Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe Ausbildungsschwerpunkt Business Responsibility Management Reife- und Diplomprüfung 2013 Fachspezifische Themenstellung Kritik am Wachstumsimperativ des Kapitalismus im Team Das BIP, ein Wohlstandsindikator? Christine Leberbauer Nachhaltige Mobilität zur Einschränkung des Ressourcenverbrauchs Magdalena Beran Betreuung: MMag. Josef Loibelsberger 1 EIGENSTÄNDIGKEITSERKLÄRUNG Wir erklären hiermit, dass wir die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt haben Die aus den fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Wien, am 23.03.2013 Christine Leberbauer Magdalena Beran 2 Abstract von Christine Leberbauer Die Arbeit „Kritik am BIP als Wohlstandsindikator“ entstand im Laufe meines Maturaprojektes im Ausbildungsschwerpunkt „Business Responsibility Management“ und der Ausgangspunkt der Arbeit war die Kritik am Wachstumsimperativ des Kapitalismus. Dabei analysierten meine Teamkollegin Magdalena Beran und ich die Zusammenhänge zwischen Wirtschaftswachstum und Wohlstand innerhalb einer Gesellschaft. Nach einigen Besuchen in der Bibliothek der Wirtschaftsuniversität Wien und umfangreicher Literaturrecherche, kristallisierte sich am Beginn des 5. Jahrgangs meine Forschungsfrage heraus. Das primäre Ziel war zu analysieren, warum das BIP nicht mit dem Wohlstand einer Gesellschaft gleichgesetzt werden kann und welche alternativen Indikatoren zur Wohlstandsmessung es eigentlich gibt. Um diese faszinierende Frage beantworten zu können, untersuchte ich vorerst anhand zahlreicher Studien die Unzulänglichkeiten des Wohlstandsindikators Bruttoinlandprodukt. Ein Ländervergleich zwischen Singapur und Paraguay zeigt beispielhaft die Problematik: Obwohl in Singapur das 15-fache BIP pro Kopf erwirtschaftet wird, ist die Lebenszufriedenheit in Paraguay laut einer Untersuchung beinahe doppelt so hoch. Die Arbeit erhält entscheidende Impulse durch ein Interview mit Frau Mag. Claudia Kettner, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wirtschaftsforschungsinstitut in Wien und Expertin für Klimawandel, Energie und Nachhaltigkeit. Trotz zahlreicher Kritik wird aufgrund der guten Verfügbarkeit, der relativ leichten Berechnung und des damit einfachen Ländervergleichs das Bruttoinlandsprodukt noch immer als das Maß für wirtschaftliche Entwicklung und damit den Wohlstand von Gesellschaften verwendet. Ein Problem dabei ist aber, dass das BIP ein reiner Produktionsindex ist, bei dem Faktoren, wie Schwarzarbeit, Freizeit oder unbezahlte, freiwillige Arbeit kaum berücksichtigt werden. Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung misst deshalb nur wirtschaftliche Tätigkeiten eines Landes. Um aber auch wohlstandsrelevante Faktoren in das BIP mit einbeziehen zu können, wurden alternative Wohlstandsindikatoren entwickelt, die auch soziale wie ökologische Faktoren beinhalten. Diese neue Wohlstandsmessung zog deshalb zahlreiche andere Kriterien heran: der erste Ansatz dabei war der Human Development Index, der neben dem BIP auch noch die Lebenserwartung und den Bildungsgrad der Bevölkerung berücksichtigt. Des Weiteren wurden Wohlstandsindikatorensysteme entwickelt, die noch mehr Einblick in die Lebenszufriedenheit einer Bevölkerung bieten. Beispiele dafür wären der OECD-Better-Life Index oder das österreichische Nachhaltigkeitsindikatorensystem. Denn in Zeiten der globalen Erwärmung sollte man nicht mehr primär dem Wirtschaftswachstum nacheifern, sondern sollte sich auch anderen wohlstandsrelevanten Faktoren widmen. Zusammenfassend ermöglichte mir die Themenstellung neben der Erweiterung meines Wissens auch einen ersten Zugang zu wissenschaftlichem Arbeiten. Der Erwerb dieser Kompetenzen bereits während meiner Schulausbildung wird mir ohne Zweifel meine zukünftige Bildungs- wie auch Berufskarriere erleichtern. 3 Abstract von Magdalena Beran Diese Arbeit entstand als Maturaprojekt im Zuge des Ausbildungsschwerpunkts Business Responsibility Management. Nach umfassender Kritik, des in weiten Teilen der Wirtschaftswissenschaften verbreiteten Wachstumsimperativs, beschäftigt sie sich mit den Auswirkungen des Verkehrs auf die Zerstörung natürlicher Ressourcen und möglichen Eindämmungsmaßnahmen im Rahmen der nachhaltigen Mobilität. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Beantwortung folgender Forschungsfrage: „Inwiefern zerstört rein quantitatives Wirtschaftswachstum die natürlichen Ressourcen der Erde? Was kann das Konsumverhalten der Gesellschaft zur Einschränkung des Ressourcenverbrauchs beitragen?“ Dies wurde am Beispiel des Mobilitätsverhaltens untersucht. Tatsache ist, dass der globale ökologische Fußabdruck die Biokapazität bei weitem überschreitet. Jedoch scheint sich die Gesellschaft der Endlichkeit natürlicher Ressourcen noch nicht bewusst zu sein. Im Zuge meiner ersten Recherchearbeit Ende Juni des Jahres 2012 kristallisierte sich heraus, dass nebst dem quantitativen Wachstum die Chance besteht, durch die Entkoppelung des Ressourcenverbrauchs vom Wirtschaftswachstum – der sogenannten „Dematerialisierung“ – die Weltbevölkerung in Richtung Nachhaltigkeit zu führen. Als es dann zu Beginn des Schuljahres um die Festlegung einer Forschungsfrage ging, zeigte sich, dass vor allem der Verkehr einen enormen Beitrag zum Ressourcenverbrauch leistet und daher das Einsparungspotenzial zur Verringerung des ökologischen Fußabdrucks in diesem Bereich sehr groß ist. Hierbei eröffneten Interviews mit Herrn Fuchs, dem Geschäftsführer des Carsharing-Unternehmens „Zipcar Austria“ sowie mit Doris Holler-Bruckner, der Präsidentin des Bundesverbandes für nachhaltige Mobilität, einen umfangreichen Einblick in die gesamte Bandbreite ressourcenschonender Verkehrsmittel. In meiner Arbeit griff ich zunächst die Auswirkungen des Verkehrs auf unsere Umwelt auf. Hierbei wurde mir bewusst, dass das aktuelle Mobilitätsverhalten unserer Gesellschaft keinesfalls nachhaltig ist. Allerdings bieten sich den verantwortungsvollen Konsumentinnen und Konsumenten eine Vielzahl an Möglichkeiten ressourcenschonender Fortbewegung wie alle traditionellen Varianten des öffentlichen Verkehrs aber auch moderne Alternativen zur Individualmobilität wie Carsharing. Dennoch gilt es in diesem Zusammenhang auch die Kehrseite der Medaille zu beachten. Bei genauerer Untersuchung der Pro- und Contra-Argumente der jeweiligen Verkehrsmittel zeigte sich, dass zum einen die Technologien wie beispielsweise Elektromotoren noch nicht weit genug ausgereift sind. Zum anderen verhindern für viele Menschen unterschiedlichste Mängel wie z.B. das Nichtvorhandensein eines bundesweiten Taktfahrplans einen vermehrten Umstieg auf nachhaltige Verkehrsmittel. Überdies ist zu ergänzen, dass nachhaltige bzw. grüne Mobilität nur eines von vielen Konzepten im Rahmen des qualitativen Wachstums ist, welche es auf dem Weg in eine nachhaltige Gesellschaft umzusetzen gilt. Im Rahmen dieses Projektes wurde mir die Bedeutung effektiven Zeitmanagements sowie einer strukturierten Arbeitsgestaltung bewusst. Zudem habe ich gelernt, Informationen nicht unreflektiert zu übernehmen und immer kritisch zu hinterfragen. Diese Erfahrungen werden mir nicht nur während meiner Studienzeit sondern auch in meinem gesamten späteren Leben von großem Vorteil sein. 4 Inhaltsverzeichnis 1. Kritik am Wachstumsimperativ des Kapitalismus.................................................. 8 1.1 Problemaufriss ..................................................................................................... 9 1.2 Wachstumsimperativ ............................................................................................ 9 1.3 Wohlstand .......................................................................................................... 10 1.3.1 Definition Wohlstand .......................................................................................... 10 1.3.2 Studie: WOHLSTAND – Was ist das? ................................................................ 10 1.3.3 Einflussfaktoren auf den Wohlstand ................................................................... 10 1.3.3.1 Politische Faktoren............................................................................................. 10 1.3.3.2 Wirtschaftliche Situation ..................................................................................... 11 1.3.3.3 Ökologische Faktoren ........................................................................................ 11 1.3.3.4 Gesellschaftliche Situation ................................................................................. 11 1.3.4 Wohlstandsgesellschaft...................................................................................... 11 1.4 Wirtschaftswachstum ......................................................................................... 11 1.4.1 Definition Wirtschaftswachstum .......................................................................... 11 1.4.2 Quantitatives Wirtschaftswachstum .................................................................... 11 1.5 Lösungsansätze ................................................................................................. 12 1.5.1 Nullwachstum ..................................................................................................... 12 1.5.2 Degrowth............................................................................................................ 12 1.5.3 Qualitatives Wirtschaftswachstum ...................................................................... 13 2. Das BIP – ein Wohlstandsindikator? .................................................................. 14 2.1 Einleitung ........................................................................................................... 15 2.2 Was zeigt das BIP? ............................................................................................ 15 2.3 Wohlstand .......................................................................................................... 15 2.3.1 Unterschied materieller – immaterieller Wohlstand............................................. 15 2.3.2 Wann ist ein Land „wohlhabend“? ...................................................................... 16 2.3.3 Von welchen Faktoren ist Lebensqualität abhängig? .......................................... 17 2.3.3.1 Der Legatum-Prosperity-Index 2012................................................................... 17 2.3.4 Wächst die Lebenszufriedenheit mit wachsendem materiellem Wohlstand? ...... 18 2.3.4.1 Internationale Gallup-Umfrage ........................................................................... 19 2.4 Kritik am BIP als Indikator für den Wohlstand ..................................................... 20 2.4.1 Kritik aus ökonomischer Perspektive .................................................................. 21 2.4.2 Kritik aus ökologisch-sozialer Perspektive .......................................................... 22 2.5 Alternative Indikatoren zur Messung des Wohlstands ........................................ 22 2.5.1 Wohlstandsindikatoren ....................................................................................... 23 5 2.5.1.1 HDI..................................................................................................................... 23 2.5.1.2 Genuine Progress Indicator ................................................................................ 23 2.5.1.3 Gini-Koeffizient ................................................................................................... 23 2.5.2 Indikatorensysteme ............................................................................................ 24 2.5.2.1 Das europäische Indikatorensystem................................................................... 24 2.5.2.2 Das österreichische Indikatorensystem .............................................................. 25 2.5.2.3 Das UNO Indikatorensystem .............................................................................. 25 2.5.2.4 OECD Better Life Index ...................................................................................... 25 2.5.2.5 Statistik Austria – 30 Schlüsselindikatoren zur Messung des Wohlstands .......... 27 2.6 Resümee............................................................................................................ 27 3. Nachhaltige Mobilität zur Einschränkung des Ressourcenverbrauchs ................ 29 3.1 Einleitung ........................................................................................................... 30 3.2 Zerstörung natürlicher Ressourcen verursacht durch den Verkehr ..................... 30 3.2.1 Modal Split im Personenverkehr ......................................................................... 30 3.2.2 Auswirkungen auf die Umwelt ............................................................................ 31 3.2.2.1 Luftqualität ......................................................................................................... 31 3.2.2.2 Wasser ............................................................................................................... 32 3.2.2.3 Lärm................................................................................................................... 33 3.2.2.4 Flächenverbrauch .............................................................................................. 33 3.2.2.5 Rohstoffe............................................................................................................ 34 3.2.3 Fazit ................................................................................................................... 35 3.3 Nachhaltige Mobilität .......................................................................................... 35 3.3.1 Nachhaltigkeit .................................................................................................... 36 3.3.2 Nachhaltiger Konsum ......................................................................................... 36 3.3.3 Nachhaltige Mobilität .......................................................................................... 36 3.3.4 Nachhaltigkeitsziel ............................................................................................. 36 3.3.5 Chancen und Risiken der umweltfreundlichen Mobilität...................................... 37 3.3.5.1 Traditionelle umweltfreundliche Mobilität ............................................................ 37 3.3.5.1.1 Radfahren .......................................................................................................... 37 3.3.5.1.2 Bahn .................................................................................................................. 38 3.3.5.1.3 Nahverkehr (Bus, Straßenbahn, U-Bahn) ........................................................... 39 3.3.5.2 Moderne Alternativen zur Individualmobilität ...................................................... 39 3.3.5.2.1 Elektromobilität................................................................................................... 39 3.3.5.2.2 Hybridautos ........................................................................................................ 40 3.3.5.2.3 Carsharing ......................................................................................................... 41 3.3.5.2.4 Alternative Kraftstoffe und Antriebskonzepte ...................................................... 41 6 3.3.5.2.5 Fahrstil ............................................................................................................... 42 3.3.6 Regionale und demografische Mobilitätsunterschiede ........................................ 43 3.3.6.1 Mobilitätsunterschiede nach Einkommensschicht............................................... 43 3.3.6.2 Regionale Mobilitätsunterschiede ....................................................................... 43 3.3.7 Zukunftstrends ................................................................................................... 43 3.3.7.1 Intermodale Mobilität .......................................................................................... 44 3.3.7.1.1 Studie: USEmobility ........................................................................................... 44 3.3.7.2 Moderne Technologien....................................................................................... 44 3.3.8 Fazit ................................................................................................................... 45 4. Verzeichnisse ..................................................................................................... 46 4.1 Literaturverzeichnis ............................................................................................ 47 4.1.1 Bücher, Aufsatzsammlungen, Sammelwerke ..................................................... 47 4.1.2 Studien, Berichte, Reports, Aussendungen ........................................................ 47 4.1.3 Zeitungen, Zeitschriften ...................................................................................... 49 4.1.4 Internetquellen ................................................................................................... 50 4.1.5 Sonstige Medien ................................................................................................ 53 4.1.6 ExpertInneninterviews ........................................................................................ 53 4.2 Abbildungsverzeichnis........................................................................................ 54 5. Anhang .............................................................................................................. 55 5.1 Projektanträge .................................................................................................... 56 5.1.1 Projektantrag von Christine Leberbauer ............................................................. 56 5.1.2 Projektantrag von Magdalena Beran .................................................................. 57 5.2 Projektablaufpläne ............................................................................................. 58 5.2.1 Projektablaufplan von Christine Leberbauer ....................................................... 58 5.2.2 Projektablaufplan von Magdalena Beran ............................................................ 65 5.3 Interviewprotokolle ............................................................................................. 72 5.3.1 Interviewprotokoll von Christine Leberbauer ....................................................... 72 5.3.2 Interviewprotokoll 1 von Magdalena Beran ......................................................... 81 5.3.3 Interviewprotokoll 2 von Magdalena Beran ......................................................... 89 5.3.4 Interviewprotokoll 3 von Magdalena Beran ......................................................... 95 7 1. Kritik am Wachstumsimperativ des Kapitalismus Von Christine Leberbauer und Magdalena Beran 8 1.1 Problemaufriss „In einem Gartenteich wächst eine Lilie, die jeden Tag auf die doppelte Größe wächst. Innerhalb von dreißig Tagen kann die Lilie den ganzen Teich bedecken und alles andere Leben in dem Wasser ersticken. Aber ehe sie nicht mindestens die Hälfte der Wasseroberfläche einnimmt, erscheint ihr Wachstum nicht beängstigend; es gibt ja noch genügend Platz, und niemand denkt daran, sie zurückzuschneiden, auch nicht am 29. Tag; noch ist ja die Hälfte des Teiches frei. Aber schon am nächsten Tag ist kein Wasser mehr zu sehen.“1 Der Energieverbrauch in Österreich ist innerhalb der letzten 50 Jahre von insgesamt 114 auf 197 Millionen Tonnen jährlich angestiegen.2 Doch „[…] wäre unbegrenztes Wirtschaftswachstum im Sinn einer Zunahme des BIPs überhaupt sinnvoll“3, beziehungsweise ist es eigentlich realisierbar? Der Club of Rome ist in seinem Bericht über „die Grenzen des Wachstums“ anderer Meinung und hält unbegrenztes Wirtschaftswachstum in einer begrenzten Welt für schlicht unmöglich.4 1.2 Wachstumsimperativ Die österreichische Wirtschaft ist im Jahr 2011 inflationsbereinigt um 2,7%5 und in den letzten 12 Jahren um durchschnittlich 1,6%6 gewachsen. Experten und Expertinnen sehen ständig steigendes Wirtschaftswachstum als Lösung aller Probleme und als unabdingbare Voraussetzung für den Wohlstand einer Bevölkerung. Doch inwiefern ist Wirtschaftswachstum wirklich vom Wohlstand abhängig und was bedeutet Wohlstand? 1 Meadows, Dennis L., et al. (1972): Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit, Stuttgart 1972. S. 19-21. In: Hohensee, Jens und Frank Uekötter (Hg.): Wird Kassandra heiser? Beiträge zu einer Geschichte der falschen Öko-Alarme, Beihefte der Historischen Mitteilungen der Ranke-Gesellschaft (HMRG), Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2003. (http://www.tg.ethz.ch/dokumente/pdf_files/KupperGrenzendesWachstums.pdf) (29.10.2012) 2 Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (Hrsg.): Ressourcennutzung in Österreich – Bericht 2011, Wien. S. 4. (http://www.bmwfj.gv.at/EnergieUndBergbau/PublikationenBergbau/Documents/Ressourcennutzung_Bericht%20 2011.pdf) 3 Wissenschaft & Umwelt 13 (Hrsg. von Forum Wissenschaft & Umwelt) – Wien: Forum Wissenschaft & Umwelt, 2009. S. 11. 4 Vgl. Meadows, Donella; Randers, Jørgen; Meadows, Dennis: Grenzen des Wachstums. Das 30-Jahre-Update. Signal zum Kurswechsel – Stuttgart: Hirzel Verlag, 2012. 5 Vgl. http://www.statistik.at/web_de/statistiken/volkswirtschaftliche_gesamtrechnungen/bruttoinlandsprodukt_und_haup taggregate/jahresdaten/index.html (22.10.2012) 6 Vgl. http://wko.at/statistik/eu/europa-wirtschaftswachstum.pdf (22.10.2012) 9 1.3 Wohlstand 1.3.1 Definition Wohlstand Wohlstand wird an der Versorgung von Gütern und Dienstleistungen der einzelnen Personen oder der Gesamtheit aller privaten Haushalte gemessen. Hierfür wird das Bruttoinlandsprodukt häufig zur Grundlage herangezogen.7 Jedoch zeigt die u.a. Studie von Univ.-Prof. Dr. Reinhold Popp, dass Wohlstand für die österreichische Bevölkerung auch noch andere Faktoren inkludiert. 1.3.2 Studie: WOHLSTAND – Was ist das? Die im September 2012 durchgeführte Studie von Univ.-Prof. Dr. Reinhold Popp, Leiter des Zentrums für Zukunftsstudien der FH-Salzburg, beschäftigte sich mit der Auslegung des Begriffs „Wohlstand“ für die Gesellschaft. Die insgesamt 1.000 befragten Österreicher und Österreicherinnen ab 15 Jahren definierten in diesem Kontext 3 Hauptfaktoren, welche den größten Einfluss auf den Wohlstand haben: „gesund sein“ (65%), „in Frieden leben können“ (59%) und „ein sicheres Einkommen haben“ (57%). Die geringste Bedeutung wurde dem „Leben ohne Zeitdruck“, „reich sein“ oder der „Zeit für einen längeren Urlaub“ zugesprochen. Diese Studie zeigt, dass ein gesichertes Einkommen zwar ein wichtiger Faktor, jedoch nicht die Hauptvoraussetzung für das Wohlstandsempfinden der Österreicher und Österreicherinnen darstellt.8 Dennoch gilt es in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass Österreich zu den Industrieländern zählt und z.B. die tägliche Nahrungsmittelversorgung als Selbstverständlichkeit gesehen wird. Im Gegensatz dazu würde dieselbe Studie in einem Entwicklungsland mit anderen Grundvoraussetzungen auch dementsprechend abweichende Resultate vorweisen. Daraus lässt sich schließen, dass Wohlstand in jedem Land, jeder Gesellschaft und von jedem Individuum anders definiert werden kann. 1.3.3 Einflussfaktoren auf den Wohlstand Der Wohlstand und Lebensstandard der Gesellschaft eines Landes ist von zahlreichen Faktoren in positiver wie negativer Weise abhängig. Man unterscheidet zwischen vier Haupteinflussfaktoren. 1.3.3.1 Politische Faktoren Das politische System eines Landes wirkt sich insofern auf den Wohlstand der Bewohner und Bewohner und Bewohnerinnen aus, da Staatsformen wie die Demokratie der Bevölkerung das Recht der Meinungsfreiheit und Pressefreiheit zuspricht. Im Gegensatz dazu steht die sozialistische Republik, die durch das Einparteiensystem den BürgerInnen jegliches Mitspracherecht nimmt. Der Wohlstand wird auch dadurch beeinflusst, ob in einem Land aktuell Krieg herrscht oder es Ziel von terroristischen Aktivitäten ist.9 7 Vgl. http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/21170/wohlstand (06.03.2013) Vgl. http://www.fhs-forschung.at/fileadmin/documents/zfz/PA_Wohlstand_FEB2012_Schwarz.pdf (15.10.12) 9 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Wohlstand (10.10.2012) 8 10 1.3.3.2 Wirtschaftliche Situation In Bezug auf die wirtschaftliche Situation sind gerechte Einkommensverteilung, die Staatsverschuldung, die Konjunktur, die Arbeitslosenrate, die Streikkultur sowie der technische Fortschritt maßgebend für den Wohlstand eines Landes.10 1.3.3.3 Ökologische Faktoren Umwelteinflüsse wie zum Beispiel Naturkatastrophen, Umweltverschmutzung verursacht durch einen hohen Anteil an Treibhausemissionen, sowie das Verhältnis zwischen Grünflächen und verbauten Grundstücken wirken sich sowohl in positiver als auch negativer Weise auf den Wohlstand eines Landes aus.11 1.3.3.4 Gesellschaftliche Situation Der Zugang zu Bildungsmöglichkeiten, Kinderbetreuung oder das politische Engagement des Staates wirken sich sehr positiv auf den Wohlstand einer Bevölkerung aus. Im Gegensatz dazu haben Epidemien, Kriminalität und Angst einen sehr negativen Effekt auf den Lebensstandard jedes einzelnen Menschen.12 1.3.4 Wohlstandsgesellschaft Weist ein Land einen hohen Lebensstandard und gute Lebensbedingungen auf, wächst der Konkurrenzkampf zwischen der einzelnen Haushalte und der Unternehmen. Dies führt zu einem Machtkampf der einzelnen Akteure innerhalb der Gesellschaft und die Geldströme und Güterströme erhöhen sich stark, was auch zu einer Erhöhung des Wirtschaftswachstums führt und damit ein ständig steigendes Bruttoinlandsprodukt zur Folge hat.13 1.4 Wirtschaftswachstum 1.4.1 Definition Wirtschaftswachstum Der Begriff Wirtschaftswachstum beschreibt die Zunahme des Bruttoinlandsproduktes (BIP) einer Volkswirtschaft innerhalb eines Jahres.14 1.4.2 Quantitatives Wirtschaftswachstum Als „quantitatives Wirtschaftswachstum“ wird die rein mengenmäße Zunahme des Bruttoinlandsprodukts bezeichnet. Es wird weder auf die Schonung der Umwelt noch auf die Lebensqualität der Menschen oder eine gerechte Einkommensverteilung geachtet.15 Tatsache ist jedoch, dass wir das globale Erdölfördermaximum bereits überschritten haben und eine Vielzahl an erneuerbaren Ressourcen wie beispielsweise Wasser und Wälder bereits übernutzt sind.16 Doch was kann die Gesellschaft unternehmen, um dem quantitativen Wirtschaftswachstum und im gleichen Zug der Zerstörung natürlicher Ressourcen sowie dem Abbau sozialer 10 ebda (10.10.2012) Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Wohlstand (10.10.2012) 12 ebda (10.10.2012) 13 Vgl. Lindner; Hartig; ua.: Arbeitsbuch für VWL. Volkswirtschaft verstehen – Zukunft gestalten. – Wien: Verlag Hölder-Pichler-Tempsky, 2008. S. 23. 