Psychosomatik bei Frauen - seminare

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PSYCHOSOMATIK
BEI FRAUEN
DIAGNOSTISCHE UND
THERAPEUTISCHE
ASPEKTE
Riehener Seminar 29.10.2002
Dr. Dorothea Hefti
Die Frau lebt in
ihrem Körper,
der Mann lebt mit
seinem Körper.
Max Scheler
Die drei Lebensalter der Frau, Gustav Klimt, 1905
Frau und Körperlichkeit
• Der Frauenkörper wird geformt durch die
weiblichen Geschlechtshormone
• Er wird geprägt durch Ereignisse wie
Menstruation, Defloration, Mutterschaft,
Klimakterium
• Jeder Monatszyklus führt zu einer
Veränderung an Eierstöcken, Gebärmutter,
Scheide, Brüsten, Haut
• Schwangerschaft, Geburt, Stillen führt zu
irreversiblen Veränderungen an Haut, Brust,
Form der Scheide, Grösse der Gebärmutter
• Die Wechseljahre wirken sich an den
primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen aus
Frau und Körperlichkeit
Es besteht eine enge Beziehung zwischen
der Biographie der Frau und ihrer Anatomie.
Frau und Körperlichkeit
• Das Frauenleben ist gekennzeichnet von
Veränderungen.
• Deren Bewältigung kann zu einem Gefühl
von Vitalität, zur Entwicklung neuer
Kompetenzen führen.
• Die gescheiterte Bewältigung kann jedoch
auch zu Angst, Verunsicherung und damit zu
psychosomatischen Symptomen führen.
Männer leben in
einem
Funktionkörper,
Frauen in einem
Emotionskörper.
Ingrid Olbricht
Frau und Emotion
•Frauen nutzen ihre subjektive
Befindlichkeit zur Bestimmung ihres
Gesundheitszustandes
•Männer nehmen ihre Leistungfähigkeit
als Massstab
Frau und Emotion
•Die Befindlichkeit verändert sich mit den
körperlichen Veränderungen
•in jedem Monatszyklus
•Menarche
•Defloration
•Schwangerschaft, Geburt, Stillen
•Mutterschaft
•Klimakterium
•Menopause
Was macht Frauen krank
WHO-Definition von Gesundheit:
Zustand völligen körperlichen,
seelischen und sozialen Wohlbefindens
ein statischer Zustand
d.h. die als normal das Frauenleben
bestimmenden zyklischen Abläufe im
Körperlichen, wie auch in der
Befindlichkeit haben darin keinen Platz
will eine Frau dieser Definitionen
genügen, muss sie ihre weiblichen
Bedingungen verleugnen
Was macht Frauen krank
Gesellschaftliche Definition von
Schönheit
Schlankheitsideal
Diktat der Mode
Epilation, etc.
Selbstwertproblematik, Selbstablehnung
Was macht Frauen krank
Gesellschaftliche Definition von
Leistungsfähigkeit
perfekter Haushalt
Familie
Berufstätigkeit
Frauen arbeiten meist bis zu 100
Stunden
Mehrfachbelastung
Überforderung
Was macht Frauen krank
Familie und Berufsleben
Familienarbeit ist bedürfnis- und
personenorientiert
Wichtig sind Beziehungsfähigkeit,
Einfühlungsvermögen, Fürsorglichkeit,
Zeitverfügung
Berufstätigkeit erfordert
Durchsetzungsvermögen, Konkurrenz,
Schnelligkeit, Zeitmanagement
Konfliktpotential
Was macht Frauen krank
Frauen haben die Tendenz, eigene Ziele
zugunsten von „Sachzwängen“
aufzugeben
Die soziale Rolle ist wichtiger als die
individuellen Bedürfnisse
Setzt eine Frau ihre Ziele dennoch
durch, gilt sie als „Karriereweib“ oder
Rabenmutter
Schuld- und Versagensgefühle
kennzeichnen die Befindlichkeit vieler
Frauen
Was macht Frauen krank
Verleugnung der weiblichen
Bedingungen
Selbstwertproblematik, Selbstablehnung
Überforderung
Konfliktpotential Familie und
Berufsleben
Schuld- und Versagensgefühle
Folgen
Erschöpfung
Chronische Müdigkeit
Stimmungsschwankungen
Ängste
Gefühle von Wertlosigkeit
Psychosomatische Beschwerden
BURN-OUT-SYNDROM
Psychosomatische
Erkrankungen
Befindlichkeitsstörungen
Funktionelle Störungen
(Somatisierungsstörung)
Somatopsychische Erkrankungen
Psychosomatische
Erkrankungen
Befindlichkeitsstörungen
