Romantische Haltung Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort, und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort. Joseph von Eichendorff Menschenbild der Romantik Fremdsprachige Entsprechungen des Begriffs ‚Romantik’ weisen eine Vielzahl an mehr oder weniger ähnlichen Bedeutungen auf, wobei dem altfranzösischen Wort „romance“ (Dichtung, Roman) repräsentative Bedeutung zukommen soll. Im 18. Jahrhundert der Literatur werden mystische, phantastische, märchenhafte beziehungsweise romanartige Stoffe verarbeitet, deren musikalische Entsprechung jedoch frühestens in der Zeit ab 1800 zu suchen ist. Hier verlaufen viele unterschiedliche Stränge, die offensichtlich eine Gemeinsamkeit aufweisen: Das Ziel einer in Absage an den realistischen technischen Fortschritt gerichtete „phantastische“ und „romantische“ Musik. Das 19. Jahrhundert steht, ausgehend von England, im Zeichen der technischen Revolution, welche die Verlorenheit und Anonymität des Menschen in einer sich ausbildenden Massengesellschaft nach sich zieht. Als wichtige politische Ereignisse seien neben dem Wiener Kongress (1815) die Revolutionen in Frankreich und Deutschland (1830 / 1848) genannt, die eine allgemeine Demokratisierung bewirken. Literatur, Kunst und Musik werden vom sog. Bildungsbürgertum rezipiert, wobei starke Unterschiede in den Ansprüchen bestehen. Durch die bereits erwähnte sich ausbreitende Industrialisierung werden ungeahnte Möglichkeiten der Massenverbreitung (Noten) und Produktion von Musik und Instrumenten realisiert – außer Werken höchsten Anspruchs entsteht massenhaft musikalischer Kitsch, der wie nie zuvor im großen Stil konsumiert wird. Neben der Hausmusik wird Musik zudem in Kirchen, Konzertsälen, Opernhäusern und Salons aufgeführt. Der technische Fortschritt und die damit verbundene technische Denkweise spiegelt sich insbesondere im Virtuosentum (Paganini, Chopin, Liszt) wider. Die in der deutschen Romantik dominierende Musikästhetik geht auf E. Th. Hoffmann und L. Tieck zurück, die in der instrumentalen Musik eine vollkommenere Sprache als in der wortgebundenen sehen. Überfahrt über die Elbe am Schreckenstein A.L. Richter (1803 – 1884) Romantische Symbole auf Richters Bild Sonnenuntergang als S. der Endzeit Ruine als S. der Vergangenheit Fluss als S. des verfliessenden Lebens Schiff als „Lebensschiff“ Harfenspieler als S. der Musik Wanderer als durch das Leben streifenden Menschen Fährmann als Charon: Führt Menschen vom Dies- ins Jenseits Kind als S. der vollkommenen Frühstufe des Menschseins Paar als S. der mittleren Lebensphase Mond als Licht, das weder Tag noch Nacht ist: Übergangslicht Caspar David Friedrich (1774 – 1840) • geb. 5. September 1774 in Greifswald • ab 1790 erster Zeichenunterricht • 1794 - 1798 Studium an der Kunstakademie Kopenhagen • Sommer 1801 und 1802 Erste und Zweite Rügenwanderung • 1806 Reise nach Greifswald und Dritte Rügenwanderung • 1816 Mitglied in der Dresdner Akademie • 1818 Heirat mit Caroline Bommer • 1819 Rügenreise • 1824 Professor der Kunstakademie Dresden • erste Krankheit und damit verbundene Erholungsreise nach Greifswald und Rügen • 1835 Schlaganfall lähmt rechte Hand, er ist unfähig zu malen • gest. 7. Mai 1840 in Dresden C.D. Friedrich: Über das Malen Der Maler soll nicht bloß malen, was er vor sich sieht, sondern auch, was er in sich sieht. Sieht er aber nichts in sich, so unterlasse er auch zu malen, was er vor sich sieht. Sonst werden seine Bilder den spanischen Wänden gleichen, hinter denen man nur Kranke oder gar Tote erwartet. Kreidefelsen auf Rügen • • • • • • Auf dem Bild erkennt man Caroline Bommer, Friedrichs Frau und vermutlich den Maler selbst, jung und alt. Es ist ein idealisiertes Landschaftsbild. Es entstand nach der Hochzeitsreise, also in einer für den Maler guten Zeit (Herzform). Nähe und Ferne sind thematisiert: Frau zeigt auf den Abgrund, der junge Mann blickt in die Ferne. Caroline trägt ein rotes Kleid; Farbe der Liebe. Friedrich in der Mitte ist in Blau