14 Vgl. http://www.rechnungswesen-verstehen.de/lexikon/wirtschaftswachstum.php (29.10.2012) 15 Vgl. http://www.bpb.de/wissen/ZUKJJM (20.10.2012) 16 Vgl. http://www.wachstumimwandel.at/wp-content/uploads/Wiss-Umwelt_2009-13_korr.pdf, S. 12 (11.03.13) 11 11 Errungenschaften entgegenzuwirken? Lösungsansätze aufgezeigt. Im folgenden Kapital werden mögliche 1.5 Lösungsansätze 1.5.1 Nullwachstum Man spricht in einem Land von Nullwachstum, wenn die Wirtschaft eines Landes innerhalb eines Jahres um 0% wächst. Ein Staat mit Nullwachstum wird auch als „Steady State“ in der Volkswirtschaft bezeichnet.17 „„Gleich bleibend“ oder „konstant“ bedeutet nicht, dass es in einem solchen System zu keinerlei messbaren Veränderungen käme. Gemeint ist vielmehr, dass geringfügige, kurzfristige Schwankungen mit einer Tendenz zu einem langfristig stabilen Gleichgewicht einhergehen.“18 In einem Staat mit angestrebtem „Nullwachstum“ der Wirtschaft muss die Zahl der Arbeitskräfte stets konstant bleiben. Geburten und Einwanderung, wie auch Sterbefälle und Auswanderung sollten in der Gesellschaft gleichgehalten werden. In einem „Steady State“ wird die Beschäftigungsrate konstant gehalten, um kein Wirtschaftswachstum, aber auch keine Wachstumsrücknahme zu erreichen. Das Leben in einem Staat ohne Wirtschaftswachstum erfordert aber das Umdenken der Gesellschaft in Richtung einer Abwendung von der Konsumfixierung, was eine Strategie für eine strukturelle Veränderung der Bevölkerung verlangt. Doch damit ein Staat Nullwachstum erreich kann, bedarf es einer veränderten Denkweise der Bevölkerung in Hinblick auf den derzeit übermäßigen Konsum von materiellen Gütern.19 Wenn die Wirtschaft nicht wächst, steigen die Ausgaben für Arbeitslosenversicherung, Sozialhilfe und Notstand; da so keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden können. Daraus ergibt sich eine Verringerung der Einnahmen aus der Besteuerung der Einkommen. Darüber hinaus muss das Geld für Sozialausgaben gekürzt werden, was die Kluft zwischen der armen und der reichen Einkommensschicht drastisch erhöhen kann.20 1.5.2 Degrowth Degrowth, auch genannt „Wachstumsrücknahme“, bezeichnet die Abnahme des Konsumsund Produktionswachstums und kann nebst dem qualitativen Wachstum als Maßnahme zur Schonung der Umwelt und der Ressourcen gesehen werden, da derzeit viel zu viele Menschen in einem viel zu großem Ausmaß wirtschaften und niemand auf etwas verzichten will. Das Problem kann also auf wirtschaftlicher, umweltbezogener und ethischer Ebene betrachtet werden.21 17 Vgl.http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20189/nullwachstum (20.10.2012) Czech, Brian; Daly, Herman E.: Die Steady-State-Ökonomie: Was sie ausmacht, was sie mit sich bringt und was sie genau bedeutet. In: Wissenschaft & Umwelt 13 (Hrsg. von Forum Wissenschaft & Umwelt) – Wien: Forum Wissenschaft & Umwelt, 2009. S. 115. 19 Vgl. Pennekamp, Johannes: Wohlstand ohne Wachstum: Ein Literaturenüberblick. – Köln: Max-Planck-Institut für Gesellschaftsordnung, 2011. S. 28ff (http://www.wachstumimwandel.at/wp-content/uploads/Max-Planck-Institut_2011_Literatur%C3%BCberblickWohlstand_ohne_Wachstum_.pdf) (15.10.2012) 20 Vgl. Exner, Andreas; Lauk, Christian; Kulterer, Konstantin: Die Grenzen des Kapitalismus. Wie wir am Wachstum scheitern – Wien: Überreuter, 2008 21 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Wachstumsrücknahme (15.10.2012) 18 12 1.5.3 Qualitatives Wirtschaftswachstum Qualitatives Wirtschaftswachstum, auch nachhaltiges Wachstum genannt, beinhaltet, im Gegensatz zu rein quantitativen Zunahme des BIPs, die Entkoppelung von Ressourcenverbrauch und Wirtschaftswachstum.22 Auf diesen Lösungsansatz wird im Kapitel 3 „Nachhaltiges Wachstum zur Einschränkung des Ressourcenverbrauchs“ von Magdalena Beran näher eingegangen. Vgl. Paech, Niko: Wachstum „light“? Qualitatives Wachstum ist eine Utopie. In: Wissenschaft & Umwelt 13 (Hrsg. von Forum Wissenschaft & Umwelt) – Wien: Forum Wissenschaft & Umwelt, 2009. S. 84. 22 13 2. Das BIP – ein Wohlstandsindikator? Von Christine Leberbauer 14 2.1 Einleitung „Auf der ganzen Welt sehen Politiker Wirtschaftswachstum als das zentrale ökonomische Ziel an. Und das Bruttoinlandsprodukt ist das vorherrschende Maß für wirtschaftliche Aktivität. Im Zeitalter des Klimawandels und steigender sozialer Ungleichheiten sind wir nun allerdings an dem Punkt angelangt uns zu fragen, ob wir es uns noch leisten können, weiterhin ausschließlich dem Ziel des BIP-Wachstums nachzueifern …“ 23 Doch hat hohes Wirtschaftswachstum immer auch hohen Wohlstand der Bevölkerung zur Folge oder ist Lebensqualität von ganz anderen Faktoren abhängig? Welche Faktoren sind das und welche alternativen Indikatoren zur Wohlstandsmessung gibt es? Diese Frage habe ich mir deshalb am Anfang meiner Arbeit gestellt. 2.2 Was zeigt das BIP? Das BIP ist die wichtigste Kennzahl der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und zeigt die Summe aller Güter und Dienstleistungen, die in einem Land und in einem Jahr erwirtschaftet werden.24 Um das BIP besser mit anderen Ländern vergleichen zu können, wird das Wirtschaftswachstum durch die Bevölkerungsanzahl dividiert - jedoch kann das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf immer nur den Durchschnittswert für die gesamte Bevölkerung angegeben und lässt somit keine Rückschlüsse auf die Einkommensverteilung innerhalb der Bevölkerung zu.25 Das BIP addiert also nur materielle Güter und Dienstleistungen, wobei dieses rein monetäre Additionsverfahren nichts über den Wohlstand aussagen kann. 26 Denn „(…) bereits der Erfinder der BIP-Berechnung Simon Kuznets kritisierte 1971, dass seine BIP-Berechnungen nicht das wirkliche Wohlergehen einer Bevölkerung in einer Volkswirtschaft messen können. Bei den BIP-Berechnungen handelt es sich nur um eine Quantitätsberechnung, nicht um eine Qualitätsberechnung.“27 Denn Wohlstand ist viel mehr als Geld und materielle Werte: 2.3 Wohlstand 2.3.1 Unterschied materieller – immaterieller Wohlstand Grundsätzlich unterscheidet man bei der Definition von Wohlstand zwischen dem materiellen und dem immateriellen Wohlstand. 23 Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 40. 24 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Bruttoinlandsprodukt (17.12.2012) 25 Vgl. Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 43. 26 Vgl. Pennekamp, Johannes: Wohlstand ohne Wachstum: Ein Literaturüberblick. Max-Planck-Institut für Gesellschaftsordnung. – Deutschland: Working Papers, 2011. S. 14. 27 Lindner, Johannes, Hartig, Martin ua.: Volkswirtschaft verstehen – Zukunft gestalten. – Wien: Verlag HölderPichler-Tempsky, 2010. S. 32. 15 Der Begriff „Wohlfahrt“ deckt die materielle Seite ab und der Begriff „Wohlstand“ drückt vor allem immaterielle Wohlstandsfaktoren aus.28 Wohlstand ist daher nicht nur Reichtum oder Einkommen, sondern kann auch durch erschöpfbare und erneuerbare Ressourcen bis zu Wissen und Naturkapital generiert werden.29 Viele – insbesondere hoch entwickelte – Gesellschaften leiden jedoch unter dem Problem, dass Wohlstand in vielen Ländern weitgehend nur mit dem materiellen Wohlstand gleich gesetzt wird.30 Doch Wohlstand ist viel mehr, da ihn noch viele weitere immaterielle Faktoren wie die Befriedung einer Gesellschaft, soziale Beziehungen, Freiheitsrechte, die Wahrung der Menschenwürde, Gesundheit, Bildung und eine intakte Umwelt ausmachen.31 Dieser immaterielle Wohlstand wird jedoch bei der Messung des Wohlstands nicht oder nur mit ihrem Beitrag zur Steigerung materieller Güter berücksichtigt.32 2.3.2 Wann ist ein Land „wohlhabend“? Das Denkwerk Zukunft-Stiftung kulturelle Erneuerung hat den Wohlstand neu definiert. Die Stiftung hat seinen Sitz in Bonn (Deutschland) mit Prof. Dr. Meinhard Miegel als Vorsitz. Es ist eine nichtrechtsfähige Stiftung der deutschen Wissenschaft und das Denkwerk ZukunftStiftung kulturelle Erneuerung ist der Herausgeber des „Wohlstandquintetts“ zur Messung des Wohlstands in früh industrialisierten Ländern. In ihrer Arbeit wird ein Land und deren Bevölkerung für wohlhabend bezeichnet, wenn: Das Bruttoinlandsprodukt hoch ist, das Einkommensgefälle nicht sehr steil ist, der Anteil der gesellschaftlich ausgegrenzten Bevölkerung niedrig ist, die Schuldenquote des Staates tief ist und der ökologische Fußabdruck die globale Biokapazität nicht übersteigt. 33 Anbei die Daten für Österreich aus dem Jahre 2010 dieser oben genannten Bereiche im Vergleich zum Jahr 2001 (Abbildung 1). Die 80/20-Relation zeigt das Verhältnis der Summe der Einkommen der obersten 20 Prozent im Unterschied zur Summe der Einkommen der untersten 20%. 34 28 Vgl. Kettner, Claudia: Interview am 28.11.2012. Vgl. Kettner, Claudia; Schleicher, Stefan P.; Thenius, Gregor: Eignet sich die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zur Messung von wirtschaftlichem Wohlstand? – Manuskript für die wirtschaftlichen Blätter, August 2006. S. 3. 30 Vgl. Butzmann, Elias; Schulte, Martin; Wahl, Stefanie. Denkwerk Zukunft - Stiftung kulturelle Erneuerung (Hg.): Das Wohlstandsquintett. Zur Messung des Wohlstands in Deutschland und anderen früh industrialisierten Ländern. – www.Wohlstandsquintett.de: Bonn, 2011. S. 9. 31 ebda 32 ebda 33 Vgl. Butzmann, Elias; Schulte, Martin; Wahl, Stefanie. Denkwerk Zukunft - Stiftung kulturelle Erneuerung (Hg.): Das Wohlstandsquintett. Zur Messung des Wohlstands in Deutschland und anderen früh industrialisierten Ländern. – www.Wohlstandsquintett.de: Bonn, 2011. S. 35. 34 Vgl. Butzmann, Elias; Schulte, Martin; Wahl, Stefanie. Denkwerk Zukunft - Stiftung kulturelle Erneuerung (Hg.): Das Wohlstandsquintett. Zur Messung des Wohlstands in Deutschland und anderen früh industrialisierten Ländern. – www.Wohlstandsquintett.de: Bonn, 2011. S. 55. 29 16 Abbildung 1: Ist Österreich „wohlhabend“? (2011)35 2.3.3 Von welchen Faktoren ist Lebensqualität abhängig? Aus der Perspektive des einzelnen Menschen wird Wohlstand an der von ihm persönlich erlebten Lebensqualität deutlich. Die OECD Better Life Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung versuchte nun über eine Befragung deren Messung herauszufinden. Dabei stellte sich heraus, dass für die Österreicher und Österreicherinnen vor allem Gesundheit, Sicherheit, Lebenszufriedenzeit und Einkommen an erster Stelle stehen um mit ihrem Leben zufrieden zu sein.36 Alle 36 von der OECD untersuchten Länder haben relativ ähnliche Vorstellungen von hoher Lebensqualität, denn „Gesundheit“ ist für alle befragten Menschen am wichtigsten.37 2.3.3.1 Der Legatum-Prosperity-Index 2012 Wohlstand ist eindeutig mehr als Geld. Der Londoner Thinktank Legatum hat die Bevölkerung in 142 Staaten nach dem Wohlbefinden befragt, wobei das Bruttoinlandsprodukt nicht primär als Messwert für den Wohlstand steht. Es werden zahlreiche andere Wirtschaftsfaktoren herangezogen und die Bereiche Existenzgründung und Chancen, die Regierungsführung, die Bildung, die Gesundheit, die Sicherheit, die persönliche Freiheit und das soziale Kapital wurden genauer analysiert. Die meisten europäischen Länder finden sich unter den Top 30 des Rankings, Ausnahmen dabei sind Griechenland und Italien. Norwegen befindet sich an der Spitze des Rankings gefolgt von Dänemark und Schweden, da diese Länder besonders gut im Bereich Existenzgründung und Chancen abschneiden, die USA hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert (Abbildung 2). 35 Vgl. Butzmann, Elias; Schulte, Martin; Wahl, Stefanie. Denkwerk Zukunft - Stiftung kulturelle Erneuerung (Hg.): Das Wohlstandsquintett. Zur Messung des Wohlstands in Deutschland und anderen früh industrialisierten Ländern. – www.Wohlstandsquintett.de: Bonn, 2011. S. 63. 36 vgl.: Kettner, Claudia: Interview am 28.11.2012. 37 vgl.: Kettner, Claudia; Köberl, Katharina u.a.: Mehr als Wachstum. Messung von Wohlstand und Lebensqualität in ausgewählten Ländern mit dem OECD Better Life Index auf Basis der österreichischen Präferenzen. – Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Oktober 2012. S. 38. 17 Insgesamt kann man jedoch sagen, dass der Wohlstand und das Wohlbefinden der Bevölkerung international seit 2009 leicht angestiegen ist.38 Abbildung 2: Wohlstand und Wohlbefinden – Ergebnisse des Legatum-Prosperity-Index (2012)39 2.3.4 Wächst die Lebenszufriedenheit materiellem Wohlstand? mit wachsendem Ab einem bestimmten Einkommensniveau aufweist, wächst die Lebenszufriedenheit hauptsächlich durch Steigerungen in den Bereiche des immateriellen Wohlstands. 40 Denn Wohlstand ist auch ohne ökonomisches Wachstum erreichbar. 41 Geld macht also nur im niedrigen Einkommensbereich glücklich, denn wer in armen Verhältnissen lebt und sich materiell verbessert, erlebt einen Anstieg der Zufriedenheit. Doch eine Bevölkerung mit schon hohem Pro-Kopf-Einkommen wird durch noch mehr Geld kaum glücklicher. In Staaten mit geringem Pro-Kopf-Einkommen beschreiben sich die Menschen als wesentlich unzufriedener als in Ländern mit hohem Einkommen, wo Menschen bereits anfangen, sich untereinander zu messen42 und zu konkurrieren. Diese daraus bestehende soziale Ungleichheit in der Bevölkerung macht wiederum unglücklich und wirkt sich nicht positiv auf den Wohlstand einer Bevölkerung aus. 38 Vgl. Gillert, Sonja: Der deutsche Wohlstand wächst, USA büßen ein. In: Welt Dialog (www.welt.de), 30.10.2012. (http://www.welt.de/wirtschaft/article110380487/Der-deutsche-Wohlstand-waechst-USA-buessenein.html) (26.12.2012) 39 Vgl. Gillert, Sonja: Der deutsche Wohlstand wächst, USA büßen ein. In: Welt Dialog (www.welt.de), 30.10.2012. 40 Vgl. Pennekamp, Johannes: Wohlstand ohne Wachstum: Ein Literaturüberblick. Max-Planck-Institut für Gesellschaftsordnung. – Deutschland: Working Papers, 2011. S. 8. 41 Vgl. Pennekamp, Johannes: Wohlstand ohne Wachstum: Ein Literaturüberblick. Max-Planck-Institut für Gesellschaftsordnung. – Deutschland: Working Papers, 2011. S. 8. 42 Vgl. Frey, Bruno: Wohlstand allein macht nicht glücklich. In: www.faz.net (http://www.faz.net/themenarchiv/wirtschaft/wie-wir-reich-wurden/serie-wie-wir-reich-wurden-9-wohlstand-alleinmacht-nicht-gluecklich-1574720.html), 16.11.2009. 18 In der Tat lässt sich jedoch die Lebenszufriedenheit in verschiedener Hinsicht mit dem materiellen Wohlstand in Beziehung setzen.43 Durch das Sozialsystem in Österreich wird der Bevölkerung ein höherer materieller Wohlstand gewährleitet und das führt meist auch zu einem höheren immateriellen Wohlstand. Zum Beispiel gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Einkommen und der Gesundheit und dem Einkommen und der Bildung, da reichere Menschen im Allgemeinen immer auch gesünder und besser gebildet sind. Das führt dazu, dass es der Bevölkerungsschicht mit hohem Einkommen materiell als auch immateriell besser geht.44 Man kann insgesamt sagen, dass ein Land, in dem bereits ein gewisser materieller Lebensstandard gegeben ist, der immaterielle Wohlstand immer mehr an Bedeutung gewinnt.45 Denn eine Bevölkerung mit materiellem Lebensstandard wird meist nur noch durch immateriellen Wohlstand glücklicher.46 Diese Parallele von materiellem und immateriellem Wohlstand existierte bis vor einiger Zeit in den früh industrialisierten Ländern, denn bis in die 1970er Jahre war das BIP pro Kopf der Bevölkerung noch viel geringer, da nur ca. halb so viel erwirtschaftet wurde wie heute. Heute besteht die Entkoppelung der Entwicklung von materiellem und immateriellem Wohlstand und das BIP verliert seine Aussagekraft als Wohlstandsindikator.47 2.3.4.1 Internationale Gallup-Umfrage Das Meinungsforschungsinstitut Gallup hat anhand von einer bereits erhobenen Datenanalyse im Jahre 2011 die Lebenszufriedenheit in 148 Ländern ermittelt. Die Ergebnisse dabei zeigen, dass Glück nicht mit materiellen Lebensumständen verbunden ist, da zum Beispiel in Singapur das Bruttoinlandsprodukt sehr hoch ist, jedoch nur 46% der Befragten einen befriedigenden Gemütszustand aufweisen. Im Gegensatz dazu sind beispielsweise in Ecuador oder auf den Philippinen die Menschen relativ zufrieden mit ihrer derzeitigen Lebenssituation. Platz eins teilen sich zwei lateinamerikanische Länder, Panama und Paraguay, denn dort sind 85% der Bevölkerung glücklich. Betrachtet man zum Beispiel die Lebenszufriedenheit von Singapur, kann man feststellen, dass weniger als die Hälfte der Bevölkerung zufrieden sind, obwohl das BIP in diesem Land überdurchschnittlich hoch ist. Im Gegensatz dazu, weist Paraguay eine sehr hohe Lebenszufriedenheit der Bevölkerung auf, jedoch ist das BIP in diesem Land nur sehr niedrig. Fazit dieser Studie ist also, dass Geld nur bis zu einer gewissen Schwelle, nämlich bei einem Jahreseinkommen von 75.000 US-Dollar, noch glücklicher macht. Wenn diese Schwelle jedoch überschritten ist, erhöht Geld allein die Zufriedenheit nicht weiter.48 43 Vgl. Frey, Bruno: Wohlstand allein macht nicht glücklich. In: www.faz.net (http://www.faz.net/themenarchiv/wirtschaft/wie-wir-reich-wurden/serie-wie-wir-reich-wurden-9-wohlstand-alleinmacht-nicht-gluecklich-1574720.html), 16.11.2009. 44 Vgl. Kettner, Claudia: Interview am 28.11.2012 45 Vgl. Kettner, Claudia: Interview am 28.11.2012 46 Vgl. Wahba, Annabel: Weg mit dem ganzen Palast. Mehr materieller Wohlstand macht nicht glücklicher. In: Die Zeit online (http://www.zeit.de/2011/50/Kapitalismus-Wirtschaftskreislauf/seite-3), 11.12.2011. 47 Vgl. Butzmann, Elias; Schulte, Martin; Wahl, Stefanie. Denkwerk Zukunft - Stiftung kulturelle Erneuerung (Hg.): Das Wohlstandsquintett. Zur Messung des Wohlstands in Deutschland und anderen früh industrialisierten Ländern. – www.Wohlstandsquintett.de: Bonn, 2011. S. 11. 48 http://www.wiwo.de/erfolg/gallup-umfrage-wo-die-gluecklichsten-menschenleben/7549872.html?slp=true&p=22&a=false#image (25.12.2012) 19 2.4 Kritik am BIP als Indikator für den Wohlstand49 Als Produktionsindex hat das BIP schon den richtigen Platz eingenommen, jedoch sollte es auf keinen Fall als Wohlstandsindikator bezeichnet werden.50 In Industrieländern kann man oft, wie bereits oben erwähnt, eine positive Relation zwischen dem Bruttoinlandsprodukt und den Wohlstandsfaktoren für gewisse Zeiträume erkennen, jedoch sollte die Aussage „mehr BIP ist mehr Wohlstand“ nicht verwendet werden. Denn das BIP eines Landes hat oft keine Ähnlichkeiten mit den Ergebnissen der Wohlstandsmessung eines Landes (siehe Punkt 2.4.2.5.1: Im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt). Es beinhaltet bloß Faktoren, denen monetäre Transaktionen zugrunde liegen, nicht-monetäre Faktoren sind im BIP nicht erhalten. Deshalb werden nicht wohlstandserhöhende Tätigkeiten wie Kosten, die eine Zerstörung der Umwelt zu Folge haben, im BIP als positiv bewertet. Das BIP ist also eine reine Stromgrößenrechnung des materiellen Wohlstands, jedoch hängt der Wohlstand eines Landes eher vom immateriellen Wohlstand ab.51 Man sollte Wohlstand also nicht nur am Einkommen messen, sondern auch die Lebensbedingungen und die Umwelt betrachten. Österreich belegt in einer Vergleichsstudie der Europäischen Union des Jahres 2011, bei der das BIP und andere Indikatoren zur Lebensqualität und den materiellen Lebensbedingungen als Vergleichsgrößen herangezogen wurden, einen guten Platz. Jedoch zeigten sich im Umweltbereich einige Schwächen und Österreich ist in den letzten neun Jahren bei der Ressourcenproduktivität auf Rang zehn und beim Energieverbrauch auf Platz neun abgerutscht (Abb. 3).52 Abbildung 3: Österreich im Wohlstandsvergleich (2011)53 Lindner, Johannes, Hartig, Martin ua.: Volkswirtschaft verstehen – Zukunft gestalten. – Wien: Verlag HölderPichler-Tempsky, 2010. S. 32. 50 Vgl. Kettner, Claudia: Interview am 28.11.2012 51 Vgl. Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 42. 52 Vgl. aoa: Das BIP soll nicht mehr allein der Maßstab für den Wohlstand sein. In: Oberösterreichische Nachrichten, 14.07.2011. (http://www.nachrichten.at/nachrichten/wirtschaft/Das-BIP-soll-nicht-mehr-allein-derMassstab-fuer-den-Wohlstand-sein;art15,669378) (17.12.2012) 49 20 2.4.1 Kritik aus ökonomischer Perspektive54 Der informelle Sektor, der die Selbstversorgung, die Hausarbeit oder den unbezahlten Arbeitstausch innerhalb von Freunden und Familien erfasst, wird im BIP nicht berücksichtigt.55 Das führt zu einer Unterschätzung der wirtschaftlichen Tätigkeit, denn in Österreich wurde der Anteil der unbezahlten Hausarbeit am Bruttoinlandsprodukt pro Jahr auf über 30% geschätzt.56 Anhand dieser Grafik (Abbildung 4) kann man gut erkennen, dass Österreich einen hohen Anteil von unbezahlter Arbeit aufweist, der jedoch nicht im Bruttoinlandsprodukt aufscheint, jedoch den Wohlstand der Bevölkerung stark beeinflusst. Denn zwischen Lebensqualität und unbezahlter Arbeit gibt es zahlreiche Korrelationen: Menschen, die sich ehrenamtlich betätigen, sind meist zufriedener und glücklicher in ihrem Leben als andere.57 Die Ergebnisse des "World Giving Index"58 zeigten, dass Freiwilligenarbeit positive Effekte auf die Gesundheit einer Bevölkerung haben kann. Des Weiteren bringt die ehrenamtliche Tätigkeit auch einen Nutzen für die ganze Gesellschaft mit sich.59 Abbildung 4: Unbezahlte Arbeit in Österreich, Zeitverwendungserhebung (2012)60 53 Vgl. aoa: Das BIP soll nicht mehr allein der Maßstab für den Wohlstand sein. In: Oberösterreichische Nachrichten, 14.07.2011. (http://www.nachrichten.at/nachrichten/wirtschaft/Das-BIP-soll-nicht-mehr-allein-derMassstab-fuer-den-Wohlstand-sein;art15,669378) (17.12.2012) 54 Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 42. 55 Vgl. Lindner, Johannes, Hartig, Martin ua.: Volkswirtschaft verstehen – Zukunft gestalten. – Wien: Verlag Hölder-Pichler-Tempsky, 2010. S. 32. 56 Vgl. Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 42. 57 Vgl. Kettner, Claudia; Köberl, Katharina u.a.: Mehr als Wachstum. Messung von Wohlstand und Lebensqualität in ausgewählten Ländern mit dem OECD Better Life Index auf Basis der österreichischen Präferenzen. – Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Oktober 2012. S. 14. 58 Vgl. Drösser, Christoph: Geben macht glücklich! In: Die Zeit online (http://www.zeit.de/2010/39/IG-Hilfe), 23.09.2010. 59 Vgl. Kettner, Claudia; Köberl, Katharina u.a.: Mehr als Wachstum. Messung von Wohlstand und Lebensqualität in ausgewählten Ländern mit dem OECD Better Life Index auf Basis der österreichischen Präferenzen. – Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Oktober 2012. S. 15. 60 http://www.statistik.at/web_de/statistiken/wie_gehts_oesterreich/materieller_wohlstand/05/index.html (21.12.2012) 21 Außerdem werden die Schattenwirtschaft und die Schwarzarbeit im BIP nicht erfasst, was auch zu einer Missdeutung der effektiven Produktionsleistung führt, denn im Jahre 2008 wird der Anteil an Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit (informeller Sektor) in Österreich auf ca. 10% geschätzt. Die Freizeit, die bei jeder Person sehr viel Einfluss auf den immateriellen Wohlstand hat, wird im BIP auch nicht berücksichtigt, denn Freizeit wird in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ausschließlich als Verminderung der potenziellen Produktionsmöglichkeiten erfasst. Doch in Österreich haben Arbeitskräfte eine sehr hohe Anzahl an Feiertagen und Urlaub, was den Wohlstand der Österreicher und der Österreicherinnen deutlich erhöhen dürfte, jedoch im BIP nicht sichtbar wird. Des Weiteren beinhaltet das Bruttoinlandsprodukt das Humankapital nicht adäquat, denn Ausgaben für Bildung werden als Konsum erfasst, obwohl sie eher als Investitionen angesehen werden sollten. 61 2.4.2 Kritik aus ökologisch-sozialer Perspektive62 Ein großer Kritikpunkt am Bruttoinlandsprodukt als Wohlstandsindikator ist, dass die Mitwirkung und Teilnahme am politischen und kulturellen Leben im BIP nicht erfasst wird. Die Nachhaltigkeit im Bezug auf die Erhaltung des Ökosystems in einem Land wird auch nicht adäquat ausgedrückt. 63 Somit wird eine Ausbeutung von natürlichen Ressourcen stets als positiv im BIP ausgedrückt, da dadurch die laufende Produktion des Landes zunimmt. Außerdem wird der Faktor Gesundheit im Bruttoinlandsprodukt kaum berücksichtigt. Denn wenn die Bevölkerung durch Umweltverschmutzung der Produktionen immer mehr an verschmutzungsbedingten Krankheiten leidet, ist dies nicht wohlstandserhöhend einzustufen, jedoch führt dies zu einer Erhöhung des BIPs. Zusätzlich wird die Steigerung der Kriminalität eines Landes oder die Erhöhung des Risikos von terroristischen Anschlägen durchaus als BIP-erhöhend eingestuft, da dadurch Ausgaben für mehr Sicherheit getätigt werden und diese Defensivausgaben erhöhen das Bruttoinlandsprodukt, aber auf keinen Fall den Wohlstand der Bevölkerung. 64 2.5 Alternative Wohlstands Indikatoren zur Messung des Es werden derzeit verschiedene Möglichkeiten entwickelt, um die Wohlstandsmessung weiterzuentwickeln und um dadurch auch ökologische und soziale Aspekte monetär in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung berücksichtigen zu können. Jedoch ist es meist schwer, den Wert von ökologischen und sozialen Faktoren in Geld zu messen. 61 Vgl. Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 42. 62 Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 43. 63 Vgl. Lindner, Johannes, Hartig, Martin ua.: Volkswirtschaft verstehen – Zukunft gestalten. – Wien: Verlag Hölder-Pichler-Tempsky, 2010. S. 32. 64 Vgl. Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 43. 