Erkrankungen der Zukunft woran leiden alternde Gesellschaften ? K. P. Günther Orthopädische Klinik und Poliklinik am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden Behandlungsbedürftige Erkrankungen (Berliner Altersstudie, Mayer & Baltes 1996) Bedeutung von Erkrankungen im Alter bezüglich Verlust an Lebensjahren Behandlungs- und Pflegebedarf Frühverrentung sonstige Erkrankungen Probleme der Datenlage Prävention und Rehabilitation DZA - GeroStat (Hoffmann 2001) 60-70 Jahre 70-80 Jahre 80-90 Jahre Herzinfarkt 1. Tumoren Herzinfarkt 2. Herzinfarkt Tumoren Schlaganfall 3. Schlaganfall Schlaganfall Tumoren Stationäre Behandlung Statistisches Bundesamt 2000 55-64 Jahre 65-74 Jahre 1. Herzinfarkt Herzinfarkt 2. Tumoren Tumoren 3. Gastrointestinal Gastrointestinal > 75 Jahre Herzinfarkt Tumoren Skelett Ambulante Pflegeleistungen Statistisches Bundesamt 2000 1. 20-64 Jahre 65-79 Jahre > 80 Jahre Kreislauf Kreislauf Kreislauf 2. ZNS/Sinnesorgane ZNS/Sinnesorgane n.n.b. Symptome 3. Psych. Erkrank. Skelett Skelett Stationäre Pflegeleistungen Statistisches Bundesamt 2000 20-64 Jahre 1. 2. Psych. Erkrank. Kreislauf 65-79 Jahre > 80 Jahre Kreislauf Kreislauf Psych. Erkrank. 3. ZNS/Sinnesorgane ZNS/Sinnesorgane Psych. Erkrank. n.n.b. Symptome Krankheit und Pflegebedarf unter Berücksichtigung von Funktionsstörungen und Beschwerden (repräsentative Erhebung in privaten Haushalten) Schneekloth et al (1996) 20 18 16 14 12 10 8 6 Male Female ot he rs In ju r ie s y Re sp ir a to r y lo g ro Ne u e Ca rd io va sc ul ar Ne op la sm n Ps yc h SK 4 2 0 M early retirements /10.000 insured Ursachen für Frühberentung (2003) 100% 80% others Injuries 60% Respiratory Neurology Neoplasmn Cardiovascular 40% Psyche MSK 20% 0% < 39 40-44 45-49 50-54 MALE 55-59 60+ bis 39 40-44 45-49 50-54 FEMALE 55-59 60+ Dreinhöfer (im Druck) wichtigste Erkrankungen im hohen Alter (> 80 Jahre) hinsichtlich Sterblichkeit: Herz > Schlaganfall > Tumor Stat. Therapie: Herz > Tumor > Skelett Pflegebedarf: Kreislauf > Psyche > Symptome (amb. Skelett) Frühberentung: Psyche > Skelett > Tumor wichtigste Erkrankungen im hohen Alter (> 80 Jahre) hinsichtlich Mortalität: Herz > Schlaganfall > Tumor Stat. Therapie: Herz > Malignom > Muskuloskeletal Pflegebedarf: Kreislauf > Psyche > Symptome (amb. muskuloskel.) Frühberentung: Psyche > Muskuloskel. > Tumor Herz-Kreislauf-Erkrankungen • steiler Altersanstieg bei Frauen (ident. Häufigkeit > 75) • wichtigste Risikofaktoren: 1. Bluthochdruck STEPHY-Studie (Trenkwalder 1999): 50% d. Personen > 65 Jahre: Hypertoniker davon nur 50% behandelt starker Zusammenhang Hypertonie - Infarkt 2. Übergewicht / Cholesterin / Diabetes „Metabolisches Syndrom“ 3. Nikotin Krebserkrankungen Neurologische Erkrankungen Schlaganfall • Verursacht 15% der Todesfälle und 20% der Pflegefälle im Alter > 75 LJ • Risikofaktor: - Alter - Bluthochdruck - Cholesterin, Diabetes - Nikotin M. Parkinson • Häufigkeit 2.6% > 85.LJ • Wenig Info über Risikofaktoren Psychiatrische Erkrankungen … ein Viertel der alten Menschen in Deutschland leidet an psychischen Erkrankungen, … Psychiatrische Erkrankungen … aber: • Häufigkeit von Fall-Definition abhängig (Depression: Kontinuum leichte Verstimmung starke Störung) • Demenz & Depression > 80.LJ: Frauen > Männer • Suizidales Verhalten: - starker Anstieg im Alter (aber insgesamt Abnahme seit 1980) - Suizidrate NBL > ABL • Alkoholismus: Rückgang im Alter (durch Sterberate, Alkohol-Intoleranz, etc) Erkrankungen des Bewegungsapparates • Arthrose (Gelenkverschleiß) • Osteoporose (Knochendichteminderung) • Schenkelhalsbruch Arthrose und Alter • Demographische Auswirkung auf Osteoarthrosen • Einschätzung des älteren Patienten • Operative Versorgungen bei Altersarthrosen • Besonderheiten des älteren orthopädischen Patienten postoperativ Bedarf an Endoprothesen Neuerkrankungen an Knie- und Hüftarthrose in Abhängigkeit vom Lebensalter