Brauchen Jugendliche Vorbilder? Was manche Menschen dazu sagen … R Vorbilder bieten Orientierung. Vorbilder sind für Jugendliche wichtig, weil sie Menschen brauchen, an denen sie sich orientieren können. Wenn ein Jugendlicher ein Vorbild hat, kann er an dieser Person beobachten, wie er sich beispielsweise in schwierigen Lebenssituationen verhalten kann. So kann ein Jugendlicher, der einen Sportstar als Vorbild hat, sehen, dass man für seine Ziele hart arbeiten und auch Niederlagen überwinden muss. (Anna Z., Lehrerin) Problematische Vorbilder gefährden die Entwicklung. Manche Jugendliche haben schlechte oder problematische Vorbilder. Manche Mädchen orientieren sich z. B. in ihrem Schönheitsideal an Magazin-Bildern von Frauen, die mit Fotoshop bearbeitet worden sind, oder an magersüchtigen Models. Im Extremfall kann das der Auslöser für eine schwere psychische Erkrankung wie eine Ess-Störung sein. (Elisabeth R., Psychologin) Vorbilder geben Rückmeldungen und motivieren. Die wichtigsten Vorbilder für Jugendliche sollten Erwachsene, die sie persönlich kennen, sein. Denn von einem realen Vorbild können sie auch Rückmeldungen über ihr eigenes Verhalten bekommen. So wirkt das anerkennende Lob oder auch die berechtigte Kritik eines Trainers, der ein Vorbild ist, sehr viel stärker motivierend als das Vorbild eines „fernen Fußballstars“. (Kurt V., Vater) Vorbilder regen zum kritischen Nachdenken an. Die meisten Jugendlichen idealisieren ein Vorbild nicht einfach. Sie setzen sich auch kritisch mit ihren Vorbildern auseinander. Beispielsweise gefällt ihnen die Musik von Amy Winehouse oder ihr „Styling“. Gleichzeitig wissen sie aber auch, dass Amy Winehouse wegen ihrer Drogenprobleme ihr eigenes Leben zerstört hat und dass sie zu schwach war, ihre eigenen Vorsätze auch umzusetzen. (Andrea R., Jugendarbeiterin) Vorbilder leben wichtige Werte vor. Jugendliche können so diese Werte kennenlernen. Für viele Kinder und Jugendliche sind ihre Eltern oder ihre Großeltern wichtige Vorbilder. Das heißt nicht, dass sie in allem so werden wollen, wie diese Personen. Es heißt aber, dass sie an diesen Personen ganz grundlegende Merkmale schätzen. Beispielsweise gefällt ihnen, dass ihre Mutter Beruf und Familienarbeit miteinander verbindet. Oder sie sehen ihren Vater als Vorbild, weil er sich Zeit für ihre Hobbys nimmt und sich auch die Meinung von Jugendlichen ernsthaft anhört. Oder sie sehen die Großmutter als Vorbild, weil sie noch immer gerne etwas Neues lernt. Und genau diesen Verhaltensweisen geben die Jugendlichen dann in ihrem Leben auch selbst Bedeutung. (Irene R., Meinungsforscherin) Problematische Vorbilder zeigen eine Traumwelt, die für die Jugendlichen meistens unerreichbar ist. Wenn sie ihren Vorbildern nacheifern, scheitern sie in den meisten Fällen. Casting-Shows sind ein trauriges Beispiel dafür, wie Jugendliche und ihre Träume ausgenutzt werden. Manche Jugendliche träumen davon, eine neue Heidi Klum zu werden. Anstatt zu lernen und sich für die Schule vorzubereiten, bewerben sie sich für irgendwelche dubiosen Casting-Shows, wo sie vor allem ausgenutzt und „vorgeführt“ werden. Den „Durchbruch“ schafft kaum jemand von ihnen. Viele werden in ihrem Selbstwertgefühl verletzt und erleben, dass sie scheitern. Und viele vernachlässigen