Soziologische Gesellschaftstheorien In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich? Dr. Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 1 Soziologische Gesellschaftstheorien Industriegesellschaft Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 2 Die europäische Industriegesellschaft Weber argumentiert, dass der moderne Kapitalismus durch spezifische Rationalitätsprinzipien bestimmt ist Diese fehlten in vormodernen Kapitalismen weitgehend und entwickelten sich nur auf der Basis von soziokulturellen Bedingungen der okzidentalen Moderne „moderner okzidentaler Rationalismus“ ist einer der zentralen Begriffe im Werk Max Webers (Pohlmann, 1997: 19) Protestantismusthese 1. Grundlage Webers Untersuchungen: statisch-empirische Untersuchungen über die Beziehungen zwischen protestantischer Glaubenszugehörigkeit und Berufsstatus -demonstrieren, dass seinerzeit die Unternehmerschaft im Deutschen Reich und auch das Personal für höhere technische und kaufmännische Berufe sich vorwiegend aus Protestanten zusammensetzen -auch in den Ausbildungsstätten für technische, gewerbliche und kaufmännische Berufe fand man eine deutliche Unterrepräsentation der Katholiken gegenüber den Protestanten vor 2. Weber fixiert das Untersuchungsobjekt, das er „Geist des Kapitalismus“ nennt -typische Merkmale frühkapitalistischer Arbeits-, Zeit- und Lebensauffassung gemeint, die zu einem Konstrukt zusammengefasst werden Protestantismusthese 3. Weber entschlüsselt typische Elemente protestantischer Ethiken und erkennt in ihnen sinnhafte Ähnlichkeiten mit dem "Geist des Kapitalismus“ 4. Weber geht es um den Verweis darauf, dass die von der protestantischen Ethik postulierte "Lebensführung" im institutionellen Zusammenhang von Sektenorganisationen mit ihren Kontroll- und Sanktionspotenzial die besten Ausbildungschancen hatten Religion und bürgerlich-asketische Wirtschaftsethik Weber begreift die Prädestinationslehre von Calvin als den gemeinsamen theologischen Boden derjenigen Formen des Protestantismus, die an der Ausbildung einer bürgerlich-asketischen Wirtschaftsethik beteiligt waren Calvin, der bekanntlich in Genf eine das sittlichreligiöse Leben der Bürger streng überwachende Theokratie aufbaute, hat in seiner Lehre entwickelt, dass ein Teil der Menschen durch Gottes „ewigen und unveränderlichen Vorsatz und den geheimen Ratschluss und die Willkür seines Willens“ zur Seligkeit auserwählt wird, der Rest hingegen verdammt sei Religion und bürgerlich-asketische Wirtschaftsethik Der Gläubige solle einerseits mit dem „durch den wahren Glauben bewirkten beharrlichen Zutrauen auf Christus“ (Weber, P. E., 129) leben, er könne aber andererseits als handelndes Werkzeug göttlicher Gebote seine Selbstgewissheit stärken hervorragendstes Mittel hierzu sei aber die rastlose Berufsarbeit, die ‚den religiösen Zweifel’ (verscheuche)“ (Weber, P. E., 129) Webers Darstellung der religiösen Fundamentierung innerweltlichen asketischen Handelns ist sozusagen die Basis der ‚Protestantismus-These’. „Arbeiten ist das moralische wie natürliche Ziel der Macht (...). Mit Handeln wird Gott am meisten gedient und er wird geehrt“ (Weber, P. E., 169) Der okzidentale Staat der Neuzeit als Wegbereiter des Industriekapitalismus langfristig kalkulierendes Wirtschaftshandeln moderne industrielle Produktionstechnik Basis eines gewissen Maßes staatlich garantierter Normsicherheit Existenz gewaltmonopolisierender und normsetzender politischer Herrschaftsverbände Der okzidentale Staat der Neuzeit als Wegbereiter des Industriekapitalismus Derartige Ordnungen, Territorien überspannend, entwickelten sich in Europa im Absolutismus Diese Ordnungen waren das Ergebnis eines langen Prozesses gewalttätiger Ausscheidungskämpfe Aber: Funktion der absolutistischen Staaten für die Entwicklung von Marktwirtschaft und Industrie erschöpft sich keineswegs in der von ihnen durchgeführten innergesellschaftlichen Pazifizierung Wesentlicher war, dass sie neuartige Strukturen im Bereich staatlicher Herrschaftsinstitution entwickelten absolutistische Staaten schufen nämlich Herrschaftsinstitution, die in ihrer Organisationsrationalität und der von ihnen erzwungenen „Verhaltensdisziplinierung“ ihrer Mitglieder Grundpostulaten und strukturellen Erfordernissen kapitalistischer Industriebetriebe funktional weitgehend entsprachen Organisationsrationalität und Verhaltensdisziplinierung Weber hat in seinen Schriften als Grundcharakteristikum des entwickelten kapitalistischen Industriebetriebes dessen hochgradige „formale Rationalität“ - seine interne Berechenbarkeit – bezeichnet Aber er hebt auch immer wieder die Verknüpfung der innerbetrieblichen Rationalität mit der „formalrationalen“ Struktur staatlicher Herrschaftsinstitutionen hervor In Westeuropa - und dieses ist wesentlich - wurden formalrationale Grundmuster zunächst im Bereich staatlicher Institutionen entwickelt Bürokratie Bekanntlich war für Max Weber die moderne Bürokratie der Prototyp für eine formal-rationale Organisation Ihre innere Struktur (regelgebundene Ausführung des Amtes, aktenmäßige Verwaltung, strikte Kompetenzgrenzen, Qualifikation der Amtsinhaber, Amtshierarchie) lassen sie als ein in jeder Beziehung auf Berechenbarkeit abgestimmtes System erscheinen Bürokratisierung: Berechenbarkeit staatlichen Handelns und der Berechenbarkeit des Handelns der Bevölkerung Territoriale Unifizierung, Reglementierung und Privilegierung - der Merkantilismus Eine der Hauptursachen für den ‚Staatsmerkantilismus’ war das Ziel, dem wichtigsten Machtinstrument des Zentralherrn dem Heer - eine solide ökonomische Basis zu verschaffen Eine weitere Zentralidee der merkantilistischen Wirtschaftspolitik war die Wirtschaftslenkung: der Versuch, durch den Einsatz staatlicher Machtmittel ein bestimmtes Wirtschaftssystem zu etablieren und das etablierte fortwährend zu regulieren, zu reglementieren und zu kontrollieren Die Wirtschaft soll den Machtansprüchen des Staates untergeordnet werden Grundprinzipien des Staatsmerkantilismus Unifizierung Reglementierung Privilegierung Grundprinzipien des Staatsmerkantilismus Das Prinzip der Unifizierung wurde freilich nicht nur in der Marktsphäre, sondern ebenso in der Produktion wirksam, -Vereinheitlichung des Gewerberechts -Vereinheitlichung des Staatsterritoriums durch Ausrichtung an staatlich gesetzten Regelungen und Maßstäbe -Überwindung regionaler Parzellierungen und die Schaffung von Grundbedingungen für einen das Staatsgebiet überspannenden Markt -einheitliches Maß- und Gewichtssystem -Münz- und Geldwesen vereinheitlicht -einheitliches Verkehrssystem Grundprinzipien des Staatsmerkantilismus Reglementierung: Versuch, durch staatliche Regiments nicht nur möglichst genau dem Produktionsvorgang, sondern genauso die Art der zu bearbeitenden Rohstoffe und die Qualität des Endprodukt zu bestimmen Privilegierung: Einsatz staatlicher Macht- und Kontrollmittel, um die wirtschaftliche Tätigkeit von Privatpersonen zu begründen und bereits bestehende rentabler zu gestalten -Objekte der Privilegierung waren typischerweise protokapitalistische Manufakturen -Hierbei gab es verschiedene Formen der Privilegierung: eine wichtige war die der Form der Monopolisierung. Manufaktur Die Manufaktur zentralisierte Produktionsstätte: neuartige arbeitsorganisatorische Muster, die zugleich Grundmerkmale einer spezifisch modernen Arbeitszeitdisziplin einschlossen Typus von Arbeitsteilung, den man am besten als prozessuale Arbeitsteilung (vergleiche Popitz 1992, 170) bezeichnen kann viele Manufakturen waren vom absolutistischen Staat gegründet oder privilegiert, und sie produzierten Waren, deren Hauptabnehmer der Staat war: Luxusgüter und Produkte zur Ausstattung des absolutistischen Heeres (vgl. Sombart 1916: 841) Arbeitsteilung Manufakturen beruhten auf der Konzentration einer Vielzahl von Produzenten unter einem Dach diese Konzentration war die Grundvoraussetzung dafür, dass in dieser Produktionsstätte die Potenzen prozessualer Arbeitsteilung systematisch genutzt und zugleich Grundmuster moderner Arbeitszeitdisziplinen durchgesetzt werden konnten Zur Technologie der Maschinen in der industriellen Revolution und ihren sozialen Auswirkungen Mit der Technologie der Maschine, der" Schlüsseltechnologie "der Industriegesellschaft, kamen ganz neuer "Modus technischen Handelns" in die Welt Übertragung von Arbeit auf mittels künstlicher Energie angetriebene mechanische Systeme Dampfmaschine stellt im Gegensatz zu den traditionellen Energieträgern (Wasser, Wind etc.) eine Loslösung der Produktion aus räumlichen und zeitlichen Bindungen dar (vgl. Sombart 1923:142) Erzeugung eines kontinuierlich gleichförmigen Produktionsflusses (vgl. Pohlmann 1997: 83) Auswirkungen der Maschinisierung auf die Arbeit Maschinentechnologie etablierte eine