Gliederung 1. 2. 3. 4. 5. Mars 500 - Auswahl der Besatzung Psychologische Aspekte einer bemannten Marsmission Einwirkungen der Belastungsfaktoren auf die Crew Vorbeugende Maßnahmen zum Erhalt der Leistungsfähigkeit, psychischen Stabilität und Crew- Kohäsion Übertragbarkeit der Konzepte und Erfahrungen auf eine Langzeitmission zum Mars Allgemeines: • Langzeitisolationsexperiment (500 Tage) in nachgebildeter Raumkapsel inkl. 30-tägigem Marsaufenthalt mit 6 Mann- Crew • IBMP: Institut für biomedizinische Probleme • DLR: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt • ESA: Europäische Raumfahrtagentur • Veränderungen der Körper- und Geistesfunktionen wurden untersucht Aufnahmebedingungen und Anforderungen: • Zwischen 25 und 50 Jahre alt, gesund, Englisch oder Russisch als (Fremd-) Sprache • Hohe Kenntnisse in Biologie, Erste Hilfe, Computertechnik, Elektronik, Mechanik • Isolationsübungen und Stresstraining • Letztendliche Crew-Mitglieder: Ausbildung in Medizin und Chirurgie, Psychologie, Biomedizin, Wartung, Reparatur und Bedienung spezieller Gerätschaften • • • Wichtig: Geologie, Planethologie, Botanik, Geophysik, Geochemie Expertenteams Management, Navigation, Kommunikation, Forschung 2.1 Physiologische und psychologische Belastungsfaktoren für Astronauten 2.2 Auswirkungen der Stressoren auf die mentale Leistungsfähigkeit • Stressoren der Weltraumumgebung • Stressoren durch das Weltraumhabitat • Stressoren durch den missionsbedingten Arbeitsplan • Stressoren bedingt durch die psychosoziale Situation im Raumschiff • Mikrogravitation: - Veränderungen im zentralen und peripheren Nervensystem fehlerhafte Befehle Störung des Gleichgewichts und bei motorischen Bewegungen ABER: Körper gewöhnt sich an Mikrogravitation (Adaptationsphase: zw. 3 und 14 Tagen) - Veränderung des Blutflusses: Blut ist nicht gleichmäßig in allen Körperteilen hoher Schädelinnendruck + Zunahme des Gesamtblutvolumens - Änderung des Bewegungsapparats: Muskeln: Rückgang der Muskelkraft + Verkleinerung der Muskelmasse Knochen: Demineralisation der Knochen + Rückgang der Knochensubstanz Kaum Training unter Einfluss der Schwerkraft (manchmal künstlich erzeugt) • Hell- Dunkel-Zyklus: - Verkürzte Hell-Dunkel-Phasen normal: 10-12 Stunden Tageslicht Raumschiff: 90- 120 Minuten (Rotation der Kapsel) Einfluss auf Tages- und Schlafrhythmus -> Änderung der Schlafqualität -> Änderung der Schlafarchitektur • Ionisierte Strahlung: Kosmische Strahlung: Protonen, Elektronen und ionisierte Atome Solarstrahlung: elektromagnetische Strahlung Teilchenstrahlung Strahlung auf Erde harmlos (Magnetfeld) außerhalb: sofortig oder später auftretende gesundheitliche Folgen (sofortig aber unwahrscheinlich) - später auftretende Folgen: Krebserkrankungen und • Raumschiff als Schutz vor lebensfeindlicher Umgebung • Situation charakterisiert durch: begrenztes Platzangebot, hoher Lärmpegel - Enge: beschränkt Möglichkeit sich frei zu bewegen enorm, verringert auch das Verlangen nach Bewegung (fehlende Motivation) - lebenserhaltende Systeme als Stressor: konstanter Hintergrundlärm erhöhte CO2- Konzentration in der Atemluft Müdigkeit, Verringerung der körperlichen Leistungsfähigkeit • Zeitplan dicht gestaffelt • Wenig Freizeit • Druck besonders hoch bei kurzen Raumflügen oder in den ersten Wochen bei Langzeitmissionen • Belastende Faktoren: Monotonie und Langeweile, Isolation von Familie und Freunden, Leben in aufgezwungenem sozialen Umfeld Mentale und emotionale Schwächen einzelner + Spannung zwischen Crew- Mitgliedern Effekte: (kurzzeitige) Depressionen, Schlaflosigkeit, erhöhte Reizbarkeit Reduzierter Teamzusammenhalt + „scapegoating“ (Suchen eines Sündenbocks) 2.2.1 Mikrograviationsbedingte Veränderungen neurophysiologischer Prozesse • Stress: verändert zentrale Aktivierungsprozesse Verlangsamung von und geringere Präzision bei kognitiven Prozessen Reduzierung der Aufmerksamkeitsweite Einbußen in Kurzzeitmerkfähigkeit Beeinträchtigung visuo-motorischer Leistungen • Beobachtung der Veränderungen und Beeinträchtigungen durch: • sog. „Leistungsmonitoring“: Beobachtung von elementaren, perzeptiven, kognitiven und psychomotorischen Funktionen • Ergebnisse: - kognitive Fähigkeiten bleiben bei Kurzzeitmissionen meist konstant - deutliche Einbußen bei visuo-motorischen Leistungen (sog. „tracking“) - Bearbeiten zweier Aufgaben gleichzeitig („dual-task“) verringerte Aufmerksamkeitsleistung • Erklärung: Mikrogravitation, Müdigkeit, verkürzte Schlafdauer als Ursache für Einbußen • Problem: Ergebnisse meist nur aus Kurzzeitmissionen Langzeitaufenthalt des Kosmonauten Vladimir Poljakow auf MIR- • Station (438 Tage) bringt erste Langzeitstudienergebnisse. • Ergebnisse: - Einbußen beim visuo-motorischen Leistungstracking in den ersten Tagen (Adaptationsphase) - Wiederherstellung des Baseline-Niveaus nach Adaptation der Umweltbedingungen - Leistungseinbußen bei Re-Adaptation an Bedingungen auf der Erde Fazit: anfängliche Schwierigkeiten, dann aber ähnlich kompetente Bearbeitung der Aufgaben wie auf der Erde 2.2.2 Psychische Stabilität • Belastungsfaktoren der psychischen Stabilität • Confinement: Eingeschlossensein in lebensfeindlicher Umgebung, Isolation von gewohntem Umfeld, Langeweile, Monotonie • evtl. Asthenie = Syndrom; massiver Motivations- und Interessenverlust, Passivität, Erschöpfung, depressive Reaktionen, erhöhte Reizbarkeit Tritt auf wenn zu wenige Unterstützungsmaßnahmen zur Verhinderung der Belastungsfaktoren vorgenommen wurden „Third- Quarter- Phenomenon“: aus AntarktisIsolationsprojekten: • Im dritten Viertel ähnliche Symptome wie bei Asthenie, kombiniert mit Angstgefühlen und mehr depressiven Gefühlen (aus Tagebüchern) • Wie bei MIR- Missionen: gegen Ende der Mission werden Asthenie-Gefühle von Euphorie übertüncht 3.1 Einfluss auf die Crew-Kohäsion 3.2 Konflikte mit Bodenkontrollstation • Massive Störungen im Gruppenzusammehalt gefährden Mission • Langzeitisolationsprojekte in der Antarktis • Nach Ankunft: Bewegung nach draußen möglich + Funkkontakt • Nach Schließung: viel Austausch mit Crew (gute Stimmung) • Im Verlauf des Polarwinters: verstärkte Abkapselung einzelner von der Gruppe, Gruppenmoral im Keller, Grüppchenbildung, • Im Hinblick auf Winfly: Gruppenmoral steigt enorm an (Vorfreude auf Zuhause) Ursachen von interpersonellen Spannungen: • mangelnde psychologische Kompatibilität der Crew- Mitglieder • mangelnde Führung • unklare Rollenstruktur • fehlende Rückzugsmöglichkeiten Hauptkrisenherd: Unterschiede in Herkunft, Religion und Muttersprache deutliche Gruppenbildungen nach diesen Kriterien (Subgruppen) 3.2 Konflikte mit der Bodenkontrollstation • Können Gelingen der Mission gefährden • Ursachen: zunehmender Egozentrismus der Astronauten, zunehmende Autonomie der Crew (Alltagsleben), fehlendes Verständnis der Bodencrew gegenüber den Gefühlen der Crew- Mitglieder • „Sündenbock“-Effekt: Spannungen werden bewusst oder unbewusst auf dritte verlagert Spezifische psychologische Maßnahmen: • Psychologische Selektion: nur psychologisch standhafte Personen im Team • Crew-Zusammensetzung: psychologische Kompatibilität (keine Feindseligkeiten aufgrund von Herkunft, etc.) • Stabile formelle und informelle Rollenstruktur in der Crew (Anerkennung von Funktionen und Unterordnung) • Missionsbegleitende psychologische Unterstützungsmaßnahmen: • Audio-visuelle Kontakte mit Freunden und Familie • Nachrichten von der Erde • Bereitstellung von Unterhaltungsmedien (Video, Musik) • Selbst gestaltbare Freizeit • Überwachung des psychischen Zustands • Psychologische Betreuung durch die Bodencrew Ziel: Effekte von Langeweile, Monotonie etc. so gering wie möglich halten. • Unterschiede „Marsmission“ zu Missionen zu Raumstationen: • Extreme Dauer • Extreme Entfernung • Hohe Unabhängigkeit der Crew • „Earth- Out- Of- View“ – Phänomen (kein unmittelbarer Sichtkontakt zur Erde) • Missionsdauer von insgesamt ca. 1000 Tagen stellt alles bisherige in den Schatten psychologische und physiologische Belastungen werden wahrscheinlich noch stärker ausgeprägt • Fehlen der Möglichkeit der Evakuierung im Notfall, Senden von Hilfs- und Versorgungspaketen, verfrühter Rückkehr • Wenig Platz für missionsbegleitende Unterstützungsmaßnahmen Versteifung auf psychologisches Training Fazit: • Marsmission stellt großes psychologisches Risiko dar, da mögliche Effekte kaum erforscht / erforschbar sind • Interesse an Marsforschung aber groß Trotz den Restrisiken wird ein Marsflug früher oder später mit Astronauten und Kosmonauten stattfinden, die diesen enormen psychologischen und physiologischen Risiken gewachsen sind. Quellen: siehe Seminararbeit