Von der Wiege in die Krise? - Donau

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Von der Wiege in die Krise?
3. Globalisierungsforum an der Donau-Universität Krems diskutierte
Herausforderungen für die Demokratie in Europa
Krems (kpr). Wird durch mangelnde Wertschätzung der Demokratie der Boden
für Nationalismus und Populismus bereitet? Hat die Demokratie in
Südosteuropa und in der Türkei eine Chance? Welche Rolle spielt das Internet?
Welchen Weg kann die Demokratie in Europa gehen? Mit diesen Fragen
beschäftigte sich eine hochkarätige Expertenrunde – darunter Othmar Karas,
Ulrike Guérot – beim 3. Globalisierungsforum der Donau-Universität Krems
Anfang Juni.
„Vor einem halben Jahrhundert war Demokratie noch ein Wort, das die meisten
Menschen in der nicht-westlichen Welt nicht kannten“, erinnert Othmar Karas, M.B.L.,
Abgeordneter des Europaparlaments und Mitglied der Teaching Faculty am Zentrum
für Europa und Globalisierung der Donau-Universität Krems und betont, dass „wir mit
der Entwicklung der Demokratisierung in Europa noch nicht fertig sind“. Die
„Todesgrenze Mittelmeer“ gibt uns derzeit dazu „Anschauungsunterricht“. Karas hebt
hervor, dass zwar „alle nach einer europäischen Lösung rufen“, es aber „die
notwendige Mehrheit für das politische Handeln nicht gibt“. Die erforderlichen Schritte
um Leben zu retten wären bekannt, doch „es fehlen die politischen Instrumente um
eine europäische Lösung zu erreichen“. Der Grund dafür sei das Fehlen einer
gemeinsamen europäischen Asyl- und Migrationspolitik.
Demokratie wird oft missbraucht
Vedran Dzihic, Politikwissenschafter am Österreichischen Institut für Internationale
Politik oiip, weist auf einen weiteren Krisenherd hin. „Der Begriff der Demokratie ist
durch die Alltagsverwendung sehr diffus geworden. Auch autoritäre Herrscher reden
von Demokratie ohne es zu meinen, ganz im Gegenteil.“ Insbesondere in
Südosteuropa konstatiert Dzihic eine allgemeine Krise des Vertrauens und eine
Manifestation des Misstrauens in die Politik und deren Institutionen. Dadurch
entstehen Ermüdungserscheinungen der Demokratie, noch bevor diese Staaten
überhaupt wirkliche Demokratien geworden sind. Dzihic zeigt jedoch auch das
positive Beispiel Bosniens. Denn dort entwickelten sich aus den sozialen
Protestbewegungen, die als Ausdruck des Zorns der Menschen entstanden waren,
Bürgerversammlungen, die wieder den Kern der Demokratie in sich tragen.
Im Unterschied dazu waren die Gezi-Proteste in der Türkei keine soziale Bewegung
sondern vielmehr ein „soziales Event, das sich in keiner politischen Bewegung
manifestieren konnte“, konstatiert Cengiz Günay, Senior Fellow an der oiip. Die
Ursache dafür sieht er im Fehlen gemeinsamer Ziele, die über die Solidarisierung
gegen die ausgeübte Polizeigewalt hinausgehen. Jedoch hat die Gezi-Bewegung
Witz und Humor in die politische Debatte gebracht und das sei „einer ihrer wichtigsten
Beiträge“.
Der Traum von der Demokratisierung durch das Internet
Das Internet kann Demokratisierung unterstützen, betont Peter Parycek, Leiter des
Zentrums für E-Government an der Donau-Universität Krems. Es kann eingesetzt
werden, um die öffentliche Verwaltung transparent zu gestalten oder politische
Mitbestimmung zu erleichtern. „Doch stattdessen entwickeln wir uns zu einer
Überwachungsgesellschaft“, sagt Parycek und meint dabei nicht nur die staatliche
Überwachung der USA, sondern auch durch Wirtschaft und Kriminalität, sowie die
freiwillige Selbstüberwachung, zum Beispiel bei Gesundheitsdaten. Die Reaktion
darauf sei ein „digitales Biedermeier“, das Zurückziehen in geschlossene Netzwerke
und verschlüsselte Kommunikation. „Wird das Recht auf verschlüsselte
Kommunikation ein neues Menschenrecht?“ fragt Parycek und prognostiziert, dass
sich das bisherige Verständnis von Datenschutz zur Sicherung der Grund- und
Menschenrechte verändern wird.
Europäische Demokratie neu denken
Ulrike Guérot, Direktorin des European Democracy Lab in Berlin, entwirft das Modell
eines neuen Europa. „Die Vereinigten Staaten von Europa waren gestern, die
Europäische Republik könnte das Morgen sein.“ In dieser Republik müssten alle das
gleiche Wahl-, Steuer- und Sozialrecht haben. Dadurch wäre kein „Lohn- und
Steuershopping für Marktakteure mehr möglich“, betont Guérot.
Im abschließenden Forum erinnert Gudun Biffl, Dekanin der Fakultät für Wirtschaft
und Globalisierung an der Donau-Universität Krems, daran, dass trotz aller Krisen
„das Experiment Europa in anderen Kontinenten bewundert und als Chance gesehen
wird“.
Nähere Informationen: www.donau-uni.ac.at/globalisierungsforum
(15.05.16) 4.962 inkl. Leerzeichen
Bild:
1) „Vor einem halben Jahrhundert war Demokratie noch ein Wort, das die meisten
Menschen in der nicht-westlichen Welt nicht kannten." sagte Othmar Karas, M.B.L.,
Abgeordneter des Europaparlaments und Mitglied der Teaching Faculty am Zentrum
für Europa und Globalisierung der Donau-Universität Krems, anlässlich des dritten
Globalisierungsforums an der Donau-UNiversität Krems. Karas betonte, dass wir mit
der Entwicklung der Demokratisierung in Europa noch nicht fertig seien.
Foto: DUK/Porstendorfer
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Dorothea Stepan, Bakk. phil.
Department für Migration und Globalisierung
Tel: +43/2732 893-2424
Mail: [email protected]
www.donau-uni.ac.at/europa-globalisierung
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