22 Deshalb entwickelte man alternative Wohlstandsindikatoren, die den Wohlstand außerhalb der traditionellen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung messen und die als Ergänzung des Bruttoinlandsprodukts dienen.65 2.5.1 Wohlstandsindikatoren Wohlstandsindikatoren messen anhand von verschiedenen wohlstandsrelevanten Faktoren die Lebensqualität einer Bevölkerung: 2.5.1.1 HDI Der Human Development Index (HDI) misst den Entwicklungsstand der Bevölkerung eines Landes. Er setzt sich primär aus 3 Bestandteilen zusammen: der Lebenserwartung, dem Bildungsstand und dem Lebensstandard der Bevölkerung.66 Dabei wird jeder dieser 3 Bereiche durch ein bis zwei Einzelindikatoren gemessen und diese Einheiten werden so fixiert, dass sie Werte zwischen 0 und 1 annehmen - dabei ist 0 das Minimum und 1 das Maximum. Im Anschluss wird der HDI als Durchschnittswert der drei Teilindizes gemessen67, jedoch bleiben dabei die sozialen Ungleichheiten und Einkommensunterschiede unberücksichtigt.68 2.5.1.2 Genuine Progress Indicator Der Genuine Progress Indikator ist ein anderer wichtiger noch detaillierterer alternativer Indikator für den Entwicklungsfortschritt eines Landes. Der GPI basiert zwar auf dem BIP, wird jedoch mit zahlreichen anderen Faktoren ergänzt, wie der Hausarbeit und dem Ehrenamt, der Einkommensverteilung, dem Ressourcenverbrauch, den langfristigen Umweltschäden, dem Freizeitbudget, den defensiven Ausgaben, der Haltbarkeit von Produkten und den öffentlichen Infrastrukturen und der Abhängigkeit von ausländischen Kapitalgebern.69 Wie bereits oben erwähnt, gibt das BIP zwar Durchschnittswerte des Einkommens pro Kopf in einem Land, jedoch sagen diese Werte nichts über die sozialen Ungleichheiten innerhalb der Bevölkerung aus. Deshalb sollte unbedingt der Gini-Koeffizient neben dem BIP betrachtet werden, um in die Einkommensverteilung in einem Land Einsicht zu bekommen: 2.5.1.3 Gini-Koeffizient Der „Gini-Koeffizient“ zeigt die Einkommensverteilung oder Ungleichheit des Erwerbseinkommens in einer Bevölkerung.70 Er ist als relatives Streuungsmaß zu interpretieren und kann auch mithilfe der Lorenzkurve bestimmt werden.71 Der Gini65 Vgl. Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 41. 66 Vgl. http://www.bpb.de/gesellschaft/staedte/megastaedte/64733/hd (15.12.2012) 67 Vgl. Butzmann, Elias; Schulte, Martin; Wahl, Stefanie. Denkwerk Zukunft - Stiftung kulturelle Erneuerung (Hg.): Das Wohlstandsquintett. Zur Messung des Wohlstands in Deutschland und anderen früh industrialisierten Ländern. – www.Wohlstandsquintett.de: Bonn, 2011. S. 72. 68 Vgl. http://www.bpb.de/gesellschaft/staedte/megastaedte/64733/hd (15.12.2012) 69 Vgl. http://www.bpb.de/veranstaltungen/HHABNT,0,0,Z_B_der_Genuine_Progress_Indicator_(GPI).html (23.12.2012) 70 vgl.: Kettner, Claudia; Köberl, Katharina u.a.: Mehr als Wachstum. Messung von Wohlstand und Lebensqualität in ausgewählten Ländern mit dem OECD Better Life Index auf Basis der österreichischen Präferenzen. – Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Oktober 2012. S. 12. 71 Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/gini-koeffizient.html (22.12.2012) 23 Koeffizient nimmt einen Wert zwischen 0 bei Gleichverteilung und 1 ein, wenn nur eine Person das komplette Einkommen erhält.72 Jedoch stellen sich diese Wohlstandsindikatoren oft als problematisch heraus, weil sie nur eine sehr geringe Anzahl von Faktoren mit einbeziehen und den Wohlstand daher auch nur eingeschränkt beschreiben können. Deshalb entwickelte man zahlreiche Indikatorensysteme, die diese oben genannten Defizite zumindest teilweise überwinden können, da sie keine Korrekturen am Bruttoinlandsprodukt vornehmen, sondern zusätzliche Informationen über soziale und ökologische Faktoren beinhalten.73 2.5.2 Indikatorensysteme Systeme von Nachhaltigkeitsindikatoren stellen ökonomische, ökologische und soziale Zusatzinformationen zum BIP bereit.74 2.5.2.1 Das europäische Indikatorensystem Eurostat entwickelte in Zusammenarbeit mit dem deutschen Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung das europäische Indikatorensystem. Dieses System soll den Fortschritt und die Verbesserung der nachhaltigen Entwicklung in der gesamten Union messen und als Grundlage für Entscheidungsprozesse in der Politik dienen. Die Europäische Union hat sich zu nachhaltiger Entwicklung als eines ihrer politischen Leitziele bekannt. Dabei wird die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung durch zahlreiche andere Indikatoren ergänzt. Es werden zum Beispiel ökologische Faktoren wie Wasserqualität oder soziale Faktoren wie zum Beispiel Gesundheit mit einbezogen. Man unterscheidet dabei zwischen den verfügbaren und benötigten Indikatoren. Dabei dienen die besten verfügbaren Indikatoren als Platzhalter bis die besten benötigten Indikatoren angeordnet werden können. Durch dieses System sollen die Potenziale der Weiterentwicklung ersichtlich werden. Die Nachhaltigkeitsstrategie der EU sieht aber auch die Entwicklung nationaler Strategien vor.75 2.5.2.1.1 Ergebnisse des Europäischen Indikatorensystem Die Ergebnisse des Europäischen Nachhaltigkeitsindikatorensystems zeigen, dass Österreich bei den ökonomischen und sozialen Indikatoren und dem BIP pro Kopf sehr gute Plätze besetzt. Denn das österreichische Indikatorensystem zeigt im Detail, dass in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern eher wenige Menschen armutsgefährdet sind (2010: 16,6% aller Österreicher und Österreicherinnen)76, wobei aber Frauen eine höhere Armutsgefährdung aufweisen als Männer, da die Arbeitslosenquote bei Frauen in Österreich höher ist. 72 http://de.wikipedia.org/wiki/Gini-Koeffizient (22.12.2012) Vgl. Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 41ff. 74 Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 45. 75 Vgl. Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 44. 76 Vgl. Prazak, Robert: Die arme Seite von Österreich. – In: Format, 19.11.2012. (http://www.format.at/articles/1247/930/346809/die-seite-oesterreich) (13.03.2013) 73 24 Beim Indikator „Gesunde Lebensjahre“ und bei fast allen ökologischen Indikatoren schneidet Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sehr schlecht ab, da in den letzten Jahren der enorme Anstieg des Energieverbrauchs sehr problematisch zu sehen ist, weil die Treibhausgasemissionen seit 1990 in Österreich um 15% angestiegen sind. Im Bereich Umwelt weist Österreich auch keine besonders guten Ergebnisse auf, da im Gebiet des Ressourcenverbauchs kaum positive Veränderungen festzustellen sind.77 2.5.2.2 Das österreichische Indikatorensystem Als Leitbild für die österreichische Politik dient seit 2002 „Die österreichische Strategie zur nachhaltigen Entwicklung“, wobei zwanzig Leitziele aus vier Aktionsfeldern (Lebensqualität, wirtschaftliche Dynamik, internationale Verantwortung und Verbesserung des Lebensraums) im Mittelpunkt stehen. Um die nachhaltige Entwicklung in Österreich zu überwachen, wurde das österreichische Indikatorensystem für nachhaltige Entwicklung entwickelt. Hierbei wird auch zwischen den verfügbaren und benötigten Indikatoren unterschieden. Vor allem benötigt Österreich im Bereich Umwelt noch verbesserte Leitindikatoren, denn die derzeit verfügbaren Indikatoren wie „Änderung der Flächennutzung“, „Anteil der versiegelten Fläche“ oder „Verbrauch bestimmter Stoffe“ dienen derzeit als Platzhalter für die benötigten Indikatoren wie zum Beispiel „Landschaftsveränderung“, „Qualität von 78 Oberflächengewässern“ oder dem Indikator „Bodenverbrauch und Chemikalien-Index“. 2.5.2.3 Das UNO Indikatorensystem Das Nachhaltigkeitsindikatorensystem der UNO berücksichtigt vor allem wichtige Wohlstandsfaktoren im Bezug auf die Entwicklungsländer wie zum Beispiel den Zugang zu sauberem Trinkwasser. Ansonsten findet man beim Indikatorensystem der UNO im Vergleich zum europäischen oder österreichischen Indikatorensystem aber kaum Unterschiede, jedoch ist die Datenverfügbarkeit bei Entwicklungsländern im Allgemeinen sehr schlecht.79 2.5.2.4 OECD Better Life Index Das österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) hat mit der „Your better life index“-Studie versucht, den Wohlstand neu zu definieren.80 Der OECD Better Life Index misst das Wohlbefinden der Bevölkerung mit insgesamt 24 ökonomischen, ökologischen und sozialen81 Indikatoren aus elf Teilbereichen, die die Dimensionen zeigen, die von der OECD als wesentlich für den materiellen Wohlstand und die Lebensqualität betrachtet werden. Dazu zählen: Wohnen, Einkommen, Arbeit, Gemeinschaft, Bildung, Umwelt, Bürgerbeteiligung, Gesundheit, Lebenszufriedenheit, Sicherheit, Work-Life-Balance.82 Die einzelnen, mit unterschiedlichen Indikatoren gemessenen Bereiche, werden dann zu einem aggregierten Index zusammengefasst um die Länder in Hinblick auf Lebensqualität beurteilen zu können. 77 Vgl. Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 45ff. 78 Vgl. Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 44ff. 79 Vgl. Kettner Claudia: Interview am 28.11.2012. 80 Kettner, Claudia: Interview am 28.11.2012. 81 Vgl. Kettner, Claudia; Köberl, Katharina u.a.: Mehr als Wachstum. Messung von Wohlstand und Lebensqualität in ausgewählten Ländern mit dem OECD Better Life Index auf Basis der österreichischen Präferenzen. – Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Oktober 2012. S. 5. 82 ebda 25 Der OECD Better Life Index wird derzeit für 36 Staaten ermittelt und wurde mit Hilfe einer für Österreich repräsentativen Gewichtung mittels einer persönlichen Befragung von 800 Personen ergänzt.83 Die Better Life Indizes dieser Länder unterscheiden sich deutlich: der Gesamtindex liegt zwischen 0,3 in Estland und 0,7 in Norwegen, wobei ein Index von 1 eine hohe Lebensqualität und Werte um 0 eine geringe Lebensqualität anzeigen. Die Werte der OECD Länder unterscheiden sich primär in den Teilbereichen Lebenszufriedenheit, Work-LifeBalance und Gemeinschaft. Österreich weist in den Teilbereichen Arbeit, Gemeinschaft, Bürgerbeteiligung, Lebenszufriedenheit und Gesundheit überdurchschnittliche Werte im Bezug auf die Lebensqualität auf, aber in den Bereichen Bildung und Work-Life-Balance belegt Österreich einen relativ schlechten Platz (Abbildung 5). 84 Abbildung 5: Better-Life-Index in ausgewählten OECD-Ländern (2012)85 2.5.2.4.1 Im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt Stellt man den OECD Better Life Index dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf gegenüber, kann man eine geringe Korrelation feststellen (Abbildung 6), jedoch erkennt man im Detail einige Differenzen. Einige OECD Länder schneiden beim Better Life Index besser ab, doch Österreich belegt leider durch die Better Life Studie einen deutlich schlechteren Platz. Denn betrachtet man das BIP pro Kopf im Vergleich, befindet sich Österreich nach Norwegen und 83 Vgl. Kettner, Claudia; Köberl, Katharina u.a.: Mehr als Wachstum. Messung von Wohlstand und Lebensqualität in ausgewählten Ländern mit dem OECD Better Life Index auf Basis der österreichischen Präferenzen. – Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Oktober 2012. S. 4ff. 84 Vgl. Kettner, Claudia; Köberl, Katharina u.a.: Mehr als Wachstum. Messung von Wohlstand und Lebensqualität in ausgewählten Ländern mit dem OECD Better Life Index auf Basis der österreichischen Präferenzen. – Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Oktober 2012. S. 31. 85 Vgl. Kettner, Claudia; Köberl, Katharina u.a.: Mehr als Wachstum. Messung von Wohlstand und Lebensqualität in ausgewählten Ländern mit dem OECD Better Life Index auf Basis der österreichischen Präferenzen. – Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Oktober 2012. S. 31. 26 den Vereinigten Staaten an dritter Stelle. Vergleicht man aber die Ergebnisse des OECD Better Life Index, belegt Österreich nur noch den 10. Platz. 86 Abbildung 6: Better-Life-Index im Vergleich zum BIP (2012)87 2.5.2.5 Statistik Austria – 30 Schlüsselindikatoren zur Messung des Wohlstands Die Statistik Austria entwickelte eine neue Art der Wohlstandsmessung mithilfe von 30 Schlüsselindikatoren mit dem Projekttitel „Wie geht’s Österreich“. Diese neue Wohlstandsmessung beinhaltet neben dem BIP noch 30 andere Indikatoren, die den materiellen Wohlstand, Aspekte der Lebensqualität und den Faktor Nachhaltigkeit zeigen.88 Jedoch handelt es sich bei diesen Nachhaltigkeitsindikatorensystemen um einen sehr neuen Ansatz zur Integration von Nachhaltigkeitskomponenten in die Wohlstandsmessung und sie sind daher noch keinesfalls als Endergebnis zu interpretieren.89 Die Suche nach dem perfekten Wohlstandsindikatorensystem ist deshalb noch lange nicht beendet, da in jedem Land und in jedem Zeitalter der Begriff „Wohlstand“ von der Bevölkerung anders definiert wird. 2.6 Resümee Zusammenfassend kann man sagen, dass die Korrelation zwischen dem BIP eines Landes und der Lebensqualität einer Bevölkerung in gewissem Maße gegeben ist. 86 Vgl. Kettner, Claudia; Köberl, Katharina u.a.: Mehr als Wachstum. Messung von Wohlstand und Lebensqualität in ausgewählten Ländern mit dem OECD Better Life Index auf Basis der österreichischen Präferenzen. – Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Oktober 2012. S. 39. 87 Vgl. Kettner, Claudia; Köberl, Katharina u.a.: Mehr als Wachstum. Messung von Wohlstand und Lebensqualität in ausgewählten Ländern mit dem OECD Better Life Index auf Basis der österreichischen Präferenzen. – Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Oktober 2012. S. 39. 88 Vgl. aoa: Wohlstandsmessung abseits des BIP. In: medianet.at, 24.10.2012. (http://www.medianet.at/footermenu/impressum/) (26.12.2012) 89 Vgl. Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 45. 27 Das BIP zeigt nur die Transaktionen eines Landes, die mit Geld verbunden sind und deshalb erhält man keinerlei Einsicht in den Wohlstand des Landes. Naturkatastrophen, die Ressourcenknappheit, die Sicherheit eines Landes oder die Ausbeutung der Lebewesen werden im BIP nur verzerrt abgebildet, da sich zum Beispiel der Wiederaufbau eines Landes nach einer Naturkatastrophe BIP-erhöhend auswirkt, jedoch kann der Wohlstand trotzdem sinken. Deshalb hat das Wirtschaftsmaß Bruttoinlandsprodukt weder eine Aussagekraft aus ökologischer noch aus sozialer Perspektive in einem Land90 und sollte primär nur als Produktionsindex verwendet werden. 90 Vgl. Kettner, Claudia: Entkoppelung und Demateralisierung. Das BIP aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung.– Wien: Indisziplinär 13, 2009. S. 40. 28 3. Nachhaltige Mobilität zur Einschränkung des Ressourcenverbrauchs Von Magdalena Beran 29 3.1 Einleitung Der ökologische Fußabdruck von Österreichs Bevölkerung ist mit 5,29 globalen Hektar/Person91 mehr als doppelt so groß wie der weltweite Durchschnitt von 2,7 globalen Hektar/Person (2008).92 Verglichen dazu beträgt die in Österreich verfügbare Biokapazität jedoch nur 3,3 globale Hektar/Person.93 Würden alle Menschen mit dem ökologischen Fußabdruck einer Person aus Österreich leben, würde es fast drei Planeten mit den Ressourcen der Erde benötigen.94 Die derzeitige Geschwindigkeit des Ressourcenverbrauchs und die damit einhergehende Umweltbelastung sind auf längere Sicht einfach nicht tragbar. Erschöpfliche Ressourcen wie fossile Brennstoffe werden in absehbarer Zeit versiegen. Den peak oil, sprich das globale Ölfördermaximum, haben wir sogar schon überschritten.95 Auch erneuerbare Ressourcen wie Wasser oder Wälder sind zum Teil übernutzt. Bereits 21% der Weideflächen, sowie 18% der Waldgebiete weltweit können nicht mehr als Nährboden für Pflanzen dienen.96 Auf den Verkehr bezogen lässt sich sagen, dass dieser in Österreich im Jahr 2010 mit rund 22,5 Millionen Tonnen CO2-Emissionen etwa 27 Prozent, der gesamten TreibhausgasEmissionen verursacht hat. Über 96 Prozent davon waren zurückzuführen auf den Straßenverkehr.97 Daher ist das Potenzial zur Verringerung des ökologischen Fußabdrucks in diesem Bereich sehr groß. Derzeit sind wir allerdings von einem Wandel zur nachhaltigen Entwicklung noch weit entfernt. Aufgrund dessen habe ich mir die folgenden Forschungsfragen gestellt: Inwiefern zerstört rein quantitatives Wirtschaftswachstum die natürlichen Ressourcen der Erde? Was kann das Konsumverhalten der Gesellschaft zur Einschränkung des Ressourcenverbrauchs beitragen? Nach intensiver Auseinandersetzung mit vielen Aspekten dieses Themas, griff ich das Mobilitätsverhalten unserer Gesellschaft zur vertiefenden Bearbeitung heraus. Motivation war mir dabei die Größe der Herausforderungen und der hohe Reformdruck vor denen wir in diesem Bereich stehen. 3.2 Zerstörung natürlicher durch den Verkehr Ressourcen verursacht 3.2.1 Modal Split im Personenverkehr Mobilität ist eine Konstante im Alltag aller Menschen. Sie erlaubt sowohl räumliche, als auch soziale oder berufliche Grenzen zu überwinden und ist somit eine entscheidende Voraussetzung für gesellschaftliche Integration und Lebensqualität. Die Verteilung der am 91 Vgl. http://diepresse.com/home/panorama/klimawandel/759780/Oekologischer-Fussabdruck_Wer-hat-dengroessten (25.12.12) 92 Vgl. http://www.footprintnetwork.org/images/uploads/NFA_2011_Edition.pdf (25.12.12, S. 6) 93 Vgl. www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Living_Planet_Report_2012.pdf (17.02.13) 94 http://www.vcoe.at/de/publikationen/vcoe-factsheets/details/items/Factsheet2007-11 (23.12.12) 95 Vgl. Holler-Bruckner, Doris: Interview am 13.12.12 96 Vgl. Oldeman, L.R.: The Global Extent of Soil Degradation. In: Greenland, D.J.; Szaboles T. (Hrsg.): Soil Resilience and Sustainable Land Use, 1994. In: Meadows, Donella; Randers, Jørgen; Meadows, Dennis: Grenzen des Wachstums. Das 30-Jahre-Update. Signal zum Kurswechsel – Stuttgart: Hirzel Verlag, 2012. S. 61 97 Vgl. http://www.vcoe.at/de/publikationen/vcoe-factsheets/details/items/Factsheet2012-07?print=true (23.12.12) 30 häufigsten genutzten Fortbewegungsmittel in Österreich stellt die unten angeführte Grafik der Statistik Austria basierend auf Daten des Umweltbundesamtes 2012 dar. (Abb. 7) Abbildung 7: Modal Split des Personenverkehrs ohne Flugverkehr (2012)98 Diese Grafik zeigt, dass der Personenkraftwagen mit überwiegender Mehrheit zur Fortbewegung genutzt wird. Dieser Trend hat sich im Vergleich zum Jahr 1995 trotz bisheriger Maßnahmen zur nachhaltigen Mobilität nicht maßgeblich geändert. 3.2.2 Auswirkungen auf die Umwelt Die verstärkte Nutzung des herkömmlichen Autos mit Verbrennungsmotor hatte in den letzten Jahren die Umwelt maßgeblich gezeichnet. Im Jahr 2010 wurden in Österreich 328.563 neuzugelassene Pkws registriert. Diese Pkws haben jedoch allein durch ihre Herstellung ca. 1,76 Millionen Tonnen CO2 verursacht. Des Weiteren hat der Verkehr eine Reihe von Folgewirkungen wie z.B. gesundheitliche Schäden der Menschen aufgrund des Verkehrslärms und der Abgase.99 Ich werde in den nachfolgend angeführten Punkten näher auf die durch den Verkehr verursachten Schäden eingehen. 3.2.2.1 Luftqualität Zunächst einmal verschlechtert der Verkehr die Luftqualität. In weiterer Folge schädigt er dadurch die Umwelt und gefährdet die menschliche Gesundheit. Der Verkehr verursacht eine Vielzahl von Luftschadstoffen und Treibhausgasen. Das wichtigste Treibhausgas ist CO2 (Kohlendioxid). Der CO2-Austoß ist abhängig von den zurückgelegten Strecken, dem Energieverbrauch eines Fahrzeuges sowie dem Fahrstil.100 Der durchschnittliche CO2Austoß aller neuzugelassenen Pkws in Österreich betrug 2011 137g/km für benzinbetriebene 98 Vgl. http://www.statistik.at/web_de/statistiken/wie_gehts_oesterreich/umweltorientierte_nachhaltigkeit/19/index.html (28.12.12) 99 Vgl. http://www.vcoe.at/de/publikationen/vcoe-factsheets/details/items/Factsheet2011-02 (25.12.12) 100 Vgl. http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/verkehr/auswirkungen_verkehr/verk_schadstoffe/ (25.12.12) 31 Autos beziehungsweise 140g/km für Diesel-Pkw.101 Verglichen dazu emittieren umweltschonende Fortbewegungsmittel wie z.B. alle Hybrid-Pkws, welche 2010 neu zugelassen wurden, durchschnittlich 108,2g CO2 in der Nutzung.102 Des Weiteren ist der Verkehr ein großer Verursacher von Feinstaub sowie dem lungengängigen Feinststaub103 in Städten. Dies kann man anhand der u.a. Grafik erkennen, welche aus Daten von EUBA (2010) erstellt und 2012 vom VCÖ publiziert wurde. (Abb. 8) Abbildung 8: Feinststaubemissionen nach Emittenten in österreichischen Städten (2012)104 Feinstaub besteht aus sehr kleinen Partikeln, welche über Atemwege in Blut- und Nervenbahnen eindringen und Lungen- und Herzkreislauf-Erkrankungen verursachen. Somit verkürzt die Feinstaubbelastung in der Luft die durchschnittliche Lebenserwartung in Österreich um rund acht Monate. Die Grenzwerte der Feinstaubbelastung wurden von der Weltgesundheitsorganisation WHO mit 10 µg (= Mikrogramm) Feinstaub pro Kubikmeter Luft festgelegt.105 In Österreich wird dieser Grenzwert allerdings an hochbelasteten Standorten wie z.B. Leibnitz, Graz oder Wien106 an mehr als 50 Tagen im Jahr überschritten.107 Die Feinstaubbelastung stellt somit ein sehr großes Problem in Österreich dar. Darüber hinaus verursacht der Verkehr eine Reihe anderer Luftschadstoffe wie z.B. Stickoxide (NO x), welche jedoch verglichen mit CO2 oder Feinstaubpartikeln nur einen geringen Anteil zur Luftverschmutzung beitragen.108 3.2.2.2 Wasser Trinkwasser ist keine weltweit verfügbare Ressource. Seine Nutzbarkeit kann sowohl durch Trockenperioden in bestimmten Regionen, als auch durch die Geschwindigkeit, mit der sich 101 Vgl. http://www.lebensministerium.at/umwelt/luft-laerm-verkehr/co2-monitoringPKWNeu.html (12.01.13) Vgl. http://www.lebensministerium.at/dms/lmat/umwelt/luft-laerm-verkehr/co2monitoring/CO2Monitoring_2011_L_inkl-Vorschaukomplett_lay/CO2Monitoring_2011_L_inkl%20Vorschau%20komplett_lay.pdf (12.01.13) 103 Vgl. http://www.vcoe.at/de/presse/aussendungen-archiv/details/items/vcoe-belastung-durch-extremschaedlichen-feinst-staub-in-oesterreich-viel-hoeher-als-usa-erlaubt-22022013 (18.03.13) 104 http://www.vcoe.at/tl_files/vcoe/uploads/VCOe%20unterstuetzen!/Spendenaufruf%20Frei%20Atmen.pdf (25.12.12) 105 Vgl. http://www.vcoe.at/de/publikationen/vcoe-factsheets/details/items/ultra-feinstaub-macht-krank (25.02.13) 106 Vgl. http://www.vcoe.at/de/presse/aussendungen-archiv/details/items/Ausgabe2012-02 (17.02.13) 107 Vgl. http://www.umweltbundesamt.at/presse/lastnews/newsarchiv_2005/news051121/ (25.12.12) 108 Vgl. http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/luft/luftschadstoffe/nox/ (25.02.13) 102 32 die Grundwasservorräte wieder füllen oder durch den Verschmutzungsgrad durch Schadstoffe bestimmt sein.109 Wie bereits erwähnt werden durch den Verkehr Schadstoffe in Form von Abgasen und Feinstaub freigesetzt, die nicht nur die Luft sondern auch das Wasser verschmutzen. Diese ausgestoßenen Schadstoffe steigen auf und werden vom Wasser der Wolken chemisch gelöst. Durch das Abregnen der Wolken gelangen diese Schadstoffe in den Boden und somit in das Grundwasser. Ein besonders schädlicher Zusatzstoff im Treibstoff ist 2-Methoxy-2-methylpropan (MTBE). MTBE hat den Effekt, dass es schon in geringer Konzentration geruchsintensiv wirkt und dadurch das Trinkwasser schwer bekömmlich werden lässt.110 3.2.2.3 Lärm Der Lärm verursacht durch den Straßenverkehr setzt sich aus dem Motorgeräusch, dem Rollgeräusch und dem Windgeräusch zusammen.111 Insgesamt fühlen sich in Österreich 2,7 Millionen Menschen durch Lärm in ihrem Wohnumfeld beeinträchtigt, davon nennen 1,47 Millionen Menschen den Straßenverkehr als Hauptverursacher des Lärms.112 Eine Studie des deutschen Umweltbundesamts an 4.115 Personen ergab, dass bei einem mittleren Schallpegel im Außenbereich am Tag von 65 Dezibel das Herzinfarktrisiko um 30% steigt, falls sie längere Zeit in Gebieten mit hohem Verkehrslärm wohnen. Dies konnte durch den Zusammenhang mit dem Verkehrslärm bei den männlichen Personen, die schon länger nicht umgezogen waren, statistisch gesichert werden.113 Darüber hinaus versetzt Lärm den menschlichen Körper, selbst wenn man schläft, in ständige Alarmbereitschaft. Daraus resultieren oftmals Schlafstörungen sowie Konzentrationsstörungen. Die von der WHO empfohlenen Grenzwerte liegen bei 55 Dezibel tagsüber bzw. 45 Dezibel in der Nacht. Allerdings wohnen derzeit 3 Millionen ÖsterreicherInnen in Gebieten, in denen dieser Grenzwert überschritten wird und die Ursache dafür stellt fast ausschließlich der Verkehr dar.114 3.2.2.4 Flächenverbrauch Um die Auswirkungen des Verkehrs auf den Flächenverbrauch eruieren zu können, muss man zunächst wissen, dass in Österreich 2,4% der Gesamtfläche des Landes mit Straßen, Parkplätzen und Eisenbahnanlagen verbaut sind. In absoluten Zahlen sind das 2.032 km² die allein für den Verkehr in Anspruch genommen werden, was bildhaft ausgedrückt der Fläche des halben Burgenlandes entspricht.115 In diesem Zusammenhang entstehen mehrere Probleme für die Gesellschaft. Einerseits ist der Boden die wichtigste Produktionsgrundlage für die Landwirtschaft. Andererseits erfüllt er viele Funktionen wie z.B. die Regulierung des Naturhaushalts oder den Erhalt der Biodiversität welche die Artenvielfalt, die genetische Vielfalt und die Vielfalt der Ökosysteme beinhaltet.116,117 Äcker und Wiesen stellen den natürlichen Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen dar. Die Zerstörung von Naturfläche 109 Vgl. Meadows, Donella; Randers, Jørgen; Meadows, Dennis: Grenzen des Wachstums. Das 30-Jahre-Update. Signal zum Kurswechsel – Stuttgart: Hirzel Verlag, 2012. S. 67 110 Vgl. http://www.salzburg.gv.at/themen/nuw/gewaesserschutz/gewaesserschutz_guete/gw/pestizid.htm (26.12.12) 111 Vgl. http://www.auto-umwelt.at/ (25.12.12) 112 Vgl. http://www.vcoe.at/de/verkehrspolitik/saubere-luft-und-wenig-laerm (25.12.12) 113 Vgl. www.dfld.de/Downloads/NaRoMi-1.pdf (24.02.13) 114 Vgl. http://www.ak-umwelt.at/4937/4938/4943/5001/ (25.12.12) 115 Vgl. http://www.vcoe.at/de/presse/aussendungen-archiv/details/items/Ausgabe_2012-82 (25.12.12) 116 Vgl. http://www.footprintnetwork.org/de/index.php/gfn/page/glossary/ (25.12.12) 117 Vgl. http://www.biodiversitaet2010.ch/wissen/definition/ (30.12.12) 33 fördert somit auch das Aussterben zahlreicher Tierarten.118 Derzeit werden beinahe ein Fünftel der rund 35.000 Wirbeltierarten weltweit als „gefährdet“ eingestuft.119 Durch den Bau von Straßen werden z.B. Rückzugsgebiete von Wasser- oder Futterstellen getrennt. Die verbleibende Fläche entspricht oft nicht mehr der, der jeweiligen Tierart entsprechenden Mindestgröße des natürlichen Lebensraums und ist daher für diese Tierarten ungeeignet.120 Zudem wächst die Verkehrsfläche in Österreich in einem höheren Ausmaß als die Bevölkerung. In den Jahren 2006-2011 konnte man bezogen auf die für den Verkehr verbaute Fläche einen Anstieg von 3% verzeichnen. Im Vergleich dazu wuchs die österreichische Bevölkerung um nur 1,6%.121 3.2.2.5 Rohstoffe Der weltweite Rohstoffverbrauch ist in den Jahren 1980 bis 2008 von 38 auf 68 Milliarden Tonnen jährlich gestiegen. Der Jahresverbrauch pro Kopf liegt in Österreich derzeit bei 24 Tonnen oder 66 Kilogramm pro Person und Tag. Man muss in diesem Zusammenhang aber erwähnen, dass materialintensive Produktionsschritte wie Abbau und Veredelung von Metall meist in anderen Staaten erfolgen. Wenn man den Ressourcenverbrauch bei diesen Produktionsschritten in die Ressourcenbilanz Österreichs miteinberechnet, liegt der jährliche Verbrauch bei 30 Tonnen pro Person, der tägliche Verbrauch bei 80 Kilogramm pro Kopf.122 Wenn man die Herstellung eines Personenkraftwagens betrachtet, lässt sich feststellen, dass bei der Produktion eines 1,5 Tonnen schweren Autos, 70 Tonnen Materialien und Ressourcen verbraucht werden. Bezogen auf den CO2-Austoß verursacht die Herstellung eines Benzin-Pkws 5 Tonnen CO2, die Produktion eines Diesel-Pkws sogar 5,5 Tonnen CO2.123 In Bezug auf den Erdölverbrauch verursacht durch den Verkehr ist bewiesen, dass der Straßenverkehr in Österreich zu 92% von Erdöl abhängig ist. Dies lässt sich anhand der nachfolgenden Grafik des VCÖ, basierend auf einer 2012 durchgeführten Studie der Statistik Austria gut erkennen. (Abb. 9) 118 Vgl. http://www.hagel.at/site/index.cfm?objectid=C35325F2-5056-A50009FBE1564140BC16&refid=6B9E4985-3005-96D1-4EE737ABBFF1D143 (25.12.12) 119 Vgl. Worldwatch Institute (Hrsg.): Nachhaltig zu einem Wohlstand für alle. Rio 2010 und die Architektur einer weltweiten grünen Politik – München: oekonom Verlag, 2012, S. 232 120 Vgl. http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/verkehr/auswirkungen_verkehr/zerschneidung/ (26.12.12) 121 Vgl. http://www.vcoe.at/de/presse/aussendungen-archiv/details/items/Ausgabe_2012-82 (25.12.12) 122 Vgl. http://www.vcoe.at/de/publikationen/vcoe-factsheets/details/items/Factsheet2012-07?print=true (23.12.12) 123 Vgl. ebda 34 Abbildung 9: Verkehr als größter Treiber der Erdölabhängigkeit Österreichs (2012)124 3.2.3 Fazit Unter Beachtung aller oben angeführten Fakten, lässt sich schließen, dass das derzeitige Mobilitätsverhalten der Gesellschaft keinesfalls nachhaltig ist. „Wir verbrauchen 50 Prozent mehr Ressourcen, als die Erde bereithält, und wenn wir den Kurs nicht ändern, würden ab dem Jahr 2030 auch zwei Planeten nicht mehr ausreichen.