„Nach jedem Streit habe ich
Kopfschmerzen“
Überwiegend psychisch verursachte
Entwicklung körperlicher Symptome
ohne morphologisches Korrelat
Psychosomatische
Erkrankungen
Funktionelle Störungen
(Somatisierungsstörung)
ICD-10 Somatoforme autonome
Funktionsstörung
Organbeschwerden ohne
morphologisches Korrelat
z.B.: chron. Unterbauchbeschwerden
Reizblase
Häufig psychische Beschwerden
Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit,
Konzentrationsstörungen
Psychosomatische
Erkrankungen
Somatopsychische Erkrankungen
Psychische Symptome infolge einer
vorbestehenden körperlichen
Erkrankung
Entstanden durch Anpassungsstörung,
maladaptive Krankheitsverarbeitung
z.B.: Sexualstörung nach MammaCarcinom
Spezielle Psychosomatik
bei Frauen
Migräne
Reizdarmsyndrom
Fibromyalgie
Chronique fatique Syndrom
Psychosomatik in Geburtshilfe und
Gynäkologie
Psychosomatik in
Geburtshilfe und
Gynäkologie
Psychosomatik beinhaltet eine
Grundhaltung, die sich an einem
Interesse an den biologischen, sozialen
und psychischen Umständen einer
Krankheit ausdrückt und sie beinhaltet
die Bereitschaft, Beziehungen
einzugehen mit den Menschen, die uns
als Patienten begegnen.
Psychosomatik in
Geburtshilfe
Praenataldiagnostik
Schwangerschaftskonflikt
Schwangerschaftsabbruch
Abort
Habitueller Abort
Totgeburt
Wochenbett-Blues
Hyperemesis gravidarum
Vorzeitige Wehentätigkeit
Psychosomatik in
Geburtshilfe
Hyperemesis gravidarum
Unstillbares Erbrechen, 6.-12. SSW
Folgen
Gewichtsverlust, Exsikkose, Störung im
Elektrolythaushalt, zerebrale
Symptomatik, Tod
Ätiologie
Noch unklar
erhöhte Inzidenz bei hohem HCG
Psychosomatik in
Geburtshilfe
Hyperemesis gravidarum
Psychosoziale Faktoren
•„Gewissheit, schwanger zu sein“ als
auslösendes Agens
•Nicht-wahrhaben der physiologischen
Ambivalenz zu Beginn der
Schwangerschaft
•Schwangerschaftsbezogene Konflikte
werden auf körperlicher Ebene
ausgetragen
•Sekundärer Krankheitsgewinn:
Aufmerksamkeit
Psychosomatik in
Geburtshilfe
Hyperemesis gravidarum
Therapeutische Möglichkeiten
Stationäre Aufnahme
Infusion, Antiemetika
Verhaltenstherapeutische Massnahmen
Supportive Psychotherapie mit der
Möglichkeit, die schwangerschaftsbezogenen Ängste zu besprechen
Psychosomatik in
Geburtshilfe
Vorzeitige Wehentätigkeit
Uterus-Kontraktionen vor der 37.SSW
(26.-33.SSW)
Psychosomatische Erklärung
Keine Krankheit, sondern ein
Alarmsignal des Körpers auf eine
Überlastung
Auslösesituationen
Ärger mit Vorgesetztem
Kummer mit Partner
Heirat, Umzug
Psychosomatik in
Geburtshilfe
Vorzeitige Wehentätigkeit
Persönlichkeitsmerkmale
•Leistungsstrebige, ehrgeizige
Berufseinstellung
•Verleugnung von Stress und Konflikten
•Unfähigkeit, mit Forderungen
umzugehen
•Gleichzeitig überfordernde
Erwartungen an die Umwelt
Psychosomatik in
Geburtshilfe
Vorzeitige Wehentätigkeit
Umschaltung von Arbeitsleistung auf die
„Leistung schwanger zu sein“, fällt
schwer
Schwierigkeit, Eigenständigkeit
zugunsten des Geschehen-lassenKönnens aufzugeben
Psychosomatik in
Geburtshilfe
Vorzeitige Wehentätigkeit
Therapeutische Massnahmen
Bettruhe
Hospitalisierung, Wehenhemmer,
Belastungsgrenzen erspüren und
annehmen
Support, die veränderten Bedürfnisse
als normal anzunehmen
Bestätigung, Ermutigung, Ich-Stärkung
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Amenorrhoe
Praemenstruelles Syndrom (PMS)
Pruritus vulvae
Chronischer Unterbauch-Schmerz
Reizblase (Frequency-UrgencySymtomatik)
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Amenorrhoe
Die hypothalamische Amenorrhoe ist eine
meist vorübergehende Funktionsruhe der
reproduktiven Achse.
