Gesundheitliche Folgen von Nacht- und Schichtarbeit Dipl.-Psych. Christoph Klug, Prof. Dr. R. Frentzel-Beyme Offene Akademie – Kritische Wissenschaft www.offene-akademie.org Nachtarbeit, Stress und Folgen für Organsysteme Alle müssen schlafen - Zirkadiane Uhren Missachtung Nachtarbeit von Naturgesetzen und die Folgen in Deutschland Gesundheits- u. soziale Folgen Persönliche Bemerkungen von Nacht- und SchichtarbeiterInnen Tumoren und Nachtarbeit Langschichten (mehr als 8 Stunden) Gesellschaftskrisen und Krisenstoffwechsel Anforderungen an gesundheitliche Arbeitsorganisation Nachtarbeit, Stress und Folgen für Organsysteme Alle müssen schlafen - Zirkadiane Uhren Missachtung Nachtarbeit von Naturgesetzen und die Folgen in Deutschland Gesundheits- u. soziale Folgen Persönliche Bemerkungen von Nacht- und SchichtarbeiterInnen Tumoren und Nachtarbeit Langschichten (mehr als 8 Stunden) Gesellschaftskrisen und Krisenstoffwechsel Überlegungen zum Arbeitsschutz Müssen alle schlafen? Tägliche Schlafdauer in Stunden Säugerart 20 Riesenfaultier 14 Katze, Goldhamster 10 Jaguar, Meerkatze, Igel 8 Mensch, Kaninchen, Schwein 3 Kuh, Ziege, Schaf, Esel 2 Damhirsch, Pferd Alles schwingt: Zirkadiane Uhren Immunabwehr Verdauung Monatszyklus Körpertemperatur Zellteilung Schlaf Hormonproduktion Nichts geht ohne seinen Gegensatz: Wachheit Schlaf Alle müssen schlafen: Wo ist Sitz der zirkadianen Schlafuhr? 20 h Hamster 24 h Hamster 20 h SNC 24 h SNC Suprachiasmatischer Nukleus (SNC) – Sitz der zirkadianen Schlafuhr 20 h SNC 20 h Hamster Quelle: M. Menaker, A mutation of the circadian system in golden hamsters, Science 241, 1988, S.1255-1257 Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme Alle müssen schlafen - Zirkadiane Uhren Missachtung Nachtarbeit von Naturgesetzen und die Folgen in Deutschland Gesundheits- u. soziale Folgen Persönliche Bemerkungen von Nacht- und SchichtarbeiterInnen Tumoren und Nachtarbeit Langschichten (mehr als 8 Stunden) Gesellschaftskrisen und Krisenstoffwechsel Überlegungen zum Arbeitsschutz Schlafstadien einer Nacht Bei guter Schlafqualität (erholsamer Schlaf) durchläuft man 25 – 30 Mal die Phasen I bis IV pro Nacht Slow Wave Sleep – SWS III und IV – Was passiert da? Viele Schlafstörungen nach Schichtarbeit haben Folgen Schlechte Schlafqualität bei Schichtarbeit (Dreischicht) Schlafstörung nach allgemeiner Belastung Schlafqualiltät nach Leistungsdruck Merke: Schichtarbeit, Leistungsdruck oder allgemeine Belastung führen zu Schlafstörungen und Verschlechterung der Schlafqualität Schlafqualität bei Nachtarbeit und Leistungsdruck SW III u. IV verkürzt Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme Alle müssen schlafen - Zirkadiane Uhren Missachtung Nachtarbeit von Naturgesetzen und die Folgen in Deutschland Gesundheits- u. soziale Folgen Persönliche Bemerkungen von Nacht- und SchichtarbeiterInnen Tumoren und Nachtarbeit Langschichten (mehr als 8 Stunden) Gesellschaftskrisen und Krisenstoffwechsel Überlegungen zum Arbeitsschutz Zeitgeber einbrechende Dunkelheit Zirbeldrüse (Epiphyse) Melatonin Hemmung Stoffwechsel Anregung Immunsystem Systemische Kommunikation der Organe ZNS ZNS Herz-Kreislauf Epitop Rezeptor Herz-Kreislauf Verdauung Verdauung Hormone Hormone Immunsystem Immunsystem Zusammenhang zwischen Nachtschichtarbeit und gesundheitlichen Parametern (N=690); Angaben in Prozent Gesundheitliche Beeinträchtigungen und Krankheiten Nachtschichtarbeit nein ja Rückenschmerzen 29.6 Gelenkschmerzen Odds Ratio 38.0 * 1.29 5.7 13.5 ** 2.54 * Magen-Darm-Beschw. 0.9 4.2 * 5.06 Schlafstörungen 0.4 4.6 ** 15.53 * Nervosität / psych. Störungen 0.9 2.6 2.58 Nachtschichtarbeit und Erkrankungen des endokrinen und des Immunsystems (N=690), Angaben in Prozent Krankheit Nachtschichtarbeit nein Odds Ratio ja zwei und mehr endokrine Erkrank. 15.9 32.9 *** 2.07 *** zwei und mehr Erkrankungen des Immunsystems 14.9 24.7 ** 1.69 * Multiple logistische Regressionsanalysen zum Zusammenhang zwischen Nachtschichtarbeit und Schlafstörungen (N=725); Variable Odds-Ratio Nachtschicht 2,30 ** Berufsstatus niedrig 1,67 * Berufsstatus Techniker 2,85 * Allgemeine Belastung hoch 4,60 *** Nachtschichtarbeit und Erkrankungen des Immunsystems Krankheit Nachtschichtarbeit Mamma CA Prostata CA plus 70% plus 40% Das Auftreten übriger Tumoren ist ebenfalls erhöht. Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme Alle müssen schlafen - Zirkadiane Uhren Missachtung von Naturgesetzen und die Folgen Nachtarbeit in Deutschland Gesundheits- u. soziale Folgen Persönliche Bemerkungen von Nacht- und SchichtarbeiterInnen Tumoren und Nachtarbeit Langschichten (mehr als 8 Stunden) Gesellschaftskrisen Überlegungen und Krisenstoffwechsel zum Arbeitsschutz Nachtarbeit in Deutschland (16% der Familien) 1884: 13.000 Fabrikarbeiterinnen in Nachtarbeit 1891: Verbot der Nachtarbeit „wegen Unsittlichkeit in den heißen dunklen Räumen“ 1892: Clara Zetkin: Gegen Nachtarbeit der Frau wegen doppelter Ausbeutung 1938: Faschismus verschärft Nachtarbeitsverbot mit Arbeitszeitordnung (AZO) 1987: Alice Schwarzer in Emma für Bundeswehr und Nachtarbeit 1991: Europ. Gerichtshof: Nachtarbeitsverbot ist Verstoß gegen Gleichheitsgrundsatz 1994: Neues Arbeitszeitgesetz schränkt Nachtarbeit ein und schafft Nachtarbeitsverbot für Frauen ab – Zweck ist Flexibilisierung 2 Säulen der Gesellschaft Produktion von Waren Reproduktion des Lebens Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme Alle müssen schlafen - Zirkadiane Uhren Missachtung Nachtarbeit von Naturgesetzen und die Folgen in Deutschland Gesundheits- u. soziale Folgen Persönliche Bemerkungen von Nacht- und SchichtarbeiterInnen Tumoren und Nachtarbeit Langschichten (mehr als 8 Stunden) Gesellschaftskrisen und Krisenstoffwechsel Überlegungen zum Arbeitsschutz Der Körper kommt nie zur Ruhe. Es gibt wenig gemeinsame Stunden in der Partnerschaft. Kein geregeltes Essen, dass heißt ständig Magen-Darm-Beschwerden. Monteurin, 39 J., verheiratet, 1 Kind, seit 12 J. Dreischicht „Von den paar Leuten, die in Vorruhestand gehen konnten, sterben viele schon nach einem Jahr. Noch erschreckender ist, dass dieses Jahr schon zwei Kollegen mit 50 an einem Herzinfarkt gestorben sind und Schlaganfälle eigentlich in regelmäßigen Abständen auftreten.“ Arbeiterin in Stahlwerk, 28 J., Contischicht Bis 67 niemals! Staplerfahrer, 44 J., 2 Kinder, 12 Jahre Dreischichtarbeit Alles gerät durcheinander – gereizt – keine Ruhe zu Hause zum Schlafen – schlechter Stuhlgang – unregelmäßiges Essen – Schlafstörungen. Baumaschinenführer, 46 J., kinderlos, 5 Jahre Dreischicht Schichtarbeiter sollten mit 57 in Rente gehen können, weil sie dann durch die körperliche Anstrengung an ernsten Krankheiten wie Herzinfarkt, Krebs und psychischer Instabilität leiden. Es droht vorzeitiger Tod. Drucker, 39 J., verh., 2 Kinder. Seit 15 Jahren Dreischicht. Kein Bock auf Unternehmungen wie Tanzen, Schwimmen, Ausflüge. Das Sexualleben ist unbefriedigend. Bei Daimler war der Leistungsdruck am Band so groß, dass ich monatelang nichts außer Arbeit und Tiefschlaf hatte. Ich bekam einen Bandscheibenvorfall. Alle Krankheiten und Beschwerden haben sich vervielfacht – ich habe sechs Jahre nicht gelebt! Elektriker, 45. J. drei Kinder, seit 25 Jahren in Dreischicht „Mein Partner arbeitet Nachtschicht, und durch die Belastung ist unsere Beziehung gefährdet.