Hühnerembryo - Entwicklung Auch in komplexeren Organismen gibt es Gradienten während der Entwicklung; diese steuern z.B. Aktivierung von Genen Organisator-Region Stadien in der Entwicklung eines Hühnerembryos. (a-h) Von einer Region am Rand der Keimscheibe, der Koller-Sichel (ks), wandern Zellen in die area pellucida ein, was zu einem zapfenartigen Gebilde führt. An dessen Spitze entsteht später der Kopf. Vom Kopf ausgehend, folgen in einem wellenartigen Prozeß nacheinander die übrigen Strukturen. Durch eine spezifische Färbung wurde Aktivität des Gens goosecoid sichtbar gemacht, das charakteristisch für die Organisator-Region ist. Dieses Gen markiert anfangs die Koller-Sichel, später die Kopf- und schließlich die Gehirnregion. (i) ein verwandtes Gen, GSX wird anfangs ähnlich, später in mehr posterioren Regionen aktiviert. Das gezeigte Stadium entspricht etwas dem von (e), taken from: Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen. 1997, Berlin: Springer Verlag. Hühnerembryo - Entwicklung Hühnchen: Flügel und Beine sind schon früh im Embryo als "Knospen" (buds) angelegt Chick limb development. (A) A chick embryo after 3 days of incubation, illustrating the positions of the early limb buds. (B) Scanning electron micrograph showing a dorsal view of the wing bud and adjacent somites 1 day later; the bud has grown to become a tongue-shaped projection about 1 mm long, 1 mm broad, and 0.5 mm thick. taken from: Alberts, V.B., et al., Molecular biology of the cell. 3rd ed. 1994, New York: Garland Publishing Inc. Hühnerembryo - Entwicklung Achse Schulter - Krallenspitze (proximal - distal) Achse Pfotenrücken - Pfoteninnenfläche (dorsal - ventral) Achse vorne - hinten (anterior - posterior) Flügelentwicklung aus der Knospe Experimentell: Entwicklung (= Ausbildung differenzierter Zerllen) untersuchen durch Transplantations-Experimente Zur Entwicklung der Flügel von Hühnerembryos. a) Zur Position der Bein- und Flügelknospen. b) Dünnschnitt einer Knospe des Flügels (nach 3 Tagen Inkubation). Die dunklen Bereiche sind angefärbte Mesenchymzellen. Man erkennt deutlich die dünne äußere Zellschicht, das Ektoderm. Am äußeren Ende befindet sich ein Kamm. c) Einige Entwicklungsstadien von sich normal entwickelnden Flügelknochen. Die Zeiten geben die Spanne zwischen Inkubation und Beobachtung wieder. Gezeigt ist auch die Orientierung des räumlichen Koordinatensystems. entnommen aus: Sackmann, E., Vorlesungsskript Biophysik (3. Auflage). 1992, Technische Universität: München. Hühnerembryo - Experimente Beispiel: Gewebe aus der Beinknospe nehmen und in wachsenden Bereich der Flügelknospe einsetzen -> Flügel entwickelt sich als bein (mit Krallen) weiter -> es muss eine Steuersubstanz in den ausdifferenzierten Zellen der Beinknospe vorhanden sein, die Zellen zu "Fußzellen" programmiert. gesunder Flügel: Oberarm, Unterarm, Finger Prospective thigh tissue grafted into the tip of a chick wing bud forms toes taken from: Alberts, V.B., et al., Molecular biology of the cell. 3rd ed. 1994, New York: Garland Publishing Inc. Hühnerembryo - Experimente Annahme: Es gibt OrganisatorRegionen von denen ein Morphogen-Gradien ausgeht; die Position innerhalb des Gradients bestimmt, wie die Zellen differenziert werden Nachweis einer Organisator-Region für die Gliedmaßenentwicklung bei Vertebraten. (a) Lage der Zone mit polarisierender Aktivität (ZPA) am hinteren Ende der Flügelknospe des Hühnchens. (b) ZPA-Zellen werden in einen zweiten Embryo vor die Flügelknospe implantiert. (c) Normale Anordnung der Knochen. (d) Nach der Transplantation werden die Knochen spiegelbildlich verdoppelt; schon die Transplantation sehr weniger Zellen (ca. 100) ist dafür ausreichend. (e,f) Erklärung basierend auf dem Konzept der Positionsinformation: Die ZPA ist die Quelle eines Morphogens. Es bildet sich eine gradierte Verteilung. Die lokale Konzentration gibt an, welcher Flügelknochen (2, 3 oder 4) gebildet werden soll. (f) Nach der Transplantation entsteht eine symmetrische Verteilung und damit eine symmetrische Anordnung der Finger. taken from: Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen. 1997, Berlin: Springer Verlag. Morphogenese als Abfolge von Genaktivierungen Morphogen-Gradient kann Genaktivierung steuern; -> an verschiedenen Orten werden unterschiedliche Gene aktiviert expremierte Proteine haben Rückklpplungseffekt, so dass Muster in Gen-Aktivierung stabil ist. Ortsabhängige Gen-Aktivierung unter dem Einfluß von