Stellungnahmen der GEW-Sportkommission zu Fragen des Sports

Werbung
STELLUNGNAHMEN
DER
SPORTKOMMISSION
ZU
FRAGEN DES SPORTS
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
1. VORWORT .................................................................................................................. 2
2. GRUNDSATZPAPIER DER GEW-SPORTKOMMISSION (1984/87) ................ 4
2.1 Gesellschaftliche Bedeutung des Sports .............................................................. 4
2.2 Ziele und Aufgabenbereiche der GEW-Sportkommission ................................ 5
2.3 Schulsport ............................................................................................................... 5
2.4 Aus- und -fortbildung für Sportlehrerinnen und –lehrer.................................. 8
2.5 Sportwissenschaft ................................................................................................. 8
2.6 Sport im Arbeits- und Freizeitbereich ................................................................. 9
3. SCHULSPORT ........................................................................................................... 11
3.1 Schulsport 2000 (1991) ........................................................................................ 11
3.2 Sport in der Primarstufe (1992) ........................................................................ 18
3.3 Sport in der Sekundarstufe II (1979) ................................................................ 21
3.4 Sportunterricht an berufsbildenden Schulen
(1993) .................................... 24
3.5 Flexibilisierung von Stundentafeln für den Sportunterricht (1993) .............. 26
3.6 Arbeitszeit und Arbeitsbelastung von SportlehrerInnen (1981) ................... 30
3.6 Kooperationsmaßnahmen Schule – Verein (1994) ........................................... 33
4. SPORT UND GESELLSCHAFT ............................................................................. 36
4.1. Sport und Umwelt (1986) .................................................................................. 36
4.2 Sport und Gewalt (1994) ..................................................................................... 41
4.3 Sport und Gesundheit (1994) .............................................................................. 46
1
1. VORWORT zur Neuauflage 2013
Die GEW-SPORTKOMMISSION ist die einzige sportbezogene Kommission einer
Einzelgewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).
Die Aufgabe der GEW-SPORTKOMMISSION besteht formal in der Beratung und
Zuarbeit des/für den Hauptvorstand in sportbezogenen Fragen.
Die GEW-SPORTKOMMISSION ist eingerichtet worden, um den Mitgliedern des
ehemaligen Ausschusses für Leibeserziehung in der Arbeitsgemeinschaft der
Lehrerverbände (AGDL) 1969 bei Überführung dieses Verbandes in die gewerkschaftliche Organisation der GEW eine sowohl ihren Berufsinteressen als auch eine der
Bedeutung des Sports als gesellschaftlichem Faktor angemessene Arbeitsmöglichkeit zu
bieten. So wurde die GEW-SPORTKOMMISSION satzungsmäßig verankert und als
unmittelbare Einrichtung beim Hauptvorstand der GEW eingerichtet.
Eine gewisse Sonderstellung dieser Kommission, liegt auch darin begründet, daß die
GEW-SPORTKOMMISSION
und
nicht
die
GEW
Mitglied
in
anderen
Sportorganisationen war/ist.
Die GEW-SPORTKOMMISSION berät auf ihrer turnusmäßigen Jahrestagung mit den
Mitgliedern der Sportkommissionen der Landesverbände ihre Arbeit und beschließt
Stellungnahmen.
Eine Auswahl dieser Stellungnahmen und Beschlüsse zu unterschiedlichsten Problemen
des Sports aus den vergangenen 10 Jahren wird hiermit vorgelegt, wie sie sich aus
gewerkschaftlicher Sicht in der jeweils aktuellen Situation dargestellt haben. Damit
dokumentieren wir einen Teil unserer Arbeit und die Entwicklung von Positionen insbesondere zum Schulsport. Diese Dokumentation beweist auch nachdrücklich die
Notwendigkeit
gewerkschaftlichen
Engagements
für
die
körper-
und
bewegungsbezogenen Interessen von Schülerinnen und Schülern ebenso, wie für die
Verbesserung der besonderen Arbeitsbedingungen für SportlehrerInnen. Die Lektüre
macht deutlich, dass die zu Beginn der 80-er Jahre aufgestellten Forderungen auch
heute- und damit nicht weit vor dem Ende dieses Jahrtausends- nichts an Aktualität und
Dringlichkeit verloren haben.
2
Aus Gründen der historischen Authentizität wurden die Stellungnahmen nicht
aktualisiert oder verändert. Daher kann es zu Beginn einzelner Stellungnahmen auch zu
inhaltlichen Wiederholungen kommen. In den älteren Stellungnahmen werden auch nicht
immer geschlechtsneutrale Bezeichnungen oder beide Geschlechtsbezeichnungen
genannt. Wir bitten, uns dieses nachzusehen.
Wir
glauben
aber
mit
einem
Neudruck
dieser
Broschüre
anlässlich
des
Gewerkschaftstages 2013 auch eine Bestandsaufnahme vorlegen zu können, die gewerkschaftliche und sportpolitische Positionen für einen traditionell eher als unpolitisch
geltenden Bereich markiert, Orientierungshilfen für Diskussionen liefert und zu
weiterem Nachdenken und Agieren animieren möge.
Norbert Baumann
3
2. GRUNDSATZPAPIER DER GEW-SPORTKOMMISSION (1984/87)
Die GEW sieht als Einzelgewerkschaft im DGB neben der materiellen und rechtlichen
Interessenvertretung die Wahrnehmung kultureller und bildungspolitischer Interessen
ihrer Mitglieder als eine ihrer wichtigsten Aufgaben an. Die Sportkommission der GEW
versteht sich demzufolge als Interessenvertretung der gewerkschaftlich organisierten
Sportlehrer/innen und -wissenschaftler/innen. Durch ihre Arbeit will sie ihren Beitrag
dazu leisten allen Arbeitnehmern die Möglichkeit zu sportlichen Aktivitäten zu
erschließen, die zu körperlichem, geistigem und sozialem Wohlbefinden der Menschen
beitragen, wie dies auch im DGB-Grundsatzprogramm verankert ist (Absatz 30.9).
2.1 Gesellschaftliche Bedeutung des Sports
Der Sport in der BRD stellt einen wichtigen gesellschaftlichen Faktor dar und umfasst
einen beachtlichen Teilbereich der Freizeit. Aus gewerkschaftlicher Sicht bildet er
deshalb keinen gesellschaftlichen Freiraum, da Ausmaß und Inhalt der Freizeit in
starkem Maße von den Bedingungen der Arbeitswelt abhängig sind. Aufgrund der
Bedeutung
des
Sports
für
die
Arbeitnehmer
wird
er
zum
Handlungsfeld
gewerkschaftlicher Aktivitäten.
Die besonderen Möglichkeiten des Sports liegen in der Verbindung von Bewegung,
Denken, Fühlen und gemeinsamen Handeln und den darin liegenden Chancen zur
Entwicklung der Persönlichkeit, der Ausbildung von sozialen Kontakten und der
Erhaltung der Gesundheit. Sport in der Freizeit sollte deswegen nicht nur der
körperlichen Regeneration dienen.
Auch Sport hat sich von unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessen geprägt entwickelt. Diese gilt es durch bewusstes Sporttreiben und kritische Auseinandersetzung
mit dem Sport aufzudecken, an gewerkschaftlichen Zielsetzungen zu messen und Sport
in diesem Sinne gemeinsam zu verändern. Diese Erfahrungen können dazu beitragen,
4
dass die Menschen auch ihre politischen, rechtlichen und sozialen Interessen erkennen
und durchsetzen.
Infolge der zunehmenden Technisierung haben sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen
der Menschen und deren Verhältnis zur Natur verändert. Aus den damit zusammenhängenden veränderten Bedingungen und Möglichkeiten des Sports entstehen zunehmend
neue Formen sportlicher Betätigung. Daraus ergibt sich eine besondere Verantwortung
des Staates für Natur und Umwelt und für die Bereitstellung der materiellen
Voraussetzungen zum Sporttreiben.
Sport hat sich selbst zur Aufgabe gesetzt, zur Verständigung der Menschen unterschiedlicher Rassen und politischer Überzeugungen beizutragen. Sport darf nicht als
politisches Instrument, das den Frieden gefährdet, missbraucht werden, sondern soll dem
Frieden dienen.
2.2 Ziele und Aufgabenbereiche der GEW-Sportkommission
Die GEW-Sportkommission sieht aufgrund des Organisationsbereiches der GEW die folgenden Bereiche als ihre eigentlichen Aufgabenfelder
- Schulsport
- Aus- und Fortbildung für Sportlehrerinnen und -lehrer
- Sportwissenschaft und Hochschulsport
Da diese Bereiche untrennbar mit dem sportlichen Geschehen außerhalb des
Bildungssektors verbunden sind, benennt sie auch Vorstellungen für den Sport im
Arbeits- und Freizeitbereich.
2.3 Schulsport
Der Sportunterricht an allen Schulformen und in allen Schulstufen hat wegen seiner einzigartigen Verbindung von Bewegung, Denken und Fühlen und gemeinsamen Handeln
eine hohe Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler.
Er beinhaltet mehr als nur die Vermittlung von sportbezogenen Fertigkeiten für
bestimmte
Sportarten.
Mit
verschiedenen
Inhalten
und
Methoden
kann
im
Sportunterricht auch die historische und gesellschaftliche Bedingtheit des Sports
5
erfahren und dadurch ein Beitrag zur Erkenntnis und Bewältigung gesellschaftlicher
Realität geleistet werden. Die Nutzung dieser spezifischen persönlichkeitsbildenden und
der gesundheitsfördernden Möglichkeiten machen den Sportunterricht zu einem
integralen und gleichberechtigten Bestandteil der gesamten schulischen Bildung und
Erziehung mit dem Ziel der umfassenden Entwicklung der Persönlichkeit als
gesellschaftlich
handelndes
Subjekt.
Diese allgemeine Bedeutung wird durch bestimmte gesellschaftliche Entwicklungen in
den letzten Jahren noch erheblich verstärkt:
Die Urbanisierung weiter Flächen der Bundesrepublik verbunden mit enger Bebauung;
die Priorität für den Individualverkehr verbunden mit ungebremstem Straßenbau und ausbau und den Gefährdungen durch den Straßenverkehr in Wohngebieten nehmen den
Kindern und Jugendlichen in bedrohendem Maße natürliche Bewegungsräume. Diese
natürlichen Lebensräume und die Auseinandersetzung damit aber sind für ihre allseitige
Entwicklung unentbehrlich. Zum vermeintlichen Ausgleich werden Kinder auf
abgegrenzte, normierte, in Zahl und Ausstattung unzureichende Spielplätze verwiesen.
Die Erlebniswelt von Kindern und Jugendlichen wird in zunehmendem Maße durch
Angebote der
Freizeit-
und Elektronikindustrie synthetisiert.
Individualisierter
Musikkonsum, Videospiele, Fernsehen und Beschäftigung mit Computern ersetzen
vielfach die unmittelbare Auseinandersetzung mit Natur, Umwelt und Gesellschaft.
Die quantitative Ausweitung der Schulverweildauer bedingt eine weitgehend sitzende
und bewegungsarme Tätigkeit der Schülerinnen und Schüler. An den Schulen gehören
solche Unterrichtsformen wie projekt- und/oder handlungsorientierter Unterricht, die
Lernen mit "Kopf, Herz und Hand" ermöglichen, immer noch zur Ausnahme. Nach wie
vor herrscht der traditionelle Unterricht, mit dem Schwerpunkt auf Vermittlung
abstrakten
Wissens
vor.
Ebenso
fehlen
sportbezogene
Pausen-
und
Nachmittagsangebote.
