Europa und der Osten – Hoffnungen und Herausforderungen Erhard Busek und Experten des Österreichischen Instituts für Internationale Politik diskutierten beim 2. Globalisierungsforum in Krems Krems (kpr). Wie steht es um die Außen- und Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union? Eine hochkarätige Expertenrunde lieferte beim 2. Globalisierungsforum der Donau-Universität Krems am 15. Oktober einen kritischen Befund. Erweiterungsmüdigkeit, Konsolidierungspolitik und fehlende Strategien könnten das Friedensprojekt Europa gefährden. Mit dem Thema „Europa und der Osten“ stand beim zweiten Forum aufgrund aktueller Entwicklungen in den Nachbarregionen Europas ein brisantes Thema auf dem Programm. Vier Experten des Österreichische Institut für Internationale Politik (oiip), seit kurzem neuer Kooperationspartner der Donau-Universität Krems, und Ehrengast Dr. Erhard Busek lieferten dazu aktuelle Analysen und führten angeregte Diskussionen mit dem Publikum in Krems. Das Österreichische Institut für Internationale Politik (oiip) hat sich seit seiner Gründung 1978 als unabhängiges, außeruniversitäres Forschungsinstitut etabliert, das an der Schnittstelle von Politik, Wissenschaft und NGOs arbeitet. Die DonauUniversität Krems hat mit dem oiip einen neuen Partner gewonnen, „durch den wir unsere Kompetenzfelder vertiefen können“, wie Dekanin und Forumsgründerin Univ.Prof. Dr. Gudrun Biffl von der Donau-Universität Krems bei der Eröffnung des zweiten Globalisierungsforums betonte. Vage Zukunft für die Erweiterung „Die Erweiterungspolitik ist ins Stottern geraten“, sagt Dr. Vedran Dzihic, Senior Fellow am oiip. Der Politikwissenschafter konstatiert eine gewisse Erweiterungsmüdigkeit, die sich auch in Österreich zeige. Die Mehrheit sei hier gegen eine Erweiterung der Europäischen Union. „Allerdings birgt eine schwache oder nur technisch fortgesetzte Erweiterungspolitik die Gefahr des Abdriftens von Kandidatenländern wie Serbien, Kosovo oder Bosnien-Herzegowina“, so Dzihic. „Durch das lange Warten würde ein Vakuum entstehen, das andere für sich nützen könnten. Einen Schritt weiter in diesem Befund geht Dr. Cengiz Günay vom Institut, zu dessen Forschungsschwerpunkten Islamismus, politische Reform und Demokratisierung zählen. Er spricht von der Ohnmacht der Europäischen Union angesichts der Umbrüche in der südlichen Nachbarschaft. „Die EU hat bis jetzt keine klaren Strategien entwickelt, ebenso wie ihre eigene Identität nach wie vor unklar ist, und sie bietet den neuen Ländern wenig Beitrittsperspektiven“, so Günays Fazit. Die EU habe zudem ein Glaubwürdigkeitsproblem, da ihre Nachbarschaftspolitik vor allem auf einer Sicherheitslogik aufgebaut sei. Neue Wege gehen Dabei kann die Aufnahme neuer Länder in die Europäische Union als Teil des Friedensprojekts Europa gesehen werden und „die bisherige Erweiterungspolitik als Beweis dafür, dass Europa funktioniert“, wie Dzihic erklärt. Doch die Frage lautet, mit welchen Strategien oder eben auch Alternativen diese weiterverfolgt werden kann. „Es gibt tatsächlich einen nicht unbeträchtlichen Einsatz in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU. Aber ‚Peacebuilding‘ ist kein zentraler Faktor mehr“, betont Dr. Jan Pospisil vom oiip. Es brauche auch pragmatische Lösungen. Die EU verliere angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen ihre Kreativität als Friedensakteur. „Für die EU gibt es nur die Frage der Mitgliedschaft, sonst nichts“, bestätigt Dr. Erhard Busek beim Globalisierungsforum in Krems. Der Europaexperte ist derzeit unter anderem Vorsitzender des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM) und Koordinator der Southeast European Cooperative Initiative (SECI). Der Fall des Eisernen Vorhangs hätte erstmals die Gelegenheit geboten, Europa neu zu gestalten. „Doch wir haben die Geografie nicht richtig neu gelernt und kennen die Geschichte nicht“, erklärt Busek. „Heute gibt es Grenzen, wo es diese nie gegeben hat. Wir müssen die Lehren aus der Geschichte ziehen, sonst schlägt sie, wie sich zeigt, zurück“, warnt Busek. Globalisierung und Religion Univ.-Prof. Dr. Heinz Gärtner, Direktor des oiip und international gefragter Vortragender, verortete Europa im Prozess der Globalisierung. „Europa steht im Spannungsfeld zwischen Internationalisierung, Geopolitik und Regionalisierung. Es stellt sich die Frage, ob sich universelle Werte, Normen und Standards, wie sie etwa im transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) vorgesehen sind, durchsetzen, oder ob geopolitische Konflikte, wie in der Ukraine, entstehen“, so der Experte. Zur Rolle der Religionen, betonte Gärtner am Beispiel der radikalen ISIS (Islamischer Staat), dass es sich dabei nicht primär um Konflikte zwischen dem Islam und dem Westen, sondern um Auseinandersetzungen innerhalb der Kulturen handle. Diese erinnere außerdem erschreckend an die Erscheinungsform des Nationalsozialismus, so Gärtner. Nähere Informationen: www.donau-uni.ac.at/globalisierungsforum Österreichisches Institut für Internationale Politik: www.oiip.ac.at (16.05.16) 4.864 inkl. Leerzeichen Bild: Eine hochkarätige Runde diskutierte „Europa und der Osten“, v.r.: Vedran Dzihic, Heinz Gärtner, Ilse König (Geschäftsführerin des oiip), Erhard Busek, Gudrun Biffl, Cengiz Günay, Jan Pospisil. Foto: DUK/Reischer Das Bild darf ausschließlich in redaktionellen Medienberichten über die Donau-Universität Krems verwendet werden. Die Veröffentlichung ist unter Angabe des Fotonachweises honorarfrei. Rückfragen Dorothea Stepan, Bakk. phil. 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