“125 Um nicht zu diesem Punkt zu gelangen ist ein nachhaltiger Umgang der Gesellschaft mit den natürlichen Ressourcen der Erde essentiell. 3.3 Nachhaltige Mobilität Es wird oft behauptet, dass eine nachhaltige Gesellschaft einen tiefgreifenden Gesellschaftswandel erfordert, welcher vor allem in reichen Konsumgesellschaften mit massiven Einschränkungen gekoppelt sei. Diesem Vorurteil lässt sich entgegnen, dass man mit dem Verzicht auf etwas Wertvolles, etwas noch Wertvolleres zurückbekommen kann – in diesem Fall den Erhalt natürlicher Ressourcen.126 Qualitatives Wachstum als Alternativmodell zu rein mengenmäßigem Wirtschaftswachstum beinhaltet die Entkoppelung des Wirtschaftswachstums vom Verbrauch natürlicher Ressourcen, in anderen Worten die „Dematerialisierung“. Das Konzept umfasst unter anderem einen effizienteren Einsatz von Materialien in der Produktion, das Ersetzen von nicht-erneuerbaren durch erneuerbare Ressourcen, sowie Recycling aber auch die Reduktion der Konsumnachfrage.127 Da der Verkehr, wie bereits erwähnt, beispielsweise knapp ein Drittel der gesamten CO²-Emissionen ausmacht, ist dies ein wichtiger Bereich, auf den es sich im Hinblick auf das Ziel der Erreichung von Nachhaltigkeit zu konzentrieren gilt. 124 Vgl. ebda http://www.wwf.at/de/view/files/download/forceDownload/?tool=12&feld=download&sprach_connect=2065, S. 2 (26.12.12) 126 Vgl. Erik Assadourian: Aufstieg und Fall unserer Konsumkultur. In: Worldwatch Institute (Hrsg.): Nachhaltig zu einem Wohlstand für alle. Rio 2010 und die Architektur einer weltweiten grünen Politik – München: oekonom Verlag, 2012, S. 60-61 127 Vgl. Kettner, Claudia: Wachstum light! Qualitatives Wachstum muss keine Utopie bleiben. In: Wissenschaft & Umwelt 13 (Hrsg. von Forum Wissenschaft & Umwelt) – Wien: Forum Wissenschaft & Umwelt, 2009. S. 77 125 35 3.3.1 Nachhaltigkeit „Das Prinzip der Nachhaltigkeit zielt auf einen zukunftsfähigen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen ab, indem nur deren Erträge genutzt werden, ohne dass die Substanz gefährdet wird.“128 Nicht nachhaltig sind im Gegensatz dazu alle Aktivitäten, die zu einem Rückgang des Bestands an erneuerbaren Ressourcen führen bzw. zu einer Verringerung des Bestands an nicht-erneuerbaren Ressourcen ohne Aussicht auf Ersatz dieser erschöpflichen Ressourcen durch erneuerbare Ressourcen.129 3.3.2 Nachhaltiger Konsum Konsum beinhaltet den Einkauf, die Verwendung, sowie das Aufbrauchen von Gütern und Dienstleistungen zur Bedürfnisbefriedigung.130 Allerdings geht der Konsum über die reine Bedürfnisbefriedigung der Menschen hinaus. Diese Tatsache gilt es auf dem Weg zu einem nachhaltigen Konsum zu beachten.131 Nachhaltiger Konsum orientiert sich am 3-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit, welches ökonomische Nachhaltigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit inkludiert. Diese 3 Aspekte müssen bei der Herstellung, beim Vertrieb, der Nutzung und Entsorgung von Produkten gewährleistet sein.132 3.3.3 Nachhaltige Mobilität Der World Business Council for Sustainable Development definiert nachhaltige Mobilität, als die Fähigkeit, die Wünsche und Bedürfnisse der Gesellschaft, sich frei zu bewegen, Zugang zu erhalten, Informationen auszutauschen und Beziehungen aufzubauen, zu befriedigen ohne dabei essentielle menschliche oder ökologische Werte jetzt sowie in der Zukunft zu verletzen.133 3.3.4 Nachhaltigkeitsziel Derzeit wird von der EU ein Rückgang des Ressourcenverbrauchs von 30% bis zum Jahr 2020 gefordert.134 In Bezug auf den Verkehrssektor wurde von der Europäischen Kommission eine Reduktion der CO2- Emissionen um 26% bis zum Jahr 2030, sowie 76% bis zum Jahr 2050 im Vergleich zum Jahr 2012 festgelegt.135 Doch was genau bedeuten diese theoretischen Zielvorstellungen für die Praxis? Um die notwendige Reduktion des Verbrauchs natürlicher Ressourcen im geforderten Zeitraum zu erreichen, bedarf es einer Reihe von Maßnahmen, die im folgenden Kapitel 3.2.5 erläutert werden, sowie eine Veränderung im derzeitigen Denkmuster der gesamten Gesellschaft hin zu umweltbewusstem Denken. 128 http://www.konsumentenfragen.at/konsumentenfragen/Mein_Alltag/Themen/Nachhaltiger_Konsum/ (19.12.12) Vgl. Meadows, Donella; Randers, Jørgen; Meadows, Dennis: Grenzen des Wachstums. Das 30-Jahre-Update. Signal zum Kurswechsel – Stuttgart: Hirzel Verlag, 2012. S. 54 130 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie – Deutsches Wörterbuch, 19. Aufl., Bd. 27, S. 1947. 131 Vgl. www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/4297.pdf (19.12.12) 132 Vgl. http://www.konsumentenfragen.at/konsumentenfragen/Mein_Alltag/Themen/Nachhaltiger_Konsum/ (19.12.12) 133 Vgl. http://www.wbcsd.org/Pages/Adm/Download.aspx?ID=166&ObjectTypeId=7, S. 12 (23.12.12) 134 Vgl. Holler-Bruckner, Doris: Interview am 13.12.12 135 Vgl. http://www.vcoe.at/de/publikationen/vcoe-factsheets/details/items/Factsheet2012-07?print=true (23.12.12) 129 36 3.3.5 Chancen und Risiken der umweltfreundlichen Mobilität 3.3.5.1 Traditionelle umweltfreundliche Mobilität 3.3.5.1.1 Radfahren Die Nutzung des Fahrrades ist nach dem „zu Fuß gehen“ die nachhaltigste Fortbewegungsmethode.136 Ein essentieller Bestandteil der positiven Aspekte des Fahrradfahrens ist das Einsparungspotenzial an CO2. Allein durch eine Steigerung des Radverkehrsanteils in Österreich von 5% auf 10% können rund 150.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.137 Weitere vorteilhafte Auswirkungen des Fahrradfahrens sind, dass beim Fahren kein Lärm entsteht, sich die Unfallschäden aufgrund der überschaubaren Geschwindigkeit in Grenzen halten und dass das Fahrrad einen sehr geringen Platzverbrauch hat.138 Darüber hinaus ist das Fahrradfahren auch eine gesundheitsfördernde Maßnahme und verbessert die physische und psychische Verfassung des Menschen. Der große Nachteil liegt allerdings darin, dass das Fahrrad hauptsächlich zur Bewältigung von Kurzstrecken dient und nur geringe Transportmöglichkeiten bietet.139 Darüber hinaus hat eine 2010 vom österreichischen Lebensministerium durchgeführte Haushaltsbefragung ergeben, dass am häufigsten gesundheitliche Probleme bzw. altersbedingte Schwäche (zusammen rund 46% aller Befragten) ein Hemmnis zur Fahrradnutzung darstellen. Somit ist das Fahrrad für Personen höheren Alters keine passende umweltfreundliche Alternative zum Pkw. Des Weiteren ergab die Haushaltsbefragung, dass für 51% der Befragten die Wetterund Witterungsbedingungen eine Einschränkungen für die Fahrradnutzung darstellen.140 Um dem Problem der ausschließlichen Nutzung für Kurzstrecken entgegenzuwirken, kann man/frau sich ein Elektrofahrrad anschaffen, da die durchschnittliche Fahrtweite beim Elektrofahrrad gegenüber dem Fahrrad mit rund sieben Kilometern deutlich höher liegt. Bezogen auf das herkömmliche Fahrrad hat eine 2010 veröffentlichte Zusammenfassung diverser Erhebungen des österreichischen Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie gezeigt, dass für 70% der Befragten eine Strecke von bis zu 5km als „radtauglich“ gilt. In diesem Zusammenhang gibt es kaum Unterschiede nach Geschlecht, Altersgruppen, Regionen oder der Häufigkeit der Fahrradverwendung. Bei einer Wegstrecke im Bereich zwischen 5km und 10km gaben 34% der Befragten an, das das Fahrrad als regelmäßig dafür eingesetztes Verkehrsmittel in Frage käme. Hier kommt vor allem das Vertrauen in die eigene Fitness, sowie das sportliche Interesse der fahrenden Personen zur Wirkung.141 Generell ist die Hälfte aller Pkw-Fahrten, wie an der unten angeführten Grafik (Abb. 10), welche vom VCÖ im Jahr 2011 anhand der Daten von Herry Consult 2009 erstellt wurde, gut zu erkennen ist, kürzer als 5km bzw. drei Viertel aller Autofahrten kürzer als 7km, 136 Vgl. http://www.vcoe.at/de/presse/aussendungen-archiv/details/items/Ausgabe2012-46 (26.12.12) Vgl. http://www.lebensministerium.at/dms/lmat/publikationen/umwelt/laerm_verkehr_mobilitaet/leitfaden_radverkehr/Le itfaden-Radverkehrsf-rderung/Leitfaden%20Radverkehrsförderung.pdf?1=1 , S. 7 (26.12.12) 138 Vgl. http://www.oekonews.at/index.php?mdoc_id=1000294 (26.12.12) 139 Vgl. Holler-Bruckner, Doris : Interview am 13.12.12 140 Vgl. http://www.lebensministerium.at/dms/lmat/publikationen/studie_radfahren_und_einkaufen/Studie%20Radfahren% 20und%20Einkaufen.pdf?1=1, S. 19 (26.12.12) 141 Vgl. http://www.bmvit.gv.at/service/publikationen/verkehr/fuss_radverkehr/downloads/riz.pdf (24.02.13) 137 37 was somit den idealen Distanzen zur Nutzung eines Fahrrads mit oder ohne Elektrozusatzantrieb entspricht.142 Abbildung 10: Potenzial des Radfahrens – tägliche PKW-Fahrstrecken in Vorarlberg (2008)143 3.3.5.1.2 Bahn Die Bahn als Fortbewegungsmittel bietet in Österreich die beste Möglichkeit, die natürlichen Ressourcen der Erde zu schonen, da bei Betrieb nur 16g CO2 pro Personenkilometer144 emittiert werden. Darüber hinaus wurden die Züge der Österreichischen Bundesbahnen in den letzten Jahren mit einem Strommix aus 93 Prozent erneuerbarer Energie und 7 Prozent Erdgas betrieben. Seit dem Jahr 2012 hat die ÖBB den Anteil an Strom erzeugt aus erneuerbaren Energien auf 100% erhöht. Derzeit bietet die ÖBB diesen grünen, sprich umweltfreundlichen, Bahnstrom allen Bahnverbrauchern Österreichs an. Die Zusammensetzung des Strommixes (z.B. Wind und Wasserkraft in Kombination) kann jeder Kunde mitbestimmen. Doch nicht nur beim Betrieb der Bahnen selbst, sondern auch schon im Vorfeld wird auf die Schonung der Umwelt geachtet. Die ÖBB versucht mit Wiederaufforstungsprojekten im Regenwald die Treibhausgasemissionen verursacht durch den Bau und den Betrieb ihrer Kraftwerke und Stromleitungen wieder auszugleichen.145 Doch neben den positiven Auswirkungen auf die Umwelt, bietet die Fortbewegung mit der Bahn auch noch eine Reihe weiterer Vorteile für die Passagiere. Laut einer 2013 durchgeführten Studie des VCÖ an 1.500 Österreicherinnen und Österreicher sehen 65% der Befragten die steigenden Kosten des Autofahrens als Grund für einen Umstieg auf die Bahn. Des Weiteren 142 Vgl. http://www.lebensministerium.at/dms/lmat/publikationen/umwelt/laerm_verkehr_mobilitaet/leitfaden_radverkehr/Le itfaden-Radverkehrsf-rderung/Leitfaden%20Radverkehrsförderung.pdf?1=1, S. 7 (26.12.12) 143 Vgl. VCÖ Verkehrsclub Österreich (Hrsg.): Infrastrukturen für nachhaltige Mobilität, Mobilität mit Zukunft 3/2011, Wien 2011. S. 16 144 Vgl. http://www.vcoe.at/de/publikationen/vcoe-magazin/magazindetails/artikel/items/zahlen-und-fakten463?print=true (12.01.13) 145 Vgl. http://www.cityairporttrain.com/CAT/files/c2/c21751bd-a226-4187-80ae-319b3dff31e8.pdf (25.12.12) 38 stellen auch der erhöhte Reisekomfort, sowie die Pünktlichkeit einen Vorteil des Bahnfahrens für die österreichische Bevölkerung dar.146 Die größten Hürden in Bezug auf die Nutzung der Bahn ist das Nichtvorhandensein eines bundesweiten Taktfahrplans sowie und einem einheitlichen Ticketsystem.147 Darüber hinaus hat die oben angeführte Studie des VCÖs ergeben, dass die Hälfte der befragten ÖsterreicherInnen den öffentlichen Verkehr im Allgemeinen (Bahn und Nahverkehr) als zu wenig flexibel und die Fahrzeiten als zu lang ansieht. Darüber hinaus mangelt es den befragten Personen an ausreichender Verfügbarkeit an Informationen.148 3.3.5.1.3 Nahverkehr (Bus, Straßenbahn, U-Bahn) Der Nahverkehr umfasst öffentliche Verkehrsmittel wie Straßenbahnen, U-Bahnen sowie Busse zur Bewältigung von insbesondere Kurzstrecken. Bei der Nutzung eines Reisebusses werden 37g CO2/Personenkm ausgestoßen, bei einem Linienbus 86g CO2/Personenkm. Beim Betrieb der Straßen- und U-Bahnen beläuft sich der Ausstoß auf 46g CO2/Personenkm.149 2010 wurden in Österreich 2.910km pro Fahrgast mit öffentlichen Verkehrsmitteln (inkl. Bahn) zurückgelegt und somit 3 Millionen Tonnen CO2 eingespart.150 Allerdings nutzen 58% der Österreicherinnen und Österreicher nie oder seltener als 1 Mal im Monat den Öffentlichen Stadtverkehr.151 Die Hürden bezüglich der Nutzung des öffentlichen Verkehrs decken sich im Wesentlichen mit denen im Kapitel „Bahn“ angeführten Gründen. 3.3.5.2 Moderne Alternativen zur Individualmobilität Richtig ist, dass die Anzahl der Autos kontinuierlich wächst und dass jedes dieser Fahrzeuge umweltschädliche Emissionen produziert. Falsch ist jedoch der Schluss, dass mehr Autos auch mehr Emissionen produzieren. Aufgrund des technischen Fortschritts konnten in den letzten Jahren effiziente Technologien zur Senkung des Treibstoffverbrauchs, sowie Elektromotoren oder alternative Kraftstoffe entwickelt werden. 3.3.5.2.1 Elektromobilität Elektromobilität ist ein zukunftsträchtiges Innovations- und Umweltthema. Elektroautos sind mit Strom betriebene Autos, bei denen der herkömmliche Verbrennungsmotor durch einen Elektromotor ersetzt wird.152 In Österreich besteht die Möglichkeit zum Strombezug aus eigenen Photovoltaikanlagen bzw. der Nutzung von Ökostrom von Strom-Tankstellen. Ökostrom besteht zu 100% aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonne, Wind, Biomasse und Wasser.153 Für Privatbenutzer gibt es überdies die Möglichkeit, den Ökostrom aus der eigenen Steckdose im Haus zu beziehen. Um einen Überblick über die verschiedenen Ladestationen zu haben gibt es in Österreich 3 Verzeichnisse, in denen alle Personen, die eine Ladestation in ihrer eigenen Garage für Externe anbieten, gelistet sind. Dieses Service spricht vor allem Personen an, die weitere Strecken bewältigen müssen. Darüber hinaus 146 Vgl. http://www.vcoe.at/de/presse/aussendungen-archiv/details/items/vcoe-umfrage-was-oesterreicher-zumumstieg-auf-oeffentlichen-verkehr-bewegt-13022013 (09.03.13) 147 Vgl. http://www.vcoe.at/de/presse/aussendungen-archiv/details/items/Ausgabe2011-145 (26.12.12) 148 Vgl. http://www.vcoe.at/de/presse/aussendungen-archiv/details/items/vcoe-umfrage-was-oesterreicher-zumumstieg-auf-oeffentlichen-verkehr-bewegt-13022013 (09.03.13) 149 Vgl. http://www.vcoe.at/de/publikationen/vcoe-factsheets/details/items/Factsheet2011-02, S. 2 (03.03.13) 150 Vgl. http://www.vcoe.at/de/presse/aussendungen-archiv/details/items/Ausgabe2011-142 (26.12.12) 151 Vgl. http://www.arbeiterkammer.at/bilder/d176/Vortrag_Leodolter.pdf (26.12.12) 152 Vgl. http://www.auto-umwelt.at/_umweltfr/umweltfr_elek.htm (26.12.12) 153 Vgl.: http://www.oekostrom.at/ueber-oekostrom/100-oekostrom/ (30.12.12) 39 existieren 2 weitere Verzeichnisse, in denen alle Ladestationen österreichweit verzeichnet sind.154 Der große Vorteil der Elektromobilität ist, dass das Auto selbst keine Emissionen ausstößt. Diese fallen nur in der Energieerzeugung für den genutzten Strom an. Bei Verwendung eines durchschnittlichen Strommixes in Deutschland entspricht das einer Menge von 76g CO2/km auf Basis des Mitsubishi i-MiEV mit einem Stromverbrauch von 13,5kWh/100km. Allerdings kann der CO2 -Ausstoß durch die Nutzung von Photovoltaikstrom auf 0g/km gesenkt werden.155 Ein weiterer positiver Aspekt ist die Unabhängigkeit von der erschöpflichen Ressource Erdöl. Aus kostentechnischer Sicht hat das Elektroauto den Vorteil, dass es im Durchschnitt 15,3 kWh Strom pro 100km verbraucht auf Basis eines Testdurchlaufs des Nissan Leaf.156 Bei einem derzeitigen Strompreis des Anbieter EVN von 0,20€ pro kWh belaufen sich die Kosten für 100 Fahrkilometer auf 3,06€.157 Im Vergleich dazu kostet einem eine Fahrt von 100 Kilometer Wegstrecke €8,70 bei einem traditionellen Auto mit einem Durchschnittsverbrauch von 6l/100km und einem Preis von €1,45 pro Liter Diesel.158 (geschätzt auf Basis eines 1,9l Dieselmotors). Derzeit benutzen noch weniger als 1% der Österreicherinnen und Österreicher Elektroautos als Alternative zum herkömmlichen Pkw.159 Grund dafür ist vor allem die geringe Reichweite. Diese liegt derzeit im Durchschnitt bei 150km. Somit sind Elektroautos für Langstreckenfahrten derzeit nicht geeignet. Darüber hinaus liegt die Ladedauer eines durchschnittlichen Energiespeichers von 22kWh geladen bei normaler Netzspannung von 230 Volt und mit einer Stromstärke von 16 Ampere bei 6 Stunden.160 3.3.5.2.2 Hybridautos Ein Hybridauto besitzt sowohl einen Verbrennungsmotor als auch einen Elektromotor. Der Verbrennungsmotor dient hierbei zum Aufladen der Akkus des Autos. Der Vollhybrid fährt bei niedrigen Geschwindigkeiten rein mit dem Elektromotor, bei höheren Geschwindigkeiten (Freiland oder Autobahn) wird das Auto mit dem Verbrennungsmotor angetrieben und ist somit die umweltschonendste Ausführung des Hybridautos. Der BMX Active Hybrid X6 z.B. fährt bis zu 60km/h ausschließlich mit Strom.161 Vorteil des Vollhybrides bei niedrigen Geschwindigkeiten ist, dass man wie beim Elektroauto lokal keine Emissionen hat. Des Weiteren kann durch moderne Technologien wie z.B. Bremsenergierückgewinnung die Effizienz der Fahrzeuge gesteigert werden.162 Die Nachteile beim Hybridauto liegen zum einen in den hohen Anschaffungskosten, zum anderen im hohen Spritverbrauch aufgrund des erhöhten Gewichts durch die 2 Motoren und Akkus.163 Letzteres gilt aber nur für den reinen Betrieb mit Verbrennungsmotor bei hohen Geschwindigkeiten über längere Strecken (z.B. Autobahn). 154 Vgl. Holler-Bruckner, Doris : Interview am 13.12.12 Vgl. ebda 156 Vgl. http://www.handelsblatt.com/auto/test-technik/elektroauto-nissan-leaf-tester-unter-strom-/6836902.html (13.03.13) 157 Vgl. http://www.e-control.at/de/konsumenten/strom/strompreis/strompreis-monitor (13.03.13) 158 Vgl. http://www.vcoe.at/de/presse/aussendungen-archiv/details/items/vcoe-rekord-spritpreis-vcoe-kritik-autosverbrauchen-zu-viel-sprit (26.12.12) 159 Vgl. Holler-Bruckner, Doris: Interview am 13.12.12 160 Vgl. http://www.welt.de/motor/article12368502/Die-neue-Angst-vor-dem-automobilen-Stillstand.html (26.12.12) 161 Vgl. http://www.spiegel.de/auto/fahrberichte/bmw-active-hybrid-x6-elektrisierter-elefant-a-660398.html (26.12.12) 162 Vgl. http://www.auto-umwelt.at/_umweltfr/umweltfr_elek.htm (26.12.12) 163 Vgl. Holler-Bruckner, Doris : Interview am 13.12.12 155 40 3.3.5.2.3 Carsharing Carsharing ist die kollektive Nutzung eines Autos durch mehrere Personen. Die optimalste Variante ist die Nutzung von Elektroautos für Carsharing-Zwecke. Das Konzept kann sowohl von Privatpersonen als auch von Unternehmen oder Gemeinden umgesetzt werden. Der Marktanteil des Carsharings in Österreich an allen Mobilitätsvarianten liegt derzeit mit rund 10.000 Kunden deutlich unter 1% aufgrund des niedrigen Bekanntheitsgrads des Carsharing-Konzeptes in Österreich, sowie den unten angeführten Nachteilen von Carsharing. Derzeit wird es in allen Landeshauptstädten Österreichs angeboten. In ländlichen Regionen ist das Konzept kaum umsetzbar, da für die Kostendeckung bzw. Gewinnerzielung beim Carsharing eine bestimmte Grundauslastung notwendig ist.164 Durch die Nutzung eines gesharten Autos konnten laut einer Evaluationsstudie des Schweizer Bundesamts für Energie BFE im Jahr 2005 290kg CO2 pro Kunde eingespart werden. Insgesamt legten die 63.700 Carsharing-Kunden mit 1.735 Fahrzeugen knapp 32 Millionen Kilometer zurück.165 Überdies kann 1 Carsharing-Auto bis zu 15 normale Autos ersetzen.166 Dadurch werden weniger Parkplätze benötigt. Der gewonnene Platz kann zur Rekonstruierung des natürlichen Lebensraums dienen. Privatpersonen profitieren vor allem von dem geringen Kosten, die in der Nutzung von Charsharing anfallen. Die Auslastung von Carsharing Autos liegt bei 35% am Tag, sprich innerhalb von 24 Stunden, verglichen mit einem normalen Auto mit einem Nutzungsgrad von 4% am Tag pro Person. Herr Fuchs, Geschäftsführer von Zipcar Austria, gibt an, dass Privatpersonen durchschnittlich bis zu € 2.500,-- pro Jahr sparen können, wenn sie ein geshartes Auto benutzen. Entscheidende Nachteile liegen vor allem in der Verfügbarkeit und Dichte der Sharing-Stationen, da die Menschen nicht bereit sind mehr als 300m bis zur nächsten Station zu gehen. In Wien gibt es derzeit nur 50 „on-street“ Standorte. In 19 Wiener Bezirken sind diese „on-street“ Standorte verboten. Jene würden aber von den Konsumentinnen und Konsumenten viel häufiger wahrgenommen werden, als die Standorte in den Parkgaragen und somit das Carsharing an Attraktivität und Bekanntheit gewinnt. 167 3.3.5.2.4 Alternative Kraftstoffe und Antriebskonzepte Alternative Kraftstoffe und Antriebskonzepte bieten eine umweltfreundliche Variante zu herkömmlichen Treibstoffen wie Benzin oder Diesel. Dazu zählen unter anderem Biodiesel, Erdgas und Wasserstoff. Biodiesel entsteht durch die Verarbeitung von Pflanzenölen, Altspeiseölen und Tierfetten. Der Hauptvorteil in der Nutzung von Biodiesel liegt darin, dass das Auto mit einer erneuerbaren Ressource betrieben wird. Zudem wird in der Nutzung weniger Feinstaub produziert als in der Nutzung von Diesel oder Benzin als Kraftstoff.168 Erdgas ist ein aus Methan bestehendes Naturgas.169 Vorteilhaft ist, dass Erdgas pro gefahrenen Kilometer weniger Schadstoffe als Benzin und Diesel ausstößt.170 Allerdings ist Erdgas keine erneuerbare Energiequelle und somit nur begrenzt verfügbar. Wasserstoff ist ein leicht flüchtiges Gas, welches in einer Brennstoffzelle zur Produktion von Strom genutzt wird.171 Als Antrieb wird infolgedessen ein Elektromotor verwendet. Da 164 Vgl. Fuchs, Christof : Interview am 14.11.12 Vgl. Bundesamt für Energie BFE: Evaluation Car-Sharing, 2006 S. 7 166 Vgl. http://www.frost.com/sublib/display-market-insight-top.do?id=190795176 (26.12.12) 167 Vgl. Fuchs, Christof : Interview am 14.11.12 168 Vgl. http://www.dioezese-linz.at/redsys/data/sozialreferat/VCOeFactsheetAlternativeTreibstoffe.pdf (26.12.12) 169 Vgl. Landertshammer, Stephanie: Alternative Treibstoffe. Eine Kosten-Wirksamkeits-Analyse für das Dienstleistungsunternehmen. – Diplomarbeit Universität für Bodenkultur Wien, 2006. S. 38 170 Vgl. http://www.dioezese-linz.at/redsys/data/sozialreferat/VCOeFactsheetAlternativeTreibstoffe.pdf (26.12.12) 171 Vgl. http://www2.ffg.at/verkehr/file.php?id=248, S. 44 (27.12.12) 165 41 Wasserstoff leicht flüchtig ist, wird eine gute Vakuumdämmung benötigt. Diese verursacht jedoch hohe Kosten. Außerdem besteht das Risiko, dass sich nach langen Standzeiten des Autos der Wasserstoff verflüchtigt hat.172 Im Jahr 2011 wurden in Österreich 7,82 Millionen Tonnen Sprit verkauft, davon bestanden nur rund 0,61 Millionen Tonnen aus Biokraftstoffen, sprich Bio-Diesel, Biogas und Bioethanol.173 Verglichen mit dem Jahr 2000 ist die Absatzmenge von Treibstoff um ca. 1,6 Millionen Tonnen gestiegen.174 Diese Bilanz zeigt, dass sich Bio-Kraftstoffe in Österreich trotz der vielen Vorteile derzeit noch nicht durchgesetzt haben. 3.3.5.2.5 Fahrstil Man kann darüber hinaus auch bei Benutzung eines Autos betrieben mit fossilen Brennstoffen die Umwelt schonen. Allein wenn man spritsparend fährt, hat man ein Einsparungspotenzial von 30% an Treibstoff pro Fahrt. Dieser umweltschonende Fahrstil wird auch „Eco-Driving“ genannt. Dies bedeutet aber nicht, dass man langsamer fahren muss, sondern um kleine aber effiziente Veränderungen des eigenen Fahrstils. Diese betreffen z.B. das Achten auf den richtigen Reifendruck, das Schalten bei niedriger Drehzahl des Motors u.