“ „Die Kinder müssen tagsüber viel Rücksicht nehmen und leise sein. Freunde können dadurch nur selten zu Besuch kommen.“ Ohne Schichtplan kann man nicht vor die Tür gehen. Man kann man sich schwer mit Freunden treffen. Ich fühle mich oft einsam. Verfahrenstechniker, 37 J., 17 Jahre Dreischichtarbeit Man ist auch launisch, nicht ausgeglichen, und unter Zeitdruck. „Nach der Nachtschicht dauert es bei meinem Mann ca. eine Woche, bis er wieder zurückgestellt ist.“ Partnerin eines Schichtarbeiters Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme Alle müssen schlafen - Zirkadiane Uhren Missachtung Nachtarbeit von Naturgesetzen und die Folgen in Deutschland Gesundheits- u. soziale Folgen Persönliche Bemerkungen von Nacht- und SchichtarbeiterInnen Tumoren und Nachtarbeit Langschichten (mehr als 8 Stunden) Gesellschaftskrisen Überlegungen und Krisenstoffwechsel zum Arbeitsschutz Nachtarbeit, Stress und Folgen für Organsysteme Exposition von Giftstoffen in der Nachtschicht Müdigkeit Müdigkeit mit Aceton Müdigkeit Müdigkeit mit Aceton Müdigkeit Müdigkeit mit Aceton Müdigkeit Merke: Giftstoffe reichern sich in Nachtschicht im Körper an Infolge abgesenkter Organaktivität verbleiben in der Nacht aufgenommene Chemikalien länger im Körper als bei Tagesaufnahme. Bei mehreren Nachtschichten hintereinander findet folglich eine Akkumulation (Ansammlung) der Chemikalie statt. Das gilt auch für kanzerogene (tumorfördernde) Stoffe wie z.B. Asbest, Benzpyren, Dioxine usw. Nachtarbeit und Stress - Folgen für Organsysteme 1. Anreicherung von Giftstoffen in der Nachtschicht 2. Schlechte Funktion der Reparatursysteme bei Dis-Stress 3. Wirkung von Nachtarbeit auf Immunsystem Zeitgeber einbrechende Dunkelheit Zirbeldrüse (Epiphyse) Melatonin Hemmung Stoffwechsel Anregung Immunsystem Nachtarbeit und / oder Dis-Stress HPA –Achse und Immunsuppression Cortisol + Immunsuppression Hypothalamus Hypophyse HPA-Stressachse Hypothalamus Hypophyse (Hirnanhangdrüse) Cortisol CRH Corticotropin Releasing Hormon Pomc-Gen Proopiomelanocortin ACTH Adrenocorticotropes Hormon Cortisol Stressreaktion 1. Gesunder Organismus: Überlegenheit der Tumorabwehr Tumorzellen Tumorabwehr Immunsystem 2. Gefahr für Organismus: Relatives Gleichgewicht Tumorzellen Tumorabwehr Immunsystem 3. Kranker Organismus: Tumorzellen haben Oberhand Tumorzellen TumorabwehrI mmunsystem Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme Alle müssen schlafen - Zirkadiane Uhren Missachtung Nachtarbeit von Naturgesetzen und die Folgen in Deutschland Gesundheits- u. soziale Folgen Persönliche Bemerkungen von Nacht- und SchichtarbeiterInnen Tumoren und Nachtarbeit Langschichten (mehr als 8 Stunden) Gesellschaftskrisen, Überlegungen Lebenskrisen und Stoffwechsel zum Arbeitsschutz Gesundheitsfolgen von überlanger Schicht (mehr als 8 Std.): Beanspruchung und Ermüdung nehmen über die Dauer der Arbeitszeit exponentiell zu (Schmidtke, 1965; Luczak, 1983) Der wahrgenommene Wachheitsgrad nimmt mit der Dauer der Tätigkeit ab. Besonders deutlich war dieser Effekt in den 12 Stunden Nachtschichten. Die Gesundheitsgefahren gelten auch dann, wenn Beschäftigte einer 12-Stunden-Schicht positiv gegenüber stehen (Knaupp,1983) Mit länger werdender Arbeitszeit steigt das Risiko einer schweren Herzerkrankung um den Faktor 4 (Russek und Zohman, 1958) (Kontrollverlust) Langanhaltender mittelschwerer oder Krisen- oder Stress-Stoffwechsel Kurzzeitig schwerer Dis-Stress Krisenstoffwechsel und Krankheit • Studie aus Brasilien: Abfall von Immunzellen (T4 und T8) bei psychischem Stress Quelle: New Scientist 5.8.2003 • Norwegische Studie mit 60 000 Patienten 2003: Angst vor Arbeitslosigkeit fördert Defizite des Immunsystem • Bei Trauerfall oder depressiven Stimmungen können T- Lymphozyten bis auf 10% des Normwerts sinken (Quelle: Gesundheitstraining der Universität Bochum) • Studie an Carnegy Mellon University in Pensylvania: Fröhliche Menschen haben bessere Immunabwehr (70% weniger Infekte) Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme Alle müssen schlafen - Zirkadiane Uhren Missachtung Nachtarbeit von Naturgesetzen und die Folgen in Deutschland Gesundheits- u. soziale Folgen Persönliche Bemerkungen von Nacht- und SchichtarbeiterInnen Tumoren und Nachtarbeit Langschichten (mehr als 8 Stunden) Gesellschaftskrisen, Überlegungen Lebenskrisen und Stoffwechsel zum Arbeitsschutz Einige Empfehlungen zu Nachtarbeit • Abschaffung, Einschränkung u. Verkürzung von Nachtarbeit • Eine Entlohnung, die ohne Nachtarbeit zum Leben reicht • Nicht mehr als 2,max. 3 Tage hintereinander in Nachtschicht danach 2 bzw. 3 volle Tage Ruhezeit • Maximal 5 Arbeitstage hintereinander pro Woche • Verkürzung des Arbeitstages (30 h) für Normalschicht mit vollem Lohnausgleich (5 x 6 Std.) Einige Empfehlungen zu Nachtarbeit • Abschaffung, Einschränkung u. Verkürzung von Nachtarbeit • Eine Entlohnung, die ohne Nachtarbeit zum Leben reicht • Nicht mehr als 2,max. 3 Tage hintereinander in Nachtschicht danach 2 bzw. 3 volle Tage Ruhezeit • Maximal 5 Arbeitstage hintereinander pro Woche • Verkürzung des Arbeitstages (30 h) für Normalschicht mit vollem Lohnausgleich (5 x 6 Std.): 6.00 bis 12.00; 12.00 bis 18.00; 18.00 bis 24.00; 24.00 bis 6.00 Uhr • Weitere Verkürzung der Nachtschicht (Nachtstunden 1,5 bzw. 2 Mal soviel wert wie Tagstunden) Einige Empfehlungen zu Nachtarbeit • Abschaffung, Einschränkung u. Verkürzung von Nachtarbeit • Eine Entlohnung, die ohne Nachtarbeit zum Leben reicht • Nicht mehr als 2,max. 3 Tage hintereinander in Nachtschicht danach 2 bzw. 3 volle Tage Ruhezeit • Maximal 5 Arbeitstage hintereinander pro Woche • Verkürzung des Arbeitstages (30 h) für Normalschicht mit vollem Lohnausgleich (5 x 6 Std.) • Weitere Verkürzung der Nachtschicht (Nachtstunden 1,5 bzw. 2 Mal soviel wert wie Tagstunden) • Vorgezogenes Renteneintrittsalter für Nachtarbeiter: 5 Jahre Nachtarbeit – 1 Jahr früher in Rente Mehr Urlaubstage für Nachtarbeit • Gleichmäßig verteilte und bezahlte Schichtpausen Empfehlungen unbezahlbar? Gesundheitsausgaben 2004: 224,9 Mrd. Herz-Kreislauf-Erkrankungen: 35,3 Mrd. Erkrankungen des Verdauungssystem 33,3 Mrd. Davon zahlen: 81 Mrd. Unternehmer (36 %) 144 Mrd. Arbeiter und Angestellte (64 %) Unternehmeranteil an Gesundheitskosten Unternehmeranteil an Gesundheitskosten in Prozent 50 41,2 40 36,0 30 Ziel: 8,5% 2000 2001 2002 2003 2004 Unternehmeranteil an Gesundheitskosten Gemessen am Wert aller in Deutschland produzierten Güter und Dienstleistungen betrug der Unternehmeranteil an den Gesundheitskosten 2004 nur 3,2 Prozent. Mit nur 6,5 vom Unternehmensumsatz könnten KV, RV, AV und PV zu 100% finanziert werden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! www.offene-akademie.org Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme 1. Alle müssen schlafen - Zirkadiane Uhren 2. Missachtung von Naturgesetzen und die Folgen 3. Lernen im Schlaf 4. Wie kanzerogen ist Nachtarbeit? 5. Wer oder was raubt uns den Schlaf? 6. Das Arbeitszeitgesetz – Gefährdung der Gesundheit 7. Wer zahlt die Folgen? 8. Überlegungen zum Arbeitsschutz Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme 1. Alle müssen schlafen - Zirkadiane Uhren 2. Missachtung von Naturgesetzen und die Folgen 3. Lernen im Schlaf 4. Wie kanzerogen ist Nachtarbeit? 5. Wer oder was raubt uns den Schlaf? 6. Das Arbeitszeitgesetz – Gefährdung der Gesundheit 7. Wer zahlt die Folgen? 