Präsident, der - Subst., (franz. président < lat. praesidens)

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UNIVERZITA PALACK&Eacute;HO V OLOMOUCI
PEDAGOGICK&Aacute; FAKULTA
Katedra německ&eacute;ho jazyka
Die Fremdw&ouml;rter
Bakal&aacute;řsk&aacute; pr&aacute;ce
Vedouc&iacute; bakal&aacute;řsk&eacute; pr&aacute;ce:
Vypracovala:
Mgr. Marta Pallov&aacute;, Ph.D
Mgr. Lenka Dohnalov&aacute;
1
Erkl&auml;rung:
Hiermit best&auml;tige ich, dass ich die vorliegende Bachelorarbeit selbstst&auml;ndig
geschrieben habe, lediglich mit Hilfe der erw&auml;hnten Sekund&auml;rliteratur.
Olomouc, 10. duben 2013
…………………………………
Lenka Dohnalov&aacute;
2
An dieser Stelle m&ouml;chte ich mich bei der Leiterin meiner Bachelorarbeit,
Frau Mgr. Marta Pallov&aacute;, Ph.D. f&uuml;r ihre wertvollen Ratschl&auml;ge und
Hinweise herzlich bedanken, die mir bei der Ausarbeitung sehr geholfen
haben.
3
Inhalt
Einleitung
5
I.
Der theoretische Teil
1.
Einf&uuml;hrung
6
2.
Fremdwort - Definition und Begriffsabgrenzung
7
2.1
Strittige F&auml;lle
8
3.
Arten von Entlehnungen
8
3.1
Entlehnungsformen
9
4.
Die Rolle der Fremdw&ouml;rter in der Geschichte des Deutschen
10
5.
Fremdw&ouml;rter im heutigen Deutsch
14
5.1
Fremdw&ouml;rter im sprachlichen Kontakt
15
6.
Funktionen der Fremdw&ouml;rter
16
II.
Der praktische Teil
1.
Einf&uuml;hrung
18
2.
Analyse der deutschen Artikel
19
2.1
Zeitungen
19
2.2
Zeitschriften
28
3.
Fazit
31
Zusammenfassung
34
Bibliographie
35
Anlagen
37
4
Einleitung
Die vorliegende Arbeit besch&auml;ftigt sich mit der H&auml;ufigkeit des Vorkommens von
Fremdw&ouml;rtern in den deutschen Zeitungen und Zeitschiften, die mithilfe einer
Analyse gewisser Zeitungs- und Zeitschriftenartikel festgestellt werden soll. Die
Arbeit wird in zwei Teile aufgeteilt.
Im theoretischen Teil werden wir uns allgemein mit Fremdw&ouml;rtern im Deutschen
befassen. Am Anfang wird gekl&auml;rt, was der Begriff Fremdwort bedeutet und wie
er sich von dem Begriff Wortentlehnung abgrenzt. Weiter werden wir uns mit
unterschiedlichen Arten von Wortentlehnungen befassen. Grund hierf&uuml;r ist, dass
einige Fremdw&ouml;rter, die heute in der deutschen Sprache zu finden sind, bereits zu
Beginn der deutschen Sprachentwicklung von anderen Sprachen eingegliedert
wurden, weshalb sie
heute kaum noch als Fremdw&ouml;rter identifizierbar sind.
Neben der Begriffsabgrenzung wird auch die Geschichte der Entwicklung der
Fremdw&ouml;rter im Deutschen von den Anf&auml;ngen der deutschen Sprache, d. h. vom
dem Althochdeutschen, bis zur Gegenwart dargestellt. Zuletzt werden noch
aktuelle Tendenzen des Deutschen sowie Funktionen der Fremdw&ouml;rter
beschrieben.
Im praktischen Teil werden konkrete Artikel analysiert, wobei wir uns auf
bestimmte Kriterien konzentrieren. Es handelt sich um die Herkunft der
Fremdw&ouml;rter und um die Wortart. Mithilfe der Tabellen wird veranschaulicht,
welche Fremdsprachen den gr&ouml;&szlig;ten Einfluss auf das Deutsche haben und welche
Wortarten am meisten verwendet werden. Dazu werden wir uns an der Menge der
Fremdw&ouml;rter in einzelnen Artikeln orientieren und schlie&szlig;lich versuchen wir zu
verallgemeinern, welchen Anteil die Fremdw&ouml;rter in der deutschen Presse
einnehmen. Es wird vermutet, dass im Vergleich zu letzten Jahrzehnten
Fremdw&ouml;rter in der gegenw&auml;rtigen deutschen Sprache h&auml;ufiger vorkommen.
5
I.
1.
Der theoretische Teil
Einf&uuml;hrung
In dem theoretischen Teil werden wir uns zuerst mit verschiedenen Definitionen
vom Fremdwort befassen. Wir versuchen den Terminus beschreiben und
abgrenzen, wobei der Begriff Fremdwort mit dem Begriff Entlehnung vergleichen
wird. In der Beschreibung werden auch Mischbildungen und sog. hybride
Bildungen beschrieben, die als ein Sonderfall gesehen werden, da bei ihnen nicht
klar ist, ob es sich um Fremdw&ouml;rter oder einheimische W&ouml;rter handelt.
Es werden auch Merkmale angef&uuml;hrt, nach denen ein Element als ein Wort
fremder Herkunft identifiziert werden kann. Da die Fremdw&ouml;rter eine Art der
Entlehnung aus anderer Sprache sind, orientieren wir uns au&szlig;er der
Fremdwortbeschreibung auch an der Beschreibung der weiteren Entlehnungen,
die z. B. bereits am Anfang der Entwicklung der deutschen Sprache entstanden
sind und werden heutzutage nicht mehr als fremde Elemente empfunden.
Die Fremdw&ouml;rter sind bereits in den ersten Phasen der Entwicklung der deutschen
Sprache zu finden. Vor allem handelt es sich um die Einfl&uuml;sse des Lateinischen
und Griechischen. Es wird die weitere Entwicklung der Fremdw&ouml;rter dargestellt.
Eine besondere Aufmerksamkeit wird den W&ouml;rtern franz&ouml;sischer Herkunft
gewidmet, da sie die deutsche Sprache im gro&szlig;en Ma&szlig; beeinflusst haben. Es
werden auch Sprachgesellschaften und Bem&uuml;hungen um eine Sprachreinigung
beachtet. Schlie&szlig;lich wird die heutige Situation im Deutschen dargestellt.
Zuletzt werden wir uns neben der Herkunft und Angleichungsprozesse der
Fremdw&ouml;rter in einer neuen Sprache mit Funktionen der Fremdw&ouml;rter befassen; es
werden auch Ursachen und spezifische Situationen beschrieben, die zur
Verwendung der Fremdw&ouml;rter f&uuml;hren.
6
2.
Fremdwort - Definition und Begriffsabgrenzung
Die Fremdw&ouml;rter bilden einen gro&szlig;en Anteil in der deutschen Sprache. Durchaus
handelt es sich um Ausdr&uuml;cke fremder Herkunft, die im Deutschen nicht mehr als
Fremdw&ouml;rter empfunden werden. Im Aufsatz von Duden1 werden vier Merkmale
angef&uuml;hrt, nach denen ein Wort als eine nichtmuttersprachliche Einheit bezeichnet
werden kann. Bei der Beurteilung eines Fremdwortes sind die einzelnen
Bestandteile wichtig. Die W&ouml;rter mit bestimmten Pr&auml;fixen oder Suffixen werden
als fremd empfunden, z. B. Belkanto, hypochondrisch, reformieren, Mobbing
usw.2 Das zweite Kriterium, nach dem ein Wort als fremd erkannt werden kann,
betrifft die Lautung. Es handelt sich um solche Aussprache, die vom Deutschen
wesentlich abweicht, z. B. Friseur, Team, Langue.3 Bei diesem Kriterium muss
noch die Betonung ber&uuml;cksichtigt werden, die im Deutschen &uuml;blich auf der ersten
Silbe oder auf der Stammsilbe liegt, z. B. autark, desolat, Di&auml;t.4 Auf keinen Fall
liegt die Betonung bei allen deutschen W&ouml;rtern nur auf der ersten Silbe oder
Stammsilbe (z. B. Forelle, lebendig). Das weitere Kriterium bezieht sich auf
bestimmte Buchstabenkombinationen, die eine fremde Herkunft signalisieren, d.
h. die grafische Struktur eines Wortes ist f&uuml;r das Deutsche nicht &uuml;blich, z. B.
Bibliophilie, Osteoporose, Soutane u.a.5 Wichtig ist auch die Position bestimmter
Buchstabenverbindungen, z. B. die Affrikate ts- kommt im Deutschen im Anlaut
nicht vor. Als letztes Kriterium wird im Aufsatz von Duden der seltene Gebrauch
eines Wortes in der Alltagssprache angef&uuml;hrt.
6
Gew&ouml;hnlich weisen die
Fremdw&ouml;rter mehrere Merkmale zugleich hinaus, jedoch l&auml;sst sich nicht
behaupten, dass die vorangegangenen Kriterien einen sicheren Ma&szlig;stab darstellen.
1
Verf&uuml;gbar unter: http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf [22. 1. 13]
2
Verf&uuml;gbar unter: http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 18. [22. 1. 13]
3
Verf&uuml;gbar unter: http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 18. [22. 1. 13]
4
Verf&uuml;gbar unter: http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 18. [22. 1. 13]
5
Verf&uuml;gbar unter: http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 18. [22. 1. 13]
6
Verf&uuml;gbar unter: http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 18. [22. 1. 13]
7
2.1
Strittige F&auml;lle
Im Deutschen sind es auch solche F&auml;lle zu finden, wann die Beurteilung
umstritten ist. Es entstehen sog. Mischbildungen oder hybride Bildungen, die
einen urspr&uuml;nglich deutschen Stamm haben, aber deren Endung ist fremder
Herkunft,
wie z. B. hausieren, Bummelant, Schwulit&auml;t. Dazu sind bei den
Fremdw&ouml;rtern solche Vorsilben oder Endungen zu finden, die auch im Deutschen
vorkommen und die als heimisch empfunden werden k&ouml;nnen, z. B. die Vorsilbe
ab- in absolut sowie im Verb abreisen. Genauso kann der Suffix –ieren in
massakrieren zum Fremdwort verweisen; das Vorkommen desselben Suffixes im
Verb erfrieren weist auf die deutsche Herkunft an. Die Aussprache bei den
Fremdw&ouml;rtern hat sich schon den deutschen Gewohnheiten angeglichen, die
Betonung bei den Fremdw&ouml;rtern liegt auf der ersten Silbe und auf der
Stammsilbe, nat&uuml;rlich gibt es auch Fremdw&ouml;rter, die anfangs- oder endungsbetont
sind (z. B. Export; passiv). Neben den Fremdw&ouml;rtern erscheinen im Deutschen
auch Erbw&ouml;rter 7 , die in ihrer Etymologie nicht mehr durchschaubar sind und
deswegen werden sie manchmal f&uuml;r Fremdw&ouml;rter gehalten, z. B. Flechse, seimig,
Buhne. Viele Fremdw&ouml;rter sind im Deutschen bereits allgemein verst&auml;ndlich und
wirken nicht mehr fremd (z. B. Auto, Paradies, Salat, milit&auml;risch, Pause, Tunnel
usw.).8 Mithilfe aller vorangegangenen Kriterien sollte angedeutet werden, dass es
keine klaren Grenzen zwischen den Fremdw&ouml;rtern und eingeb&uuml;rtigen W&ouml;rtern
gibt.
3.
Arten von Entlehnungen
Bei der Definierung von Fremdw&ouml;rtern sollte noch der Terminus Entlehnung
erkl&auml;rt werden, weil die beiden Begriffe eng zusammenh&auml;ngen. Diese zwei
Termini werden auf unterschiedliche Weisen verstanden. Zuerst m&ouml;chten wir uns
7
Erbw&ouml;rter sind solche W&ouml;rter, die sich aus einem Wort entwickelt haben, das bereits in vorigen
Sprachstufen einer Sprache enthalten wurde.
8
Verf&uuml;gbar unter: http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 19. [22. 1. 13]
8
mit der Bedeutung der beiden Begriffe besch&auml;ftigen. Laut Bu&szlig;mann (1990)
bedeutet eine Entlehnung ein „Vorgang und Ergebnis der &Uuml;bernahme eines
sprachlichen Ausdrucks aus einer Fremdsprache in die Muttersprache, meist in
solchen F&auml;llen, in denen es in der eigenen Sprache keine Bezeichnung f&uuml;r neu
entstandene Sachen bzw. Sachverhalte gibt.“
9
Im weiteren Sinne werden
Entlehnungen als Lehnw&ouml;rter bezeichnet. Das Lehnwort ist laut Bu&szlig;mann (1990)
ein Oberbegriff f&uuml;r ein Fremdwort, wobei das Fremdwort definiert wird als „aus
einer fremden Sprache in die Muttersprache &uuml;bernommener sprachlicher
Ausdruck (meist zugleich mit der durch ihn bezeichneten Sache), der im
Unterschied zum → Lehnwort sich nach Lautung, Orthographie und Flexion
(noch) nicht in das graphemische bzw. morphophonemische System der Sprache
eingepa&szlig;t hat“10.
3.1
Entlehnungsformen
Weiter m&ouml;chten wir uns in diesem Kapitel mit Formen von Entlehnungen
befassen. Neben den Formen Fremdwort und Lehnwort werden noch weitere
Arten klassifiziert und zwar Lehnbedeutung, Lehn&uuml;bersetzung, Lehn&uuml;bertragung
und Lehnsch&ouml;pfung, die mit dem Oberbegriff Lehnpr&auml;gung bezeichnet werden.