Ä.175 Das Abstellen des Motors bei längeren Standzeiten (z.B. Stehen bei roter Ampel, vor einem Bahnübergang) als Maßnahme von Eco-Driving erweist sich vor allem in Ortschaften als besonders effizient um den CO2- Ausstoß zu verringern, da der „Stopp and Go Verkehr“ in der Ortschaft bis zu doppelt so hohe Emissionen verursacht, als bei flüssigem Verkehr mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50km/h verursacht werden würden.176 Zusätzlich profitieren die Fahrerinnen und Fahrer von einer großen Kostenersparnis. Es gibt Modellrechnungen, die zu Spritpreisersparnissen durch Eco-Driving von bis zu €13.500,-gelangen. (Bemessungsgrundlage: Person, die vom 18. Bis zum 70. Lebensjahr mit dem Pkw durchschnittlich 15.000km pro Jahr zurücklegt).177 Durch verpflichtende Kurse im Rahmen des Führerscheinprogrammes kann man das Bewusstsein der Menschen für dieses Konzept zur Schonung der Umwelt fördern.178 172 Vgl. Holler-Bruckner, Doris : Interview am 13.12.12 Vgl. http://umweltinstitut.org/faq/agro-kraftstoffe/grundlagen524.html (30.12.12) 174 Vgl. http://www.vcoe.at/de/presse/aussendungen-archiv/details/items/vcoe-treibstoffverbrauch-verringern-statte10-einfuehren-11092012 (27.12.12) 175 Vgl. http://www.fahren-wie-ein-profi.de/site.aspx?url=/html/sprit-sparen/siebentipps.htm (25.12.12) 176 Vgl. http://www.auto-umwelt.at/ (25.12.12) 177 Vgl. Holler-Bruckner, Doris: Interview am 13.12.12 178 Vgl. Holler-Bruckner, Doris: Interview am 13.12.12 173 42 3.3.6 Regionale und demografische Mobilitätsunterschiede 3.3.6.1 Mobilitätsunterschiede nach Einkommensschicht Abbildung 11: Verkehrsleistung und Verkehrsausgaben in Abhängigkeit vom Einkommen (2009)179 Die Tabelle zeigt, dass die ärmsten 25 Prozent der österreichischen Haushalte fast die Hälfte der Gesamtmenge der zurückgelegten Personenkilometer dieser Einkommensschicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigen. Die reichste Schicht der österreichischen Haushalte hingegen legt lediglich rund ein Viertel aller gefahrenen Personenkilometer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück. Darüber hinaus erhöht sich der Anteil an Pkws pro Haushalt mit steigendem Einkommen. Die reichsten 25 Prozent der Haushalte fahren pro Jahr rund 26,1 Milliarden Kilometer mit dem Pkw, die 25 Prozent der Haushalte mit dem geringsten Einkommen legen im Vergleich dazu lediglich 5,7 Milliarden Kilometer mit dem Pkw zurück.180 Infolgedessen hat das einkommensstärkste Viertel der österreichischen Haushalte rund 80% mehr an Ausgaben für den Pkw. 3.3.6.2 Regionale Mobilitätsunterschiede Darüber hinaus beeinflusst auch das öffentliche Verkehrsnetz den Pkw-Besitz. In ländlichen Gebieten verfügen rund 17% der Haushalte über keinen eigenen Pkw, verglichen mit den Haushalten Wiens. Hier besitzen 41% der Haushalte kein Auto.181 3.3.7 Zukunftstrends Bisher war Mobilität vor allem motorisierte Individualmobilität. Jedoch zeigt eine VCÖ-Studie des Jahres 2012, dass sich große Städte in Österreich bereits in einem Mobilitätswandel befinden. In Wien beispielsweise wurden 2011 bereits rund 70% der Alltagswege mit 179 Vgl. http://www.vcoe.at/de/publikationen/vcoe-factsheets/details/print/true/items/Factsheet200902?file=tl_files/vcoe/uploads/News/VCOe-Factsheets/Factsheets/2009-02VCOeFactsheet%20Soziale%20Aspekte%20von%20Mobilitaet.pdf, S. 2 (26.12.12) 180 Vgl. ebda 181 Vgl. ebda 43 öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Fahrrad und zu Fuß zurückgelegt. Die Mobilität der Zukunft wird ungeplanter, komplexer, aber wesentlich spontaner sein als sie es heute ist.182 3.3.7.1 Intermodale Mobilität Multimodalität bedeutet, dass eine Person verschiedene Verkehrsmittel zur Erreichung unterschiedlicher Ziele nutzt. Das Konzept des intermodalen Verkehrs als Unterform der multimodalen Mobilität zielt darauf ab unterschiedliche Fortbewegungsmittel zur Erreichung eines Ziels zu verwenden. Man versucht hierbei den öffentlichen Verkehr direkt, komfortabel und zeitsparendend mit Fuß- und Radverkehr, sowie Carsharing-Standorten zu verbinden, damit man die Vorteile des jeweiligen Fortbewegungsmittels bestmöglich nutzen kann.183 Das Konzept soll durch die Einführung einer Mobilitätskarte, mit welcher der öffentliche Verkehr, sowie Busse, Bahnen, Carsharing und Leihräder kostengünstiger benutzt werden können184, erleichtert werden. Diese wird ab 2013 in Wien von den Wiener Linien185 angeboten werden. Der nächste Schritt wird eine österreichweite Mobilitätskarte sein, die allerdings noch in der Planungsphase ist.186 3.3.7.1.1 Studie: USEmobility Die Studie „USEmobility“ wurde von den 7 Projektpartnern des EU-Projekt USEmobility im Jahr 2011 durchgeführt. Zu den Projektpartnern zählen Allianz pro Schiene e.V., Quotas und BSL Transportation Consultants aus Deutschland, die European Passengers‘ Federation aus Belgien, Levegő Munkacsoport aus Ungarn, Savez za Železnicu aus Kroatien und der VCÖ aus Österreich. Im Rahmen der Studie wurden Bürgerinnen und Bürger von 6 europäischen Ländern danach befragt, was ihre Verhaltensänderung hin zur Nutzung verschiedener umweltfreundlicher Fortbewegungsmittel in Kombination bewirkt hat. Die Ergebnisse der Befragung in Österreich haben gezeigt, dass bereits 75% der Befragten multimodal unterwegs sind. Darüber hinaus sind 43% der Österreicherinnen und Österreicher zufrieden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Als Hauptgründe für das positive Image des öffentlichen Verkehrs wurden die gute Erreichbarkeit, das große Angebot an Destinationen, sowie der geringe schädliche Einfluss auf die Umwelt genannt. Außerdem gaben 31% der Befragten an, den Individualverkehr aufgrund der geringen Parkmöglichkeiten zu meiden. Zudem spielen auch die Zeit zur Erholung, sowie die anderweitige Beschäftigung, die beim Autofahren nicht möglich ist, eine entscheidende Rolle in Bezug auf die Entscheidung zwischen dem Individualverkehr und dem öffentlichem Verkehr.187 3.3.7.2 Moderne Technologien Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien wie Mobiltelefone oder das Internet können die Nutzung von Verkehrsmitteln erleichtern. Intelligente Verkehrssysteme, kurz IST, informieren über die aktuelle Verkehrsinformation und verhelfen zu einer umweltorientierten und flexiblen Routenwahl mit bestmöglicher Erreichbarkeit der Zieldestination.188 Überdies bieten elektronische Fahrkarten, das sogenannte „eTicketing“, die Möglichkeit, der 182 Vgl. http://www.vcoe.at/de/presse/aussendungen-archiv/details/items/Ausgabe2012-36 (13.03.13) Vgl. VCÖ Verkehrsclub Österreich (Hrsg.): Infrastrukturen für nachhaltige Mobilität, Mobilität mit Zukunft 3/2011, Wien 2011. S. 14 184 Vgl. VCÖ Verkehrsclub Österreich (Hrsg.): Infrastrukturen für nachhaltige Mobilität, Mobilität mit Zukunft 3/2011, Wien 2011. S. 14 185 Vgl. http://diepresse.com/home/panorama/wien/752216/Verkehr_UBahn-und-Parken-aus-einer-Hand (30.12.12) 186 Vgl. Fuchs, Christof: Interview am 14.11.12 187 Vgl. http://usemobility.eu/sites/default/files/resources/usemobility_summary_d3_6_en_vfinal.pdf (28.12.12) 188 Vgl. VCÖ Verkehrsclub Österreich (Hrsg.): Technologien für nachhaltige Mobilität, Mobilität mit Zukunft 3/2012, Wien 2012. S. 17 183 44 Bezahlung der Verkehrsmittel mit einer Karte oder mit dem Mobiltelefon.189 Der elektronische Fahrausweis liefert eine Antwort auf die zuvor erwähnten Herausforderungen im Personenverkehr. eTicketing ersetzt aber nicht nur den traditionellen Fahrschein aus Papier. Er bietet eine Vielzahl an Zusatzfunktionen und kann zudem für alle Verkehrsmittel genutzt werden. Der Vorteil für die Passagiere ist, dass sie flexibel zwischen unterschiedlichen Verkehrsmitteln wechseln können, ohne unnötig Zeit für den Kauf der einzelnen Tickets und die Auswahl des richtigen Tarifs verlieren. Somit fördert eTicketing zum einen die Intermodalität, zum anderen wirkt es dem großen Nachteil des uneinheitlichen Ticketsystems in Österreich entgegen. Ein weiterer Anreiz der elektronischen Fahrkarte ist die bargeldlose Abrechnung, bei der nur die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen verrechnet werden.190 3.3.8 Fazit Nach einiger Recherche hat sich herauskristallisiert, dass es eine weite Bandbreite an Möglichkeiten zur Eindämmung des natürlichen Ressourcenverbrauchs im Bereich Verkehr gibt. Der gewissenhafte Konsument bzw. die gewissenhafte Konsumentin kann hier zwischen traditionellen Verkehrsmitteln wie beispielsweise der S-Bahn auswählen. Darüber hinaus bietet uns der technische Fortschritt die Option, natürliche Ressourcen auch bei Betrieb des Autos zu schonen. Fakt ist jedoch, dass diese Technologien noch nicht weit genug ausgereift sind, um in der breiten Masse Verwendung zu finden. Zudem ist die Bevölkerung aufgrund einer Vielzahl an Mängeln noch nicht für einen kompletten Umstieg auf nachhaltige Verkehrsmittel bereit bzw. hat aufgrund des zu wenig ausgebauten öffentlichen Verkehrs nicht einmal die Möglichkeit zu wählen. Überdies ist nachhaltige bzw. grüne Mobilität ist nur eins von vielen Konzepten im Rahmen des qualitativen Wachstums. Wir haben somit noch einen langen Weg vor uns, bis zur Gänze nachhaltig konsumiert wird. 189 Vgl. http://www.vcoe.at/de/presse/aussendungen-archiv/details/print/true/items/Ausgabe2012-110 (26.12.12) Vgl. http://www.mobility.siemens.com/mobility/global/SiteCollectionDocuments/de/complete-mobility/eticketing-de.pdf, S. 4 (13.03.13) 190 45 4. Verzeichnisse 46 4.1 Literaturverzeichnis 4.1.1 Bücher, Aufsatzsammlungen, Sammelwerke BROCKHAUS ENZYKLOPÄDIE – DEUTSCHES WÖRTERBUCH, 19. Aufl., Bd. 27, Mannheim, 1995 CZECH, Brian; DALY, Herman E.: Die Steady-State-Ökonomie: Was sie ausmacht, was sie mit sich bringt und was sie genau bedeutet. In: Wissenschaft & Umwelt 13 (Hrsg. von Forum Wissenschaft & Umwelt) – Wien: Forum Wissenschaft & Umwelt, 2009 EXNER, Andreas; LAUK, Christian; KULTERER, Konstantin: Die Grenzen des Kapitalismus. Wie wir am Wachstum scheitern – Wien: Überreuter, 2008. LINDNER; HARTIG; U.A.: Arbeitsbuch für VWL. Volkswirtschaft verstehen – Zukunft gestalten. – Wien: Verlag Hölder-Pichler-Tempsky, 2008 MEADOWS, Donella; RANDERS, Jørgen; MEADOWS, Dennis: Grenzen des Wachstums. Das 30-Jahre-Update. Signal zum Kurswechsel – Stuttgart: Hirzel Verlag, 2012 WORLDWATCH INSTITUTE (HRSG.): Nachhaltig zu einem Wohlstand für alle. Rio 2010 und die Architektur einer weltweiten grünen Politik – München: oekonom Verlag, 2012 4.1.2 Studien, Berichte, Reports, Aussendungen BUNDESAMT FÜR ENERGIE BFE: Evaluation Car-Sharing, 2006 BUNDESMINISTERIUM FÜR LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT, UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT: Studie: Radfahren und Einkaufen. Potentiale des Fahrrads für den Einzelhandel in Österreich, Wien 2010 BUNDESMINISTERIUM FÜR LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT, UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT: Erfolgreiche Wege für den Radverkehr. Leitfaden Radverkehrsförderung. Ein Praxis-Leitfaden für Städte, Gemeinden, Schulen, Betriebe, Tourismus und Bauträger, 2012 BUNDESMINISTERIUM FÜR LAND-UND FORSTWIRTSCHAFT: Ressourcennutzung in Österreich, Bericht 2011 BUNDESMINISTERIUM FÜR VERKEHR, INNOVATION UND TECHNOLOGIE: Alternative Treibstoffe und umweltfreundliche Antriebssysteme im öffentlichen Regionalverkehr, 2010 BUNDESMINISTERIUM FÜR VERKEHR, INNOVATION UND TECHNOLOGIE: Radverkehr in Zahlen. Daten, Fakten und Stimmungen, 2010 BUNDESMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT UND ARBEIT: Eignet sich die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zur Messung von wirtschaftlichem Wohlstand? Manuskript für die Wirtschaftspolitischen Blätter, 2009. DENKWERK ZUKUNFT: Das Wohlstandsquintett, 2012 DIE ÖSTERREICHISCHE HAGELVERSICHERUNG: Fachtagung Flächenverbrauch: Täglich verschwinden in Österreich 20 ha Boden, Presseaussendung 13.12.2012 47 FEU FORSCHUNGSSTELLE FÜR EUROPÄISCHES UMWELTRECHT: Rechtliche Instrumente zur Förderung des nachhaltigen Konsums – am Beispiel von Produkten, Bremen 2012 GLOBAL FOOTPRINT NETWORK: The National Footprint Accounts, 2011 edition, 2012 KETTNER, Claudia: Entkoppelung und Dematerialisierung, 2009 LANDERTSHAMMER, Stephanie: Alternative Treibstoffe. Eine Kosten-WirksamkeitsAnalyse für das Dienstleistungsunternehmen. – Diplomarbeit Universität für Bodenkultur Wien, 2006 MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR GESELLSCHAFTSORDNUNG: Wohlstand ohne Wachstum, ein Literaturüberblick 2011 ÖBB-HOLDING AG: Null CO² - Grüner Bahnstrom für umweltbewusstes Zugfahren, Presseaussendung 30.6.2011 ÖSTERREICHISCHES INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG: Messung von Wohlstand und Lebensqualität in ausgewählten Ländern mit dem OECD Better-Life-Index auf Basis der österreichischen Präferenzen, 2012 SIEMENS AG : Integrierte Mobilität mit eTicketing, 2012 UMWELTBUNDESAMT DEUTSCHLAND: Die NaRoMI-Studie (Noise and Risk of Myocardial Infarction), 2004 UMWELTBUNDESAMT ÖSTERREICH: CO2-Monitoring 2011, Zusammenfassung der Daten der Neuzulassungen von Pkw der Republik Österreich gemäß Entscheidung Nr. 1753/2000/EG für das Berichtsjahr 2010 USEMOBILITY: Factors influencing behavioural change towards eco-friendly multimodal mobility, Europe 2011 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH (HRSG.): Infrastrukturen für nachhaltige Mobilität, Mobilität mit Zukunft 3/2011, Wien 2011 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH (HRSG.): Mobilität 2020. Trends – Ziele, Wissenschaft & Verkehr 3/2003, Wien 2003 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH (HRSG.): Soziale Aspekte von Mobilität, Mobilität mit Zukunft 1/2009, Wien 2009 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH (HRSG.): Technologien für nachhaltige Mobilität, Mobilität mit Zukunft 3/2012, Wien 2012 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: Belastung durch extrem schädlichen Feinst-Staub in Österreich viel höher als USA erlaubt! – Presseaussendung 22.02.2013 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: Burgenländer verbrauchen am meisten, Wiener am wenigsten Verkehrsfläche pro Person - 18.06.2012, Presseaussendung Ausgabe 2012-82 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: Gesamtbilanz zeigt die wahren Umweltschäden durch den Verkehr, Factsheet: 2011-02 48 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: http://www.vcoe.at/de/publikationen/vcoemagazin/magazindetails/artikel/items/zahlen-und-fakten-463 (12.01.13) VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: In der Schweiz wird doppelt so viel mit der Bahn gefahren wie in Österreich - 03.11.2011, Presseaussendung Ausgabe 2011-145 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: Österreicher sind die zweitfleißigsten Öffi-Fahrer der EU! - 23.10.2011, Presseaussendung Ausgabe 2011-142 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: Österreicher stellten im Vorjahr neuen Radfahrrekord auf - 14.03.2012, Presseaussendung Ausgabe 2012-46 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: Österreichs Mobilität im Umweltcheck, Factsheet: 2007-11 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: Rekord-Spritpreis – VCÖ-Kritik: Autos verbrauchen zu viel Sprit! - 06.09.2012, Presseaussendung Ausgabe 2012-112 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: Studie: Alternativen zu fossilen Treibstoffen sind wichtiger denn je, Wien 2005 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: Treibstoffverbrauch verringern statt E10 einführen 11.09.2012, Presseaussendung Ausgabe 2012-114 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: Ultra-Feinstaub macht krank, Factsheet: 2013-02 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: VCÖ-Feinstaubbilanz: Bei jeder 2. Messstelle wurde im Jahr 2011 der Jahresgrenzwert überschritten! - 02.01.2012, Presseaussendung Ausgabe 2012-02 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: VCÖ-Studie: Neue Technologien unterstützen effiziente und umweltfreundliche Mobilität abseits des Autos - 31.08.2012, Presseaussendung Ausgabe 2012-110 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: VCÖ-Umfrage: Was Österreicher zum Umstieg auf Öffentlichen Verkehr bewegt, Presseaussendung 13.02.13 VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH: Verkehr trägt massiv zu Rohstoffkrise und Klimaerwärmung bei, Factsheet: 2012-07 WORLD BUSINESS COUNCIL FOR SUSTAINABLE DEVELOPEMENT: Mobility 2030: Meeting the challenges to sustainability, 2004 WWF WORLD WIDE FUND OF NATURE ÖSTERREICH: Living Planet Report 2012, Deutsche Kurzfassung, 2012 ZHAO, David (FROST & SULLIVAN AUTOMOTIVE PRACTICE): Carsharing: A Sustainable and Innovative Personal Transport Solution with Great Potential and Huge Opportunities, 2010 4.1.3 Zeitungen, Zeitschriften AOA: Das BIP soll nicht mehr allein der Maßstab für den Wohlstand sein. In: Oberösterreichische Nachrichten, 14.07.2011. 49 (http://www.nachrichten.at/nachrichten/wirtschaft/Das-BIP-soll-nicht-mehr-allein-derMassstab-fuer-den-Wohlstand-sein;art15,669378) (17.12.2012) AOA: Wohlstandsmessung abseits des BIP. In: medianet.at, 24.10.2012. (http://www.medianet.at/primenews/article/wohlstandsmessung-abseits-des-bip/) (26.12.2012) DRÖSSER, Christoph: Geben macht glücklich! In: Die Zeit online (http://www.zeit.de/2010/39/IG-Hilfe), 23.09.2010 FREY, Bruno: Wohlstand allein macht nicht glücklich. In: www.faz.net (http://www.faz.net/themenarchiv/wirtschaft/wie-wir-reich-wurden/serie-wie-wir-reich-wurden9-wohlstand-allein-macht-nicht-gluecklich-1574720.html), 16.11.2009 GILLERT, Sonja: Der deutsche Wohlstand wächst, USA büßen ein. In: Welt Dialog (www.welt.de), 30.10.201 PRAZAK, Robert: Die arme Seite von Österreich. – In: Format, 19.11.2012. (http://www.format.at/articles/1247/930/346809/die-seite-oesterreich) (13.03.2013) WAHBA, Annabel: Weg mit dem ganzen Palast. Mehr materieller Wohlstand macht nicht glücklicher. In: Die Zeit online (http://www.zeit.de/2011/50/KapitalismusWirtschaftskreislauf/seite-3), 11.12.2011 WISSENSCHAFT & UMWELT 13 (HRSG. VON FORUM WISSENSCHAFT & UMWELT) – Wien: Forum Wissenschaft & Umwelt, 2009 4.1.4 Internetquellen ARBEITERKAMMER WIEN, http://www.arbeiterkammer.at/bilder/d176/Vortrag_Leodolter.pdf (26.12.12) BUNDESAMT FÜR UMWELT BAFU UND FORUM BIODIVERSITÄT SCHWEIZ, http://www.biodiversitaet2010.ch/wissen/definition/ (30.12.12) BUNDESARBEITSKAMMER ÖSTERREICH, http://www.akumwelt.at/4937/4938/4943/5001/ (25.12.12) BUNDESMINISTERIUM FÜR ARBEIT, SOZIALES UND KONSUMENTENSCHUTZ, http://www.konsumentenfragen.at/konsumentenfragen/Mein_Alltag/Themen/Nachhaltiger_Ko nsum/ (19.12.12) BUNDESMINISTERIUM FÜR LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT, http://www.lebensministerium.at/umwelt/luft-laerm-verkehr/co2-monitoringPKWNeu.html (12.01.13) BUNDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG, http://www.bpb.de/veranstaltungen/HHABNT,0,0,Z_B_der_Genuine_Progress_Indicator_(GP I).html (23.12.2012) 50 BUNDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG, http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20189/nullwachstum (20.10.2012) BUNDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG, http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/21170/wohlstand (06.03.2013) BUNDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG, http://www.bpb.de/wissen/ZUKJJM (20.10.2012) BUNDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG: http://www.bpb.de/gesellschaft/staedte/megastaedte/64733/hd (15.12.2012) DER SPIEGEL, http://www.spiegel.de/auto/fahrberichte/bmw-active-hybrid-x6-elektrisierterelefant-a-660398.html (26.12.12) DEUTSCHER VERKEHRSICHERHEITSRAT E.V., http://www.fahren-wie-einprofi.de/site.aspx?url=/html/sprit-sparen/siebentipps.htm (25.12.12) DIE PRESSE, http://diepresse.com/home/panorama/klimawandel/759780/OekologischerFussabdruck_Wer-hat-den-groessten (25.12.12) DIE PRESSE, http://diepresse.com/home/panorama/wien/752216/Verkehr_UBahn-undParken-aus-einer-Hand (30.12.12) DIE WELT, http://www.welt.de/motor/article12368502/Die-neue-Angst-vor-dem-automobilenStillstand.html (26.12.12) ENERGIE-CONTROL AUSTRIA, http://www.econtrol.at/de/konsumenten/strom/strompreis/strompreis-monitor (13.03.13) GLOBAL FOOTPRINT NETWORK, http://www.footprintnetwork.org/de/index.php/gfn/page/glossary/ (25.12.12) HANDELSBLATT GMBH, http://www.handelsblatt.com/auto/test-technik/elektroauto-nissanleaf-tester-unter-strom-/6836902.html (13.03.13) LAND SALZBURG, LANDES-MEDIENZENTRUM, http://www.salzburg.gv.at/themen/nuw/gewaesserschutz/gewaesserschutz_guete/gw/pestizid .htm (26.12.12) OEKONEWS TAGESZEITUNG FÜR ERNEUERBARE ENERGIE UND NACHHALTIGKEIT, http://www.oekonews.at/index.php?mdoc_id=1000294 (26.12.12) OEKOSTROM AG FÜR ENERGIEERZEUGUNG UND –HANDEL, http://www.oekostrom.at/ueber-oekostrom/100-oekostrom/ (30.12.12) ÖVK ÖSTERREICHISCHER VEREIN FÜR KRAFTFAHRZEUGTECHNIK, http://www.autoumwelt.at/ (25.12.12) RECHNUNGSWESEN VERSTEHEN, http://www.rechnungswesenverstehen.de/lexikon/wirtschaftswachstum.php (29.10.2012) 51 STATISTIK AUSTRIA, http://www.statistik.at/web_de/statistiken/volkswirtschaftliche_gesamtrechnungen/bruttoinlan dsprodukt_und_hauptaggregate/jahresdaten/index.html (22.10.2012) STATISTIK AUSTRIA, http://www.statistik.at/web_de/statistiken/wie_gehts_oesterreich/materieller_wohlstand/05/ind ex.html (21.12.2012) UMWELTBUNDESAMT ÖSTERREICH, http://www.umweltbundesamt.at/presse/lastnews/newsarchiv_2005/news051121/ (25.12.12) UMWELTBUNDESAMT ÖSTERREICH, http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/verkehr/auswirkungen_verkehr/verk_schads toffe/ (25.12.12) UMWELTBUNDESAMT ÖSTERREICH, http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/verkehr/auswirkungen_verkehr/verk_schads toffe/ (25.12.12) UMWELTBUNDESAMT ÖSTERREICH, http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/verkehr/auswirkungen_verkehr/zerschneidu ng/ (26.12.12) UMWELTBUNDESAMT ÖSTERREICH, http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/luft/luftschadstoffe/nox/ (25.02.13) UMWELTINSTITUT MÜNCHEN E.V., http://umweltinstitut.org/faq/agrokraftstoffe/grundlagen524.html (30.12.12) VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH, http://www.vcoe.at/de/verkehrspolitik/saubere-luftund-wenig-laerm (25.12.12) VCÖ VERKEHRSCLUB ÖSTERREICH, http://www.vcoe.at/tl_files/vcoe/uploads/VCOe%20unterstuetzen!/Spendenaufruf%20Frei%2 0Atmen.pdf (25.12.12) VIMENTIS – SCHWEIZER POLITIK, http://www.vimentis.ch/d/lexikon/4/Bruttoinlandprodukt.html (17.12.2012) WIKIPEDIA, http://de.wikipedia.org/wiki/Bruttoinlandsprodukt (17.12.2012) WIKIPEDIA, http://de.wikipedia.org/wiki/Wachstumsrücknahme (15.10.2012) WIKIPEDIA, http://de.wikipedia.org/wiki/Wohlstand (10.10.2012) WIRTSCHAFSLEXIKON, http://www.wirtschaftslexikon24.net/d/wohlstand/wohlstand.htm (03.10.2012) WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH, http://wko.at/statistik/eu/europawirtschaftswachstum.pdf (22.10.2012) 52 WIRTSCHAFTSWOCHE, http://www.wiwo.de/erfolg/gallup-umfrage-wo-die-gluecklichstenmenschen-leben/7549872.html?slp=true&p=22&a=false#image (25.12.2012) ZENTRUM FÜR ZUKUNFTSSTUDIEN DER FH SALZBURG, Wohlstand – Was ist das?, 2012 4.1.5 Sonstige Medien OE1 ABENDJOURNAL: Radiosendung „Wie geht’s Österreich?“, 24.10.2012. 4.1.6 ExpertInneninterviews FUCHS, Christof; Geschäftsführer ZIPCAR: Interview am 14.11.2012 bei Zipcar Austria GmbH, 1030 Wien HÖLLER, Christian; Teammitglied des Verkehrsclub Österreich mit dem Zuständigkeitsbereich „Inhaltliche Koordination und Wissensmanagement“: Interview am 06.12.2012 in 1222 Wien HOLLER-BRUCKNER, Doris; Präsidentin des Bundesverbands für nachhaltige Mobilität: Interview am 13.12.2012 in 2282 Marktgrafneusiedl KETTNER, Claudia; Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Wirtschaftsforschungsinstituts Wien: Interview am 28.11.2012 im Wirtschaftsforschungsinstitut, 1030 Wien 53 4.2 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Ist Österreich „wohlhabend“? (2011) ............................................................... 17 Abbildung 2: Wohlstand und Wohlbefinden – Ergebnisse des Legatum-Prosperity-Index (2012) .................................................................................................................................. 18 Abbildung 3: Österreich im Wohlstandsvergleich (2011) ...................................................... 20 Abbildung 4: Unbezahlte Arbeit in Österreich, Zeitverwendungserhebung (2012) ................ 21 Abbildung 5: Better-Life-Index in ausgewählten OECD-Ländern (2012) ............................... 26 Abbildung 6: Better-Life-Index im Vergleich zum BIP (2012) ................................................ 27 Abbildung 7: Modal Split des Personenverkehrs ohne Flugverkehr (2012) .......................... 31 Abbildung 8: Feinststaubemissionen nach Emittenten in österreichischen Städten (2012) .. 32 Abbildung 9: Verkehr als größter Treiber der Erdölabhängigkeit Österreichs (2012) ............ 35 Abbildung 10: Potenzial des Radfahrens – tägliche PKW-Fahrstrecken in Vorarlberg (2008) ............................................................................................................................................ 38 Abbildung 11: Verkehrsleistung und Verkehrsausgaben in Abhängigkeit vom Einkommen (2009) .................................................................................................................................. 