qualitativ neuartige Trennung von Hand- und Kopfarbeit im Produktionsprozess Maschine bedeutete zusätzliche Machtdimension: Maschinisierung des Arbeitsprozesses gewann vergegenständliche Kopfarbeit Macht über die Handarbeit zwangsläufig qualitativ neue Muster von Arbeit- und Zeitdisziplinen Disziplinierung der Arbeiter Gleichförmigkeit und maximale Effizienz konnten erst in der Fabrik zu bestimmenden Merkmalen menschlicher Arbeitsabläufe werden, weil die Maschine eine Arbeits- und Zeitdisziplin erzwingt "Arbeitsdisziplin" war eines der Hauptprobleme der frühen Industrialisierung Die Verwirklichung der Potenzen prozessualer Arbeitsteilung durch das Tayler-System erst das am Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte tayloristische System der Arbeitsorganisation beendete endgültig die Abhängigkeit der Betriebsleitung von den handwerklichen Fähigkeiten der Arbeiter Taylors Gedanken, die in seinem Buch "Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung" (Taylor, 1977) zusammengefasst sind, betreffen kaum die technischmaschinelle Seite des Produktionsprozesses, sondern vornehmlich diejenige der Arbeitsorganisation Taylors Ziel ist die Erhöhung der Effizienz der Produktion durch eine "wissenschaftlich" fundierte Umstrukturierung der Arbeitsorganisation Die Verwirklichung der Potenzen prozessualer Arbeitsteilung durch das Tayler-System Taylor entwickelt drei Grundsätze um diesen Zustand zu beenden: 1. Ein Kopfarbeiterstab soll den Arbeitsprozess wissenschaftlich untersuchen, soll einzelne Arbeitsmethoden klassifizieren und miteinander im Hinblick auf die effizienteste Methode miteinander vergleichen; Bewegungs- und Arbeitszeitstudien 2. Auf der Basis der effizientesten Methode findet eine Neustrukturierung des Arbeitsprozesses durch den Planungsstab statt, d.h. die Arbeitskonzeption und ihrer Ausführung (vergröbert: Handund Kopfarbeit) werden völlig voneinander getrennt, die Konzeption wird zum Monopol eines Management-Stabes 3. Anhand dieser Konzeption werden die Arbeiter genauestens angeleitet, was sie wie in welcher Zeit zu tun haben. Damit wird eine präzise Kontrolle der Produktion möglich Arbeitsteilung? Das Konzept der modernen Industriegesellschaft John Kenneth Galbraith (1967) unternahm es, die vielfältigen Aspekte unserer modernen Wirtschaft und die treibenden Kräfte und die Motivationen der Industriegesellschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in den 1960er Jahren darzustellen und zu ergründen zeigte, welche tief greifenden Veränderungen im Gange waren, die die Zukunft bestimmen könnten im westlichen Industriesystem, obwohl es immer noch als kapitalistische bezeichnet oder verschrien wird, so Galbraith, ist nicht mehr das Kapital der ausschlaggebende Faktor, sondern eine neue Macht hat sich an dessen Stelle gesetzt, die der ‚Technostruktur’. Grundthese Galbraith: Unternehmer ‚alten Stils’ ebenso zum ‚Aussterben’ verurteilt wie die freie Marktwirtschaft Technologie ist hierbei die systematische Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse oder anderen organisierten Wissens der praktischen Aufgaben Die Notwendigkeit, Aufgaben immer weiter zu unterteilen, dann Spezialwissen auf die Teilgebiete anzuwenden und schließlich die fertigen Elemente der Aufgabe wieder zu einem Gesamtprodukt zusammenzufügen, ist der Ausgangspunkt fast aller Konsequenzen der Technologie und bestimmend für das Bild der modernen Industrie Konsequenzen -ständig wachsende Zeitspanne liegt zwischen Beginn und Abschluss einer Aufgabe - Spezialwissen wird für den kleinstmöglichen Bruchteil der Aufgabe aufgewandt - Man braucht mehr Zeit und mehr Produktionsmittel und beides kostet Geld - Komplizierte Technik und komplizierte Aufgaben müssen auf kleinste Faktoren bezogen werden Konsequenzen -Technologie erfordert Spezialisten - unabdingbares Gegenstück der Spezialisierung ist die Organisation: Koordination der Aufgaben - aus der Festlegung von Kapital, Notwendigkeit umfangreicher Organisation und den Problemen der Vermarktung unter den Bedingungen fortgeschrittener Technologie entspringt die Notwendigkeit der Planung Soziologische Gesellschaftstheorien Nachindustrielle Gesellschaft Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 27 Daniel Bell Daniel Bell: Das Konzept der nachindustriellen Gesellschaft Als post- oder nachindustrielle Gesellschaft haben die beiden Soziologen, der Franzose Alaine Touraine und der Amerikaner Daniel Bell, die sich herauskristallisierenden Konturen der neuen Gesellschaftsformationen bezeichnet Daniel Bells Analyse bezieht sich auf den Wandel innerhalb der USA Daniel Bells Analyse, die er schon seit den fünfziger Jahren Vorträgen und Aufsätzen vorgetragen hat, wird zum berühmten soziologischen Paradigma und zum Motto für einen „in erster Linie Wandel der Sozialstruktur“ Daniel Bell: Das Konzept der nachindustriellen Gesellschaft Ziel ist es, die entscheidenden Aspekte dieses Strukturwandels zu erfassen unterscheidet die Gesellschaft in drei eigenständige Sphären: Politik, Kultur und Sozialstruktur, die je über einer eigenen, autonomen Entwicklungslogik verfügen Wandel zur post-industriellen Gesellschaft betrifft primär Veränderungen der Sozialstruktur, also Wirtschaft, Beschäftigungssystem und Technologie Daniel Bell: Das Konzept der nachindustriellen Gesellschaft Unterscheidet wie auch Clark zwischen einem primären, sekundären und einen tertiären Wirtschaftssektor im Zuge von technischer Entwicklung und Rationalisierung kommt es zunächst zu einer Verlagerung vom primären zum sekundären, dann schließlich zum Dienstleistungssektor Entwicklung hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft, stellt einen wichtigen Aspekt des Strukturwandels dar Aber: Dienstleistungsgesellschaft für Daniel Bell nur ein partieller Befund und stellt nicht den Inbegriff des tief greifenden Strukturwandels dar Entwickelt ein analytisches Instrumentarium, das im Rahmen der Unterscheidung zwischen den Sphären Sozialstruktur, Politik und Kultur mit der Identifizierung von Axialprinzipien und Axialstrukturen arbeitet, um Dynamiken innerhalb wie zwischen den Sphären zu erfassen Daniel Bell: Das Konzept der nachindustriellen Gesellschaft Axialprinzip meint das dynamische Leitprinzip, das als primäre Logik der Schlüsselinstitutionen gelten kann axiale Struktur bezeichnet den organisierenden Rahmen und die zentralen Institutionen, um die herum andere Institutionen angeordnet sind Beim Konzept und Schema der post-industriellen Gesellschaft geht es darum, die Differenzen zwischen industriellen und vorindustriellen Gesellschaften aufzuzeigen Daniel Bell: Das Konzept der nachindustriellen Gesellschaft Im wirtschaftlichen Sektor: Wandel von einer produzierenden zu einer Dienstleistungswirtschaft in der Beschäftigung ist die Berufsstruktur der Industriearbeiterschaft rückläufig, und werden Berufe vorherrschen, die tertiären Bildung und höhere Professionalität erfordern, also eher technische und administrative Berufe axiales Prinzip der nachindustriellen Gesellschaft = Kodifizierung theoretischen Wissens In der postindustriellen Gesellschaft tritt an die Stelle der Maschinetechnologie eine intellektuelle Technologie Daniel Bell untersucht die Gesellschaft anhand von drei Dimensionen: der sozialen Struktur, der politischen Ordnung und die Kultur. soziale Struktur umfasst Wirtschaft, Technologie und Berufsgliederung politische Ordnung regelt die Machtverteilung und entscheidet zwischen den widerstreitenden Ansprüchen und Forderungen von einzelnen Gruppen kultureller Sektor schließlich kann als Bereich der expressiven Symbole und der Sinngebung bezeichnet werden Bedeutung des „Wissens“ postindustrielle Gesellschaft legt immer größeres Gewicht auf die technische Seite des Wissens Wissensexperten sind somit die Oberpriester der neuen Gesellschaft Übergang von einer warenproduzierenden zu einer Informations- und Wissensgesellschaft Berufsstruktur: der Vorrang einer Klasse professionalisierte und technisch qualifizierte Berufe Ausbau der akademisch und technisch qualifizierten Berufe jener Bereiche, die gewöhnlich irgend einer Hochschulausbildung erfordern und deren Zahl doppelt so schnell angestiegen ist wie der Durchschnitt Schlüsselposition innerhalb dieser akademischtechnische Klasse wiederum fällt den Naturwissenschaftlern und Ingenieuren zu, deren Zahl dreimal so schnell gestiegen ist wie die der werktätigen Bevölkerung. Axiales Prinzip Zentralität theoretischen Wissens als Quelle von Innovationen und Ausgangspunkt der gesellschaftlich-politischen Programmatik überall wird der Fortschritt abhängig von der vorausgehenden theoretischen Arbeit, die die bekannten Daten sammelt Das Konzept der nachindustriellen Gesellschaft stellt den Versuch dar, einen axiales Wandel in der Sozialstruktur, das