Buckwalter (2004) Risiko Arthrose Gesundheitsberichterstattung des Bundes Implantationszahlen Kurtz et al (2007) Arthrose und Alter • Demographische Auswirkung auf Osteoarthrosen • Einschätzung des älteren Patienten • Operative Versorgungen bei Altersarthrosen • Besonderheiten des älteren orthopädischen Patienten postoperativ Das ideale Behandlungsteam: Sektorübergreifende Netzwerke – – – – – – Arzt (Orthopäde, Geriater) Ergotherapeut Pflegepersonal Physiotherapeut Klinischer Psychologe Sozialarbeiter Multidisziplinarität sichert die valide Einschätzung des Patienten, der Auswahl der Rehabilitationsziele und geeigneten Einrichtungen. F. Huber Orthopäde (1994) Medizinisches Assessment (EKG, Thorax etc) Orthopädischer Befund • Screening für mentale Leistungsfähigkeit (MMSE) • Screening für altersassozierte Depression (GDS) Ziel der Rehabilitation älterer Patienten: Selbständige Lebensführung und Integration in den bisherigen Lebensraum bei Wohlbefinden: • Erhalten der Leistungsfähigkeit • Wiederertüchtigung • Ziele und Ansprüche des Patienten berücksichtigen Fähigkeitsassessment: ADL (Aktivitäten des täglichen Lebens) – – – – Anziehen Essen Körperpflege Mobilität Der ältere Patient überschätzt sich Die Familie unterschätzt die Fähigkeiten Behandlungsziel: Partizipation am sozialen Leben Abbildung von www.stryker.com Arthrose und Alter • Demographische Auswirkung auf Osteoarthrosen • Einschätzung des älteren Patienten • Operative Versorgungen bei Altersarthrosen • Besonderheiten des älteren orthopädischen Patienten postoperativ Risikoprofil Der ältere Mensch ist durch seine Multimorbidität charakterisiert: – Stoffwechselerkrankungen (Diabetes, Gicht) – Adipositas – Herzkreislauferkrankungen (Herzschrittmacher, Vorhofflimmern, Insuffizienz) – Eingeschränkte Nierenfunktion – Orthopädische Begleiterkrankungen – … Endoprothesenimplantationen Ausweitung bei älteren Patienten Ausweitung operativer Verfahren durch • Schonende Narkoseverfahren • Verbessertes Patientenmonitoring (Nachlassende Organfunktionen ca 1% > 30.LJ) Unerwünschte Narkosefolgen: Delirium, Verwirrung, Erbrechen, Inappetenz, Lungenödem….. Ziele der operativen Versorgung • Vollbelastbarkeit Compliance bei latenter / zwischenzeitlicher Demenz? • Möglichst geringe Invasivität Begrenzte biologische Regenerationsfähigkeit • Begrenzung der Operationsdauer Lange OP Zeiten haben ein erhöhtes Risiko Verwirrungszustände und weitere unerwünschte Behandlungsfolgen auszulösen Osteoarthrose des alten Menschen Operative Standardversorgung Hüftarthrose Kniearthrose + Achsfehler (M. Paget) Unterstützung durch Navigation Hüftarthrose + Osteoporose bei dialysepflichtiger Niereninsuffizienz Stützschale zur sicheren Versorgung erforderlich -> OP-Zeitverlängerung, differenzierte Implantatauswahl (Mehrkosten) Kniearthrose + Defekte bei Osteoporose Stielverlängerung und Versorgung des Knochendefektes -> OP Zeitverlängerung, differenzierte Implantatauswahl (Mehrkosten) Arthrose und Alter • Demographische Auswirkung auf Osteoarthrosen • Einschätzung des älteren Patienten • Operative Versorgungen bei Altersarthrosen • Besonderheiten des älteren orthopädischen Patienten postoperativ Postoperativ stationäre Behandlung Immobilisierung ? 1 Woche Bettruhe => ca 3-5 Wochen Anstrengung zum Erreichen des gleichen funktionellen Zustandes! Postoperative Phase älterer Patienten • Substitution Blutverlust (verminderte Kompensationsfähigkeit von Anämie) • Geistige Leistungsfähigkeit und Motivation nach der Operation (Durchgangssyndrome) • Mobilisierung bei erhöhter Hilfsbedürftigkeit • Adäquate Darreichung der Medikation (perioperativ intravenös -> zeitgerecht oral) Medikamenteninteraktionen • Bei 36% der älteren Patienten, die stationär im Krankenhaus aufgenommen werden liegt eine Arzneimittelinteraktion vor. Klinische Ausprägungen solcher Interaktionen sind: – Verwirrung – Stürze – Inkontinenz – Inappetenz