Psychologie, Pädagogische Psychologie, Seminar: Messen und Beurteilen bei Prof. Dr. Körndle DIPOL Dresdner Integratives Problemorientiertes Lernen Dresden, 15.06.2010 Anne Bannert Elisabeth Herrmann Paula Kleeberg Gliederung 1. Wiederholung: Lernumgebungen - Problemorientiertes Lernen 1. DIPOL 2. Messen und Beurteilen 3. Gruppenarbeit Definition Problem „Von Problemen ist [...] die Rede, wenn die Mittel zum Erreichen eines Zieles unbekannt sind oder die bekannten Mittel auf neue Weise zu kombinieren sind, aber auch dann, wenn über das angestrebte Ziel keine klaren Vorstellungen existieren.“ (Dörner, 1983, S. 302 f.) Ansätze zur Gestaltung von Lernumgebungen ? Wie kam es zum Programm DIPOL? Problem: Dresdner Medizinstudium zu theorielastig und zu wenig praxisorientiert sukzessive Integration des „PBL (Problem-Based Learning)“ in das Medizinstudium in Kooperation mit der Harvard Medical School in Boston/USA seit dem Wintersemester 2003/04 wird DIPOL® für alle Studierende in allen Studienjahren angeboten Beispiel: Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus Dresden DIPOL ® = Dresdner Integratives POL (P = Problem / Patient / Praxis) Traditionelles Curriculum DIPOL ® Reformcurriculum • Lehrer Orientiert • Fach/Fakten Orientiert • Studenten Orientiert • Interdisziplinär/Integrativ DIPOL konkret Traditioneller Stdplan („Study-Load“ = 36h) DIPOL® -Stdplan („Study-Load“ = 17h / 23h) Tutorien und Fallbesprechung „Papier-Patientenfall“ • Gruppe von 8-10 Studierenden + ausgebildeter Tutor selbstständig und aktiv entsprechende Fakten und Lösungen suchen & finden bei der Wissensaneignung helfen und beratend zur Seite zu stehen nicht: alle Fakten zur Verfügung stellen ! • bearbeiteter Patientenfall = fachlich am entsprechenden Semester ausgerichtet und soll interdisziplinär –am Beispiel der entsprechenden Krankheit- die Studierenden zur Erhebung der Anamnese, Diagnose und Therapie motivieren. • Patientenfall muss im Team erarbeitet werden und ist somit gute Vorbereitung für die spätere Arbeit im Kollegenteam Tutorium dient - neben dem Erlernen von Fachwissen – insbesondere auch zum Vermitteln von Schlüsselqualifikationen wie Gesprächsführung, Kommunikation, Team- und Führungsfähigkeit, sozialem Verhalten Vorlesungen, Seminare, Kurse, Praktika, Praktischer Unterricht am Patienten • Lehr- und Lernziele der Lehrveranstaltungen richten sich nach den Lehr- und Lernzielen der in den Tutorien erarbeiteten Patientenfälle • neben dem Vermitteln von Fakten wird verstärkt das integrative, interdisziplinäre Verständniswissen betont Ideal-Fall: • Vorlesung und Seminar: Tutorium fachlich vor- bzw. nachbereiten • Praktischen Unterricht am Krankenbett: „echter“ Patient mit dem Krankheitssymptom aus dem „Papierfall“ vorgestellt • Kurse und Praktika: entsprechende Experimente und Testverfahren von den Studierenden selbstständig z. B. im Labor durchgeführt Trainingskurse für die Lehrenden • alle beteiligten Lehrenden werden in den neuen Lehr-, Lern- und Prüfungsformen ausgebildet • mehrtägige Trainingskurse mit Beteiligung von Experten der Harvard Medical School • Schwerpunkte: Vermittlung von Schlüsselkompetenzen z.B. Kommunikationstechniken, Gruppen- und Teamanleitung, Prüfungsformen, Fallschreiben • erfolgreiche Teilnahme: Harvard-Zertifikat • derzeit bereits nahezu 500 Mitarbeiter ausgebildet Messen und Beurteilen problemorientierten Lernens Traditionelle + DIPOL® Prüfungsformen • MCQ (Multiple Choice Question) • Mündliche Prüfungen • Mini Case • TJE (Triple Jump Exercise) • OSCE (Objective Structured Clinical Examination) • MEQ (Modified Essay Question) Modified Essay Questions (MEQ) Strukturierte schriftliche Prüfungen Beantwortung von Fragen zu einer Patientengeschichte frei, oder mit der Auswahlmöglichkeit unter mehreren vorgegebenen Antworten In Etappen wird Fallgeschichte erzählt, dazu werden jeweils Fragen aus den verschiedenen Fachbereichen gestellt, die unmittelbar zu beantworten sind Mit der offenen Antwortform lässt sich beurteilen, wie Kandidaten ihr Wissen zu einem Fall aktiv formulieren können oder wie sie ein Problem lösen Die Methode kann nicht nur prüfen, ob Faktenwissen vorhanden ist, sondern auch, wie es verstanden, interpretiert, gewichtet und angewendet wird Eine Frau ruft Sie in Ihrer Praxis völlig aufgeregt an. Ihr 44-jähriger Ehemann sei soeben beim Kaffee auf dem Sofa zusammengesunken, habe kurz gekrampft, atme nicht mehr und sei blau angelaufen. 