Psych-Grund1-Einführung

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Vorlesung
Psychologische
Grundlagen der SA
Prof. Dr. Ralph Viehhauser
Einführung in die Psychologie
Gliederung

Sinn und Grundprinzipien wissenschaftlicher
Psychologie

Gegenstand der Psychologie

Grundlegende Tätigkeiten in der
wissenschaftlichen Psychologie

Grundlegende Aspekte des psychischen
Geschehens
Sinn und Grundprinzipien
wissenschaftlicher Psychologie
Redensarten als Beispiel
psychologischen Alltagswissen

Was Du nicht willst, das Dir man tu', das füg' auch
keinem andern zu.

Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.
Meinungen zur Psychologie

Auffassung, Psychologie sei entbehrlich, bringe nichts neues

Psychologie sei in ein Fachjargon gepresstes Allgemeinwissen

Ablehnung psychologischer Erkenntnisse, wenn sie lieb
gewordenen Vorstellungen und Erwartungen zuwiderlaufen

Die Psychologie gehört zu jenen Gebieten, über die sich alle Welt
rasch ein Urteil zutraut.

Konstruktion eines Gegensatzes von Intuition und
wissenschaftlichem Denken
Verzerrte Erwartungen an die
Psychologie

Der Psychologe als großer Zauberer mit Röntgenblick

Über diverse populärwissenschaftliche Literatur
werden scheinbar einfache Antworten zu komplexen
psychologischen Fragestellungen gegeben.

Berichte in den Medien zu psychologischen
Erkenntnissen sind meist sehr übertrieben und
oberflächlich verfasst.
Beispiel Papierfalten

Frage: Stellen Sie sich vor, Sie falten ein Blatt
Papier (von 0,1mm Stärke) 100 Mal. Wie dick
würde es dann etwa sein?

Antwort:
Beispiele für die Grenzen des gesunden
Menschenverstandes

Hindsight-Bias: die Tendenz, nach dem Eintreten eines
Ereignisses zu glauben, man hätte es vorhersehen können.

Optimistischer Fehlschluss: Das Phänomen, dass die
meisten Menschen von sich selbst, von ihren persönlichen
Kontrollmöglichkeiten und der Zukunft eine unrealistisch
positive Sichtweise haben.

Selektive Erinnerung: das, was den eigenen
Erwartungsschemata entspricht, wird mit größerer
Wahrscheinlichkeit erinnert, anderes eher vergessen.

Barnum-Effekt: Tendenz bestimmte Arten von
Persönlichkeitsdeutungen auf sich zu beziehen.
Sinn wissenschaftlicher Psychologie

Wissenschaftliche Psychologie liefert Beschreibungen und
Erklärungen für das Erleben und Verhalten von Menschen.

Das Ziel solcher Beschreibungen und Erklärungen ist es, sich
selbst und andere genauer, angemessener und differenzierter
wahrzunehmen und

dadurch Handlungsräume zu erweitern und Probleme in neuem
Licht sehen zu können.
Literatur

Bourne, L. E. & Ekstrand (2005). Einführung in die Psychologie.
Eschborn: Klotz-Verlag.

Langefeldt, H. P. & Notdurft, W. (2004). Psychologie. Studienbuch für
soziale Berufe. München: Ernst Reinhardt-Verlag.

Myers, D. G. (2005). Psychologie. Berlin: Springer.

Nolting, H. P. & Paulus, P. (1999). Psychologie lernen. Eine
Einführung und Anleitung. Weinheim: Beltz

Schermer, F. J. (2005). Grundlagen der Psychologie. Psychologie in
der Sozialen Arbeit, Band 1. Stuttgart: Kohlhammer.

Steden, H. P. (2004). Psychologie. Eine Einführung für soziale Berufe.
Freiburg i. Breisgau: Lambertus.

Zimbardo, P. G. & Gerrig, R. J. (2004). Psychologie (16. Aufl.).
München: Pearson-Studium.
Merkmale der Alltagspsychologie

Die Alltagspsychologie ist grundsätzlich subjektiv, das heißt,
dass verschiedene Personen bei ein und demselben Sachverhalt
zu unterschiedlichen Erkenntnissen kommen.

