Bauchmuskulatur

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Bauchmuskulatur
in der Schwangerschaft und nach der Geburt
Bevor eine Frau wieder mit sportlichem Training beginnt, sollte unbedingt die Regenerationsphase,
das s.g. Wochenbett[1], sowie die daran anschließende Rückbildungsgymnastik abgeschlossen sein!
Durch Schwangerschaft und Geburt wurden die Bauch- und Beckenbodenmuskeln stark in
Mitleidenschaft gezogen, nach der Entbindung benötigen diese ca. 6 Wochen Regenerationszeit und
danach ein gezieltes Rückbildungstraining unter professioneller Anleitung. Die Frau sollte 6 bis 12
Wochen nach der Geburt beginnen und über mindestens 10 Wochen regelmäßig einen Kurs bei einer
ausgebildeten Hebamme bzw. Trainerin besuchen oder zuhause mit einer entsprechenden DVD
trainieren.
Wiedereinstieg ins sportliche Training
Nach der Rückbildungsgymnastik sollte die Beckenboden- und Bauch/Rückenmuskulatur eigentlich
wieder einwandfrei funktionieren und die Rectusdiastase[2] geschlossen sein. Leider ist dies bei vielen
Frauen trotz Rückbildungskurs nicht der Fall – dies kann an einer mangelhaften Kurs-Qualität liegen,
oft liegt es aber auch daran, dass der Körper schlichtweg noch Zeit und zielorientiertes Training
braucht. Es kann ½ bis 1 Jahr brauchen, bis der Körper wieder die alte Konstitution hat, abhängig ist
dies von folgenden Faktoren:
Trainingszustand der Muskulatur vor und während der Schwangerschaft (Wenn die
Muskeln ein hohes Kraft- und Flexibilitätsniveau hatten, regenerieren sie schneller. Wer also auch
während der Schwangerschaft angemessen trainiert, hat es hinterher leichter.)
-
Veranlagung
Verhalten der Mutter im Wochenbett (Viel Ruhe und beckenbodenschonendes Verhalten
fördern die Regeneration der Muskulatur und es bilden sich wieder Energiereserven.)
Stillen (Stillen fordert Energie, außerdem sorgen die Stillhormone für ein nachgiebigeres
Bindegewebe, erst nach dem Abstillen gewinnen Muskeln, Sehnen, Bänder wieder mehr Festigkeit und
Stabilität.)
Rückbildungsgymnastik (Konsequente Durchführung von angemessenen und zielführenden
Übungen für den Beckenboden sowie für alle Rumpfmuskeln).
Ist die Rückbildungsgymnastik nach ca. 4 Monaten abgeschlossen, darf also nicht einfach wieder
„drauf los trainiert“ werden, als hätte keine Geburt stattgefunden. Mittels eines speziellen
MamaWorkouts sollte die allgemeine Fitness strukturiert wieder aufgebaut werden. Durch
angemessenes postnatales Training können Rücken- und Nackenbeschwerden, chronische Müdigkeit,
Beckenbodenschwäche etc. vermieden werden, die Frau fühlt sich vitaler, kann den Mama-Alltag gut
meistern und die Zeit mit ihrem Baby noch mehr genießen!
Inhalte von postnatalem MamaWorkout:
-
moderates Ausdauertraining
-
Haltungsschulung (vor allem im Hinblick auf richtiges Heben und Tragen)
-
Beckenbodenschulung und Beckenbodenkräftigung
-
Kräftigung der Rumpfmuskulatur (Core-Training)
-
Ganzkörperkräftigung sowie -mobilisation
-
Entspannung
Die folgende Tabelle zeigt, welche körperlichen und mentalen Bedingungen bei jungen Müttern
vorliegen und welche Trainingsbesonderheiten daraus resultieren.
Körperliche und mentale Bedingungen bei
jungen Müttern:
Normalerweise sind nach der Rückbildungsphase
alle Geburtsverletzungen (z.B. Dammriss,
Kaiserschnittnarbe) verheilt und schmerzfrei. Manchmal
fühlt sich das Narbengewebe aber immer noch
unangenehm an.
Aus diesen Bedingungen resultieren folgende
Besonderheiten beim postnatalen MamaWorkout:
Bei Schmerzen oder unangenehmen Gefühlen in der
Narbengegend, muss ärztlich geklärt werden, ob die Narbe
wirklich gut verheilt ist. Meist ist dies der Fall und solange
das unangenehme Gefühl noch vorhanden ist, bieten Sie der
Frau alternative Übungen an (z.B. in für sie angenehmeren
Körperpositionen).
Schwangerschaft und Geburt haben den
In den ersten 8 Trainingswochen stoßbelastendes
Beckenring geweitet, d.h. die gelenkigen Verbindungen Ausdauertraining wie z.B. High-Impact-Kurse[1] oder
und Bänder im Beckenbereich sind lockerer. Vor allem Jogging vermeiden und statt dessen lieber das Rad oder
die Symphyse (=Schambeinfuge) ist nun weiter und
den Crosstrainer nutzen.
instabiler. Die frühere Beckenstabilität ist
normalerweise nach ½ bis 1 Jahr wieder hergestellt.
In den ersten 8 Trainingswochen nur moderates
Ausdauertraining bei 50-60% der HFmax.
Sobald Schmerzen oder Druck/Zuggefühle im Beckenbzw. Hüftbereich auftreten, das Ausdauertraining abbrechen
und lieber Krafttraining machen!
Integrieren Sie viele stabilisierende Übungen für Becken
und Hüftgelenke ins Krafttraining.