1. Nennen Sie 2 Maßnahmen, die Sie am Telefon veranlassen. Punkte (2) 10 Minuten später treffen Sie beim Patienten ein und finden diesen leblos, cyanotisch, ohne Herzaktion, ohne Atmung, mit weiten und lichtstarren Pupillen. 2. Was tun Sie jetzt? Listen Sie 3 therapeutische Maßnahmen auf, die Sie unternehmen. Punkte (3) Trotz Ihren Maßnahmen stirbt der Patient. 3. Was sagen Sie der zurückgebliebenen Ehefrau? Nennen Sie 2 Dinge. Punkte (2) Später erfahren Sie noch Folgendes: Der verstorbene Mann war kerngesund, als Angehöriger des Feuerwehrpiketts musste er sich vor wenigen Monaten untersuchen lassen, alles war o.k. Er war gut trainiert und ging fast täglich joggen. Hingegen war er ein starker Raucher (ca. 30 Zigaretten pro Tag) und stand am Arbeitsort unter Stress. Ein älterer Bruder des Patienten kam vor Jahren als 33-Jähriger genau gleich ums Leben. Eine Tante war Klosterfrau und starb mit 63 Jahren an einem 3. Herzinfarkt. Auch der Vater des Patienten verschied infolge eines Herzschlages, allerdings erst als er 80 Jahr alt war. Jetzt leben noch ein 10 Jahre älterer Bruder des Patienten, ferner eine 11 Jahre ältere Schwester (übergewichtig, Raucherin) und eine 50jährige Schwester. Bei keinem der drei Geschwister bestehen Herzsymptome. 5.Welche Abklärungen der drei noch lebenden Geschwister erachten Sie für sinnvoll? Nennen Sie 3. Punkte (3) Triple Jump Exercise (TJE) Studierenden bearbeiten einzeln jeweils eine Krankengeschichte /Kurzfälle oder eine andere Fragestellung nach dem Muster eines POL-Falles 1.Phase - Präsentation der Problemstellung durch den Prüfungskandidaten - Hypothesenformulierung und Gewichtung - Vorgang wird von der Prüfungskommission protokolliert - Der Prüfungskandidat formuliert aus den offenen Fragen Lernziele, denen er in der nächsten Prüfungseinheit nachgeht 2.Phase - Prüfling geht unter Zuhilfenahme verschied. Quellen den Lernzielen nach - Neu erworbenes Wissen wird in bestehende Hypothesen integriert, diese werden gegebenenfalls korrigiert - In dieser Phase arbeitet der Prüfungskandidat ohne Prüfungskommission unter Zuhilfenahme von frei wählbaren Hilfsmitteln 3.Phase - Prüfungskandidat erörtert wiederum in Anwesenheit der Prüfungskommission die veränderten Hypothesen und ihre Bearbeitungsstrategie - In die Bewertung fließt nicht nur das erworbene Wissen, sondern auch die Qualität der benutzten Quellen und die Vorgehensweise mit ein - Abschluss der Prüfung bildet ein Feedbackgespräch Objective Structured Clinical Examination (OCSE) Prüflinge durchlaufen simultan im Rotationsverfahren eine Anzahl von bis zu 20 „Prüfungsstationen“ Zur Ausführung jeder Station ist eine fixe Bearbeitungszeit festgelegt Meist praktische Prüfungsstationen, die unter dem Einsatz von so genannten „SimulationspatientInnen“ durchgeführt werden Prüfer greift als passiver Gutachter nicht in den Prüfungsverlauf ein, sondern bewertet die individuelle Leistung objektiv anhand einer festgelegten Checkliste Neben medizinischem Wissen können auch ärztliche Fähigkeiten (Problemlösestrategien) und vor allem praktische Fertigkeiten (Kommunikationsfähigkeit, Anamnese, Beherrschung technischer Fertigkeiten), sowie Wahrnehmungs- und Interpretationsleistungen (EKG, Röntgenbilder, Labortests) ) geprüft werden Gruppenarbeit Wie könnte das Psychologiestudium in DD aussehen, würde man das Prinzip des DIPOL in das Psychologiecurriculum integrieren? Gr 1: Gr 2: Gr 3: Anwendungsfach Klinische Psychologie Anwendungsfach Pädagogische Psychologie Anwendungsfach A-O-Psychologie Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten. Lass es mich tun, und ich werde es können. Johann Wolfgang von Goethe Referenzen: • Anheier, Tanja (2001): Problemorientiertes Lernen: Parallelen zwischen Ausbildung und EbM. Deutsches Ärzteblatt ,41, A 2620-2622. • Dieter, Peter (2004): Problemorientiertes Lernen im Medizinstudium in Dresden. Medizin - Bibliothek - Information,4, 20-21. • Körndle, Herrmann (2009): Lernumgebungen. Folien zur Vorlesung Lehren und Lernen als Interaktionsprozess, Dresden. • http://www.medizinische-fakultaet-hd.uni-heidelberg.de/POL.108153.0.html Zugriff am 14.05.2010 • http://www.psychologie.uni-heidelberg.de/ae/allg/mitarb/ms/PH_Einfuehrung.pdf Zugriff am 02.06.2010 • http://www.tudresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/medizinische_fakultaet/studium/DIPOL/index_html Zugriff am 05.05.2010 • www.i-med.ac.at/lehre/lehre/didaktik_fortb/MAW/kompetent_pruefen.pdf