Die Lehnpr&auml;gungen werden in Lehnbildungen und Lehnbedeutungen geteilt. Im
Rahmen
der
Lehnbildungen
unterscheiden
wir
Lehn&uuml;bersetzung,
Lehn&uuml;bertragung und Lehnsch&ouml;pfung. Eine Lehn&uuml;bersetzung ist dadurch
entstanden, dass die einzelnen Bestandteile eines Fremdwortes in eine andere
Sprache &uuml;bersetzt wurden, es sind sog. Glied-f&uuml;r-Glied-&Uuml;bersetzungen (Sonntag –
dies solis). Eine Lehn&uuml;bertragung bezieht sich auf Teil&uuml;bersetzungen. Es handelt
sich um freie Wiedergaben, deren Struktur der urspr&uuml;nglichen Struktur nur
teilweise entspricht (Halbinsel – lat. paeninsula, „Fastinsel“). Lehnsch&ouml;pfungen
stellen freie Verdeutschungen dar, die vom urspr&uuml;nglichen Vorbild fast nicht
9
Bu&szlig;mann, Hadumod (1990): Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart: Alfred Kr&ouml;ner Verlag, S.
122.
10
Bu&szlig;mann, Hadumod (1990): Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart: Alfred Kr&ouml;ner Verlag, S.
151.
9
mehr abh&auml;ngen (Kraftwagen – fr. automobile, „Selbstbeweger“).
11
Die
Lehnbedeutungen betreffen solche W&ouml;rter, deren Bedeutung auf ein deutsches
Wort &uuml;bertragen wurde. Au&szlig;er dieser Klassen werden noch Internationalismen
unterschieden, d. h. die W&ouml;rter, die in gleicher Bedeutung und gleicher Form in
mehreren Sprachen vorkommen, d. h. sie sind international verbreitet, z. B.
Medizin, Musik, Telefon usw.
4.
Die Rolle der Fremdw&ouml;rter in der Geschichte des Deutschen
In diesem Kapitel wird eine allgemeine &Uuml;bersicht &uuml;ber den Einfluss der
Fremdw&ouml;rter auf die deutsche Sprache pr&auml;sentiert. Die ersten Fremdw&ouml;rter sind in
der deutschen Sprache aufgrund des Kontaktes mit anderen V&ouml;lkern und des
Austausches von Kenntnissen und Erfahrungen erschienen. In folgender
Beschreibung konzentrieren wir uns auf den Zeitraum zwischen der zweiten
Lautverschiebung und der Gegenwart. Mit der zweiten Lautverschiebung hat sich
das Althochdeutsche aus dem Indoeurop&auml;ischen ausgegliedert. Bereits zu dieser
Zeit sind in die deutsche Sprache erste Fremdw&ouml;rter eingedrungen. Vor allem
stammten diese W&ouml;rter aus dem Latein oder aus dem Griechischen und wurden
durch das Deutsche umgeformt, z. B. cirihha (Kirche, griech. kyriko&acute;n), einchoro
(Einsiedler, griech./lat. anachoreta).12 Mit der Zeit der Christianisierung wurden
viele lateinische und griechische Ausdr&uuml;cke ins Deutsche &uuml;bernommen,
wesentlich haben die fremden Begriffe den Bereich der Kirche und Religion
betroffen. Eine wichtige Phase, in der die Fremdw&ouml;rter die deutsche Sprache in
gro&szlig;em Ma&szlig; beeinflusst haben, beginnt im 12. Jahrhundert. Im hohen Mittelalter,
d. h. in der Zeit des Rittertums, wurden viele Ausdr&uuml;cke aus dem Franz&ouml;sischen
ins Deutsche &uuml;bernommen, z. B. aˆventiure (Abendteuer), schevalier (Ritter),
turnei (Turnier) u. a.
13
Neben den Fremdw&ouml;rtern franz&ouml;sischer Herkunft
erscheinen auch niederl&auml;ndische Lehnw&ouml;rter. Aufgrund der Einf&uuml;hrung des
11
Betz, Werner (1974): Lehnw&ouml;rter und Lehnpr&auml;gungen im Vor- und Fr&uuml;hdeutschen. In: Deutsche
Wortgeschichte I. Berlin: de Gruyter. 3. Auflage, S. 148 ff.
12
Verf&uuml;gbar unter:http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 24. [22. 1. 13]
13
Verf&uuml;gbar unter http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 24. [22. 1. 13]
10
r&ouml;mischen Rechtes wurde der deutsche Wortschatz durch Fremdw&ouml;rter bereichert.
Das Sp&auml;tmittelalter und die fr&uuml;he Neuzeit sind mit dem Humanismus verbunden,
dieser Zeitraum zeichnet sich durch die gelehrten Bildungen zumeist der
lateinischen Herkunft aus, wie z. B. Disciplin, disputieren, Element, formieren,
Klasse, Minute, Region, Universit&auml;t usw.
Diese Phase dauerte bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, wann es zum Untergang
der Hanse kam. Im 16. Jahrhundert w&auml;chst der Einfluss des Franz&ouml;sischen auf das
Deutsche. Die Fremdw&ouml;rter sind zu dieser Zeit nicht nur in der Literatur zu
finden, sondern auch auf dem Gebiet der Politik. Zu diesem Zeitpunkt wirkten in
Deutschland die franz&ouml;sischen Lehrer, die zur Erweiterung des Franz&ouml;sischen in
der deutschen Sprache beigetragen haben. Daneben lassen sich im Deutschen
noch Einfl&uuml;sse des Spanischen und Italienischen zu finden. Der Fremdwortschatz
betrifft vor allem den Bereich des Handels, der Schifffahrt und des Milit&auml;rwesens
(z. B. Bank, Konto, Kasse, Kredit, Kapital, Risiko, Post, Arsenal, Armada,
Fregatte, Pilot, Alarm, Kanone, Granate, Brigade u. a.). 14 Viele W&ouml;rter, die
urspr&uuml;nglich aus dem Italienischen oder aus dem Spanischen stammten, haben
sp&auml;ter die entsprechende franz&ouml;sische Lautform &uuml;bernommen.
Am Anfang des 17. Jahrhunderts hat sich dann der franz&ouml;sische Einfluss im
deutschen Wortschatz definitiv durchgesetzt. Vor allem handelte es sich um die
h&ouml;heren Kreise der Gesellschaft, wo die Fremdw&ouml;rter verwendet wurden.
Aufgrund der steigenden Macht des franz&ouml;sischen Hofes hat sich die franz&ouml;sische
Sprache im deutschen Sprachraum verbreitet und begann das Deutsche zu
bedrohen, so dass das Deutsche aus dem gesellschaftlichen Leben der Gebildeten
verdr&auml;ngt wurde. In einigen Gesellschaftskreisen herrschte damals sogar eine
franz&ouml;sisch-deutsche Zweisprachigkeit.15 Das Franz&ouml;sische wurde um die Wende
des 17. und 18. Jahrhunderts zu Diplomatensprache und Sprache des
gesellschaftlichen Umgangs, w&auml;hrend das Deutsche als Sprache der niedrigeren
Gesellschaftsschichten galt. Da es Frankreich die kulturell f&uuml;hrende Nation
Europas war, hat der franz&ouml;sische Wortschatz die deutsche Sprache stark
beeinflusst. Vor allem wurden die Fremdw&ouml;rter in den Bereichen der Diplomatie
und Verwaltung (Depesche, Etat, Minister), des Handels (Comptoir, Fabrik,
14
Polenz, Peter von (1966): Geschichte der deutschen Sprache. Berlin: Walter de Gruyter &amp; Co.,
S. 80.
15
Polenz, Peter von (1966): Geschichte der deutschen Sprache. Berlin: Walter de Gruyter &amp; Co.,
S. 81.
11
engagieren), der Esskultur (Bouillon, Kotelett, Konfit&uuml;re), der Mode (Frisur,
Garderobe, Korsett) und gesellschaftlichen Auftretens (Kompliment, Etikette)
gebraucht.16 Mit dem wachsenden Einfluss des Franz&ouml;sischen auf das Deutsche
erschien auch die Gegenwehr gegen das &Uuml;bernehmen der Fremdw&ouml;rter. Erste
Spuren sind bereits vor dem Beginn des Drei&szlig;igj&auml;hrigen Krieges, d. h. im 17.
Jahrhundert zu finden. Erste Versuche um die Gleichberechtigung der deutschen
Sprache sind mit Martin Opitz verbunden. Opitz hat im Jahre 1624 sein Werk
Buch von der deutschen Poeterey geschrieben, wo die Einnahme der Fremdw&ouml;rter
in deutsche Sprache streng kritisiert und abgelehnt wird. Gleichzeitig wurden im
17. Jahrhundert wurden Sprachgesellschaften gegr&uuml;ndet, die die Muttersprache
pflegen
sollten.
Zu
den
bedeutsamen
Sprachgesellschaften
(auch
Ordensgesellschaften genannt) geh&ouml;rten die Fruchtbringende Gesellschaft,
Deutschgesinnte Genossenschaft, der Pegnesische Blumenorden und andere.
Im 18. Jahrhundert wurde der deutsche Wortschatz in den W&ouml;rterb&uuml;chern
gesammelt und die Bem&uuml;hungen um eine Sprachreinigung setzten noch im 19.
Jahrhundert fort. Diese Sprachreinigung wird auch Purismus genannt; der
H&ouml;hepunkt der Sprachreinigung stellt Joachim Heinrich Campe dar, der versucht
hat, die Fremdw&ouml;rter durch die deutschen W&ouml;rter zu ersetzen, die noch heute
gebr&auml;uchlich sind. Zu Campes Verdeutschungen geh&ouml;ren z. B. E&szlig;lust (Appetit);
Kreislauf, Umlauf (Zirkulation), Freistaat (Republik) usw. 17 Mit der Gr&uuml;ndung
des Deutschen Reiches kam auch eine neue Welle der Eindeutschung und
Fremdwortjagd.
18
Am
Ende
des
19.
Jahrhunderts
erschienen
sog.
Verdeutschungsb&uuml;cher. Die Verdeutschungstendenz hat in vielen Bereichen bis
zur Gegenwart weitergewirkt, deswegen stehen im Deutschen die einheimischen
W&ouml;rter neben den Fremdw&ouml;rtern wie z. B. Rundfunk / Radio, Bahnhof / Station,
Bahnsteig / Perron, Anzeige / Annonce usw. Mit der rasche Entwicklung der
Naturwissenschaften und Technik stieg die Verwendung der Fremdw&ouml;rter im
Deutschen, weil es gefordert wurde, die Gegenst&auml;nde meist exakt zu beschreiben.
F&uuml;r die Neubildungen wurden immer h&auml;ufiger die heimischen W&ouml;rter benutzt,
16
Verf&uuml;gbar unter:http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 25. [22. 1. 13]
17
Polenz, Peter von (1966): Geschichte der deutschen Sprache. Berlin: Walter de Gruyter &amp; Co.,
S. 88.
18
Polenz, Peter von (1966): Geschichte der deutschen Sprache. Berlin: Walter de Gruyter &amp; Co.,
S. 120.
12
weil die neuen W&ouml;rter vor allem als Komposita gebildet wurden. Trotzdem
wurden
im
Bereich
der
Politik
bestimmte Ausnahmen
aufgrund
des
internationalen Sprachverkehrs gefordert, was den deutschen Wortschatz betrifft.
So k&ouml;nnte z. B. nukleare Abr&uuml;stung im Deutschen entstehen. Da die Fremdw&ouml;rter
und Lehnw&ouml;rter in der Wortbildung produktiv sind und besser Bedeutungen
differenzieren k&ouml;nnen, wird es auf sie im Deutschen nicht verzichtet. Bei der
Einnahme eines Fremdworts ins Deutsche entscheiden verschiedene Aspekte:
Genauigkeit, Internationalisierung, Bedeutungsdifferenzierung, Zeitmode und
Wohlklang. Im 19. Jahrhundert tritt eine allm&auml;hliche Demokratisierung auf, die
sich auch auf den deutschen Wortschatz konzentriert. Es wurden viele englische
und franz&ouml;sische W&ouml;rter entlehnt, oder die neuen deutschen W&ouml;rter wurden nach
dem englischen oder franz&ouml;sischen Vorbild nachgebildet. Der franz&ouml;sische
Wortschatz wurde langsam abgel&ouml;st. Im Deutschen kommt eine Tendenz vor, die
W&ouml;rter aus dem Englischen zu &uuml;bernehmen. Gro&szlig;britannien galt als Vorbild im
Bereich der Wirtschaft (Kartell, Trust) und der Presse (Interview, Reporter). 19
Daneben werden im Deutschen immer noch franz&ouml;sische Ausdr&uuml;cke verwendet,
wie z. B. Billett, Perron. Ende des 19. Jahrhunderts hat das Englische die
Fremdw&ouml;rter franz&ouml;sischer Herkunft ersetzt, womit ins Deutsche die Ausdr&uuml;cke
wie Dandy, Flirt, Cocktail oder Smoking &uuml;bernommen wurden.
Im 20. Jahrhundert haben das Englische und das Angloamerikanische an
Bedeutung gewonnen, der deutsche Wortschatz wurde durch die Ausdr&uuml;cke wie z.
B. Bestseller, Make-up, Rocker, Teenager usw. bereichert. 20 Eine gro&szlig;e Menge
der Fremdw&ouml;rter war im politischen Wortschatz zu finden, aber sie tendierten als
Schlagw&ouml;rter zum Gegenteil von exaktem Wortgebrauch, z. B. Kommunismus,
Kapitalismus, Proletarier.21 Popul&auml;rwissenschaftliche Termini fremder Herkunft
(z. B. national, liberal, sozial) oder W&ouml;rter mit starkem Bildgehalt (z. B.
Fortschritt, Schlotbaron, Errungenschaften) dienten zum Zweck der politischen
Polemik und zur Vernebelung des Sachverhaltes. In der 2. H&auml;lfte des 20.
Jahrhunderts kam es zur Vertreibung von etwa 12 Millionen Deutschen aus den
19
Verf&uuml;gbar unter:http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 25. [22. 1. 13]
20
Verf&uuml;gbar unter:http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 25. [22. 1. 13]
21
Polenz, Peter von (1966): Geschichte der deutschen Sprache. Berlin: Walter de Gruyter &amp; Co.,
S. 121.
13
&ouml;stlichen Gebieten, deshalb sind zu dieser Zeit im Deutschen russische
Entlehnungen zu finden, z. B. Datscha, Sputnik, Perestroika. Heutzutage k&ouml;nnen
wir im Deutschen einen starken Einfluss vom Englischen beobachten. Im
folgendem Kapitel wird behandelt, auch welche Weise und in welchem Ma&szlig; sich
das Englische im Deutschen auswirkt. Da sich die fremden Elemente den
Regularit&auml;ten der neuen Sprache angleichen m&uuml;ssen, werden auch verschiedene
Angleichungsprozesse besprochen.