Der Beckenboden wurde in der Schwangerschaft Stellen Sie sicher, dass die Frau weiß wie der
stark beansprucht und bei der Geburt extrem gedehnt. Beckenboden (alle 3 Schichten!) aktiviert und in Haltung
Nach der Rückbildungsgymnastik ist er bei vielen
und Bewegung eingesetzt wird.
Frauen noch nicht wieder voll funktionstüchtig.
In den ersten 8 Trainingswochen stoßbelastendes
Ausdauertraining vermeiden (siehe oben).
Bauen Sie spezielle Rückbildungsübungen in das
Krafttraining ein.
Bringen Sie der Frau bei, bei ALLEN Rumpfübungen
immer VOR ÜBUNGSBEGINN den Beckenboden zu
aktivieren.
Aufgrund des großen Schwangerschaftsbauches
dünnt sich der M. rectus abdominis etwas aus und
In den ersten 8 Trainingswochen sollten Kraftübungen
bestenfalls im Liegen (auf einer Matte oder einem Gerät)
stattfinden, denn im Liegen wirkt die Schwerkraft nicht
„runterziehend“ auf den Beckenboden und die
Beckengelenke werden kaum belastet.
Aus der Rückenlage aufrollende Bewegungen (z.B.
gerade und schräge Crunches) treiben die beiden
verliert an Tonus. Zudem bildet sich eine
Rektusdiastase. Bestenfalls bildet sich diese
Bauchmuskelspalte in der Rückbildungsphase
vollständig zurück, sie kann aber auch noch lange
weiter bestehen. Solange sie besteht, ist der M. rectus
abdominis kaum funktionstüchtig.
Viele Frauen klagen auch Monate nach der
Geburt über einen dicken Unterbauch, obwohl sie ihr
altes Gewicht haben, dies liegt an einer nicht
geschlossenen Rectusdiastase und/oder an einem zu
schwachen M. transversus abdominis.
Muskelstränge des M. rectus abdominis noch mehr
auseinander. Solange die Rektusdiastase besteht, kein
Training des M. rectus abdominis durch aufrollende
Bewegungen!
Trainieren Sie die Bauchmuskulatur immer in ihrer
Funktionseinheit als „Muskelkorsett“[2] um die Körpermitte
herum (das kennen Sie von Pilates oder Core-Training).
Trainieren Sie vor allem den M. transversus (natürlich
nicht isoliert, sondern in Kombination mit der schrägen
Bauchmuskulatur und dem Erector Spinae), denn dieser
macht den Bauch flach und „zurrt“ die Taille zusammen,
Wenn sich die Rektusdiastase trotz Training nicht was wiederum die Rectusdiastase zusammenzieht.
zurück entwickelt, muss ärztlich abgeklärt werden, ob
ein operativer Eingriff notwendig ist.
Vorgehensweise zum Wiederaufbau der Bauch- bzw.
Rumpfmuskulatur und zum Schließen der Rectusdiastase:
1. Trainieren Sie das „Muskelkorsett“ um die
Körpermitte zunächst nur statisch.
2. Bringen Sie der Frau bei, bei allen Rumpfübungen
den Beckenboden und den M. transversus
abdominis anzuspannen. Sobald dies gut
funktioniert, können Sie dynamische Rumpfübungen
anbieten (noch keine Crunches!).
3. Nach 10-12 Wochen können Sie langsam wieder mit
Aufrollbewegungen aus der Rückenlage beginnen
(sofern keine Rectusdiastase mehr besteht und die
Frau dabei Beckenboden und M. transversus
abdominis anspannt).
Stillende Mütter haben größere, teilweise
spannende Brüste.
- Während des Stillens (und am besten auch danach)
muss ein sehr stabiler, fester Sport-BH getragen werden.
Bei Übungen in Bauchlage können Kissen
untergelagert werden falls die Brüste „im Weg sind“.
Mütter haben häufig Nacken- und
Rückenbeschwerden vom vielen Tragen.
Möglichst wenig Übungen in Bauchlage anbieten, eine
gute Alternative ist oft der Vierfüßlerstand.
Kräftigen Sie vor allem die Rumpfmuskulatur, den
Nacken, die Schultern und die Armmuskulatur für die
Belastungen des Mama-Alltags.
Dehnen und entspannen Sie die Bereiche
Rücken/Nacken und Schultergürtel.
Zeigen Sie eine gute aufrechte Haltung und wie man
diese beim Tragen von Baby, Maxi-Cosi etc. einsetzen soll.
Mütter sind körperlich und mental oft stark
belastet. Viele Verspannungen im Rücken/Nacken
haben psychosomatischen Ursprung.
Zeigen Sie Dehnübungen für Zuhause.
Bauen Sie am Ende des Trainings
Entspannungsübungen ein (z.B. nach Jacobsen) und geben
Sie Entspannungstipps für Zuhause.
[1] High-Impact-Kurse sind alle Aerobic-artigen Kurse, wo gesprungen wird
[2] Das s.g. „Muskelkorsett“ besteht aus allen Bauchmuskeln und dem Erector Spinae. Es bildet eine
Funktionseinheit, die die Körpermitte bewegt sowie stabilisiert.
[1] Das s.g. Wochenbett bezieht sich auf die ersten 6 Wochen, in denen sich die inneren Organe
sowie die Beckenboden- und Bauchmuskulatur von Schwangerschaft und Geburt regenerieren müssen
und in der die Bindung zwischen Mutter und Kind erfolgt.
[2] Rektusdiastase = Auseinanderstehen der zwei Stränge des M. rectus abdominis im Bereich der
Linea alba.
Quelle: Verena Wichers: Prä- und Postnatales Training. Köln, 2015.
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