Redox-Reaktionen

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Oxidation und Reduktion
Diese Lerneinheit befasst sich mit den Begriffen Reduktion und Oxidation
(Redoxreaktion) und ihrer Bedeutung für den menschlichen Körper.
 1. Definition der Redoxreaktion
 2. Metall-Kationen und Nichtmetall-Anionen
 3. Die Oxidationszahl
 4. Nomenklatur von Sauerstoffsäuren und deren Anionen
 5. Elektrochemische Spannungsreihe
 6. Die Atmungskette
 7. Praktikum Redoxchemie und Elektrochemie
Redoxsysteme
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1. Definition der Redoxreaktion (1)
Die Definition von Oxidation und Reduktion hat sich im Laufe der Zeit
geändert. Ursprünglich sagte man, eine Substanz wird oxidiert, wenn sie
Sauerstoff aufnimmt oder Wasserstoff abgibt. Umgekehrt wird eine Substanz
reduziert, wenn sie Wasserstoff aufnimmt oder Sauerstoff abgibt.
Oxidationen unter Aufnahme von Sauerstoff werden auch als Verbrennung bezeichnet:
C + O2
Kohlenstoff Sauerstoff
fest
S + O2
Schwefel
fest
Sauerstoff
CO2 + Energie
Kohlendioxid
Gas
SO2 + Energie
Schwefeldioxid
Gas
Auch Metalle können mit Sauerstoff oxidiert werden:
2 Mg + O2
Magnesium
Metall
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Sauerstoff
2 MgO + Energie
Magnesiumoxid
weißes Pulver
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1. Definition der Redoxreaktion (2)
Eine für den menschlichen Körper bedeutende Redoxreaktion ist die Reaktion
von Sauerstoff, der durch die Atmung aufgenommen wird, mit Wasserstoff:
O2 + 2 H2
Gas
Gas
2 H2O + Energie
Wasser
Diese Energie produzierende Reaktion wird später unter Knallgasexplosion und
Atmungskette erläutert.
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1. Definition der Redoxreaktion (3)
Die moderne Definition der Begriffe Oxidation und Reduktion basiert aber
auf der Erkenntnis, dass im Zuge derartiger Reaktionen Elektronen von
einem auf den anderen Reaktionspartner übertragen werden. Der moderne
Oxidationsbegriff ist gleichbedeutend mit Elektronenabgabe, der
Reduktionsbegriff hingegen mit Elektronenaufnahme.
Da Elektronen nur abgegeben werden können, wenn diese gleichzeitig von
anderen Substanzen aufgenommen werden, treten Reduktion und
Oxidation immer gekoppelt auf (Redoxreaktion).
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1. Definition der Redoxreaktion (4)
Oxidationsmittel
Reduktionsmittel
nehmen leicht Elektronen auf
(Elektronenakzeptor)
geben leicht Elektronen ab
(Elektronendonator)
werden bei der Reaktion
selbst reduziert
werden bei der Reaktion
selbst oxidiert
Oxidationsmittel sind z.B.:
Sauerstoff (O2), Chlor (Cl2)
Reduktionsmittel sind z.B.:
Wasserstoff (H2), Alkalimetalle
(Natrium, Kalium)
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2. Metall-Kationen und Nichtmetall-Anionen (1)
Wie vorhin beschrieben sind alle chemischen Reaktionen, bei denen Elektronen
abgegeben oder aufgenommen werden, Redoxreaktionen. So kann auch die
Reaktion zwischen Natrium und Chlor als Redoxreaktion bezeichnet werden,
obwohl dabei keine Sauerstoffatome beteiligt sind.
Dabei gibt ein Natrium-Atom ein Elektron an ein Chlor-Atom ab und wird dabei
zu einem positiv geladenen Natrium-Ion (Na+). Andererseits reagieren Stoffe mit
hoher Anziehungskraft für Elektronen (Elektronegativität), wie Sauerstoff, Chlor,
etc. mit Substanzen, denen sie Elektronen entziehen können (z.B. Metalle). So
erreicht ein Chlor-Atom durch Anziehung eines Elektrons vom Natrium-Atom ein
achtes Elektron und somit eine stabile Außenschale. Dadurch wird das Chlor
einfach negativ geladen, dieses Ion bezeichnet man als Chlorid-Ion.