gemalt, der Farbe des Glaubens. Bilder- u. Symbolwelt C.D. Friedrichs Himmel nimmt viel Platz ein: Die Geringfügigkeit des Menschen kommt dadurch besonders zum Ausdruck. Bilder- u. Symbolwelt C.D. Friedrichs Freundes- und Ehepaare sind nicht einem Abenteuer ausgesetzt. Sie sind lediglich Betrachter der Natur. Bilder- u. Symbolwelt C.D. Friedrichs Der Fischer steht für die Begegnung des Menschen mit der Natur. Bilder- u. Symbolwelt C.D. Friedrichs Kontrast Innenwelt – Aussenwelt. Das Fenster stellt die Grenze dar. Das Schiff als Zeichen des gemeinsamen Lebens von Mann und Frau. Bilder- u. Symbolwelt C.D. Friedrichs Die Rückenpersonen sind keine Erfindungen Friedrichs. Sie haben eine bis in die Antike zurück gehende Tradition. Caspar David Friedrich benutzte sie als Kontrast zur Natur. Sie sind nicht als Bestandteil der Natur wahrzunehmen. Die Figuren sind fast immer einsame Individualisten, also dem Künstler selbst ähnlich. In einem Brief an seine Frau thematisierte er seine Vereinsamung: "Alles ist Stille-Stille-Stille um mich her; [..] allein und immer allein; es tut mir wohl, aber immer möchte ich es nicht so haben." Auf Friedrichs Bildern befinden sich die Rückenfiguren meist in der Mitte, so dass sie den Fluchtpunkt verdecken. Dadurch wird der Betrachter animiert, sich in die Figur hinein zu versetzen und sich ebenfalls andächtig dem Naturereignis zu widmen. Bilder- u. Symbolwelt C.D. Friedrichs Nebel als Schwebezustand. Wand und Raum zugleich. Leere als Fülle. Bilder- u. Symbolwelt C.D. Friedrichs Dualismus: Aussenwelt / Natur / Streben nach der unendlichen Natur. Innenwelt / Ich / Versenkung ins eigene Innere. Ein Text – Ein Bild – Ein Lied Text: Johann Wolfgang von Goethe Bild: Caspar David Friedrich Lied: Franz Schubert Es existiert auch eine strophische Fassung des Komponisten C.F. Zelter Liedanalyse Schäfers Klagelied (J. W. v. Goethe, 1802) Da droben auf jenem Berge, Da steh ich tausendmal, An meinem Stabe hingebogen Und schaue hinab in das Tal. Und Regen, Sturm und Gewitter Verpass ich unter dem Baum. Die Türe dort bleibet verschlossen Denn alles ist leider ein Traum. Dann folg ich der weidenden Herde, Mein Hündchen bewahret mir sie. Ich bin heruntergekommen Und weiß doch selber nicht wie. Es stehet ein Regenbogen Wohl über jenem Haus! Sie aber ist weggezogen, Und weit in das Land hinaus. Da stehet von schönen Blumen Die ganze Wiese so voll. Ich breche sie, ohne zu wissen Wem ich sie geben soll. Hinaus in das Land und weiter, Vielleicht gar über die See. Vorüber, ihr Schafe, vorüber! Dem Schäfer ist gar so weh. http://www.youtube.com/watch?v=231Pgg2COW0 Caspar David Friedrich „Landschaft mit Regenbogen“ 1808/12 Goldener Schnitt: a:b = c:d d Der Schäfer ist dreimal abgebildet: c a b Köpfe-Verbindungslinie Mittelachse Franz Schubert „Schäfers Klagelied“ 1814 Schuberts Originalpartitur 1. Strophe 4. 2. Strophe 3. 5. Strophisch Variierte Vertonung 6. Musikalische Neuerungen Grob zusammengefasst, lassen sich die Eigenarten romantischer Musik mit dem Einzug von programmatischen Elementen aus den Bereichen der Philosophie, Kunst und Poetik neben musikrelevanten neuen (aus der Klassik erwachsenen) Tonsprachen und Gattungen sowie dem Ausbau beziehungsweise der Abkehr von allzu strengen (Sonatensatz)- Formen benennen. Auch bilden sich in der Romantik Extreme heraus: So werden überdimensionale Formenkomplexe im Bereich der Sinfonie geschaffen, die im starken Gegensatz zur typisch-romantischen Kunstliedtradition stehen, am treffendsten repräsentiert durch das Charakterstück. Die R. offenbart die vielfältigste und freieste Entfaltung der tonal gebundenen Mehrstimmigkeit im Abendland, die die ständige musikalische Erweiterung aller Mittel bis an die (harmonische) Grenze bringt: Leittöne, Chromatik oder auch Alterationen bilden die letzte Station funktioneller Harmonik. Darüber hinaus wächst neben der Instrumentation auch die Gestaltung der Dynamik, während Melodielinien zwischen kleinsten Motiven und längsten Bögen pendeln. Musikalische