Die Alltagspsychologie kann zufällig wahr sein, das heißt, dass
sie mit der Beschaffenheit der Realität übereinstimmen kann,
dies aber in vielen Fällen nicht tut.

Bei der Alltagspsychologie handelt es sich um unzulässige
Verallgemeinerungen, das heißt, dass von "einmal auf immer"
bzw. von einem bzw. wenigen Fällen auf "alle" geschlossen wird.

Aussagen der Alltagspsychologie sind in der Regel nicht
überprüfbar und auch nicht wiederholbar.

Bei der Alltagspsychologie handelt es sich um Aussagen, die
nicht systematisch gewonnen wurden.
Wissenschaftliche Aussagen sind:

überprüfbar, das heißt, die Aussage und die Art und Weise, wie
der Forscher diese Aussage gewonnen hat, sind in der Realität
jederzeit nachvollziehbar und wiederholbar.

objektiv, das heißt, verschiedene Forscher erzielen bei gleichem
Sachverhalt unter gleichen Bedingungen die gleichen Ergebnisse.

allgemein gültig, das heißt, die Aussage trifft auch tatsächlich
auf die in der Aussage angegebenen Personen bzw. -gruppen zu.
(allerdings sind es immer nur Wahrscheinlichkeitsaussagen).

systematisch gewonnen, das heißt, Wissen wird systematisiert,
geordnet und vereinheitlicht, was auch Eindeutigkeit, Vollständigkeit und bis zu einem gewissen Grad auch Widerspruchsfreiheit der Aussagen einschließt.
Wissenschaftliche Haltung
Kritisches Hinterfragen aus einer wissenschaftlichen Haltung heraus, gepaart mit der richtigen
Mischung aus Neugier, Skepsis und Bescheidenheit, hilft uns, Sinn von Unsinn zu unterscheiden!!!
Was Sie beim Lernen von Psychologie im
Hinterkopf behalten sollten:
Wer sich als Laie mit Physik beschäftigt, füllt
Wissenslücken; er lernt etwas dazu. Wer sich
hingegen als Laie mit Psychologie beschäftigt,
der lernt um.
Gegenstand der Psychologie
Psychologie
Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen

Der Begriff „Psychologie“ (griechisch, psyche: die Seele,
logos: die Lehre/Wissenschaft) heißt wörtlich übersetzt: die
Wissen-schaft von der Seele.

Das Seelenleben eines Menschen äußert sich einerseits in
seinem Verhalten, andererseits in seinem Erleben.

Unter Verhalten versteht man die Gesamtheit aller von außen
beobachtbaren Äußerungen eines Lebewesens.

Mit Erleben werden von außen nichtbeobachtbare Vorgänge im
Menschen bezeichnet, Vorgänge, die der Mensch nur an sich
selbst wahrnehmen kann.
Grundlagen-Disziplinen der Psychologie

Allgemeine Psychologie: Welche grundlegenden und allgemein
gültigen Aussagen lassen sich bezüglich des Erlebens und
Verhaltens treffen?

Differenzielle Psychologie: Welche Unterschiede bestehen in
der Persönlichkeitsstruktur zwischen Menschen und Gruppen
von Menschen?

Entwicklungspsychologie: Wie entwickelt sich das Erleben
und Verhalten im Lauf des menschlichen Lebens von der
Geburt bis zum Tod?

Sozialpsychologie: Wie wird das Erleben und Verhalten durch
Mitmenschen beeinflusst? Wie erleben und verhalten sich
Menschen in sozialen Bereichen wie beispielsweise in der
Gruppe?
Anwendungs-Disziplinen d. Psychologie

Klinische Psychologie: Wie entstehen psychische Störungen? Wie
kann unangepasstes Erleben und Verhalten wieder abgebaut werden?

Psychologische Diagnostik: befasst sich mit der Entwicklung und
Anwendung von Methoden zur Messung, Beschreibung, Feststellung
von Unterschieden innerhalb einer Person bzw. zwischen mehreren
Personen.

Pädagogische Psychologie: Wie wirkt sich Erziehung auf das
Verhalten und Erleben eines Menschen aus?

Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie: beschäftigt
sich mit allen Fragen des Arbeits- und Berufslebens.

Gesundheitspsychologie: Welche psychologischen Bedingungen,
sind für die Förderung und Erhaltung von Gesundheit oder die
Bewältigung von Krankheiten maßgeblich?
Kriminalpsychologie
Wehrpsychologie
Schulpsychologie
Wirtschaftspsychologie
Pharmakopsychologie
Organisationspsychologie
Verkehrspsychologie
Arbeitspsychologie
Politische
Psychologie
Anwendungsgebiete
Betriebspsychologie
Forensische
Psychologie
Berufspsychologie
Klinische
Psychologie
Marktpsychologie
Beratuungspsychologie
Verkaufspsychologie
Werbepsychologie
Marktforschung
Grundlegende Tätigkeiten in der
wissenschaftlichen Psychologie
Menschliches Erleben u. Verhalten:
 Beschreiben
 Erklären
 Vorhersagen
 Beeinflussen/Verändern
Das Lernen von Psychologie…

soll letztlich dazu führen, dass man Erleben und
Verhalten „besser“ zu beschreiben, erklären,
vorherzusagen und erwünschte Veränderungen
besser zu initiieren vermag;

d.h. v.a. präziser, begründeter, systematischer
und oftmals auch vorsichtiger (als dies Laien
tun).
Tätigkeiten der Psychologie,
aufgezeigt am Beispiel der Angst

Beschreibung: Was ist Angst? Wie äußert sie sich? In
welchen Situationen tritt sie (vermehrt) auf ?

Erklärung: Wodurch wird Angst verursacht? Welche
Gesetzmäßigkeiten bezüglich der Angst gibt es?

Vorhersage: Was lässt sich bezüglich der weiteren
Entwicklung der Angst vorhersagen?

Veränderung: Wie können mögliche Ängste abgebaut
werden?
Wissenschaftliches Beschreiben

heißt nicht, das festhalten, was wir meinen,
glauben, vermuten, interpretieren, daraus
schließen;

beschreiben heißt, das festhalten, was wir sehen,
hören, fühlen, also tatsächlich wahrnehmen und
messen können.
Wissenschaftliche Erklärungen

Erklärungen sind Angaben über das „Warum“
von Sachverhalten.

Sie nennen Bedingungen, Gründe, Ursachen,
oder Abhängigkeiten.

Sie ordnen den Sachverhalt in allgemeine
Gesetzmäßigkeiten ein.
Bsp. „Psychologische Erklärung in der Presse“
„Fernsehen macht aggressiv“
HOUSTON, 7. Januar (Reuters): „Kinder, die viel fernsehen, neigen
zu größerer Aggressivität als gleichaltrige, die weniger Zeit vor dem
Bildschirm zubringen. Zu diesem Schluss kam das amerikanische
Psychologen-Ehepaar Jerome und Dorothy Singer in einer am
Samstag veröffentlichten Studie. Die beiden an der Yale-Universität in
New Haven tätigen Wissenschaftler haben bei einem einjährigen
Versuch mit 140 drei- und vierjährigen Kindern festgestellt, dass auch
Situationskomik und Sendungen, die Wettbewerbe enthalten, aggressives Verhalten bei viel Fernsehen konsumierenden Junioren auslöst.
In dem auf dem Jahreskongress der amerikanischen Gesellschaft für
die Förderung der Wissenschaft in Houston (Texas) vorgelegten
Untersuchungsbericht heißt es unter anderem, dass die aggressiveren
Versuchskinder in der Überzahl aus Familien stammten, in denen die
Eltern sich kaum darum kümmern, welche Programme ihre Sprösslinge sehen, und aus solchen Heimen, in denen ständig ferngesehen
werde.“
Was ein mündiger Forschungskonsument
hinterfragen würde:
Psychologische Erklärungen brauchen
einen hohen Grad an Differenziertheit

Psychische Phänomene können i.d.R. nur multifaktoriell erklärt werden.

Es gibt i.d.R. eine Vielzahl komplizierter
Wechselwirkungen.