Die Zunahme der "Neuen Armut" durch die Massenarbeitslosigkeit mit den damit verbundenen familiären Problemen, die oftmals fehlende oder nicht zu realisierende
berufliche Perspektive, erhöht die Zahl derer, die vorschnell als "auffällig" und/oder
"lern- und verhaltensgestört" kategorisiert werden.
6
In dieser Situation kommt einem Sportunterricht, der eine qualifizierte sportliche Ausbildung als integraler Bestandteil einer umfassenden Freizeiterziehung vermitteln soll, eine
besondere Bedeutung zu. Diese kann der Sportunterricht z. Z. in keiner Weise erfüllen,
da
- nach wie vor ca. 30 % des vorgesehenen Sportunterrichts ausfällt;
- nach wie vor ca. 40 % des Unterrichts fachfremd erteilt wird;
- nach wie vor die Ausstattung mit Sportstätten und -geräten unzureichend ist;
- durch Einstellungsstopp und Stellenabbau notwendige inhaltliche Innovationen im
Sportunterricht fehlen.
Um zu gewährleisten, dass die persönlichkeitsbildenden Möglichkeiten des Sports
ausgeschöpft werden können, Schülerinnen und Schülern eine qualifizierte sportliche
Ausbildung für eine sinnvolle sportbezogene Freizeitgestaltung erhalten, zu einer
gesunden Lebensführung angehalten werden und sich mit dem Sportgeschehen in der
BRD kritisch auseinandersetzen können, sind folgende Forderungen zu erfüllen:
- mindestens 3 WS Sportunterricht in allen Schulstufen allgemeinbildender Schulformen
(mindestens 2 WS an berufsbildenden Schulen)
- zusätzliche qualifiziert angeleitete außerunterrichtliche Bewegungszeiten wie "Aktive
Pause", "Außerunterrichtliche Neigungskurse (AUN)", etc. mit dem längerfristigen Ziel
der täglichen Stunde für Bewegung, Sport und Spiel;
- Schaffung von Sportstätten für den Schulsport entsprechend den Forderungen des 3.
Memorandums zum "Goldenen Plan";
- Aufnahme didaktischer Neuorientierungen (Abbau des rein fertigkeitsbezogenen Lei
stungsprinzips zugunsten eher variierender und sozial gestalteter Bewegungsformen; - Aufnahme von Elementen der sportbezogenen Bewegungskultur; "offener" und
projektorientierter Unterricht) in die Richtlinien und Lehrpläne;
- Einrichtung eines schulnahen qualifizierten und quantitativ erweiterten
Fortbildungsangebotes, um neue didaktische Ansätze auch praktisch wirksam werden
zu lassen;
- Einrichtung eines quantitativ ausreichenden und qualifizierten Angebotes an
sportbezogenen Fördermaßnahmen zur Behebung von Schwächen, die aus der
7
Konstitution oder Sozialisation resultieren;
- gesellschaftlich bedeutende Probleme des Sport wie "Sport und Umwelt", "Sport und
Frieden", "Gewalt im Sport", "Frauen im Sport" u.a. sind fächerübergreifend oder in
geeigneten Unterrichtsfächern zu bearbeiten.
- Verbesserung der erschwerten Arbeitsbedingungen der Sportlehrerinnen und
Sportlehrer, u.a. durch eine allgemeine Verkürzung der Wochenarbeitszeit.
2.4 Aus- und -fortbildung für Sportlehrerinnen und –lehrer
Die Ausbildung von Sportlehrerinnen und -lehrern hat an wissenschaftlichen
Hochschulen stattzufinden und ist in das schulstufenbezogene Lehrerstudium voll zu
integrieren. Das Studium ist inhaltlich und formal gleichberechtigt zu den anderen
Unterrichtsfächern zu organisieren und Muss in einem mindestens 8-semestrigen
Studium zu gleichen Qualifikationen und besoldungsrechtlichen Einstufungen führen.
Das Studium muss sich an gesellschaftlich relevanten Fragestellungen und der
zukünftigen Berufspraxis orientieren und eine enge Verbindung von Theorie und Praxis
gewährleisten. Das bedeutet, dass gesellschafts-, erziehungs- und fachwissenschaftliche
Fragestellungen in einem projektorientierten Studium zu integrieren sind. Die geeignete
Form dazu stellt die einphasige Lehrerausbildung dar. Die Einrichtung eines
qualifizierten Fortbildungsangebotes und regelmäßige Teilnahmemöglichkeiten sind
sicherzustellen. Es soll den jeweils neuesten Stand von Forschung und Lehre vermitteln
und eine theoretisch fundierte Schulsportpraxis mit neuen Impulsen versehen.
Die Landessportkommissionen sammeln und verbreiten entsprechende Modelle und
praktische Beispiele und bieten ggf. Fortbildungsveranstaltungen im Rahmen
gewerkschaftlicher Weiterbildung an.
2.5 Sportwissenschaft
Für Lehre und Forschung im Bereich der Sportwissenschaft sind eigene Fachbereiche an
den wissenschaftlichen Hochschulen einzurichten. Sie müssen mit den erforderlichen
Sach- und Personalausstattungen versehen werden.
8
Als Interessenvertretung der arbeitenden Menschen ist der DGB und damit auch die
GEW verpflichtet, dafür einzutreten, dass sich die gesamte Lehre und Forschung an
gesellschaftlich relevanten Fragestellungen und Interessen der arbeitenden Menschen
orientieren. Dazu gehören Probleme des organisierten und nichtorganisierten
Breitensports, Betriebssports, Sport in der Resozialisierung und Rehabilitation sowie
Fragestellungen über die sportliche Betätigung besonderer Gesellschaftsgruppen wie
z.B. Behinderte, alte Menschen, ausländische Mitbürger usw. Ein Nachholbedarf
sportwissenschaftlicher Forschung besteht insbesondere in spezifischen Fragen der
sportlichen Betätigung der arbeitenden Menschen. Sportwissenschaftliche Forschung
sollte sich auch auf Ziele, Inhalte und Organisationsformen des Sportunterrichts in allen
Schulformen
und
-stufen
sowie
auf
Probleme
der
Arbeitsbedingungen
der
Sportlehrerinnen und -lehrer usw. beziehen. Zur Verbesserung der Lebens- und
Arbeitsbedingungen aller Hochschulangehörigen ist der Betriebssport an den Hochschulen auszubauen. Der Sport an den Hochschulen soll auch für die Allgemeinheit geöffnet
werden. Der Hochschulsport ist in Form einer zentralen Einrichtung zu organisieren und
mit entsprechenden personellen und materiellen Kapazitäten auszustatten.
2.6 Sport im Arbeits- und Freizeitbereich
- Vereinssport
Die Sportvereine sind nach wie vor die entscheidenden Träger des Sports in der BRD.
Wollen sie die anspruchsvolle Aufgabe 'Sport für alle' verwirklichen, müssen sie sich
gerade an die Teile der Bevölkerung wenden, die bislang noch unterrepräsentiert sind,
insbesondere Angehörige unterer sozialer Schichten und Frauen.
Entscheidende Grundlage erfolgreicher Vereinsarbeit aber ist und bleibt eine öffentliche
Sportförderung.
Die Sportkommission spricht sich daher gegen jede Kürzung der Mittelzuweisungen für
den Sport aus und setzt sich für eine gesetzliche Absicherung der öffentlichen
Sportförderung - insbesondere im kommunalen Bereich unter Beibehaltung der
Selbstverwaltung der Vereine ein. Weiterhin fordert sie zügige Erfüllung und
Fortschreibung der Normen nach dem "Goldenen Plan".
9
Die Sportkommission spricht sich aus für mehr Transparenz und Demokratie in Vereinen
und Verbänden und für die Zurückdrängung des Einflusses von Staat und Wirtschaft. Sie
befürwortet Vereine, die auch für Nichtmitglieder offen sind, sich am Wohnumfeld
orientieren und möglichst viele nicht-wettkampforientierte Sportgruppen anbieten.
- Betriebssport und Sport für Auszubildende.
In den Betrieben sind geeignete Sportmöglichkeiten für den Betriebssport und den Sport
für Auszubildende zur Verfügung zu stellen. Die dafür notwendigen inhaltlichen
Konzepte müssen unter gewerkschaftlicher Mitbestimmung erarbeitet werden. Der
Betriebssport und Sport für Auszubildende soll unter der Kontrolle des Betriebs- und
Personalrats stehen, in Kooperation mit Sportvereinen durchgeführt und von den
Unternehmen finanziert werden. Das Prinzip der freiwilligen Teilnahme Muss
eingehalten werden. Der Betriebssport und der Sport für Auszubildende sollen sämtliche
Möglichkeiten des Sports vermitteln und nicht versuchen, einseitige Arbeitsbelastungen
genauso
einseitig
auszugleichen.
Bewegungspausen
für
besonders
belastete
Arbeitnehmer sollten täglich ermöglicht werden.
Die Sportkommission setzt sich dafür ein, dass qualifizierte Sportveranstaltungen (im
Sinne von 1.2) im Rahmen des gesetzlich garantierten Bildungsurlaubes angeboten und
anerkannt werden.
- Sport außerhalb von Vereinen und Betrieben
Durch die starke Orientierung der Vereine am Wettkampfsport haben sich in den letzten
Jahren viele nicht-organisierte Freizeitsportgruppen gebildet. Diese Gruppen sind bei der
Bereitstellung von Sportstätten gleichberechtigt zu behandeln und mit öffentlichen
Mitteln zu fördern. Sportliche Aktivitäten besonderer Gesellschaftsgruppen wie
Behinderte, alte Menschen, ausländische Mitbürger, Kleinkinder und soziale
Randgruppen sind zu unterstützen.
Aktionen im Bereich des Freizeitsports (z.B. Trimm-Trab, Aerobic) sind zu überprüfen
im Hinblick auf ihren Nutzen für die Arbeitnehmer bzw. auf Verquickungen mit
ökonomischen
Interessen
(Sportartikelindustrie
etc.).
Aufgrund
unzureichender
10
öffentlicher Sportförderung hat die Zahl kommerziellen Sportanbieter in den letzten
Jahren erheblich zugenommen.
3. SCHULSPORT
3.1 Schulsport 2000 (1991)
Die tiefgreifenden Umwälzungen, die gegenwärtig alle Bereiche des gesellschaftlichen
Lebens erfassen, lassen den Bildungs- und Ausbildungssektor nicht unberührt.
So können die globalen Probleme (insbesondere die Gefährdung der natürlichen
Umwelt, Produktion und Anhäufung friedensgefährdender Massenvernichtungswaffen,
die sich weiter vergrößernde Kluft zwischen den sog. unterentwickelten und den
hochindustrialisierten Ländern, alle Formen der Diskriminierungen wegen des
Geschlechts, der Rasse, der Überzeugungen u.a.m.) nur einer Lösung zugeführt werden,
wenn
die
Menschheit
insgesamt
zum
handelnden
Subjekt
im
eigenen
Überlebensinteresse wird. Damit ist quasi die Hauptaufgabe künftiger Bildung und
Erziehung vorgegeben: nämlich die Sensibilisierung von SchülerInnen für diese
Probleme und Entwicklung individueller und kollektiver Handlungsfähigkeit für deren
Bewältigung.