8. Überlegungen zum Arbeitsschutz Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme 1. Alle müssen schlafen - Zirkadiane Uhren 2. Missachtung von Naturgesetzen und die Folgen 3. Lernen im Schlaf 4. Wie kanzerogen ist Nachtarbeit? 5. Wer oder was raubt uns den Schlaf? 6. Das Arbeitszeitgesetz – Gefährdung der Gesundheit 7. Wer zahlt die Folgen? 8. Überlegungen zum Arbeitsschutz Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme 1. Alle müssen schlafen - Zirkadiane Uhren 2. Missachtung von Naturgesetzen und die Folgen 3. Lernen im Schlaf 4. Wie kanzerogen ist Nachtarbeit? 5. Wer oder was raubt uns den Schlaf? 6. Das Arbeitszeitgesetz – Gefährdung der Gesundheit 7. Wer zahlt die Folgen? 8. Überlegungen zum Arbeitsschutz Gesundheitliche Empfehlungen zu Nachtarbeit • Abschaffung bzw. Einschränkung von Nachtarbeit • Maximal 2 bis 3 Tage in gleicher Schicht • Maximal 5 Arbeitstage hintereinander pro Woche • Keine Wochenendarbeit • Verkürzung des Arbeitstages für Normalschicht • Weitere Verkürzung der Nachtschicht ohne Ausnahmeregelungen • Mindestens 48 Stunden Ruhezeit nach Nachtschicht • Vorgezogenes Renteneintrittsalter für Nachtarbeiter • Gleichmäßig verteilte und bezahlte Schichtpausen • Schichtfolge Früh – Mittag – Spät Zusammenhang zwischen Nachtschichtarbeit und gesundheitlichen Parametern (N=690); Angaben in Prozent Gesundheitliche Beeinträchtigungen und Krankheiten Nachtschichtarbeit nein ja Rückenschmerzen 29.6 Gelenkschmerzen Odds Ratio 38.0 * 1.29 5.7 13.5 ** 2.54 * Kopfschmerzen 8.3 8.1 0.99 Diabetes mellitus 3.9 2.0 0.62 Magen-Darm-Beschw. 0.9 4.2 * 5.06 Schlafstörungen 0.4 4.6 ** 15.53 * Nervosität 0.9 2.6 2.58 7. Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme 7.1 Zirkadiane Uhren 7.2 Missachtung von Naturgesetzen und die Folgen 7.3 Lernen im Schlaf 7.4 Wie kanzerogen ist Nachtarbeit? 7.5 Wer oder was raubt uns den Schlaf? 7.6 Das Arbeitszeitgesetz – Gefährdung der Gesundheit 7.7 Beunruhigende Ergebnisse einer aktuellen Erhebung 7.8 Wer zahlt die Folgen? 7.9 Überlegungen zum Arbeitsschutz 7.10 Der Opportunismus von BP und Medizin 7. 1 Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme 7.1 Zirkadiane Uhren Alles schwingt: Zirkadiane Uhren Alle müssen schlafen 24 h SNC 20 h SNC 24 h Hamster 20 h Hamster Suprachiasmatischer Nukleus (SNC) 24 h SNC 24 h Hamster Quelle: M. Menaker, A mutation of the circadian system in golden hamsters, Science 241, 1988, S.1255-1257 Zeitgeber einbrechende Dunkelheit Hormone von Zirbeldrüse (Epiphyse) Schlafhormon Melatonin Ruhigstellung der Organe: Erholung Aktivierung Immunsystem: Bekämpfung feindlicher Zellen 7. Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme 7.1 Zirkadiane Uhren 7.2 Missachtung von Naturgesetzen und die Folgen Kommunikation der Organe zu einem System ZNS ZNS Herz-Kreislauf Epitop Rezeptor Herz-Kreislauf Verdauung Verdauung Hormone Hormone Immunsystem Immunsystem Schlafstadien einer Nacht Slow Wave Sleep – SWS III und IV Untersuchungsgruppe nach Familienstand Schlafstörungen nach Schichtarbeit Schlafqualität nach Nachtschicht Schlafstörung nach Alter und Schicht Schlafstörung nach Berufstatus Schlafstörung nach allgemeiner Belastung Schlafstörung nach Leistungsdruck Schlafqualiltät nach Leistungsdruck Multiple logistische Regressionsanalysen zum Zusammenhang zwischen Nachtschichtarbeit und Schlafstörungen (N=725); Variable Odds-Ratio Nachtschicht 2,30 ** Berufsstatus niedrig 1,67 * Berufsstatus Techniker 2,85 * Allgemeine Belastung hoch 4,60 *** 7. Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme 7.1 Zirkadiane Uhren 7.2 Missachtung von Naturgesetzen und die Folgen 7.3 Lernen im Schlaf Lernen im Schlaf Änderung der DNA (der Gene) nach Lernen Spritzt man radioaktiv markierte RNA ins Rattenhirn, wird nach Lernen die radioaktive RNA zu DNA umgeschrieben und in den Zellkern integriert. Die Veränderung der DNA (schwarze Punkte) ist deutlich sichtbar. Kaum Änderung der Gensubstanz DNA ohne Lernen Hirnschnitt von nicht trainierten Tieren. Sie lernten nichts Neues, es wird kaum RNA zu DNA umgebaut und in den Zellkern integriert: die DNA hat sich kaum verändert Nachtschichtarbeit und Erkrankungen des endokrinen und des Immunsystems (N=690), Angaben in Prozent Krankheit Nachtschichtarbeit Odds Ratio nein ja zwei und mehr endokrine Erkrankungen 15.9 32.9 *** 2.97 *** zwei und mehr Erkrankungen des Immunsystems 14.9 24.7 ** 1.69 * Zusammenhang zwischen Nachtschichtarbeit und gesundheitlichen Parametern (N=690); Angaben in Prozent Gesundheitliche Beeinträchtigungen und Krankheiten Nachtschichtarbeit Odds Ratio nein ja Rückenschmerzen 29.6 Gelenkschmerzen 38.0 * 1.29 5.7 13.5 ** 2.54 * Kopfschmerzen 8.3 8.1 0.99 Diabetes mellitus 3.9 2.0 0.62 Magen-Darm-Beschw. 0.9 4.2 * 5.06 Schlafstörungen 0.4 4.6 ** 15.53 * Nervosität 0.9 2.6 2.58 7. Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme 7.1 Zirkadiane Uhren 7.2 Missachtung von Naturgesetzen und die Folgen 7.3 Lernen im Schlaf 7.4 Wie kanzerogen ist Nachtarbeit? Zeitgeber einbrechende Dunkelheit Zirbeldrüse (Epiphyse) Melatonin Hemmung Stoffwechsel Anregung Immunsystem Akkumulation von Aceton infolge herabgesetztem nächtlichem Stoffwechsel (Kieswetter/Seeber, 1995) Immunsuppression durch Cortisol und TNF 7. Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme 7.1 Die Funktion des Schlafs – kann man sich an Nachtarbeit gewöhnen? 7.2 Missachtung von Naturgesetzen und die Folgen 7.3 Lernen im Schlaf 7.4 Wer oder was raubt uns den Schlaf? 7.5 Das Arbeitszeitgesetz – Gefährdung der Gesundheit 7.6 Wie kanzerogen ist Nachtarbeit? 7.7 Beunruhigende Ergebnisse einer aktuellen Erhebung Multiple logistische Regressionsanalysen zum Zusammenhang zwischen Nachtschichtarbeit und Schlafstörungen (N=725); Variable Odds-Ratio Nachtschicht 2,30 ** Berufsstatus niedrig 1,67 * Berufsstatus Techniker 2,85 * Allgemeine Belastung hoch 4,60 *** Nachtschichtarbeit und Erkrankungen des endokrinen und des Immunsystems (N=690), Angaben in Prozent Krankheit Nachtschichtarbeit nein Odds Ratio ja zwei und mehr endokrine Erkrank. 15.9 32.9 *** 2.97 *** zwei und mehr Erkrankungen des Immunsystems 14.9 24.7 ** 1.69 * Zusammenhang zwischen Nachtschichtarbeit und gesundheitlichen Parametern (N=690); Angaben in Prozent Gesundheitliche Beeinträchtigungen und Krankheiten Nachtschichtarbeit nein ja Rückenschmerzen 29.6 Gelenkschmerzen Odds Ratio 38.0 * 1.29 5.7 13.5 ** 2.54 * Kopfschmerzen 8.3 8.1 0.99 Diabetes mellitus 3.9 2.0 0.62 Magen-Darm-Beschw. 0.9 4.2 * 5.06 Schlafstörungen 0.4 4.6 ** 15.53 * Nervosität 0.9 2.6 2.58 „Mit Vollzeit ist Schichtarbeit für Familien nicht erträglich. Es gibt keinen Rhythmus in der Familie.“– „Die Wochenend-und Feiertagsarbeit haben unsere familiären Aktivitäten in den letzten 25 Jahren begrenzt.“ – „Schlimm finde ich, dass ich nicht mitbekommen habe, wie die Kinder groß geworden sind.“ Ein Drucker, der uns auf die große Rücksichtnahme seiner Familie hinwies, schrieb uns: „Durch das Ausfüllen dieses Fragebogens wurde mir wieder mal bewusst, welche außergewöhnliche Partnerin und Familie ich habe. Danke.“ „Mein Partner arbeitet Nachtschicht, und durch die Belastung ist unsere Beziehung gefährdet.“ „Die Kinder müssen tagsüber viel Rücksicht nehmen und leise sein. Freunde können dadurch nur selten zu Besuch kommen.