Psychologische Erklärungen/Vorhersagen können
immer nur Wahrscheinlichkeitsaussagen sein.
Psychologisch fundierte Vorhersagen

Beschreibung und Erklärung ermöglichen eine wissenschaftlich
fundierte Vorhersage von Erlebens- und Verhaltensweisen.

Von großer Bedeutung ist es, wenn es einem gelingt, mit Hilfe
wissenschaftlich fundierter Aussagen die Bedingungen
vorauszusagen, unter denen eine gezielte Veränderung eines
Verhaltens möglich ist.
Psychologisch fundierte
Verhaltensänderung

3 Typen von Veränderungsaufgaben:



Korrektur
Förderung
Prävention

Laien schlagen häufig Lösungen vor, ohne sich hinreichend mit
den Gründen des Problems beschäftigt zu haben.

Größere Verhaltensänderungen benötigen aber i.d.R. ein
systematisches Vorgehen
Stellen Sie sich vor, Sie sind bei einem Bekannten und seiner Familie zu Besuch und beobachten, wie Ihr Bekannter nach der Arbeit mit einem großen Blumenstrauß nach Hause kommt und ihn mit den Worten »Schatz, das ist für dich« seiner Frau überreicht. Wie
würden Sie dieses Verhalten erklären? (Welche Erklärungen wären prinzipiell denkbar?)
Wird das aktuelle Erleben und
Verhalten primär von personalen
Dispositionen oder primär von
Situationsfaktoren bestimmt?
Person-Situation-Interaktion

Verhalten ist (immer) eine Funktion der Person und der Situation.

Im Einzelfall können die Gewichte unterschiedlich verteilt sein.

Personale Dispositionen und situative Faktoren beeinflussen sich
wechselseitig.

Person-Situation-Interaktionen verlaufen häufig als sich
selbsterhaltende Kreisprozesse.
Was sind die zentralen Einflussfaktoren, die
die menschliche Entwicklung bedingen?
Reifen und Lernen

Reifen ist die Veränderung personaler
Dispositionen aufgrund der Entfaltung eines
Genprogramms.

Lernen ist die Veränderung personaler
Dispositionen aufgrund von Erfahrungen.

Prinzipiell wirken Reifung und Lernen zusammen.
Aktuelle Prozesse hinterlassen „Spuren“ = Lernen. Umgekehrt wirkt
früheres Lenen in die aktuellen Prozesse hinein.
Aufgrund welcher Bedingungen entwickeln
sich Menschen unterschiedlich?
Umwelteinflüsse

universelle

kulturspezifische

familienspezifische

personenspezifische

physische Umwelt u. Lernumwelt
Die „Person selbst“ als Faktor der
eigenen Entwicklung
Menschen werden nicht passiv von den Umweltereignissen
»geprägt«:

Sie verarbeiten, interpretieren und bewerten sie.

Auf dem Hintergrund der bereits entwickelten Fähigkeiten,
Interessen, etc. suchen sie bestimmte Lebenssituationen auf
und meiden andere.

Sie setzen selber zielgerichtet Lernprozesse in Gang und
steuern sie.
Das Gefüge der Entwicklungsfaktoren. Reifungsprozesse werden genetisch
gesteuert. Lernprozesse werden bestimmt durch die Umwelt als Erfahrungsraum
(Lernumwelt) und durch die Eigenaktivität der Person. Auch physische Umwelteinflüsse bestimmen die Entwicklung.
Integrierendes Modell zu grundlegenden Aspekten des psychischen Systems
Funktionsbereiche der Allgemeinen
Psychologie

Lernen

verhaltensbezogene
Funktionen

Wahrnehmung
Gedächtnis
Denken

kognitive Funktionen

motivationale Funktionen



Motivation
(und Emotion)
Allgemeinpsychologische Funktionsbereiche
und sozialpädagogische Handlungskompetenz

Wahrnehmung
und Gedächtnis

Diagnostizieren eines Anliegens

Lernen

Strategien der Intervention und
Modifikation

Emotionspsychologie

Unterstützen angemessener Formen der Bewältigung

Motivation

Analyse und Förderung der
Mitarbeitsbereitschaft
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