Ass.Prof. Mag. Dr. Wolfgang M. Schmidt Neue molekulargenetische Methoden zur Untersuchung von neuromuskulären Erkrankungen Neuromuskuläre Erkrankungen (NMDs) umfassen eine Vielzahl (ca. >200) von einzelnen, genetisch bedingten Krankheitsbildern, die zu Symptomen im Bereich des neuromuskulären Systems führen. Derzeit sind über 300 Gene bekannt, deren Defekte Krankheiten verursachen können, die dem Formenkreis der NMDs zuzurechnen sind. Da jede einzelne dieser Erkrankungen zu den (sehr) seltenen Erkrankungen gehört und viele NMDs zudem durch eine ausgeprägte klinische und nicht selten auch genetische Heterogenität charakterisiert sind, stellt sich der Weg zur - letztlich für die Patienten und deren Familien so essentiellen - molekulargenetisch gesicherten Diagnose in der Praxis meist langwierig dar. Technologische Entwicklungen der letzten Jahre ("next-generation sequencing") geben jedoch berechtigten Grund zur Hoffnung, dass die molekulargenetische Abklärung von NMDs in naher Zukunft deutlich effizienter möglich sein wird. Da die Erfassung sämtlicher Gensequenzen des humanen Genoms ("exome sequencing") in nur wenigen Wochen nun möglich ist, stellt sich die Untersuchung einer sehr großen Anzahl möglicher Gene im Rahmen der molekulargenetischen Abklärung deutlich einfacher dar als in der Vergangenheit: im Vortrag wird der Weg von der klinischen Verdachtsdiagnose, über die Muskelbiopsie und millionenfachen DNA Sequenzen, bioinformatische Auswertungen, bis hin zur gesicherten genetischen Diagnose an einigen Beispielen aus unserem Labor, in dem diese Technologie seit etwas mehr als einem Jahr etabliert ist, dargestellt werden. Vorteile sowie mögliche neue Komplikationen und Hürden werden diskutiert. Die rasch voranschreitenden technologischen Fortschritte im Bereich der Sequenzierung und Bioinformatik ermöglichen einerseits sehr breit gefächerte und effiziente Untersuchungen, generieren jedoch auch eine große Menge Daten, deren Interpretation schwierig oder derzeit nicht möglich ist: ohne die Integration klinischer Information und Untersuchungen, sowie ohne weiterer Abklärungsschritte können reine DNA Ergebnisse alleine meist keine Diagnose stellen!