, dass Armut erst dann als etwas Würdeverletzendes anzusehen ist,
wenn jemand eine würdeverletzende Handlung an einem begeht. Diesen Punkt scheint er in
seiner Conclusio allerdings zu übergehen. Hier spricht er lediglich von einer besonderen Form
der Abhängigkeit, im Hinblick auf die Möglichkeit sich Zugang zu lebensnotwendigen Gütern
61
Vgl. Ebd., S.119.
15
zu verschaffen. Ob eine würdeverletzende Handlung weiterhin als Voraussetzung für Armut
als Würdeverletzung anzusehen ist bleibt ungeklärt. Das ist ein guter Punkt, den Sie noch
stärker machen könnten.
4. HARTZ IV ALS ANWENDUNGSFALL
Für Peter Schaber gilt schwere Armut als Würdeverletzung, da Menschen in einen schweren
Zustand von Abhängigkeit versetzt werden und keinerlei akzeptable Optionen im Leben
haben. Ich werde diese Grundauffassung Schabers anhand des Anwendungsfalles Hartz IV
näher untersuchen und prüfen, ob seine Meinung schlichtweg so vertreten werden kann. Na
ja, Sie haben die Meinung ja schon ohne Hartz IV nicht akzeptiert…
Im Folgenden werden nun grundlegende Informationen über das Konzept Hartz IV dargestellt
und auf die Vereinbarkeit mit dem Menschenwürdeverständnis nach Schaber untersucht.
4.1 Grundlegende Informationen über Hartz IV
Hartz IV ist am 1. Januar 2005 in Kraft getreten62 und impliziert die Zusammenlegung von
Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe.63 "Beim Alg II wird der Leistungsanspruch für den
Arbeitslosen und seine Familie […] gemeinsam ermittelt."64 Es werden also sogenannte
Bedarfsgemeinschaften erstellt. Die Leistungsansprüche werden anhand von Einkommen und
Vermögen aller Personen der Bedarfsgemeinschaft ermittelt.65
So hat ein volljähriges Kind unter 25 Jahren, das im selben Haushalt der Eltern lebt, lediglich
Anspruch auf 80% der Regelleistung. Dies kann meines Erachtens damit begründet werden,
da Eltern im Haushalt lebende Kinder mitfinanzieren und aufzubringende Kosten von Seiten
des Kindes nicht zu 100% übernommen werden müssen.
Der aufgeführten Tabelle (vgl. Abb.1) ist nun der aktuelle Regelsatz in Euro und der
entsprechende
Prozentsatz
des
Höchstsatzes
der
Regelleistung
verschiedener
Personengruppen aufgeführt.
Der Regelsatz bemisst sich nach verschiedenen Bedürfnissen, wie Nahrung, Freizeit,
Bekleidung, Telekommunikation, Hygieneartikel etc. eines jeden Hartz IV Empfängers. Die
jeweilige Gewichtung des Bedarfsbereiches ist als Prozentzahl der Regelleistung angegeben
(vgl. Abb.2).
62
Vgl. Was ist Hartz IV?. Sozialleistungen.info.
http://www.sozialleistungen.info/hartz-iv-4-alg-ii-2/was-ist-hartz-iv.html (10.01.2012).
63
Vgl. Gillen, Gabriele (2004): Hartz IV – Eine Abrechnung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. S.17.
64
Was ist Hartz IV?. Sozialleistungen.info.
http://www.sozialleistungen.info/hartz-iv-4-alg-ii-2/was-ist-hartz-iv.html (10.01.2012).
65
Vgl. Ebd.
16
Abb.1: Regelsatz für verschiedene Personengruppen unter Berücksichtigung
aktueller Änderungen vom 01.01.2012
Über diese Regelleistung hinaus gibt es zusätzlich sogenannte Mehrbedarf-Geldleistungen.