5.
Fremdw&ouml;rter im heutigen Deutsch
Die Alltagssprache hat eine Tendenz, die &uuml;bernommenen Fremdw&ouml;rter den
Ausspracheregeln des Deutschen anzupassen. Zuerst werden die fremden
Ausdr&uuml;cke nur teilweise in das deutsche Sprachsystem integriert, das vollzieht
sich sowohl in der Aussprache als auch in der graphischen Gestaltung. Die
fremden Laute oder Lautverbindungen werden durch deutsche Laute ersetzt, die
&auml;hnlich klingen. Einige Fremdw&ouml;rter sind im Deutschen so angesiedelt, dass sie
deutliche
Spuren
des
Eindeutschungsprozess
verweisen,
z.
B.
die
Lautkombinationen sp und st fremder Herkunft werden als schp und scht
ausgesprochen. Die Fremdw&ouml;rter werden der deutschen Gewohnheiten auch auf
der Ebene der Grammatik angepasst, so kommt bei Verben zu einer
grammatischen Assimilation (fixen, juxen, picknicken; illuminieren, imaginieren).
Eine Besonderheit ist bei den fremdsprachlichen zusammengesetzten Verben zu
finden, die analog zu den deutschen Verben gebildet werden. Syntaktisch
benehmen sich die fremdsprachlichen Verben wie die Verben mit einem
trennbaren Pr&auml;fix, z. B. downloaden, updaten → sie hat downgeloadet,
upgedatet).22 Was die lexikalische Assimilation betrifft, bleiben in einigen F&auml;llen
die fremdsprachlichen Pluralendungen erhalten (Event / Events, Intimus / Intimi),
in anderen F&auml;llen werden sie durch einheimische ersetzt (Thema / Themen,
Kriterium / Kriterien, Film / Filme). Bei der Genus-Bestimmung werden mehrere
Aspekte beachtet, das Genus kann sich sowohl nach der inhaltlichen &Auml;quivalenz
(die E-Mail, als Synonym zu die Post) als auch nach der grammatischen
22
Verf&uuml;gbar unter:http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 20. [22. 1. 13]
14
&Auml;quivalenz (das Fixing, das Leasing, das Setting) richten, weil alle englischen
W&ouml;rter auf –ing im Deutschen Neutra sind. Weiters kann sich das Genus nach der
Analogie grammatischen Formen richten, z. B. die franz&ouml;sischen W&ouml;rter wie le
garage, le bagage im Deutschen Feminina sind, weil die Endung -e gew&ouml;hnlich
das feminine Geschlecht repr&auml;sentiert. &Auml;hnliche Situation finden wir bei den
W&ouml;rtern, die auf –er enden. Diese Endung ist im Deutschen in der Regel m&auml;nnlich
(Computer, Streamer, Plotter). In der deutschen Sprache treten auch solche
Fremdw&ouml;rter auf, die die gleiche Endung haben, aber das Genus ist
unterschiedlich, z. B. der Status – der Korpus, in diesem Fall richtet sich das
Genus nach dem Geschlecht in der urspr&uuml;nglichen Sprache. Bei den W&ouml;rtern, wo
das grammatische Geschlecht in der Ausgangssprache auf andere Weise
unterschieden wird, kann das Geschlecht im Deutschen schwanken, das betrifft z.
B. das Englische, Franz&ouml;sische und Italienische. Da es oft nicht eindeutig ist, an
welchem Kriterium sich die Genus-Bestimmung orientiert, beeinflussen sich die
gerade genannten Aspekte gegenseitig.
5.1
Fremdw&ouml;rter im sprachlichen Kontakt
Heutzutage spielen sprachliche und kulturelle Beeinflussungen der V&ouml;lker in der
Entwicklung der deutschen Sprache eine gro&szlig;e Rolle. So werden st&auml;ndig
Fremdw&ouml;rter in alle Kultursprachen &uuml;bernommen, wobei der Einfluss des
Englischen-Amerikanischen allgemein dominiert. So werden im Deutschen neue
W&ouml;rter nach englischem Muster gebildet, ohne dass sie im englischsprachigen
Raum
vorkommen,
z.B
Handy,
Twen.
Solche
W&ouml;rter
werden
auch
Scheinentlehnungen genannt. Daneben treten auch sog. Halbentlehnungen auf, die
im Deutschen eine neue Bedeutung haben, z. B. Herrenslip (engl. briefs). Au&szlig;er
dem englischen Einfluss sind im Deutschen auch lateinische und griechische
Einfl&uuml;sse zu finden, vor allem in den wissenschaftlichen Fachsprachen (z. B.
Chromosom, Gen, Fotosynthese, Hormon usw.).23 Diese Termini sind aber nicht
in den Ausgangsprachen belegt und wurden nach dem lateinischen oder
23
Verf&uuml;gbar unter:http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 30. [22. 1. 13]
15
griechischen
Vorbild
gebildet.
Mit
den
Scheinentlehnungen
und
Halbentlehnungen ist nat&uuml;rlich die Gefahr verbunden, dass so gepr&auml;gte W&ouml;rter
falsch gebraucht werden, weil sie in mehreren Sprachen lautgestaltlich oder
schriftbildlich identisch sind. Die Bedeutung dieser W&ouml;rter weicht aber stark ab,
dadurch k&ouml;nnen Missverst&auml;ndnisse verursacht werden. Diese W&ouml;rter werden als
„Falsche Freunde“ oder auch Faux Amis bezeichnet, z. B. dt. sensibel
(empfindsam) – engl. sensible (vern&uuml;nftig).
6.
Funktionen der Fremdw&ouml;rter
Da es bei der Auswahl des Wortschatzes nicht die Herkunft eines Wortes
unterscheidend ist, sondern seine Leistung wichtig ist, werden h&auml;ufig
Fremdw&ouml;rter in der deutschen Sprache verwendet. Mithilfe der Fremdw&ouml;rter kann
der Satzinhalt nuanciert werden und Assoziationen und Vorstellungen k&ouml;nnen
spezifiziert werden, z. B. fair / anst&auml;ndig, Exkursion / Ausflug, cholerisch /
reizbar.24 Durch die Fremdw&ouml;rter k&ouml;nnen verschiedene Stilebenen unterschieden
werden: eine gehobene Stilebene (Preziosen / Schmuckst&uuml;cke), eine neutrale
Stilebene (produzieren / fertigen) und auch eine umgangssprachliche Stilebene
(Job / Arbeit). Die Verwendung eines Fremdwortes kann auch eleganter wirken,
sogar der Wortsinn kann besser ausgedr&uuml;ckt werden, z. B. Attacke / Angriffe.
Mithilfe der Fremdw&ouml;rter k&ouml;nnen sowohl subjektive Einstellungen als auch Ironie
ge&auml;u&szlig;ert werden. Durch die Fremdw&ouml;rter k&ouml;nnen bestimmte Lebensgef&uuml;hle
ausgedr&uuml;ckt werden, z. B. wer viele Anglizismen verwendet, m&ouml;chte
wahrscheinlich jugendlich, dynamisch und weltl&auml;ufig aussehen. Durch sog.
Bezeichnungsexotismen 25 kann ein kulturspezifisches Kolorit gebildet werden.
Eine weitere Funktion der Fremdw&ouml;rter ist die Signalfunktion, d. h. Die
Fremdw&ouml;rter k&ouml;nnen Aufmerksamkeit erregen 26; diese Funktion wird h&auml;ufig in
24
Verf&uuml;gbar unter:http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 28. [22. 1. 13]
25
Bezeichnungsexotismen sind solche W&ouml;rter, die sich auf Sachen, Personen und Begriffe der
fremdsprachigen Umwelt beziehen, z. B Iglu, Kreml, Torero.
26
Verf&uuml;gbar unter:http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 29. [22. 1. 13]
16
den
Bereichen
Kommunikation,
Marketing
und
Werbung
ausgenutzt
(Businessclass, New Economy, Servicepoint usw.). Dank der Fremdw&ouml;rter kann es
taktvoll &uuml;ber solche Themen gesprochen werden, die tabuisiert sind oder
unangenehm sind, z. B. Demission / K&uuml;ndigung, illiquid / pleite, Exitus / Tod.
Weiter ist es m&ouml;glich, mit den Fremdw&ouml;rtern Bildungsinhalte besser anzudeuten
und es wird &uuml;ber ihre unmittelbare Bedeutung hinausgewiesen, d. h. sie haben
eine ausgrenzende Funktion, z. B. Danaergeschenk (Unheilsgabe), Pyrrhussieg
(Scheinsieg),
Tantalusqualen
(Hungerqualen).
Daneben
erm&ouml;glichen
die
Fremdw&ouml;rter Variation im Ausdruck, Pr&auml;zision und K&uuml;rze, was in bestimmten
Textsorten erw&uuml;nscht wird.
17
II.
1.
Der praktische Teil
Einf&uuml;hrung
Im praktischen Teil dieser Arbeit wird mithilfe der Analyse von Zeitungs- und
Zeitschriftenartikeln beschrieben, wie oft die Fremdw&ouml;rter in der deutschen Presse
vorkommen und in welchem Ma&szlig; sie die deutsche Sprache beeinflussen.
Es wird vermutet, dass im Vergleich zu letzten Jahrzehnten Fremdw&ouml;rter in der
gegenw&auml;rtigen deutschen Sprache h&auml;ufiger vorkommen. Das wird durch einen
steigenden Einfluss des Englischen, bzw. Amerikanischen verursacht. Besonders
oft werden Fremdw&ouml;rter in Fernsehen, Rundfunk und Presse verwendet. Das Ziel
dieser Analyse ist es, aufzuzeigen, wie hoch der Anteil fremder Elemente in der
deutschen Presse ist. Nach einigen Statistiken, die im Duden27 angef&uuml;hrt werden,
bilden die Fremdw&ouml;rter ungef&auml;hr einen neunprozentigen Anteil in den
Zeitungstexten. Konzentrieren wir uns nur auf die Substantive, Adjektive und
Verben, bilden diese Wortarten fast 17 Prozent. Was fachliche Texte betrifft, ist
der Anteil der Fremdw&ouml;rter noch viel h&ouml;her.28
In der folgenden Analyse werden wir uns auf deutsche sowie &ouml;sterreichische
Zeitschriften und Zeitungen konzentrieren, wobei wir uns an gewisse Aspekte
orientieren. Zu den wichtigsten Kriterien der Analyse z&auml;hlen Wortart und
Herkunft der Fremdw&ouml;rter.
Weiter versuchen wir zu beschreiben, ob es einige Unterschiede im
Fremdw&ouml;rtergebrauch zwischen den Zeitungen und Zeitschriften gibt. Anhand
dieser Analyse werden dann die Haupttendenzen beim Vorkommen der
Fremdw&ouml;rter beschrieben.
Zur Analyse haben wir folgende Zeitungen gew&auml;hlt: Der Standard (Wien),
Berliner Zeitung (Berlin), S&uuml;ddeutsche Zeitung (M&uuml;nchen), Frankfurter
27
http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 18 -35, [22. 1. 13]
28
http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 18 -35, [22. 1. 13]
18
Allgemeine Zeitung (Frankfurt am Main). Aus jeder Zeitung werden zwei
verschiedene Artikel ausgew&auml;hlt, die zumeist aus den Bereichen Politik und
Kultur stammen. Aus eben jenen Artikeln soll der Anteil der Fremdw&ouml;rter und
fremden Elemente gemessen werden. Bei diesen W&ouml;rtern werden wir uns vor
allem an der H&auml;ufigkeit des Vorkommens im Artikel orientieren. Weiter werden
wir uns mit der Herkunft der einzelnen Fremdw&ouml;rter befassen und dabei wird
auch die Wortart ber&uuml;cksichtigt. Zus&auml;tzlich zu den Zeitungen wurden noch drei
Zeitschriften ausgew&auml;hlt: „Premium“ (Wien), „Abenteuer und Reisen (Bad
Homburg) und „Art – Das Kunstmagazin“ (Hamburg). Aus diesen wurde jeweils
nur ein Artikel analysiert, da die Texte meistens nur einen Bereich befassen. Bei
unserer Zeitschriftenauswahl handelt es sich um Kultur und Freizeit. Daneben
wurden auch drei Zeitschriften gew&auml;hlt und zwar Premium (Wien), Abenteuer und
Reisen (Bad Homburg) und Art. Das Kunstmagazin (Hamburg), aus denen jeweils
nur ein Artikel analysiert wurde, da sie meistens nur einen Bereich umfassen – bei
unserer Zeitschriftenauswahl handelt es sich um Kultur und Freizeit.
2.
Analyse der deutschen Artikel
Bei folgenden Fremdw&ouml;rtern, die in den oben ausgew&auml;hlten Zeitungen analysiert
werden, werden die Wortart und Herkunft ber&uuml;cksichtigt, wobei in Klammern oft
auch eine allm&auml;hliche Entwicklung sowie die Bedeutung beschrieben werden. In
jeder Zeitung wurden zwei Artikel analysiert, der erste betrifft Politik und
Wirtschaft, der zweite den Kulturbereich. In den Zeitschriften haben wir jeweils
nur einen Artikel gew&auml;hlt, einerseits betrifft die ganze Zeitschrift nur einen
Bereich, andererseits haben wir die Reichweite des Artikels ber&uuml;cksichtigt.
19
2.1
Zeitungen
Artikel: Machtkampf in &Auml;gypten wird h&auml;rter, In: Der Standard, 3.12.2012
Eskalation, die – Subst., (eng. escalation, zu: escalator = Rolltreppe, zu escalade &gt;
frz. escalade)
demonstrierend – Adj., (&uuml;ber engl. to demonstrate &lt; lat. demonstrare = hinweisen,
deutlich machen)
Muslim, der – Subst., (arab. muslim, eigtl. = der sich Gott unterwirft)
Pr&auml;sident, der – Subst., (franz. pr&eacute;sident &lt; lat. praesidens)
psychologisch – Adj.,(griech. psychik&oacute;s = zur Seele geh&ouml;rend)
Tempo, das – Subst., (it. tempo)
Justiz, die – Subst., (lat. iustitia = Gerechtigkeit)
Islamist, der – Subst., (arab. Islam = v&ouml;llige Hingabe an Allah)
Referendum, das – Subst., (lat. referendum = zu Berichtendes, zu Beschlie&szlig;endes)
Opposition, die – Subst., (sp&auml;tlat. oppositio = das Entgegensetzen)
Boykott, der – Subst., (engl. boycott &gt; nach dem britischen Gutsverwalter Ch. C.
