2015 Besuch in der JVA Kassel 1 Von Simon Henze Simon Henze Erwartungen Meine Erwartungen an die JVA sind, dass wir in eine uns neue Welt kommen. Mit dieser Welt werden wir vermutlich nicht viel anfangen können. Somit würde ich mir wünschen, dass wir diese bestmöglich erklärt bekommen. Ich stelle mir das Gefängnis schwer begreifbar vor. Ebenfalls vermute ich, dass es einen langer Weg durch die ganze Sicherheitsschleusen sein wird. Ich stelle mir das Gebäude sehr alt vor. Ich erwarte einen netten, aber bestimmten Umgangston. Der Tag in der JVA. Schon während der Hinfahrt habe ich ein mulmiges Gefühl im Bauch. Ich bin gespannt und gleichzeitig angespannt. Das Auto fährt an den Mauern mit dem Stacheldraht vorbei. Meine Augen blicken an der Scheibe hoch in Richtung des Stacheldrahtes. Beim Warten vor dem Eingang fährt ein JVA-Bus aus Niedersachsen an uns vorbei. Ein unheimliches Gefühl, dass da vor mir Straftäter Bus fahren. Danach beginnt das Sortieren unserer Ausweise und das Anmelden. Wir warten in einer Schlange vor dem Eingang – sortiert nach dem Alphabet. Mir schießen Gedanken durch den Kopf wie sich die Gefangenen fühlen müssen, wenn sie durch die Pforte gehen, um ihre Strafe anzutreten. Es muss schrecklich sein, seine Freiheit zu verlieren. Immer fünf Personen gehen durch das schwere Eisentor. In meiner Gruppe bin ich der letzte. Hinter mir fällt die schwere Eisentür ins Schloss. Ich denke mir, dass es jetzt aus ist, wenn nicht gemocht wird, dass wir wieder rauskommen, ist das uns nicht möglich. Das erste Mal wird mir klar, wie sich es anfühlen muss, seine Freiheit zu verlieren. Ich dachte schon, dass dieses ein krasses Gefühl ist, aber es wurde im Laufe des Tages noch krasser. Als nächstes mussten wir unsere Wertsachen einschließen. Dann wurden wir einem Sicherheitscheck unterzogen. Danach mussten wir in einem Warteraum warten. Das erste Mal genossen wir die Sicht aus einem Fenster mit einem Gitter. Ein besonderes Gefühl. Der Raum sollte uns schon einmal an das Gefängnis gewöhnen. Er sah nicht sehr einladend aus. Als alle soweit sind, verlassen wir das Pfortengebäude in Richtung Hof. Dort sehen wir das erste Mal die Mauern, die wir eben noch von der anderen Seite bestaunt haben, von der anderen Seite. Im Hof warten unsere beiden Begleiter auf uns. Diese führen uns zuerst zu einem Plan und Modell der JVA. Daran erklären sie uns allgemeine Sachen. Dabei sah ich den ersten Gefangenen. Er war dort am Putzen. Als ich ihn sah, spannte sich mein Körper sofort an, um zu signalisieren, dass ich Respekt gegenüber der Person habe. Als nächstes gehen wir in die Besuchsräume. Ich fühle das Leid, was in diesen Räumen passiert ist und finde es interessant, welche Regeln es zu einem Besuch gibt. Als wir dann in einem Klassenraum stehen, kommt bei mir das Gefühl, dass ich nun endlich das Gefängnis so sehen möchte, wie ich es mir vorgestellt habe. Nämlich Zelle an Zelle und alles ganz schwer und gesichert. Eine schwere Tür öffnet sich. Mir kommt gleich ein kalter Luftzug entgegen. Der Boden ändert sich, wir laufen nun über Holzböden. Ich gehe vor bis zur Brüstung und finde mich im Herzstück des Gefängnisses wieder. Von hier kann man in alle vier Flügel schauen. Die Flügel A, B, C und D mit ihren einzelnen Stationen erstrecken sich vor mir. Ein einmaliger Anblick, den ich fast schon genieße. Als nächstes sehen wir die Leitstelle, von der aus wird alles überwacht. Es schockiert mich ein wenig, dass dieser Posten mit nur so wenigen Beamten besetzt ist. Nun gehen wir zum ersten Mal in einen Zellentrakt. Ich bin wachsam und etwas nervös, obwohl ich genau weiß, dass mir nichts passieren kann. Wir gehen in einen Ärzteraum. Hier ist die Luft sehr schlecht und stickig. Beim Rausgehen wird mir klar, dass die Welt, wie sie auf der andern Seite der Gefängnismauern existiert, genau so ist wie bei uns auch. Es ist eine Parallelwelt, in der es alles gibt. Während des weiteren Rundgangs sind mir noch ein paar Stellen in Erinnerung, wo ich ein sehr krasses Gefühl verspürt habe. Dies war einmal der Besuch in einer „B-Zelle“. Dieses Erlebnis und Gefühl wird das sein, was ich mir am längsten merken werde. Es hat sich so festgebrannt. Es ist einfach ein krasses Gefühl, kaum zu beschreiben, wenn man es nicht selber erlebt hat. Eine Mischung aus Respekt, Wachsamkeit, Erstaunen und das Gefühl, dass ich hier nie wieder hierhin möchte, beschäftigt mich bis heute, wenn ich an diese Begebenheit denke. Ebenfalls ein sehr starkes Gefühl ist es, wenn an der Pforte die Tür wieder hinter dir zufällt und du merkst, du bist jetzt wieder frei und kannst dich frei bewegen und alles tun .Im selben Moment überlegt man sich, was man tut, um nicht wieder da reinzukommen. Fazit Mein Fazit nach dem Besuch fällt so aus, dass ich verstehen kann, wieso die Freiheitsstrafe angewendet wird. Sie ist eine Strafe, von der ICH nicht gerne betroffen wäre. Ebenfalls konnte ich bestätigen, dass es wirklich so ist, dass hinter den Gefängnismauern eine Parallelwelt existiert. Ich fand es erschreckend, wie das Gefängnis aussieht. Alt und schwer, das verschlimmert den Eindruck nochmal. Ich fand den Tag sehr aufklärend und spannend und habe mich über diese einmalige Möglichkeit sehr gefreut.