“ „Von den paar Leuten, die in Vorruhestand gehen konnten, sterben viele schon nach einem Jahr. Noch erschreckender ist, dass dieses Jahr schon zwei Kollegen mit 50 an einem Herzinfarkt gestorben sind und Schlaganfälle eigentlich in regelmäßigen Abständen auftreten.“ Arbeiterin in Stahlwerk, 28 J., Contischicht Ohne Schichtplan kann man nicht vor die Tür gehen. Man kann man sich schwer mit Freunden treffen. Ich fühle mich oft einsam. Verfahrenstechniker, 37 J., 17 Jahre Dreischichtarbeit Schichtarbeiter sollten mit 57 in Rente gehen können, weil sie dann durch die körperliche Anstrengung an ernsten Krankheiten wie Herzinfarkt, Krebs und psychischer Instabilität leiden. Es droht vorzeitiger Tod. Drucker, 39 J., verh., 2 Kinder. Seit 15 Jahren Dreischicht. Kein Bock auf Unternehmungen wie Tanzen, Schwimmen, Ausflüge. Das Sexualleben ist unbefriedigend. Bei Daimler war der Leistungsdruck am Band so groß, dass ich monatelang nichts außer Arbeit und Tiefschlaf hatte. Ich bekam einen Bandscheibenvorfall. Alle Krankheiten und Beschwerden haben sich vervielfacht – ich habe sechs Jahr nicht gelebt! Elektriker, 45. J. drei Kinder, seit 25 Jahren in Dreischicht Bis 67 niemals! Staplerfahrer, 44 J., 2 Kinder, 12 Jahre Dreischichtarbeit „Nach der Nachtschicht dauert es bei meinem Mann ca. eine Woche, bis er wieder zurückgestellt ist.“ Der Körper kommt nie zur Ruhe. Es gibt wenig gemeinsame Stunden in der Partnerschaft. Kein geregeltes Essen, dass heißt ständig Magen-Darm-Beschwerden. Monteurin, 39 J., verheiratet, 1 Kind, seit 12 J. Dreischicht Schichtarbeiter sollten mit 57 in Rente gehen können, weil sie dann durch die körperliche Anstrengung an ernsten Krankheiten wie Herzinfarkt, Krebs und psychischer Instabilität leiden. Es droht vorzeitiger Tod. Drucker, 39 J., verh., 2 Kinder. Seit 15 Jahren Dreischicht. 7. Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme 7.1 Die Funktion des Schlafs – kann man sich an Nachtarbeit gewöhnen? 7.2 Missachtung von Naturgesetzen und die Folgen 7.3 Lernen im Schlaf 7.4 Wer oder was raubt uns den Schlaf? 7.5 Das Arbeitszeitgesetz – Gefährdung der Gesundheit 7.6 Wie kanzerogen ist Nachtarbeit? 7.7 Beunruhigende Ergebnisse einer aktuellen Erhebung 7.8 Wer zahlt die Folgen? Wer zahlt die Folgen? Gesundheitsausgaben 2004: 224,9 Mrd. Herz-Kreislauf-Erkrankungen: 35,3 Mrd. Erkrankungen des Verdauungssystem 33,3 Mrd. Davon zahlen: 81 Mrd. Unternehmer (36 %) 144 Mrd. Arbeiter und Angestellte (64 %) Unternehmeranteil an Gesundheitskosten Unternehmeranteil an Gesundheitskosten in Prozent 50 41,2 40 36,0 30 Ziel: 8,5% 2000 2001 2002 2003 2004 Unternehmeranteil an Gesundheitskosten Gemessen am Wert aller in Deutschland produzierten Güter und Dienstleistungen betrug der Unternehmeranteil an Gesundheitskosten 2004 3,2 Prozent. 7. Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme 7.1 Die Funktion des Schlafs – kann man sich an Nachtarbeit gewöhnen? 7.2 Missachtung von Naturgesetzen und die Folgen 7.3 Lernen im Schlaf 7.4 Wer oder was raubt uns den Schlaf? 7.5 Das Arbeitszeitgesetz – Gefährdung der Gesundheit 7.6 Wie kanzerogen ist Nachtarbeit? 7.7 Beunruhigende Ergebnisse einer aktuellen Erhebung 7.8 Wer zahlt die Folgen? 7.9 Überlegungen zum Arbeitsschutz Gesundheitliche Empfehlungen zu Nachtarbeit • Abschaffung bzw. Einschränkung von Nachtarbeit • Maximal 2 bis 3 Tage in gleicher Schicht • Maximal 5 Arbeitstage hintereinander pro Woche • Keine Wochenendarbeit • Verkürzung des Arbeitstages für Normalschicht • Weitere Verkürzung der Nachtschicht ohne Ausnahmeregelungen • Mindestens 48 Stunden Ruhezeit nach Nachtschicht • Vorgezogenes Renteneintrittsalter für Nachtarbeiter • Gleichmäßig verteilte und bezahlte Schichtpausen • Schichtfolge Früh – Mittag – Spät 7. Nachtarbeit und Folgen für Organsysteme 7.1 Die Funktion des Schlafs – kann man sich an Nachtarbeit gewöhnen? 7.2 Missachtung von Naturgesetzen und die Folgen 7.3 Lernen im Schlaf 7.4 Wer oder was raubt uns den Schlaf? 7.5 Das Arbeitszeitgesetz – Gefährdung der Gesundheit 7.6 Wie kanzerogen ist Nachtarbeit? 7.7 Beunruhigende Ergebnisse einer aktuellen Erhebung 7.8 Wer zahlt die Folgen? 7.9 Überlegungen zum Arbeitsschutz 7.10 Diskussion: Theorie u. Praxis der Betriebspsychologie Fragen zum Testat 1: 1. Worin liegt die Bedeutung der Motivation im Arbeitsprozesses und welche Methoden sind Ihnen bekannt? 2. Charakterisieren Sie Einheit und Gegensatz von Taylorismus und Lean Produktion? Welche Bedeutung hatte in diesem Zusammenhang das Hawthorne-Experiment? 3. Was ist die Aufgabenstellung der Betriebspsychologie? Charakterisieren Sie ihre Widersprüchlichkeit. 4. Erläutern Sie die beiden Grundbedingungen für die Entwicklung des Zentralen Nervensystems und skizzieren Sie dessen Grobaufbau. 5. Was verstehen Sie unter Entwicklung der Homöostase? Fragen zum Testat 2: 6. Was versteht man unter „Hirnstoffwechsel unter Krisenbedingungen“ und wodurch wird er hervorgerufen? Was sind seine wichtigsten Kennzeichen? 7. Legen Sie bitte die Ursachen der häufigsten psychischen Erkrankungen im Betrieb dar. 8. Erläutern Sie den Unterschied eines Konflikts und einer psychischen Erkrankung 9. Kann sich der Mensch an Nachtarbeit gewöhnen? 10. Was sind die Hauptkennzeichen des Arbeitszeitgesetzes von 1994 und seine Folgen? 11. Welche organischen Folgen von Nachtarbeit kennen Sie und was sind ihre Ursachen? 12. Welche Überlegungen haben Sie für die Verbesserung der Arbeitsverhältnisse vorzuschlagen? Prüfungsfragen Klausur FB 10 Betriebspsychologie am 24.6.08 von 11.30 bis 13.00 1. Worin liegt die Bedeutung der Motivation im Arbeitsprozesses und welche Methoden der Motivierung sind Ihnen bekannt? 2. Charakterisieren Sie Einheit und Gegensatz von Taylorismus und Lean Produktion? Welche Bedeutung hatte in diesem Zusammenhang das Hawthorne-Experiment? 3. Erläutern Sie die beiden Grundbedingungen für die Entwicklung des Zentralen Nervensystems und skizzieren Sie dessen Grobaufbau. 4. Erläutern Sie den Unterschied zwischen einem Konflikt und einer psychischen Erkrankung 5. Welche organischen Folgen von Nachtarbeit kennen Sie und was sind ihre Ursachen? 8. Psychische Krankheiten durch Umweltgifte am Arbeitsplatz: Am Beispiel Dioxin und Feinstäube von MVAs Allgemeines zu Abfallverbrennung Verwendete Informationsquellen: - Studie “Müllverbrennung und Gesundheit“ (März 2001) Greenpeace Research Laboratories, University of Exeter, UK - Zusammenstellung von wissenschaftlichen Studien und Informationen zum Thema Abfallverbrennungsanlagen - zitierte wissenschaftliche Arbeiten: Ökoinstitut, IFEU, LUANRW Abfallverbrennung = chemischer Reaktor ► über den Abfall gelangen mehr als 60.000 chemische Verbindungen in die Verbrennung ► gemessen werden nur 12 Schadstoffe (17. BImSchV) ► über chemische Reaktionen entstehen neue Schadstoffe, die in die Umwelt emittiert werden. ► davon sind den Toxikologen 80% unbekannt ► diese Schadstoffe belasten unsere Lebensgrundlagen Beispiele für ein erhöhtes Krebsrisiko MVA-Anlagen-Mitarbeiter Studie Schweden (1989): ● 3.5-faches Sterblichkeitsrisiko durch Lungenkrebs ● 5-faches Sterblichkeitsrisiko durch Speiseröhrenkrebs Studie Italien (1997): ● 2.8-faches Sterblichkeitsrisiko durch Magenkrebs Beispiele für erhöhtes Krebsrisiko MVA-Anwohner Studie Frankreich (2000): +44% Weichteilsarkome (Bindegewebskrebs) +27% Non-Hodgkin-Lymphome (Krebs des Lymphsystems) 1.5-faches Sterblichkeitsrisiko durch Speiseröhrenkrebs Studie Italien (1996): 6.7-faches Sterblichkeitsrisiko durch Lungenkrebs