Boycott)
Herkunft der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Englisch
9%
Arabisch
18,6 %
Italienisch
9%
Griechisch
9%
Lateinisch
27, 2 %
Sekund&auml;re &Uuml;bernahme29
27, 2 %
29
Aus der urspr&uuml;nglichen Sprache &uuml;ber eine weitere (oder mehrere) Sprache (n) ins Deutsche,
meistens handelt es sich um Entlehnungen, die sich schon der deutschen Flexion angepasst haben.
20
Wortart der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Substantiv
81, 4 %
Adjektiv
18, 6 %
Verb
0%
Der Gesamtanteil der Fremdw&ouml;rter im Artikel ist 7,9 %.
Artikel: Ab ins Reservat, In: Der Standard, 3.12.2012
Supercomputer, der – Subst., (engl. computer, zu: to compute = rechnen,
berechnen, lat. computare)
Intelligenz, die – Subst., (lat. intelligentia, intellegentia)
konfrontieren – Verb, (mlat. confrontare = „Stirn gegen Stirn“, gegen&uuml;berstellen)
Existenz, die – Subst., (sp&auml;tlat. ex(s)istentia = Dasein, Vorhandensein)
Priorit&auml;t, die – Subst., (franz. priorit&eacute; &lt; mlat. prioritas)
Technologien, die – Subst., (neulat. technologia&lt;sp&auml;tgriechisch technolog&iacute;a =
einer Kunst gem&auml;&szlig;e Abhandlung)
Chef, der – Subst., (franz. chef = (Ober)haupt, zu lat. caput)
Reservat, das –
Subst., (lat. reservatum, oder Partizip von lat. reservare =
aufbewahren)
Detail, das – Subst., (franz. detail, zu detailer = abteilen, in Einzelteile zerlegen)
Herkunft der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Franz&ouml;sisch
11%
Lateinisch
44,5%
Sekund&auml;re &Uuml;bernahme
44,5 %
21
Wortart der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Substantiv
89 %
Adjektiv
0%
Verb
11 %
Der Gesamtanteil der Fremdw&ouml;rter ist 5%.
Artikel: Inflationssorgen trotz niedriger Teuerungsraten. In.: Frankfurter
allgemeine Zeitung, 30.1.2013.
Inflation, die – Subst., (lat. inflatio = das Aufschwellen)
Benzin, das – Subst., (mlat. benzo&euml;)
Politik, die – Subst., (franz. politique &lt; sp&auml;tlat. politice &lt; griech. polītikē = Kunst
der Staatsverwaltung)
Fokus, der – Subst., (lat. focus = Feuerst&auml;tte, Herd)
Pr&auml;sident, der - Subst., (franz. pr&eacute;sident &lt; lat. praesidens)
Niveau, das – Subst., (franz. niveau &lt; altfranz. livel &lt; lat. libella)
Index, der - Subst., (lat index = Anzeiger)
drastisch – Adj., (griech. drastik&oacute;s = tatkr&auml;ftig)
dramatisch – Adj., (sp&auml;tlat. dramaticos &lt; griech. dramatik&oacute;s)
Energie, die – Subst., (franz. &eacute;nergie &lt; sp&auml;tlat. energie &lt; griech. en&eacute;rgeia)
Prozent, das – Subst., (ital. per cento, zu lat. centum = hundert)
Herkunft der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Griechisch
9%
Lateinisch
36,4 %
Sekund&auml;re &Uuml;bernahme
54,6 %
22
Wortart der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Substantiv
81,9 %
Adjektiv
18,1 %
Verb
0%
Der Gesamtanteil der Fremdw&ouml;rter im Artikel ist 1,6 %.
Artikel: Echte Natur gestalten, In.: Frankfurter allgemeine Zeitung,
30.1.2013.
Designhauptstadt, die &lt; Design, das – Subst., (engl. design &lt; franz. desseing, zu
desseigner = zeichnen, entwerfen&lt;ital. disegnare&lt;lat. designare)
Sauce, die – Subst., (franz. sauce = Tunke, Br&uuml;he &lt; vlat. salsa =, zu lat. salsus =
gesalzen)
organisch – Adj., (lat. organicus &lt; griech. organik&oacute;s = als Werkzeug dienend)
Credo, das – Subst., (lat. credo = ich glaube)
Dekor, der – Subst., (franz. d&eacute;cor, zu d&eacute;corer)
Service, das - Subst., (franz. service = Dienstleistung &lt; lat. servitum =
Sklavendienst)30
Trend, der – Subst., (engl. trend, zu: to trend = sich neigen, sich erstrecken)
Tango, der – Subst., (span.tango)
Toilette, die – Subst., (franz. toilette, toile = Tuch, worauf man das Waschzeug
legt)
experimentieren – Verb, (lat. experimentum = Versuch, Probe)
Chefin, die – Subst., (franz. chef = (Ober)haupt, zu lat. caput)
Marketing, das – Subst., (engl marketing, zu: to market = Handel treiben )
akustisch – Adj., (griech. akoustik&oacute;s = das Geh&ouml;r betreffend)
produzieren – Verb, (lat. producere = hervorbringen)
Assoziation, die – Subst., (franz. association)
Produkt, das – Subst., (lat. producum = das Hervorgebrachte)
30
Anm. auch Service, der – Subst. (engl. service = Dienst, Bedienung &lt; franz. service&lt; lat.
servitum)
23
Exponat, das – Subst., (russ. eksponat, zu lat. exponere)
international – Adj., (engl. international)
Herkunft der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Englisch
16,7 %
Franz&ouml;sisch
16,7 %
Spanisch
5,5 %
Griechisch
5,5 %
Lateinisch
22,3 %
Sekund&auml;re &Uuml;bernahme
33,3 %
Wortart der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Substantiv
72,2%
Adjektiv
16,7%
Verb
11,1 %
Der Gesamtanteil der Fremdw&ouml;rter im Artikel ist 2%.
Artikel: John Kerry als neuer Au&szlig;enminister best&auml;tigt, In.: Berliner Zeitung,
29.1.2013
Comeback, das – Subst., (engl. comeback, zu: to come back = zur&uuml;ckkommen)
Kongress, der – Subst., (lat. congressus = Zusammenkunft)
Minister, der – Subst., (franz. minister = Diener (des Staates))
State Department, das – Subst., (am.engl. Au&szlig;enministerium der USA)
Diplomatin, die –Subst., (franz. diplomate, zu: diplomatique)
engagieren – Verb, (franz. engager = in Gage nehmen)
Pr&auml;sident, der - Subst., (franz. pr&eacute;sident &lt; lat. praesidens)
24
Herkunft der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Englisch
28,6 %
Franz&ouml;sisch
43 %
Lateinisch
14,2 %
Sekund&auml;re &Uuml;bernahme
14,2 %
Wortart der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Substantiv
85,7 %
Adjektiv
0%
Verb
14,3 %
Der Gesamtanteil der Fremdw&ouml;rter im Artikel ist 1,7 %.
Artikel: Berlinale: Kann Anita Ekberg schwimmen? In.: Berliner Zeitung,
30.1.2013
Jury, die – Subst., (franz. jury &lt; engl.jury &lt; altfranz. jure&eacute; = Versammlung der
Geschworenen)
Chef, der - Subst., (franz. chef = (Ober)haupt, zu lat. caput)
Programm, das – Subst., (franz. programme &lt; sp&auml;tlat. programma &lt; griech.
pr&oacute;gramma = schriftliche Bekanntmachung)
Dekollet&eacute;, das – Subst., (franz. d&eacute;collett&eacute;)
Motto, das – Subst., (ital. motto = Wahlspruch &lt; sp&auml;tlat. muttum = muckser)
Campus, der – Subst., (engl. campus &lt; lat.campus)
illustrieren – Verb, (lat. illustrare = erleuchten)
Star, der – Subst. (engl. star = Stern)
25
Independent-Film, der – Subst., (engl. independence = Unabh&auml;ngigkeit; engl film
= H&auml;utchen)
Festival, das – Subst., (engl. festival &lt; altfranz.festival, zu lat. festivus = festlich)
Sektion, die – Subst., (lat. sectio = das Schneiden, der Abschnitt)
Regisseur, der – Subst., (franz. r&eacute;gisseur = Spielleiter)
Herkunft der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Englisch
16,5 %
Franz&ouml;sisch
25 %
Lateinisch
16,5 %
Sekund&auml;re &Uuml;bernahme
42 %
Wortart der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Substantiv
91,7%
Adjektiv
0%
Verb
8,3 %
Der Gesamtanteil der Fremdw&ouml;rter im Artikel ist 2,4 %.
Artikel: Milliarden-Hilfe f&uuml;r Zypern r&uuml;ckt n&auml;her. In.: S&uuml;ddeutsche Zeitung,
30.1.2013.
Partner, der – Subst., (engl. partner &lt; altfranz. parҫonier = Teilhaber &lt; parҫon &lt;
lat. partitio)
Konto, das –Subst. (ital. conto = Rechnung &lt; sp&auml;tlat. computus = Berechnung)
Union, die – Subst., (kirchenlat. unio = Einheit, zu lat. unus = einer, ein)
Argument, das – Subst., (lat. argumentum, zu: arguere = erhellen; beweisen)
Interview, das – Subst. (engl. interview &lt; franz. entrevue = verabredete
Zusammenkunft)
26
Relevanz, die – Subst., (engl. relevance)
argumentieren – Verb, (lat. argumentarisch)
Anti- (in Anti-Regeln) – Pr&auml;fix im Subst., (griech. ant&iacute; = entgegen, nicht)
Kredit, das – Subst., (franz. cr&eacute;dit &lt; ital. credito &lt; lat. creditum = auf Treu und
Glauben Anvertrautes)
Herkunft der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Englisch
11,1 %
Griechisch
11,1 %
Lateinisch
33,3 %
Sekund&auml;re &Uuml;bernahme
44,5 %
Wortart der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Substantiv
89 %
Adjektiv
0%
Verb
11 %
Der Gesamtanteil der Fremdw&ouml;rter im Artikel ist 2,2 %.
Artikel: Man rauscht Bergam auf einem Baumstamm. In.: S&uuml;ddeutsche
Zeitung, 29.1.2013.
Journalist, der – Subst., (franz. journaliste)
Story, die – Subst., (engl. story &lt; altfranz. estoire &lt; lat. historia)
Fernsehinterview, das – Subst., Kompositum, (engl. interview &lt; franz. entrevue =
verabredete Zusammenkunft)
Katastrophe, die – Subst., (lat. catastropha &lt; griech. katastroph&eacute; = Umkehr,
Wendung)
Thriller, der – Subst., (engl. thriller &gt; to thrill = zittern machen)
hypen – Verb, (engl. hype, to hype = hochjubeln)
27
Chef, der - Subst., (franz. chef = (Ober)haupt, zu lat. caput)
Regime, das – Subst., (franz. r&eacute;gime &lt; lat. regimen = Lenkung, Leistung)
Herkunft der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Englisch
25 %
Franz&ouml;sisch
12,5 %
Lateinisch
12,5 %
Sekund&auml;re &Uuml;bernahme31
50 %
Wortart der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Substantiv
88 %
Adjektiv
0%
Verb
12 %
Der Gesamtanteil der Fremdw&ouml;rter im Artikel ist 1,4 %.
2.1
Zeitschriften
Artikel: Australien f&uuml;r Einsteiger, In.: Abenteuer und Reisen, 01/ 2013.
Pub, das – Subst., (engl. pub = &ouml;ffentliches Haus)
Jetlag, der – Subst., (engl. jet lag)
Beach, der – Subst., (engl. beach = Strand)
Atmosph&auml;re, die – Subst., (griech. atm&oacute;s = Dunst; griech. sphaīra = (Erd)kugel)
Caf&eacute;, das – Subst., (franz. caf&eacute;, &auml;lter – cabaret de caf&eacute; = Kaffeehaus)
Beat, der – Subst., (engl. beat; to beat = (Takt) schlagen)
Surfer, der – Subst., (engl. surfer)
Girl, das – Subst., (engl. girl)
31
Aus der urspr&uuml;nglichen Sprache &uuml;ber eine weitere Sprache ins Deutsche.
28
glorifizieren – Verb, (kirchenlat. glorificare = verherrlichen)
Kilometer, der – Subst.,(franz. kilom&eacute;tre, zu griech. ch&iacute;lioi = tausend)
szenisch – Adj., (franz. sc&eacute;ne &lt; lat. scaena, scena &lt; griech. skēnē = Zelt, H&uuml;tte)
Monotonie, die
–
Subst., (franz. monotonie &lt; griech. monoton&iacute;a
=
Gleichf&ouml;rmigkeit)
hypnotisch – Adj., (sp&auml;tlat. hypnoticus &lt; griech. hypnōtik&oacute;s = einschl&auml;fernd)
Outback, das – Subst., (engl. (the) outback = drau&szlig;en ganz hinten, weit au&szlig;erhalb)
kolossal – Adj., (franz. colossal, zu: colosse&lt; lat. colossus)
Konkurrenz, die – Subst., (mlat. concurretia = Mitbewerbung)
Passage, die – Subst., (franz. passage, zu: passer = Weg, Furt)
exakt – Adj., (lat. exactus = genau zugewogen)
Herkunft der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Englisch
39 %
Franz&ouml;sisch
22 %
Lateinisch
17 %
Griechisch
5%
Sekund&auml;re &Uuml;bernahme
17 %
Wortart der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Substantiv
72 %
Adjektiv
22 %
Verb
6%
Der Gesamtanteil der Fremdw&ouml;rter im Artikel ist 2 %.
Artikel: Kultur – Glanzzeiten. In.: Premium, Winter 2011/2012.