Diese werden beispielsweise an Mütter nach der 12. Schwangerschaftswoche oder an
Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern gezahlt.66
Abb.2: Bedarfsaufteilung der Regelleistung
4.2 Ist Hartz IV konform mit Schabers Verständnis von Menschenwürde?
Um laut Schaber seinen Würdeanspruch geltend zu machen, ist es nach ihm eine wesentliche
Bedingung kein Leben in Armut führen zu müssen. Aus diesem Grunde hat ein Mensch das
Recht auf Grundversorgung.
Das Ziel von Hartz IV sei "[…] die Wiedereingliederung von (Langzeit-)arbeitslosen in den
ersten Arbeitsmarkt, die Erhöhung der Chancen hierauf und die Verbesserung der Betreuung
durch die Agentur für Arbeit."67 Die entsprechende Regelleistung richtet sich nach den
66
Vgl. Regelsatz, Mehrbedarf und zusätzliche Leistungen beim Arbeitslosengeld II. Sozialleistungen.info.
http://www.sozialleistungen.info/hartz-iv-4-alg-ii-2/alg-ii-leistungen.html (11.01.2012)
67
Was ist Hartz IV?. Sozialleistungen.info.
http://www.sozialleistungen.info/hartz-iv-4-alg-ii-2/was-ist-hartz-iv.html (10.01.2012)
17
Grundbedürfnissen wie Nahrung, Bekleidung, Medikamente etc.68 Somit ist eine
Grundversorgung
durch
Hartz
IV
gegeben
und
der
Artikel
25
der
UN-
Menschenrechtsdeklaration gesichert.
Eine materielle Grundversorgung gewährleistet laut Schaber ein Leben in Selbstachtung
führen zu können, da man durch diese Grundversorgung die Wahl zwischen akzeptablen
Optionen wahrnehmen kann.
Die Frage, die sich hier stellt ist, ob es dies Sprache ebenso auf Hartz IV Empfänger zutrifft.
Betrachtet man die Regelleistung eines volljährigen Alleinstehenden, so ist es doch fraglich,
ob 374€ eine Wahl an akzeptablen Optionen zulässt. Vielmehr stellt dieser Betrag wohl eher
einen Grundbetrag dar, der die lebensnotwendigen Komponenten abzudecken pflegt. Jedoch
wird diese Person wohl weniger im Stande dazu sein, in einem gehobenen Supermarkt
einzukaufen als im Discounter.
Allerdings fällt er mit dem Gesamtbetrag von 374€ im Monat auch nicht unter die 1,25$/Tag
Grenze und ist mit 12,06€ (entspricht 9,47$) nicht in die Kategorie der schweren Armut zu
zählen. Bei den heutigen Verhältnissen, vor allem in Anbetracht der 400€-Mini-Jobs, könnte
man diesen Fall in den Bereich der relativen Armut stufen. So fällt bereits ein Singlehaushalt
beispielsweise im Jahre 2005 mit einem Monatseinkommen von weniger als 860€ in den
Bereich des Niedrigeinkommens.69 In der common sense Auffassung tendiere man also wohl
dazu zu sagen, dass dieser Mensch mit einem monatlichen Einkommen von 374€ nicht im
Stande ist ein gutes Leben zu führen.
Doch laut Schaber ist dies eben nicht der ausschlaggebende Grund weshalb Armut
würdeverletzend ist. Sein Grund ergibt sich aus der daraus folgenden Abhängigkeit von
anderen Menschen. Diesen Punkt führt er genauer aus und spricht in diesem Zusammenhang
von einer besonderen Form der Abhängigkeit. Es handelt sich nämlich um diese, wenn die in
Armut lebenden Menschen nicht weiter zwischen akzeptablen Optionen, hinsichtlich des
Zugangs zu lebenswichtigen Gütern, wählen können.