heißt in Wirtschaft, Technologie und Schichtungssystem zu beschreiben und zu erklären Zukunftsorientierung die Steuerung des technischen Fortschritts und die Bewertung der Technologie Dank der neuen Möglichkeiten technologischer Prognosen, könne es den nachindustriellen Gesellschaften gelingen, eine neue Dimension gesellschaftlichen Wandel zu erreichen: die Planung und Lenkung des technologischen Wachstums. Entscheidungsbildung die Schaffung einer neuen „intellektuellen Technologie“ So erfordert die neue Gesellschaft eine immer stärkere Festlegung und Anwendung von Strategien „postindustrielle Gesellschaft“ Arbeitskräfte überwiegend im Dienstleistungsgewerbe tätig: Handel, Finanzen, Transport, Gesundheitswesen, Erholung, Forschung, Bildung und Verwaltung in der Industriegesellschaft nahm Bedarf an Berufen zu, die direkt mit der industriellen Produktion im Zusammenhang standen Zunahme akademischer und technisch qualifizierter Berufe Schlüsselposition fällt den Naturwissenschaftlern und Ingenieuren zu Wissen wird zum strategischen Hilfsmittel und axialem Prinzip der Gesellschaft. Universitäten, Forschungsorganisationen und wissenschaftliche Institutionen, wo dieses theoretische Wissen zusammengetragen und ausgebaut wird, entpuppen sich immer deutlicher als axiale Strukturen der neuen Gesellschaft aufgrund der Möglichkeiten technologischer Prognosen gelingt es der nachindustriellen Gesellschaft eine neue Dimension gesellschaftlichen Wandels zu erreichen: Planung und Lenkung des technologischen Wachstums Gesellschaft erfordert stärkere Festlegung und Anwendung von Strategien Soziologische Gesellschaftstheorien Organisationsgesellschaft Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 41 Organisation Ordnung von arbeitsteilig und zielgerichtet miteinander arbeitender Personen und Gruppen Aktivität ist auf eine bestimmte Dauer gerichtet bestimmen ihre Grenzen durch Mitgliedschaft, d.h. durch Eintritts- und Austrittsbedingungen in das bzw. aus dem System Vier Themenfelder einer soziologischen Betrachtung der modernen Organisationsgesellschaft • • • • Verbesserung individueller Lebenschancen: Interessen- und Anspruchsbefriedigung Verschlechterung individueller Lebenschancen: Entfremdung und Machtlosigkeit gesellschaftliche Integration: Einbindung der individuellen und intersystemische Koordination gesellschaftliche Desintegration: individueller Rückzug und interorganisatorische Blockaden Analytische Dimensionen der Organisationsgesellschaft Organisation konstituiert sich durch die Markierung formalisierter Mitgliedschaftserwartungen Diesen passen sich individuelle Akteure, die der Organisation angehören an, was zu dauerhafter Konformität führt Schimank fragt danach, was es für die moderne Gesellschaft bedeutet, dass sich die Organisationsebene immer mehr als mittlere Ebene zwischen dem Interaktionsgeschehen und der Ebene gesellschaftlicher Teilsysteme wie Wirtschaft, Politik, Wissenschaft oder Erziehung Organisation Menschen erleben O. als Systeme von impliziten und expliziten Regeln O. sind auf einen bestimmten Zweck ausgerichtet O. kommunizieren Erwartungen an ihre Mitglieder und Nicht-Mitglieder O. bestehen aus Zusammenschluss versch. Akteure, die versuchen, ihre Interessen durchzusetzen aber auch in O. herrschen bestimmte Hierarchien und Abhängigkeiten Warum gibt es keine einheitliche Organisationstheorie? O.-theorie dient dem Zweck, das Entstehen, das Bestehen und die Funktionsweise von O. zu erklären und zu verstehen O. sind hochkomplexe soziale Gebilde, in denen viele Probleme auftauchen verschiedene Beziehungsschwerpunkte: Beziehungen zwichen Individuen und Organisationen, Gruppe und Organisationen, Organisationen und Umwelt, etc. unterschieden wird nach Mikro-, Meso- und Makroebene der Organisationen Problematik ? verschiedener theoretischer Perspektiven keine Einigkeit hinsichtlich des Zwecks der Forschungstätigkeit Theoriepluralismus Organisationsgesellschaft (Uwe Schimank) auffälligstes Merkmale, das die moderne Gesellschaft von allen vormodernen Gesellschaftsformen unterscheidet, ist die flächendeckende Durchsetzung nahezu alle Lebensbereiche mit formalen Organisationen moderne Gesellschaft ist eine „Organisationsgesellschaft“: Unternehmen, staatliche Verwaltungen, Schulen und Hochschulen, Krankenhäuser, Gerichte, Forschungsinstitute, Militär, Kirchen, Museen, Zeitungen, Fernsehsender, politische Parteien und Verbände sind vollends organisiert (1) Verbesserung individueller Lebenschancen: Interessen- und Anspruchsbefriedigung Individuen haben in der modernen Gesellschaft gelernt, dass sie ihre Interessen besser durchsetzen können, wenn sie sich in formalen Organisationen zusammenschließen James Coleman hat diese Art von Organisationen als korporative Akteure bezeichnet, die durch einen Vorgang der Ressourcenzusammenlegung konstituiert werden Ressourcen sind dabei die sozialen Einflusspotenziale, insbesondere Macht und Geld (2) Verschlechterung individueller Lebenschancen: Entfremdung und Machtlosigkeit Oligarchien bedeutet zwar nicht notwendigerweise eine Missachtung der gemeinsamen Interessen durch die Führung, doch sofern es ihr nicht gelingt, die eigene Sicht dieser Interessen auch der Basis plausibel zu machen, stellen sich auf anderen Seite Entfremdungsgefühle ein Mitglieder gewinnen dann den Eindruck, mit ihren Interessen von den eigenen Interessenorganisationen nicht mehr vertreten, sondern ignoriert zu werden (3) gesellschaftliche Integration: Einbindung der individuellen und intersystemische Koordination Arbeitsorganisationen tragen zur gesellschaftlichen Einbindung ihrer Mitglieder bei gesellschaftliche Durchorganisierung ermöglicht höheres Niveau der Integration der Individuen (4) gesellschaftliche Desintegration: individueller Rückzug und interorganisatorische Blockaden wenn oligarchische Interesseorganisationen auf Seiten von immer mehr Mitgliedern Erfahrungen der Ohnmacht gegenüber dem hervorrufen, was die jeweiligen Leitungen beschließen, kann dies einen massenhaften Rückzug der Individuen aus dem Engagement nicht nur innerhalb dieser Organisationen hervorrufen allgemeine Politikverdrossenheit kann gesellschaftliche Integration untergraben kann Soziologische Gesellschaftstheorien Erlebnisgesellschaft Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 52 Konzept der Erlebnisgesellschaft Günter Schulze indiziert durch sein Konzept der Erlebnisgesellschaft ebenfalls ein markantes Symptom für den gesellschaftlichen Wandel, allerdings hier beschränkt auf die Bundesrepublik Deutschland befasst sich mit den Veränderungen des Alltagslebens, die weit über Güter und Dienstleistungen hinausreichen, die das Leben schlechthin zum Erlebnisprojekt stilisieren Konzept der Erlebnisgesellschaft Fünf Milieus kritisiert Schulze aufgrund seiner Befragung einer repräsentativen Stichprobe in der Stadt Nürnberg Niveau Harmonie Integration Selbstverwirklichung Unterhaltung Konzept der Erlebnisgesellschaft Zwar ermöglicht die Erlebnisgesellschaft erstmals Fülle und Vielfalt von Geschmacks Kulturen und Milieus nebeneinander, aber sie separieren sich zunehmend, beziehen sich in ihren kulturellen Praxen nicht mehr aufeinander, es kommt zu einer Entkollektivierung von Wirklichkeitsmodellen In dieses Vakuum stößt er ständig wachsende, sich intensivieren der Erlebnismarkt; international ausgerichtet, routiniert, hoch professionell und lukrativ bündelt eher enorme Mengen an Produktivitätskapazität, Nachfragepotenzial, politische Energie, gedankliche Aktivität und Lebenszeit Soziologische Gesellschaftstheorien Netzwerkgesellschaft Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 56 Manuell Castells: Die Netzwerkgesellschaft neue Informations- und Kommunikationstechnologien relativieren den Raum und führen damit zu Entstrukturierung räumlicher Ordnungen Revolution der Informationstechnologie Aufkommen von Netzwerkunternehmen Transformation von Arbeit und Beschäftigungsstruktur Entstehung einer Netzwerkkultur Castells identifiziert das Strukturmerkmal der entstehenden Gesellschaft, die in Form eines Netzwerks besteht Manuell Castells: Die Netzwerkgesellschaft In Anknüpfung an Daniel Bells Konzept der postindustriellen Gesellschaft betrachtet Castells Produktionsverhältnisse und Entwicklung der Produktivkräfte als zentrale, aber analytisch unabhängige Achsen gesellschaftlichen Wandels konzipiert den gegenwärtigen Wandel entlang der Achse der Produktivkräfte als Wandel zum Informationalismus Im Gegensatz zu Bell wird hier die Wechselwirkung zwischen beiden Achsen nicht ignoriert Manuell Castells: Die Netzwerkgesellschaft Motor des historischen Wandels ist die Interaktion zwischen Produktionsweisen und Entwicklungsweisen Technologie der Produktion und die Informationsverarbeitung werden zur wichtigsten Quelle