Studie Großbritannien (1998-2000): 2-fach erhöhte Krebssterblichkeit bei Kindern insgesamt Beispiele von Giftstoffen, die in Abfallverbrennungsanlagen entstehen (I.) ● Dioxine und Furane ● polychlorierte Biphenyle (PCB‘s) - ähnlich schädlich wie Dioxin - KEINE Grenzwerte ● Chlorbenzole ● polyaromatische Kohlenwasserstoffe (PAH‘s) Gesundheitliche Risiken in Zusammenhang mit Abfallverbrennungsanlagen - erhöhtes Krebsrisiko - Atemprobleme - Herzkrankheiten - Schädigung des Immunsystems - allergische Reaktionen - angeborene Anomalien - erhöhtes Risiko für Depressionen und Persönlichkeitsstörungen Beispiele von Giftstoffen, die in Abfallverbrennungsanlagen entstehen (II.) - Schwermetalle, u.a., Blei, Cadmium, Quecksilber, ... - Schwefeldioxid (SO2) - Stickstoffoxid (NO2) Es existieren KEINE Emissionsgrenzwerte für : - Hexachlorbenzol ( eines der stärksten Immungifte ) - lungengängige Feinststäube (PM 0,1 – 2,5) Dioxine - Entstehung durch unvollständige Verbrennungsprozesse - Kurzbezeichnung für ca. 200 verschieden Einzelverbindungen - Am bekanntesten + giftigsten: 2,3,7,8-TCDD = Seveso-Dioxin (2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin) - Nebenprodukte bei Herstellungs- u. Verbrennungsvorgängen im Zusammenhang mit Chlorverbindungen (u. a. in PVC) Gesetz: Messen in der MVA: nur 1 x pro Jahr ! Dioxinentstehung in der Abfallverbrennung ► Hochkomplizierter chemischer Vorgang - Stark vom Temperaturprofil der Anlage abhängig ► Im Abfall vorhandene Dioxine: - werden in der Verbrennungszone teilweise zerstört, - in der Nachverbrennungszone wieder neu gebildet (sogenannte “de-novo-Synthese“) ► Neubildung aus Vorläufersubstanzen - PVC-Kunststoffe, - Chlorbenzole, - Chlorphenole) Atmosphärische Dioxin-Emissionen - Wesentliche Verbesserungen der Emissionssituation dank neuer Filtertechnologie ab Mitte der 90er-Jahre (nach Bekanntwerden des Problems durch Umweltprotest) - Problemverlagerung: weniger Dioxine in Abluft, dafür mehr Dioxine in Filterrückständen => Deponieproblem! Dioxin - Grenzwerte EU-Emissionsgrenzwert: 0,1 ng I-TEQ/m3 ► Grenzwerte nur für chlorierte Dioxinverbindungen KEINE Emissionsgrenzwerte für : - bromierte Dioxine bzw. gemischt - bromiert-/chlorierte Dioxinverbindungen Dioxin Messproblem Einzelmessung: In der BRD gesetzl. nach BImSchV. vorgeschrieben: 1 Einzelmessung pro Jahr (Emissionserklärung) Dauermessung: kontinuierliche Messungen gesetzl. vorgeschrieben: Belgien, Niederlande – liefern gravierende Unterschiede Beispiel: Gutachten zum Messprogramm Belgien (1998) zur Bestätigung der neuen Filtertechnik wurde gemessen: Punktmessung: 0,25 ng I-TEQ/m3 Dauermessung: 8.2 – 12,90 ng I-TEQ/m3 Unterschied: Faktor 30 - 50 Partikelemissionen (Feinstaub) - natürliche Staubpartikel: Staubteilchen aus Vulkanausbrüchen, Pilzsporen, Bodenstaub, Meersalz, Pollenkörner ( > 2.5mm ) - vom Mensch verursachte Partikelemissionen: Energieherstellung, Hausbrand / Kohleheizung, Abfallverbrennung, Treibstoffverbrennung in Fahrzeugmotoren - Durchmesser meist < 2.5mm Feinstäube erzeugen Krebs und psychische Krankheiten Lungengängige Stäube nehmen zu Ablagerungen von Feinpartikeln im menschlichen Atemtrakt Grafik: Stadt Zürich Umweltdepartement Feinstaubpartikel < 2.5mm “lungengängiger“ Feinstaub Gesundheitliche Auswirkungen: - Verschlimmerung bestehender Atemwegserkrankungen - Begünstigung von vorzeitigem Tod durch - Atemwegs- und Herzerkrankungen - Psychische Erkrankungen - Immunschwächung - davon besonders betroffen: Kleinkinder, Kranke sowie ältere Menschen Ultrafeine Partikel < 0.1mm Extrem hohes Gesundheitsrisiko Aufgrund der Feinheit: - starke elektrische Aufladung - chemisch sehr reaktionsfreudig Besonders reaktionsfreudig: - ultrafeine Metallpartikel - in Abfallverbrennungsanlagen vorhanden, - in Kohlekraftwerken nicht Filterung von Partikelemissionen aus Abfallverbrennungsanlagen - Filterwirkung bei Partikeln < 2.5mm : 5 - 30% - Filterung bei ultrafeinen Partikel < 0.1mm : 0 Reduktion des Abfallgewichts Gesamtgewicht (kg) Gewicht (kg) fester Abfall vor Verbrennung Verbrennungsrückstände 100% ca. 35% Aufkonzentration von Giftstoffen Deponierung der Reste: Sonderabfalldeponie - Mülltourismus – Beispiel für 100.000 Tonnen /Jahr) - LKW-Mülltransporte zur Verbrennung (ca.): 400 Tonnen/Tag - LKW-Abtransport fester Rückstände (ca.): 135 Tonnen/Tag (davon 20 Tonnen/Tag in Untertagdeponie) (Berechungsgrundlage = 7.500 B-Std. / 250 Transporttage) Ökobilanz Abfallverbrennungsanlage ersetzt keine “saubere“ Erdgasverbrennung KEINE Emissionssubstitution Zusammenfassung und Diskussion - durch Emissionen Umweltbelastung / Gesundheitsgefährdung : - krebserregende Abluft: 1.35-fach zu Hausbrand - toxische Schwermetalle: 2-fach zu Hausbrand - KEINE Emissionsgrenzwerte für schädliche Substanzen, z.B. - PCB‘s - Chlorphenole - Chlorbenzole - bromierte Dioxine und Furane - Feinstaub <2.5mm - Ultrafeinstaub <0.1mm Zusammenfassung und Diskussion (II.) zusätzliche Umweltbelastung und Gesundheitsgefährdung durch : ► sekundäre atmosphärische Emissionen (LKW-Strassen-Transportverkehr): ► Lärm-/Geruchsbelästigung ► neue Feinstaubquelle Merke: Grenzwerte wurden zur Bewertung von Technik geschaffen – - nicht um Menschen mehr Schadstoffe zu zumuten ! Danke für Ihre Aufmerksamkeit ENDE Alkohol Physiologie der Sucht Delir Erregender Botenstoff Alkoholmenge Alkoholmenge Alkoholmenge Alkoholmenge 1 Fl. 3 Fl. 5 Fl. 10 Fl. Steigerung der Alkoholmenge Alkoholvergiftung Komorbidität Vorab: bei Bestimmung der Komorbidität zu beachten Psychische Störungen können unmittelbar durch den Konsum von Alkohol verursacht werden Psychopathologische Symptome können im fortgeschrittenen Entzug entstehen Psychopathologische Symptome können eine Reaktion auf suchtbedingte psychosoziale Veränderungen sein Die Einnahme von Alkohol stellt einen Bewältigungsversuch von psychopathologischen Symptomen (Selbstmedikation) dar Alkoholabhängigkeit und psychische Störung werden durch einen gemeinsamen dritten Faktor verursacht Komorbidität Konkret: Komorbidität bei Alkoholabhängigkeit ist hoch Verschiedene Studien zeigen Lebenszeitprävalenz anderer psychiatrischer Erkrankungen bei Vorliegen der Diagnose Alkoholabhängigkeit von ca. 80%. Aber methodische Probleme Wird beispielsweise eine potentielle Komorbidität relativ früh nach Abstinenzbeginn erhoben, so kann es sich evtl. auch um späte Auswirkungen des Entzugs handeln Mangelnde Kontrolle der Geschlechtsverteilung in untersuchten Stichproben Führen zu großem Range der Komorbiditätsangaben Komorbidität Komorbiditätsraten bei Alkoholabhängigen Angststörungen 1 - 69% Affektive Störungen 20 - 73% Schizophrenie 2 - 8% Einmalige psychotische Symptome, ohne dass allerdings die Kriterien für eine Schizophrenie erfüllt waren 43% Borderlinestörung 13 - 54% Antisoziale Persönlichkeitsstörung 14 - 53% Suizidversuche 25 - 35% Nikotinabhängigkeit 64 - 85% Medikamentenmissbrauch/-abhängigkeit 13 - 29% Drogenmissbrauch/-abhängigkeit 0,5 - 7,5% aus Lindenmeyer (1999): Alkoholabhängigkeit Komorbidität Sekundäre Alkoholabhängigkeit Alkoholabhängigkeit oft Sekundärphänomen z.B. einer Angststörung Alkoholkonsum als Selbstmedikation kann kurzfristig zur Symptomminderung beitragen Langfristig aber häufig Verschlechterung der Primärsymptomatik, Beginn alkoholbezogener Störung Identifikation einer sekundären Alkoholabhängigkeit wichtig für Selektion der