Hartz IV Empfänger haben eher weniger großzügige Optionen, als akzeptable in Schabers
Sinne. ? Satz Somit können diese Menschen wahrscheinlich nicht in "Luxus" leben, sind
allerdings grundversorgt. Wie auch bereits in Kapitel 2.270 erläutert, gibt es allerdings
Menschen, die trotz dem fehlenden "Luxus" einer breiten Auswahl an Optionen im Stande
68
Vgl. auch hierzu Abb.2.
Vgl. Goebel, Gornig, Häußermann (2010): Polarisierung der Einkommen: Die Mittelschicht verliert.
Wochenbericht Nr.24/2010.
http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.357505.de/10-24-1.pdf (10.01.2012)
70
Vgl. Hausarbeit, S.9.
69
18
sind, ein unabhängiges Leben zu führen. Hier kann man durchaus auf Hartz IV Empfänger
verweisen, die ihr Leben als ausreichend und zufriedenstellend empfinden. Diese nehmen
weitere unterstützende Programme wie die Tafeln oder andere, die Menschen mit geringem
Einkommen unterstützen, wahr und führen ein autarkes Leben in Selbstzufriedenheit. Aber
das ist Abhängigkeit von Wohltätigkeit
Auch Avishai Margalit verwies bereits in seinem Werk Politik der Würde auf das Leben in
Autarkie und bezeichnet diese als Fähigkeit "in der Befriedigung unserer Bedürfnisse von
äußeren Dingen und anderen Menschen unabhängig zu sein[.]"71 So könnte man
schlussfolgern, dass diese Menschen sich mit der Situation des Hartz IV Einkommens zu
arrangieren gelernt haben und sich mit dieser gut zurechtfinden.
Die besondere Form der Abhängigkeit die Schaber nennt, lässt sich bei Hartz IV Empfängern
so nicht wiederfinden. Diese Menschen haben zwar eine eingeschränkte Möglichkeit an
Zugängen zu Grundgütern, allerdings ist diese grundsätzlich möglich.
Darüber hinaus könnte man allerdings intuitiv argumentieren, dass das Konzept Hartz IV,
welches vom Sozialstaat ins Leben gerufen wurde, an sich eine gewisse Form der
Abhängigkeit darstellt. Ein Konzept stellt keine Abhängigkeit dar, Sprache! Man hat im
Grunde genommen keine andere Alternative, als Hartz IV zu beziehen, um entsprechend ein
(Über-)leben sicherzustellen. Es bestünde zwar die Möglichkeit sich Hartz IV zu entziehen,
allerdings wäre das wohl mit Obdachlosigkeit verbunden. Außerdem ginge die
Wahrscheinlichkeit, wieder in das Arbeitsleben zurückzufinden, somit gegen Null.
Als
Folge dieser Abhängigkeit könnte man sogar noch einen Schritt weiter gehen und die
Behauptung aufstellen, dass Hartz IV eine gewisse Form der Demütigung darstellt. Wie oben
bereits erwähnt wird Hartz IV anhand des Einkommens sowie des Vermögens berechnet. Um
also den entsprechenden Regelsatz zu ermitteln, ist eine vollständige Darlegung des Hab und
Guts unumgänglich. Viele Menschen fühlen sich somit in ihrer Privatsphäre stark
eingeschränkt, da sie all ihre Vermögensverhältnisse offenlegen müssen; sie haben
diesbezüglich nicht die Möglichkeit auf freiwilliger Basis zu handeln. Entsprechend könnte
man laut Schaber sagen, dass sie sich in diesem Falle nicht als eigenständige Personen fühlen
bzw. empfinden.
Ob Schaber diese Art der Abhängigkeit von Hartz IV als Form der Demütigung versteht,
bleibt aufgrund der fehlenden Definition von Demütigung nicht eindeutig feststellbar. Gut!
Allerdings äußert sich Henning Hahn dazu und sagt, dass lediglich die Folgen von
71
Margalit, Avishai (1999): Politik der Würde. Über Achtung und Verachtung. Frankfurt a.M.: Fischer. S.39.