der Produktivität Kommunikation und Informationsverarbeitung sind von großer Bedeutung. Fortschritte in Technologie, Wissen und Management werden wiederum auf Technologie, Wissen und Management angewendet Die Wertschöpfung basiert auf Innovationen und auf dem Performanceprinzip Fünf Merkmale der Informationsgesellschaft Technologie, die dazu dient, auf Information einzuwirken Information ist ein integraler Bestandteil aller menschlichen Aktivitäten Netzwerk-Logik eines jeden Systems von Beziehungen Paradigma basiert auf Flexibilität und der Fähigkeit zur Rekonfiguration: Organisationen und Institutionen können modifiziert oder tief greifend verändert werden, in dem man ihre Komponenten neu arrangiert Konvergenz der spezifischen Technologien zu einem hoch integrierten System, diesem zusammenwachsen von Informations- und Kommunikationstechnologie besonders gut deutlich wird Das Netzwerkunternehmen Im Zuge der kapitalistischen Restrukturierung versuchten Unternehmen, sich durch die Veränderung ihrer Organisationsstrukturen an die wachsende Unsicherheitsglobalisierung der Märkte und rapiden institutionellen, ökonomischen technischen Wandels anzupassen lean-production-modell: mithilfe von Automation, Computerkontrolle von Arbeitsabläufen und der Auslagerung (subcontracting) von Tätigkeiten auf einen massive Einsparung von Arbeitskosten standardisierte Massenproduktion wird von flexibler Produktion abgelöst: Spezialisierung Das Netzwerkunternehmen traditionelles Modell des großen Unternehmen mit seinen hierarchischen Aufbau gehört immer mehr der Vergangenheit an An Stelle vertikaler Integration bilden sich multi-regionale Netzwerke kleiner und mittlerer Firmen Um neue Chancen durch flexible Netzwerke für sich nutzen zu können, muss das Unternehmen selbst zum Netzwerk werden und jedes seiner Elemente dynamisieren „Netzwerkunternehmen“ Produktion ist der Bereich, wo der Informationalismus seine Gestalt erhält Doch zentrale Momente der Sozialstruktur sind der Arbeitsprozess und die Beschäftigungsstruktur Die informationelle Arbeitsteilung von Charakteristiken des informationellen Produktionsprozess bestimmt: Wertschöpfung basiert auf Innovation Innovationen sind abhängig vom Forschungs- und Spezifizierungspotenzial Maschine übernimmt Routineaufgaben und menschliches Potenzial ist für Anpassungsleistungen und Feed-back wichtig Netzwerkorganisation als Ort der Produktion erfordert sowohl flexible Entscheidungsprozesse als auch die organisatorische Integration aller Elemente im Produktionsprozess Informationstechnologien werden zu einem kritischen Element im Produktionsprozess: Innovationskapazität, erleichtern Fehlerbeseitigung, ermögliche Feed-back zwischen Planung und Ausführung und stellen die Infrastruktur für Flexibilität und Anpassungsfähigkeit dar Ergebnisse Informationenrevolutionsprozess führt zu einer neuen Form der Arbeitsteilung, die für das informationelle Paradigma charakteristisch ist drei Dimensionen: Wertschöpfung, Entscheidungsstruktur und Vernetzung Arbeit und Beschäftigung erfahren durch Informationstechnologie eine Neudefinition Soziologische Gesellschaftstheorien Mediengesellschaft Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 65 Mediengesellschaft: Zum Verhältnis von Medien und Politik Wer beeinflusst eigentlich wen und was? politische Kommunikation wird uns heutzutage vor allem durch Unterhaltungsformate der Politik im Fernsehen vermittelt Medien sind auf die Informationen aus dem politischen System angewiesen und benötigen zur Verbreitung von Informationen den Zugang zu den Institutionen der Politik politisch handelnde Akteuren sind auf die Medien angewiesen, um ihre Meinung und Stellungsnahme einer breiten Öffentlichkeit mitzuteilen Medien sind auf Politik angewiesen sind, um Erkenntnisse über politische Prozesse auf der ganzen Welt zu erfahren und sich Meinungen anderer Politiker einzuholen Welchen Einfluss übt die Politik auf die Medien aus? setzt rechtliche Rahmenbedingungen bestimmt weitgehend die Medienordnung der Gesellschaft greift zum Teil unmittelbar in die organischen Strukturen und in die Abläufe von Medienorganisationen ein benutzt Massenmedien, um sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren und um eigene Standpunkte und Interessen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen kann nicht über anderen Systemen stehen, da sie selbst auf deren Leistungen angewiesen ist kommt eine besondere Stellung als Problemadressat und Problemlösungssystem zugute ist der Steuerungsakteur der Gesamtgesellschaft Beziehung zwischen Medien und Politik Gewaltenteilungsparadigma: Medien als vierte Gewalt im Staat postuliert Instrumentalisierungsparadigma: Übermacht einerseits der Massenmedien und andererseits des politischen Systems gegenüber dem anderen System Interdependenzparadigma: Symbiose zwischen beiden Systemen komplexe Interaktion mit wechselnden Abhängigkeiten und Anpassungsprozessen Einfluss der Medien auf die Politik sammeln und selektieren politische Informationen nach medienspezifischen Aufmerksamkeitsregeln verbreiten politische Informationen an ein großes Publikum mediale Information ist oftmals die ausschließliche Handlungsbasis für die Bürger und die politischen Eliten zugleich Voraussetzung für das Entstehen einer politischen Öffentlichkeit notwendige und wichtigste Vermittlungsinstanz der politischen Prozesse für die Bürger entscheiden nach medienspezifischen Faktoren über den Zugang politischer Akteure zur Öffentlichkeit und bestimmen so deren Handlungs- und Einflussmöglichkeiten interpretieren und bewerten auf medienspezifischer Weise das politische Geschehen und strukturieren somit den Systeminput –und Systemoutput schaffen „Pseudo-Ereignisse“ und Realitätsfiktionen, welche wiederum zur Grundlage politischen Handelns werden Soziologische Gesellschaftstheorien Dienstleistungsgesellschaft Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 70 Die Dienstleistungsgesellschaft DL-Gesellschaft Gesellschaft, deren Beschäftigungsstruktur durch Übergewicht von Dienstleistungen gekennzeichnet ist Übergewicht bedeutet aber, dass zumindest 50 % der Erwerbstätigen mit Dienstleistungen ihr Einkommen verdienen Dienstleistungsgesellschaft beinhaltet eine parallele Veränderung der Arbeitsmärkte und Konsumgewohnheiten Dienstleistungsgesellschaft Die Dienstleistungsgesellschaft Häusermann und Siebel argumentieren, dass sich mit dem ökonomischen und technischen Wandel ein neuer Typus von Gesellschaft herausbildet Im Gegensatz zur Industriegesellschaft bestehen deutliche Unterschiede hinsichtlich der Lebensbedingungen andere Qualität ergibt sich aus veränderten Konsumgewohnheiten Immer mehr Menschen sind im Dienstleistungssektor tätig und Konsum richtet sich ebenfalls immer stärker auf Dienstleistungen Soziologische Gesellschaftstheorien Moderne Gesellschaft, Postmoderne und Risiko Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 74 Die funktionale Dienstleistungstheorie von Häusermann und Siebel Autoren gehen davon aus, dass Dienstleistungen beschützende Tätigkeiten sind funktionale Dienstleistungsbestimmung Dienstleistungen haben keinen technologischstofflichen Charakter, sondern sind darauf gerichtet, die sozialen, politischen und kulturellen Rahmenbedingungen der materiellen Reproduktion zu sichern Dienstleistungen sind „Produktion eines materiellen Gutes“ drei Idealtypen der Dienstleistungsgesellschaft USA: hohe Erwerbsorientierung der Frauen hohe Lohndifferenzen, Fehlen öffentlicher sozialer Dienstleistungsangebote privaten Haushalte leben von niedrig entlohnten Dienstboten und kommerziellen Dienstleistungsangeboten Schweden: Gesellschaft des öffentlichen Dienstes Integration der Frau in den Arbeitsmarkt durch umfangreiches Angebot an öffentlichen Dienstleistungseinrichtungen Zuschüsse bei Familiengründungen aber: sehr hohe individuelle Steuerund Abgabenquote, die Berufe beider Ehepartner erzwingt Deutschland: Selbstbedienungswirtschaft, aber hoher Anteil der nichterwerbstätigen Bevölkerung und geringe Quote berufstätiger Frauen ist Kehrseite dieses Dienstleistungstyps. Anthony Giddens (1995): Konsequenzen der Moderne Begriff ‚Moderne‘ bezieht sich Formen sozialen Lebens und sozialer Organisationen, die in Europa seit dem siebzehnten Jahrhundert erschienen und mehr oder weniger verbreitet sind Wir befinden uns jetzt in einer Übergangszeit, die mit einer Reihe von Begriffen benannt worden ist: Informationsgesellschaft, Konsumgesellschaft, Postmoderne, Postmodernismus, postindustrielle Gesellschaft, Postkapitalismus, etc. Kennzeichen: Bewegung vom auf der Erzeugung materieller Güter beruhenden System zu auf Informationen beruhendes System bewegen Übergangszeit wird dargestellt als Zeit der Unsicherheit, des Risikos Anthony Giddens (1995): Konsequenzen