Behandlungsart, Therapieziele und den Behandlungsumfang Begriffsbestimmung Typen von Alkoholismus Typen von Alkoholismus – Zwei wichtige Taxonomien Vorab: empirische Überprüfung der meisten Typologien unzureichend Erklärt, wie es zu hoher Zahl von verschiedenen Typologien mit tw. sehr unterschiedlichem Ansatz kommen konnte Ausnahmen bilden Typologien von Jellinek und Cloninger Beide konnten clusteranalytisch validiert werden Beide Typologien haben sich auch klinisch bewährt Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Jellinek Jellinek trennt fünf Subgruppen von Alkoholikern Alpha- und Beta-Alkoholiker Gamma-, Delta- und Epsilon-Alkoholiker Sind abstinenzfähig, nicht alkoholkrank Nicht abstinenzfähig, Kontrollverlust nach Beginn des Trinkens, alkoholkrank Jellinek prägt mit seiner Typologie ein medizinisches Krankheitskonzept des Alkoholismus → hat Vor- und Nachteile Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Jellinek Alpha-Alkoholiker „Konflikttrinker“ Trinken als Effekt operanter Konditionierung Stress + psychische Anfälligkeit → Trinken → Entspannung u./o. Sicherheit u./o. Durchsetzungsvermögen → C+/C--Wegfall → erneutes Trinken in ähnlichen Situationen Psychische Abhängigkeit nicht besonders ausgeprägt, nimmt im Verlauf kaum zu, Aufhören jederzeit möglich Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Jellinek Beta-Alkoholiker „Gelegenheitstrinker“ suchen aus Gewohnheit Situationen gesteigerten Alkoholkonsums auf Trinkverhalten kann zwar zu Schädigungen führen, Personen können jedoch jederzeit aufhören Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Jellinek Gamma-Alkoholiker Stellen Mehrzahl der Alkoholkranken in Bundesrepublik Symptomfolge wurde von Jellinek durch Phasenmodell beschrieben Voralkoholische Phase Prodromalphase Kritische P. Chronische P. Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Jellinek Voralkoholische Phase Beginn des Trinkens unauffällig und sozial motiviert Zunächst Erleichterungstrinken im weiteren Verlauf aber Abnahme von Toleranz gegenüber psychischen Belastungen → um dem entgegen zu wirken häufigeres Trinken Alkohol wird wichtiges Stimmungsregulans Alkoholtoleranz steigt Betrunkenheit ist noch nicht Normalzustand, Alkoholismus wird im soz. Umfeld daher zumeist nicht bemerkt Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Jellinek Prodromalphase Beginnt mit retrograden Amnesien bei kleinen Mengen (< 50g) Alkohol zentrales Stimmungsregulans Denken in Konfliktsituationen häufig an Alkohol Alkohol muss immer schnell verfügbar sein, legen Verstecke an „Abkippen“ des ersten Glases → schnelle Wirkung Entwickeln alkoholbezogen Schuldgefühle, meiden im Gespräch Thema Alkohol Isolierungstendenzen Alkoholkrankheit wird in Prodromalphase wegen hoher Alkoholtoleranz oft nicht entdeckt Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Jellinek Kritische Phase Auftreten von Kontrollverlusten: kleinste Mengen induzieren Wunsch nach mehr → provoziert erstmalig Ablehnung durch andere Anstieg sozialer Konflikte, Gesellschaft distanziert sich Einsetzen von Kontrollverlust: Meist erst nach jahrelangen Alkoholkonsum, bei manchen aber bereits frühzeitig Rückfälle durch alkoholhaltige Lebensmittel/Medikamente möglich Zeitpunkt des Wiedereinsetzens von Kontrollverlusten nach Abstinenz → Rückfall variiert zeitlich über Personen Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Jellinek Kritische Phase Selbstschutz / reaktives Verhalten Flucht, Selbstmitleid, Imponiergehabe, großspuriges und aggressives Benehmen Konstruktion eines Erklärungssystems Anpassung des Stoffwechsels an Ethanol führt zu zunehmenden Entzugszeichen nach Trinkpausen, wie Unruhe, Schweißausbrüche, Verstimmung, Tremor,... Morgendliches Trinken nötig, weil Schlaf zu starkem sinken des Alkoholspiegels (=Entzug) führt Sonst z.B. nicht arbeitsfähig Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Jellinek Chronische Phase Beginnt mit regelmäßigem morgendlichen Trinken, tagelange Räusche Hat fortschreitenden psychischen, sozialen und körperlichen Verfall zur Folge Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen Nach un-/freiwilligen Trinkpausen schwerste Entzugserscheinungen wie zerebrale Krampfanfälle, Halluzinationen, Delirium Tremens (→ lebensbedrohlich) Alkoholtoleranz nimmt ab, Rauschdosis fällt unter Euphoriedosis Rausch setzt vor Beseitigung der Entzugssymptomatik ein → Trinken nimmt Charakter der Besessenheit ein Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Jellinek Chronische Phase Alkoholismus wichtiger als Nahrungsaufnahme bei Nichtvorhandensein von alkoholischen Getränken wird zu Brennspiritus, Haarwasser, etc. gegriffen Zusammenbruch des Erklärungssystems bei verbliebener Kritikfähigkeit teilweise bedingungslose Behandlungsbereitschaft oft aber schwere somatische Organschäden, die bleibende Invalidität, Suizid, Hospitalisierung bedingen, oder aber direkt zum Tod führen können Minderung der Lebenserwartung um 12 bis 15% Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Jellinek Delta-Alkoholiker „Spiegeltrinker“ Beginn des Trinkens im Rahmen der Trinksitten, keine besonders positiven Erlebnisse Entzugserscheinungen nach Trinkpausen durch Anpassung des Zellstoffwechsels und steigende Gewebstoleranz lässt Krankheit deutlich werden Veranlasst Betroffene dauerhaft Spiegel aufrecht zu erhalten → „Spiegeltrinker“ physische Abhängigkeit kaum Kontrollverluste, daher weniger soziale Belastungen dauerhafte Belastung → häufig toxische Organschäden Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Jellinek Epsilon-Alkoholiker „Quartalstrinker“ Trinken episodisch, tw. wochenlang keinen Alkohol Sind recht selten An Krisentagen mit depressiver Verstimmung, erhöhter Reizbarkeit und Unruhe und zwanghaftem Denken an Alkohol kommt es zu Kontrollverlusten mit mehrtägigem exzessivem Trinken Abgrenzung gegenüber Gamma-Alkoholikern Gamma-A. erleben mit zunehmender Häufigkeit Kontrollverlust, bei Epsilon-A. bleiben diese auch im weiteren Verlauf episodisch Im Sinne sekundären Alkoholismus an Grundstörung in manisch-depressiven Bereich denken Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Cloninger Typ A- und B-Alkoholabhängige Aus Familien- und Adoptionsstudien abgeleitet Typ A-Alkoholismus: Neurotischer Subtypus Weniger Risikofaktoren in Kindheit, späterer Beginn, weniger schwere Abhängigkeitssymptome und weniger psychopathologische und alkoholbezogene Probleme Hauptziel des Trinkens ist Angstminderung (~Alpha-A.) Typ B-Alkohismus: Psychopathischer Subtypus Verstärkte Risikofaktoren in Kindheit, familiär gehäufter A., früher Beginn alkoholbezogener Probleme, schwere Abhängigkeitssymptome, Vielzahl psychopathologischer und alkoholbezogener Probleme Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Cloninger Typ-A mehr von Umweltfaktoren, Typ-B mehr von genetischen Faktoren determiniert Konzeption in Anlehnung an neurobiologische Lernmodelle Annahme: die beiden Typen weisen neben unterschiedlichen phänomenologischen Variablen auch unterschiedliche neurobiologische Settings auf Typ-A: hohe Reward-Dependence Tendenz, intensiv auf Belohnung und Unterstützung zu reagieren und diese evozierendes Verhalten beizubehalten Annahme: Zusammenhang zu noradrenergen System Typen von Alkoholismus – Taxonomie von Cloninger Hohe Harm-Avoidance Niedriges Novelty-Seeking Tendenz stark auf aversive Reize zu reagieren, starkes