Positive Ionen sind Kationen, negative Ionen werden als Anionen bezeichnet.
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2. Metall-Kationen und Nichtmetall-Anionen (2)
Metalle sind normalerweise in physiologischen Lösungsmitteln unlöslich. Bei der
Oxidation gehen sie in positiv geladene Metall-Kationen über, die löslich sind.
Eisenmetall unlöslich
Kupfermetall unlöslich
Bedeutung von Metall-Kationen für den menschlichen Körper:
Meist spricht man irrtümlich von der Bedeutung von Eisen, Kupfer, Natrium,
Calzium, Magnesium, Cobalt usw. für den menschlichen Organismus.
Richtigerweise müsste man von Eisen-Ionen, Kupfer-Ionen, Natrium-Ionen
usw. sprechen, da diese löslich sind und im Körper transportiert und
gespeichert werden können.
z.B.
Natriumchlorid (besteht aus Natrium-Ionen
und Chlorid-Ionen) = Kochsalz = löslich
Metall-Kationen haben für den menschlichen Körper große Bedeutung (EisenIonen im Hämoglobin, Calzium-Ionen für Knochenbildung, Kupfer- und Zink-Ionen
in Enzymen, Cobalt-Ionen im Vitamin B12). Oft sind sie als Spurenelemente
wirksam.
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2. Metall-Kationen und Nichtmetall-Anionen (3)
Auch Nichtmetall-Anionen haben für den menschlichen Organismus große
Bedeutung:
Chlorid-Ionen für die Regulation des Flüssigkeitshaushalts und die
Salzsäurebildung im Magen
Phosphat-Ionen für Pufferkapazität im Blut
Fluorid-Ionen für die Härte des Zahnschmelzes
Sulfid-Ionen für Aminosäuren, Peptide und Proteine
Iodid-Ionen für Schilddrüsenhormone
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3. Die Oxidationszahl (1)
Die Oxidationszahl ist besonders bei der Beschreibung von Redoxvorgängen
und zur Aufstellung von Reaktionsgleichungen von Redoxreaktionen wichtig.
Sie gibt an, wie viele Elektronen ein neutrales Atom innerhalb einer Verbindung
aufgenommen bzw. abgegeben hat. Früher sprach man dabei von der
Wertigkeit eines Elements.
Grundsätzlich gibt es positive und negative Oxidationszahlen; die Oxidationszahl kann auch Null betragen. Früher war es üblich, römische Ziffern zu
benutzen; heute wählt man überwiegend arabische, weil man auch die 0 und
gebrochene Zahlen zur Verfügung hat, die oberhalb der betrachteten Atome
geschrieben werden, wobei das Vorzeichen vor dem Zahlenwert steht. Die
Oxidationszahl eines Atoms in einer beliebigen Verbindung ist eine fiktive
Ladungszahl, die man für dieses Atom erwarten würde, wenn die betrachtete
+1
-1
+
Verbindung ausschließlich aus Ionen aufgebaut wäre (Na Cl-). Bei
polarisierten kovalenten Bindungen wird das bindende Elektronenpaar zur
+1 -1
Gänze dem elektronegativeren Atom zugeordnet (HCl).
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3. Die Oxidationszahl (2)
Eine kleine Zahl einfacher Regeln erlaubt es, die Oxidationszahl der Atome in
komplizierten Molekülen oder Ionen zu bestimmen:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Atome in elementarem Zustand haben die Oxidationszahl Null.
Bei neutralen Molekülen ist die Summe der Oxidationszahlen aller Atome
gleich Null, bei Ionen ist diese Summe gleich der realen Ionenladung.
Metalle haben positive Oxidationszahlen. Alkalimetalle (1. Hauptgruppe
des Periodensystems) besitzen die Oxidationszahl +1, Erdalkalimetalle
(2. Hauptgruppe) haben die Oxidationszahl +2.
Wasserstoff hat die Oxidationszahl +1.
Fluor hat die Oxidationszahl –1.
Sauerstoff hat die Oxidationszahl –2.
Halogene haben die Oxidationszahl –1.