der Moderne Giddens lehnt Begriffe wie ‚Postmoderne‘ ab und argumentiert, daß wir in eine neue Phase der Moderne eingetreten sind, Phase, in der wir über die Konsequenzen der Moderne reflektieren unterscheidet zwischen reflexiver und radikaler Moderne heutige Moderne ist eine von ökologischen Bedingungen geprägte Gesellschaftsordnung Anthony Giddens (1995): Konsequenzen der Moderne die durch die Moderne entstandenen Lebensformen haben uns von allen traditionellen Typen der sozialen Ordnung und Sicherheiten fortgerissen Dynamik der Moderne, die letztendlich das Risiko verursacht, geht auf folgende drei Erscheinungen zurück: (1) die Trennung von Raum und Zeit; (2) die Entbettung der sozialen Systeme; und (3) die reflexive Umordnung gesellschaftlicher Beziehungen in Hinblick auf ständig neue, unser Handeln beeinflussende Erkenntnisse (1) Moderne, Zeit und Raum Erfindung der Uhr und die Vereinheitlichung der Zeit waren in hohem Maße Voraussetzung für die Neubegreifung des Raumes unabhängig vom Wohnort Entfernungen konnten in Zeit ausgedrückt werden In der Moderne wird der Ort immer stärker vom Raum gelöst Beziehungen mit örtlich entfernten Menschen werden durch technische und infrastrukturelle Errungenschaften begünstigt Trennung von Raum und Zeit vom Lokalen ist die Voraussetzung für die Entbettung von Wirtschaft (2) Entbettung Entbettung meint die Lösung sozialer Beziehungen von ortsgebundenen Interaktionszusammenhängen in der Ökonomie ist hiermit die Mobilisierung des Produktionsfaktors Arbeit, in der Soziologie die Differenzierung oder funktionale Spezialisierung umschrieben worden Giddens unterscheidet zwei Arten von Entbettungsmechanismen: -(i) symbolische Zeichen, die sich hin- und herreichen lassen, ohne daß spezifische Merkmale der Benutzer berücksichtigt werden müssen (zum Beispiel Geld, Zertifikate, usw.) -(ii) Expertensysteme: Systeme technischer Leistungsfähigkeit oder professioneller Sachkenntnis, auf die wir uns verlassen müssen, da wir außerstande sind, alles selbst nachzuprüfen -Wir verlassen uns dabei nicht auf die Person, sondern ihre Funktion, ihr Expertenwissen Das Vormoderne und das Moderne Vormoderne ist durch folgende Vertrauens- und Risikoumwelten gekennzeichnet: (1) Verwandschaftsbeziehungen sind Organisationsmittel zur Vertrautheit und Verbundenheit (2) lokale Gemeinschaft stellt als Ort ein vertrautes Milieu her (3) religiöse Kosmologien liefern vorhersehungsorientierte Interpretation des Lebens und der Natur (4) Tradition ist das Mittel zur Verbindung von Zukunft und Gegenwart. Ob sie tatsächlich existiert oder erfunden wird, spielt dabei keine Rolle Bedrohungen und Gefahren resultieren: (A) aus der Reflexivität der Moderne, die uns das Risiko unserer Technologien bewußt macht. (B) durch menschliche Gewalt über die Industrialisierung des Krieges (C) Gefühl der Sinnlosigkeit des Daseins (D) ökologische Katastrophen wie Tankerunglücke, abgeholzte Wälder, radioaktive Verseuchung, Waldsterben, Treibhauseffekt usw. Risiko und Gefahr in der modernen Welt Risiken sind globalisiert im Sinne der Verstärkung und nicht mehr auf den Nationalstaat, geschweige denn die Lokalität beschränkt Risiken sind globalisiert im Sinne der zunehmenden Zahl kontingenter Ereignisse: weltweite Zunahme des Automobilverkehrs und daraus resultierende Schädigungen der Ozonschicht Risiken gehen aus der gestalteten Umwelt und vergesellschafteten Natur hervor Bewusstsein vom Risiko stellt selbst ein Risiko dar Risikobewusstsein ist weit verbreitet und äußert sich bei vielen Menschen in konkreten oder diffusen Ängsten moderne Gesellschaft ist sich Katastrophen der Grenzen des Expertenwissens bewußt Soziologische Gesellschaftstheorien Risikogesellschaft Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 85 Ulrich Beck: Risikogesellschaft • Industriegesellschaft sei zur individualisierten Risikogesellschaft fortgeschritten • einfache und reflexive Modernisierung • Einfache Modernisierung ist auf Wachstum, technischen Fortschritt und Wohlstand ausgerichtet, ohne über die Folgen für die Ökologie zu reflektieren reflexive Modernisierung eben versucht, diese Folgen zu erkennen und zu berücksichtigen Modernisierungsprozess wird 'reflexiv', sich selbst zum Thema und Problem, Fragen der Entwicklung und des Einsatzes von Technologien (im Bereich von Natur, Gesellschaft und Persönlichkeit) werden überlagert durch Fragen der politischen und wissenschaftlichen "Handhabung" Globalisierung von Risiken hat soziale Gefährdungslagen zur Folge. Globalisierungsrisiken sind gleichzeitig Marktchancen, ein großes Geschäft, ein Bedürfnis-Fass ohne Boden. Zahlreiche Branchen (Bücher- und Filmindustrie, Umweltorganisationen, Bioläden, Firmen zur Beseitigung von Umweltschäden usw.) machen Geschäfte mit diesem Risiko In Gefährdungslagen bestimmt das Bewußtsein das Sein. Das Wissen um die Gefährdung gewinnt eine neue politische Dimension Die politische Handhabung des Risikos kann eine Reorganisation von Macht und Zuständigkeit einschließen drei Arten globaler Gefahren: Konflikte um schlechte Dinge, die als Kehrseite von Guten erzeugt werden, das heißt Reichtums bedingt ökologische Zerstörung und technisch-industrielle Gefahren (Ozonloch, Treibhauseffekt, Folgen der Gentechnik und Fortpflanzungsmedizin) Armut bedingt ökologische Zerstörung und technischindustrielle Gefahren (Umweltzerstörung, selbst Zerstörung der armen Bevölkerungen mit Nebenwirkungen auch für die Reichen, die sich am abholzen der tropischen Regenwälder und seiner Folgen für das globale Klima zeigen lässt) Gefahren von Massenvernichtungswaffen (ABC Waffen) Die Globalisierung der Gesellschaft Global Culture, Westernization and Americanization Americanization of societies? Americanization ? 91 92 Denis Gruber 93 Denis Gruber 94 Denis Gruber 95 Americanization -bezeichnet Kulturtransfer in einem sehr weit gespannten Verständnis - Transfers von Amerikanismen, d.h. Institutionen, Normen, Werte, Gebräuche, Verhaltensweisen und Verfahrensformen, aber auch Symbole, Bilder, die vermeintlich oder tatsächlich aus den USA übernommen, auf jeden Fall aber als amerikanisch empfunden werde - entscheidend: der Kulturtransfer verläuft in einer und nur einer Richtung, von den USA nach Europa 96 und in andere Teile der Welt. Americanization Alltagskultur • Popkultur im weitesten Sinne • Hollywood und das „Star System“ in Film und Fernsehen • Verstärkte Verwendung von Anglizismen in allen Bereichen der Gesellschaft • Kleidungsstile und andere Moden • Sport, z.B. US-amerikanische Ballspiele Baseball, Football und Basketball • Fastfood • Förderung der Herausbildung von Eliteschulen und -universitäten (“Ivy League-Systeme“) • Das Navigationssystem GPS 97 McDonaldisierung McDonaldisierung ist ein durch den US-amerikanischen Soziologen George Ritzer in seinem Buch The McDonaldization of Society (Die McDonaldisierung der Gesellschaft) geprägter Begriff • Begriff beschreibt einen Prozess, in dem eine Gesellschaft zunehmend die Charakteristika eines Fastfood-Restaurants übernimmt. • Aus Sicht Ritzers ist die McDonaldisierung eine Neuentwicklung innerhalb des Rationalisierungsbegriffes • kennzeichnet insofern eine Veränderung von traditionellen hin zu rationalen Gedankenmodellen in Richtung eines zunehmend wissenschaftlich strukturierten und fundierten Managements 98 McDonaldisierung • Ritzer charakterisiert die McDonaldisierung anhand von vier Hauptaspekten: • Effizienz - die optimale Methode, eine Aufgabe zu lösen • Kalkulierbarkeit - das Ziel sollte eher quantifizierbar (z. B. Umsatzzahlen) als lediglich subjektiv (z. B. Geschmack) bestimmbar sein • Voraussagbarkeit - vereinheitlichte und gleichförmige Dienstleistungen • Kontrolle - vereinheitlichte und gleichförmige 99 Mitarbeiter McDonaldisierung - Unter Einbindung dieser vier Kategorien kann eine Strategie, welche innerhalb eines engen Blickfeldes als rational und erfolgversprechend erscheint, zu insgesamt schädlichen und irrationalen Ergebnissen führen. - Prozess wird von Ritzer als eine Entwicklung zusammengefasst, bei der die Prinzipien der Führung eines Fastfood-Restaurants immer mehr unterschiedliche Bereiche der amerikanischen Gesellschaft und der restlichen Welt dominieren 100 (Ritzer, 1993:1). Glocalization - - - gebildet aus den Begriffen Globalisierung und Lokalisierung beiden Begriffe nicht als Gegensätze, sondern wenn sinnvoll verbunden, als einander ergänzende Prozesse zu verstehen bedeutet auch einen doppelten Vergesellschaftungsprozess durch lokale Arbeit und globales Geld 101 Glocalization - - - - bezeichnet die Verbindung und das Nebeneinander des vieldimensionalen Prozesses der Globalisierung und seinen lokalen bzw. regionalen Auswirkungen und Zusammenhängen alles was sich auf der Welt abspielt ist von lokalregionaler und