Nicht Krankheit, sondern sinnvoller
Anpassungsmechanismus
Auslöser
„Notstands-Amenorrhoe“
Psychosoziale und körperliche Belastungen
Unterernährung, Untergewicht
Fehlernährung, kognitive Gewichtskontrolle
Exzessives Körpertraining
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Amenorrhoe
Endokrinologische Grundlagen
Aktivierung der Stress-Achse (CRH) führt zu
einer Hemmung des GnRH-Pulsgenerators
•Depression
•Übergewicht
•Anorexia nervosa
•Angst- und Zwangskrankheiten
•Diabetes mellitus
•Exzessives Körpertraining
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Amenorrhoe
Behandlungssituation
•Hormonelle Zusammenhänge erklären
•Einfluss des Essverhaltens und des
Gewichts verständlich machen
•Versuch, verborgene Konfliktlage zu
erfassen
•Entspannungsübungen
•Medikamentöse Therapie erst nach 12
Monaten indiziert
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Praemenstruelles Syndrom (PMS)
In der 2. Zyklushälfte
Spannungsgefühl in Brüsten, Beinen,
allgemein
Gewichtszunahme, Wassereinlagerung
Kopfschmerzen
Blähungen, Völlegefühl
Gesteigerter oder verminderter Appetit
Herzklopfen, Übelkeit, Akne,
Unterleibsschmerzen, niedriger Blutzucker
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Praemenstruelles dysphorisches
Syndrom (PMDS)
Nervösität, gesteigerte Reizbarkeit,
emotionale Labilität, Aggressivität
Depressivität bis hin zu Suizidgedanken
Angstgefühle
Schlafstörungen, Erschöpfungszustände
Verhaltensänderungen
Gesteigerter oder verminderter Antrieb
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Praemenstruelles Syndrom
Grosse Medienaufmerksamkeit
Keine konkreten Forschungsergebnisse
Naturwissenschaftlicher Erklärungsansatz
Suche nach auslösender Substanz
Psychologischer Erklärungsansatz
Depression mit fixer Attribuierung
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Praemenstruelles Syndrom
Therapieansätze
Zuhören
Positive Bewältigungsstrategien verstärken
Beschwerdetagebuch
Entspannungsübungen
Psychosoziale Unterstützung (Gruppen)
Sportliche Betätigung 2-3x/Woche
Ernährung
Phytotherapie (Agnus castus)
Progesteron zyklisch
Antidepressiva (SSRI)
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Pruritus vulvae
Gynäkologische und dermatologische
Differentialdiagnostik
Soor, Dystrophien, Lichen sclerosus,
Psoriasis, Kontaktallergien
Mit oder ohne somatische Diagnose ist das
Gespräch mit der Patientin über ihr Leiden
an der Erkrankung, über die Auswirkung auf
sie selbst und ihre Beziehung wichtig.
Psychopathologie, Konflikt,
Beziehungsstörung
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Chronischer Unterbauch-Schmerz
Chronic Pelvic Pain Syndrome (CPPS)
Unterbauchschmerzen mit und ohne
Organbefund
Spezifische Diagnostik durch Laparoskopie
•Endometriose
•Adhäsionen
•Pelvic Congestion Syndrome
•Irritable Bowel Syndrome
•Urologische Erkrankungen
•Muskuloskeletale Erkrankungen
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Chronischer Unterbauch-Schmerz
Chronic Pelvic Pain Syndrome (CPPS)
Häufiger bei Missbrauchspatientinnen
„verleugnete“ Depression als Ursache des
CPPS (Molinski)
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Diagnostik beim
Chronischen Unterbauch-Schmerz
Symptomanamnese
•Auslösesituation „Seit wann?