Parallel dazu schlagen sich die geschilderten Probleme und Veränderungen mittelbar
über veränderte Lebens- und Erziehungsmuster der Erwachsenen und unmittelbar über
veränderte Lebensweisen von Kindern und Jugendlichen auch auf Schule und Unterricht
nieder. V.a. durch diese Einflüsse hat sich mittlerweile eine neuer Typ von SchülerInnen
herausgebildet. Wenngleich hier von einem neuen Typ gesprochen wird, entzieht er sich
11
einer Generalisierung. Einerseits existieren sowohl regionale Unterschiede, wie z.B.
zwischen eher städtischen und ländlichen Regionen. Andererseits weist er viele
verschiedene, teilweise gegensätzliche Kennzeichnungen auf, die sich in ihrer
Gesamtheit
jedoch
grundsätzlich
von
vorangehenden
SchülerInnengenerationen
unterscheiden. Ein wesentlicher Grund dafür liegt in einer starken Individualisierung und
zunehmend auseinanderdriftenden Lebenswelten heutiger SchülerInnen. Dies bezieht
sich sowohl auf ihre soziale Situation(z.B. "Neue Armut"), als auch auf die höchst
unterschiedliche Entwicklung individueller Fähigkeiten, Neigungen und Interessen.
Die hier genannten Bedingungen treffen Schüler und Schülerinnen deswegen in unterschiedlicher Ausprägung und Konsequenz, weil Schülerinnen zusätzlich noch
Benachteiligungen unterschiedlicher Formen und Intensität ausgesetzt sind. Daraus
ergeben sich nochmals geschlechtsspezifische Ausformungen des individuellen
Verhaltens.
Die "neuen" Verhaltensweisen dieser Generation von SchülerInnen werden von vielen
KollegInnen zunächst einmal als störend und negativ empfunden, da sie viele gewohnte
Unterrichtsformen und -methoden radikal in Frage stellen, bzw. zerstören. Dieser neuer
Verhaltenstyp heutiger SchülerInnen weist u.a. folgende, für diesen Zusammenhang
interessante Kennzeichen auf:
- Werte und Verhalten von SchülerInnen orientieren sich heute eher am individuellen
Wohlbefinden und Interesse, an Möglichkeiten, aktuelle und spontane Bedürfnisse zu
realisieren und so eine diffus verstandene Selbstentfaltung der Persönlichkeit zu
ermöglichen (Kreativität, Genuss, Abenteuer, Autonomie, u.ä.). Dadurch erfahren die
den SchülerInnen vorgegebenen Pflichtwerte (Disziplin, Gehorsam, Selbstbeherrschung
u.ä.) eine grundsätzliche Relativierung und Infragestellung. Gleichzeitig entwickeln
SchülerInnen in bestimmten Fragen ein hohes Maß an ethischen Wertvorstellungen (z.B.
in Fragen der Ökologie und der Friedenssicherung) und einen rigiden Maßstab für deren
Einhaltung insbesondere gegenüber Erwachsenen.
- Zunehmend sind sehr stark differierende Formen der Lern- und
Konzentrationsfähigkeit zu beobachten. Diese zeigen oft ein Erscheinungsbild von nur
12
kurzzeitig konzentrationsfähigen und interessierbaren SchülerInnen, deren
Lernfähigkeit und -bereitschaft in starkem Maße von ihnen als kurzweilig
empfundenen und sie persönlich interessierenden und betreffenden Inhalte und
Methoden abhängig sind.
- Der Konsum elektronischer Medien ersetzt für viele SchülerInnen die real-sinnliche
Auseinandersetzung mit der Umwelt.
- Beobachtbar ist allgemein eine Zunahme gewalttätigen Abbaus von Aggressionen bzw.
der Akzeptanz von Gewalt als Möglichkeit der Konfliktbewältigung.
Bezogen auf den Sport sind folgende Entwicklungen zu beobachten:
- Die gesundheitliche Verfassung von SchülerInnen erweist sich als zunehmend
problematisch. Dies bezieht sich sowohl auf eine steigende Zahl sowohl von
Haltungsschwächen und -schäden, als auch psychomotorischer Störungen und
umweltbedingter Allergien.
- Die Bewegungssozialisation weist viele Defizite aufgrund mangelnder Bewegungsreize
und -möglichkeiten auf. Mit der beobachtbaren Tendenz zur Abnahme
sensomotorischer Grundfertigkeiten durch eine restringierte Alltagsmotorik wie
Klettern, Springen, Fangen etc. geht einher ein tendenzieller Verlust aller Elemente der
sportlichen Kondition.
- nicht mehr die absolute und messbare sportliche Leistung steht allein im Vordergrund,
sondern auch die individuell erfahrbare Befriedigung sportbezogener und/oder
bewegungsbezogener Bedürfnisse. Diese kann sich beispielsweise in einer mangelnden
Bereitschaft äußern, die vorgeblich für ein Spiel notwendigen Fertigkeiten zu erlernen
und statt dessen mit den vorhandenen Möglichkeiten ein Spiel auf niedrigstem
technischen Niveau als befriedigend zu erfahren.
Diese Entwicklungen bilden die maßgeblichen Rahmenbedingungen für eine
zukunftsorientierte
Bestimmung
von
Zielen,
Inhalten
und
Methoden
des
Sportunterrichts. Sportunterricht legitimiert sich in einem für diese Bedingungen zu
13
erarbeitenden Konzept innerhalb der Zielsetzung einer allseitig und ganzheitlich
entwickelten Persönlichkeit
- wesentlich als ein integraler Bestandteil einer sportbezogenen Freizeiterziehung. Diese
kann und sollte die besonderen Möglichkeiten sportlichen Handelns für eine
Qualifizierung zu einer aktiven, kreativen, ökologisch und sozial
verantwortungsbewussten Gestaltung der Freizeit mit Bewegung, Sport und Spiel
nutzen.
- Zudem soll Sportunterricht sich verstehen als Element einer umfassenden
Gesundheitserziehung und
- die Erziehung zu Frieden und gewaltfreier Konfliktlösung in und mit den spezifischen
Bedingungen des Sports beinhalten.
Die Breitensportbewegung in der BRD hat in den letzten Jahren im Erwachsenenbereich
qualitativ wie quantitativ Fortschritte erzielt. Sollen diese auch nur in verminderter Form
für die nachwachsende Generation von Kindern und Jugendlichen wirksam werden, sind
einschneidende Veränderungen im Schulsport notwendig. Diese müssen sich -sollen sie
den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen- an folgenden inhaltlichen
Orientierungen ausrichten:
- Sportunterricht hat inhaltlich gestaltend an der Lebens- und Bewegungswelt der Kinder
und Jugendlichen anzusetzen, will er diese ansprechen und motivieren. Dies kann aber
nicht nur ein Nachtrag auf sich ändernde Bedingungen/ (künstlich geweckte)
Bedürfnisse sein. Es hat aber zur Konsequenz, dass neben den traditionellen Sportarten die sicher auch zukünftig weiter den Schwerpunkt sportbezogener Ausbildung
ausmachen werden- eine möglichst Palette unterschiedlicher Elemente der mittlerweile
sehr breit gefächerten Sport-, Spiel und Bewegungskultur Inhalte des Sportunterrichts
werden. Über die bekannten und praktizierten Inhalte hinaus, werden
folgende
Funktionen für den Sportunterricht zukünftig zunehmend Raum gewinnen müssen.
- Sportunterricht als Element der Kompensation. Das bedeutet die stärkere Einbeziehung
von Inhalten ( Fitnesstraining; Kraft- und Ausdauerschulung; aber auch bewusste
14
Formen der Entspannung durch und mit Bewegung), die den genannten Problemen
Rechnung tragen und den SchülerInnen Problemlösungsstrategien entwickeln helfen
können. Allerdings bedeutet dies nicht, dass Sportunterricht allein die aus
Bewegungsmangel, falscher Ernährung, Reizüberflutung u.a.m. entstandenen Probleme
lösen kann.
- Sportunterricht als Element der Therapie bedeutet die bewusste und qualifizierte
Übernahme von Elementen aus diesem Bereich (Massage; bewusste Körpererfahrung
mit Hilfe aller Sinne) auch bei der Vermittlung traditioneller Sportarten. Diese können
die oft einseitige und sinnlich restringierte Form des herkömmlichen Sportunterrichts
überwinden, wichtige Lernhilfen bieten und zur positiven Akzeptanz des eigenen
Körperbildes beitragen. Dies kann und soll aber nicht den Austausch von Sportarten
gegen Inhalte der Motopädie, Psychomotorik o.ä. bedeuten.
- Sportunterricht als Element interkultureller Erziehung hat die gesellschaftliche Realität
auch im Sport zu thematisieren. Das bedeutet sowohl die Beschäftigung mit Elementen
der fernöstlichen Bewegungskulturen als auch die aktive Beschäftigung mit und
Einbeziehung der den Lebensraum Schule umgebenden Einflüsse ausländischer Kulturen
in Bewegung, Sport und Spiel.
- Feminisierung des Sportunterricht bedeutet zunächst, dass Aktivitäten zur Beseitigung
von Benachteiligungen für Mädchen und Frauen im Sport entwickelt werden. Dieses ist
zwar die nächste und vorrangige Aufgabe, Feminisierung bedeutet aber auch die
Akzeptanz, Würdigung und Übernahme frauen-spezifischer Werte, Formen und Inhalte
für den allgemeinen Sportunterricht. Für diesen Entwicklungsprozess sind den Mädchen
und Frauen Möglichkeiten und Räume zu geben.
Sollen solche inhaltlichen Orientierungen wirksam werden, müssen sie konzeptionell
auch mit veränderten und neu akzentuierten Methoden verbunden werden, die den o.g.
Veränderungen Rechnung tragen.
15
Das Hauptaugenmerk Muss dabei auf eine pädagogisch ausgerichtete Individualisierung
des Lernens gelegt werden. Dies nicht, um einer gesellschaftlicher Entwicklung
pädagogisch nachzutraben, sondern um den weiter auseinanderdriftenden Bedürfnissen,
Interessen,
Fähigkeiten
und
Neigungen
besser
entsprechen
und
Lern-
und
Erziehungsprozesse einsichtiger, nachhaltiger und damit auch effektiver gestalten zu
können. Methoden des individualisierten Lernens können bedeuten:
- Ablösung der traditionellen sportartbezogenen deduktiv-analytischen Methodik mit der
lehrgangsmäßigen Vermittlung isolierter Fertigkeiten durch eher ganzheitliche
Vermittlungsformen für die jeweilige Sportart oder sportartenübergreifend. Diese sollten
die individuelle Bewegungserfahrung und alle Sinne nutzen, sowie vielfältige
Möglichkeiten von Selbstkontrollen bieten.
- Verschiedenste Formen differenzierten Unterrichts, der SchülerInnen auch einen
verstärkten Einfluss auf Unterrichtsinhalte und eine größere Wahlmöglichkeiten sichert.
-
Formen
des
'offenen'
Unterrichts,
der
SchülerInnen
zu
selbständigem,
selbstverantwortlichem und -organisiertem Handeln befähigen soll;
- Formen von fächerübergreifendem Unterricht, in dem die teilweise bereits fließenden
Fächergrenzen z.B. zwischen Sport und Darstellendem Spiel, Rhythmik, Musik, Bildn.
Gestalten u.a.m. überwunden werden;
- Formen des Projekt, bzw. projektorientierten Unterrichts, in denen fachübergreifend,
für die Lösung gemeinsam erarbeiteter Fragestellungen mit einem konkreten Produkt als
Ergebnis gearbeitet werden soll.
Solche Perspektiven sind natürlich mit einer Bewertung von Leistungen mit der
herkömmlichen Notenskala von 1-6 schwerlich zu vereinbaren. Der Leistungsbegriff für
Lernzuwächse im Sportunterricht Muss so neu definiert werden, dass der je individuelle
Leistungszuwachs in seiner Komplexität erfasst wird. Eine Bewertung kann in einem
wie
hier
skizzierten
Sportunterricht
am
ehesten
adäquat
in
Form
von
Beratungsgesprächen oder in schriftlichen Berichten (Berichtszeugnis) vorgenommen
werden. Dies darf natürlich nicht isoliert für den Sportunterricht gelten.