Vermeidungslernen bzgl. Strafreizen, neuen Reizen Annahme: Zusammenhang zu 5HT-System Tendenz, starke exploratorische Aktivitäten zu zeigen und mit intensiver Erregung auf neue Stimuli zu reagieren Annahme: Zusammenhang mit mesolimbischen Dopaminsystem Typ-B: invers Typ-A Diagnostik des Alkoholismus Diagnose des Alkoholismus – Unterschiede zwischen Diagnoseinstrumenten Die verschiedenen Instrumente zur Erfassung alkoholbezogener Störungen unterscheiden sich hinsichtlich Diagnostischer Zielsetzung Psychometrischer Eigenschaften Umfang der eingeholten Daten bzw. der aus ihnen ableitbaren Informationen Art der untersuchten Variablen Diagnose des Alkoholismus – Unterschiede zwischen Diagnoseinstrumenten Unterschiede hinsichtlich diagnostischer Zielsetzung Abschätzung des Suchtpotentials, z. B. in der Berufswelt Forschungsdiagnostik Indikationsstellung Diagnose des Alkoholismus – Unterschiede zwischen Diagnoseinstrumenten Unterschiede hinsichtlich psychometrischer Eigenschaften Sensitivität und Spezifität Kriterium z.B. Krankheit, „Validitätsmatrix“ für Lüge, etc. wirklich hypothetischen vorhanden Alkoholismustest mit N=20 Testergebnis, Vorliegen eines Symptoms, ... Ja Nein Ja FP VP 4 = .20 Nein VN 8 = .40 Positive Prädiktive Power VP/(VP+FP) 2 = .10 Negative Prädiktive Power VN/(VN+FN) FN 6 = .30 Spezifität VN/(VN+FP) Sensitivität VP/(VP+FN) Diagnose des Alkoholismus – Unterschiede zwischen Diagnoseinstrumenten Unterschiede hinsichtlich psychometrischer Eigenschaften Sensitivität: Hohe Sensitivität bedeutet, dass Alkoholismus sehr gut erkannt wird hoch wenn viele „valid positiv“ und wenig „falsch negativ“ Diagnosen gestellt werden Spezifität: Hohe Spezifität bedeutet, dass spezifisch Alkoholismus und keine anderen Störungen erfasst werden hoch, wenn wenig „falsch positive“ Diagnosen und viele „valid negative“ Diagnosen Diagnose des Alkoholismus – Unterschiede zwischen Diagnoseinstrumenten Unterschiede hinsichtlich psychometrischer Eigenschaften Ökonomie Anzahl der Items Erhebungsform: z. B. Interview oder Fragebogen Bei medizinischen Instrumenten: Laboraufwand Diagnose des Alkoholismus – Unterschiede zwischen Diagnoseinstrumenten Unterschiede hinsichtlich Umfang der eingeholten Daten bzw. der aus ihnen ableitbaren Informationen 1. Screening Fragebogen: Diagnose Alkoholismus Ja/Nein Unterscheidung: 2. Selbstbeurteilung vs. Fremdbeurteilung Praktikabilität (z. B. Anzahl der Items) Mehrdimensionale Untersuchungsinstrumente: Instrumente für die Differentialdiagnose und möglicherweise für die Indikationsstellung Diagnose des Alkoholismus – Unterschiede zwischen Diagnoseinstrumenten Zu 1: Screening-Fragebögen Zweck: Erhebungsinstrumente, die Alkoholismus diagnostizieren sollen. Verfahren: Kurzfragebogen: CAGE (Mayfield, 1979), 4 Fragen: Haben Sie schon einmal daran gedacht, Ihren Alkoholkonsum zu reduzieren? Wurden Sie schon einmal von Leuten bezüglich Ihres Trinkens kritisiert? Haben Sie sich jemals schlecht oder schuldig aufgrund Ihres Trinkens gefühlt? Haben Sie schon einmal morgens als erstes Alkohol getrunken, um Ihre Nerven zu beruhigen oder ein Gefühl der Abgeschlagenheit zu beseitigen Bei zwei oder mehr Ja-Antworten ist die Diagnose „Problem-Trinker“ (~Alkoholmissbrauchender) wahrscheinlich Diagnose des Alkoholismus – Unterschiede zwischen Diagnoseinstrumenten Zu 1: Screening-Fragebögen Weitere Verfahren: Münchner Alkoholismus Test (MALT, Feuerlein, 1977) Besteht aus einem Selbst- und aus einem Fremdbeurteilungsteil; Fremdbeurteilung wird 4-fach gewertet Bei einem Summenwert größer 10 wird von Alkoholabhängigkeit ausgegangen Spezifität 95% und Sensitivität 88% Weitere Tests: Kurzfragebogen für Alkoholgefährdete (KFA, Feuerlein, 1976) Göttinger Abhängigkeitsskala (GABS, Jacobi, 1987) Alcohol Use Disorders Test (AUDIT, Barber & Grant, 1989) Diagnose des Alkoholismus – Unterschiede zwischen Diagnoseinstrumenten Zu 2: Beispiel Mehrdimensionale Untersuchungsinstrumente Trierer Alkoholismus Inventar (TAI, Scheller, 1984; aus Alcohol Use Inventory hervorgegangen), Merkmale: 90 Fragen, fokussieren spezifische Erlebens- und Verhaltensweisen der Betroffenen subjektive Antezedenzien und Konsequenzen des exzessiven Alkoholkonsums Das TAI umfasst 7 Skalen (1) Verlust Verhaltenskontrolle / negative Gefühle (2) Soziales Trinken, (3) Süchtiges Trinken, (4) Trinkmotive, (5) Folgen, Schädigung und Versuche der Selbstbehandlung von physiologischen Begleiterscheinungen, (6) Partnerprobleme wegen Trinken (7) Trinken wegen Partnerproblemen. Diagnose des Alkoholismus – Unterschiede zwischen Diagnoseinstrumenten Unterschiede hinsichtlich der Art der untersuchten Variablen 1. 2. Klinische Marker der Alkoholabhängigkeit Biologische Alkoholismusmarker Diagnose des Alkoholismus – Unterschiede zwischen Diagnoseinstrumenten Zu 1: Klinische Tests Häufige, direkt zu beobachtende Symptome alkoholbezogener Störungen kommen daher oft als erstes zur Anwendung Unreine Haut Vergröberte Gesichtszüge Spider Nävus „Lebersternchen“; sternförmige, auf Haut sichtbare Gefäßmissbildung bei Leberzirrhose Gerötetes Gesicht Tremor Schweißneigung Nervosität Ataxie [Gangstörung: breitbeinig, überschießend, unsicher] „ungepflegte Erscheinung“ Bsp.: Alcohol-Clinical-Index (Skinner, 1986) Diagnose des Alkoholismus – Unterschiede zwischen Diagnoseinstrumenten Zu 2: Biologische Marker Längerandauernder Alkoholmissbrauch lässt sich an veränderten Laborwerten feststellen. Wichtige Marker sind: Gamma-Glutamyl-Transpeptidase (-GT) Carbohydrat-defizientes-Transferrin (CDT) Die Verfahren unterscheiden sich hinsichtlich Sensitivität, Spezifität und Dauer der Normalisierung nach Abstinenz Diagnose des Alkoholismus – Unterschiede zwischen Diagnoseinstrumenten Überblick über einige biologische Marker Gamma-Glutamyl-Transpeptidase (-GT) In Leber lokalisiertes Enzym Freisetzung und erhöhte Serumspiegel von -GT sind in erster Linie Ausdruck einer Induktion der Enzymsynthese -durch Alkohol, aber auch durch Medikamente oder Nikotin- und weniger einer Leberzellschädigung [ROSMAN, A. S., 1992]. Leberschädigung muss angenommen werden, wenn gleichzeitig andere Enzyme erhöht sind Probleme von -GT In der Regel erheblich erhöhter Konsum nötig, um zu Anstieg des -GT-Wertes zu führen → Sensitivität Tägliche Alkoholbelastung von 60g über drei Wochen induziert häufig noch keinen Anstieg des -GT-Wertes Werte fallen bei Abstinenz erst langsam ab → Spezifität SEN .5 - .9, SPEZ ~.7 Diagnose des Alkoholismus – Unterschiede zwischen Diagnoseinstrumenten Überblick über einige biologische Marker Carbohydrat-Defizientes Transferrin (CDT) Chronischer Alkoholkonsum beeinträchtigt den Metabolismus des Enzyms Transferrin Bei regelmäßigen hohen Alkoholkonsum kommt es zur vermehrten Bildung von Transferrin-Varianten, die einen Mangel an Kohlenhydrat (CDT) aufweisen. Diese Transferrin-Varianten sind aufgrund einer veränderten elektrischen Ladung durch entsprechende Trennverfahren nachzuweisen. In seltenen Fällen können Lebererkrankungen ebenfalls zur Produktion von CDT führen Alles in allem jedoch bester Indikator: schnelle Normalisierung nach Abstinenz SEN: .5-.9, SPEZ: .9 - 1 5. „Neuorganisation der internationalen Produktion“ – was ist „Globalisierung“? Globalisierung : Der Aufstieg von Unternehmen zu Weltkonzernen und Weltproduktion ab 1990 und Unterordnung aller Nationalstaaten der Erde (Engel, 2003) Über(nationale) Monopole