•Beschreibung des Schmerzes „ist als wenn“
•Auswirkung des Schmerzes auf Patient,
Beziehungen, Sexualleben, Beruf, Freizeit
Psychosoziale Anamnese
•Biographie
Gynäkologische Anamnese und Diagnostik
•OP, Medikamente
Orthopädische, internistische, urologische,
chirurgische Diagnostik
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Therapie beim
Chronischen Unterbauch-Schmerz
•Behandlung der somatischen Befunde
•Integrierte psychosomatische Behandlung
Somatische Therapie eingebettet in
begleitende Gespräche
•Indikationsstellung für OP nur nach
psychosomatischer Diagnostik
•Ev. Hinführung zu Psychotherapie
•Antidepressive Therapie nur in
Zusammenarbeit mit Psychiater
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Reizblase
•Funktion der Blase beeinflusst körperliches
und psychisches Wohlbefinden
•Kontrolle über die Blasenfunktion bedeutet
Selbstbestimmung
•Kontrollverlust kränkt zutiefst
•Rückzug aus sozialem und
gesellschaftlichem Leben
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Reizblase
Psychosoziale Zusammenhänge
•Larvierte Depression
•Affektstörung im Hinblick auf Wut und
Aggression
•Verminderte Hingabefähigkeit
•Beziehungsstörung
•Sexualstörung
Teil von umfangreichen Beschwerdebildern
Anpassungsstörung
Angststörung
Somatisierungsstörung
Persönlichkeitsstörung
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Diagnostik bei Reizblase
Symptomanamnese
•Auslösesituation „Seit wann?
•Symptombezug: Situation, Stimmung
•Auswirkung des Symptoms: Selbstbild,
Selbstempfinden, Beziehungen, Sexualleben,
Beruf, Freizeit
Psychosoziale Anamnese
•Biographie
•Depressivität
•Beziehungsstörung
•Sexualstörung
Gynäkologische Anamnese und Diagnostik
Psychosomatik in der
Gynäkologie
Therapie bei Reizblase
•Behandlung der somatischen Befunde
•Integrierte psychosomatische Behandlung
Somatische Therapie eingebettet in
begleitende Gespräche
•Physikalische Therapie:
Beckenbodengymnastik
•Entspannungsübungen
•Ev. Hinführung zu Psychotherapie
Ein Fallbeispiel
Zuweisung in die urodynamische
Sprechstunde
Grund
rezidivierend HWI
Schmerzsymptomatik
Diagnose
hypertoner Beckenboden
Restharnbildung
Reizblasensymptomatik
Therapie
Physiotherapie, Antibiose
Angebot einer psychosomatischen
Evaluation
Ein Fallbeispiel
36-jährige Patientin
Seit 14 Jahren eingekleidete Ordensfrau
Psychosomatische Begleitung über
3 Jahre in monatlichen Terminen
1. Phase
Verzweiflung über Einschränkung der
Lebensqualität und der LeistungsFähigkeit
Körperliche Symptome im Vordergrund
Emotionaler, biographischer Zugang
schwierig
Lebensmotto: Ich tue, was man mir sagt.
Ein Fallbeispiel
2.Phase
Unter zunehmender Arbeitsbelastung,
die nicht als mit der eigenen Berufung
konform erscheint, Entwicklung eines
Burn-Out-Syndroms mit suizidalen
Gedanken
3.Phase
Neue Selbsterfahrung durch ein
heftiges, sich wehrendes Einsetzen für
eigene Bedürfnisse
Erfahrung von „dieser Anteil darf sein“
„Ich darf sein“
Ein Fallbeispiel
4.Phase
Konsolidierung des neuen inneren
Lebensraums durch nun mögliche
biographische Arbeit
Körperliche Symptome treten in den
Hintergrund
„Wenn ich die Blase wieder einmal
spüre, ziehe ich halt warme Socken an.“
Ein Fallbeispiel
einfach leben
PSYCHOSOMATIK
BEI FRAUEN
VIELEN DANK FÜR
IHRE
AUFMERKSAMKEIT
Weitere Präsentationen
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