morphogenetischen Gradienten. (a) Damit stabile Zellzustände entstehen können, müssen Gene eine nicht-lineare Rückwirkung auf ihre eigene Aktivierung haben und miteinander in einer Kompetition (R) stehen. Damit erhält sich eine einmal erfolgte Gen-Aktivierung selbst, und es kann in einer Zelle nur eines der alternativen Gene aktiviert werden. (b) Ausgehend von einer homogenen Aktivierung von Gen a, werden durch den Morphogengradienten m schrittweise die Gene b und c aktiviert. Jeder Schritt erfordert eine höhere Konzentration des Signal-Moleküls m. Es bilden sich scharf abgegrenzte Regionen, wo entweder Gen a oder Gen b oder Gen c aktiv ist. taken from: Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen. 1997, Berlin: Springer Verlag. Hühnerembryo - Experimente Beispiel: Transplantation von mit Vitamin A imprägnierten Gewebe in die Flügelknospe. -> mittlere Vitamin A Konzentration: Ausbildung von "Spiegelfingern", d.h. zu viele Finger Spiegelfinger Finger fehlen hohe Vitamin A Konzentration: Finger fehlen Examples of results. (A) Normal limb. (B) Limb with one supernumerary digit and slightly reduced radius. (C) Limb with full mirror-image hand and one extra zeugopodal element. (D) Severely reduced limb. Arrow indicates implant, bar = 1 mm. taken from: Summerbell, D., The effect of local application of retinoic acid to the anterior margin of the developing chick limb. Journal of embryology and experimental morphology, 1983. 78: p. 269-289. Hühnerembryo - Theoretical Models normaler Flügel Inhibitor anfängliche Quelle für Vitamin A mißgebildeter Flügel: "Spiegelfinger" Vitamin A bindet Inhibitor und neutralisiert deshalb lokal dessen Wirkung Aktivator -> es kann sich weiteres AktivatorMaximum ausbilden (da Aktivator-Bildung lokal nicht inhibiert wird) Finger: 432 System stabilisiert sich selbst (zweites Aktivator-Maximum bleibt auch nach Entfernung von Vitamin A bestehen) Beschreibung der Fingerfolge im Flügel: für jeden Finger gibt es eine Schwelle des Aktivatorlevels: schon bei kleinen Aktivatorkonzentrationen wird Bildung von Finger 2 ausgelöst, bei etwas höhehre Finger 3, bei noch höheren Finger 4; Bildung von Finger 3 blockt Bildung von Finger 2, Bildung von Finger 4 blockt Bildung von Finger 3 -> an jeder Schwelle wird genau ein bestimmter Finger ausgebildet Flügel mit zuviel Fingern (gespiegelt) 4 3 2 Finger: 432 234 Series of diagrams showing disruption of reaction-diffusion model by local application of retinoic acid (= vitamin A). Heavy line (A) = activator; light line (I) = inhibitor; circles represent retinoic acid molecules. The additional assumption is that Vitamin A binds to the inhibitor. It therefore lowers the level of free inhibitor below the threshold at which the activator can escape from inhibition (A). Activators forms a new anterior peak (B) and reaches a concentration at which it can catalyse production of sufficient inhibitor to eventually neutralize the vitamin A. A new steady state is set up with two stable peaks giving supernumerary elements in mirror-image symmetry (C). taken from: Summerbell, D., The effect of local application of retinoic acid to the anterior margin of the developing chick limb. Journal of embryology and experimental morphology, 1983. 78: p. 269-289. Hühnerembryo - Theoretical Models normaler Flügel mißgebildeter Flügel: fehlende Finger Vitamin A bindet Inhibitor und neutralisiert deshalb lokal dessen Wirkung Finger: -> es kann sich aber kein weiteres Aktivator-Maximum ausbilden (da Inhibitor-Bildung durch Vitamin A so stark neutralisiert ist, dass Aktivator level zunächst überall über Inhibitor liegt -> Rückkopplung ist für einige Zeit ausgeschaltet) 432 Series of diagrams showing disruption of reaction-diffusion model by local application of retinoic acid. Heavy line (A) = activator; light line (I) = inhibitor; circles represent retinoic acid molecules. Excess Vitamin A lowers the inhibitor concentration over more of the limb field (D). The whole system escapes from the negative feedback control and activator concentration rises (E). The net effect is to reset the entire reaction diffusion but at a higher base concentration. Digits specified by low concentration ranges are therefore progressively lost giving anterior reductions (F). Flügel mit zuwenig Fingern System stabilisiert sich selbst wenn keine neues Vitamin A mehr vorliegt.Dann selbe Kurve wie bei normalem Flügel, aber insgesamt höheres absolutes Aktivatorlevel -> liegt bereits über der Schwell zur Bildung von Finger 2 -> Finger 2 fehlt Finger: 43 taken from: Summerbell, D., The effect of local application of retinoic acid to the anterior margin of the developing chick limb. Journal of embryology and experimental morphology, 1983. 