FB 08 - Gliederung

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Fall: Das Missverständnis – Gliederung
Anspruch des B gegen M auf Lieferung von 100 Kilo Mehl aus § 433 I 1 BGB
Voraussetzung: Wirksamer Kaufvertrag
Zwei übereinstimmende Willenserklärungen:
Angebot (§ 145 BGB) und Annahme (§ 147 I 1 BGB)
1. Wirksamer Kaufvertrag
a) Angebot des B durch Anruf bei M
 Abgabe (+)
 Zugang?
Problem: M hat Erklärung des B hinsichtlich der gewünschten Menge falsch verstanden, §
147 I 2 BGB analog
aa) Strenge Vernehmungstheorie: Willenserklärung geht unter Anwesenden zu, wenn der
Erklärungsempfänger diese richtig wahrnimmt
(WE geht nur zu, wenn diese richtig empfangen wurde)
 Erklärender trägt volles Erklärungsrisiko
 hier: Kein Zugang des Angebots des B, da M es
falsch verstanden hat
bb) Abgeschwächte Vernehmungstheorie: Willenserklärung gilt unter Anwesenden auch
dann als zugegangen, wenn sie der Empfänger
nicht richtig verstanden hat, der Erklärende
aber damit rechnen konnte, dass der
Empfänger seine Erklärung richtig verstanden
hat
 hier: Zugang des Angebots des B, da B
davon ausgehen konnte, dass M das
Angebot richtig vernommen hatte
Angebot auf Lieferung von 200 kg Mehl
cc) Entscheidung für abgeschwächte Vernehmungstheorie:
 Strenge Vernehmungstheorie geht zu weit, indem dem Erklärenden sämtliche
Empfangsrisiken aufgebürdet werden
 Abgeschwächte Vernehmungstheorie: Berücksichtigung des Verkehrsschutzes und
allgemeiner Zurechnungskriterien
b) Annahme des M
Problem: M wollte nur einem Verkauf von 100 kg Weizenmehl zustimmen
B hat Erklärung des M aber dahingehend verstanden, dass dieser der Lieferung von 200 kg
Weizenmehl zugestimmt hat
© Zimmermann, Arbeitsgemeinschaft Zivilrecht, 1. Semester
Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont, §§ 133, 157 BGB:
„Wie durfte der Empfänger B die Erklärung des M nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die
Verkehrssitte verstehen?“
B durfte davon ausgehen, dass M seine Erklärung richtig verstanden hat
 Annahme des Angebots des B durch M
c) Zwischenergebnis: Vorliegen eines wirksamen Kaufvertrages über Lieferung von 200 kg Mehl
zum Preis von 0,50 € pro Kilo
2. Nichtigkeit des Kaufvertrages gemäß § 142 I BGB?
Problem: Wirksame Anfechtung?
a) Anfechtungserklärung, § 143 I, II BGB
aa) Gebot der Unzweideutigkeit
 Die Erklärung des M muss unzweideutig zum Ausdruck bringen, dass das
Rechtsgeschäft nicht gelten soll
 Gebrauch des Wortes „Anfechtung“ ist nicht erforderlich (lebensfremder
Formalismus)
 Auslegung der Erklärung des M, weitere 100 kg Mehl nur zu einem Preis von 0,60 €
liefern zu wollen: Bestreiten einer weiteren Verpflichtung: Anfechtungserklärung
bb) Nennung des Anfechtungsgrundes (Problem: Begründungspflicht)?
 Gegen Begründungspflicht: gesetzlich nicht angeordnet, Härte der Wirkungslosigkeit
einer nicht näher begründeten Anfechtung
 Für Begründungspflicht: legitimes Interesse des Anfechtungsgegners (Beurteilung
einer etwaigen Verspätung der Anfechtung, Vertrauensschaden), Nachschieben von
Anfechtungsgründen
 Lösung: Mittelweg
Nennung verzichtbar, soweit Anfechtungsgründe bekannt oder erkennbar
hier: Erklärung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Reklamation der Lieferung
b) Anfechtungsfrist, § 121 I 1 BGB
c) Anfechtungsgrund, §§ 119 ff. BGB
aa) Inhaltsirrtum, § 119 I Alt. 1 BGB
Irrtum des M über den Bedeutungsgehalt seiner Erklärung:
Verpflichtung zur Lieferung von 200 kg, nicht von 100 kg Mehl
bb) Kausalität zwischen Irrtum und Erklärung
Hätte M bei Kenntnis der wahren Sachlage und verständiger Würdigung des Falles den
Vertrag nicht abgeschlossen?
Motiv für Anfechtung: Gewinnsteigerung: Nachträgliche Durchsetzung eines höheren
Preises (wirtschaftlicher Vorteil)