Interpretation, die – Subst., (lat. interpretatio)
Repertoire, das – Subst., (franz. r&eacute;pertoire &lt; sp&auml;tlat. repertorium = Verzeichnis)
29
international - Adj., (engl. international)
Ensemble, das (im Wort Barockensemble) – Subst., (franz. ensemble =zusammen
&lt; lat. insimul = zusammen, miteinander)
Festival, das (im Wort Musikfestival) – Subst., (engl. festival &lt; altfranz.festival,
zu lat. festivus = festlich)
Premiere, die – Subst., (franz. premi&eacute;re, zu premier = Erster)
Dirigent, der – Subst., (lat. dirigens)
Engagement, das – Subst., (franz. engagement)
Genre, das – Subst., (franz. genre &lt; lat. genus = Gattung)
Intensit&auml;t, die – Subst., (sp&auml;tlat. intensus = gespannt)
Orchester, das – Subst., (ital. orchestra, franz. orchestre &lt; lat. orschestra = f&uuml;r die
Senatoren bestimmter Ehrenplatz vorn im Theater)
Innovation, die – Subst., (sp&auml;tlat. innovatio = Erneuerung, Ver&auml;nderung)
Spontaneit&auml;t, die – Subst., (franz. spontan&eacute;it&eacute;, zu: spontan&eacute; &lt; sp&auml;tlat. spontaneus)
Herkunft der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Englisch
7,7 %
Franz&ouml;sisch
15,3 %
Lateinisch
31 %
Sekund&auml;re &Uuml;bernahme
46 %
Wortart der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Substantiv
92,3 %
Adjektiv
7,7 %
Verb
0%
Der Gesamtanteil der Fremdw&ouml;rter im Artikel ist 4,2 %.
30
Artikel: Kunstsafari in der M&uuml;nchener Innenstadt. In.: Art. Das
Kunstmagazin. 4.2.2013.
Megaphon, das - Subst., das (griech. m&eacute;gas = gro&szlig;, fon = griech. phōnē = Laut,
Ton)
Interview, das – Subst., (engl. interview &lt; franz. entrevue = verabredete
Zusammenkunft)
Projekt, das - Subst., (lat. proiectum = das nach vorn Geworfene)
Interaktion, die - Subst., (lat. inter = zwischen, unter, zu)
Konkurrenz, die - Subst., (mlat. concurretia = Mitbewerbung)
Duo, das (im Wort K&uuml;nstlerduo) - Subst., (ital. duo = Duett &lt; lat. duo = zwei)
international – Adj., (engl. international)
zentral – Adj., (lat. centralis = in der Mitte befindlich)
Safari, die - Subst., (arab. safar = Reise)
Jury, die - Subst., (franz. jury &lt; engl.jury &lt; altfranz. jure&eacute; = Versammlung der
Geschworenen)
Performer, der - Subst., (engl. performer = K&uuml;nstler)
Event, der od. das - Subst., (engl. event &lt; altfranz. event &lt; lat. eventus, zu:
eventum = heraus-, hervorkommen)
Infrastruktur, die – Subst., (lat. infra = in Verbindung mit Substantiven,
Adjektiven = die beschriebene Sache liegt, besteht unterhalb von etwas)
Diskussion, die – Subst., (sp&auml;tlat. discussio = Untersuchung, Pr&uuml;fung)
Herkunft der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Englisch
14,3 %
Arabisch
7,1 %
Lateinisch
43 %
Griechisch
7,1 %
Sekund&auml;re &Uuml;bernahme32
28,5 %
32
Aus der urspr&uuml;nglichen Sprache &uuml;ber eine weitere Sprache ins Deutsche.
31
Wortart der Fremdw&ouml;rter
Prozentueller Anteil
(Im Rahmen der FW)
Substantiv
86 %
Adjektiv
14 %
Verb
0%
Der Gesamtanteil der Fremdw&ouml;rter im Artikel ist 2,2 %.
3.
Fazit
Im praktischen Teil unserer Arbeit haben wir unterschiedliche Artikel in der
deutschen sowie &ouml;sterreichischen Presse erforscht. Dabei haben wir uns vor allem
auf die Herkunft der Fremdw&ouml;rter sowie auf Wortarten konzentriert, die in den
vorhandenen Artikeln &uuml;berwiegen. Schlie&szlig;lich wurde noch erg&auml;nzt, wie hoch der
prozentuale Anteil der Fremdw&ouml;rter in den einzelnen Artikeln ist.
Aus der durchgef&uuml;hrten Analyse ergibt sich, dass die Fremdw&ouml;rter in der
deutschen Sprache ziemlich h&auml;ufig vorkommen. Unter den ausgew&auml;hlten Artikeln
befand sich keiner, der keine Fremdw&ouml;rter enthielt. Durchschnittlich liegt der
Anteil der Fremdw&ouml;rter in den Artikeln bei 3%, wobei die Fremdw&ouml;rteranzahl in
der &ouml;sterreichischen Zeitung Der Standard in beiden Artikeln noch h&ouml;her ist.
Was die Sprachen betrifft, aus denen die Fremdw&ouml;rter stammen, wurden die
meisten W&ouml;rter aus dem Lateinischen entlehnt, in den von uns ausgew&auml;hlten
Artikeln bilden die W&ouml;rter lateinischer Herkunft 38 Prozent. Sehr h&auml;ufig kamen in
den Artikel solche Fremdw&ouml;rter vor, die bereits sekund&auml;r aus einer Sprache
&uuml;bernommen und durch eine weitere Sprache beeinflusst wurden. Sehr oft
stammen solche W&ouml;rter aus dem Lateinischen, bzw. Griechischen. Neben den
Fremdw&ouml;rtern traten oft sog. Lehnw&ouml;rter (im theoretischen Teil erkl&auml;rt) auf, bei
denen ihre fremde Herkunft nicht auf Anhieb zu erkennen ist. Au&szlig;er diesen zwei
Gruppen k&ouml;nnen wir noch einen starken Einfluss des Englischen und
Franz&ouml;sischen beobachten. Der Anteil der Fremdw&ouml;rter englischer Herkunft liegt
32
bei ca. 15 Prozent. Der prozentuelle Anteil franz&ouml;sischer W&ouml;rter ist etwas
geringer, und zwar 13 Prozent. Weiter kamen die W&ouml;rter griechischer, arabischer,
italienischer und spanischer Herkunft vor, die durchschnittlich 5% des
Wortschatzes bildeten.
Das andere Kriterium, auf das wir uns konzentriert haben, stellt die Wortart dar.
Die Fremdw&ouml;rter in den analysierten Artikeln wurden durch drei Wortarten
vertreten und zwar Substantive, Adjektive und Verben. In der Auswahl der
Wortarten &uuml;berwiegen eindeutig die Substantive, die 84,5 % bildeten, Adjektive
und Verben fremder Herkunft wurden bereits weniger verwendet. Der prozentuale
Anteil der Adjektive in den Artikeln lag bei 8,8 Prozent und bei den Verben 6,2
Prozent.
Allgemein k&ouml;nnen wir also feststellen, dass in der deutschen und &ouml;sterreichischen
Presse h&auml;ufig Substantive einen Fremdwort-Bezug haben, gefolgt von Adjektiven,
Verben und den &uuml;brigen Wortarten. Der fremde Wortschatz stammt meistens aus
dem Lateinischen, obwohl es zu erwarten w&auml;re, dass das Englische den gr&ouml;&szlig;ten
Einfluss haben w&uuml;rde. Heutzutage hat die deutsche Sprache eine Tendenz, die
englischen W&ouml;rter zu &uuml;bernehmen; es ist m&ouml;glich, dass in der Zukunft die
englischen W&ouml;rter einen gr&ouml;&szlig;eren Einfluss auf den deutschen Wortschatz aus&uuml;ben
werden.
33
Zusammenfassung
Mithilfe der ausgew&auml;hlten deutschen und &ouml;sterreichischen Zeitungen und
Zeitschriften wollten wir feststellen, durch welche Gemeinsamkeiten sich der
Fremdwortschatz auszeichnen l&auml;sst. In jeder Zeitung wurden jeweils zwei Artikel
analysiert, die zu unterschiedlichen Bereichen geh&ouml;ren – meistens handelte es sich
um Kultur und Politik/Wirtschaft. Als Hauptkriterium haben wir die urspr&uuml;ngliche
Sprache gew&auml;hlt, aus der die fremden Elemente &uuml;bernommen werden. Daneben
haben wir uns auf die Wortart der Fremdw&ouml;rter konzentriert. In der Tabelle der
Fremdwortherkunft wurden auch sekund&auml;re &Uuml;bernahmen beachtet, die sich
meistens auf Entlehnungen beziehen. Diese W&ouml;rter haben einen l&auml;ngeren Prozess
durchgemacht, da sie &uuml;ber eine weitere Sprache indirekt ins Deutsche eingeflossen
sind. Meistens stammen solche W&ouml;rter aus dem Lateinischen oder Griechischen
und wurden durch das Franz&ouml;sische, bzw. Italienische oder Englische beeinflusst.
Diese W&ouml;rter haben sich an das Deutsche bereits in solchem Ma&szlig; angepasst, dass
sie (oder bestimmte Wortteile) die deutsche Flexion &uuml;bernommen haben. Bei
einigen Fremdw&ouml;rter wurde im Gegenteil die Flexion der urspr&uuml;nglichen Sprache
erhalten, z. B. Tempo (Sg.) – Tempi (Pl.), aber auch die deutsche Flexion Tempos
ist m&ouml;glich. Weiter sollte ber&uuml;cksichtigt werden, dass die Fremdw&ouml;rter oft als
Komposita im Satz auftreten, wobei das Determinans oder das Determinatum
einheimischer Herkunft ist, z. B. Seefood, Barockensemble,…
In den Artikeln, die sich mit der Politik besch&auml;ftigen, sind die Fremdw&ouml;rter vor
allem lateinischer, bzw. griechischer Herkunft. In den die Kultur betreffenden
Artikeln kommen dagegen sehr h&auml;ufig englische oder franz&ouml;sische Fremdw&ouml;rter
vor. In den wissenschaftlichen Abhandlungen und Fachtexten ist die Anzahl der
Fremdw&ouml;rter nat&uuml;rlich noch gr&ouml;&szlig;er.
In den vorhandenen Artikeln sind auch sog. Kunstw&ouml;rter zu finden, die jeweils
nicht in die Analyse eingeschlossen wurden, weil sie nicht aus einer fremden
Sprache stammen, sondern k&uuml;nstlich gepr&auml;gt wurden.
34
ANNOTATION DER BACHELORARBEIT
Name:
Lenka Dohnalov&aacute;
Lehrstuhl:
Lehrstuhl f&uuml;r Germanistik
Betreuerin:
Mgr. Marta Pallov&aacute;, Ph.D.
Verteidigungsjahr:
2013
Titel der Arbeit:
Die Fremdw&ouml;rter
Titel der Arbeit auf
Englisch:
Annotation auf
Tschechisch:
Foreign words
Bakal&aacute;řsk&aacute; pr&aacute;ce se zab&yacute;v&aacute; ciz&iacute;mi slovy v současn&eacute;m
německ&eacute;m jazyce. Pr&aacute;ce je rozdělena do dvou č&aacute;st&iacute;.
Teoretick&aacute; č&aacute;st vysvětluje specifika ciz&iacute;ch slov a
jejich pronik&aacute;n&iacute; do německ&eacute;ho jazyka. Praktick&aacute; č&aacute;st
analyzuje v&yacute;skyt jednotliv&yacute;ch ciz&iacute;ch slov v německ&eacute;m
a rakousk&eacute;m tisku, objasňuje jejich původ a ud&aacute;v&aacute;
procentu&aacute;lně jejich pod&iacute;l v jednotliv&yacute;ch čl&aacute;nc&iacute;ch dle
země, z kter&eacute; byly do němčiny převzaty.
Schl&uuml;sselw&ouml;rter:
Fremdwort, Deutsch, Zeitschrift, Zeitung, Artikel,
Entlehnung, Englisch, Franz&ouml;sisch, Lateinisch
Annotation auf Englisch:
This bachelor thesis focuses on foreign words in
current German. It is divided into two parts. The
theoretical part describes special features related to
foreign words and their entering the German
language. The practical part is a result of an analysis
which depicts the quantity of foreign words in
German and Austrian press.
Schl&uuml;sselw&ouml;rter auf
Englisch:
Foreign word, German, newspaper, magazine,
Anh&auml;nge:
11
Seitenzahl:
36
Sprache:
Deutsch
article, borrowing, English, French, Latin
35
Bibliographie:
Betz, Werner. Lehnw&ouml;rter und Lehnpr&auml;gungen im Vor- und F&uuml;hdeutschen. In:
Deutsche Wortgeschichte I. Berlin: De Gruyter, 1974.
Bu&szlig;mann, Hadumod. Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart: Kr&ouml;ner, 1990.
Duden. Deutsches Universalw&ouml;rterbuch. Mannheim: Dudenverlag, 2011.
Polenz, Peter von. Geschichte der deutschen Sprache. Berlin: Walter de Gruyter
&amp; Co, 1966.
Schmidt, Wilhelm. Geschichte der dt. Sprache. 7. &uuml;berarbeitete Auflage.
Stuttgart: S. Hirzel Verlag, 1996.