und Gewichtsverlust Postoperative Betreuung im Team ? ? ? J. Fisher (2006) Gute Effekte in der Rehabilitation älterer Patienten (Bewegungsapparat 40% der Rehapatienten) Datenstruktur für Datenbank: • MMS (Mini mental State) • GDS (Geriatric depression Scale) • Timed up and go Test (Aufsteh und Gehtest) • Barthelindex • Sowie erkrankungsspezifische Instrumente Barrierefreie Rehabilitation Verzögerungen oder Wartelisten gefährden im Besonderen Maße die erreichten Fähigkeiten Refinanzierung operativer Leistungen? Geriatrische Komplexpauschale für konservative Maßnahmen vorhanden Keine Entsprechung für operative Versorgungen • erhöhter Pflegeaufwand? • Spezielle Implantate? • Interdisziplinäre Teams? Osteoporose 30 - 50% der Frauen postmenopausal betroffen Lebenszeitrisiko für Fraktur bei OP-Patientin im 50.LJ: 53% Schenkelhalsbruch Inzidenz (pro 100.000 Personen-Jahre): Frauen < 35 Jahre: 2 Frauen > 85 Jahre: 3032 Bedeutung von Erkrankungen im Alter sonstige Erkrankungen Probleme der Datenlage Prävention und Rehabilitation Erkrankungen und Funktionsstörungen • Verschlechterung Seh & Hörvermögen • Zahnverlust & Einschränkung Kaufunktion • Obstruktive Lungenerkrankungen • Harninkontinenz, Harnwegsinfekte • Prostatahypertrophie, Erektile Dysfunktion • Gastroösophageale Refluxkrankheit • Ulkus-Krankheit Greenwald 2004 Bedeutung von Erkrankungen im Alter sonstige Erkrankungen Probleme der Datenlage Aktualität & Repräsentativität alte Datenlage ABL / NBL Validität (z.B. Todesursachen) … psychosoziale Einflußfaktoren (z.B. Migranten) Mehrfacherkrankungen "objektive" versus "subjektive" Beeinträchtigung tendentielle Darstellung Prävention und Rehabilitation Mehrfacherkrankungen Hüfte (n=402) % Knie (n=334) 80 60 40 20 Bornstein et al (2006) sonstige Blutfett Gicht Diabetes Stoffwechsel Niere Leber Magen Lunge Kreislauf 0 Günther et al (2004) Multi-Morbidität "objektive" & "subjektive" Beeinträchtigung tendentielle Darstellung 1 http://wko.at/statistik/eu/europa-gesundheitswesen.pdf "Burden of Disease" als Mittel im Kampf um Ressourcen-Verteilung zwischen Disziplinen tendentielle Darstellung physiologische Veränderungen und "Kompressionseffekt" Bedeutung von Erkrankungen im Alter sonstige Erkrankungen Probleme der Datenlage Prävention und Rehabilitation Kardiovaskulär RF Bluthochdruck RF Adipositas RF Chol. & Diabetes RF Nikotin Schlaganfall Information Ernährung Bewegung Monitoring Pharmaka Krebs Vorsorgeuntersuchung (Endoskopie, Urologie) Primärprävention: - Raucher-Entwöhnung - Ernährung Bewegungsapparat Osteoporose & Fraktur Arthrose & Rückenschmerz RF Ernährung RF Bewegungsmangel RF Verletzung/Sturz Information Ernährung Bewegung Pharmaka Sturz-Proph. RF Bewegungsmangel RF Deformität Information Bewegung Monitoring Psychiatrische Erkrankungen REHABILITATION Rehabilitiation nach Hüft-Endoprothese 100% 90% 80% percentage 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1 G 2 G 3 G 4 G 5 A 6 A 7 CH8 CH 9 S outpatient rehabilitation alone inpatient rehabilitation alone Outpatient/ inpatient reha no rehabilitation EUROHIP Study Group (Günther et al 2004) Unzureichende Datenlage zur Effektivität/Effizienz von Rehabilitationsmaßnahmen ZUSAMMENFASSUNG Unzureichende Datenlage Regional: - Häufigkeit - psychosoz. Det. & Gesundheitsverhalten - Kombination Daten Krankheit + Demographie Einfluß von Mehrfacherkrankungen auf Lebensqualität vergleichende Effekte von Prävention, Therapie, Reha (Effektivität & Effizienz) Ressourcenbündelung in der Altersmedizin Herz - Tumoren - Skelett - Psyche - Schlaganfall Cochrane database of systematic reviews Clinical efficacy Burden of disease ranking EU10, EU25 The world (including EU25) Projections and trends PRELIMINARY LIST OF PRIORITY DISEASES AND GAPS Social solidarity IN DEPTH REVIEWS OF PRELIMINARY LIST OF DISEASES AND GAPS FINAL REPORT Source: Adapted from Dr. Kenneth Hammond, Univ. Colorado, USA