Einige Beispiele für Oxidationszahlen folgen auf der nächsten Seite:
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3. Die Oxidationszahl (3)
H-O-H
+1
Wasser H2O:
Schwefelsäure:
-2
+1
+1 +6 -2
H2SO4
+1 x -2
Berechnungsbeispiel: Die Oxidationszahl des Stickstoffs in Salpetersäure HNO3:
1 . (+1) + x + 3 . (-2) = 0
Lösung: x = +5 ist die gesuchte Oxidationszahl für Stickstoff (N)
Oxidationszahlen sind hilfreich beim Formulieren von Redoxgleichungen. Die
Differenz der Oxidationszahl von oxidierter und reduzierter Form ergibt die
benötigte Anzahl von Elektronen, z.B.:
+7
Mn +
5e-
+2
Mn
Für weitere Informationen bzw. Ausnahmen und Schwierigkeiten wird auf weiterführende Fachliteratur verwiesen.
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3. Die Oxidationszahl (4)
Die Kenntnis über die Oxidationszahl führt zu einer neuen Definition von Oxidation
und Reduktion:
Eine Oxidation ist mit der Zunahme der Oxidationszahl eines Atoms verbunden,
eine Reduktion mit der Abnahme der Oxidationszahl eines Atoms. Man erkennt
eine Redoxreaktion daran, dass sich die Oxidationszahlen von Atomen ändern.
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4. Nomenklatur von Sauerstoffsäuren
und deren Anionen (1)
Das Wissen über die Oxidationszahl erlaubt eine rationelle Nomenklatur chemischer
Stoffe, die einfacher ist als die herkömmliche Benennungsweise.
Traditionell nennt man die stabilste Sauerstoffsäure eines Elements „Element“Säure. So heißt etwa H3PO4 Phosphorsäure, H2SO4 Schwefelsäure und HClO3
Chlorsäure. Eine Ausnahme bildet HNO3, die nicht Stickstoffsäure, sondern aus
historischen Gründen Salpetersäure heißt.
Konjugierte Basen sind Anionen (Salze) und werden nach dem Wortstamm des
3lateinischen Elementnamens unter Beifügung der Endung –at benannt. PO4 heißt
Phosphat, SO42- ist Sulfat (von sulfur, Schwefel), ClO3- ist Chlorat, und NO3- wird als
Nitrat bezeichnet (von nitrogenium, Stickstoff).
Sauerstoffsäuren, die ein Sauerstoffatom weniger enthalten, als diese „Element“säuren, tragen im Namen die Endung –ige, die Bezeichnungen ihrer konjugierten
Basen enden auf –it: H3PO3 ist phosphorige Säure, H2SO3 schwefelige Säure,
HClO2 chlorige Säure, und HNO2 ist salpetrige Säure. Die Salze nennt man
Phosphit, Sulfit, Chlorit und Nitrit.
Sauerstoffsäuren mit noch einem Sauerstoffatom weniger, werden durch die Vorsilbe Hypo- gekennzeichnet, ihre Anionen ebenfalls, z.B.: HClO, die hypochlorige
Säure, und ihre konjugierte Base ClO-, das Hypochlorit.
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4. Nomenklatur von Sauerstoffsäuren
und deren Anionen (2)
Sauerstoffsäuren mit einem Sauerstoff Atom mehr als die „Element“-Säure
werden durch die Vorsilbe Per- gekennzeichnet; ebenso ihre konjugierten Basen:
z.B.: HClO4, die Perchlorsäure, und ihre konjugierte Base ClO4-, das Perchlorat.
Wichtig ist die Unterscheidung der Endungen –it und –id bei den Salzen: auf –id
enden die Namen der konjugierten Basen der Wasserstoffverbindungen der
Elemente, die keinen Sauerstoff enthalten: Beispiele dafür sind Nitrid N3-, Oxid O2-,
Fluorid F-, Phosphid P3-, Sulfid S2- und Chlorid Cl-.