Internetquelle:
http://www.duden.de/sites/default/files/downloads/Duden_Das_Fremdwort_
Lesenswertes_und_Interessantes.pdf, S. 18 -35, [22. 1. 13]
36
Anlagen
1. Artikel: Ab ins Reservat.
2. Artikel: Inflationssorgen trotz niedriger Teuerungsraten
3. Artikel: Echte Natur gestalten.
4. Artikel: John Kerry als neuer Au&szlig;enminister best&auml;tigt.
5. Artikel: Kann Anita Ekberg schwimmen?
6. Artikel: Miliarden-Hilfe f&uuml;r Zypern r&uuml;ckt n&auml;her.
7. Artikel: Man rauscht Bergam auf einem Baustamm.
8. Artikel: Australien f&uuml;r Einsteiger.
9. Artikel: Kunstsafari in der M&uuml;nchener Innenstadt.
10. Atikel: Kultur-Glanzzeiten
1. Ab ins Reservat
Stanley Kubricks zu Verschlagenheit neigender Supercomputer HAL 9000 war
noch Fiktion. Geht es nach Huw Price von der Uni Cambridge, wird die
Menschheit aber bald schon tats&auml;chlich mit k&uuml;nstlicher Intelligenz konfrontiert
sein.Das h&auml;tte viel Gutes, k&ouml;nnte aber unangenehm werden. Laut Price m&uuml;ssten
derart &uuml;berlegene Maschinen dem Menschen gar nicht feindlich gesinnt sein, um
ihm dennoch zur Gefahr zu werden: Wenn die Dinger sich erst einmal selbst
entwickeln und vervielf&auml;ltigen k&ouml;nnen, w&auml;re unsere weitere Existenz wohl keine
Priorit&auml;t der neuen Weltherren. Zur Veranschaulichung f&uuml;hrt Price das Schicksal
der Gorillas an - akut vom Aussterben bedroht, ohne aktiv von uns bek&auml;mpft zu
werden. Nur ihren Lebensraum haben wir auf eine f&uuml;r sie unlebbare Art ver&auml;ndert.
&Auml;hnliches k&ouml;nnte uns auch bl&uuml;hen. Price fordert deshalb eine Einrichtung, die
Gefahren neuer Technologien vor der Anwendung auslotet.Klingt so weit
vern&uuml;nftig. Alternativ k&ouml;nnten wir immer noch hoffen, dass die Chefmaschinen
dereinst einen &auml;hnlich barmherzigen Ansatz w&auml;hlen, wie unsereins beim Gorilla:
Die letzten der Art w&uuml;rden in ein Reservat gesperrt, wo sie sich von den neuen
Herren aufs Aufmerksamste bedienen und bemuttern lassen d&uuml;rften. So ganz
anders als das, was wir uns von der sch&ouml;nen neuen Welt ertr&auml;umen, w&auml;re das dann
gar nicht - bis auf ein paar wesentliche Details halt.
2. Inflationssorgen trotz niedriger Teuerungsraten
Eigentlich sind die Teuerungsraten niedrig, doch die Amerikaner schielen bei
ihrer Inflationswahrnehmung auf den schwankenden Benzinpreis. Die Geldpolitik
der Zentralbank ist unter &Ouml;konomen umstritten und das Vertrauen der B&uuml;rger eher
gering. Die amerikanische Zentralbank Federal Reserve (Fed) sieht auf Jahre
keine Inflationsgefahren am Horizont. Der gemeine Amerikaner ist sich da nicht
sicher. Umfragen &uuml;ber Inflationssorgen der Bev&ouml;lkerung machen in den
Vereinigten Staaten zwar generell selten Schlagzeilen, der Fokus liegt eher auf der
Arbeitslosigkeit. Zuletzt aber lie&szlig;en einige Ergebnisse aufmerken.37 Prozent der
W&auml;hler sahen bei der Pr&auml;sidentenwahl im November steigende Preise als das
wichtigste wirtschaftliche Problem, wie eine Umfrage unter mehr als 25000
37
W&auml;hlern ergab. Die Inflations&auml;ngste lagen faktisch gleichauf mit der anderen
gro&szlig;en wirtschaftlichen Sorge, der Arbeitslosigkeit. Diese nannten 38 Prozent der
W&auml;hler als wichtigstes Wirtschaftsproblem.Wenig sp&auml;ter erschreckte eine
Umfrage der Meinungsforscher von Rasmussen Reports. 76 Prozent der Befragten
waren danach &uuml;ber die Inflation besorgt, darunter 48 Prozent sogar sehr besorgt.
Die Inflations&auml;ngste waren aber geringer als noch 2008 und 2009. Weniger
dramatisch fiel zum Jahresbeginn eine Gallus-Umfrage aus. Danach erwarteten 57
Prozent der Befragten, dass die Preise in diesem Jahr „vertretbar“ steigen w&uuml;rden.
42 Prozent aber rechneten mit hohen Preissteigerungen. Die Inflations&auml;ngste
stehen im Gegensatz dazu, dass das Preisniveau im vergangenen Jahr - gemessen
am Verbraucherpreisindex - gerade mal um 2,1 Prozent stieg, langsamer als die
3,2 Prozent im Vorjahr, als Energie und Nahrungsmittel drastisch teurer wurden.
Gemessen am Preisindex der pers&ouml;nlichen Konsumausgaben, der von der Fed als
Inflationsma&szlig; bevorzugt wird, stiegen die Preise 2013 nur um 1,7 Prozent.Die
Mitglieder des Offenmarktausschusses der Fed erwarten nach den im Dezember
ver&ouml;ffentlichten Prognosen, dass die Inflationsrate bis 2015 knapp unter 2 Prozent
verharren wird, obwohl die Wirtschaft schon von 2014 an mit 3 Prozent und mehr
wachsen soll. An diesem Dienstag und Mittwoch kommt der
Offenmarktausschuss zum ersten Mal in diesem Jahr zusammen. Eine &Auml;nderung
der lockeren Geldpolitik wird nicht erwartet.F&uuml;r Volkswirte von Gesch&auml;ftsbanken
ist Inflationsdruck in Amerika auf Sicht von mindestens ein bis zwei Jahren kein
Thema. Die Arbeitslosigkeit sei noch zu hoch und die Kapazit&auml;ten zu wenig
ausgelastet, hei&szlig;t es. Sie messen Verbraucherumfragen als Indikator k&uuml;nftiger
Inflation ein geringes Gewicht zu. „Die Haushalte geben weniger ihre
Preiserwartungen wider, sondern ihren Eindruck vom aktuellen Benzinpreis“, sagt
Harm Bandholz, Amerika-Volkswirt von Unicredit.Die Verbraucherumfragen der
Universit&auml;t Michigan und des Forschungsinstituts Conference Boards zeigten
zuletzt in der Tendenz eher abnehmende Preissorgen der Verbraucher. Ein
wichtiger Grund: Die Gallone Benzin (zu 3,8 Liter), die im Mai im landesweiten
Durchschnitt fast 4 Dollar kostete, ist derzeit f&uuml;r etwa 3,2 Dollar zu haben. Benzin
kostet je Liter also rund 85 Cent (umgerechnet 0,63 Eurocent)„Den
durchschnittlichen Verbraucher interessiert nicht der Verbraucherpreisindex,
sondern was es kostet, Essen auf den Tisch zu bringen, den Tank zu f&uuml;llen und die
Wohnung zu heizen oder zu k&uuml;hlen“, sagt auch Kenneth Goldstein, ein &Ouml;konom
des Conference Board. Goldstein verweist aber darauf, dass die amerikanischen
Verbraucher schon seit einigen Jahren systematisch eine h&ouml;here Inflationsrate
erwarteten als die Federal Reserve. In der Umfrage des Conference Board sahen
die Verbraucher in den vergangenen Monaten die Inflation auf Sicht von zw&ouml;lf
Monaten bei 5,5 bis 6 Prozent.In der Umfrage der Universit&auml;t Michigan und von
Thomson Reuters lagen die Inflationserwartungen um 3 Prozent. Mit dem etwa
2004 einsetzenden Anstieg und den gro&szlig;en Schwankungen des Benzinpreises
seien die Inflationserwartungen der Konsumenten generell auf ein h&ouml;heres Niveau
gerutscht, erkl&auml;rt der &Ouml;konom. Ein solcher Fokus der Verbraucher auf nur wenige
Preise anstatt auf den gesamten Warenkorb ist den Deutschen aus der Zeit der
Umstellung von der Mark auf den Euro als „gef&uuml;hlte Inflation“ bekannt.
38
3. Echte Natur gestalten
Helsinki ist in diesem Jahr Welthauptstadt des Designs. Eine Reise in ein Land,
das wie kaum ein zweites den Geschmack der Welt gepr&auml;gt hat. Schon vor 15
Jahren wurde die „Block Lamp“ von Harri Koskinen entwickelt.Diese Reise in die
diesj&auml;hrige Designhauptstadt der Welt beginnt gut 50 Kilometer von Helsinki
entfernt und 350 Meter unter der Erde. Es ist ein kaltes Vergn&uuml;gen, das mit einem
Willkommenscocktail startet und mit einem Apfelkuchen und einer SanddornCalvados-Sauce in 200 Meter Tiefe endet. „Muru“, das vielleicht beste Restaurant
Helsinkis, ist aus der Stadt und unter die Erde gezogen. F&uuml;r einige Wochen hat es
in der tiefsten Kalkmine der Welt, die noch in Betrieb ist, Tische, B&auml;nke und eine
ganze K&uuml;che aufgestellt.In der Mine Tytyri erwarten den Gast nicht nur
ger&auml;ucherter Lachs und gebratenes Kalbsfilet. Auf die Tische kommt auch, was
unter Finnlands Kreativen Rang und Namen hat: Da steht Alvar Aaltos ber&uuml;hmte
Vase, die organisch geschwungen wie eine Wolke und Finnlands ber&uuml;hmtestes
Designst&uuml;ck &uuml;berhaupt ist, neben den geriffelten Wassergl&auml;sern seiner Frau Aino.
Tapio Wirkkala ist mit seinen Schnapsgl&auml;sern „Ultima Thule“, die zerkl&uuml;ftet sind
wie schmelzendes Lappland-Eis, genauso vertreten wie auch der wohl wichtigste
zeitgen&ouml;ssische finnische Designer Harri Koskinen. Von seiner neuen
Geschirrserie „Sarjaton“, auf der sich unter anderem alte finnische Stickereien und
kleine Zweige wie geflochtene Z&ouml;pfe finden, wird an diesem Abend
gegessen.Normalerweise n&auml;hert man sich Helsinki aus der Luft oder – noch besser
– vom Meer. Fast eine halbe Million Besucher kommen jeden Sommer auf
Kreuzfahrtschiffen vom Finnischen Meerbusen her in die Hafenstadt, vor allem
Touristen aus dem Baltikum, die mal eben die Land-Seiten wechseln (Helsinki
liegt gegen&uuml;ber der estnischen Hauptstadt Tallinn), oder aus dem nur wenig
ferneren St. Petersburg. Das Panorama der Stadt, das noch immer vom 150 Jahre
alten Dom und der Uspenski-Kathedrale, der gr&ouml;&szlig;ten orthodoxen Kirche
Westeuropas, &uuml;berragt wird, beeindruckt den von der See her Anreisenden
besonders. Zun&auml;chst nur mit seinen neoklassizistischen Fassaden.Dahinter
verbergen sich aber viele noch prachtvollere Jugendstil-Bauten. Sie zeugen vom
wachsenden Reichtum der B&uuml;rger um die Jahrhundertwende. Der Wohlstand war
aber nicht von Dauer. Blutige Kriege mit dem einst das Land beherrschenden
&ouml;stlichen Nachbarn, der Sowjetunion, st&uuml;rzten gro&szlig;e Teile der Bev&ouml;lkerung des
Landes in Armut. Es w&auml;re zu einfach, den meist als „minimalistisch“ ger&uuml;hmten
Stil der ma&szlig;geblichen finnischen Designer, ihren R&uuml;ckgriff auf einfache
Materialien und Herstellungsprozesse wie Handarbeit, nur mit der Zeit der Not
und des Mangels zu erkl&auml;ren. Doch ohne Zweifel wurden viele gro&szlig;e Gestalter
des 20. Jahrhunderts davon beeinflusst. Etwas Sch&ouml;nes f&uuml;r jeden, so lautete ein
Credo der Kriegs- und Nachkriegsgeneration. Und es sollte etwas sein, das mit
Land und Leuten zu tun hat.Bestes Beispiel: Die nach Aino Aalto (Jahrgang 1894)
benannte Glasserie, die auch nach genau 80 Jahren noch eines der erfolgreichsten
Produkte des Herstellers Iittala ist. Jeder sollte sie sich leisten k&ouml;nnen, und weil
die Gl&auml;ser mit ihren markanten Ringen auch noch sch&ouml;n sind (Inspiration waren
Wellen, die entstehen, wenn ein Stein ins Wasser geworfen wird), hat tats&auml;chlich
jeder Finne mindestens ein Aino-Aalto-Glas in seinem Schrank stehen, von
Restaurants, Hotels und &uuml;berhaupt allen &ouml;ffentlichen Geb&auml;uden zu schweigen.Und
auch Kaj Franck (Jahrgang 1911) tat seinen Landsleuten Gutes: Mit seinem
wei&szlig;en Geschirr „Teema“ (urspr&uuml;nglich „Kilta“) verbannte er das mit Dekor
&uuml;berladene und aus zahllosen Einzelteilen bestehende Gro&szlig;mutter-Service aus fast
39
jedem finnischen Haushalt. Sp&auml;ter dann flog „Teema“ mit Finnair als Bote des
guten Geschmacks &uuml;ber die Ozeane und wurde zum Exportschlager.Das finnische
Design, kaum aus der Not geboren, bekam schon fr&uuml;h seine internationale
Plattform – mit den Olympischen Sommerspielen im Jahr 1952. Ganze Hotels
wurden eigens f&uuml;r das Treffen der Jugend der Welt gebaut und mit allem, was an
Wohlgestaltetem damals aufzubieten war, ausgestattet. Dabei wurde das angeblich
erste Designhotel der Welt, das „Halkin“ im Herzen des Londoner Stadtteils
Belgravia, erst 30 Jahre sp&auml;ter er&ouml;ffnet. Heute herrscht in der Designhauptstadt
Helsinki an Designhotels kein Mangel – am bekanntesten ist wohl das „Klaus K“,
benannt nach dem finnischen Nationalepos „Kalevala“, an dem auch K&uuml;nstler wie
Riiko Sakkinen und Jani Leinonen sowie nat&uuml;rlich Harri Koskinen mitentworfen
haben.„Finnisches Design“, sagt Koskinen, „ist ehrlich.“ Kein Schnickschnack,
„what you see, is what you get“. „Es macht Sinn, ist funktional, l&auml;uft keinen
Trends hinterher und ist darum zeitlos sch&ouml;n.“ Erstaunlich, wie unbeeinflusst von
au&szlig;en auch die nachfolgenden Designergenerationen auf den Minimalismus
setzen. Glas, Holz, Papier sind noch immer die bevorzugten Materialien. Und die
Nachwachsenden spielen bei ihren Arbeiten geradezu mit der Natur Finnlands,
wie einer von Koskinens ersten Entw&uuml;rfen aus dem Jahr 1996 zeigt: F&uuml;r seine
„Block Lamp“ hat er eine Gl&uuml;hbirne in einen Block k&uuml;nstlichen Eises
„eingefroren“ – ein irritierender und ausgesprochen sch&ouml;n leuchtender Effekt.Mit
der Natur irgendwie in Einklang f&uuml;hlt sich angeblich das ganze finnische Volk,
obwohl es doch unter den langen dunklen Wintermonaten zu leiden hat. Finnen
gelten als distanziert, pessimistisch oder zumindest melancholisch, was nat&uuml;rlich
auch mit dem Mangel an Sonne zu tun hat. Vermutlich gerade darum ist in
Finnland der Tango seit bald 100 Jahren so beliebt. „Wir sind einfach nicht gut
darin, Gef&uuml;hle zu zeigen. Und Tango ist eine M&ouml;glichkeit, unsere Gef&uuml;hle
auszudr&uuml;cken“, sagt Siru Nori von Iittala. Und es sei auch in fr&uuml;heren Zeiten oft
die einzige M&ouml;glichkeit gewesen, sich nahe zu kommen. Dar&uuml;ber hinaus liebt das
Volk Finnlands sentimentale Musik in Moll – dazu Hard Rock und Karaoke.
