Prognoseinstrumente Dr. med. Carole Kherfouche Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 1 Psychopathie-Checkliste (PCL) (Hare, 1990) Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 2 Psychopathie-Checkliste (PCL) • Die Psychopathie-Checkliste ist ein Instrument mit dem „Psychopathie“ diagnostiziert werden kann • Psychopathie – ist ein Konstrukt mit einer langen Geschichte – ist eine spezifische Konstellation von devianten Verhaltensweisen und Eigenschaften (traits) – grosse Überschneidung mit antisozialer Persönlichkeit Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 3 Konstrukt Psychopathie (Hare) • Das Konstrukt der Psychopathie nach Hare basiert auf den Kriterien von Cleckley: – Oberflächlicher Charme, Intelligenz, Abwesenheit von irrationalem Denken, Fehlen von Reue und Scham etc. • Merkmale der Psychopathie sind charakteristisch für das Funktionieren der Person – soziale Dysfunktion od. Unfähigkeit mit frühem Beginn und chronischem Verlauf • Psychopathen zeigen Auffälligkeiten in drei Bereichen: – Interpersonellen Bereich – Affekt – Verhalten Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 4 Interpersonelle Auffälligkeiten • • • • • • Überheblichkeit Gefühlskälte dominantes Verhalten oberflächlicher Charme übersteigertes Selbstwertgefühl betrügerisch-manipulatives Verhalten Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 5 Affektive Auffälligkeiten • • • • • Empathieunfähigkeit Mangel an Gewissensbissen Mangel an tiefgreifenden Gefühlen aufbrausende Impulsivität Unmöglichkeit starke emotionale Bindungen einzugehen Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 6 Verhaltensauffälligkeiten • Impulsivität • Sensation Seeking • Leichtfertiges Verletzen oder Ignorieren von sozialen Konventionen und Moralvorstellungen Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 7 Konstrukt Psychopathie (Hare) • Diagnose der Psychopathie führt zur Beschreibung des psychosozialen Funktionierens der Person, aber auch zur Entwicklung geeigneter Massnahmen • Psychopathie ist im Bereich der Persönlichkeitsstörung anzusiedeln, – synonym mit antisozialer/dissozialer PS bzw. Untergruppe davon – 90% aller Psychopathen haben ebenfalls antisoziale/dissoziale PS • Psychopathie ist häufig bei Delinquenten anzutreffen. ABER: Nicht alle Psychopathen sind kriminell Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 8 Dissoziale Persönlichkeitsstörung • Missachtung von sozialen Regeln und Normen • Lügen, Betrügen zum persönlichen Vorteil • Impulsivität und Versagen vorausschauend zu planen • Reizbarkeit und Aggressivität, Schlägereien • Missachtung eigene und Sicherheit anderer • durchgängige Verantwortungslosigkeit • Fehlende Reue, Gleichgültigkeit Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 9 Formen der PCL-R • Die PCL-R ist – eine Skala zur Messung von Psychopathie bei männlichen Weissen ab 18 Jahren – ist ein „Diagnose-“ und KEIN „Prognose“-Instrument • Revidierte Form 2002 von Hare entwickelt – Geeignet für erwachsene männliche Straftäter und forensische Patienten • PCL-R besteht aus – Handbuch / Rating-Book – Assessment-Instrument • Skala • Interview + Informationsfragebogen Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 10 PCL-R • Format: 20 Items, zu raten auf 3-stufiger Skala – – – – 0 = Merkmal nicht vorhanden 1 = Merkmal ist teilweise erfüllt 2 = Merkmal ist vorhanden x = Missing Data (max. 5 Missing Data, Ersatzwerte) • Ergebnis: Score von 0-40 (Punkt-Summe) • Diagnose „Psychopath“ – Früher Score >= 30 – heute geht man von einem dimensionalen Konstrukt aus Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 