Mit dem Konzept der Oxidationszahlen vereinfacht sich die Nomenklatur der Sauerstoffsäuren und ihrer konjugierten Basen erheblich: Wir bilden den Namen der Säure
aus dem Elementnamen und –säure und ergänzen durch Angabe der Oxidationszahl
des Elements (in nachgestellter Klammer mit römischen Zahlzeichen). So heißt
H2SO4 Schwefelsäure-(VI), H2SO3 Schwefelsäure-(IV). Die Namen der konjugierten
Basen setzen sich aus dem Wortstamm des lateinischen Elementnamens, einem
nachgestellten –at und der Angabe der Oxidationszahl zusammen. ClO4- ist Chlorat(VII), und ClO- heißt Chlorat-(I).
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5. Elektrochemische Spannungsreihe (1)
Wenn Metalle (z.B.: Na) Elektronen abgeben, entstehen positive Metall-Kationen
(z.B.: Na+).
Na
Na+ +
1 e-
Ein derartiges Stoffpaar wird als konjugiertes Redoxpaar bezeichnet.
Die allgemeine Formel lautet:
Reduzierte Form
Oxidierte Form + z Elektronen
Verschiedene Metalle haben eine unterschiedliche Tendenz (Lösungsdruck)
Elektronen abzugeben.
Edle Metalle (Cu, Ag, Au) haben einen niedrigen Lösungsdruck.
Unedle Metalle (Na, Al, Zn) haben einen
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hohen Lösungsdruck.
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5. Elektrochemische Spannungsreihe (2)
Je nach dem Lösungsdruck des Metalls können Metall-Kationen aus dem Metall in
Lösung gehen. Dabei lädt sich das Metall negativ auf, da die entsprechenden
Elektronen im Metall zurückbleiben. Andererseits können auch Kationen aus der
Lösung wieder in das Metall zurückgehen (es stellt sich ein Gleichgewicht dieser
Reaktion ein).
Konjugierte Redoxpaare kann man erzeugen, indem man Metalle in Lösungen der
entsprechenden Metallionen (Salzlösungen) eintaucht.
Kombiniert man zwei räumlich getrennte konjugierte Redoxpaare durch einen
elektrischen Leiter, beispielsweise durch einen Metalldraht (siehe Abb. nächste Seite),
so liefert das Redoxpaar, das eine höhere Tendenz besitzt Elektronen abzugeben,
diese Elektronen an das zweite Redoxpaar. Diese Tendenz zur Elektronenabgabe
bezeichnet man als sein Redoxpotenzial (Symbol E). Dieses ist ein quantitatives
Maß für die Stärke eines Oxidations- oder Reduktionsmittels. Vereinbarungsgemäß
ordnet man dem Redoxpaar, das die höhere Tendenz zur Elektronenabgabe besitzt
(unedle Metalle), ein negatives Potenzial zu. Paare mit niedriger Elektronenabgabetendenz haben ein positives Potenzial (edle Metalle). In der Redoxreaktion
fließen die Elektronen stets vom negativeren zum positiveren Potenzial.
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5. Elektrochemische Spannungsreihe (3)
Die Kombination von zwei räumlich getrennten Redoxpaaren nennt man galvanisches
Element, wobei zwischen den beiden Redoxpaaren wegen des bestehenden
Potenzialunterschieds („Spannung“) elektrischer Strom fließt:
An der Kupferelektrode werden Kupferionen entladen, und zwar durch Elektronen, die
an der Zinkelektrode frei werden, weil Zink in Lösung geht.
Potenziale von Halbelementen werden mit einer Bezugselektrode gemessen, deren
Potenzial willkürlich gleich Null gesetzt wird. Diese Elektrode bezeichnet man als
Normalwasserstoff-Elektrode.
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5. Elektrochemische Spannungsreihe (4)
Ordnet man alle Redoxpaare nach steigendem Normalpotenzial, so resultiert daraus
die elektrochemische Spannungsreihe:
Reduzierte Form Oxidierte Form
Na
Mg
Al
Zn
Cr
Fe
Cd
Pb
H2
Cu
Ag
Hg
Pt
Au
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Na+
Mg2+
Al3+
Zn2+
Cr3+
Fe2+
Cd2+
Pb2+
2H+
Cu2+
Ag1+
Hg2+
Pt2+
Au3+
+n
e-
+ 1 e+ 2 e+ 3 e+ 2 e+ 3 e+ 2 e+ 2 e+ 2 e+ 2 e+ 2 e+ 1 e+ 2 e+ 2 e+ 3 eProf. SUSSITZ
Standardpotenzial
E0 (Volt)
- 2.71
- 2.36
- 1.66
- 0.76
- 0.74
- 0.40
- 0.40
- 0.12
- 0.00
+ 0.33
+ 0.79
+ 0.85
+ 1.20
+ 1.49
6. Die Atmungskette (1)
Redoxreaktionen haben für den Menschen eine große Bedeutung.
Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2) reagieren in einer Redoxreaktion, der
sogenannten Atmungskette, zu Wasser (H2O). Zum Verständnis dieser Reaktion soll
vorerst die Knallgasexplosion erwähnt werden.
Knallgasexplosion
Ein Gemisch aus Wasserstoffgas und Sauerstoffgas ist zwar bei Raumtemperatur stabil,
doch genügt ein Funke, und das Gemisch explodiert, wobei Wasser unter heftigster
Wärmeentwicklung (= Energie) entsteht („Knallgasexplosion“).
Die Atmungskette
Die Knallgasreaktion kann natürlich in lebenden Zellen in dieser Form nicht ablaufen.
Jedoch wird im menschlichen Körper die Reaktion von eingeatmetem Sauerstoff mit
Wasserstoff zur Energiegewinnung herangezogen. Der Wasserstoff, das eigentliche
Reduktionsmittel in dieser Reaktion, liegt aber in der Zelle nicht in freiem gasförmigem
Zustand vor, sondern in chemisch gebundener Form. Dabei ist Wasserstoff an ein
Coenzym (siehe Vitamine und Coenzyme), das sogenannte Nicotinamid-adenindinucleotid (NADH), gebunden (siehe Abbildungen auf den nächsten beiden Seiten).
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6. Die Atmungskette (2)
Die oxidierte Form des
Coenzyms Nicotinamidadenin-dinucleotid
(das Nicotinamid ist violett
hervorgehoben)
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6. Die Atmungskette (3)
Der wichtigste Teil dieses Coenzyms ist die Nicotinamid-Gruppe, die in der
oxidierten Form (NAD+) (Abb. oben links), Wasserstoff aufnehmen kann. Die
entstehende reduzierte Form (NADH) stellt die zelluläre Speicherform von
Wasserstoff dar (Abb. oben rechts).
Die Energie wird nicht wie bei der Knallgasexplosion in einem Schritt frei,
sondern die Zelle führt die Oxidation in mehreren Einzelschritten durch. Die
Elektronen werden kaskadenartig auf biologische Redoxsysteme übertragen,
bis schließlich Sauerstoff zu Wasser reduziert ist. Die Einzelschritte liefern die
Energie in einem Ausmaß, welches die Zelle nützen kann (Abb. nächste Seite).
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6. Die Atmungskette (4)
Der Aufbau chemisch gespeicherter
Energie in der „Atmungskette“. ATP ist
die Abkürzung für
Adenosintriphosphat, ADP steht für
Adenosindiphosphat, welches unter
Energieaufwand mit Phosphat P zu
ATP aufgebaut wird, wobei die
Energie eben der exergonischen
Reduktion von Sauerstoff zu Wasser
entlehnt wird.
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6. Die Atmungskette (5)
Bei der Atmungskette wird die entstehende Energie in einer für die Zelle speziellen
Speicherform, dem Adenosintriphosphat (ATP), gebildet:
energiereiche Bindung
Die Spaltung der energiereichen Bindungen des ATP führt zur Freisetzung der
gespeicherten Energie, die von der Zelle je nach ihrer spezifischen Aufgabe
genutzt werden kann, etwa für Muskelarbeit. Somit stellt diese Redoxreaktion eine
wesentliche Form der Energiegewinnung für den Menschen dar.
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7. Praktikum Redoxchemie und Elektrochemie (1)
Aus dem bisher Besprochenen sollten die nun folgenden Kapitel des qualitativen
Nachweises reduzierender Verbindungen sowie die potenziometrische Titration im
Laboratorium verständlich sein.
A.