Selbst in einer &ouml;ffentlichen Toilette in der Stadt kann man neuerdings die Lippen
zur Konservenmusik bewegen.Tradition und Moderne vers&ouml;hnen sich in kaum
einer anderen Hauptstadt Europas sch&ouml;ner als in Helsinki. Das beweist nicht
zuletzt eine der ganz gro&szlig;en K&uuml;nstlerinnen des Landes: Ritva Puotila (Jahrgang
1935). Noch heute bewahrt sie das alte Paar Schuhe aus dem Jahr 1942 auf, das
ihrer Karriere auf die Spr&uuml;nge geholfen hat. Die Sohlen sind aus Holz, der Rest
besteht statt aus Leder aus geflochtenem Papier. „Damals gab es einfach kein
anderes Material“, sagt Puotila, und im Sommer h&auml;tten die Schn&uuml;rschuhe auch
fast allen Widrigkeiten standgehalten. Sp&auml;ter, als sie schon in Helsinki am Institut
f&uuml;r handwerkliche Fertigkeiten, wie es damals hie&szlig;, in die Lehre ging, begann
sich Ritva Puotila zu fragen, ob sich Papier nicht auch mit modernem Design
verbinden lie&szlig;e. Seither hat sie als K&uuml;nstlerin und Industriedesignerin mit keinem
anderen Material so viel und ausgiebig experimentiert und gearbeitet wie mit
diesem ihre Heimat so pr&auml;genden Rohstoff.Auf Papier gebaut hat sie dann auch
ihre zweite Karriere – als Firmenchefin, allerdings von Anfang an zusammen mit
ihrem Sohn Mikko. Vor einem Vierteljahrhundert wagten die beiden den mutigen
Schritt und gr&uuml;ndeten Woodnotes, ein Jahr nach ihrer ersten gro&szlig;en Retrospektive
und nur wenige Tage, nachdem er sein Wirtschaftsstudium, Schwerpunkt
Marketing, abgeschlossen hatte. Teppiche aus Papier, Schmuck aus Papier,
Taschen aus Papier, Raumteiler aus Papier, neuerdings auch Blenden f&uuml;r die
Wand („acoustic panels“), die Schall schlucken und damit das Klima eines Raums
40
akustisch verbessern.Inzwischen produziert das Familienunternehmen der Puotilas
sogar M&ouml;bel aus Papier – wie etwa den super bequemen Lounge Chair „K“ mit
Ottoman von Harri Koskinen (Jahrgang 1970). Insgesamt &uuml;berschaubare 56
Produkte hat Woodnotes im Angebot. Fast alles wird von Hand hergestellt, und es
werden stets nur nat&uuml;rliche Materialien verwendet. &Uuml;berall steckt allerdings auch
Papier drin. Ein Muss, selbst wenn, und das bedauert Puotila, der Rohstoff aus
Schweden stammt, weil in Finnlands Fabriken Papier in solchen Massen
hergestellt wird, dass Woodnotes als Kunde einfach zu klein ist. Und auch ein
Teil der Produktion findet nicht in Finnland, sondern in Estland statt.Papier, sagt
Puotila, sei wirklich geduldig. Zumindest ist das von ihnen verwendete, meist in
Fadenform versponnene und dann verwebte Papier strapazierf&auml;hig. Selbst Kaffee
oder Rotwein lasse sich von ihren Teppichen einfach abtupfen. Alle Wood-notesProdukte sind &ouml;kologisch abbaubar und k&ouml;nnten problemlos auf dem
garteneigenen Kompost verrotten. Die papiernen Ergebnisse k&ouml;nnen sich sehen
lassen. Der Teppich „Beach“ von Ritva Puotila, in dessen zwei Farben sich Strand
und Meer widerspiegeln, wurde erst in diesem Jahr auf der K&ouml;lner M&ouml;belmesse
IMM mit einem „Interior Innovation Award“ ausgezeichnet.Wie es zum Namen
Woodnotes kam? Weil er viele Assoziationen bef&ouml;rdere, sagt Mikko Puotila.
„Zun&auml;chst steht Finnland ja f&uuml;r W&auml;lder.“ Man k&ouml;nnte aber auch ans Weben von
Teppichen denken, an die kleinen Knoten, englisch „knot“. Eigentlich aber, sagt
Puotila, geht Woodnotes auf das gleichnamige Gedicht des Amerikaners Ralph
Waldo Emerson zur&uuml;ck, in dem er die T&ouml;ne des Waldes beschreibt, wenn sich
zum Beispiel Espenlaub im Wind bewegt. Symbolhaft ist auch der Ort, an dem
Ritva Puotila ihre Werkstatt und Mikko Puotila seinen Showroom haben: in einer
ehemaligen Kabelfabrik von Nokia. Anscheinend hat hier, im zugleich gr&ouml;&szlig;ten
Kulturzentrum Finnlands, das gute Alte &uuml;ber das schlechte Neue obsiegt.Finnland
ist eine erfolgreiche Industrienation. Fiskars ist der beste Beweis. Der gr&ouml;&szlig;te
Verkaufsschlager des 1649 gegr&uuml;ndeten Eisenwerks stammt aus dem Jahr 1967:
eine Schere mit orangefarbennem Plastikgriff, die sich bislang auf der ganzen
Welt eine Milliarde Mal verkauft hat. Der Kunststoff senkte vor allem die
Produktionskosten der einstmals ganz aus Metall bestehenden Scheren erheblich.
Das Orange des Designerst&uuml;cks, das seinem Gestalter zuf&auml;llig in der Restetonne in
die H&auml;nde fiel, wurde sp&auml;ter zum Markenzeichen des Unternehmens und findet
sich nun an jedem Produkt des Hauses Fiskars.Nat&uuml;rlich ist auch die Schere
inzwischen ein Exponat des einzigen finnischen Designmuseums, so wie rund
7500 weitere Produkte. In diesem Jahr zeigt das Designmuseo in Helsinki in einer
Ausstellung mit dem stolzen Titel „Die Erbauer der Zukunft“ finnisches Design
aus den Jahren 1945 bis 1967. Es war die goldene &Auml;ra. Wenn auch viele der
bekanntesten Arbeiten vor 1945 entstanden sind, so fand das finnische Design
doch erst nach dem Krieg auch international die ihm geb&uuml;hrende Beachtung.Eine
Designreise in die diesj&auml;hrige Designhauptstadt der Welt muss einfach im
Wohnhaus und Studio der beiden Lichtgestalten des finnischen Designs enden.
Bis zu 30 Architekten arbeiteten im Haus an der Stra&szlig;e mit Namen Tiilim&auml;ki, die
in Munkkiniemi liegt und erst seit wenigen Jahrzehnten zu Helsinki geh&ouml;rt. Fr&uuml;her
fuhr eine private Tram hinaus in die W&auml;lder zu Aino und Alvar Aalto. Heute f&auml;hrt
eine Stra&szlig;enbahn in die nicht mehr ganz neuen Neubaugebiete der Stadt. Ihr
Verm&auml;chtnis ist gro&szlig;, und es ist &uuml;berall zu haben, auch weil die beiden 1935 mit
zwei Freunden das Unternehmen Artek gr&uuml;ndeten. Es sollte ihre M&ouml;bel verkaufen,
zugleich aber auch eine moderne Wohnkultur in Finnland bef&ouml;rdern.
41
4. John Kerry ist neuer Au&szlig;enminister der USA
Washington - Der US-Senat hat den fr&uuml;heren demokratischen
Pr&auml;sidentschaftskandidaten John Kerry als neuen Au&szlig;enminister best&auml;tigt. Das
Oberhaus des Kongresses in Washington w&auml;hlte den 69-j&auml;hrigen Demokraten mit
klarer Mehrheit von 94 zu 3 Stimmen zum Nachfolger von Hillary Clinton. Nach
28 Jahren im Senat soll Kerry laut Medienberichten noch in dieser Woche als
Minister vereidigt werden. Dies w&auml;re die erste best&auml;tigte Umbesetzung im
Kabinett des wiedergew&auml;hlten Pr&auml;sidenten Barack Obama.Bereits am Vormittag
hatte sich der ausw&auml;rtige Ausschuss des Senats ohne Gegenstimmen f&uuml;r Kerry
ausgesprochen. Der Vietnamveteran hatte w&auml;hrend seiner Anh&ouml;rung in der
Vorwoche die Schwerpunkte seiner Vorhaben im State Department dargelegt. Er
forderte eine gr&ouml;&szlig;ere Haushaltsdisziplin der USA, damit das Land au&szlig;enpolitisch
mehr Handlungsspielraum bekomme. Es sei auch im amerikanischen Interesse,
trotz der Schuldenkrise Hilfsprogramme f&uuml;r andere Staaten zu
unterst&uuml;tzen.&quot;Au&szlig;enpolitik ist mehr als je zuvor auch Wirtschaftspolitik&quot;, betonte
Kerry. Auch dem Klimawandel wolle er sich widmen, den er als ein
&quot;lebensbedrohliches Thema&quot; bezeichnete.Zu den schwierigsten Aufgaben Kerrys
d&uuml;rften zun&auml;chst die Frage eines Milit&auml;reinsatzes in Syrien, der k&uuml;nftige Iran-Kurs
sowie die Abwicklung des US-Truppenabzugs aus dem weiterhin instabilen
Afghanistan z&auml;hlen. Zudem steht die US-Haltung im Nahen Osten sowie
gegen&uuml;ber China auf dem Pr&uuml;fstand.In der Vergangenheit engagierte sich Kerry
unter anderem in Afghanistan und Pakistan. Au&szlig;erdem machte er sich im Senat
f&uuml;r ein Abkommen mit Russland zum Abbau von Atomwaffen stark. Dennoch
war er nicht Obamas erste Wahl: Zun&auml;chst wollte der Pr&auml;sident die UNBotschafterin Susan Rice auf den Posten setzen. Sie zog ihre Kandidatur aber
zur&uuml;ck, nachdem die Republikaner im Senat deutlich gemacht hatten, dass sie die
umstrittene Diplomatin im Best&auml;tigungsverfahren ablehnen w&uuml;rden.Die
Besetzung des Au&szlig;enamts ist eine der wichtigsten Personalentscheidungen f&uuml;r
Obama nach seiner Wiederwahl im November. Die Nominierungen des fr&uuml;heren
Stabschefs Jacob &quot;Jack&quot; Lew als Finanzminister und von Chuck Hagel als
Verteidigungsminister gelten als umstrittener. Hagels Anh&ouml;rung ist f&uuml;r
Donnerstag angesetzt.Kerry war 2004 als demokratischer Kandidat in das Rennen
um die Pr&auml;sidentschaft gezogen, hatte aber gegen den republikanischen
Amtsinhaber George W. Bush verloren. (red, APA, 30.1.2013)
5. Kann Anita Ekberg schwimmen?
Berlinale-Chef Dieter Kosslick stellt Jury und Programm des Filmfestivals vor.
Dann herrscht kurz Stille im Saal: War das jetzt eine Anspielung auf Anita
Ekbergs betr&auml;chtliches Dekollet&eacute;?Oops! War das jetzt schon ein klassischer
Br&uuml;derle oder doch nur ein doofer Scherz. Jedenfalls hat sich Folgendes
zugetragen bei der Pressekonferenz der 63. Berlinale. Die schwedische
Schauspielerin Anita Ekberg werde den Talent Campus dieser Internationalen
Filmfestspiele mit ihrem Besuch beehren, so hie&szlig; es.Warum auch nicht!
Schlie&szlig;lich lautet dessen Motto „Unterhaltung“. Der Campus-Leiter Matthijs
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Wouter Khol, Niederl&auml;nder von Geburt, illustrierte nun die Bedeutung des
einstigen Stars, indem er daran erinnerte, wie Ekberg in dem Filmklassiker „La
dolce Vita“ in der Fontana de Trevi in Rom schwamm. Schwamm?