16
Solche Perspektiven sind nicht ohne flankierende Maßnahmen im Bereich der
Sportstätten, der Sportgeräte und der weiteren Qualifizierung der Unterrichtenden zu
erzielen sind.
Ebenso unwirksam bleiben die hier entwickelten Vorstellungen, wenn es nicht gelingt,
die Sport-, Spiel, und Bewegungszeiten für Kinder und Jugendlichen in den Schulen
drastisch zu erhöhen.
Wenn die hier dargelegten Entwicklungslinien auch nur teilweise umgesetzt werden
sollen, wird es nicht bei einer Veränderung/Verbesserung der sportbezogener
schulischen Situation bleiben können. Dies alles wird nur in einem sich grundlegend
gewandelten Gesamtsystem Schule möglich sein.
Noch ist der politische Druck nicht erreicht, solche Vorstellungen zu realisieren. Die
GEW-Sportkommission wird weiterhin ihren Beitrag dazu leisten.
17
3.2 Sport in der Primarstufe (1992)
Im letzten Jahrzehnt haben sich tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen
vollzogen, die zu grundlegenden Neuorientierungen in vielen Lebensbereichen geführt
haben. Veränderte Sozialisationsbedingungen, Werte- und Normenwandel und neue
Anforderungen der Arbeitswelt haben bewirkt, dass die Schule heute weitergehende
Aufgaben bei einer sich wandelnden SchülerInnengeneration übernehmen muss.
Trotz einer relativ starken Unflexibilität des Bildungssystem und Einschränkungen
aufgrund von Kürzungsmaßnahmen im Bildungsbereich gibt es verschiedene
Aktivitäten (Lehrplanrevisionen, neue Fortbildungskonzepte, Integrationskonzepte,
offener Unterricht usw.), die innere Schulreform vorantreiben.
Gerade im Grundschulbereich haben aufgrund o.g. Veränderungen viele KollegInnen
die Notwendigkeit reformpädagogischer Veränderungen (z.B. Offener Unterricht)
erkannt und konkrete Ansätze entwickelt, in denen Kindern Selbsttätigkeit und
individualisiertes Lernen mit Kopf, Herz und Hand ermöglicht wird.
Der Sportunterricht hinkt aber oft hinter den vielfältigen Entwicklungen im
außerschulischen Sport und den reformpädagogischen anderer Unterrichtsfächer
Bemühungen hinterher. Umso wichtiger sind Anstrengungen für einen qualifizierten
Unterricht für den Bereich Bewegung, Sport und Spiel.
Somit ist in besonderem Maße der Innovationsprozess bezogen auf den Sportunterricht
gefordert, der in der gegenwärtigen Form den veränderten Bedürfnissen und
Fähigkeiten der Kinder oft nicht mehr gerecht wird.
Eine
zunehmend
bewegungsfeindliche
Umwelt
insbesondere
in
städtischen
Ballungsgebieten führt zu Einschränkungen von Lebens- und Bewegungsräume für
Kinder. Die Bewegungssozialisation vieler Kinder weist zunehmende Defizite im
Bereich der Alltagsmotorik und allgemeiner körperlichen Fähigkeiten auf.
Mangelnde Bewegungsmöglichkeiten sind auch mitverantwortlich für die Zunahme
von Verhaltensauffälligkeiten besonders im psychomotorischen Bereich, Lern- und
Disziplinschwierigkeiten,
zunehmende
Aggressivität
und
dem
insgesamt
verschlechterten Gesundheitszustand heutiger Schulkinder.
18
Aber nicht nur die körperliche Entwicklung nimmt durch die Einschränkungen von
Bewegungsmöglichkeiten Schaden. Für eine ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung
sind Bewegung, Sport und Spiel unabdingbare und unaustauschbare Komponenten.
Die Stärkung dieses Bereiches ist um so wichtiger, je mehr Medienkonsum und
Bewegungsarmut eine gleichgewichtige Entwicklung aller Fähigkeiten bedrohen.
Daher ist gerade in dem für die Entwicklung von Einstellungen /Grundlagen etc.
besonders wichtigen Grundschulalter ein qualifizierter Unterricht sicherzustellen und
müssen weitere Verschlechterungen, wie z.B.
> Erhöhung von Klassenfrequenzen
> Streichung von Stunden etc. verhindert werden.
Eine weitere Verschlechterung der Situation in Qualität und Quantität des Spiel-, Sport
und Bewegungsangebotes für Kinder können angesichts der ohnehin problematischen
Bewegungsmöglichkeiten für Kinder und deren negativen Folgen für die gesamte
Persönlichkeitsentwicklung nicht mehr hingenommen werden. Wir fordern daher
> keine Erhöhungen der Klassenfrequenzen im Grundschulbereich- vielmehr sind für
zusätzliche Anforderungen an die pädagogischen Anforderungen an Schulen aufgrund
veränderter
Lebens-
und
Verhaltensweisen
von
Kindern
Senkungen
der
Klassenfrequenzen nötig
> 3 Stunden Unterricht für BEWEGUNG, SPORT UND SPIEL pro Woche plus
zusätzlich eine tägliche betreute Bewegungszeiten von mindestens 20 Minuten, die
nicht in Pausen liegen.
> Entwicklung von Unterrichtsformen, die auch Bewegungen für Kinder während der
Unterrichtszeit ermöglichen.
> Bewegungsfreundliche und -anregende Gestaltung der Schulgebäude und -gelände
> Orthopädisch unbedenkliches Schulmobiliar (Modellversuche mit "Alternative
Sitzmöbel" wie Sitzbälle o.ä.).
> Qualifizierung von LehrerInnen für den Unterricht im Bereich BEWEGUNG,
SPORT UND SPIEL.
> Ausstattung der Sportstätten mit motivierenden, freizeitrelevanten Geräten.
19
> Einrichtung von Stellen für die Diagnose und Therapie bei Auffälligkeiten im
psychomotorischen Bereich.
> Überarbeitung der Lehrpläne.
>
Wegen
der
erhöhten
Bedeutung
pädagogisch-betreuender
Aufgaben
im
Grundschulbereich sprechen wir uns dafür aus, dass KlassenlehrerInnen mindestens in
den ersten beiden Schuljahren neben der Betreuung der Bewegungszeiten auch den
"Erstunterricht" in BEWEGUNG, SPORT UND SPIEL erteilen, auch wenn sie dafür
nicht ausgebildet worden sind.
Voraussetzung dafür muss aber die Erlangung einer Zusatzqualifikation sein, die auf
folgenden unterschiedlichen Wegen erlangt werden kann:
> Zentrale Fortbildungsmaßnahmen
> Schulinterne Fortbildung
> LehrerInnenkooperation
> Teammodelle
> In die Ausbildung von GrundschullehrerInnen ist ein obligatorischer Block von
mindestens 6 SWS für den Erstunterricht in BEWEGUNG, SPORT UND SPIEL für
alle aufzunehmen.
> Es sind dringend Modelle/Versuche anzuregen und zu unterstützen, offene
Unterrichtsformen für den Bereich BEWEGUNG, SPORT UND SPIEL zu entwickeln
und entsprechende Materialien (Karteien etc.) zu verbreiten.
20
3.3 Sport in der Sekundarstufe II (1979)
I. Ziel der Anfang der 70er Jahre geschaffenen "reformierten Oberstufe" sollte die
Auflösung der traditionellen gymnasialen Oberstufe sein. Die reformierte Oberstufe
sollte entsprechend der Vorstellungen der Kultusministerkonferenz von 1972 folgende
Vorteile bringen:
- starker Neigungs- und leistungsdifferenzierter Unterricht zur Hebung des
allgemeinen Bildungs- und Qualifikationsniveaus und damit zur Gestaltung des
persönlichen Lebensbereiches.
-
Gleichzeitig
kritische
Vorbereitung
auf
gesellschaftliche
Realität
im
wissenschaftlich-technischen Zeitalter.
- Die reformierte Oberstufe soll Grundlagen für nachfolgende Bildungsgänge legen
und
- Kooperation zwischen allgemeiner und berufsbezogener Bildung ermöglichen.
II. Übertragen auf den Schulsport heißt das nach Auffassung der GEWSportkommission:
- Erwerb der Fähigkeit, möglichst verschiedenartige Sportarten individuell und in
Gruppen zu betreiben und darüber hinaus initiieren.
- Einsicht in die gesellschaftliche Notwendigkeit des Sporttreibens und Erfahrung der
individuell persönlichkeitsbildenden Möglichkeiten des Sports.
- Erkenntnisse der gesellschaftlichen Bedingtheit des Sports, um zu kritischem und
aktivem Handeln in diesem Bereich zu befähigen.
III. Diesen Ansprüchen konnte der Sportunterricht auf der Sekundarstufe II bisher
immer
weniger gerecht werden insbesondere durch:
- die Verschärfung des Leistungsdruckes durch den Numerus-Clausus;
- Reglementierung durch die Aufsichtsbehörden;
- durch Vorgabe immer umfangreicherer und differenzierterer Leistungsanforderungen
im motorischen Bereich;
21
- Überbetonung des motorischen Bereichs aufgrund des Einflusses der Fachverbände
(Normenbuch);
- nach wie vor unzureichende Ausstattung der Schulen mit Sportstätten und
qualifizierten Sportlehrern, insbesondere im berufsbildenden Bereich;
- fehlende Kooperation zwischen Hochschulen und Schulen.
IV. Um die oben genannten Ziele zu verwirklichen, bedarf es anderer
Voraussetzungen und Bedingungen für den Sportunterricht in der Sekundarstufe II, als
sie momentan gegeben sind. Dazu erhebt die GEW-Sportkommission folgende
Forderung:
1. Es muss ein breites Angebot von Sportarten zur Verfügung stehen, das über den
traditionellen Schulsportkanon hinausweist, wie z. B. Badminton, Tischtennis usw. Für
die Durchführung von Kursen dieser Sportarten sollte keine gesonderte Genehmigung
erforderlich sein, mit Ausnahme von risikoreichen Sportarten wie Skilaufen,
Trampolin usw. Der Unterricht sollte grundsätzlich koedukativ durchgeführt werden.
2. Die Ausbildung in Sporttheorie darf nicht verbindungslos neben der
sportpraktischen Ausbildung stehen. Vielmehr muss grundsätzlich die enge
Verbindung von Theorie und Praxis gewährleistet sein. Im Sportunterricht der
Sekundarstufe II sollte jedem Schüler Einblick in gesundheitliche und soziale Aspekte
des Sports gegeben werden.
3. Einsicht in die Notwendigkeit sportlicher Tätigkeit und die Erkenntnis der
gesellschaftlichen Bedingtheit des Sports erfordern eine Analyse des Sports in unserer
Gesellschaft. Daher müssen die Anteile der gesellschaftswissenschaftlichen Inhalte der
Sporttheorie neben den bislang überbetonten naturwissenschaftlich orientierten
Inhalten in etwa gleichgewichtig sein.
4. Die Leistungskurse müssen im Sinne einer umfassenden Orientierung möglichst
viele Aspekte beinhalten, die den Schülern die Erkenntnisse der komplexen
22
Problematik des Sports ermöglichen und somit auch berufsvorbereitend für
verschiedene Berufsfelder im Bereich des Sports wirken können. Dazu müsste die
Zahl der Wochenstunden für den Leistungskurs in allen Bundesländern 6 betragen,
wobei das Verhältnis von Praxis und Theorie 1:1 sein sollte. In allen Bundesländern
sollte das Fach Sport als 4. Prüfungsfach für das Abitur wählbar sein.