gleichzeitig von global-überregionaler Bedeutung die lokale Auswirkungs- und Erscheinungsebene der weltumspannenden Globalisierung globale und gleichzeitig lokale Vernetzungen 102 Glocalization • enthält kulturelle, ökonomische, politische und soziologische Dimension • kulturell: Individuen können Identitäten und kulturelle Besonderheiten bewahren Globalisierung der Biografien, da die Globalisierung für jedes Individuum lokal verständlich und erlebbar wird • Weltoffenheit, bei der alle Kulturen anerkannt und respektiert werden und dennoch regionale Verwurzelungen erhalten bleiben 103 Glocalization ökonomisch: Produktion, Management und Verwaltung eines transnationalen Konzerns (TNK) werden immer lokal verortet, dagegen sind unternehmerische Aktivitäten wie der Verkauf von Produkten global organisiert aufgrund lokaler/regionaler Besonderheiten passen TNKs ihre Produkte, deren Vermarktung und insbesondere die Organisation ihrer Herstellung den jeweiligen lokalen Bedingungen zur Wertschöpfung an Doppelcharakter von Herstellung lokaler systemischer Wettbewerbsfähigkeit einerseits und Einbindung in den 104 Weltmarkt andererseits Glocalization politisch: Nationalstaaten geben ihre Kompetenzen immer mehr ab • nicht nur nach oben an Bündnisse wie z.B. der EU, sondern auch nach unten an die Gliedstaaten eines Nationalstaats bzw. den verschiedenen Regionen (Subsidiarität) • Anzahl von nichtstaatlichen Organisationen steigt immer weiter an, die auch wachsenden Einfluss im globalen als auch im lokalen Bereich genießen. 105 Soziologische Gesellschaftstheorien Modegesellschaft Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 106 Modegesellschaft 107 108 Mode - eine Definition • “Mode (v. französ.: mode; aus lat.: modus Art) bezeichnet die in einem bestimmten Zeitraum und einer bestimmten Gruppe von Menschen als zeitgemäß geltende Art, bestimmte Dinge zu tun oder anzuschaffen, sofern diese nicht von großer Dauer ist.” 109 “Jede neue Mode etabliert neue Verhaltens-, Denk- und Gestaltmuster.” • z.B. Amy Winehouse: Verhaltensmuster: Drogensüchtig, durchgeknallt aber hoch talentiert. Denkmuster: Weckt Beschützerinstinkte. z.B. bei Karl Lagerfeld. Angeblich will das Modehaus Cavalli sie als Galionsfigur anheuern. Gestaltmuster: Tätowiert, fetter Lidstrich, Bienenkorbfrisur (beehive), englisches Prollstyling. Ist jetzt alles Trend. Neueste Ergänzung: Tücher um den Haarturm. 110 Georg Simmel – Soziologie der Mode • „Die Mode ist eine besondere unter jenen Lebensformen, durch die man ein Kompromiß zwischen der Tendenz nach sozialer Egalisierung und der nach individuellen Unterschiedsreizen herzustellen suchte.“ • gesellschaftlichen Formen, die Kleidung, die ästhetischen Beurteilungen, der ganze Stil, in dem der Mensch sich ausdrückt, sind in fortwährender Umbildung durch die Mode begriffen, indeß so, daß die »Mode«, d. h. die neue Mode in alledem nur den oberen Ständen zukommt. • Diese schließen sich dadurch von den unteren ab, sie markieren damit die Gleichheit ihrer Angehörigen untereinander und im gleichen Moment die Differenz gegen die Tieferstehenden. • Sobald daher diese letzteren sich die Mode anzueignen beginnen - weil sie eben immer nach oben sehen und streben und das noch am ehesten auf den der Mode unterworfenen Gebieten können -so wenden sich die oberen Stände von dieser Mode ab und einer neuen zu, durch die sie sich wieder von den 111 breiten Massen differenzieren Georg Simmel – Soziologie der Mode • Von den gegenstrebenden Tendenzen unseres Wesens, für die jede Seite der Mode eine besondere Vereinheitlichung darstellt, findet hier die eine an der sozialen Form der Mode, die andere an ihrem Inhalt ihre Befriedigung. • Wo eines von beiden Momenten fehlt: entweder Bedürfnis und Möglichkeit, sich abzusondern, oder Bedürfnis und Wunsch, sich zusammenzuschließen, da endet das Reich der Mode. • Darum haben die unteren Stände sehr wenige und seltene spezifische Moden, die als solche gewollt würden, darum sind die Moden der Naturvölker sehr viel stabiler, als die unsrigen; aus dem umgekehrten Grunde kommt es in einem Kreise, in dem jedes Individuum für sich etwas Bestimmtes bedeuten will und die Nachahmung perhorresziert wird, zu keiner Mode. 112 Russische Mode Designerin entwirft patriotische Unterhosen 113 Russische Mode Designerin entwirft patriotische Unterhosen - russische Designerin Antonia Shapowalowa hat ihre ganz eigenen Mittel gefunden, um ihre nationale Gesinnung auszudrücken - Drei Jahre lang engagierte sich die 20 Jahre alte Studentin Antonia Schapowalowa bei Kundgebungen und Aktionen des Kreml - Dann fand sie einen anderen Weg, um ihre nationalistische Überzeugung unters Volk zu bringen - „Liebe ist russisch“ steht auf ihrer Kleidung oder „Russen gehen voran“ - Auf Damenunterwäsche prangen die Worte „Ich bin bei Dir, Wowa!“. Wowa, das ist der Kosename für den Vornamen Wladimir des scheidenden Präsidenten Putin. 114 Europas Mode- und Textilfirmen setzen auf russischen Markt Branchenverbände eröffnen Verbindungsbüro in Moskau / Chancen bei Luxusartikeln und technischen Textilien • • • • • • • • • Die westeuropäischen Mode- und Textilhersteller sehen in Russland einen der wichtigsten Auslandsmärkte für ihre Produkte. "Der Lebensstandard steigt hier sehr schnell und damit auch die Nachfrage nach Luxusgütern und Markenbekleidung", sagte Peter Pfneisl, der Präsident des Fachverbands der Textilindustrie Österreichs, Ende Juni 2008 in Moskau. Besonders gute Absatzchancen sieht Pfneisl bei technischen Textilien für die Industrie oder für das Gesundheitswesen. Hier gebe es kaum Konkurrenz aus Asien und die russischen Produktionskapazitäten seien begrenzt. Dem positiven Ausblick stimmt sein deutscher Amtskollege Peter Schwartze zu. Russland sei schon heute neben der Europäischen Union (EU) der wichtigste Auslandsmarkt für 115 die deutsche Textil- und Modeindustrie. Das Ausfuhrvolumen betrug 2007 rund 1 Mrd. Euro, so Soziologie der Mode • König, René (1969). Mode. Stichwort in: Bernsdorf, Wilhelm (1969, Hrsg.). Wörterbuch der Soziologie. Stuttgart: Enke, S. 717-718. "Die M., seit altersher ein Lieblingsthema der Philosophen, hat schon früh das Interesse der Soziologen erregt. Die Beschäftigung mit ihr wird gleichsam zum Testfall der soziologischen Theorie, die man gern auf das augenfällige und allgemein vertraute Thema der M. anwendet, um daran ihre Leistungsfähigkeit zu illustrieren. Insbesondere psychologisch orientierte Soziologen versuchten herauszufinden, welche sozialen Mechanismen dafür verantwortlich sind, daß sich einzelne modische Verhaltensweisen in relativ kurzer Zeit über immer größere Menschenmengen verbreiten, bis eine gewisse Uniformität entsteht, die dann in einem unerwarteten Moment einer neuen M.welle weicht. 116 Soziologie der Mode - - - Mode wird in einem doppelten Sinne verstanden: im eigentlichsten Sinne bedeutet sie den Wandel der Bekleidung und der Alltagsgeselligkeit, der Wohnweise und überhaupt der Gestaltung des ästhetischen Lebens in weiterem Sinne wird der Ausdruck M. jedoch auch auf den wiederkehrenden Wandel anderer Verhaltensformen angewendet. Im letzteren Sinne hat man sagen können, daß M. "den ganzen Menschen erfaßt" (René König) Beschäftigung mit der M. ist also ausgerichtet auf den "sozialen Wandel", nur daß sie sich gewissermaßen auf die Analyse der Oberflächenschicht sozialen Geschehens beschränkt und (zumeist) die tieferen Veränderungen des sozialen Systems nicht berührt, die struktureller Natur sind 117 Soziologie der Mode - - Mode ist abhängig von der Marktentwicklung Mode ist ein sinnliches Thema, aber Mode ist auch sehr relevanter Teil der Ökonomie Produktion und Verteilung von Kleidung ist ein global organisierter Prozess mit kurzen, schnellen Zyklen auch die Stile, Farben, Muster und Schnitte unterliegen der Globalisierung, wobei regionale und kulturelle Einflüsse durchaus aufgegriffen werden, aber in globalisierten Strukturen produziert und verkauft werden Mode prägt nicht nur Kleidungsstile, sondern viele Kulturelemente bis hin zu Denk- und Glaubensmustern Mode ist ein dynamisierender Faktor der kulturellen Entwicklung und trägt die Anzeichen einer Beschleunigung von Entwicklungen und Trends unserer Zeit 118 Soziologische Gesellschaftstheorien Fundamentalismus als gesellschaftliches Phänomen Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 119 Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 120 Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 121 Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 122 Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 123 Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 124 Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 125 Fundamentalismus und Religion Prozess der Moderne: Ziel des Fundamentalismus: Öffnung • des Denkens • des Handelns • der Lebensformen • des Gemeinwesens durch irrationale Verdammung aller Alternativen Rückgewinn • absoluter Gewissheit • festen Halts • verlässlicher Geborgenheit • unbezweifelbarer Orientierung Kennzeichen der Moderne • • • • 128 Pluralismus Demokratie Wissenschaft Technik Fundamentalismus und Religion Die Fundamente der Religion Offenbarung Tradition und Dogma 129 Sinnsystem Lebenspraxis Gemeinschaft Gefährdung durch den Fundamentalismus Verabsolutierung der eigenen Religion Intoleranz Fluchtburg Falsche Sicherheit Geschichte eines Begriffs • im Zusammenhang mit einer Schriftenreihe in Erscheinung von 1910-1915: „The Fundamentals“ „Testimoty to the truth“ • protestantische amerikanische Christen (Herausgeber) gründeten eine weltweit tätige Organisation, die „World’s Christian Fundamentals Assosiation“ • Formierung einer entschiedenen Gegenbewegung gegen den erstarkenden Modernismus in Religion und Theologie • modernistische Positionen, gegen die sich der protestantische Fundamentalismus erhob, verkörperten das Eindringen des Geistes der Aufklärung in Theologie und Religion, die historische und literarische Bibelkritik, kantianische Begrenzung der Religion auf die Rolle der Begründung von Moral, natürliche Evolution der Menschengattung und sogar der Religion selbst 130 Geschichte eines Begriffs • „Fundamentalismus war zuerst eine Reaktion auf den beginnenden Prozess der Modernisierung von Religion“ im Sinne einer Rückkehr zu den religiösen Fundamenten des Christentums • Unfehlbarkeit der heiligen Schrift und die Gewissheit, dass es in der Bibel keinen Irrtum geben könne • Nichtigkeit aller modernen Theologie und Wissenschaft, soweit sie dem Bibelglauben widersprechen • Überzeugung, dass niemand, der den fundamentalistischen Standpunkt nicht teilt, ein wahrer Christ sein könne • Dementierung des modernen politischen Grundgesetzes der Trennung von Kirche und Staat • Ablehnung der Darwinschen Abstammungslehre 131 Fundamentalismus • Schiffauer: Kritik an Fundamentalismustheorien • Fundamentalismus wird als das Andere schlechthin gefasst • Fundamentalismus wird als Bedrohung des Eigenen aufgefasst, als eine patriarchalische Protestbewegung, als Bewegung, die die Trennung von Staat und Religion aufheben will, die radikal weltfeindlich ist und durch einen antiwestlichen Widerstand mit totalitären Zügen geprägt ist • das Bild der eigenen Gesellschaft wird als zivilisiert, fortgeschritten, modern, aufgeklärt und rational wiedergegeben • das Andere wird hingegen als dessen Vorläufer oder Gegenspieler projiziert und als ein Fremdes, ein Anderes aufgefasst • paradox: das Eigene wird mit seinen Eigenschaften und Charakteristiken ebenso fundamental gegenüber dem Anderen verteidigt wird 132 Fundamentalismus • aber: Gibt es die eine einheitliche technische und philosophische Moderne, die eine Form der politischen Verfasstheit, die eine Form der Demokratie, des Pluralismus, der Modernisierung, die als das in sich gefügte System gegenüber dem Anderen verteidigt werden kann??? • Nein: denn die Moderne an sich ist ein abstraktes Wesen, dass zwar durch die Eigenschaften des Pluralismus, der Demokratie, der Menschenrechte, der Säkularität, der Rationalität und der Subjektivität und Toleranz gekennzeichnet ist, diese Eigenschaften jedoch immer auf regionale Kontexte hin differenziert werden müssen 133 Fundamentalismus Schiffauer kritisiert, dass allen Fundamentalismustheorien ein einfacher Dreischnitt zugrunde gelegt wird: • Fundamentalismus ist falsch, da irrational, undemokratisch, vormodern und intolerant • Anhänger dieser falschen Position müssen einen Grund haben, sich für das Falsche anstelle des Richtigen zu entscheiden • der Grund dafür liegt in einem psychischen (man ist nicht in der Lage die Herausforderungen der Moderne zu bewältigen), einem sozialen (Ausgegrenzte oder Diskriminierte) oder einem kulturellem Defizit (Angehörige einer Religion, die fundamentalistische Züge besitzt) 134 Die Moderne als kausale Voraussetzung von Fundamentalismus Modernisierungsdefinition von Loo/von Rejen „Komplex miteinander zusammenhängender struktureller, kultureller, psychischer und physischer Veränderungen, der sich in den vergangenen Jahrhunderten herauskristallisiert hat und die Welt geformt hat und noch immer in eine bestimmte Richtung lenkt“ Politische Modernisierung nach Eisenstadt: • Zentralisierung des Staates und Dominanz spezifischer politischer Orientierungen • Expansion der zentralen legalen, administrativen und politischen Tätigkeiten, die alle Bereiche der Gesellschaft durchdringen • Ausbreitung der potentiellen politischen Macht und immer größerer gesellschaftlicher Gruppen • Nachhaltige Schwächung der traditionellen Eliten und damit 135 einhergehenden traditionalen Legitimation von Herrschaft • Bassam Tibi (2001): Die neue Weltunordnung. Westliche Dominanz und islamischer Fundamentalismus, München, S. 103: „Der Fundamentalismus, welcher Richtung auch immer, ist Teil eines globalen Phänomens. Seine islamische Variante ist sofern einzigartig, als sie im wesentlichen die Forderung nach einer alternativen Weltordnung beinhaltet, die auf islamischen, in modernem Kontext interpretierten Glaubenssätzen beruhen soll.“ 136 Warum wendet sich der islamische Fundamentalismus gegen die westliche Moderne? • Fundamentalismus selbst ist immer ein modernes Phänomen, d.h. eine direkte Reaktion auf die Moderne, ein Ausdruck einer antimodernen kulturellen Grundhaltung • Nur in einem direkter Wechselseitigkeit von Fundamentalismus und Moderne werden die Denkmuster, aufgegriffenen Probleme und vorgeschlagenen Probleme ersichtlich • Verhältnis zwischen beiden ist keineswegs ein rein negatives oder schlicht ablehnendes, sondern vielmehr ein doppeldeutiges und ambivalentes • in einem bestimmten Sinn sind Moderne und ihre fundamentalistische Negation gleich ursprünglich • Schübe und Brüche der Modernisierung bildeten Chancen des Fundamentalismus: Moderne erzeugt fundamentalistische 137 Versuchung durch ihre unvermeidlichen Widersprüche Warum wendet sich der islamische Fundamentalismus gegen die westliche Moderne? • Fundamentalismus stellt ein hochgradig komplexes soziales Phänomen dar • F. ist laut Meyer (1995): „(…) nicht das Kennzeichen bestimmter Religionen oder Weltanschauungen, sondern eine durch soziale, ökonomische und politische Krisen begünstigte Weise ihrer Handhabung“ • F. bietet sich als Protestideologie gegen Moderne und Modernisierung • F. zielt gegen den politischen Kern der Moderne: Menschenrechte, Offenheit, Pluralismus und Demokratie • F. ist ein globales Phänomen gemeint ist, welches in allen Weltreligionen anzutreffen ist • F. umfasst auf der Ebene der Zivilisation die Politisierung der 138 betreffenden Religion Fundamentalismus • zeitgenössische Form des Widerstandes gegen einzelne Aspekte der Moderne • Im eigentlichen Sinne bezeichnet der Begriff „Fundamentalismus“ das Wörtlichnehmen einer heiligen Schrift, derer Sachaussagen und Handlungsnormen • Strikte Negation der Prinzipien der einmal für universell gehaltenen europäischen Aufklärung (Säkularisierung und Subjektivitätsprinzip) • Verabsolutierung des Kollektivprinzips und Suspendierung des Rationalitätsprinzips 139 Gesellschaftskritik des Fundamentalismus beinhaltet • politisch Prozesse der Zentralisierung und Bürokratisierung verhindern • ökonomisch Nationalisierung und Internationalisierung des Marktes und neue Formen der Produktion, Distribution und Finanzierung bekämpfen • sozial bedrängt durch neue aufstrebende Mittelschaft und organisierter Arbeiterschaft • kulturell Säkularisierungspolitik der Regierungen und neuer Lebensstil führen zur rapiden Verbreitung von Massenmedien und Werbung und bedrohen die moralische Lebensführung moralischer Verfall - Prostitution, Ehebruch, Homosexualität, Abtreibung religiöser Identitätsverlust der Nation Iran sei kein islamisches Land mehr 140 Islamischer Fundamentalismus - Der Traum von der „halben Moderne“ • im Gegensatz zu den Traditionalisten nicht gegen Wissenschaft und Technologie, sondern Befürwortung niemand nutzt moderne IKT (Internet, Fax) intensiver als die Islamisten • Fundamentalisten wollen diese Instrumente von der kulturellen Moderne trennen • Technologie und Wissenschaft werden bejaht, gleichzeitig aber wird zur Säkularität, zur Demokratie und zu den individuellen Menschenrechten ein entscheidendes Nein gesagt „halbe Moderne“ • Moderne wird sich nur zu instrumentellen Zwecken angenommen • Ablehnung der Sinngehalte der Moderne keine menschenzentrierte Rationalität, obwohl sie diejenigen Errungenschaften erst ermöglichen • für Fundamentalisten kann der Mensch niemals Schöpfer sein, denn nur Gott kann der alleinige Schöpfer sein 141 Kampf gegen den säkularen Nationalstaat • Revolte gegen den Westen beginnt mit der Revolte gegen den heimischen Nationalstaat säkularer, der kulturellen Moderne entsprungener Staat Fundamentalisten lehnen ihn als importierte Lösung ab • Legitimitätskrise des Nationalstaates es gelang ihm nicht, in einer fremden Zivilisation Fuß zu fassen wurde von außen aufgesetzt • Fundamentalismus ist das aus dieser Legitimitätskrise resultierende Produkt • Fundamentalisten rechtfertigen deshalb die von ihnen betriebene Delegitimierung des Nationalstaates • zudem tritt eine Beschreibung von Staatsgrenzen der Tradition des Islam entgegen, diese Religion kennt keine Grenzen 142 Was leistet der Fundamentalismus?Was bringt er den an ihm beteiligten Personen (Elite + Masse)? Sicherheit • Heilen bedeutet das Paradies zu erreichen und somit auch das eigene Leben zu opfern Identität • Eindeutiges Identitätsangebot • Man ist Mitglied der großen Umma Überlegenheit • Man gehört zu den Rechtgläubigen • Kette: Heil Zugehörigkeit Überlegenheit 143 Islam ist eine Religion - Islamischer Fundamentalismus ist eine Ideologie • Man darf die Begriffe „Islam“ und „islamischer Fundamentalismus“ nicht gleichsetzen, denn der Islam ist nicht fundamentalistisch • Islam ist eine Religion und Glaube für die gesamte Menschheit und der Fundamentalismus eine politische Ideologie mit dem Anspruch auf Weltmachtstellung, eine politische Ordnung für die gesamte Menschheit • Ausgangspunkte der fundamentalistischen Kritik lassen sich aus den Bestrebungen der Wiederherstellung der einheitlichen islamischen Gemeinschaft (Umma) ableiten, in welcher alle Muslime gleich sind und in welcher die alten islamischen Gesetze und Rechtsvorstellungen herrschen sollen • Befolgung der islamischen Prinzipien, welche im Koran geschildert sind und durch die Sunna bekräftigt werden und ihre Regelung durch die Sharia erfahren, treten den neuen, durch westliche Einflüsse hervorgebrachten, Erscheinungen in den islamischen Ländern entgegen 144 Islam ist eine Religion - Islamischer Fundamentalismus ist eine Ideologie • Ziel der fundamentalistischen Bestrebungen ist es, die bestehende Säkularität in den einzelnen arabischen Nationalstaaten durch eine göttliche Ordnung zu ersetzen und letztendlich den Nationalstaat aufzuheben • islamischer Fundamentalismus ist eine eindeutige Politisierung der Religion aufgrund sozio-politischer und wirtschaftlicher Zwecke • Diese politische Ideologie kennt keinen Nationalstaat und somit keinen Nationalismus, denn die Vision der islamischen Weltordnung ist ein langfristiges Ziel, welches nicht auf die staatliche Politik, sondern auf die Wiederherstellung der großen islamischen Gemeinschaft, der Umma, abzielt 145 Khomeni • verfügte über populistische Fähigkeit, die Menschen zur Hysterie aufzupeitschen • Ausnutzung seiner religiösen Autorität und populistischen Charismas • Zielstrebige Re-Islamisierung des öffentlichen und privaten Lebens • Errichtung einer absoluten Theokratie • Demokratie als Teil des korrupten westlichen Wertesystems in Misskredit gebracht, gebrandmarkt und schließlich abgeschafft – Demokratie und Menschenrechte galten als Gotteslästerung • fundamentalistische Utopie: Einheit von Volk, Regierung und religiöser Führung auf Basis eines unerlässlichen Konsenses über die politischen, rechtlichen und moralischen Fragen, stand allein der absolute Machtanspruchs Khomeni und seiner Gefolgschaft 146 Politisches System des Iran Die „islamische Republik“ des Ayatollah Khomeini • Geistlichen wurde die Führerschaft im Staat übertragen Herrschaft der Gottesgelehrten, die sowohl gerecht, fromm, gelehrt und stark sind • Idee des religiösen Führers ist wichtiger Bestandteil der klassischen schiitischen Staatslehre • religiöser Führer hat weitreichende Möglichkeiten in politisches Tagesgeschäft einzugreifen zugleich Befehlshaber der Streitkräfte, Judikative Ernennung der obersten rechtlichen Instanz ; kann sechs Mitglieder des Rates der Wächter bestimmen, die der Übereinstimmung aller vom Parlament verabschiedeten Gesetze mit dem Islam und der Verfassung zu wachen hat • Parteien mit abweichenden Programmen können nicht akzeptiert werden 147 • Souverän ist nicht das Volk, sondern nur Gott, er ist alleiniger Gesetzgeber Politisches System des Iran Die „islamische Republik“ des Ayatollah Khomeini • Machtergreifung erscheint als Modellfall aufgrund vier Faktoren • Modernisierungsprozess von außen geschürt und von sozialen Schlüsselgruppen als unerwünschter Import im Interesse fremder Nationen und Kulturen erfahren • Zielte zentral auf ökonomisch-technischen Bereich moderner Produktivkraftentfaltung und Wissenschaftsadaption, blieb aber seiner rechtlich-politischen Dimension beraubt • Rücksichtslose Destruktion der traditionalen Kultur durch westlich geformte Modernisierungselite bewirkte dramatischen kulturellen Identitätsverlust in der Unter- und Mittelschicht, ohne dass diese zur Kompensation an den ökonomischen Segnungen der Modernisierungen teilhatten • Massiver Widerspruch wurde zur existenziellen Erfahrungen breiter 148 Volksmassen Ziele des Fundamentalismus • Kampf gegen die expansionistische amerikanisch verkörperte Zivilisation • Rückeroberung des Selbstbewusstseins der moslemischen Gemeinschaft, welche eine ewige Mission mit globalen Anspruch besitzt • Da kulturelle und politische Gemeinwesen der Umma soll wiederentdeckt werden • Rückgängigmachen der Säkularisierung von Politik und Religion, denn sie gehören zusammen • Menschenrechte werden nur so weit gewährt, so weit sie mit der Religion kompatibel sind • Über dem göttlichen Recht wachen religiöse Wächter • Demokratisierung gilt als verfehltes Spiel des Westens 149 Soziologische Gesellschaftstheorien Terrorismus als gesellschaftliches Phänomen Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 150 Peter Waldmann: Terrorismus – Definition • • • • • • Terrorismus sind planmäßig vorbereitete, schockierende Gewaltanschläge gegen eine politische Ordnung aus dem Untergrund. Sie sollen allgemeine Unsicherheit und Schrecken, daneben aber auch Sympathie und Unterstützungsbereitschaft erzeugen bestimmte Art gewaltsamen Vorgehens gegen eine politische Ordnung Betonung der öffentlichen Dimension des Phänomens Staat beansprucht ein Gewaltmonopol, welches durch rebellische Gewaltakte gleich weder Art in Frage gestellt wird Illegalität und Operationen im Geheimen Dem Terroristen geht es nicht um den eigentlichen Zerstörungseffekt seiner Aktionen, diese sind nur ein Mittel, eine Art Signal, um einer Vielzahl von Menschen etwas mitzuteilen Terrorismus ist primär eine Kommunikationsstrategie Gewalt wird nicht wegen ihres Zerstörungseffektes, sondern als Signal verwendet, um eine psychologische Breitenwirkung zu erzielen 153 Terrorismus in der Geschichte Stufe 1: gezielte Morde • Sikarier im römischen Reich (66 Besetzung der Festung von Masada; Lk 6,15) • Assassinen im Orient (um 1000; politische Morde) als Vorgänger der heutigen islamischen Terroristen • Narodnaja Wolja (Ende des 19.Jhrd. gewaltsame Abschaffung der ZarenHerrschaft in Russland) • Ku-Klux-Klan (Anfang des 20.Jhrd., Kampf gegen die Schwarzen im Süden der USA) 154 Terrorismus in der Geschichte Stufe 2: gezielte Anschläge • Irgun (Anschlag auf das King David Hotel 1946; Unabhängigkeit Israels, Kampf gegen die britische Mandatsregierung) • RAF (Entführung von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer sowie der Lufthansa-Maschine „Landshut“ im „Deutschen Herbst“ September/ Oktober 1977; Kampf gegen die „Gewalt der Herrschenden“ und Protest gegen den Vietnamkrieg) • Rote Brigaden (Anschlag auf den Hauptbahnhof von Bologna 1980; Errichtung einer marxistisch-leninistischen Gesellschaftsordnung in Italien) • Euskadi Ta Askatasuna (div. Anschläge u.a. auf einen Bus der Guardia Civil im Juli 1986; Abschaffung des FrancoRegimes in Spanien, später völlige Unabhängigkeit des Baskenlandes) 155 Terrorismus in der Geschichte Stufe 3: Wahllose Anschläge • „Armee zur Befreiung der islamischen Heiligtümer“, Al-Qaida, Osama bin Laden (Anschlag auf die US-Botschaften in Nairobi und Daressalam im August 1998): Beginn des religiös orientierten Terrorismus im „Krieg gegen Amerika“ • Al-Qaida (Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon am 11.09.2001; Im Dschihad (heiliger Krieg) soll die „Welt der Ungläubigen“, die eine Gesellschafts- und Regierungsordnung außerhalb der Scharia akzeptieren, zerstört werden. 156 Formen des Terrorismus • • • • • • Symbiotischer Terrorismus Organisierte Kriminalität und Terrorismus Guerillas und Partisanen Staatliche Duldung und Unterstützung Politischer Terrorismus Religiöser, fundamentalistischer Terrorismus 157 Soziologische Gesellschaftstheorien In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich? Denis Gruber, Univ. of St. Petersburg 158