43 54 5. Anhang 55 5.1 Projektanträge 5.1.1 Projektantrag von Christine Leberbauer Projektantrag BRM 5 HBA Thema Teammitglieder Projektziel (Forschungsfrage) Kritik am Wachstumsimperativ des Kapitalismus Christine Leberbauer, Magdalena Beran Hat hohes Wirtschaftswachstum immer auch hohen Wohlstand der Bevölkerung zur Folge oder ist Lebensqualität von ganz anderen Faktoren abhängig? Welche Faktoren sind das und welche alternativen Indikatoren zur Wohlstandsmessung gibt es? Teamteil: o Definition von Kapitalismus o Warum strebt jedes Land Wirtschaftswachstum an? o Wodurch zeichnet sich Wohlstand aus? o Wohlstandsgesellschaft o Was ist „Wachstum“? o Was bedeutet qualitatives Wachstum? o Kann man qualitatives Wachstum messen? Wenn ja, woran? o Was ist exponentielles Wachstum? o „Nullwachstum“ – Bedeutung für die Gesellschaft? Auswirkung auf die Arbeitslosenrate? Einzelteil: Ich werde einen kurzen Überblick über das BIP allgemein geben und wie man es messen kann. Anschließend erläutere ich Zusammenhänge zwischen dem BIP und dem Wohlstand und erkläre, warum das BIP eines Landes nicht viel über den Wohlstand der Bevölkerung aussagt. Des Weiteren werde ich alternative Indikatoren zur Messung des Wohlstands erläutern (HDI,...). Projektgrenzen Ich werde mich nicht mit den Theorien und Hypothesen über das Wirtschaftswachstum von Karl Marx beschäftigen. Außerdem werde ich nicht genauer auf die Einkommensverteilung in Bezug auf den Wohlstand eines Landes eingehen und werde die Entstehung von Wirtschafts- und Finanzkrisen ausblenden, um nicht vom eigentlichen Thema abzuschweifen. Eingereicht am 05.10.2012 Genehmigt am von 07.10.2012 MMag. Josef Loibelsberger 56 5.1.2 Projektantrag von Magdalena Beran Projektantrag BRM 5 HBA Thema Teammitglieder Projektziel (Forschungsfrage) Kritik am Wachstumsimperativ des Kapitalismus Christine Leberbauer, Magdalena Beran Inwiefern zerstört rein quantitatives Wirtschaftswachstum die natürlichen Ressourcen der Erde? Was kann das Konsumverhalten der Gesellschaft zur Einschränkung des Ressourcenverbrauchs beitragen? Untersucht am Beispiel des Mobilitätsverhaltens. Teamteil: - Definition von Kapitalismus - Warum strebt jedes Land Wirtschaftswachstum an? - Wodurch zeichnet sich Wohlstand aus? o Wohlstandsgesellschaft - Was ist „Wachstum“? o Was bedeutet qualitatives Wachstum? o Kann man qualitatives Wachstum messen? Wenn ja, woran? o Was ist exponentielles Wachstum? o „Nullwachstum“ – Bedeutung für die Gesellschaft? Auswirkung auf die Arbeitslosenrate? Einzelteil: Im Rahmen meiner Projektarbeit erläutere ich die Auswirkungen von forciertem Wirtschaftswachstum auf die natürlichen Ressourcen der Erde. Des Weiteren werde ich analysieren, welchen Einfluss unser Konsumverhalten auf den Ressourcenverbrauch hat und welchen Beitrag nachhaltiger Konsum zur Einschränkung der Ausbeutung der Ressourcen leisten kann. Ich werde dies anhand des Beispiels „Mobilitätsverhalten“ näher untersuchen. Projektgrenzen Ziel ist es nicht, technisch innovative Lösungen zu finden und die rechtlichen Grundlagen für den Systemwandel zu erheben. Ziel ist es auch nicht, mögliche negative Aspekte von nachhaltigem Konsum zu beleuchten. Andere Formen des nachhaltigen Konsums als die oben angeführten werden nicht vertiefend behandelt. Eingereicht am 05.10.2012 Genehmigt am von 07.10.2012 MMag. Josef Loibelsberger 57 5.2 Projektablaufpläne 5.2.1 Projektablaufplan von Christine Leberbauer 58 59 60 61 62 63 64 5.2.2 Projektablaufplan von Magdalena Beran 65 66 67 68 69 70 71 5.3 Interviewprotokolle 5.3.1 Interviewprotokoll von Christine Leberbauer Interviewpartnerin: Mag. Claudia Kettner Tätigkeitsbereich: Wissenschaftliche Mitarbeiterin WIFO - Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung Austrian Institute of Economic Research Forschungsgebiete: Umwelt, Landwirtschaft und Energie Arbeitsgebiete: Klimawandel, Energie und Nachhaltigkeit Termin: 28.11.2012 Ort: WIFO - Arsenal, Objekt 20, 1030 Wien Kritik am Wachstumsimperativ des Kapitalismus Warum strebt die ganze Welt nach Wirtschafswachstum? Die WKO begründet diesen Satz sehr prägnant: „Weil unser Wohlstand durch wachsende Wirtschaft erst ermöglicht wird.“191 Doch ist stetiges Wirtschaftswachstum wirklich wichtig für den Wohlstand einer Bevölkerung oder ist Lebensqualität von ganz anderen Faktoren abhängig? Mag. Claudia Kettner Sehr geehrte Frau Kettner! Wie Sie bereits wissen lautet meine Forschungsfrage für meine Maturaarbeit: „Hat hohes Wirtschaftswachstum immer auch hohen Wohlstand der Bevölkerung zur Folge oder ist Lebensqualität von ganz anderen Faktoren abhängig? Welche Faktoren sind das und welche alternativen Indikatoren zur Wohlstandsmessung gibt es?“ 1. Doch bevor wir mit dem Fragebogen beginnen, würden mich ihre Tätigkeiten und Aufgabenbereiche am WIFO interessieren. Für welche Gebiete sind Sie denn speziell zuständig und wie sieht ein normaler Arbeitstag für Sie aus? Derzeit bin ich im Bereich Energiepolitik, Klimapolitik und nachhaltiger Entwicklung tätig, was eine sehr abwechslungsreiche Tätigkeit für mich ist. Wie ein normaler Arbeitstag für mich aussieht? Das ist eine sehr schwierige Frage, denn ein Arbeitstag sieht für mich immer anders aus, da ich hier vielseitig eingesetzt bin. Ich erledige Vorbereitungen für Forschungen, bereite Präsentationen vor, ich analysiere Daten und mache zahlreiche 191 http://portal.wko.at/wk/format_detail.wk?angid=1&stid=676158&dstid=9539 (09.11.2012) 72 Literaturrecherchen. Jedoch sieht für Wirtschaftsforschungsinstitut ganz anders aus. mich jeder Tag am Wohlstand der Bevölkerung 2. „Wenn unser Wirtschaftswachstum stagniert, wirkt sich das auf den Arbeitsmarkt aus - und auf unseren Wohlstand.“ (Wirtschaftskammer Österreich (http://portal.wko.at/wk/format_detail.wk?angid=1&stid=676158&dstid=9539)) Was sagen Sie zu diesem Zitat? Würden Sie sagen, dass die Lebensqualität der Österreicher und Österreicherinnen genauso hoch wäre, wenn Österreich ein Steady State wäre oder würde die Lebensqualität sinken? Wenn man diese Tatsache für einen kurzfristigen Zeitraum betrachtet, würde ich diesem Zitat schon zustimmen, da bei plötzlich stagnierender Wirtschaft sicher kurzfristig die Arbeitslosenrate ansteigt und dadurch die Lebensqualität beeinflusst werden kann. Das hat man auch gut bei der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 sehen können, da hier für kurze Zeit die Lebensqualität in einigen Ländern abnahm. Betrachtet man diese Situation jedoch langfristig, denke ich, dass sich die Lebensqualität nach der Zeit wieder verbessern könnte, da man eben auch ohne Wachstum Wohlstand erreichen kann. Es hängt dabei immer von den Rahmenbedingungen ab, der Wohlstand kann durchaus gleichbleiben bzw. steigen bei einer langfristigen Betrachtung. 3. Definition von Wohlstand 3.1. Studie: Wohlstand – Was ist das? Univ.-Prof. Dr. Reinhold Popp hat in seiner Studie 1.000 Österreicher und Österreicherinnen ab 15 Jahren nach dem Begriff „Wohlstand“ befragt und stellte verschiedene Antwortmöglichkeiten zur Verfügung (Mehrfachnennung war möglich!) Dabei kam heraus, dass sich der Wohlstand der Bevölkerung in Österreich durch 3 Hauptfaktoren definiert: „Gesundheit“ (65%), „In Frieden leben“ (59%) und „ein gesichertes Einkommen haben (57%). Wie würden Sie dieses Resultat interpretieren? Grundsätzlich unterscheidet man bei der Definition von Wohlstand zwischen dem immateriellen und dem materiellen Wohlstand. Die OECD hat eine Studie „Your better life index“ durchgeführt um in diesem Bezug den Wohlstand neu zu definieren. Dabei stellte sich heraus, dass für die Österreicher und Österreicherinnen vor allem Gesundheit, Sicherheit, Lebenszufriedenzeit und Einkommen an erster Stelle stehen, also sind die Ergebnisse dieser beiden Studien sehr ähnlich. 73 Die OECD-Studie beinhaltet 11 Teilbereiche mit 24-25 Teilindikatoren wie zum Beispiel Einkommen, Wohnen, Wohlbefinden, die WorklifeBalance und noch zahlreiche weitere Indikatoren. 3.2. Wie zufrieden sind die Österreicher und Österreicherinnen Ihrer Meinung nach wirklich? Und wie zufrieden sind sie im Vergleich zu anderen europäischen Ländern? Das kann ich selbst leider nicht einschätzen, doch laut der „GallupUmfrage“ befindet sich Österreich auf Platz 13 von 30 befragten Ländern, wenn es um die Zufriedenheit im Land geht. Österreich befindet sich also ca. im Mittelfeld der OECD-Länder. Wohlstandsmessung 4. Wohlfahrt vs Wohlstand Nach meinen Informationen bezieht sich der Begriff „Wohlfahrt“ im Gegensatz zum Begriff „Wohlstand“, eher auf die Deckung der Grundbedürfnisse. Doch ab wann hört für Sie die Deckung der Grundbedürfnisse auf und ab wann kann man von Wohlstand innerhalb einer Bevölkerung sprechen? Gehört zum Beispiel der Besitz eines Autos/eines Handys noch zur Deckung der Grundbedürfnisse oder spricht man dabei schon von Wohlstand? Der Begriff Wohlfahrt ist leider sehr schwierig abzugrenzen. Jedoch kann man im Großen und Ganzen sagen, dass mit dem Begriff „Wohlfahrt“ vor allem die materielle Seite abgedeckt wird. Der Begriff „Wohlstand“ beinhaltet vor allem immaterielle Wohlstandsfaktoren. Abgrenzungen kann man dabei schwer treffen, da für jede Bevölkerung die Wohlfahrt woanders aufhört und der Wohlstand woanders beginnt. Leider werden diese beiden Begriffe auch nur sehr unscharf verwendet. 5. 192 in der deutschen Literatur Niko Paech, der Postwachstumsökologe, spricht von einem nötigen Umdenken in der Gesellschaft. Ihm geht es nicht nur darum, anders zu wirtschaften, sondern vor allem darum, anders zu leben. Zum Beispiel weniger Stunden in der Woche zu arbeiten um mehr Freizeit zu haben.192 Würden Sie auch meinen, dass ständig wachsender materieller Wohlstand die Bevölkerung nicht wirklich glücklicher macht, sondern dass in Zeiten steigender „Burn-out“-Rate eher der sogenannte nichtmaterielle Wohlstand zu mehr Zufriedenheit und Gelassenheit in der Bevölkerung führen würde? http://www.zeit.de/2011/50/Kapitalismus-Wirtschaftskreislauf/seite-3 (16.12.2012) 74 Oder denken Sie, dass Reichtum den Österreicherinnen doch noch am wichtigsten ist? Österreichern und Man unterscheidet, wie schon oben erwähnt, primär zwischen dem materiellen und immateriellen Wohlstand. Der immaterielle Wohlstand ist im Großen und Ganzen wichtiger für die Bevölkerung, wie man bei den Ergebnissen der Studie erkennen kann. Nichtsdestotrotz sind beide Arten von Wohlstand sehr wichtig. Man kann insgesamt sagen: wenn in einem Land ein gewisser materieller Standard erreicht ist, gewinnt der immaterielle Wohlstand immer mehr an Bedeutung, da dann die gesamte Bevölkerung einen gewissen Lebensstandard schon aufweist. 6. Das BIP zeigt den Wert aller erwirtschafteten Güter und Dienstleistungen in einem Jahr und in einem Land. Jedoch berücksichtigt es kaum die Lebensqualität in der Bevölkerung, scheint jedoch trotzdem sofort und überall als Wohlstandsindikator auf. Worauf ist das zurückzuführen? Insgesamt kann man sagen, dass im Niedriglohnbereich die Korrelation zwischen dem BIP und der Lebensqualität schon gegeben ist, jedoch kann man auch ohne materiellem Wohlstand zufrieden sein, wie oben bereits erwähnt. Das Bruttoinlandsprodukt ist eine Zahl, die immer und überall weltweit verfügbar ist und womit man immer Vergleiche zwischen verschiedenen Ländern ziehen kann. Das BIP hat als Produktionsindex schon seine Richtigkeit, da es ja die wirtschaftliche Tätigkeit eines Landes anzeigt, jedoch zählt es auf keinen Fall zu den Wohlstandsindikatoren, obwohl es immer als erstes aufscheint. Das BIP basiert auf der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Wenn der Konsum im Inland sinkt und die Exporte steigen kann das BIP trotzdem gleich bleiben. Das BIP konzentriert sich also rein auf die Produktion. 7. Inwiefern würden Sie persönlich das BIP als keinen geeigneten Wohlstandsindikator kritisieren? Die nachfolgende Liste versammelt unterschiedliche Argumente, die gegen das BIP als Wohlstandsindikator vorgebracht werden. Bitte versuchen Sie die einzelnen Argumente nach ihrer Bedeutung zu gewichten und begründen Sie bitte Ihre Zuordnung!193 Hier muss ich sagen, dass ich eigentlich keine Gewichtung vornehmen kann, sondern alle hier genannten Punkte für gleichwichtig empfinde! sehr 193 bedeutend weniger eher http://www.fwu.at/mediashare/zh/o39f9neyhrug6b1172o617dk2w1ct4-org.pdf (20.11.2012) 75 bedeutend bedeutend unbedeutend Das BIP ist ein reiner Produktionsindikator, der keine wohlstandsrelevanten ökologischen oder sozialen Faktoren beinhaltet. Die Schäden der Umwelt spiegeln sich nur dann im BIP, wenn dadurch die laufende Produktion beeinträchtigt wird. Unbezahlte Arbeit (Hausarbeit) ist nicht im BIP enthalten. Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft wird im BIP nicht berücksichtigt. Der Faktor Gesundheit wird im BIP nicht ausreichend erfasst. Das BIP zeigt ausschließlich einen Durchschnittswert für die gesamte Bevölkerung eines Landes, der aber nichts über die Einkommensverteilung sagt. Immaterielle Bedürfnisse werden gar nicht erfasst. Im BIP wird Freizeit ausschließlich als Reduktion der potentiellen Produktionsmöglichkeiten erfasst. Sonstiges 8. 2009 – im Jahre der Finanz- und Wirtschaftskrise gab es einen enormen Einbruch des Wirtschaftswachstums in Österreich von -3,8%. Der Human Development Index blieb jedoch unverändert mit einer steigenden Tendenz. Wieso bleibt also der HDI trotzdem unverändert, obwohl das BIP geschrumpft ist? 76 Grundsätzlich besteht der Human Development Index aus 3 Teilbereichen: Bildung, Gesundheit und dem Pro-Kopf-Einkommen (BIP). Beim Teilbereich Gesundheit wird auch vor allem die Lebenserwartung berücksichtigt und das BIP pro Kopf wird als Einkommensmaß verwendet. Die Bildung beinhaltet die voraussichtliche Dauer der Ausbildung eines Kindes und die tatsächliche Anzahl der Schuljahre. Wenn das BIP also in einem Jahr in einem Land sinkt, müssen der Teilbereich Gesundheit und der Teilbereich Bildung steigen, damit der HDI trotzdem unverändert bleiben kann. 9. Welche alternativen Indikatoren zur Wohlstandsmessung kennen Sie und welche werden vor allem im internationalen Vergleich am häufigsten verwendet? häufig HDI x Index of Sustainable Economic Welfare Genuine Progress Indicator Das europäische Indikatorensystem Das österreichische Nachhaltigkeitsindikatorensystem Sonstige oft kaum beschreibt Wohlstand sehr gut beschreibt Wohlstand kaum x x x x Der Human Development Index ist ein Wohlstandsindikator, der oft für internationale Vergleiche herangezogen wird. Der Index of Sustainable Economic Welfare ist die Basis für den GPI. Der Unterschied zu den Indikatorensystemen ist, dass man diese nur sehr schwer mit anderen Ländern oder mit dem Vorjahr vergleichen kann. Jedoch erhalten Indikatorensysteme eine sehr verdichtete Information einzelner Teilbereiche. Zum Beispiel werden beim österreichischen Nachhaltigkeitsindikatorensystem ganz viele verschiedene Indikatoren berücksichtigt, wie zum Beispiel die Einkommensverteilung und die CO² Emissionen. Daher hat man gute Einblicke, was sich in einem Jahr genau in einem Land getan hat. Jedoch, wie schon oben erwähnt, sind Indikatorensysteme viel schwieriger zu vergleichen. Bei Indikatorensystemen trifft man auf viele verschiedene ausgewertete Zahlen und bei einzelnen Wohlstandsindikatoren sieht man nur einen Vergleichswert. Ein weiterer wichtiger Indikator ist die Genuine Saving Rate von der Weltbank, die die Sparquote, die Bildung und die Umwelteinflüsse berücksichtigt. 77 Ein anderes Nachhaltigkeitsindikatorensystem der UNO berücksichtigt vor allem Faktoren der Entwicklungsländer wie zum Beispiel den Zugang zu sauberem Trinkwasser. Ansonsten ist das Indikatorensystem der UNO vom Aufbau her sehr ähnlich wie das europäische oder das österreichische Indikatorensystem, jedoch ist die Datenverfügbarkeit bei Entwicklungsländern im Allgemeinen schwieriger. 10. Wie Sie wahrscheinlich schon gehört haben, hat Statistik Austria eine neue Art der Wohlstandsmessung mithilfe von 30 Schlüsselindikatoren veröffentlicht. 10.1. Wissen Sie, wo man diese Studie erhalten kann, um genauere Einsicht zu bekommen? Sie können den Datensatz ganz leicht auf der Homepage finden unter www.Statistik-Austria.at gleich auf der Startseite unter dem Punkt: „wie geht’s Österreich“. 10.2. Inwiefern unterscheidet sich diese neue Studie von den anderen Wohlstandsmessungen? Alle Indikatoren gehen Grundausrichtung in die gleiche Richtung, sehr deshalb ist die ähnlich. 11. Österreich befindet sich weit über dem weltweiten Durchschnitt wenn man den HDI betrachtet (HDI 2011: Durchschnitt: 0,682 – Österreich: 0,885)194. Wenn man hierbei alle Entwicklungsländer im weltweiten Durchschnitt betrachtet, ist es selbstverständlich, dass sich Österreich im besseren Bereich bewegt. Zieht man jedoch einen Europavergleich voran, schauen die Ergebnisse sicher anders aus und Österreich würde nicht mehr so gut abschneiden. Welche Faktoren sind Ihrer Meinung nach wichtig für die Zufriedenheit der Österreicher und Österreicherinnen? Für die Österreicher und Österreicherinnen sind vor allem 3 Faktoren wichtig: Bildung, Gesundheit und Einkommen. 11.1. Wie beeinflusst das Sozialsystem in Österreich die Lebensqualität der Bevölkerung? Aus materieller Sicht beeinflusst das Sozialsystem die Lebensqualität der Österreicher und Österreicherinnen sicher positiv, da das Sozialsystem starke Armut verhindert. Jedoch wird immaterieller Wohlstand vom Österreichischen Sozialsystem nicht beeinflusst. 194 http://hdrstats.undp.org/en/countries/profiles/AUT.html (16.12.2012) 78 12. Südkorea weist einen höheren HDI auf als Österreich (Südkorea: 0,897 – Österreich: 0,885). Wenn man jedoch das BIP pro Kopf der beiden Staaten betrachtet, erkennt man, dass Österreich ein höheres BIP pro Kopf besitzt (Südkorea: $ 31.714 – Österreich: $ 41.822)195. Dieses Beispiel zeigt, dass der materielle Wohlstand nicht immer ausschlaggebend für die Lebensqualität eines Landes ist. Aber sind Lebenserwartung und Bildungsgrad in Südkorea tatsächlich so viel höher als in Österreich, dass ein um ein Viertel höheres BIP dadurch kompensiert werden kann? Das kann durchaus möglich sein! Der Human Development Index besteht ja, wie schon oben erwähnt, aus 3 Teilindizes. Wenn Österreich beim Einkommen besser abschneidet als Südkorea, aber bei den anderen Teilbereichen schlechter abschneidet ist dieses Phänomen durchaus rechnerisch möglich und nicht außergewöhnlich. Wirtschaftswachstum 13. In Bezug auf Degrowth-Theorien: Welchen Einfluss auf den Wohlstand der Bevölkerung hätte eine Wirtschaftsschrumpfung aus Ihrer Sicht? Kurzfristig würde sich das Konsumverhalten verändern und es würde Probleme in Bezug auf die Beschäftigungsrate geben. Jedoch hängt das Ausmaß dieser Folgen von den Rahmenbedingungen ab. Es müsste einen Wertewandel in der Bevölkerung geben, damit eine Wirtschaftsschrumpfung langfristig keine negativen Auswirkungen hat. In vielerlei Hinsicht spielt ja der immaterielle Wohlstand eine immer größere Rolle und der Wohlstand könnte somit gleich bleiben. Jedoch gehört ja zu einem wichtigen Faktor des Wohlstands das gesicherte Einkommen, was durch eine sinkende Beschäftigungsrate nicht mehr erfüllt werden könnte. 14. Eine Lösungsmöglichkeit wird vielfach in qualitativem Wirtschaftswachstum gesehen. Wie beurteilen Sie diesen Ansatz? 14.1. Welche Änderungen im Lebensstil wären dabei notwendig? Der Lebensstil der Österreicher und der Österreicherinnen müsste sich deutlich ändern, da dadurch eine Effizienzsteigerung nötig wäre und der Energieverbrauch gesenkt werden müsste. Die Bevölkerung müsste Umdenken und mehr recyceln um nachhaltigere Materialien verwenden zu können und dadurch qualitatives Wirtschaftswachstum zu erzielen. Plastikverpackungen könnten dann zum Beispiel durch Papierverpackungen ersetzt werden und manchmal sollte man überlegen, ob so viele Verpackungen überhaupt notwendig sind. Somit müsste sich das gesamte Konsumverhalten ändern. Die Bevölkerung müsste bewusster konsumieren und nicht wahllos alles kaufen. Diese 195 http://de.wikipedia.org/wiki/Human_Development_Index (18.11.2012) 79 Lebensstiländerung könnte sich auch positiv auf die Gesundheit und auf den Wohlstand auswirken, da dadurch auch weniger Ressourcen verbraucht werden und damit die Emissionen verringert werden. 14.2. Wie würde sich die Lebensqualität bei geringerem Ressourcenverbauch und bei nachhaltiger Produktion verändern? Der Lebensstandard könnte auf jeden Fall gehalten werden. Die Gesundheit der Bevölkerung könnte durch den geringeren Emissionsausstoß auch verbessert werden. Das könnte sich dann rein rechnerisch auf die Lebenserwartung auswirken und dadurch könnte der Human Development Index oder andere Wohlstandsindikatoren steigen. 80 5.3.2 Interviewprotokoll 1 von Magdalena Beran Interview mit: Ort: Termin: Christof Fuchs (Geschäftsführer des Unternehmens „Carsharing“) Zipcar Austria GmbH: Erdbergstraße 189-193, 1030 Wien 14.11.2012, 10:00 – 11:00 Das Thema „nachhaltige Mobilität“ ist zurzeit ein wichtiger Diskussionspunkt in der Gesellschaft und den Medien. Mit Hilfe diverser Kampagnen wie “Do the right mix!”, einer Initiative der EU-Kommission196, will man die Menschen zum Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit bewegen. Christof Fuchs, Geschäftsführer des Unternehmens „CarSharing.at“, berichtet im Interview über Zukunftsperspektiven und Hürden des Carsharing als eine der wichtigsten Initiativen auf dem Weg zu einer umweltfreundlichen Zukunft. Status Quo 1. Inwiefern zerstört die Nutzung von Autos die natürlichen Ressourcen der Erde? Welche umweltbezogenen Schäden konnten aufgrund des Verkehrs in den letzten Jahren verzeichnet werden? Natürliche Ressourcen werden sowohl bei der Produktion, wie auch bei der Nutzung des Autos beansprucht. Bei der Produktion betrifft dies den aus Erdöl gewonnenen Kunststoff, aus welchem Autositze, Armaturen, Stoßstangen und vieles mehr hergestellt wird. Der Kunststoffeinsatz liegt derzeit bei ca. 100kg pro Auto. Den peak oil, also den Punkt ab dem die Förderquoten der Ölfelder abzunehmen beginnen, haben wir übrigens schon überschritten. Des Weiteren wird auch aus Eisen gewonnenes Metall zu großen Teilen in der Autoproduktion verwendet. Im Vergleich zu China setzt man in der Produktion noch eher auf Umweltfreundlichkeit. Aufgrund der Massenproduktion wird in China nicht besonders auf Nachhaltigkeit geachtet. Die Chinesen produzieren ihre eigenen Fahrzeuge aber auch viele europäische Autohändler lagern ihre Produktion aufgrund niedrigerer Produktionskosten nach China aus. Da eine nachhaltige Herstellung mit höheren Kosten verbunden ist, würden die Produktionskosten in China bei einem Umstieg auf umweltfreundliche Produktion natürlich auch steigen. 196 Vgl: http://www.klimaaktiv.at/article/articleview/91487/1/11913 (09.11.12) 81 Ein gutes Drittel des CO² Ausstoßes wird durch den Verkehr verursacht. In Wien gibt es ca. 660.000 PKWs. Der Rest wird zu einem Drittel durch die Industrie und zu einem Drittel durch die Heizung verursacht. In Österreich werden aber auch häufig Wasserkraftwerke zur Deckung des Strombedarfs eingesetzt. 1. Wie hoch ist der Marktanteil von CarSharing an allen Mobilitätsvarianten in Österreich in absoluten Zahlen und %? Der Marktanteil der ÖsterreicherInnen ist minimal, da Carsharing in Österreich erst seit 14 Jahren betrieben wird. Er liegt deutlich unter 1%. Carsharing.at umfasst ca. 10.000 Kunden. Im Übrigen lässt sich feststellen, dass Carsharing in Österreich hauptsächlich von sozial bessergestellten Schichten benutzt wird. Das Paradebeispiel für nachhaltige Mobilität ist die Schweiz. Der Marktanteil der Carsharer in der Schweiz beträgt ca. 3%, da Carsharing hier schon seit 25 Jahren betrieben wird. Dadurch sind sie mit der Produktentwicklung schon viel weiter. Außerdem spielt die ideologische Einstellung der SchweizerInnen eine große Rolle. Sie leben wesentlich kostenbewusster und wissen genau, wie viel sie ihr Auto kostet. Sie benutzen auch sehr oft das Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel, welche in der Schweiz viel besser ausgebaut sind. Es gibt kaum Schweizer, die nicht die Bahn (SBB) benutzen bzw. ein General-Abo oder ein Halbtax-Abo besitzen. Wenn man die Autoreisezüge betrachtet, kann man feststellen, dass 4 von 5 Autos Schweizern gehören. Ein großer Punkt in Bezug auf die nachhaltige Mobilität in der Schweiz sind auch die großen Einschränkungen seitens des Staates. Man kann in der Schweiz maximal eine halbe Stunde in der Kurzparkzone stehen. Im Vergleich zu Österreich mit bis zu 3 Stunden ist das sehr wenig. Dies bedeutet für die Schweizer, dass sie, wenn sie z.B. Einkaufen gehen in der Parkgarage parken müssten, da man in einer halben Stunde nicht viel erledigen kann. Die sind meistens aber voll besetzt und es gibt wenige Parkmöglichkeiten. 2.1 Könnte man die Maßnahmen auch in Österreich durchsetzen? In Österreich gibt es genug Möglichkeiten für Lenkungsmaßnahmen, jedoch sind jene politisch schwer durchsetzbar. Es gab z.B. eine Volksabstimmung zur City Maut in Wien. Natürlich war von Anfang an klar, dass sich die Wiener Bevölkerung gegen eine Einführung aussprechen würde. Es müssten also seitens des Staates striktere Maßnahmen durchgeführt werden ohne Einbeziehung der Bevölkerung. In Wien fahren LKWs und Busse sogar bis knapp „vor den Stephansdom“ (sprich: in die Innenstadt). Generell haben die 82 ÖsterreicherInnen eine ganz andere Einstellung zu den mit dem Besitz und Betrieb eines Autos verbundenen Kosten. In London hingegen kostet allein die City Maut um die £25. Mit Einberechnung der Parkkosten, etc. würde sich ein Ausflug in die Stadt auf £60, daher ca. 75€ belaufen. Infolgedessen überlegen es sich die Londoner gut, ob sie sich so einen Ausflug leisten wollen/können. Man müsste in Österreich die Preise der Kurzparkzonen erhöhen bzw. auch die Parkdauer verkürzen. Auch die verpflichtende City Maut wäre eine sehr gute Lenkungsmaßnahme. Des Weiteren sollten Fahrzeuge, die einen Verbrauch, der höher als 7l/km ist, mehr zahlen. Fahrgemeinschaften, die auch die Busspuren verwenden dürfen, sollten bevorzugt werden und man müsste den öffentlichen Verkehr stärker forcieren. Den Treibstoffpreis zu erhöhen wäre allerdings ungerecht. 2. In welchen österreichischen Regionen wird Carsharing zurzeit angeboten? Carsharing wird generell in allen Landeshauptstädten angeboten. 3. Wie ist das Verhältnis von FahrerInnen in städtischen zu ländlichen Regionen? Grundsätzlich ist Carsharing ein urbanes Thema. In ländlichen Regionen ist es kaum durchsetzbar. Es wurden von unseren Unternehmen bereits mehrere Aktionen im ländlichen Raum wie z.B. Klosterneuburg oder Gmunden gestartet. Wir hatten ein Auto angeboten, dass alle in der Gemeinde nutzen konnten. Dies hat im Endeffekt leider nicht funktioniert, da für die Kostendeckung bzw. Gewinnerzielung beim Carsharing eine bestimmte Grundauslastung notwendig ist. 50% der Kosten sollten von der Gemeinde übernommen werden, der Rest muss durch die Nutzung der BürgerInnen finanziert werden. Die Autos wurden aber zu selten von den BürgerInnen genutzt und seitens der Gemeinde war die notwendige Unterstützung nicht vorhanden. 