Aufstieg von einigen Monopolen zu Weltmonopolen - Verwandlung internationaler Staaten in Dienstleister Multinationale Konzerne Mit Monopolen verschmolzener Staat und Beeinflussung internat. Staaten Nationale Monopole Unterordnung und Verschmelzung von Monopolen und Staat Nationale Konzerne (Konkurrenz) Staat der Feudalen und Unternehmungen 8. Schlussfolgerungen und Forderungen an die Wissenschaft Das “Limbische System” – eine Gruppe von Zellen gibt Auskunft über die Lage Ohne Lernen wenig Änderung der Gensubstanz DNA Diese Tiere wurden nicht trainiert. Sie lernten nichts Neues, es wird kaum RNA zu DNA umgebaut und in den Zellkern integriert: die DNA hat sich kaum verändert Änderung der DNA (der Gene) nach Lernen Spritzt man radioaktiv markierte RNA ins Rattenhirn, wird nach Lernen die radioaktive RNA zu DNA umgeschrieben und in den Zellkern integriert. Die Veränderung der DNA ist deutlich sichtbar. Von der einfachen, der angeborenen Verknüpfung (Unbedingter Reflex)... ... zur erworbenen, veränderlichen und zeitweiligen Verknüpfung (Bedingter Reflex) ... führte zur Entwicklung neuer Neuronen im Gehirn. Die Hirnrinde (Neocortex) wurde qualvoll geboren. Wie heute bei einem Geiger oder Gameboyspieler zu beobachten, führt diese Reizung zur Entwicklung und Veränderung des Gehirns. Die Entwicklung des Gehirns im Lauf der Evolution Neuronales Netzwerk Rinde Bedingte Reflexe: Körperzustände Unbedingte Reflexe Hirnrinde (Neocortex) Corticale Tätigkeit Zwischenhirn (Cortex) Rückenmark und Hirnstamm Subcorticale Tätigkeit 3. Vom Taylorismus zur Lean Production 3.1 Die Abhängigkeit der Unternehmensphilosophie vom jeweiligen Stand der Produktivkräfte 3.2 Die von Taylor entwickelte Sozialpsychologie 3.3 Das „Hawthorne“ - Experiment 3.4 Der Toyota-Schock durch Lean Production 3.5 Einführung von „Lean Production“ und die Forderung des BDI 3.1 Motivation v. Produzent u. Gesellschaftsstufe Zukunft ?? Überwindung der Lohnarbeit und zurück/hin zur Gleichheit?? (intrinsisch??) Kapitalismus Von Lohnarbeit zur scheinbaren Gleichheit (Teilhaberschaft) – Lean production (extrinsisch???) Feudalismus Von Leibeigentum zur Abgabe u. Lohnarbeit Motivation durch zunehmende materielle Interessiertheit und Gewalt (extrinsisch T+P) Sklavenhalter Unterjochung von Menschen durch Menschen – Motivation überwiegend durch nackte Gewalt (extrinsisch Trennung T+P) Urgesellschaft Gleichheit aller Menschen – Überleben in Gemeinschaft (intrinsisch Einheit T+P) 3.2 Sozialpsychologie Frederick W. Taylors (1856 – 1915) Ausgangssituation Taylors: das „loafing“ (die Leistungszurückhaltung) der Arbeiter. Zielsetzung Taylors: wie können Arbeiter bei gleichem Lohn zu mehr Arbeit bewegt werden? Firmenabläufe seien ein Machtkampf zwischen Arbeitern und Management der von den Arbeitern gewonnen würde. Um diese Machtverteilung zugunsten des Managements zu ändern und somit die Arbeiter zu mehr Leistung zu bewegen, entwickelte Taylor seine berühmten vier Prinzipien. Menschenbild Taylors: „Arbeiter gehorchen ähnlichen Gesetzen wie Teile einer Maschine“. Entsprechend dieser mechanistischen Sichtweise strukturierte er die Betriebsabläufe neu. Taylors vier Prinzipien: 1. Trennung von Hand- und Kopfarbeit. Planung und Kontrolle der Produktion werden von der Produktion selbst getrennt. Die Produktion wird durch materielle Anreize erhöht. Die Planung, Analyse und Kontrolle erfolgt durch Spezialisten im Management 2. Optimierung der Arbeitsabläufe (one-best-wayPrinzip). 3. Teilung der Arbeit in kleinste Arbeitsabläufe, so dass es nur ein one-best-way-Prinzip geben kann. 4. Materielle Anreize als Motivationsfaktor (Akkordarbeit, Prämienlöhne) bei „Verdichtung“ der Arbeit Die Folgen von Taylor: • Zeitstudien • Prämienlohnsysteme • detaillierte Arbeits- und Bewegungsabläufe zur Steigerung der Leistung der Arbeiter Trennung von Hand und Kopfarbeit – motiviert durch materielle Anreize. Produktivitätszuwachs 3.3 Das Hawthorne-Experiment bei WesternElectric-Company in Chiacog durch den Nationalökonom Elton Mayo (1924 – 1934) Zielsetzung: Überprüfung der Beleuchtungsstärke auf Arbeitsleistung Methode: Messung der Produktivität im Vgl. von Versuchsmit Kontrollegruppe 1. Ergebnis: Bei besserer Beleuchtung steigt Arbeitsleistung an 2. Ergebnis: In Kontrollgruppe ohne bessere Beleuchtung steigt Arbeitsleistung ebenfalls an Fazit: Die Gruppe (Gemeinschaft) stellt eine die Produktivität steigernde Ressource dar, wenn die Hierarchie beseitigt und die Arbeit selbst bestimmt werden kann. 3.4 Der Toyota-Schock durch Lean Production Die Einführung der Lean Production (auch Toyota Production genannt) in den 1990er Jahren führt zu Produktivitätszuwachs bis zu 30% ohne nennenswerte technische Veränderungen Ihre wichtigsten Merkmale: • Ersetzung der individuellen Anreize durch kollektive Anreize (Gruppentarif) • Weitestgehende Abschaffung der Trennung von Hand- und Kopfarbeit durch Übertragung von Planungs-, Bestell- und Kontrollprozesse auf die Arbeiter • Abschaffung interner Hierarchien wie z.B. Wegfall von Meistern und Wahl von Arbeitsgruppensprechern durch die Arbeiter 3.5 Einführung von „Lean Production“ in Deutschland „Lean Production ist keine technische Produktionsmethode, sondern eine Unternehmensphilosophie, die auf dem Prinzip gegenseitiger Verantwortung bei Management, Mitarbeitern und Zulieferern basiert. Es ist ein dynamisches System, in dem alle Kräfte darauf ausgerichtet sind, Perfektionismus in Qualität und Produktion zu erreichen. (...) Es bedeutet ein tief greifendes Umdenken und das Abschiednehmen von lieb gewordenen Besitzständen und Rollenverhalten. Dies stellt für viele deutsche Betriebe mit verkrusteten Hierarchien, engen Kompetenzabgrenzungen und individualistischen Alleingängen eine große Herausforderung dar.“ Aus: Richtlinie zur Einführung der Lean Production der Bundesvereinigung der Deutschen Industrie (BDI), S.20 Forderungen des BDI an die Lean Production: „... dass von allen Produktionsmitteln weniger eingesetzt wird als in der Massenfertigung (bisher): • 50 Prozent der Zeit und des Aufwands für die Entwicklung neuer Produkte • 50 Prozent des notwendigen Lagerbestandes • 50 Prozent der Investitionen in Werkzeuge sowie • 50 Prozent des Personals in der Fertigung bei gleichzeitig größerer Produktvielfalt und geringerer Fehlerquote Aus: Richtlinie zur Einführung der Lean Production der Bundesvereinigung der Deutschen Industrie (BDI), S.5 4. „Neuorganisation der internationalen Produktion“ und ihre Folgen für die Psyche 4.1 Kritik am Begriff der Globalisierung: Der Aufstieg von Unternehmen zu Weltkonzernen und Weltproduktion ab 1990 – Herrschaft über die Nationalstaaten? (Engel, 2001) 4.2 Die Einführung der Agenda 2010 und ihre Folgen in den Betrieben mit Kernbestandteilen: • Abbau von Vollarbeitsplätzen u. massive Einführung von Leiharbeit • Abschaffung des Vorruhestands und Erhöhung des Rentenalters • Einführung des Hartz IVGesetz • Flexibilisierung und Verlängerung der Arbeitszeit Wiederholung und Zusammenfassung: Grundlegendes zum Stoffwechsel des menschlichen Gehirns Grundlegendes zum Stoffwechsel des menschlichen Gehirns Sprache Körperliche Arbeit Gemeinschaft / Gesellschaftsstufe Das wollen wir uns erarbeiten: 1. Ich verstehe mich ja selbst nicht – wie man eine Depression erkennt 2. Woher kommen Gefühle? 3. Die Rolle der Gefühle bei der Übereinstimmung mit der Wirklichkeit