Qualitativer Nachweis der Reduktionswirkung von Kohlenhydraten (Zuckern)
durch die Fehling´sche Probe.
Medizinischer Hintergrund
Ascorbinsäure (Vitamin C) stellt ein wichtiges Redoxsystem für den menschlichen
Körper dar. Es reguliert den Einfluss des oxidativen Stress auf den Organismus. Bei
Mangel an Vitamin C tritt die Bindegewebserkrankung Skorbut auf.
Glucose (Traubenzucker) nimmt eine wichtige Stellung im Energiestoffwechsel der
Körperzellen ein. Glucose ist der Blutzucker, der bei der Zuckerkrankheit (Diabetes
Mellitus) in erhöhter Konzentration (> 120 mg/dl) gemessen wird (Hyperglycämie).
Wenn die Blutglucose-Konzentration 180 mg/dl überschreitet, kommt es zur
Ausscheidung von Glucose im Harn (Melliturie).
Saccharose (Rohrzucker) ist ein Disaccharid (siehe: Kohlenhydrate, in weiterführenden Lehrbüchern) und besteht aus Glucose und Fructose. Die glycosidische
Bindung, die Glucose und Fructose verbindet, wird bei der Verdauung gespalten.
Dadurch steigt nach Saccharose Aufnahme der Glucosespiegel im Blut.
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7. Praktikum Redoxchemie und Elektrochemie (2)
Chemischer Hintergrund
Ascorbinsäure kann zwei Wasserstoffatome abgeben, wodurch sie stark reduzierend
wirkt. Sie geht dabei in die oxidierte Form, die Dehydroascorbinsäure, über.
Glucose, ein Monosaccarid, kann reduzieren, da sie eine Aldehydgruppe enthält, die
als Reduktionsmittel wirkt. Die Aldehydgruppe wird dabei zur Carbonsäure oxidiert.
Saccharose, ein Disaccarid vom Trehalose-Typ, besitzt eine Vollacetal-Struktur
(siehe: Kohlenhydrate, in weiterführenden Lehrbüchern) und wirkt daher nicht reduzierend. Erst nach Spaltung der glycosidischen Bindung durch Verdauung oder durch
Erwärmen auf 60°C unter Zusatz von Salzsäure bei Laborbedingungen, tritt eine
reduzierende Wirkung auf, da Glucose und Fructose aus der Saccharose entstehen.
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7. Praktikum Redoxchemie und Elektrochemie (3)
Chemisches Prinzip der Bestimmung
Cu2+-Ionen können durch Reduktionsmittel (z.B.: Ascorbinsäure, Glucose) zu Cu1+Ionen reduziert werden.
Benötigte Reagenzien
Fehling I (0,28 M CuSO4 . 5 H2O)
Fehling II (1,22 M K-Na-Tartratlösung in 2,5 M NaOH)
Bei der Fehling´schen Probe werden Cu2+-Ionen mit Tartrat umgesetzt. Dies dient
dazu, die Cu2+-Ionen in alkalischem Medium (NaOH) komplex zu binden und in
Lösung zu halten. Cu2+-Ionen bilden im alkalischen Medium Cu(OH)2, das als
Niederschlag ausfällt. Nach Tartratzusatz erhält man eine dunkelblau gefärbte
Lösung.
Setzt man dieser blauen Lösung Reduktionsmittel zu (z.B.: Ascorbinsäure, Glucose)
entsteht aus Cu2+ die reduzierte Form Cu1+, welches nicht zur Bildung eines Tartratkomplexes fähig ist und als gelber bis ziegelroter Niederschlag von Cu2O ausfällt.
Das Auftreten dieses gelb / roten Niederschlages beweist das Vorhandensein von
reduzierenden Substanzen in der Lösung.
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7. Praktikum Redoxchemie und Elektrochemie (4)
Nachweis von Ascorbinsäure (Vitamin C)
1 mL Fehling I wird mit 1 mL Fehling II gemischt und mit 3 mL Ascorbinsäure versetzt.
Ohne zu erwärmen bildet sich sofort der gelb / rote Niederschlag.
Nachweis von Glucose
1 mL Fehling I wird mit 1 mL Fehling II gemischt und mit 2 mL Glucoselösung versetzt.