4. Ist die umweltfreundliche Fortbewegung für BewohnerInnen des ländlichen Raums durch den Mangel an notwendiger Infrastruktur überhaupt möglich? Es ist im ländlichen Raum sehr schwierig sich nachhaltig fortzubewegen. Am Land brauchen die Menschen einfach ein Auto, um von A nach B zu kommen. Die Züge der ÖBB können nicht in jeden kleinen Ort fahren. Zwar wäre dies ein öffentlicher Auftrag an die ÖBB, aber er würde nie umgesetzt werden. Züge können so nämlich nicht kostendeckend und vor allem nicht gewinnbringend fahren. Man sollte dies aber durch Subventionen unterstützen. 83 Auswirkungen 5. Welche positiven ökologischen bzw. verkehrsbezogenen Effekte sind mit Carsharing verbunden? Hierzu möchte ich sie auf einige Studien verweisen, wie z.B. Studien vom Schweizer Verkehr, die Studie von Frost & Sullivan von 2011 oder Studien vom deutschen CarsharingVerband Momo. Mehr als die Hälfte der Leute, die Carsharing nutzen, schaffen sich kein 2. oder 3. Fahrzeug an. Ca. ¼ der Sharer schaffen sich nie ein eigenes Auto an. Darüber hinaus lässt sich sagen, dass ein Carsharing Auto bis zu 15 normale Autos ersetzt. Dadurch werden auch weniger Parkplätze benötigt. Der gewonnene Platz kann zur Rekonstruierung des natürlichen Lebensraums dienen. Des Weiteren wird durch Carsharing der CO² Ausstoß gesamt um 290-300kg pro Jahr pro PKW-Benutzer verringert. Die Auslastung von Carsharing Autos liegt bei 35% am Tag, verglichen sprich innerhalb von 24 Stunden, mit einem normalen Auto mit einem Nutzungsgrad von 4% am Tag pro Person. Privatpersonen sparen sich dadurch durchschnittlich bis zu €2.500,-- pro Jahr, wenn sie ein geshartes Auto benutzen. 6. Welche Bedeutung würden Sie der nachhaltigen Mobilität in Bezug auf das gesamte Spektrum des nachhaltigen Konsums und der Ressourcenschonung zuweisen? sehr wichtig □ wichtig □ weniger wichtig □ unbedeutend Begründung: Wie schon zuvor erwähnt machen die CO² Abgase verursacht durch den Verkehr ein Drittel des gesamten CO² Ausstoßes aus. Darüber hinaus werden die Ressourcen immer weiter verschwinden, was ein weltweites Problem ist. Die Treibstoffpreise steigen und die Erdölvorkommen verringern sich. Jene werden in 25-30 Jahren vermutlich gar nicht mehr vorhanden sein. Es sind Alternativenergien erforderlich! 7. Wo liegt der Vorteil sowohl für die Umwelt als auch für die Gesellschaft gegenüber anderen nachhaltigen Mobilitätsformen (Bahn, Nahverkehr, etc.)? Man kann sagen, dass vor allem kombinierte Mobilität, sprich z.B. Carsharing in Kombination mit öffentlichen Verkehrsmitteln am vorteilhaftesten für Umwelt und Gesellschaft ist. Zurzeit 84 ist eine Mobilitätskarte in Entwicklung um dies zu erleichtern. Diese wird ab 2013 in Wien angeboten werden. Der nächste Schritt wäre dann eine österreichweite Mobilitätskarte. Allerdings gibt es in diesem Zusammenhang noch Probleme mit dem Datenschutz und dem Datenmanagement. 8. Welche Erfolge konnten in den letzten 10 Jahren durch den Einsatz von Carsharing in Österreich erzielt werden in Bezug auf den Ressourcenverbrauch? Die Daten für die letzten 10 Jahre habe ich leider nicht verfügbar. Ich verweise Sie allerdings auf die o.a. geführten Studien (siehe Frage 6). Hürden 9. Was hindert die Nicht-Sharer daran, das Service in Anspruch zu nehmen? Kosten Inflexibilität in Bezug auf Fahrzeiten Lokale Begrenzung der Sharing-Angebote Zustand des Fahrzeuges Sonstiges: Es muss ein persönlicher Umdenkprozess stattfinden. Zurzeit zeigt das Auto für die ÖsterreicherInnen den Status eines Menschen. Wenn man kein eigenes Auto besitzt, wird einem oft nachgesagt, man könne sich keines leisten und man wird schief angeschaut. Darüber hinaus stellen vor allem die Verfügbarkeit und die Dichte der Standorte ein großes Problem da. Der Mensch ist bereit 300m zu gehen, um zu einer Sharing-Station zu gelangen. So weit ist er auch bereit bis zur nächsten U-Bahn Station zu gehen. Weiters ist zu erwähnen, dass wir nur 50 Standorte „On-street“, also außerhalb von Parkgaragen haben. Diese werden von den Menschen natürlich häufiger gesehen. Es ist uns allerdings in 19 Wiener Bezirken, die übrigens alles rote Bezirke sind, nicht erlaubt, unsere Fahrzeuge „Onstreet“ zur Verfügung zu stellen. In Bezug auf den allgemeinen Zustand des Fahrzeuges möchte ich erwähnen, dass wir unsere Fahrzeuge 1 – 2mal pro Woche besuchen. Natürlich ist das Risiko für ein UN sehr 85 hoch, dass die Fahrzeuge nach dem Reinigen wieder verschmutzt werden und bis zur nächsten Reinigung in diesem Zustand bleiben. Dies verärgert natürlich die Kunden. Auch die technische Ausstattung des Autos spielt eine große Rolle. Kein Kunde will mit einem 4-5 Jahre alten Auto mit dementsprechender Ausrüstung fahren. Deswegen achten wir immer darauf, uns dem technischen Fortschritt anzupassen. Initiativen und Zukunftstrends 10. Wie vermitteln Sie der Gesellschaft die Vorteile von Carsharing? Welche regionalen bzw. österreichweiten Initiativen führen Sie durch und was genau wollen Sie damit erreichen? Sehr wichtig sind vor allem das richtige Marketing-Konzept, sprich, wie ich richtig mit dem Kunden kommuniziere, das Pricing, also die Leistbarkeit des Produkts und die Elastizität der Nachfrage, und das Positioning, sprich, wie ich mein Produkt am Markt positioniere. Unsere Marketingabteilung umfasst 2 Mitarbeiter. Wir führen Brand-Marketing, PerformanceMarketing, Direct Marketing (Direktmarketing) und Social Media Marketing durch. Brand-Marketing beschäftigt sich mit der Steigerung der Markenbekanntheit/des Images. Performance-Marketing zielt auf möglichst viele Kundenabschlüsse und Neukunden ab. Dies führen wir durch Street Promotion durch. Junge Studenten, die sich bei uns Geld dazu verdienen wollen, fahren mit Carsharing-Autos durch die Straßen, steigen bei jeder roten Ampel aus und laufen ein paar Male um das Auto herum. Des Weiteren verteilen diese Studenten mit grünen Käppchen auf dem Kopf Flugzettel. In Bezug auf das Direct Marketing hängen wir Flyer an alle (Wohn-)Häuser Wiens, verschicken Direct-Mailings und Postwurfsendungen. Darüber hinaus konzentrieren wir uns auch auf Online-Marketing (sprich Social Media Marketing). Wir sind auf Facebook stark vertreten und haben eine eigene Website. Des Weiteren erscheinen auf einigen Seiten Werbebanner von unserem Unternehmen. Um unsere Bekanntheit zu steigern kooperieren wir auch mit Unternehmen wie z.B. der ÖBB oder Ikea. Wir haben eigens Carsharing-Autos, die für die Anfahrt zu den Ikea-Geschäften genutzt werden können. Bei dem Supermarkt Merkur kann man seine gesammelten Treuepunkte auch im Carsharing einlösen. Wir freuen uns auch sehr darüber, dass wir neuerdings mit T-Mobile zusammen an einer Carsharing App arbeiten. 86 11. Werden Anbieter und Konsumenten des Carsharings vom Staat Österreich in Form von Prämien oder diversen Förderungen unterstützt? Wenn ja, in welcher Weise und wie viel belaufen sie sich? Wenn nein, wurden Förderungen beim Staat bereits angefragt? Grundsätzlich kann man sagen, ja, wir werden durch Förderungen unterstützt. Wir lassen uns z.B. all unsere Marketingmaßnahmen vom Klima- und Energiefond subventionieren. Diese Förderung wird uns allerdings nur gewährt, sofern umweltrelevante Aspekte in den Marketingmaßnahmen enthalten sind. Der eingesparte CO²-Austoß dient dann als Messlatte. Wir starten 4x pro Jahr eine Social Media Marketing Kampagne um 10.000€. 30% davon bekommen wir dann vom Fond zurück. Des Weiteren sind wir in Kooperation mit der Stadt Wien. Für unsere On-Street Parkplätze wird uns für 3 Jahre die Parkgebühr erlassen. Die Wiener Linien und die ÖBB unterstützen uns mit Werbemöglichkeiten für Plakate auf den Bahnhöfen. Darüber hinaus bekommen wir Platz für unsere Anzeigen in ihren Prospekten und Flyern. Unterstützung für Konsumenten gibt es allerdings seitens des Staates nicht. Unser Unternehmen bietet allerdings reduzierte Jahreskarten an. 12. Wie wird sich die Nutzung von Carsharing-Autos in Österreich in Hinblick auf die nächsten 10 Jahre verändern? Würden Sie einen Anstieg oder einen Rückgang in der Benutzung von Carsharing-Autos prognostizieren? Bitte fügen Sie eine Begründung hinzu! Carsharing ist ein absolutes Zukunftsthema und der Anteil der Sharer wird tendenziell steigen. Generell kann man sagen, dass sich in den nächsten Jahren die Art der Mobilität ändern wird. Elektromobilität, welche die Verbrennungsmotoren ablösen wird, ist derzeit stark im Kommen. Allerdings stimmt zurzeit die Kosten-Nutzen-Relation nicht. Große Konzerne wie der VW-Konzern werden umdenken müssen. Zurzeit liegt die Reichweite eines Elektroautos nur bei ca. 100km und es gibt noch zu wenig Ladestellen, aber es wird daran gearbeitet, diese Mängel zu beseitigen. Diese Elektroautos werden wir natürlich als Carsharing-Autos zur Verfügung stellen, was zum optimalen Umweltschutz dienen wird. 13. Welche zusätzlichen Maßnahmen sind notwendig, um den Nutzen und die Popularität von Carsharing bzw. nachhaltiger Mobilität allgemein zu steigern? 87 Die Unterstützung seitens der Stadt kann nie genug sein. Die Politik und Beamtenschaft z.B. sollten Carsharing für Geschäftsreisen nutzen. Dies hätte eine Vorbildwirkung für die gesamte Bevölkerung und wäre eine optimale Werbemaßnahme. Auch die On-streetStandorte und Ladestationen für Elektroautos könnten wesentlich dichter sein. Eine weitere wichtige Maßnahme wird die zuvor erwähnte Mobilitätskarte darstellen. Seitens des Staates sollten Förderungsmaßnahmen forciert werden. Konsumenten bekommen zurzeit vom Staat nur €5.000,--, wenn sie sich ein Elektroauto kaufen. Auch das Elektro-Carsharing wird einen wichtigen Schritt darstellen, da der Nutzen durch den nicht-vorhandenen CO² Ausstoß optimiert wird. Außerdem muss Mobilität viel einfacher werden – am besten durch technische Unterstützung durch das Mobiltelephon. Apps können dazu dienen, Mobilität für die Fahrerinnen und Fahrer im Alltagsleben zu vereinfachen. Nebstdem müssten vor allem die ÖBB und die Wiener Linien ihre Tarifstruktur ändern. Die vielen verschiedenen Möglichkeiten für ein Ticket und auch das System der Außenzonen sind unüberschaubar. 3 Tarife (Jugend, Erwachsenen, Pensionisten) würden vollkommen reichen. Zusätzlich ist zu erwähnen, dass sich ab dem 18. Lebensjahr die Einstellung der Jugendlichen in Bezug auf Mobilität drastisch verändert. Sie steigen von den öffentlichen Verkehrsmitteln aufs Auto um und ändern dies erst ab dem 25. Lebensjahr wieder. Anbieter des öffentlichen Verkehrs sollten sich vor allem auf diese Zielgruppe, sprich 18 – 25 Jährige, zu konzentrieren und sie mit z.B. höheren Tarifreduktionen anzuwerben. 88 5.3.3 Interviewprotokoll 2 von Magdalena Beran Christian Höller (VCÖ: Zuständigkeitsbereich „Inhaltliche Koordination und Wissensmanagement) Wien 06.12.2012 Interview mit: Ort: Termin: Das Thema „nachhaltige Mobilität“ ist zurzeit ein wichtiger Diskussionspunkt in der Gesellschaft und den Medien. Mit Hilfe diverser Kampagnen wie “Do the right mix!”, einer Initiative der EU-Kommission197, will man die Menschen zum Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit bewegen. Christian Höller, Teammitglied des Verkehrsclub Österreich mit dem Zuständigkeitsbereich „Inhaltliche Koordination und Wissensmanagement", berichtet in diesem Interview über Möglichkeiten und Hürden in Bezug auf die Umsetzung von ressourcenschonender Mobilität in der Gesellschaft. Der Verkehrsclub Österreich ist eine Organisation, die sich für eine umweltfreundliche, wirtschaftlich effiziente Mobilität Unternehmenskooperationen, sowie einsetzt. dem Durch Erarbeiten zahlreiche von Projekte Lösungsansätzen und für Verkehrsprobleme der Gegenwart will der VCÖ der Bevölkerung die Möglichkeit bieten, mobil zu sein und gleichzeitig in einer intakten Umwelt zu leben. 1. Was genau hat Sie dazu bewegt, sich für unsere Umwelt im Bereich Mobilität einzusetzen? In vielen Bereichen - etwa Energieverbrauch, Luftschadstoffe, Klimaveränderung - spielen der Verkehr und die in diesem Bereich verbrannten fossilen Brennstoffe eine wesentliche Rolle. Der VCÖ wurde daher gegründet, um dies aufzuzeigen, Bewusstsein dafür zu schaffen und sich für eine ökologisch verträgliche, sozial gerechte und ökonomisch effiziente Mobilität einzusetzen. Ziel des VCÖ ist eine Verkehrspolitik, die allen Menschen unabhängig von Alter, Einkommen und Gesundheit faire Mobilitätschancen ermöglicht und die Belastungen für Mensch und Umwelt durch den Verkehr verringert. Status Quo 2. Wie viel % Österreicher und Österreicherinnen bewältigen ihren täglichen Schul- bzw. Arbeitsweg (mit): Auto 197 _____ Vgl. http://www.klimaaktiv.at/article/articleview/91487/1/11913 (09.11.12) 89 Fahrrad Nahverkehr (Straßenbahn, U-Bahn) Bahn Bus Zu Fuß Sonstiges: _____ _____ _____ _____ _____ _____________________________________________ Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 3. Wie viel % der Österreicher und Österreicherinnen benutzen derzeit Elektro- bzw. Hybridautos? Elektroautos: Hybridautos: _____ _____ Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. Verkehrsmittel – Ihr Beitrag zur Ressourcenschonung unter Beachtung der Kosten 4. Welches Verkehrsmittel bietet die ressourcenschonendste Möglichkeit Mittel- bis Langstrecken zurückzulegen? Welcher Anteil an natürlichen Ressourcen wird eingespart? Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 5. Welche Ressourcen werden im Zuge der Herstellung des herkömmlichen Autos bzw. Elektro- und Hybridautos verbraucht und in welchem Ausmaß? Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 6. Wie hoch ist der Schadstoffausstoß pro km Auto o Konventioneller Verbrennungsmotor o Hybridantrieb o Elektromotor Nahverkehr (Straßenbahn, U-Bahn) Bahn Bus ____ ____ ____ ____ ____ ____ Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 90 7. Gibt es Studien die Aussagen über den durchschnittlichen Rohstoffverbrauch im Betrieb (pro Kopf-Verbrauch bei durchschnittlicher unterschiedlicher Verkehrsmittel liefern? Auto o Konventioneller Verbrennungsmotor ____ o Hybridantrieb ____ o Elektromotor ____ Nahverkehr (Straßenbahn, U-Bahn) ____ Bahn ____ Bus ____ Passagieranzahl) Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 8. Wie hoch sind die durchschnittlichen Kosten/km der u.a. Mobilitätsvarianten? Auto Elektroauto Hybridauto Nahverkehr (Straßenbahn, U-Bahn) Bahn Bus ____ ____ ____ ____ ____ ____ Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 9. Existieren Unterschiede im Bereich Mobilitätsverhalten zwischen ärmeren und reicheren Bevölkerungsschichten? Wenn ja, welche sind das und gibt es Untersuchungen dazu? Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. Auswirkungen 10. Der aus Biomasse hergestellte Biokraftstoff wird derzeit in Österreich als Ersatz für herkömmlichen Diesel verwendet. Welche positiven und Auswirkungen entstehen dadurch für die Nahrungsmittelindustrie? negativen Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 11. Laut einer kalifornischen Studie von Elliott Campbell198, habilitierter Dozent an der University of California in Merced, soll Biomasse nicht zu Erzeugung von Biodiesel genutzt werden, sondern zur Stromgewinnung für den Antrieb von Elektroautos 198 Vgl: http://www.zeit.de/online/2009/20/elektro-auto (22.11.2012) 91 dienen. Welche dieser Nutzungsmöglichkeiten halten Sie für sinnvoller in Bezug auf die Umweltfreundlichkeit und die Effizienz und warum? Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 12. Was hoch ist ein nachhaltiger Level, auf den der Ressourcenverbrauch (österreichweit und weltweit) sinken soll? Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 13. Welche Möglichkeiten gibt es auch bei Benutzung eines „normalen“ Autos die Umwelt zu schonen? Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 14. Welche Erfolge konnten in Bezug auf Ressourcenschonung in den letzten 10 Jahren durch den Einsatz von Personenverkehr verzeichnet werden? alternativen Antriebsmöglichkeiten im Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 15. Welche Bedeutung würden sie der nachhaltigen Mobilität in Bezug auf das gesamte Spektrum des nachhaltigen Konsums und der Ressourcenschonung zuweisen? □ sehr wichtig □ wichtig □ weniger wichtig □ unbedeutend Begründung: __________________________________________________________________ __________________________________________________________________ __________________________________________________________________ Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. Hürden 16. Wo liegen die Nachteile bezüglich der Nutzung von Fahrrädern Nahverkehr Bahn Bus Elektroautos Hybridautos 92 Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 17. In welchen Bereichen, z.B. Kauf, Nutzung, Wartung, liegen die Kostenunterschiede zwischen Elektroautos, Hybridautos und normalen Autos? Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 18. Wie wird sich der Ölpreis Ihrer Meinung nach aufgrund des derzeitigen Trends zur Elektro- bzw. Hybridautos verändern? Der Treibstoffpreis wird vermutlich auf dem derzeitigen hohen Niveau bleiben. Nicht nur ein Trend zu Elektro- und Hybrid-Auto (der mengenmäßig noch nicht sehr groß ist), sondern auch verbrauchsärmere Fahrzeuge werden dazu beitragen, dass der Treibstoffverbrauch eher stagnieren wird. 19. Welche Interessensgruppen in Österreich propagieren bewusst oder unbewusst das Autofahren (z.B. ÖAMTC) und inwiefern beeinflussen Konsumverhalten der Bevölkerung im Bereich Mobilität? jene das Es sind weniger die Interessensgruppen, die propagieren, als vielmehr die geschaffenen Rahmenbedingungen, die das Auto bevorzugen und damit fördern: z.B. Pendlerpauschale, die Autonutzung fördert, Stellplatzverpflichtung beim Wohnungsneubau unabhängig vom Autobesitz etc. Initiativen und Zukunftstrends 20. Wie wird sich die Situation im Hinblick auf die nächsten 10 Jahre verändern? Würden Sie einen Anstieg oder einen Rückgang in der Benutzung von Elektrobzw. Hybridautos prognostizieren? Bitte eine Begründung hinzufügen! Das ist eher eine Frage der Kosten. Solange diese deutlich teurer sind als „normale“ Autos, werden es sich nur Wohlhabende leisten. Ein starker Anstieg der verkauften Fahrzeuge ist daher momentan nicht absehbar, anders als bei Elektro-Fahrrädern. 21. Mit Herbst dieses Jahres wurden die davor mit Flüssiggas betriebenen Busse der Wiener Linien durch Elektrobusse ersetzt.199 Wo sehen Sie die Vorteile in Bezug auf die Umweltfreundlichkeit und Effizienz gegenüber der Nutzung von Flüssiggas als Treibstoff? Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 199 Vgl. http://www.wienerlinien.at/eportal/ep/contentView.do/pageTypeId/9320/programId/9419/contentTypeId/1001/chan nelId/-26075/contentId/29823 (24.11.12) 93 22. Was würden Sie Leuten, die im ländlichen Raum wohnen, in Bezug auf nachhaltige Mobilität empfehlen? Sehen Sie in diesem Bereich trotz eines Mangels an Infrastruktur Alternativen zum fossilen Auto? Der VCÖ gibt Einzelpersonen keine Ratschläge, sondern wirkt auf die Veränderungen der Rahmenbedingungen hin. Das bedeutet für den ländlichen Raum z.B. eine Veränderung der Raumordnung (z.B. Siedlungsentwicklung entlang von leistungsfähigen Bahnlinien) oder eine Änderung der Pendlerpauschale; oder Maßnahmen, die den Einzugsbereich von Bahnhöfen erhöhen und die Leute animieren, bereits in der Region beim nächsten Bahnhof auf die Bahn umzusteigen und nicht den ganzen Weg in die Stadt per Auto zu fahren - dazu braucht es auch eine Steigerung der Attraktivität des Öffentlichen Verkehrs. 23. Glauben Sie, dass die Menschheit komplett auf die Nutzung des Autos verzichten könnte? Bitte fügen Sie eine Begründung hinzu! Es geht nicht darum, auf die Autonutzung gänzlich zu verzichten, sondern etwa durch Kostenwahrheit (Anrechnung der gesamten verursachten Kosten) und Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel dazu beizutragen, dass echte Wahlfreiheit geschaffen wird (bei der Verkehrsmittelwahl). 24. Reichen die aktuellen Initiativen im Bereich nachhaltiger Mobilität für ein Umdenken hinsichtlich der Nutzung ressourcenschonender Verkehrsmittel? Nein, das steckt vielfach noch in den Anfängen. 25. Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach Zusammenhang mit nachhaltiger Mobilität? intelligente Technologien im Die intelligenten Technologien können in manchen Bereichen den Zugang erleichtern (z.B. ein elektronische Fahrplan zum Öffentlichen Verkehr, oder E-Fahrräder, die Reichweite des Fahrrades erhöhen und Fahrräder für andere Personengruppen zugänglich machen). Die Technologie alleine wird aber nicht die Probleme des Verkehrs lösen. 26. Welche positiven und negativen Effekte werden mit dem Wasserstoffmotor als alternatives Antriebskonzept erzielt und wie schätzen Sie das Potenzial des Wasserstoffmotors als umweltfreundlicher Autoantrieb der Zukunft ein? Herr Höller konnte diese Frage nicht beantworten. 94 5.3.4 Interviewprotokoll 3 von Magdalena Beran Interview mit: Doris Holler-Bruckner (Präsidentin Bundesverband f. nachhaltige Mobilität, Mitglied im Vorstand des Umweltdachverbandes, sowie Chefredakteurin der oekonews-Tageszeitung) 2282 Markgrafneusiedl 13.12.2012, 16:30 – 17:30 Ort: Termin: Das Thema „nachhaltige Mobilität“ ist zurzeit ein wichtiger Diskussionspunkt in der Gesellschaft und den Medien. Mit Hilfe diverser Kampagnen wie “Do the right mix!”, eine Initiative der EU-Kommission200, will man die Menschen zum Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit bewegen. Doris Holler-Bruckner, Chefredakteurin der oekonews- Tageszeitung für erneuerbare Energie und Nachhaltigkeit, berichtet in diesem Interview über Möglichkeiten und Hürden in Bezug auf die Umsetzung von ressourcenschonender Mobilität in der Gesellschaft. In Ihrer Rolle als Chefredakteurin der oekonews-Tageszeitung sind Sie täglich mit aktuellen Umweltthemen wie erneuerbare Energien, Nachhaltigkeit oder umweltfreundliche Mobilität beschäftigt. Ihrem auf der oekonews-Homepage publizierten Lebenslauf konnte ich entnehmen, dass Sie bereits während Ihres Studiums der Betriebswirtschaftslehre an diversen Umweltprojekten mitgearbeitet haben und derzeit neben ihrer Rolle als Chefredakteurin als Präsidentin des Bundesverbands für nachhaltige Mobilität, sowie als Mitglied im Vorstand des Umweltdachverbandes tätig sind. 27. Was genau hat Sie dazu bewegt, sich für unsere Umwelt einzusetzen? Mein Engagement für die Umwelt hängt damit zusammen, dass ich vor mehr als 25 Jahren bei der AU-Besetzung dabei war. Diese diente der Verhinderung eines Kraftwerkes und hat mich dazu bewegt zu sehen, wie wertvoll die Natur ist und dass menschliches Engagement etwas verändern kann. Ich habe mich schon mit 17 Jahren für die Umwelt, speziell für den Verkehr, interessiert, z.B. wie es darum ging, die Veränderung einer geplanten Trasse durch eine Unterschriftenaktion zu erreichen. Status Quo 28. Wie viel % Österreicher und Österreicherinnen bewältigen ihren täglichen Schul- bzw. Arbeitsweg (mit): 200 Vgl. http://www.klimaaktiv.at/article/articleview/91487/1/11913 (09.11.12) 95 Auto Fahrrad Nahverkehr (Straßenbahn, U-Bahn) Bahn Bus Zu Fuß 38,6% _____ _____ _____ mindestens 250m zu Fuß gehen, 59% „täglich“, 20,5% „mehrmals pro Woche“ Bei den öffentlichen Verkehrsmitteln (Nahverkehr, Bahn, Bus) gibt es keine Unterscheidung der verschiedenen Verkehrsmittel. 16,9% der Österreicher und Österreicherinnen fahren täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln. In dicht besiedelten Gebieten fahren deutlich mehr Personen mit öffentlichen Verkehrsmitteln (32,0% „täglich“, 20,0% „mehrmals pro Woche“) als in niedrig besiedelten Gebieten (6,7% „täglich“, 5,1% „mehrmals pro Woche“). Im Gegenzug dazu ist die Autobenützung in niedrig besiedelten Gebieten (45,3% „tägliche“ Fahrten, 33,2% „mehrmals pro Woche“) deutlich höher als in Ballungsgebieten (27,1% „täglich“, 28,5% „mehrmals pro Woche“). In Gebieten mittlerer Bevölkerungsdichte zeigt sich ein ähnliches Verhalten wie in den Gebieten mit niedriger Bevölkerungsdichte. Auf Ebene der Bundesländer lässt sich der Zusammenhang zwischen Urbanisierungsgrad, Infrastruktur und Modal Split ebenfalls ablesen. Wien als das Bundesland mit einer durchgehend hohen Bevölkerungsdichte sticht deutlich hervor: 41,8% aller Bewohner Wiens fahren „täglich“ mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, 23,4% „mehrmals die Woche“. Dafür fällt die Nutzung des Autos in diesem Bundesland stark unterdurchschnittlich aus. Auch Städte wie Graz, Linz und Innsbruck zeigen den Trend einer stärkeren Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel auf. Eine unterdurchschnittliche Nutzung des Autos ist jedoch nicht unbedingt zu erkennen. Am seltensten werden die öffentlichen Verkehrsmittel in Kärnten genutzt (7,1% „täglich“, 5,9% „mehrmals die Woche“), gefolgt vom Burgenland (8,7% „täglich“, 6,5% „mehrmals die Woche“). Das Burgenland ist dafür das Bundesland mit der häufigsten Autoverwendung für tägliche Wege (48,0% „täglich“, 34,0% „mehrmals die Woche“). De Untersuchung der generellen Mobilität zeigt, dass Männer und Frauen zwar unterschiedliche Verkehrsmittel nutzen, aber insgesamt ein ähnliches Mobilitätsverhalten zeigen. Mit zunehmendem Alter der befragten Personen nimmt die Mobilität generell ab, mit höherer Schulbildung steigt sie dagegen an. Erwerbstätige sind deutlich mobiler als NichtErwerbstätige. Die Haushaltsgröße und die Mobilität stehen ebenfalls in Beziehung: kleinere Haushalte sind tendenziell weniger mobil. Personen bis unter 20 Jahren fahren am 96 häufigsten von allen Altersgruppen mit öffentlichen Verkehrsmitteln (53,6% „täglich“, 14,8% „mehrmals pro Woche“). 29. Wie viel % der Österreicher und Österreicherinnen benutzen derzeit Elektro- bzw. Hybridautos? Elektroautos: Hybridautos: in absoluten Zahlen: 1357 (unter 1%) in absoluten Zahlen: 7852 (0,2%) Dies betrifft aber alle Formen von Hybridautos, nicht nur PLUG-IN-HYBRID. (Plug-INHYBRID kann man an der Steckdose anstecken) Insgesamt gibt es in Österreich bereits 6500 Elektro-Fahrzeuge. Die Österreichische Post AG hat derzeit 265 E-Fahrzeuge im Einsatz, bis zum Jahr 2015 soll die Zahl der EFahrzeuge der Post auf 1.000 steigen. Verkehrsmittel – Ihr Beitrag zur Ressourcenschonung unter Beachtung der Kosten 30. Welches Verkehrsmittel bietet die ressourcenschonendste Möglichkeit Mittel- bis Langstrecken zurückzulegen? Welcher Anteil an natürlichen Ressourcen wird eingespart? Das ressourcenschonendste Mittel ist sicher der öffentliche Verkehr, speziell in Österreich die Bahn, weil wir hier einen sehr hohen Anteil an erneuerbaren Energien haben. Die genaue Zahl weiß ich leider nicht auswendig, die muss ich nachschauen. 