78: p. 269-289. Hühnerembryo - Theoretical Models normaler Flügel zuviele Finger zuwenige Finger Vitamin A viel wenig 432 432 23 -> Flügelmissbildung durch Vitamin A kann im Rahmen des Gierer Meinhardt Modell verstanden werden, wenn angenommen wird, dass Vitamin A den Inhibitor bindet und damit neutralisiert 43 taken from: Summerbell, D., The effect of local application of retinoic acid to the anterior margin of the developing chick limb. Journal of embryology and experimental morphology, 1983. 78: p. 269-289. Hühnerembryo - Theoretical Models P A warum gibt es links-rechts Symmetrie, d.h. für jede Gliedmaße auf der linken Seite auch eine auf der Rechten? wir stellen uns einen Hohlzylinder vor, in dem sich nach Gierer-Meinhard Gradienten gebildet haben: Doppelter Konzentrationsgradient entlang Achse oben / unten: Bildung einer Gliedmaßen-Anlage. (a) Modell: Wenn zwei verschieden determinierte Regionen (A und P) zusammenarbeiten müssen,um eine neue Substanz m zu produzieren, so kann deren Produktion nur an der gemeinsamen Grenze stattfinden (Pfeil). Die lokale Konzentration ist ein Maß für die Entfernung von der Grenze. (b) Wenn die Kooperation von zwei Paaren von differenzierten Zelltypen (A/P und D/V) erforderlich ist, so entstehen die Organisator-Regionen an den Schnittpunkten der beiden Grenzen (Rechtecke). In einem zylindrischen Embryo entstehen diese immer in Paaren, eines auf der linken, das andere auf der rechten Seite. Um den unterschiedlichen Drehsinn dieser Schnittpunkte (ovale Pfeile) zu zeigen, wurde die linke Körperhälfte nach oben geklappt dargestellt. (c) Eine Beinknospe während des Auswachsens. Die Finger entstehen entlang der D/V-Grenze (dicke Punkte), der Fingertyp ist von der Entfernung zur A/P-Grenze abhängig. (d) Flügelknospe des Hühnchens. Das Protein Wnt-7a (dunkelblau) ist auf den dorsalen Bereich begrenzt. (e) Blick vom Schwanz her auf die zwei Flügelknospen. Die Linien entstehen durch Färbung eines Proteins, das an der D/V-Grenze produziert wird (FGF8). Die beiden runden Flecken markieren eine hohe Konzentration von Sonic hedgehog, das an den Schnittpunkten der A/P und der D/V-Grenzen (dicke Pfeile in b,c) entsteht. Sonic hedgehog legt direkt oder indirekt die Reihenfolge der Finger fest (hohe Konzentration: kleiner Finger; niedrige Konzentration: Daumen). Der vermutlich entstehende Gradient ist nicht sichtbar, da die Konzentration zwischen den Zellen unter der Nachweisgrenze liegt. P nimmt von von oben nach unten ab, A nimmt von oben nach unten zu; nehmen wir an, dass die Ausbildung der Gliedmasse nur erfolgen kann wenn P und A genügend konzentriert sind -> dies ist in Ring in Mitte des Zylinders möglich zweiter doppelter Konzentrationsgradient entlang Achse vorne / hinten: D nimmt von vorne nach hinten zu, V nimmt von vorne nach hingen ab; für Ausbildung der Gliedmasse ist ausreichend D und V nötig -> nur auf Schnitt entlang durch Mitte zwischen vorne / hinten zusammen: A/P + D/V Schnitt des Ringes mit der Ebene gibt 2 Punkte -> 2 Gliedmaßen (links + rechts) taken from: Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen. 1997, Berlin: Springer Verlag. Hühnerembryo - Theoretical Models Schnitt aus Grenzflächen zwischen zwei Doppelgradienten oben unten Gliedmaße "links" P A vorne V D Gliedmaße "rechts" hinten Some other strategies Unterschiedliche Auswirkung des Morphogengradienten Two strategies for using signal concentration gradients to specify a fine-grained pattern of cells in different states. In (A) there is only one signal gradient, and cells select their states by responding accurately to small changes of signal concentration. In (B) the initial signal gradient controls establishment of a small number of more local signals, which control establishment of other still more narrowly local signals, and so on. Because there are multiple local signals, the cells do not have to respond very precisely to any single signal in order to create the correct spatial array of cell states. Case B corresponds more closely to the strategy of the real embryo. taken from: Alberts, V.B., et al., Molecular biology of the cell. 3rd ed. 1994, New York: Garland Publishing Inc. Genetik der Musterbildung: Drosophila