5. Die Ausbildung der zukünftigen Sportlehrer an den Sportinstituten muss die
speziellen Anforderungen des Sportunterrichts in der Sekundarstufe II stärker als
bislang berücksichtigen und das Ausbildungsprogramm muss entsprechend erweitert
werden.
Den nicht speziell für diesen Unterricht ausgebildeten Lehrkräften muss Gelegenheit
zur Weiterbildung gegeben werden.
6.
Die
Normenbücher
für
das
Fach
Sport
und
die
darin
festgelegten
Leistungsanforderungen sind zugunsten einer Prüfungsordnung zurückzuziehen, die
die Gesamtheit der Lehrinhalte auf der Sekundarstufe II angemessen berücksichtigt.
7. Die seit Jahren angekündigte Überprüfung der Rahmenrichtlinien und Lehrpläne hat
bislang entweder noch nicht stattgefunden oder ist nicht publiziert worden. Um die
dringend
revisionsbedürftigen
Inhalte
und
Ziele
zu
überarbeiten,
sollten
Lehrplanausschüsse unter Beteiligung qualifizierter und demokratisch legitimierter
Lehrer und unter Einschluss von Gewerkschaftsvertretern einberufen werden.
23
3.4 Sportunterricht an berufsbildenden Schulen
(1993)
Die Erteilung des Sportunterrichts an berufsbildenden Schulen wird seit Jahren vom
DGB und von der GEW sowie von weiteren Institutionen gefordert.
Der GEW-Hauptvorstand fordert die Kultusminister der Länder auf, den Schülerinnen
und Schülern an berufsbildenden Schulen durch Verankerung in den Stundentafeln die
Möglichkeit einzuräumen, Sportunterricht zu erhalten.
Er fordert deshalb erneut:
1. Sport muss für alle berufsbildenden Schulen in Vollzeit- und Teilzeitformen als
Pflichtfach in der Stundentafel verankert und auch erteilt werden.
2. Die gleiche Behandlung bei der Sportunterrichtsversorgung aller SchülerInnen im
Sek.-II-Bereich
muss
gewährleistet
werden.
Keine
Benachteiligung
von
BerufsschülerInnen ( Die berufsbildende Schule wird von 2/3 SchülerInnen der
entsprechenden Jahrgangsstufe besucht)!
3. An berufsbildenden Schulen in Teilzeitunterricht sind hierfür entsprechende
Zeitanteile in der Stundentafel von mindestens zwei Wochenstunden auszuweisen. Bei
Blockunterricht sind hierfür entsprechende Zeitanteile in der Stundentafel vorzusehen.
In Vollzeitschulen sind mindestens 4 Wochenstunden Sport zu erteilen.
4. Die Inhalte des Sportunterrichts haben die gesamte Breite von Zielvorstellungen für
sportliches Handeln abzudecken.
5. Insbesondere den Teilzeitschülerinnen und
-schülern ist zusätzlich ein
außerunterrichtliches Sportangebot zu machen (freiwillige AGs), um ihnen auch in der
unterrichtsfreien Zeit Gelegenheit zu sportlicher Betätigung zu geben.
6. Es sind umgehend geeignete Sportstätten an beruflichen Schulen zu errichten und
berufsspezifisch auszustatten.
7. Es sind ausreichend
Sportlehrkräfte für berufliche Schulen auszubilden und
einzustellen. Die Sportlehrerinnen und -lehrer für das Lehramt an Berufsbildenden
24
Schulen müssen für die spezifischen Bedürfnisse des Berufsschulsport ausgebildet
werden.
Weiterbildungsmaßnahmen über die LehrerInnenfortbildung allein reichen nicht aus,
um die notwendigen Qualifikationen zu vermitteln.
In der LehrerInnenfortbildung sind die speziellen Bedürfnisse und Probleme des
Sports an berufsbildenden Schulen zu berücksichtigen.
8. In allen Bundesländern muss der Bildungsurlaub gesetzlich so geregelt werden,
damit für BerufsschülerInnen und junge ArbeitnehmerInnen auch zusätzliche
Möglichkeiten sportlicher Bildung und Weiterbildung bestehen.
25
3.5 Flexibilisierung von Stundentafeln für den Sportunterricht (1993)
Veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen, neue berufliche Qualifikationsanforderungen und tiefgreifende Veränderungen der Lebensweise heutiger Kinder und
Jugendlicher stellen oft gänzlich neue Ansprüche und Anforderungen an die Institution
Schule.
Diese ist z.Z. nicht oder nur unzureichend in der Lage, diesen neuen Anforderungen zu
genügen.
Die
bestehenden
personellen,
strukturellen
und
materiellen
Rahmenbedingungen führen immer noch weitgehend dazu, dass mit teilweise
überholten Inhalten und Methoden in unangemessenen Räumen oft an den
Bedürfnissen und Interessen von SchülerInnen vorbei unterrichtet wird.
Diese allgemeinen Aussagen lassen sich für den Schulsport folgenderweise
konkretisieren:
- im Durchschnitt werden von den noch im gemeinsam von der KMK und dem DSB
verabschiedeten
"2.
Aktionsprogramm
für
den
Schulsport"
angepeilten
3
Wochenstunden Sportunterricht pro Woche 2,2 Stunden real erteilt.
- Schulartenabhängig schwankt die Quote fachfremd erteilten Unterrichts zwischen 20
und 70 %.
- Das Durchschnittsalter von SportlehrerInnen hat sich aufgrund der NichtEinstellungspolitik der Länder in den letzten Jahren ständig erhöht und steht jetzt bei
ca. 46 Jahren. Das gestiegene Durchschnittsalter für SportlehrerInnen muss nicht
unbedingt, kann aber ein Negativkriterium sein. Es fehlt die normale Durchmischung
auch mit jungen KollegInnen, die mit neueren sportdidaktischen Ansätzen und
Inhalten oftmals mit mehr Elan und Engagement an ihre Aufgabe herangehen.
- Zu beobachten ist eine Rückzugstendenz insbesondere von Sportlehrerinnen aus dem
Sportunterricht wegen zunehmender Disziplinprobleme und der mangelnden
Bereitschaft der SchülerInnen, zu lernen, zu üben und nicht nur den momentanen
Bewegungsbedürfnissen auf dem jeweiligen Fertigkeits- und Fähigkeitsniveau
nachzugehen. Hier droht der Verlust eines wichtigen weiblichen Erfahrungs- und
Identifikationspotentials insbesondere für Schülerinnen.
26
- Sportunterricht orientiert sich noch zu oft an vorgegebenen sportartbezogenen
Fertigkeiten und einseitig am Leistungs- und Konkurrenzprinzip.
Eine moderne Schule, die sowohl den Bedürfnissen von Lehrenden und Lernenden, als
auch den prognostizierbaren gesellschaftlichen Anforderungen an Bildung und
Erziehung entsprechen soll, muss sich inhaltlich, methodisch und strukturell
verändern.
Schule muss mehr leben, mehr zum Erleben beitragen. Damit ist
nicht nur der
Sportunterricht von der Forderung nach mehr Bewegung angesprochen, sondern jedes
andere
Fach
auch.
fächerübergreifende
Die
Lockerung
Unterrichtsangebote,
des
z.B.
45-Minuten-Takts,
im
vermehrte
Team-Teaching,
"Offener"
Unterricht, mehr Angebote mit handlungs- und projektorientiertem Ansatz mit
stärkerer
Orientierung
auf
Selbsttätigkeit
und
Selbständigkeit
stellen
u.a.
Veränderungen in Aussicht. Der Weg muss zum ganzheitlichen Lernen (Lernen mit
Kopf, Herz und Hand) führen, damit Schule in einer immer mehr individualisierten
Gesellschaft soziale Aktivitäten fördert. Damit ist Schule nicht nur Lernort, sondern
Teil des gesellschaftlichen Lebens für alle Betroffenen (SchülerInnen, LehrerInnen,
Eltern).
Dazu sind in einer Zeit, in der die Bewegungsumwelt der Kinder und Jugendlichen
immer anregungsärmer und bewegungsfeindlicher geworden ist, für eine umfassend
entwickelte Persönlichkeitsentwicklung gerade weitgefächerte Bewegungsangebote
notwendig.
Neben
dem
normalen
Sportunterricht
gewinnen
weitere
Bewegungsmöglichkeiten zunehmend an Bedeutung.
Diese können sein:
* Der Schulweg. Schule sollte sich auch insofern als ein lebendiger Bestandteil eines
Ortes/ Stadtteils begreifen, als sie sich mit allen Beteiligten dafür einsetzt, dass die
SchülerInnen ihren Schulweg auch relativ gefahrlos zu Fuß oder mit dem Fahrrad
erreichen können.
27
* Schulhöfe und Pausenhallen sind bewegungsanimierend zu gestalten. Normierte
Sportspielfelder allein setzen selten Bewegungsreize. Abwechslungsreich gestaltete
Schulhöfe mit Grünflächen, Kletter-, Balancier- und Schaukelmöglichkeiten;
Ausleihmöglichkeiten für Sport- und Spielmaterial; (auch durch SchülerInnen)
organisierte Spiel- und Sportaktivitäten
können für eine bewegungsfreundliche
Atmosphäre außerhalb der Unterrichtszeit sorgen und die Forderung nach der
täglichen Bewegungszeit in die Tat umsetzen.
* Längere Unterrichtsphasen in sitzender Haltung sollten durch Phasen von
Lockerungs- und Entspannungsübungen unterbrochen werden. Mittlerweile gibt es
genügend solcher Programme, die ohne großen Aufwand einen nicht zu
unterschätzenden Effekt haben.
* Bewegungserziehung darf nicht nur als Sache des Sportunterrichts angesehen
werden.
Rhythmusschulung
in
Musik,
Formen
des
Bewegungstheaters
im
Darstellenden Spiel, handlungsorientierte Ansätze sind Beispiele. wie auch andere
Fächer einen Beitrag zur Aktivierung und Bewegung beitragen können.
* Naturbezogene und ökologisch orientierte Sport- und Spielangebote bei
Klassenreisen können SchülerInnen in diesem Ensemble sonst nur noch selten
mögliche Erlebnisse vermitteln.
Mit solchen zusätzlichen Angeboten zum Sportunterricht kann Bewegung zu einer
Schule zum "Sich Wohl fühlen" beitragen. Eine solche Schule ist allerdings mit starren
Stundentafeln nicht machbar. Die zur Verfügung stehende Schulzeit muss in der Tat
flexibler gestaltet und mehr in die Verfügungsgewalt der direkt Handelnden
(SchülerInnen und LehrerInnen) gegeben werden, sollen neue/veränderte Unterrichtsformen und -methoden nicht nur in Modellprojekten realisiert werden können.
Dabei muss jede einzelne Schule sicherstellen, dass
für alle SchülerInnen eine
qualifizierte Grundversorgung von Pflichtstunden im Sportunterricht gewährleistet
bleibt.
28
Eine Reduzierung von Sportstunden aus Kosten- und/oder Kapazitätsgründen können
und werden jedoch wir nicht hinnehmen.
In der oben dargestellten Perspektive einer reformierten Schule stellt sich für uns die
Frage nach Erhalt von Sportstunden aus fixierten Stundentafeln neu. Dann kann und
muss über die Relation von Sportunterricht und Zeiten angeleiteter/freier
Bewegungszeiten neu nachgedacht und entschieden werden. Bei allen Planungen aber
muss deutlich werden, dass Bewegung nie störend ist, sondern der jeweiligen
Entwicklung förderlich . In diesem Sinne muss es heißen:
Mehr Bewegung in die Schule !