31. Welche Ressourcen werden im Zuge der Herstellung des herkömmlichen Autos bzw. Elektro- und Hybridautos verbraucht und in welchem Ausmaß? In der Produktion besteht kein Unterschied in der Ressourcennutzung. Man hört zwar immer, dass die Batterien von Elektroautos mehr Ressourcen verbrauchen, aber aktuelle Schweizer Daten belegen, dass man schon nach den ersten 1000km die Differenz der Herstellungskosten kompensiert hat. Die Einsparung an natürlichen Ressourcen rentiert sich mehr in der Nutzung, da werden beim herkömmlichen Auto im Vergleich zu Elektro- bzw. Hybridautos mehr verbraucht. Die Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man, wie man es in Österreich auch macht, mit 100% erneuerbarer Energie fährt. Wir haben in Österreich ungefähr 10 Projekte, die gefördert werden, bei denen das gewährleistet ist. Die Projekte sind unter anderem ein Projekt vom Klima- und Energiefonds, diverse Flottenprojekte, darunter das Wiener Projekt, das Niederösterreichische Projekt, das 97 Salzburger Projekt, das Kärntner Projekt und eines von der Post. Die Post hat im Großraum Wien-Niederösterreich sowohl 15-17 Elektroautos, als auch über 100 Elektromopeds und Elektrofahrräder im Einsatz. Die werden aber bis 2013 noch aufgestockt. Das ist der Test für einen größeren Einsatz. Zusätzlich fördert das Lebensministerium einzelne Elektro- bzw. Hybridautos von Firmen. Es muss hier aber die CO2-Bilanz aufgezeichnet werden, damit gewährleistet wird, dass dadurch ein anderes Fahrzeug ersetzt wird. Wenn sie Ökostrom verwenden bekommen sie 5.000€, wenn nicht bekommen sie zumindest 3.500€ an Förderung. Bei uns im Verband (Bundesverband nachhaltige Mobilität) haben wir übrigens ungefähr 450 Fahrer und davon fahren 98,5% wirklich mit erneuerbarer Energie. Entweder sie haben zu Hause eine Photovoltaikanlage oder sie sind Ökostrombezieher. Für Privatbenutzer gibt es überdies die Möglichkeit, den Ökostrom aus der ganz normalen Steckdose im Haus zu beziehen. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass dies nur bei „StromTankstellen“ möglich ist. In Österreich gibt es 3 Verzeichnisse, in denen alle Personen, die eine Ladestation in ihrer eigenen Garage für Externe anbieten, aufgelistet sind. Dieses Service spricht vor allem Personen an, die weitere Strecken bewältigen müssen. Darüber hinaus existieren 2 weitere Verzeichnisse, in denen alle Ladestationen verzeichnet sind. Eines davon ist grenzüberschreitend und wird vor allem von den VorarlbergerInnen genutzt. Außerdem gibt es ein Deutsch-Schweizer-Österreichisches Projekt, in dessen Rahmen alle Ladestationen erfasst wurden. Die Ergebnisse wurden in eine Smartphone-App integriert, mit der Hilfe derer man die Aufladestationen in der Nähe ausfindig machen kann. 32. Wie hoch ist der Schadstoffausstoß pro km Auto o Konventioneller Verbrennungsmotor o Hybridantrieb o Elektromotor Nahverkehr (Straßenbahn, U-Bahn) Bahn Bus Ø CO2-Emissionen: 167g/km Neue PKW in Ö 2011: 138,7g/km 108,2g/km 0g/km hängt stark vom Strom-MIX ab 16g/km 30g/km Bei Elektrofahrzeugen hängt der Ausstoß vor allem vom Stromverbrauch ab. Heutige Elektrofahrzeuge verbrauchen zwischen 10 und 20 kWh pro 100 Kilometer. Auf der anderen Seite spielt das jeweilige Kraftwerk, das den Strom erzeugt, eine entscheidende Rolle. Wenn man nun ein Fahrzeug mit 15 kWh Stromverbrauch so wird der EU Grenzwert von derzeit (neuer Wert) 130 Gramm bereits mit Steinkohlestrom unterschritten. Mit Wärme-KraftKopplungs-Strom aus Erdgaskraftwerken in Deutschland kann das gleiche Fahrzeug sogar 98 mit lediglich 40 Gramm CO2 je Kilometer fahren, mit Photovoltaikstrom mit 0 g/km. Bei einem durchschnittlichen Strom-MIX in Österreich bei Elektro-PKW ist der Ausstoß etwa 40g CO2/km. 33. Gibt es Studien die Aussagen über den durchschnittlichen Rohstoffverbrauch im Betrieb (pro Kopf-Verbrauch bei unterschiedlicher Verkehrsmittel liefern? durchschnittlicher Passagieranzahl) Ja, eine Publikation vom VCÖ in der Schriftenreihe „Mobilität mit Zukunft“. 34. Wie hoch sind die durchschnittlichen Kosten/km der u.a. Mobilitätsvarianten? Auto Elektroauto Hybridauto Nahverkehr (Straßenbahn, U-Bahn) Bahn Bus ____ ____ ____ ____ ____ ____ Das ist eine schwierige Frage. Es kommt darauf an, welches Auto man fährt, wie viele Personen befördert werden u.Ä. Die ÖBB bietet dazu einen Fahrtkostenrechner auf ihrer Homepage an. Im Schnitt ist öffentlicher Verkehr um rund 30% billiger als das Fahren mit dem herkömmlichen Auto. Die Kosten pro 100 km Elektroauto liegen z.B. beim TESLA (Elektro-Sportwagen) bei weniger als der Hälfte im Vergleich zu einem konventionellen Dieselfahrzeug mit 5,5 Liter durchschnittlichem Dieselverbrauch. Hier belaufen sich die Kosten auf anstatt 5,5 Liter x € 1,4 = € 7,7 nur 18 kWh x € 0,20 = € 3,60. Es gibt aber auch Elektroautos, die weniger oder mehr verbrauchen. 35. Existieren Unterschiede im Bereich Mobilitätsverhalten zwischen ärmeren und reicheren Bevölkerungsschichten? Wenn ja, welche sind das und gibt es Untersuchungen dazu? Der VCÖ hat hierzu eine Studie herausgegeben, die besagt, dass, desto weniger Einkommen der Haushalt hat, desto mehr öffentlich gefahren wird. Das Auto ist in der Anschaffung eindeutig teurer. Leider gibt es steuerliche Begünstigungen nur bei Autos und nicht bei öffentlichen Verkehrsmitteln. Es wird zwar bald das Öffi-Ticket eingeführt, welches vom Arbeitgeber/in über Firmen bezahlt werden kann. Allerdings gibt es noch immer keine Trendwende hin zur steuerlichen Begünstigung von ressourcenschonenden Verkehrsmitteln. Auswirkungen 99 36. Der aus Biomasse hergestellte Biokraftstoff wird derzeit in Österreich als Ersatz für den herkömmlichen Diesel verwendet. Welche ethischen Auswirkungen entstehen dadurch für die Nahrungsmittelindustrie? Also ich persönlich sehe da überhaupt kein Problem, weil wir gerade in Österreich nicht unbedingt Material verwenden, das man auch als Nahrungsmittel verwendet. Es steht daher in keiner Konkurrenz. Ich finde es komisch, dass man bei dem Biokraftstoff immer über dieses Thema spricht, aber keiner über den Anteil der Personen, die ich mit Öl gefährde, nachfragt. Auch über den langen Weg der Öl-Förderung wird nicht gesprochen. Darüber hinaus werden so viele Nahrungsmittel einfach weggeschmissen, die man weitaus sinnvoller verwenden könnte. Das Problem existiert eigentlich nur in Ländern, in denen Nahrungsmittelknappheit herrscht. Man kann auch sagen, dass kein negativer Einfluss auf die Lebensmittelpreise durch die Verwendung von BIO-Kraftstoffen entsteht. Diese entstehen nämlich durch reine Spekulation an den Börsen. In Österreich wird ein relativ großer Anteil des Biokraftstoffs selbst erzeugt. Außerdem verwendet man Altöl. Der REWE-Konzern z.B. sammelt derzeit Altöl von McDonalds ein, um BIO-Kraftstoff zu erzeugen. Im BIO-Kraftstoff Sektor ist generell noch ein Quantensprung möglich. Eine Studie von einem Britischen Institut, die von einem Schweizer Institut kontrolliert wurde, hat gezeigt, dass, wenn man nicht nur ein Bakterium zum Abbau von Material zu BIO-Kraftstoff verwendet, man 7x mehr Kraftstoff herausbekommen kann als jetzt. In diesem Bereich ist technisch und forschungsmäßig noch sehr viel möglich. 37. Laut einer kalifornischen Studie von Elliott Campbell201, habilitierter Dozent an der University of California in Merced, soll Biomasse nicht zu Erzeugung von Biodiesel genutzt werden, sondern zur Stromgewinnung für den Antrieb von Elektroautos dienen. Welche dieser Nutzungsmöglichkeiten halten Sie für sinnvoller in Bezug auf die Umweltfreundlichkeit und die Effizienz und warum? Nein, das halte ich für nicht wirklich sinnvoll. Wenn man bereits hergestellte Biomasse und Biogas besitzt, sollte man die Stoffe verwenden und nicht versuchen, das BIO-Gas ins Erdgas einzuspeisen oder Wasserstoff ins Erdgas einzuspeisen. Es gibt sehr wohl Tendenzen in diese Richtung. Dazu existiert ein aktuelles Projekt von Audi in Deutschland. Audi garantiert für alle Gasautos die sie in Zukunft erzeugen, dass die Firma das Autogas in das Netz einspeist, von welchem das Gas jeweils durch die Nutzung des Autos verwendet wird. Hierfür wird aber in sehr großzügigem (verschwenderischem) Ausmaß Wind- und Sonnenstrom aus Deutschland umgewandelt und dann in das Gasnetz eingespeist. 201 Vgl. http://www.zeit.de/online/2009/20/elektro-auto (22.11.2012) 100 Allerdings hat mit Strom fahren den Vorteil, dass man lokal keine Emissionen hat. In größeren Städten oder Städtekonglomeraten ist es auf jeden Fall sinnvoll und wird auch sehr schnell angenommen, wie man beispielsweise in China momentan am Zweiradsektor sehen kann. Es lässt sich feststellen, dass, in dem Moment, wo die Emissionswerte besonders schlecht sind oder sich die Feinstaubbelastung zunehmend verschlechtert, die Leute beginnen auf nachhaltige Mobilität umzusteigen. Die chinesische Regierung verbietet in manchen Städten derzeit das Fahren mit herkömmlichen Mopeds. Dadurch ist die Bevölkerung gezwungen auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umzusteigen. In diesem Kontext werden Elektroautos von der Bevölkerung bevorzugt, da diese ein bequemeres und schnelleres Mittel zur Fortbewegung als das „zu Fuß gehen“ sind. 38. Wie hoch ist ein nachhaltiger Level, auf den der Ressourcenverbrauch (österreichweit und weltweit) sinken soll? Von der EU gibt es eine neue Vorgabe: Statt 2020 -20% Rückgang des Ressourcenverbrauchs fordern sie jetzt -30% Rückgang. Das ist technisch auf jeden Fall umsetzbar und bietet auch wirtschaftliche Vorteile, denn durch Förderung regionaler erneuerbarer Energien werden regionale Arbeitsplätze geschaffen. 39. Welche Möglichkeiten zur Schonung der natürlichen Ressourcen bei Betrieb eines fossilen Autos existieren derzeit? Es gibt ein Einsparungspotenzial von rund 30% an Treibstoff pro Fahrt allein wenn man spritsparend fährt, sprich Eco-Driving. Das heißt aber nicht, dass man dann langsamer fährt. Spritsparendes Fahren ist damit ein wichtiger Beitrag für den Klimaschutz und schont die Geldbörse. Eine Person, die vom 18. bis zum 70. Lebensjahr mit dem Pkw durchschnittlich 15.000 Kilometer pro Jahr zurücklegt, kann sich bei heutigen Spritpreisen ca. €13.500,-durch Eco-Driving ersparen. Das Problem ist allerdings, dass die Leute das oft gar nicht wissen. In Österreich wäre das spritfahrend-Fahren sehr leicht umsetzbar. Gerade in Firmenbereich geht das schnell. Man muss nur alle Fahrer schulen und hat die Kosten der Schulung nach einem halben Jahr wieder drinnen. Es ist alles eine reine Bewusstseinsgeschichte. Man sollte auch vermehrt verpflichtende Kurse an Fahrschulen anbieten bzw. das im Rahmen des Führerscheins verpflichtend machen. Man könnte z.B. bei den Perfektionsfahrten den Fahrschülern zeigen, wie man umweltschonend fährt. Für die Fahrschulen würde dies keinen zusätzlichen Aufwand darstellen. Über dieses Thema wird sehr wenig gesprochen, obwohl es weit weniger Betriebskosten verursacht. Viele Autofahrerklubs berücksichtigen das oft gar nicht. In der Fahrschule Groß Enzersdorf oder 101 bei den Easy Drivers wird das z.B. angeboten. Die Einsparungen durch Eco-Driving entsprechen nach einigen Jahren einem nicht unbedeutenden Teil der Anschaffungskosten. 40. Welche Erfolge konnten in Bezug auf Ressourcenschonung in den letzten 10 Jahren durch den Einsatz von Personenverkehr verzeichnet werden? alternativen Antriebsmöglichkeiten im Eigentlich keine, weil die Einsparungen durch den Zuwachs der Mobilität insgesamt aufgebraucht wurden. Hintergründe dazu gibt es auf der VCÖ-Homepage bei den Fact Sheets 2011. 41. Welche Bedeutung würden sie der nachhaltigen Mobilität in Bezug auf das gesamte Spektrum des nachhaltigen Konsums und der Ressourcenschonung zuweisen? sehr wichtig □ wichtig □ weniger wichtig □ unbedeutend Begründung: Der Verkehr macht ungefähr 30% (ein Drittel) der gesamten CO2-Emissionen. Eine Reduktion um 30% sollte das Ziel sein. Die Leute sind sich dessen aber oft nicht bewusst und auch die Medien dienen nicht unbedingt der Bewusstseinsbildung, wie zum Beispiel bei den „Plastikgeschichten“. Der Wirbel, der nach dem Herauskommen des Films „Plastic Planet“ entstand war nicht wirklich notwendig, da Plastikabfall nur 3-4% an der gesamten Umweltverschmutzung ausmacht. Nach einer Tankfüllung bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 7-8l/km sind da schon mehr Ressourcen verbraucht. Hürden 42. Wo liegen die Nachteile bezüglich der Nutzung von Fahrrädern Nahverkehr Bahn Bus Elektroautos Hybridautos Das größte Problem ist eigentlich, dass es keine vernetzten Öffis gibt. Es gibt weder eine Mobilitätskarte, noch einen getakteten Fahrplan, wie zum Beispiel in der Schweiz. Die ist der absolute Vorreiter. Dort funktionieren nämlich die Querverbindungen viel besser. Das heißt, wenn ich in der Schweiz mit dem Bus zum Bahnhof fahre und dann mit dem Zug weiterfahren möchte, muss ich nicht, wie in Österreich eine Stunde auf den nächsten Anschluss warten. Es wird den Leuten viel einfacher und bequemer gemacht. In Österreich kann es sein, dass ich zwar von Wien nach Salzburg sehr schnell mit dem Zug bin… In der 102 Schweiz wollen die Leute mehr öffentlichen Verkehr. Man muss sogar für kürzere Fahrtstrecken im Zug vorreservieren. Allerdings konnte man nach dem absoluten Höchstwert der Neuzulassungen im Jahr 2011, 2012 einen deutlichen Rückgang der Neuzulassungen in Österreich feststellen. Die Menschen steigen immer häufiger auf Öffis um. Es gibt zwar immer noch Schwierigkeiten mit dem Umsteigen, aber es ist wesentlich besser als früher. Trotzdem muss sich noch viel mehr verändern. In Bezug auf Elektrofahrzeuge muss ich sagen, dann man einfach bessere Akkumulatoren braucht, die zeigen dass es anders geht. Derzeit liegt die Reichweite im Durchschnitt bei 150 km. Das liegt an der Autoindustrie. Die Mitglieder in meinem Verband fahren schon 350 km pro Aufladung. Es gibt auch schon kleine Batterien mit besseren Reichweiten. In China fahren auch große Busse problemlos mit Batterie. Allerdings wird die Reichweite bei extremer Kälte weniger. Das Hybridauto ist nicht immer elektrisch fahrend (je nach Art 30-60 km rein elektrisch), dann fährt man aber wieder mit Benzin oder Diesel. Bei dem PLUG-IN-HYBRID (z.B. Fisker Karma, Opel Ampera) gibt es 2 Motoren. Er hat damit mehr Ressourcenverbrauch bei der Erzeugung. Das Fahrrad kann man eigentlich nur für Kurzstrecken verwenden. Man schwitzt beim Fahren sehr leicht und lässt sich leicht durch Witterungseinflüsse wie Regen oder Schnee am Fahren hindern. Beim Nahverkehr kommt es darauf an, wo er benutzt wird. In Wien gibt es wahrscheinlich keine. In manch anderen Städten ist der Nahverkehr sehr langsam und nur die Hauptachsen, sprich U-Bahn, schnell. Mit der Bahn sind manche Nebenstrecken schwer erreichbar und man ist gebunden an den Fahrplan. Bei dem Bus ist es dasselbe. 43. In welchen Bereichen, z.B. Kauf, Nutzung, Wartung, liegen die Kostenunterschiede zwischen Elektroautos, Hybridautos und normalen Autos? Das Elektroauto ist meist teurer beim Kauf, dafür entstehen in der Wartung geringe Kosten im Vergleich zum fossilen Auto oder Hybridauto, da z.B. auch kein Ölwechsel notwendig ist. [Anm.: Belege dafür unter 103 http://www.elektro-autos.info/hybridfahrzeug-kosten.html (08.02.13) http://www.auto-motor-und-sport.de/news/studie-zu-wartungskosten-elektroautos-punkten-inder-werkstatt-6146082.html (08.02.13)] Das Hybridauto ist sehr teuer und auch in Bezug auf die Wartung nicht viel billiger im Vergleich zum fossilen Auto. Die Nutzung ist uneingeschränkt möglich. Das bedeutet, dass auch weite Strecken problemlos zu bewältigen sind. Wenn eher dazu tendiert wird, Kurzstrecken zu fahren, ist das Hybridauto sicher kostengünstiger im Betrieb als das fossile Auto. Bei dem fossilen Fahrzeug fallen in der Wartung hohe Kosten an. Dafür fallen die Anschaffungskosten wesentlich geringer aus. 44. Wie wird sich der Ölpreis Ihrer Meinung nach aufgrund des derzeitigen Trends zur Elektro- bzw. Hybridautos verändern? Der Ölpreis wird sich sicher nicht aufgrund der Elektroautos verändern, sondern weil das Öl knapp wird. Wir haben ja den „peak oil“ bereits erreicht. In 20 oder 30 Jahren müssen wir sowieso umsteigen, aber man redet einfach nicht darüber. Der Ölpreis per Barrel-Öl liegt mittlerweile schon über 100 US$ pro Barrel. Das erste Mal, dass wir über 100 US$ waren, war vor 3 Jahren. In Bezug auf Österreich allerdings muss man dazu sagen, dass derzeit der Sprit eher billig ist. In Italien z.B. ist er um 20% teurer. 45. Welche Interessensgruppen in Österreich propagieren bewusst oder unbewusst das Autofahren (z.B. ÖAMTC) und inwiefern beeinflussen Konsumverhalten der Bevölkerung im Bereich Mobilität? jene das Die Autofahrerklubs steuern nicht dagegen aber auch nicht dafür. In Österreich gibt es eine starke Autozulieferindustrie, die sicher dahinter steht. Allerdings ist in Österreich das „Dagegensteuern“ noch harmlos im Vergleich zu Deutschland. Die deutsche Autoindustrie ist einfach sehr stark und ist der große Bremser. Sie haben aber ohnehin schon seit der Wirtschaftskrise Einbrüche verzeichnet, da die Leute nicht mehr jedes Jahr ein neues Auto kaufen. Generell halten Unternehmen ihre alten Fertigungsstraßen, die nicht umweltfreundlich sind, sehr lange in Betrieb. Diese bringen ihnen noch genug Erträge. Warum sollte man dann also 104 umsteigen? Die Entwicklung neuer Maschinen bringe nur zusätzliche Kosten für die Unternehmen. Die Unternehmen werden erst dann umsatteln, wenn sie wirklich müssen. Die positive Entwicklung hin zur nachhaltigen Mobilität wird von der neuen Industrie kommen. Das sieht man auch heute schon, z.B. bei Koda in China oder Tesla Motors in den USA. In der französischen Autoindustrie sind Nissan und Renault die Vorreiter. Initiativen und Zukunftstrends 46. Wie wird sich die Situation im Hinblick auf die nächsten 10 Jahre verändern? Würden Sie einen Anstieg oder einen Rückgang in der Benutzung von Elektrobzw. Hybridautos prognostizieren? Bitte fügen Sie eine Begründung hinzu! Der Umstieg wird schneller sein, als es die großen Industrieunternehmen vielleicht annehmen. Neue Player am Markt wie Tesla werden Meilensteine setzen. Auch die anderen Unternehmen werden umsatteln, aber eben erst wenn sie müssen. Man wird aber auf jeden Fall ein starker Anstieg in der Nutzung von Elektro- und Hybridautos verzeichnen können. 47. Mit Herbst dieses Jahres wurden die davor mit Flüssiggas betriebenen Busse der Wiener Linien durch Elektrobusse ersetzt.202 Wo sehen Sie die Vorteile in Bezug auf die Umweltfreundlichkeit und Effizienz gegenüber der Nutzung von Flüssiggas als Treibstoff? Das findet im ersten Bezirk im Rahmen vom Wiener Modell-Flottenprojekt statt. Diese Elektrobusse fahren zurzeit vor allem in der Innenstadt und haben einen sehr positiven Einfluss auf die Reduktion von Emissionen und auf die Verringerung der Feinstaubbelastung. 48. Was würden Sie Leuten, die im ländlichen Raum wohnen, in Bezug auf nachhaltige Mobilität empfehlen? Da im ländlichen Raum oft die notwendige Infrastruktur fehlt, sind jene der Nutzung des normalen Autos „hilflos ausgeliefert“ oder sehen Sie in diesem Bereich Alternativen? Eigentlich gibt es im ländlichen Raum nicht sehr viele Optionen, um das Auto ganz zu meiden. Dies lässt sich zurückführen auf das geringe Angebot an Infrastruktur und überdies auch die geringe Anzahl an Querverbindungen. Allerdings fahren viele Menschen oft alleine mit einem Auto zu einem Bahnhof. Man könnte hier z.B. eine lokale, regionale oder private Carsharing-Fahrgemeinschaft bilden, denn ca. 80% der Autos stehen oft viele Stunden ungenutzt auf Parkplätzen oder in Parkhäusern. 202 Vgl. http://www.wienerlinien.at/eportal/ep/contentView.do/pageTypeId/9320/programId/9419/contentTypeId/1001/chan nelId/-26075/contentId/29823 (24.11.12) 105 Diese Methode würde keinen großen Aufwand für die ländlichen Bewohner darstellen. In Vorarlberg gibt es mehrere Gemeinden, die diese Dienstleistung anbieten. Es gibt infolge dessen auch dementsprechende Möglichkeiten, sich über das Internet zu informieren, ob ein Fahrzeug frei ist. Außerdem gäbe es auch die Möglichkeit zur Einführung von Sammeltaxis. In Kärnten, z.B. wird das Sammeltaxi-System von der Bevölkerung sehr gut angenommen. Hier fahren Kleingruppen in der Umgebung rund um Klagenfurt zu Preisen, die denen der öffentlichen Verkehrsmittel entsprechen. Das Sammeltaxi stellt für die Bewohner somit keinen erhöhten Aufwand dar. Ein großes Problem sind allerdings die Fahrzeiten der Öffentlichen Verkehrsmittel. Freitagoder Samstagnacht z.B. gibt es in Groß-Enzersdorf ein Sammeltaxi, weil zu diesem Zeitpunkt keine öffentlichen Verkehrsmittel in Betrieb sind. Hier müsste man das Infrastrukturnetz erweitern. Die Zukunft wird die Intermodalität, also der kombinierte Verkehr sein. 49. Glauben Sie, dass die Menschheit komplett auf die Nutzung des Autos verzichten könnte? Bitte fügen Sie eine Begründung hinzu! In Zukunft wird es sehr viele Möglichkeiten von Fahrzeugen geben. Das ist alles eine Frage der Zeit. Leichtfahrzeuge werden gerade entwickelt und von der EU gefördert. Die sind laut Crash-tests genauso sicher und für ein Auto vergleichsweise billig. In Spanien gibt es eine Menge Zweisitzer auf der Straße, die zwischen 12.000€ und 14.000€ kosten. Darüber hinaus gibt es Kabinenmotorräder oder den Tweasy von Renault. In diesem Bereich ist viel Potenzial offen. Das Problem ist, dass die Erdöllobby derzeit das große Sagen hat und es somit länger dauern wird, bis ein gesellschaftlicher Wandel stattfindet. 50. Reichen die aktuellen Initiativen im Bereich nachhaltiger Mobilität für ein Umdenken hinsichtlich der Nutzung ressourcenschonender Verkehrsmittel? Nein, es muss noch viel getan werden. Sowohl die Industrie als auch Medien beeinflussen die Gesellschaft in hohem Ausmaß. Darüber hinaus interveniert die Industrie aufgrund ihrer finanziell bedingten Macht auch in der Politik. Das stellt ein großes Problem für die Bürger dar. Grundsätzlich ist aber die Bewusstseinsbildung der Menschen das Wichtigste. Entweder wissen sie nicht über Möglichkeiten zur nachhaltigen Mobilität Bescheid oder sie achten 106 einfach nicht darauf. Allerdings kann man bereits einen Wandel bei den Jugendlichen feststellen. Ihnen ist der PC oder das Smartphone wichtiger als das Auto als Statussymbol. Grundsätzlich muss dieser Wertewandel aber bei Menschen allen Alters stattfinden, denn Konsum ist nicht das Wichtigste! Das fängt schon bei den Lebensmitteln an. Die Leute denken beim Einkaufen oft nicht nach, woher die Lebensmittel wirklich stammen. In Österreich gibt es sehr hochwertige Lebensmittel. Daher sollte man höchstens ab und zu importierte Ware kaufen. Außerdem ist die Einführung eines neuen Steuersystems essentiell. Der Transport und das Kapital gehören viel mehr besteuert, wodurch Lebensmittel aus z.B. Afrika somit auch teurer werden. Der Transport bei Importen ist derzeit einfach viel zu billig. Wenn die Produkte 40%-50% teurer sind, dann überlegt man es sich sicher 2 Mal, ob man regionale Tomaten oder Tomaten aus z.B. Spanien kauft. Eine Veränderung im Kaufverhalten zu regionalen Produkten hin ist durchaus möglich. Es gibt schon kleinere Regionen, wo das besser funktioniert. Das ist sowohl in einzelnen Gemeinden, als auch im internationalen Raum wie in Nepal oder Tibet. Hier gibt es einige Gemeinschaftsprojekte. Die Leute verwenden ihre eigens produzierten Produkte oder nehmen Produkte aus der Region und sind zu 95% autark. Das funktioniert auch mit Tauschhandel. Generell lassen sich die Konsumenten von den zum Teil höheren Preisen von qualitativ hochwertigen Produkten nicht abschrecken. Die Produkte finden hohen Anklang. Die besten Beispiele dafür sind die Unternehmen Zotter, Sonnentor oder Waldland, die durch regionale Produktion hochwertige Güter herstellen und dadurch nach und nach regionale Arbeitsplätze schaffen. Ein weiteres großes Problem stellt auch das fehlende Umweltbewusstsein der Gesellschaft dar. Die Menschen legen ihren Hauptschwerpunkt auf die Kosten, ungeachtet der Zerstörung der Natur. Die Kosten in Bezug auf Erdöl etc. halten sich derzeit durch die vielen Unterstützungen in diesem Bereich auf einem geringeren Niveau. Fossile Energiestoffe werden vergleichsweise viel mehr durch steuerliche Begünstigungen gefördert (z.B. Pendlerpauschale). Darüber hinaus kommen auch der Industrie höhere Vergünstigungen in Bezug auf die Energie zu. Es ist eigentlich eine Frechheit, dass die Industrie keinen Ökostrom-Tarif zahlen muss. 51. Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach Zusammenhang mit nachhaltiger Mobilität? intelligente Technologien im Dieses Thema wird sehr überbewertet. Wozu würde Elektromobilität intelligente Technologie benötigen? Die Fahrer zwischen 50 bis 70 würden nicht einmal auf die Idee kommen, auf 107 ihrem Handy die Standorte von Aufladestationen zu eruieren. Die Vernetzung ist möglich und dies auch ohne High-Tech-Geräte. Früher musste man z.B. auch ohne Navigationsgerät auskommen und es hat funktioniert. 52. Welche positiven und negativen Effekte werden mit dem Wasserstoffmotor als alternatives Antriebskonzept erzielt und wie schätzen Sie das Potenzial des Wasserstoffmotors als umweltfreundlicher Autoantrieb der Zukunft ein? Der Wasserstoffmotor wird erst nach der Elektrotechnologie kommen, da noch viele Fragen unbeantwortet sind. An der Wasserstofftechnologie muss noch viel gearbeitet werden. Das Problem ist einfach, dass Wasserstoff leicht flüchtig wird und somit eine gute Vakuumdämmung notwendig ist, um ihn nicht flüchtig zu machen. Die verursacht aber hohe Kosten. Sonst hätte man mit dem Wasserstoff das Problem, dass, wenn das Auto lange irgendwo steht (z.B. im Urlaub), man vielleicht nicht mehr damit fahren kann, da der Wasserstoff weg sein könnte. Die mit Wasserstoff betriebenen Autos haben übrigens einen Elektromotor, beziehungsweise es gibt 2 Varianten aber die meisten haben einen Elektromotor. 108