Gattungen Das Kunstlied Hebt sich insofern vom Volkslied/Gesellschaftslied ab, als dass es sich durch stilistische Komplexität und hohen Wiedergabeanspruch definiert. In der Romantik erreicht das K. seine Blütezeit durch Franz Schubert, dessen Liedschaffen über 500 Stücke einschließt. Beispiele: „Die Winterreise, Die schöne Müllerin, Die Forelle, Der Erlkönig“. Sinfonische Dichtung Einzug begrifflich erklärbarer aussermusikalischer Inhalte (Geschichte, Bild) in die Musik. Formal frei oder anlehnend an Sonatensatz, Rondoform oder Variationensatz, schließt die s. D. nur diejenigen Stücke ein, deren aussermusikalischer Gehalt vom Komponisten geäußert wird. Beispiele: „Bilder einer Ausstellung“ von M. Mussorgsky „Faust-Sinfonie“ von F. Liszt „Die Moldau“ von B. Smetana Musikalische Gattungen Fortsetzung Klavierstück Als Gegenstück zum Kunstlied entwickelt sich das kleine lyrische Klavierstück, zu dessen Hauptvertretern Schubert und Schumann gehören. Beispiel: „Kinderszenen“ von R. Schumann Das Musikdrama Durch Richard Wagner gilt es als realisierte Idee eines Gesamtkunstwerks unter häufiger Verwendung von Leitmotiven, musikalischer Prosa und Sprechgesang. Es grenzt sich von der italienischen und französischen Nummernoper mit Rezitativ ab. Ein solches Gesamtkunstwerk setzt die Verwobenheit von Musik, Dichtung, Malerei, Tanz, Gestik und Klangbewegung voraus, getragen von durchkomponierter Orchestermusik. Beispiele: „Ring des Nibelungen, Tristan und Isolde“ von R. Wagner Musikalische Gattungen Fortsetzung Bsp. Klavierstück Robert Schumann: Kinderszenen http://www.youtube.com/watch?v=S1gFnf7GYcE Musikalische Gattungen Fortsetzung Bsp. Programmmusik Aus Smetanas „Die Moldau“ Eine Querflöte spielt alleine eine bewegte Melodie. Sie bewegt sich auf und ab, wie die Wellen eines Flusses. Später kommt eine zweite Querflöte mit einer ähnlichen Melodie dazu. http://www.youtube.com/watch?v=jawIMBLZ1D8 Musikalische Gattungen Fortsetzung Bsp. Liedformen 1. Strophenlied ( Schubert: Das Wandern ) Musikalische Umsetzung in allen Textstrophen gleich. 2. Variiertes Strophenlied ( Schubert: Gute Nacht ) Strophenlied mit einigen Veränderungen. 3. Durchkomponiertes Lied ( Schubert: Erlkönig ) Musikalisch unterschiedliche Umsetzung jeder Textstrophe. Das Leitmotiv Definition Innerhalb eines handlungsbezogenen Musikwerkes häufig wiederkehrendes Motiv, das einer bestimmten Person, Idee oder Sache zugeordnet ist und diese charakterisiert. Eine wichtige Rolle spielt das Leitmotiv in der Programmmusik des 19. und 20. Jh. und in der Oper seit Richard Wagner. Schwert: Wasserspiel: Wellen: Das Leitmotiv Weitere Beispiele Schlaf: Ring: Regenbogen: Jugendkraft: Hier kann man die Motive anhören: http://www.richard-wagner-werkstatt.com Beispiele Liedformen http://www.youtube.com/watch?v=fuKFoIw1GbU Strophenlied Variiertes Strophenlied http://www.youtube.com/watch?v=tZb6a6wr_60 Durchkomponiertes Lied http://www.youtube.com/watch?v=abuZjBgFu3E Instrumentierte Version KomponistInnen der Romantik F. Schubert (1797 – 1828)______________ G. Rossini (1792 – 1868)_______________________________________ H. Berlioz (1803 – 1869)_____________________________________ F. Mendelssohn (1809 – 1847)___________________ F. Chopin (1810 – 1849)________________________ R. Schumann (1810 – 1856)_________________________ F. Liszt (1811 – 1886)________________________________________________________ R. Wagner (1813 – 1883)___________________________________________________ G. Verdi (1813 – 1901)___________________________________________________________________ Clara Schumann (1819 – 1896)_________________________________________________ A. Bruckner (1824 – 1896)________________________________________________ B. Smetana (1824 -1884)_________________________________________ J. Brahms (1833 – 1893)__________________________________ M. Mussorgsky (1839 – 1881)________________ P. Tschaikowsky (1840 – 1893)_____________________ A. Dvorak (1841 – 1904)____________________________________