29
3.6 Arbeitszeit und Arbeitsbelastung von SportlehrerInnen (1981)
In der Folge des Kampfes um Arbeitszeitverkürzung für Lehrer/innen sind von den
Kultusbehörden wieder Pläne vorgelegt worden, die eine fächerspezifische Abstufung
der Unterrichtsverpflichtung (mit und ohne Korrektur) vorsehen.
Wir gehen demgegenüber von der Gleichrangigkeit und Gleichwertigkeit aller
Unterrichtsfächer aus. Dies betrifft nicht nur die inhaltlich didaktische Begründung des
Sports als Unterrichtsfach, sondern insbesondere auch den Aspekt der spezifischen
Belastung der Sportlehrer.
Die Belastung der Lehrer ist nicht allein an den Kriterien "Vor- und Nachbereitung"
bzw. "Korrektur", sondern vielmehr an allen Dimensionen des Unterrichts
festzumachen. Diese mehrdimensionale Belastung soll für das Fach Sport aufgezeigt
werden.
Spezifische Belastungen der SportlehrerInnen:
a) physisch
- erhöhter Lärmpegel durch Bewegung der Schüler an und mit Geräten
- ständiger Auf- und Abbau von z.T. schwerem Gerät/Material
- Demonstration von Bewegungsfertigkeiten
- ständig aufzuwendendes hohes Stimmvolumen
- Hilfestellungen
b) psychisch
- hohe Intensität des Unterrichts durch die spezifische Mischung der Unterrichtsinhalte
und
-methoden
(Organisierung
von
Lernprozessen
und
Befriedigung
der
Schülerbedürfnisse)
- schwierige Organisationsformen des Unterrichts
- ständig erhöhe Aufmerksamkeit zur Vermeidung der permanenten Unfallgefahr
(auch aufgrund doppelter Aufsichtspflicht)
- zusätzliche Belastung durch doppelt/dreifach belegte Sportstätten
c) zeitlich
30
- häufig lange An- und Abmarschwege zu/von den Sportstätten
- häufiges Umkleiden
- unterschiedliche Ziele und Inhalte (viele verschiedene Sportarten, "neue" Sportarten,
Angebot offener Handlungssituationen erfordern erhöhte Vorbereitungszeit und
ständige Fortbildung)
- die äußerst heterogene Zusammensetzung der Lerngruppen bezüglich Leistung,
Neigung und Interesse erfordert eine aufwendige innere Differenzierung und damit
intensivere Vorbereitung.
d) außerunterrichtliche Aktivitäten
- Planung/Organisation von Schulsportfesten
- Planung/Organisation von Schulsportwettkämpfen
Alle diese Faktoren, insbesondere die spezifischen physischen und psychischen
Belastungen, heben die Korrekturbelastungen in anderen Fächern auf, so dass von
einer Minderbelastung nicht gesprochen werden kann.
Wir fordern daher die Gleichbehandlung aller Unterrichtsfächer bezüglich der
Festlegung der Arbeitszeit der Lehrer/innen.
In den letzten Jahren haben die Sportlehrer/innen der BRD unbezahlte Mehrarbeit in
riesigem Ausmaß durch Organisation und Durchführung der von den Kultus- und
Schulbehörden in Verbindung mit den Spitzenverbänden des organisierten Sports
forcierten Wettbewerbe wie "Jugend trainiert für Olympia" u.a. geleistet.
- Die GEW-Sportkommission fordert die Einbeziehung dieser Tätigkeiten in
schulische Neigungskurse. Diese Kurse sind in das Stundendeputat zu übernehmen.
Zur Deckung des zusätzlichen Bedarfs sind neue Planstellen einzurichten.
- Die GEW-Sportkommission fordert eine lineare Arbeitszeitverkürzung aller
Lehrer/innen
unter
Berücksichtigung
des
Gleichheitsgrundsatzes
aller
Unterrichtsfächer. Darüber hinaus soll ein Stundenpool von 5 % bzw. 10 % für
besonders belastete Kollegen/innen zur Verfügung gestellt werden.
- Nachdrücklich fordern wir die Einstellung aller ausgebildeten Lehrer, um die o.g.
Maßnahmen realisieren zu können.
31
Wir fordern alle Kolleginnen und Kollegen auf, diese Forderungen durch verschiedene
Aktionen zu unterstützen.
32
3.6 Kooperationsmaßnahmen Schule – Verein (1994)
Gegenwärtig werden in allen Bundesländern ganz unterschiedliche Ansätze der
Zusammenarbeit von Schule und Verein diskutiert, erprobt und umgesetzt. Die GEWSportkommission begrüßt und unterstützt grundsätzlich alle Bemühungen, die für
Kinder und Jugendlichen wichtigsten sportbezogenen Instanzen zu vernetzen.
Gleichzeitig erteilen wir allen Versuchen eine deutliche Absage, mit denen eine
Verlagerung schulischer Ausbildung für den Bereich Bewegung, Spiel und Sport in
solche Kooperationsmaßnahmen beabsichtigt oder möglich wird. Die GEWSportkommission bekräftigt ihre Forderung nach 3 Wochenstunden Sportunterricht für
alle Schulformen und -stufen.
Zusätzlich zu dieser Grundversorgung sind aus unserer Sicht Kooperationsmaßnahmen
unter folgenden Zielstellungen sinnvoll:

Es können und müssen beiderseits noch bestehende, oftmals unbegründete
Vorbehalte abgebaut werden mit dem Ziel, ein breit gefächertes, den Bedürfnissen und
neuen Bedingungen von Kindern und Jugendlichen angemessenes, Angebot an
Bewegung, Sport und Spiel zu entwickeln. Dabei besteht die Chance für beide Seiten,
überkommene Strukturen aufzubrechen, Inhalte und Ziele neu zu überdenken und in
einen gemeinsamen Lernprozess im Interesse von Kindern und Jugendlichen
einzusteigen.

Im Sinne sportbezogener Sozialarbeit bieten diese Maßnahmen die Chancen,
soziale Bindungen in neuen, interessengebundenen Gruppen einzugehen, stabile
Interessen in diesem Bereich zu entwickeln , sowie Identifikationsmöglichkeiten mit
beiden Instanzen zu schaffen.

In solchen bedürfnisorientierten Maßnahmen können insbesondere solche
SchülerInnen ein nicht normiertes, nicht zensiertes Bewegungsangebot nutzen, die
weder
durch
Vereinsangebot
den
traditionellen
angesprochen
Schulsport
werden.
noch
Dabei
durch
können
ein
traditionelles
Sportarten
und
Bewegungsformen angeboten werden, die normalerweise weder zum festen
Bestandteil schulischer und/oder vereinsbezogener Angebote gehören.

Im Sinne von Öffnung der Schule bieten solche Maßnahmen die Möglichkeit
der Vernetzung schulischer und außerschulischer Lernorte und -gelegenheiten. Dabei
33
können und sollten die besonderen Bedingungen der Region/des Stadtteils (soziale,
geographische, kulturelle), der Schule (best. sportbez. Traditionen) und der Vereine
(dito)berücksichtigt werden.

Personelle und materielle Ressourcen können im Sinne intelligenter Lösungen
flexibler genutzt werden. So können beispielsweise die knappen Sportstätten optimal
genutzt (z.B. Spieltreffs am Samstagvormittag o.ä.), oft ungenutzte Freiflächen in
Bewegungsräume umgewandelt werden (z.B. Schulhöfe autonom in die /Verwaltung
solcher Gruppen mit der Möglichkeit der Umwandlung geben).
Unter
solchen
Grundversorgung
Zielsetzungen
mit
3
und
der
Voraussetzung
Wochenstunden
der
abgesicherten
Sportunterricht
können
Kooperationsmaßnahmen auch mit dem Ziel der Talentsuche und -förderung
angeboten werden. Entsprechend dem allgemeinen Bildungs- und Erziehungsauftrag
von Schule aber erst dann , wenn vorher breitensportliche Angebote eingerichtet
wurden. Sie sind in Kooperation nur mit solchen Fachverbänden zu organisieren, die
über ein anerkanntes Konzept eines humanen Leistungssports verfügen (Ausschluss
von Doping und Kinderhochleistungssport). Darüber hinaus sind
besondere
Maßnahmen sind für benachteiligte Gruppen und Kinder/Jugendliche mit mangelnden
Bewegungserfahrungen anzubieten:
Bezüglich der Finanzierung/Organisation solcher Maßnahmen erheben wir folgende
Forderungen:

Im Sinne echter Kooperation müssen beide Seiten Kapazitäten zur Realisierung
der Maßnahmen einbringen.

Die von Seiten der Schulen erbrachten Anteile in der Personalversorgung
solcher Maßnahmen sind in das Stundendeputat der betreffenden Personen
einzubringen. Für die Durchführung solcher Maßnahmen sind entsprechende
Kapazitäten (Stellen) zu schaffen.

Auf Kreisebene sollten paritätisch besetzte Koordinationsstellen eingerichtet
werden, die diese Kooperationen fördern und für die Einhaltung dieser Kriterien
34
sorgen. Die Kommunen müssen in Zusammenarbeit mit Schulträgern und Vereinen
Mittel für die personelle und materielle Absicherung zur Verfügung stellen.
Entsprechend diesen Forderungen eingerichtete Kooperationsmaßnahmen zwischen
schulischem und organisiertem Sport können einen wesentlichen Beitrag zur sozialen,
gesundheitlichen
und
persönlichkeitsbildenden
Förderung
von
Kindern
und
Jugendlichen leisten, die sich schwierigen und komplizierten Lebensbedingungen und
Einflüssen konfrontiert sehen. Die Chancen dieser Perspektive werden aber in ihr
Gegenteil verkehrt, sollten politisch Verantwortliche der Gefahr erliegen, solche
Maßnahmen als Billiglösungen für die Verlagerung schulischen Sportunterrichts in
kostengünstige außerschulische Angebote zu missbrauchen.
35
4. SPORT UND GESELLSCHAFT
4.1. Sport und Umwelt (1986)
1. Die natürliche Umwelt des Menschen wird zunehmend in lebensbedrohendem Maße
gefährdet. Chemische Industrieabfälle, Gifte und ungereinigte Abgase aus Großverbrennungsanlagen führen zu sterbenden Wäldern, hochbelasteten Gewässern,
Giftrückständen in Pflanzen, Tieren und letztlich in Speisen und Getränken. Die
jüngsten AKW-Unfälle haben die Bevölkerung unmittelbar betroffen und sie zu
teilweise drastischen Veränderungen ihrer Lebensgewohnheiten gezwungen. Der DGB
hat in seinen "Umweltpolitischen Leitsätzen" nachgewiesen, dass es technisch möglich
und wirtschaftlich sinnvoll wäre, würden umweltfreundliche Technologien zur
Vermeidung dieser Belastungen und Schäden und zur Beseitigung von "Altlasten"
eingesetzt. Eine profit- und wachstumsorientierte Industrie hat sich bislang erfolgreich
gegen die Umsetzung der gewerkschaftlichen Forderungen gewehrt.
2. Der Sport ist von diesem Problem in doppelter Weise betroffen:
a. Aufgrund der Differenzierung, Spezialisierung und Intensivierung der menschlichen
Arbeit bei zunehmend psychischer und gleichzeitig abnehmender physischer
Belastung hat sich die Lebensweise der arbeitenden Menschen grundlegend verändert.