19
Handlungen, bei denen die jeweilige Freiheit grundlos eingeschränkt wird, als demütigend
bezeichnet werden können.72 In diesem Falle ist dem eben nicht so. Die Einkommens- und
Vermögensverhältnisse werden aus Gründen der Fairness erfragt, um allen Menschen den
gleichen Anspruch auf gleiche Verteilung des Einkommens zu gewährleisten. Schließlich sind
sie auf dieses Geld angewiesen und dient als staatliche Unterstützung. So verweist auch Hahn
auf Michael Walzers Ansicht, dass "[…] der Sozialstaat zwar keine hinreichende Bedingung
der Selbstachtung [darstellt], er [aber] zu ihren Ermöglichungsbedingungen [zählt]."73
Ausführen.
Somit wäre auch nach Schaber der Punkt des Rechtes auf ein Leben in Selbstachtung gedeckt,
ein
möglicher
Lösungsvorschlag
für
die
Begründung
des
Offenlegens
der
Vermögensverhältnisse erläutert und die Behauptung, das Hartz IV Konzept sei eine Form der
grundlosen Einschränkung der Freiheit und somit eine Art der Demütigung, vorerst mit Hilfe
von Hahn und Walzer widerlegt. Aber Sie prüfen doch jetzt nur, ob man mit Schaber Hartz IV
als entwürdigend verstehen kann und füllen Lücken bei Schaber mit Hahn und Walzer. Aber
zuvor hatten Sie doch Schabers Theorie selbst kritisiert und für nicht überzeugend befunden.
Wieso dann also die systematischen Fragen nach Hartz IV mit dieser sowieso nicht
überzeugenden Theorie von Schaber angehen? Sie wollen doch wissen, ob Hartz IV wirklich
eine Würdeverletzung ist. Jetzt wissen Sie nur, dass es gemäß der schlechten Theorie von
Schaber vermutlich keine ist.
72
73
Vgl. Hahn, Henning (2008): Moralische Selbstachtung. Berlin: Walter de Gruyter. S.53.
Hahn, Henning (2008): Moralische Selbstachtung. Berlin: Walter de Gruyter. S.57.
20
5. FAZIT
Schaber zufolge ist die Menschenwürde die inhärente Würde, die jeder Mensch in sich trägt.
Würde ist gelichzusetzen mit dem Anspruch auf Selbstachtung. Diese Würde kann zwar nicht
verloren, aber verletzt werden. Dies geschieht durch paradigmatische Verletzungen wie
Demütigung.
Um ein Leben in Selbstachtung führen zu können ist die Würde des anderen sowie seine
eigene, als auch die damit verbundenen moralischen Rechte von jedem einzelnen zu achten.
Darüber hinaus muss man akzeptable Optionen besitzen und diese selbst in Fällen der
externen Bedrohung notfalls einfordern.
Armut stellt insofern eine Würdeverletzung dar, als dass durch die mangelnde
Grundversorgung eine besondere Form der Abhängigkeit gegenüber anderen entsteht, man
keine akzeptablen Optionen im Hinblick auf die Grundgüter besitzt und man folglich nicht als
eigenständige Person wahrgenommen wird.
Allgemein lässt sich zwar nicht bei Schaber direkt, jedoch im Allgemeinen bei den Begriffen
der inhärenten und kontingenten Würd eine Unklarheit feststellen. ?? Es scheint nicht
eindeutig zu sein, ob sich der Begriff der kontingenten Würde wirklich als Würde fassen lässt.
Zudem führt Schaber den Begriff der Demütigung als paradigmatische Würdeverletzung an.
Allerdings fehlt es hier näherer Erläuterung welche Handlungen explizit als Demütigung zu
fassen sind.