Schule oder Berufsausbildung. (Gerhard P., Sozialarbeiter) Vorbilder zeigen Wege in die Zukunft. Jugendliche haben es heute schwer, für sich herauszufinden, wie sie ihre Zukunft B I gestalten wollen. Ein Vorbild kann helfen, für sich selbst einen Weg in die Zukunft zu finden. Wer beispielsweise Arzt oder Ärztin werden will, tut gut daran, sich einen Menschen zu suchen, der selbst in diesem Beruf arbeitet und der als Vorbild dienen kann. So kann ein junger Mensch erkennen, was es im Alltag bedeutet, sich den Herausforderungen des Berufs zu stellen. (Rainer S., Lehrer) Vorbilder sind wichtig für die Identität. Vorbilder sind für Jugendliche wichtig, weil sie sich (zunächst einmal) aus ihrer Familie ein Stück weit lösen müssen, um zu sich selbst zu finden. So suchen viele Jugendliche Vorbilder, die ihren Eltern überhaupt nicht gefallen. Das ist aber wichtig, weil sie so andere Werte und andere Lebensmodelle kennenlernen können. Erst wenn sie mehrere „Welten“ kennengelernt haben, können Jugendliche sich bewusst für ihren eigenen Weg entscheiden. (Michael B., Psychologe) Vorbilder können problematische Werte vorleben. Viele Jugendliche orientieren sich an den Führer-Figuren in einer Peer-Gruppe (Gleichaltrigen-Gruppe). Das ist grundsätzlich normal und kein Problem. Zu einem Problem wird es aber dann, wenn diese Führer-Figuren problematische Werte verkörpern oder wenn sie problematische Verhaltensweisen zeigen. Jugendliche können so zu kriminellem Verhalten (zum Beispiel in Form von Mutproben) oder zu Suchtverhalten verleitet werden. Im Mittelpunkt von ausländerfeindlichen oder rechtsradikalen Gruppen stehen oft radikale Führer-Persönlichkeiten, die in der Gruppe idealisiert werden. (Friedrich W., Jugendarbeiter) Medien // Computerspiele liefern für orientierungslose Jugendliche problematische Vorbilder. Die meisten Jugendlichen können sehr genau zwischen dem eigentlichen Leben und der virtuellen Welt unterscheiden. Wenn aber Jugendliche in ihrem eigenen Leben Probleme haben und keine Anerkennung finden, orientieren sie sich manchmal an künstlichen Medienfiguren. Im Extremfall verlieren sich dann in einer virtuellen Phantasie-Welt. Sie träumen sich in Avatar-Existenzen hinein. In manchen Fällen entwickeln sie Gewalt-Phantasien. Im Extremfall versuchen sie dann diese GewaltPhantasien auch auszuleben. Amok-Läufe sind zwar sehr selten. Aber alle Amokläufer haben sich mit irgendwelchen scheinbar unbesiegbaren Medien-Figuren überidentifiziert, bevor sie tatsächlich zur Waffe gegriffen haben. (Ulrike D., Pädagogin) Arbeitsauftrag: a) Überlege, ob du den Thesen und den erläuternden Aussagen in den Thesen zustimmst. Kreuze nach folgenden Gesichtspunkten an: R: finde ich grundsätzlich richtig B: Ich kenne selbst Jugendliche, für die das zutrifft I: Das trifft auch auf mich persönlich zu. b) Suche zwei Thesen zur Frage, ob Jugendliche Vorbilder brauchen, aus, die deiner Meinung nach besonders interessant oder besonders wichtig sind. Baue diese zwei Thesen selbst zu Argumenten aus, indem du aa) erklärst, was die These aus deiner Sicht genau bedeutet (= Umschreibung der These) bb) ein persönliches Beispiel anführst, mit dem du die These veranschaulichen kannst (eigene Erfahrung, Erfahrung von Freunden / Bekannten; eigene Beobachtung)