6. Milliarden-Hilfe f&uuml;r Zypern r&uuml;ckt n&auml;her
Deutschland knickt unter dem Druck der Euro-Gruppe offenbar ein: Zwar hat
Finanzminister Sch&auml;uble nach wie vor Vorbehalte gegen ein MilliardenHilfspaket. Nach SZ-Informationen zeigt sich die Bundesregierung nun aber doch
bereit, die Ma&szlig;nahme mitzutragen. Die Bundesregierung gibt ihren Widerstand
gegen das geplante EU-Hilfspaket f&uuml;r Zypern offenbar auf. Zwar hat nach
Informationen der S&uuml;ddeutschen Zeitung vor allem Finanzminister Wolfgang
Sch&auml;uble (CDU) weiter gro&szlig;e Vorbehalte. In Regierungskreisen hie&szlig; es jedoch,
der Druck der Euro-Partner, der EU-Kommission und der Europ&auml;ischen
Zentralbank (EZB) sei so gro&szlig;, dass man eine Rettungsaktion am Ende wohl
werde mittragen m&uuml;ssen. Das gilt umso mehr, als Zypern erstmals zu tief
greifenden Reformen bereit zu sein scheint. Auch k&ouml;nnte das Paket kleiner
ausfallen als bisher bef&uuml;rchtet.Die Regierung in Nikosia hatte im Sommer 2012
um finanzielle Hilfe gebeten. Bisher rechneten die Euro-Partner mit 17,5
Milliarden Euro, was beinahe der j&auml;hrlichen Wirtschaftsleistung des Landes
entspricht. Mit dem Geld will Nikosia vor allem marode Banken stabilisieren. In
einigen Euro-Staaten - vor allem in Deutschland - gibt es Vorbehalte gegen
Hilfen, da Zypern die Banken mit Niedrigsteuers&auml;tzen ins Land gelockt hat und
im Verdacht steht, halbherzig gegen Geldw&auml;scheaktivit&auml;ten vor allem russischer
Kontobesitzer vorzugehen. In Berlin besteht deshalb die Sorge, dass Kanzlerin
Angela Merkel (CDU) die n&ouml;tige Bundestagsmehrheit f&uuml;r ein Zypern-Programm
verfehlen k&ouml;nnte.Sch&auml;uble hatte deshalb regierungsintern auch ein Ausscheiden
Zyperns aus der W&auml;hrungsunion ins Spiel gebracht. Sein Argument: Zypern sei
f&uuml;r die Euro-Zone als Ganzes nicht &quot;systemrelevant&quot; und d&uuml;rfe daher gar nicht
unterst&uuml;tzt werden. Auch &ouml;ffentlich, etwa in einem Interview der S&uuml;ddeutschen
Zeitung, stellte er die Systemrelevanz des Landes infrage.Erheblichen Widerstand
gibt es zudem in der FDP. Die Bef&uuml;rworter argumentieren, Zypern habe ein Recht
auf Hilfe und dass bei einem Scheitern der Verhandlungen die Euro-Krise mit
voller Wucht zur&uuml;ckkehren k&ouml;nnte. Intern sind die Vorbereitungen f&uuml;r ein
Rettungspaket ohnehin schon weit vorangeschritten, wie ein der SZ vorliegendes
internes Papier der Euro-L&auml;nder zeigt. Darin hei&szlig;t es: &quot;Wir gehen davon aus, dass
die endg&uuml;ltige Verst&auml;ndigung auf ein Programm im M&auml;rz erreicht werden kann.&quot;
7. Man rauscht Bergam auf einem Baustamm
Chirikure Chirikure ist ein hagerer Mann mit Brille und sch&uuml;tterem Schnauzbart,
an dem eigentlich nichts weiter auff&auml;llt. Aber er hat eine ungeheure
B&uuml;hnenpr&auml;senz. Vielleicht liegt es an seiner Mimik, einer w&uuml;rdevollen Mischung
aus Zur&uuml;ckhaltung und kindischem Zorn. Vielleicht ist es die Musik, die seine
Gedichte begleitet. Mbira, das simbabwische Zupfinstrument, kann klingen wie
ein M&auml;rchen, fern und nah zugleich. Vielleicht ist es Chirikure Chirikures
Aussprache, das platt gedr&uuml;ckte, hingenuschelte simbabwische Englisch, das bei
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diesem Mann nicht verklemmt-provinziell klingt, wie etwa bei Robert Mugabe,
sondern souver&auml;n, urspr&uuml;nglich, als h&auml;tte schon Shakespeare
so gesprochen.Chirikure Chirkure liest sein Gedicht &quot;Sliding game Mutserendende&quot; vor: &quot;Every boy in my village / Can describe with joy and pride /
How you play the mutserendende game.&quot; Er hebt die H&auml;nde, greift nach Luft, im
Gedicht erz&auml;hlt er, dass man, um Mutserendende zu spielen, einen gesunden
Baum fallen muss, seine &Auml;ste vom Stamm hacken und den Klotz bergan schleifen.
&quot;Like Jesus Christ on a donkey / You mount the log, holding tight / Then, woosh,
you zoom down.&quot;&quot;You land with a big thud / Your backsides tattered / Bleeding
in hot ecstasy.&quot; Das ist ein Spiel, denkt man sich als Zuh&ouml;rer, etwas, was
simbabwische Dorfkinder so spielen. Dann tr&auml;gt Chirikure Chirikure die
Endstrophe vor: &quot;So do many among us / Leading life fast and furious / Landing
with tattered, bleeding souls.&quot;Man rauscht also bergab auf einem Baumstamm,
wie Jesus Christus auf seinem Esel, und landet auf blauen Hinterbacken. &quot;Genau
so machen es viele von uns&quot;, lautet die Endstrophe in der &Uuml;bersetzung von Sylvia
Geist. &quot;Rasend schnell leben / Landen mit blauem, blutendem Ich.&quot;
8. Australien f&uuml;r Einsteiger
Australien ist ein klassisches „Traumziel“, das jeder mal besuchen will. F&uuml;r alle
Tr&auml;umer, Erstbereiser und Neuentdecker haben wir eine gro&szlig;en Beipackzettel
zusammengefasst. In diesem Reisebericht lesen Sie, was wissenswert und sch&ouml;n
ist – vom Barrier Reef &uuml;ber die richtige Biersorte im Pub bis zu den
Besonderheiten der australischen Seele ... Sydney hat es nicht leicht. Als erste
Station der &uuml;berwiegenden Australien-Reisen wird es meist nur im torkelnden
Zustand allerschlimmster Jetlag-M&uuml;digkeit wahrgenommen. Klar hat man sich
ewig viel vorgenommen f&uuml;r seinen ersten Tag, die Harbor Bridge, das SzeneViertel Darlinghurst, und die Oper wollte man sich anschauen – wenn da blo&szlig;
nicht st&auml;ndig dieser Drang w&auml;re, sich kurz … Nein! Blo&szlig; nicht! Dieses Gef&uuml;hl, als
klebten kleine Gewichte auf den Augenlidern, und man wei&szlig; nicht mehr so genau,
was man gerade eben sagen wollte, deswegen g&auml;hnt man lieber schnell noch
einmal. Bevor man merkt, dass man gerade dann doch f&uuml;r ein paar Sekunden
eingenickt sein muss. Nein, Auf keinen Fall darf man sich an den Strand legen!
Und auch nicht auf den Rasen im Hyde Park! Die dort liegen – das sind
Einheimische! Die d&uuml;rfen das!Was hilft? Zum Beispiel essen. Auf dem
Fischmarkt, Seafood von heute Morgen, frischer geht’s nicht. Und anschlie&szlig;end
l&auml;uft man hin&uuml;ber zum Circular Quay, kauft sich eine Fahrkarte f&uuml;r die F&auml;hre und
h&auml;lt auf der Strecke hin&uuml;ber nach Bondi Beach das Gesicht in den Wind. Es mag
sch&ouml;nere und leerere Str&auml;nde in Sydney geben (das der Australier Siddnie
ausspricht) - was Bondi Beach so besonders macht, ist seine Atmosph&auml;re. Seine
l&auml;ssigen Caf&eacute;s. Die Beats aus den Lausprechern. Und diese unnachahmlichen
Surfer-Girls, mit ihren Sommersprossen und Gr&uuml;bchen, denen bei jedem
Windsto&szlig; vom Meer eine salzwassergest&auml;rkte Str&auml;hne in die Stirn weht, als
w&uuml;ssten sie ganz genau, wie sie den Kopf halten m&uuml;ssen, damit das passiert. Und
von denen man tr&auml;umen kann. Gleich, wenn man einschl&auml;ft.
9. Kunstsafari in der M&uuml;nchener Innenstadt.
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Ein leerer Sockel und ein Megaphon – Elmgreen &amp; Dragset sprechen im Interview mit
art &uuml;ber ihr Langzeitkunstprojekt in der M&uuml;nchner Innenstadt, dessen Funktion der
sozialen Das Reiterstandbild von Maximilian I. auf dem M&uuml;nchner Wittelsbacherplatz hat
Konkurrenz bekommen. In unmittelbarer N&auml;he des Kurf&uuml;rsten erhebt sich seit einigen
Tagen ein leerer Sockel.Das K&uuml;nstlerduo Stephen Hall &amp; Li Li Ren haben ihn nach dem
Vorbild des Fourth Plinth auf dem Londoner Trafalgar Square geschaffen. Dort wurde ein
aus Kostengr&uuml;nden zun&auml;chst leer gelassener Sockel zu einem spannenden Ort f&uuml;r
Kunstprojekte im &ouml;ffentlichen Raum. Stephen Halls und Li Li Rens &quot;4th Plinth Munich&quot;
bildet den Auftakt f&uuml;r das umfangreiche Ausstellungsprojekt &quot;A Space Called
Public/Hoffentlich &Ouml;ffentlich&quot;. &Uuml;ber den Zeitraum von einem Jahr realisieren
internationale K&uuml;nstler wie zum Beispiel Henrik Olesen, David Shrigley, Han Chong
oder Tatiana Trouv&eacute; ihre Projekte an zentralen Orten in M&uuml;nchen. Das 1,2 Millionen
Euro teure Projekt im &ouml;ffentlichen Raum wird von dem skandinavischen K&uuml;nstlerduo
Elmgreen &amp; Dragset auf Einladung der Stadt M&uuml;nchen kuratiert.
art: Welche Projekte haben Sie f&uuml;r M&uuml;nchen geplant? Elmgreen &amp; Dragset: Wir
planen eine Art Kunstsafari in der M&uuml;nchener Innenstadt, bei der man mit Ungewohntem
und &Uuml;berraschendem konfrontiert wird. Den Anfang machen Stephen Hall und Li Li Ren
mit ihrem &quot;4th Plinth Munich&quot; am Wittelbacherplatz, zu dem ein Wettbewerb mit acht
eingeladenen K&uuml;nstlern geh&ouml;rt. Eine Jury w&auml;hlt im M&auml;rz den Gewinner, der dann bis Juni
sein Projekt auf dem Fourth Plinth realisieren wird. Als n&auml;chstes wird unsere
Performance &quot;It’s Never Too Late To Say Sorry&quot; auf dem Odeonsplatz aufgef&uuml;hrt.
P&uuml;nktlich wie das Glockenspiel auf dem Marienplatz nimmt ein Performer t&auml;glich um 12
Uhr mittags ein Megaphon aus einem Glaskasten und ruft &quot;Es ist niemals zu sp&auml;t,
Entschuldigung zu sagen.&quot; Wir beziehen uns damit sowohl auf die politische Bedeutung
des Odeonsplatzes im Nationalsozialismus, als auch auf die allt&auml;glichen Erfahrungen der
Menschen. Aber wir wollen noch nicht zu viel verraten, um die Spannung aufrecht zu
erhalten. Die Projekte sollen nacheinander wie Unkraut aus dem Boden schie&szlig;en und eine
gewisse St&ouml;rung im Stadtraum verursachen.
Was hat Sie gereizt, in M&uuml;nchen ein so umfangreiches Projekt zu realisieren?
Wir sind ein bisschen m&uuml;de geworden, Teil eines internationalen Kunstzirkus zu
sein, mit Events, bei denen man ein paar Tage f&uuml;r den Aufbau hat,
Ausstellungser&ouml;ffnungen, bei denen man die gro&szlig;e Kunstfamilie trifft, aber
eigentlich nichts von der Umgebung mitbekommt. Deshalb wollten wir keine
Ausstellung machen, die wir mit dem Begriff &quot;Fly in – Fly out Curating&quot;
umschreiben, sondern ein Projekt &uuml;ber einen l&auml;ngeren Zeitraum entwickeln, das
sich langsam in der Stadt ausbreitet. Dabei werden wir von einer Vielzahl an
K&uuml;nstlern unterst&uuml;tzt, die sich auf ganz unterschiedliche Weise mit dem
&ouml;ffentlichen Raum in M&uuml;nchen auseinandersetzen.
Warum haben Sie als Anfangsprojekt den &quot;4th Plinth Munich&quot; von Stephen
Hall &amp; Li Li Ren ausgew&auml;hlt?
M&uuml;nchen ist eine schicke, leichtlebige und heitere Stadt. Es gibt keine wirklichen
Probleme. Das kann aber auch l&auml;hmend sein. Deshalb sagen wir, dass M&uuml;nchen
ein Problem braucht, um aus der allt&auml;glichen Routine auszubrechen. Der Sockel
ist eine Leerstelle im &ouml;ffentlichen Raum. Er ist das Werk eines irischen K&uuml;nstlers
und einer chinesischen K&uuml;nstlerin &uuml;ber ein sehr bekanntes in London
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beheimatetes Projekt, das sie nach M&uuml;nchen verfrachten. Es wird sicher eine
Menge Verwirrung stiften, weil wir mit unterschiedlichen Formaten spielen.
Was bedeutet f&uuml;r Sie &ouml;ffentlicher Raum? Wenn in den Medien &uuml;ber den
&ouml;ffentlichen Raum berichtet wird, geht es meistens um Verbrechen, Probleme der
Infrastruktur oder des Transportwesens. Dabei ist der &ouml;ffentliche Raum viel besser
als sein Ruf. Er ist ein gemeinschaftlicher Ort, wo B&uuml;rger miteinander
interagieren. Die Vorstellung, durch das Internet mit vielen Leuten &uuml;berall auf der
Welt verbunden zu sein, ist sehr verf&uuml;hrerisch. F&uuml;r das Selbstverst&auml;ndnis einer
Stadt ist es aber wichtig, dass die B&uuml;rger in der realen Welt miteinander agieren.
Mit unserem Projekt wollen wir Menschen dazu anregen, reale Erfahrungen zu
machen und M&uuml;nchen auf eine neue Art und Weise kennenzulernen. F&uuml;r den 6.
Juni, wenn auch schon die meisten Projekte zu sehen sind, ist ein Stadtfest mit
Konzerten, K&uuml;nstlergespr&auml;chen und Diskussionsrunden zur Kunst im &ouml;ffentlichen
Raum geplant. Bis dahin k&ouml;nnen sich die Leute auf unserer neuen Webseite
www.aspacecalledpublic.de auf dem Laufenden zu halten.
10. Kultur-Glanzzeiten.
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