Das Dilemma dessen, dass Verpflichtender und Verpflichteter laut Schaber in einer Person
enthalten sein sollen ist in der Praxis nicht durchführbar. Ebenso lässt sich eine argumentative
Inkonsistenz hinsichtlich des Lebens in Selbstachtung finden. Ein Asket kann sich zwar
freiwillig zu diesem Leben entscheiden und dieses mit einem Mangel an Grundgütern führen,
obwohl dieser Mangel das Leben in Selbstachtung, und folglich die eigene Menschenwürde,
verletzt, da es sein freier Wille ist. Die freiwillige Selbstversklavung ist hingegen nicht
respektabel, obwohl es ebenso der freie Wille ist, jedoch eine Würdeverletzung mit sich zieht.
Anhand des Beispiels der guten Freunde, die Menschen in schwerer Armut
hinsichtlich der Abhängigkeit von vornherein entgegenwirken, ist gezeigt, dass schwere
Armut nicht immer zwingend würdeverletzend sein muss. Inwiefern eine würdeverletzende
Handlung bei der besonderen Form der Abhängigkeit, nämlich die akzeptablen Optionen
hinsichtlich des Zugangs zu Grundgütern wahrnehmen zu können, noch als "Bedingung" für
die Würdeverletzung zählt lässt Schaber offen.
21
Beim Anwendungsfall Hartz IV ist es möglich nach der common sense Auffassung zu dem
Entschluss zu kommen, dass Hartz IV menschenunwürdig sei. Diese Menschen sind nicht im
Stande ihr Leben nach ihrem Interesse zu gestalten, da ihnen schlichtweg Mittel fehlen. Somit
ist ein jährlicher Familienurlaub oder ein neues Auto eher unmöglich. Im relativen Sinne sind
Hartz IV Empfänger nicht gut situiert, allerdings fallen sie laut Schaber nicht in den Bereich
der schweren Armut.
Auch ich kann hier Schaber zustimmen, dass Hartz IV nicht menschenunwürdig ist. Wo sagt
er das denn? Sie stellen es doch selbst so dar, dass man Schaber nur unter Zuhilfenahme von
Hahn und Walzer so interpretieren kann. Ihr Tageseinkommen liegt deutlich über dem
Minimalsatz von 1,25$ und der Zugang zu den Grundgütern bleibt ihnen nicht verwehrt. Sie
sind im Stande diese selbst zu wählen, wenn auch nicht in den gehobenen Supermärkten,
sondern eher im Discounter. Sie sind also prinzipiell im Stande sich als eigenständige
Personen wahrzunehmen und auf diese Weise in Selbstachtung zu leben.
Natürlich könnte man auf der anderen Seite argumentieren, dass man durch Hartz IV
abhängig vom Staat sei. Dies sei entwürdigend, da man all sein Vermögen, sowie Hab und
Gut offenlegen muss, man fühle sich nicht mehr als eigenständige Person und der freie Wille
ist hinsichtlich der Freigabe persönlicher Lebensverhältnisse eingeschränkt.
Allerdings ist genauso zu entgegnen, dass Hartz IV kein Muss, sondern ein Kann ist.
Schließlich soll es eine Möglichkeit sein, sich finanziell über Wasser zu halten und die
Grundbedürfnisse abdecken zu können, bis man wieder einen Arbeitsplatz gefunden hat. Der
Grund weshalb das Vermögen offengelegt werden muss, basiert auf Fairness und
Chancengleichheit. Würde jegliches Vermögen von bedürftigen Familien ungeachtet bleiben,
verhieße das wohl mehr Ungerechtigkeit unter den Leistungen der Hartz IV Empfänger.
Schließlich könnte es nicht fair sein, wenn Herr X, mit 10.000€ auf dem Sparkonto, genauso
viel Leistung vom Staat erhält wie Herr Y, mit 100€.