Diese Veränderungen beinhalten neben einer bewussten Einstellung zur Gesundheit
das wachsende Bedürfnis nach sportlicher Betätigung in seinen vielfältigen Formen
und unterschiedlichen Zielsetzungen:
- Sport als Bewegung in einer bewegungsfeindlichen Umwelt;
- Sport als Entspannung und Ausgleich gegen Stress und einseitige Belastung;
- Sport als Möglichkeit zu sozialen Kontakten;
- Sport als Spiel und Spaß;
- Sport als Möglichkeit zur Anerkennung persönlicher Leistungen. Dieses Bedürfnis,
insbesondere nach naturverbundener sportlicher Tätigkeit, stößt zunehmend an
Grenzen, die durch Umweltbelastungen und -schäden gesetzt werden. Dadurch werden
gerade dem Breitensport wichtige Räume genommen:
36
- verschmutzte und verbaute Flüsse und Seen erlauben kein Baden und Wassersport in
natürlicher Umgebung; Baden und Schwimmen sind heute fast nur noch in eigens
dafür vorgesehenen Anlagen (Badesee, Frei- und Hallenbad etc.) möglich;
- Freizeitsportlerinnen und -sportler (Joggen und Fahrradfahren) sind vor allem in den
Großstädten auf Wege und Plätze angewiesen, die häufig durch Auto- und andere
Abgase belastet sind.
- Enge Bebauung und dichter Autoverkehr schränken den Spiel- und Bewegungsraum
der Kinder und Jugendlichen immer mehr ein; zum Ausgleich werden sie auf
abgegrenzte
Spielplätze
verwiesen,
deren
Zahl
und
Ausstattung
außerdem
unzureichend ist.
b. Andererseits ist der Sport dadurch in die umweltpolitische Diskussion geraten, dass
künstlich geschaffene Sportstätten (hier insbesondere Skipisten, Motorrennstrecken,
aber auch Sporthallen und -plätze) oft in zumindest umweltbelastender Weise, im
Extremfall unwiederbringlich Naturlandschaften zerstören oder Flächen versiegeln.
Dadurch, dass der Bedarf nach Sportstätten eher noch steigt, könnte dieser Konflikt
noch verstärkt werden.
3. Der DSB hat diese Probleme in seinen "Umweltpolitischen Grundsätzen" dargestellt
und für den Sport positive ökologische Ziele gesetzt.
Bei der Darstellung möglicher Umweltbelastungen durch den Sport muss allerdings auch im Unterschied zu den "Umweltpolitischen Grundsätzen" des DSB - festgestellt
werden, dass der Sport insbesondere durch das Gewinnstreben der Sportartikel, geräte,
Freizeit-
und
insbesondere
durch
die
Touristik-Industrie
in
ein
umweltpolitisches Zwielicht geraten ist.
Die verantwortungsbewusste sportliche Leistung selbst kann keine nennenswerten
Umweltbelastungen hervorrufen. Sportliche Großveranstaltungen bieten grundsätzlich
keine unterschiedlichen Probleme zu anderen Großveranstaltungen.
37
Als konkrete und sicher schwerwiegende Probleme bleiben der Skisport, Motorsport
und der Sportstättenbau zu benennen.
4. Von einem grundsätzlichen Konflikt zwischen sportlicher Betätigung und dem
Schutz der natürlichen Umwelt kann also nicht gesprochen werden. Vielmehr sind es
dem Sport fremde Einflüsse, wie die kurzfristigen Gewinninteressen der Sport- und
Freizeitindustrie, die einen scheinbaren Interessenkonflikt zwischen Sporttreiben und
Umweltschutz herbeiführen. Dies trifft überall dort zu, wo im Sportstätten- und
Freizeitanlagenbau nicht auf Landschaftsschutz Rücksicht genommen wird, z. B.
durch moderne Liftstationen mit vielgeschossigen Wohnungssilos, großflächige
Planierung von Hängen in den Bergen für breite Skiabfahrten, Fehlplanungen bei der
Anlage von Sportanlagen mit einer u. U. zu großen Lärmbelästigung für die Anlieger
etc. Demgegenüber ist sportliche Betätigung auf eine ökologisch intakte Umwelt
angewiesen, sollen die gesundheitsfördernden und -erhaltenden Potentiale des Sports
zum Tragen kommen.
Deswegen muss die Sportbewegung selbst auf allen Ebenen und mit vielfältigen
Methoden politisch dafür aktiv werden, dass eine Grundvoraussetzung für den Sport nämlich eine ökologisch intakte Umwelt - wiederhergestellt wird. Dies beinhaltet auch
eine
grundlegende
Diskussion
über
Ursachen,
Verursacher,
Folgen
und
Verantwortlichkeiten für die Beseitigung von Umweltschäden.
5. Gleichzeitig muss sich die Sportbewegung unseres Landes mit Tendenzen und
Gefahren in und um den Sportbetrieb auseinandersetzen, mit denen der Sport faktisch
oder angeblich Anlass zu Kritik aus umweltbewußter Sicht gibt und nach Mitteln und
Wegen suchen, die Einflüsse der Sport- und Freizeitindustrie zurückzudrängen.
6. Dazu erhebt die GEW-Sportkommission folgende Forderungen:
- Wirksame staatliche Maßnahmen zum Schutz von Wäldern und Flüssen sowie zur
Reinhaltung der Luft auf der Basis des Verursacherprinzips, um wieder mehr
natürliche Sportanlagen in intakter Umwelt schaffen bzw. nutzen zu können.
38
- Schaffung ausreichender, vielfältiger und umweltverträglicher Möglichkeiten für
Bewegung, Sport und Spiel, damit das Bedürfnis nach sportlicher Betätigung mit dem
Ziel "Sport für alle" umfassend befriedigt werden kann.
- Das Problem des Verhältnisses von Sport und Umwelt ist in die Lehrpläne der
Schulen aufzunehmen und insbesondere in sportbezogenen Projekten bewusst zu
machen:
- Der DSB und die Fachverbände erarbeiten Materialien für innerverbandliche
Bildungsarbeit (insbesondere für die Übungsleiterausbildung), die auf die sportliche
Betätigung bedrohenden Umweltschäden in ihren Bereich hinweisen, sinnvolle
Verhaltensmaßregeln aufzeigen, Ursachen der Umweltschäden
benennen und
politische Handlungsanleitungen geben.
- Überprüfung bestehender Sportstätten auf ihre Umweltverträglichkeit sowie
Veränderung umweltbelastender oder -unverträglicher Teile;
- Genehmigung für den Bau bzw. die Anlage neuer Liftanlagen, Skiposten und Motorsportanlagen sind zu verweigern;
- DSB und Fachverbände (insbesondere DSV-Surfer, Deutscher Skiverband und die
Motorsportverbände)
erarbeiten
Maßnahmepläne,
wie
umweltbedrohende
Freizeitanlagen der Sport- und Freizeitindustrie verhindert bzw. bestehende
umgestaltet werden können;
- Sport und Freizeitanlagen, die irreversible Umweltschäden zur Folge haben können,
müssen im Zuge der Flächennutzungs- und Bauleitpläne verhindert werden; in dieser
Planung sind unterschiedliche Funktionsflächen (wohnen, arbeiten, erholen durch
trennende Elemente (z. B. Baumbestand) abzugrenzen;
- um entgegen der Trennung unserer Lebensbereiche eine möglichst natürliche
Bewegungsumwelt zu erhalten, sind in der Nähe von Wohnbereichen und
Kinderspielplätzen Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung vorzunehmen;
- bei den gebotenen Maßnahmen zur allgemeinen Lärmreduzierung ist grundsätzlich
zwischen industriell und durch Lebensäußerungen erzeugten Lärm zu unterscheiden.
Sportbezogene Geräusche sind auf erträgliche Maße zu reduzieren, dürfen aber kein
Anlass zur Schließung von Sportanlagen sein:
39
- Massenveranstaltungen sind unter ökologischen Aspekten zu organisieren.
Veranstalter von Massensportveranstaltungen in Naturgebieten sollten das Gespräch
mit Naturschutzverbänden suchen und im Zweifelsfall auf die Durchführung einer
Veranstaltung verzichten.
Für die Durchführung ökologisch zu verantwortbaren Massensportveranstaltungen
sind sinnvolle Infrastrukturen wie z. B. eine erhebliche Verbesserung der öffentlichen
Personennahverkehrssysteme, eine unabdingbare Voraussetzung.
40
4.2 Sport und Gewalt (1994)
Kleinere
und
größere
Gewaltausschreitungen
im
Umfeld
von
Sportgroßveranstaltungen sind Woche für Woche an der Tagesordnung. Ebenso
regelmäßig erscheinen Kommentare und Erklärungsmodelle in den Massenmedien zur
Zuschauergewalt, die häufig auf der Frustations-Aggressions-Theorie basieren und
somit wesentliche soziale Ursachen verschleiern oder zumindest in den Hintergrund
drängen.
Dabei lässt sich
nicht leugnen, dass z.B. hohe Arbeitslosigkeit, beengte
Wohnsituation, geringes Bildungsniveau, hoher Alkoholkonsum und ein relativ trister
Alltag ohne wirkliche Lebensperspektive einige Ursachen für gewalttätige Handlungen
jugendlicher Fans sind. Unter diesem Aspekt können gewalttätige Aktionen
jugendlicher Fußballfans auch als Antwort auf die strukturelle Gewalt angesehen
werden., die täglich auf sie einwirkt,
Trotz der allgemein steigenden Ausländerfeindlichkeit in Deutschland ist die einfache
Gleichung, Fans = Schläger = Neonazis, ebenso falsch, wie das Herunterspielen der
latenten Gefahr, dass es zu einem Endringen von neofaschistischen Ideologien
insbesondere bei den Fans/Hooligans kommen kann und teilweise auch schon
gekommen ist.
Gewalttätigkeiten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen sind kein isoliertes
Problem von Sportfanatikern. Sie können eher als Beweis dafür angesehen werden,
dass das Aggressionspotential in den hochentwickelten Industriestaaten insbesondere
durch die sich verschärfenden sozialen Ungerechtigkeiten steigt.
Die Gewalt an Kinder, Gewalt von Kindern sind ebenso wie
die zunehmende
Gewalttätigkeit von Jugendlichen nur Symptome für schwerwiegende politische und
sozial-psychologische Defizite in unserer Gesellschaft.
Da dieser Problembereich viele SchülerInnen und LehrerInnen mittel- und/oder
unmittelbar betrifft, sind unterschiedliche pädagogische Überlegungen und Aktivi41
täten angezeigt, mit denen auf die Ursachen und Auswirkungen von Gewalt
eingegangen werden kann. Das bedeutet u.a.
- Ernsthaftes Bemühen der Lehrer und Lehrerinnen um ein Verständnis für die
Bedingungen, die Schülerinnen und Schüler in der Institution Schule zu Feinden
werden lassen.
-
Sensibilisierung
der
Schülerinnen
und
Schüler
für
kleine
und
große
Gewalthandlungen, die täglich in ihrer schulischen und privaten Umgebung
stattfinden.
- Vermittlung von grundlegenden Einsichten, Kenntnisse und Informationen über die
gesellschaftliche Bedingtheit von Gewalt und deren Verherrlichung in bestimmten
Medien.
- Hilfen für eine eigenverantwortliches Handeln, damit die Schüler und Schülerinnen
sich real als handelnde Subjekte verstehen können, die die strukturelle Gewalt nicht
einfach verdrängen, sondern Möglichkeiten zur Beseitigung der politischen Ursachen
erkennen und sie ggf. in kollektiver Form wahrnehmen.
Im
Rahmen
einer
solchen
sozialpädagogischen
Gesamtkonzeption
hat
der
Sportunterricht aufgrund seiner Kombination von kognitiv-motorischen und affektivsozialen Momenten besondere Möglichkeiten über den Aspekt der Fairness hinaus
nicht zu einer simplen Negation von Aggression
sondern zum regulierten und
kontrollierten Umgang mit Gewalt beizutragen.