Dieses Gemisch wird vorsichtig im Wasserbad (60°C, 2-3 Minuten) erhitzt. Erst nach
dem Erhitzen bildet sich der gelb / rote Niederschlag als Nachweis der Glucose.
Nachweis von Saccharose
2 mL Saccharoselösung werden mit 0,5 mL HCl (2M) versetzt und im Wasserbad
(60°C, 10 Minuten) erwärmt. Weiters werden in einer zusätzlichen Eprouvette 1 mL
Fehling I und 1 mL Fehling II erhitzt (60°C, 3 Minuten). Danach vermengt man beide
Lösungen vorsichtig und erwärmt sie wiederum im Wasserbad (60°C, 10 Minuten).
Dann bildet sich der gelb / rote Niederschlag.
Erklärung: Saccharose (Disaccharid) ist nicht reduzierend. Erst nach Erwärmen mit
Salzsäure (HCl) entstehen nach Spaltung der glycosidischen Bindung die beiden
Monosaccharide Glucose und Fructose, wodurch der gelb / rote Niederschlag auftritt.
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7. Praktikum Redoxchemie und Elektrochemie (5)
B. Potenziometrische Titration von Chlorid mit Silbernitrat
Die Konzentration an Cl- -Ionen (Chlorid-Ionen) in einer Lösung von NaCl (Natriumchlorid) soll bestimmt werden. Dazu titriert man die Lösung unter Verwendung von
AgNO3 (Silbernitrat). Für das Prinzip der Titration siehe: Säure-Base-Titration in
weiterführenden Lehrbüchern.
Setzt man zu einem definierten Volumen der Natriumchlorid-Lösung mit unbekanntem
Chloridgehalt eine Silbernitratlösung zu, so reagiert Ag+ mit Cl- nach der Gleichung:
Ag+ + ClAgCl
AgCl (Silberchlorid) hat ein niedriges Löslichkeitsprodukt (siehe weiterführende Lehrbücher) und bildet einen Niederschlag, wodurch Ag+ und Cl- aus der Lösung entfernt
werden.
Bei der potenziometrischen Titration der Natriumchlorid-Lösung mit Silbernitrat wird
das Potenzial einer Elektrode (Arbeitselektrode, in diesem Fall eine Silberelektrode)
gegenüber einer Bezugselektrode gemessen. Das Potenzial der Bezugselektrode ist
konstant, während das Potenzial der Arbeitselektrode von der Konzentration der
Silberionen in der Lösung abhängt.
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7. Praktikum Redoxchemie und Elektrochemie (6)
Der Potenzialunterschied zwischen Silberelektrode und Bezugselektrode kann als
Spannung gemessen werden.
Welcher Spannungsverlauf kann bei der potenziometrischen Titration von Natriumchlorid mit Silbernitrat erwartet werden?
Zu Beginn der Reaktion werden zugesetzte Silberionen als AgCl ausfallen und somit
nicht zum Potenzial beitragen. Wenn alle Chloridionen durch die Reaktion mit AgNO3
als AgCl ausgefällt sind, bleiben alle zusätzlich zugesetzten Ag+-Ionen in Lösung und
das Potenzial steigt an (das Redox-Paar Ag / Ag+ besitzt ein positives Potenzial).
Je mehr man Ag+ nach dem Ausfällen aller Chloridionen zusetzt, um so höher wird
das Potenzial. Der Potenzialanstieg wird aber mit zunehmender Menge an Ag+
immer flacher. Der steile Spannungsanstieg (auf der nächsten Seite in der grafischen
Darstellung der Messergebnisse sichtbar) zeigt den vollständigen Verbrauch der
Chloridionen an, und seine Lage kann daher als Maß für die Konzentration dieser
Ionen verwendet werden.
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7. Praktikum Redoxchemie und Elektrochemie (7)
Grafische Darstellung der Messergebnisse
500
Spannung [mV]
400
300
200
100
0
0
1
2
3
4
5
6
7
Verbrauch [mL]
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8
9
10
11
Weiterführende Literatur
Wachter H., Hausen A.: Chemie für Mediziner. Walter de Gruyter-Verlag,
Berlin – New York
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