Natürlich bestreite ich nicht, dass das Leben mit Hartz IV kein einfaches ist und sicherlich
gibt es viele Dinge, auf die es nicht leicht ist zu verzichten. Dass es jedoch soweit reicht es als
menschenunwürdig zu bezeichnen, muss ich ablehnen. Die Grundversorgung ist gewährleistet
und der Artikel 25 der UN-Menschenrechtsdeklaration gewahrt. Diese Option der staatlichen,
finanziellen Unterstützung für arbeitslose Familien ist bei weitem nicht in jedem Land
gegeben.
22
Folglich kann ich also Schabers Auffassung, dass Hartz IV nicht würdeverletzend ist,
zustimmen. Allerdings ist er meines Erachtens, aufgrund der oben ausgearbeiteten
Kritikpunkte, im Allgemeinen nicht sehr überzeugend. Vor allem seine Auffassung, dass der
Mensch Verpflichtender und Verpflichteter in einer Person sein soll und kann, ist für mich
nicht vertretbar. Ebenso wenig unterlässt Schaber es schlichtweg eine genauere Definition
von Demütigung zu erläutern. Seine Inkonsistenz bezüglich seines Ansatzes über
Menschenwürde und dessen mögliche Verletzung, welche am Beispiel des Asketen und des
freiwilligen Selbstversklavten deutlich wird, lässt mich an seiner Argumentation letztlich
stark zweifeln. Eben das meinte ich ja Ende des letzten Abschnittes!
23
6. ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Regelsatz für verschiedene Personengruppen unter Berücksichtigung aktueller
Änderungen vom 01.01.2012: Regelsatz, Mehrbedarf und weitere Leistungen beim
Arbeitslosengeld II. Sozialleistungen.info.
http://www.sozialleistungen.info/hartz-iv-4-alg-ii-2/alg-ii-leistungen.html (11.01.2012)
Abbildung 2: Bedarfsaufteilung der Regelleistung: Regelsatz, Mehrbedarf und weitere
Leistungen beim Arbeitslosengeld II. Sozialleistungen.info.
http://www.sozialleistungen.info/hartz-iv-4-alg-ii-2/alg-ii-leistungen.html (11.01.2012)
7. INTERNETQUELLEN
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Artikel 25.
http://www.un.org/depts/german/grunddok/ar217a3.html (04.01.2012)
Was ist Hartz IV?. Sozialleistungen.info.
http://www.sozialleistungen.info/hartz-iv-4-alg-ii-2/was-ist-hartz-iv.html (10.01.2012)
Regelsatz, Mehrbedarf und zusätzliche Leistungen beim Arbeitslosengeld
Sozialleistungen.info.
http://www.sozialleistungen.info/hartz-iv-4-alg-ii-2/alg-ii-leistungen.html (11.01.2012)
II.
Goebel, Jan; Gornig, Martin; Häußermann, Hartmut (2010): Polarisierung der Einkommen:
Die Mittelschicht verliert. Wochenbericht Nr.24/2010.
http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.357505.de/10-24-1.pdf
(10.01.2012)
8. BIBLIOGRAPHIE
8.1 Primärliteratur
Schaber, Peter (2010): Instrumentalisierung und Würde. Paderborn: Mentis.
8.2 Sekundärliteratur
Hahn, Henning (2008): Moralische Selbstachtung. Berlin: Walter de Gruyter.
Gillen, Gabriele (2004): Hartz IV – Eine Abrechnung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
Margalit, Avishai (1999): Politik der Würde. Über Achtung und Verachtung. Frankfurt a.M.:
Fischer.
24
Eine Arbeit mit zahlreichen Mängeln. Die Darstellung Schabers bleibt an vielen Punkten
oberflächlich, benennt aber die wichtigsten Aspekte. (Zum Vergleich eine bald online auf der
Homepage verfügbare Ha, die das gut löst). Die Kritik bleibt kursorisch. Das
Anwendungsbeispiel ist originell, wird aber nicht konsistent behandelt, da zwischen
systematischen und Schaberinterpretatorischen Fragen nicht genug unterschieden wird.
Note: 3,7
25
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