Verstoß gegen Treu und Glauben, § 242 BGB:
Verbot des „venire contra factum proprium“
M hätte bei Kenntnis der wahren Sachlage und verständiger Würdigung des Falles
dieselbe Erklärung abgegeben
© Zimmermann, Arbeitsgemeinschaft Zivilrecht, 1. Semester

Kein Kausalität zwischen Irrtum und Erklärung
d) Zwischenergebnis: Kein Anfechtungsgrund im Sinne des § 119 I BGB
3. Ergebnis: B kann von M die Lieferung weiterer 100 kg Mehl zum ursprünglichen Preis verlangen
© Zimmermann, Arbeitsgemeinschaft Zivilrecht, 1. Semester
Fall: Die Mietwohnungen – Gliederung
I. Anspruch der F gegen M auf Zahlung der Miete aus § 535 II BGB
1. Schriftlicher Mietvertrag, §§ 535, 549 I, 550 BGB
2. Nichtigkeit nach § 142 I BGB infolge Anfechtung?
a) Anfechtungserklärung, § 143 I, II BGB
Gebot der Unzweideutigkeit: Gebrauch des Wortes „Anfechtung“ nicht erforderlich
Erklärung des M, sich wegen des Verhaltens des A nicht
gebunden zu fühlen  Anfechtungserklärung
b) Anfechtungsgrund, §§ 119 ff. BGB
Widerrechtliche Drohung, § 123 I Alt. 2 BGB:
Drohung: Vorsätzliches Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende
Einfluss zu haben vorgibt
 Widerrechtlichkeit des Mittels: Drohung des A gegenüber M mit dem Verlust
des Arbeitsplatzes
 Widerrechtlichkeit der Zweck-Mittel-Relation: Abschluss des Mietvertrages
steht in keinem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis
c) Kausalität zwischen Drohung und Erklärung
Bestimmung zur Abgabe der Willenserklärung durch die Drohung:
M hätte den Mietvertrag ansonsten nicht unterzeichnet
d) Drohung durch einen Dritten (A)
 Wortlaut des § 123 I BGB besagt nicht, dass Drohung gerade vom
Vertragspartner ausgehen muss
 Systematik des § 123 BGB: Absatz 2: Einschränkung der Anfechtung bei
Täuschung durch Dritten
Umkehrschluss: Keine Einschränkung der Anfechtung bei Drohung durch Dritten
 Sinn und Zweck des § 123 BGB: Schutz der freien Selbstbestimmung auf
rechtsgeschäftlichem Gebiet: Drohung im Verhältnis zur Täuschung als
schlimmere Störung
 Anfechtung erst recht zulässig, wenn Erklärender von Drittem bedroht wurde
e) Anfechtungsfrist, § 124 BGB
f)
3.
Zwischenergebnis: Wirksame Anfechtung
Ergebnis: Kein Anspruch der F gegen M auf Zahlung der Miete
© Zimmermann, Arbeitsgemeinschaft Zivilrecht, 1. Semester
II. Anspruch des K gegen S auf Zahlung der Miete aus § 535 II BGB
1. Schriftlicher Mietvertrag, §§ 535, 549 I, 550 BGB
2. Nichtigkeit nach § 142 I BGB infolge Anfechtung?
a) Anfechtungserklärung, § 143 I, II BGB
Gebot der Unzweideutigkeit: Gebrauch des Wortes „Anfechtung“ nicht erforderlich
Erklärung des S, wegen der Missbilligung der M in die
Wohnung nicht einziehen zu wollen
 Anfechtungserklärung
b) Anfechtungsgrund, §§ 119 ff. BGB
Eigenschaftsirrtum, § 119 II BGB:
Eigenschaften: alle unmittelbar kennzeichnenden Faktoren, welche dauerhaft mit ihr
verbunden sind
 Missbilligung durch M hat mit der Beschaffenheit der Wohnung nichts zu tun
 Unbeachtlicher Motivirrtum des S, dass M mit dem Anmieten der Wohnung
einverstanden sei
c) Zwischenergebnis: Kein Anfechtungsgrund
somit: Keine wirksame Anfechtung des Mietvertrages
3. Kündigung des Mietvertrages, §§ 542 I, 549 I BGB?
a) Kündigungserklärung des S
Erklärung des S, sich vom Mietvertrag lösen zu wollen
b) Nichtigkeit nach § 125 S. 1 BGB
§ 568 I BGB: Schriftformerfordernis der Kündigung eines Mietvertrages über Wohnraum
(§ 126 BGB)
hier: S erklärte die Kündigung gegenüber K nur mündlich
c) Zwischenergebnis: Keine wirksame Kündigung
4. Fälligkeit des Mietzinses
Nach der im Mietvertrag enthaltenen Vorauszahlungsvereinbarung
5. Ergebnis: K kann von S gemäß § 535 II BGB Mietzins (auch) für den Monat Dezember
verlangen
© Zimmermann, Arbeitsgemeinschaft Zivilrecht, 1. Semester
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