Sportunterricht und Gewalt
Gewalt in der Schule findet auch im Sportunterricht statt. Zerstörungen
unterschiedlicher Art, kleinere und größere Raufereien und das Ausreizen körperlicher
Stärke kennzeichnen einige Momente dieser Gewaltrealität.
Sport und auch
Schulsport haben noch einen besonderen Zugang zur
Gewaltproblematik.
Da Sport im Rahmen seiner Regeln ein gewisses Maß an
physischer Gewalt zulässt, ist die Gefahr sehr groß, dass ohne Furcht von Sanktionen
Gewalthandlungen durchgeführt werden.
42
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Schulsport wesentlich durch den von den
Medien aufbereiteten Profisport beeinflusst wird.
Im sportlichen Alltag im Hochleistungssport muss faires sportliches Verhalten nur
allzu häufig einem bedingungslos erfolgsorientierten physischen und psychischen
Verhalten Platz machen , das oft offene Gewalthandlungen impliziert.
Erfolg und damit finanzieller Erfolg wird daher oftmals höher bewertet als die
physische und psychische Unversehrtheit der Sportkollegen/Sportkolleginnen.
Das insbesondere von den Medien propagierte Erfolgsdenken und eine rücksichtslose
Siegermentalität wirkt sich in gewissem Maße prägend auf die sportliche Moral der
Schüler und Schülerinnen aus. Nicht zuletzt darauf ist eine signifikante Zunahme von
aggressiven Handlungen zurückzuführen.
Oft genug werden auch in der Schule gesetzte und/oder vereinbarte Regeln dem Primat
des Erfolges untergeordnet. Sportliche Regeln werden nicht als ein Vereinbarungen
zur Regulierung z.B. eines Spiels akzeptiert, sondern als eine Erfolgsbarriere
angesehen.
Einer besonderen Form der strukturellen Gewalt erleben Mädchen und junge Frauen
im
Sportunterricht.
Voraussetzungen
zur
Mädchen
und
Jungen
kommen
Schule
und
entwickeln
mit
unterschiedlichen
unterschiedliche
sport-
und
bewegungsbezogene Bedürfnisse. Da sich der Sportunterricht aber in der Regel an
männlichen Werten und Normen orientiert, werden spezifische Bedürfnisse und
Interessen der Mädchen vielfach unterdrückt.
Eine Neuorientierung des Sportunterrichts, die diese Gewaltproblematik berücksichtigt
, sollte u.a. folgende Forderungen beachten.
(1) Die Veränderungen des Sportunterrichts sollten so angelegt sein, dass die
sportspezifischen ethischen Grundhaltungen, wie Fairness und Solidarität, der
bewusste Umgang mit Aggression und das gewaltfreie Austragen von Konflikten
einen zentralen Bereich des Unterrichts einnehmen. Dabei sollte aber körperlicher
Einsatz nicht mit Gewalt verwechselt werden und Wettkampf nicht gleichgesetzt
43
werden mit konkurrenzorientiertem Sporttreiben in dem Sinne, dass eine
Instrumentalisierung von Aggression beinhaltet. Spiele ohne Wettkampf und
Konkurrenz stellen sicherlich eine Bereicherung des herkömmlichen Sportunterrichts
dar, lösen das Problemfeld Gewalt und Sport aber nicht.
(2) Der Sportunterricht ist zu lösen von einer vornehmlich lehrerzentrierten,
zweckrationalen und technokratischen Konzeption. Schülern und Schülerinnen ist eine
reale Mitbeteiligung an der Gestaltung des Unterrichts zu ermöglichen.
(3) Sportlehrer und Sportlehrerinnen sollten Disziplinkonflikte und Gewalthandlungen
nicht nur unterdrücken sondern sie zum Gegenstand von Unterricht machen. Dieses
kann aber nur überzeugt von einem Lehrer/Lehrerin geleistet werden, die sich nicht als
"unparteiische" Vermittler von Fertigkeiten und Wissen verstehen, sondern für
Schülerinnen und Schüler ein glaubhaftes Vorbild darstellt, das sich selbst gegen
Gewalt und für inneren und äußeren Frieden engagiert.
(4) Im Sportunterricht sollte besonders darauf geachtet werden, dass die teilweise
subtilen Formen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen sich nicht unbewusst
fortsetzen. Lehrer und Lehrerinnen sollten ein Unterrichtsklima schaffen, das
besonders auch die Mädchen animiert, ihre Bedürfnisse und Interessen aktiv
vorzubringen. Bei der Auswahl der Unterrichtsschwerpunkte sollte grundsätzlich
reflektiert werden, ob sie die Interessen von Mädchen und Jungen gleichrangig
berücksichtigen.
(5) Es muss eine zeitliche und räumliche Erweiterung für Bewegung, Spiel und Sport
in den Schulen und Ausbildungsstätten geschaffen werden. Der zwei- oder
dreistündige Sportunterricht kann das elementare Bewegungsbedürfnis der Schüler
und Schülerinnen bisher nur annähernd befriedigen. Weitergehende Ansprüche können
nur dann realistisch an den Sportunterricht gestellt werden, wenn dazu weitere
zeitliche und räumliche Möglichkeiten bereitgestellt werden.
(6) Sportbezogene Themen unter dem besonderen Aspekt der Gewalt - Erziehung zur
Fairness/
Friedenserziehung
-
sind
u.a.
in
die
Lehrpläne
der
Fächer
Gemeinschaftskunde (Sozialkunde), Geschichte, Deutsch und Ethik aufzunehmen.
Nur wenn es gelingt, den Sport und die Bewegungskultur aus dem unpolitischen
44
Bereich herauszulösen und als gesellschaftspolitische Größe zu verankern, können
vorhandene Probleme adäquat angegangen werden.
(7) Für die Bewältigung von sozialpädagogischen Aufgabenfeldern im Sport sind
entsprechende personelle und materielle Kapazitäten zu bewilligen. Eine langfristige
personelle und materielle Absicherung von z.B. Fan-Projekten macht eine sinnvolle
Zusammenarbeit
mit
schulischen
Einrichtungen
erst
möglich.
Nicht
Ordnungsmaßnahmen, sondern sozialpädagogische Hilfestellungen können Sport-Fans
aus dem Gewaltkreislauf herauslösen.
(8) Die schulischen Einflussmöglichkeiten auf das "sportliche Gewissen" der
Schülerinnen und Schüler hinsichtlich der Erziehung zum sozialen Handeln und FairPlay sind nur dann gegeben, wenn gleichzeitig eine schul-, sport- und besonders
medienpolitische Veränderung stattfindet.
(9) Sportwissenschaftliche Einrichtungen sollten sich in Lehre und Forschung mit dem
Thema "Sport und Gewalt" beschäftigen. So sollten sich Sportstudierende umfassend
mit dieser Problematik vertraut machen und die notwendige Handlungskompetenz
erwerben, um diese Thematik im schulischen und
außerschulischen Sport
verantwortlich bearbeiten zu können.
45
4.3 Sport und Gesundheit (1994)
0. Die Lebensweise von immer mehr Kindern und Jugendlichen entwickelt sich
objektiv tendenziell gesundheitsgefährdend:
- eine oftmals bewegungsfeindliche Umwelt (Verkehr/Straßenbau/Städteplanung)
verhindert ein entfaltetes, nicht sportlich normiertes Bewegungsleben;
- die zunehmend bedrohte natürliche Umwelt führt zu ansteigender Anfälligkeit insb.
gegenüber Allergien und Atemwegserkrankungen;
- militärische und atomare Bedrohungen führen zu Zukunftsängsten;
- die zunehmende Massenarbeitslosigkeit treibt immer mehr Familien in die
Abhängigkeit der Sozialhilfe.
Als Folgen sind zunehmend psychosomatische Störungen, Koordinationsprobleme,
Haltungsschäden und Konditionsmängel bei Kindern und Jugendlichen festzustellen.
Dieser Situation entspricht nicht das subjektive Gesundheitsempfinden von Kindern
und Jugendlichen. Sie fühlen sich in der Regel gesund.
1. Gesundheitsförderung kann deswegen nicht wie ein weiteres traditionelles
Schulfach einsetzen, sondern muss zum Ziel haben, SchülerInnen in dem Prozess
ihrer individuellen Persönlichkeitsentwicklung parteilich zu unterstützen und zu
stärken.
Gesundheitsförderung
im
umfassenden
Sinne
muss
daher
ein
fächerübergreifender, integraler Bestandteil des schulischen Erziehungs- und
Ausbildungsprozesses werden.
2. Gesundheit ist dabei zu verstehen als ein individuelles, momentanes Resultat
situativ angemessenen Verhaltens, das von persönlichen Wertentscheidungen getragen
wird. Sie ist in Form und Inhalt abhängig von der jeweiligen Lebenswelt und besteht
in einem Zustand des Gleichgewichts zwischen individuellen Möglichkeiten oder
46
Wünschen und äußeren Anforderungen an eine Person und den Bedingungen der
Umwelt.
3. Alle Formen des Schulsports können als wichtiges und integrales Element einer
Gesundheitserziehung
eine
grundlegende,
aber
eben
nur
eine
Teilfunktion
übernehmen.
Sportunterricht kann ebenso wenig schon per se mit Gesundheitserziehung
gleichgesetzt werden, wie als eine Reparaturinstanz für gesellschaftlich/individuell
bedingte Gefährdungen/Risiken angesehen werden.
Die Reduzierung von Sport und Sportunterricht auf somatische und physiologische
Funktionen bedeutet eine unzulässige Reduktion umfassenderer Möglichkeiten von
Bewegung, Sport und Spiel und zugleich deren Gefährdung.
4. Gerade aufgrund der veränderten Lebensweise von Kindern und Jugendlichen, als
deren Folge diese oft eine restringierte körperliche Leistungsfähigkeit aufweisen, ist
der Sportunterricht heute nur auf einem Belastungslevel möglich, der die dem
Sportunterricht zugeschriebenen Verbesserungen im physiologischen Bereich kaum
erreichen lässt. Dies wird auch deshalb zunehmend schwierig, weil sich Inhalte und
Orientierungen für den Sportunterricht stark ausdifferenziert haben.
5. Sportunterricht als Teil einer umfassenden Gesundheitserziehung muss folgende
Prämissen erfüllen:
- genaue Erfassung der körperlichen Verfassung von Kindern und Jugendlichen (d.h.
z.B. jährliche sportmedizinische Untersuchung aller schulpflichtigen Kinder und
Jugendlichen.)
47
- Quantitative Erweiterung des Angebotes auf 1 Std. täglich für Spiel, Sport und
Bewegung, davon mindestens 3 Unterrichtsstunden regulärer Sportunterricht unter
fachlich qualifizierter Anleitung.
- Qualitative Erweiterung der Inhalte des Sportunterricht unter Einschließung
therapeutischer, motopädagogischer Elemente, Elemente der körperbezogenen
Selbsterfahrung, Hilfen zur Selbsthilfe (Massage/Entspannungstechniken u.a.m.).
- Ganzheitliche Bearbeitung der Zusammenhänge zwischen Umwelt-LebensweiseSport und Gesundheit im projektorientierten und Projektunterricht.
- Sportunterricht darf nicht nur die somatische Seite im Blick haben, sondern einem
ganzheitlichen Gesundheitsbegriff insofern Rechnung tragen, als auch die subjektiv
positive Befindlichkeit eine wesentliche Zielorientierung zu sein hat.
- Die Veränderung des Sportunterrichts in Richtung einer ganzheitlichen
Gesundheitsförderung erfordert auch eine weitere Qualifizierung von SportlehrerInnen
in Aus- und Fortbildung
48
Herunterladen