11 Inhaltliche Struktur der PCL-R • 2-Faktoren- Struktur mit jeweils 2 Facetten • Faktor 1: Interpersonell + Affektiv • Faktor2: Verhalten + Antisozial • 2 Items, die in keinen dieser Bereiche fallen: • Promiskes Sexualverhalten • viele kurzzeitige Ehe(-ähnliche) Beziehungen • Jeder Faktor für sich genommen ist nicht spezifisch. Erst das Zusammenspiel macht Psychopathie aus Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 12 Aufbau der PCL-R PCL-R Faktor 1 Interpersonal Affektiv Faktor 2 Verhalten Antisozial Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 13 Limitationen des PCL-R • Zugang zu detaillierten Informationen notwendig • einige Items werden vor allem auf Basis juristischer Daten gewertet • Einige Items sind global und Trait-ähnlich, andere behavioral Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 14 Versionen der PCL • PCL-R, 2002, Hare • PCL-SV, 1995, Hart et. al – Geeignet für den Gebrauch in forensischen und nichtforensischen Settings (bei männlichen Erwachsenen) – Vorteil gegenüber der Langversion: Itemscoring kann auf limitierter Informationsbasis stattfinden, juristische Daten weniger wichtig • PCL-YV – Geeignet für den Gebrauch bei Jugendlichen. Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 15 Itembeschreibungen der PCL-R 2. Auflage 2003 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 16 Item 1: Oberflächlicher Charme • Person ist amüsant, wortgewandt und wirkt kompetent in Konversationen • Person kann sich erfolgreich darstellen und wirkt sympathisch • Person wirkt häufig zu glatt und nicht immer glaubwürdig Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 17 Item 2: Übersteigertes (grandioses) Selbstwertgefühl • Die Person ist sehr überzeugt von den eigenen Fähigkeiten und dem Wert der eigenen Person, zeigt sich in angeberischer Selbstdarstellung • Das aufgeblasen und angeberisch wirkende Verhalten steht in Diskrepanz zu erbrachten Leistungen und realen Lebensumständen • Ursachen schlechter Leistung oder negativer Konsequenzen für die Person werden stark externalisiert: – Erlebt sich sehr häufig als Opfer (einer korrupten Justiz, undankbarer Freunde, Schicksal / Pech). Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 18 Item 3: Stimulationsbedürfnis • Chronisches und exzessives Bedürfnis nach Stimulation und fehlender Routine • Ungewöhnlich starkes Gefühl der Langeweile – Längere Beziehungen werden als langweilig erlebt – Person fühlt sich rastlos, bricht Arbeiten schnell ab (oder versucht dies) wenn sie zur Routine werden oder monotonen Charakter haben • Präferenz für aufregende, gefährliche und herausfordernde Verhaltensweisen – Häufig: Experimentieren mit Drogen, Fernbleiben von Schule, Arbeit Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 19 Item 4: Pathologisches Lügen • Lügen und Täuschen sind anhaltende Merkmale des Interaktionsverhaltens – Elaborierte Lügen über Vergangenheit, selbst dann, wenn die Aussagen leicht überprüfbar sind – Nach Konfrontation mit der Wahrheit wird die Aussage nachträglich angepasst • Nur selten reagiert Person perplex oder verunsichert auf den Nachweis des Lügens, für alle Verhaltensweisen wird eine Erklärung angeboten • Auch nach wiederholtem Nichteinhalten von Versprechen / nachweislichem Lügen gegenüber einer Person keine Hemmungen erneut „das blaue vom Himmel“ zu versprechen Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 20 Item 5: Betrügerisch manipulatives Verhalten • Verhalten ist grösstenteils manipulativ – Manipulatives Verhalten hat das Ziel, eigene Vorteile (Geld, Sexualität, Sex, Status) zu erreichen, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen für andere – Manipulatives Verhalten kann kriminelle und nicht kriminelle Verhaltensweisen beinhalten • Häufig: – systematisches finanzielles Ausnutzen von Familienmitgliedern – Parallel-Partnerschaften Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 21 Item 6: Fehlendes Schuldbewusstsein • Konsequenzen der eigenen Handlungen für andere Personen werden nicht reflektiert – Fehlende Scham oder Reue für die Folgen eigener Handlungen – Entschuldigt sich Person, steht dies im Widerspruch zu weiteren Handlungen • Bei Straftaten: – Verantwortung für das Delikt wird oft dem Opfer übertragen oder Schwere der Tat heruntergespielt Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 22 Item 7: Oberflächliche Gefühle • Keine normale Bandbreite und Tiefe an Gefühlen, flacher Affekt – Person wirkt kühl und emotionslos – Werden Emotionen gezeigt, wirken diese dramatisch, oberflächlich, aufgesetzt und kurzlebig • Manchmal starke emotionale Regungen, Bezeichnung der Emotion jedoch fehlerhaft – Sexuelle Erregung= Liebe, – Frust= Traurigkeit, – Wut = Irritation Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 23 Item 8: Fehlen von Empathie • Geringe Fähigkeit zur Empathie • Missachtung der Gefühle, Rechte und des Wohlergehens anderer Personen – Andere Menschen werden als manipulierbare Objekte angesehen – Person ist zynisch und selbstsüchtig, sieht sich als Nummer 1 – Sieht Emotionalität als Schwäche, bezeichnet sich selbst als bewusster „Einzelgänger“ Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 24 Item 9: Parasitärer Lebensstil • Finanzielle Ausbeutung anderer Menschen ist Teil des Lebensstils • Konstante Arbeitsverhältnisse werden vermieden • Geld wird durch Darstellung der eigenen Person als Opfer, durch Drohverhalten, Nötigung oder Ausnutzen der Gutgläubigkeit beschafft Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 25 Item 10: Unzureichende Verhaltenskontrolle • Sehr geringe Frustrationstoleranz • Auf Kritik, Misserfolg und Frustration wird tendenziell mit Gewalt oder Drohungen reagiert • Aggressives Verhalten wird - auch im Deliktablauf durch kleine Störeinflüsse ausgelöst • Mangelnde Verhaltenskontrolle von kurzer Dauer, danach nahtloser Übergang zu „normalem“ Verhalten • Verhaltensweisen zeigen sich stärker unter Alkoholeinfluss Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 26 Item 11: Promiskes Sexualverhalten • Unverbindliche sexuelle Beziehungen – – – – – häufige Kontakte Beliebigkeit in der Auswahl der Sexualpartner Mehrere gleichzeitige Partnerschaften Häufig Untreue, Prostitution Bereitschaft zu einer grossen Spannbreite sexueller Praktiken • Häufig Nötigung zu sexuellen Handlungen und Anklagen, Verurteilung wegen Sexdelikt Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 27 Item 12: Frühe Verhaltensauffälligkeiten • Frühe Verhaltensauffälligkeiten – Häufiges Lügen, Schummeln bei Prüfungen, Schuleschwänzen, störendes Verhalten im Unterricht, Schikanieren anderer – Diebstahl, Raub, Brandstiftung, Vandalismus, Gewalt – Von zu Hause weglaufen – Frühe sexuelle Beziehungen – Substanzmissbrauch • Verhaltensweisen sind häufiger als bei anderen Jugendlichen und führen oft zu Schulverweisen bzw. Kontakt mit der Polizei Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 28 Item 13: Fehlen von langfristigen realistischen Zielen • Unfähigkeit oder Unwille, langfristige Ziele zu formulieren bzw. zu realisieren • Leben von Tag zu Tag • Keine Sorgen um die Zukunft • Geringes Interesse an fester Anstellung, Lebensstil erinnert an Lebenskünstler • Oft unrealistische Lebensziele, z.B. Berufswünsche (z.B. Arzt, Pilot), für die die Person keine Qualifikation hat Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 29 Item 14: Impulsivität • Verhalten ist impulsiv, wenig reflektiert und überlegt • Handlungen erfolgen aus dem Moment heraus, kein Abwiegen von Pro und Contra • Konsequenzen der Handlungen werden nicht bedacht • Wichtige Entscheidungen (Umzug, Trennung, Kündigung) werden spontan getroffen und nicht durchdacht Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 30 Item 15: Verantwortungslosigkeit • Es wird keine Verantwortung für andere Menschen übernommen – Kein Sinn für Loyalität und Verpflichtung gegenüber Familie, Freunde, Arbeitgeber, Gesellschaft • Probleme in verschiedenen Bereichen: – – – – Finanzen: Schulden nicht begleichen Risikoreiches Verhalten, z.B. betrunken Auto fahren Beruf: Häufiges Fehlen am Arbeitsplatz Familie/ Freunde, z.B. keine Unterhaltszahlungen leisten etc. Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 31 Item 16: Mangelnde Verantwortungsübernahme für eigene Handlungen • Es wird keine Verantwortung für eigene Handlungen übernommen • Verantwortung wird anderen Personen oder widrigen Umständen zugeschrieben • Im Extremfall: Trotz erdrückender Beweislast werden absurde Erklärungen angeboten (z.B. Verschwörung gegen die Person, Erinnerungslücken) • Folgen der Tat werden heruntergespielt (z.B. Opfer selbst schuld) und rationalisiert (z.B. bei Eigentumsdelikt: Opfer war sowieso versichert) Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 32 Item 17: Viele kurzzeitige eheähnliche Beziehungen • 2 Punkte werden vergeben, wenn: – Bis zum 30 LJ mit mehr als 2 Partnern (= mind. 3), bzw. – Bis zum 40 LJ mit mehr als 3 Partnern (mind. 4) in einer eheähnlichen Beziehung zusammen gelebt • 1 Punkt wird vergeben, wenn: – Bis zum 30 LJ mind. 2 eheähnliche Partnerschaften – Bis zum 40 LJ mind. 3 eheähnliche Partnerschaften Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 33 Item 18: Jugendliche Delinquenz • Antisoziales Verhalten in der Jugend (vor 17. LJ.) mit Anklagen und Verurteilungen • 2 Punkte werden vergeben bei schweren Delikten wie Gewalt- und Sexualdelikte, – z.B. Tötungsdelikte, schwere Körperverletzung, Raub, Vergewaltigung, Autodiebstahl, Geiselnahme, Brandstiftung, Betrug, Drogenhandel, schwere Verkehrsdelikte (Drogen/Alkohol am Steuer) • 1 Punkt wird bei leichteren Delikten vergeben, – z.B. Drogenbesitz, – kleinere Diebstähle, Besitz gestohlener Gegenstände, einfache Körperverletzung, geringfügige Verkehrsdelikte (z.B. Fahren ohne Führerschein) Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 34 Item 19: Widerruf bei bedingter Entlassung • Nach dem 18. LJ wurde gegen Auflagen einer bedingten Entlassung verstossen oder es gab Flucht aus einer Institution • 2 Punkte wird bei schwerem Verstoss gegen Auflagen vergeben, – z.B. Widerruf bei bedingter Entlassung, Flucht • 1 Punkt wird bei leichtem Verstoss gegen Auflagen vergeben, – z.B. Nichteinhalten von Terminen bei Gericht, BVD Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 35 Item 20: Polymorphe Kriminalität • Es sind Anklagen und Verurteilungen in verschiedenen Deliktebereichen vorhanden (Bezugspunkt: Strafregisterauszüge) • Fällt ein Delikt in verschiedene Kategorien, werden alle Kategorien gewertet (z.B. Vergewaltigung mit anschliessendem Raub zählt als Vergewaltigung und als Raub) • 2 Punkte: Delikte aus 6 oder mehr Kategorien • 1 Punkt: Delikte aus 4 oder 5 Kategorien Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 36 Item 20: Kategorien Polymorphe Kriminalität • • • • • • • • Diebstahl, Einbruchdiebstahl, Besitz von Einbruchgegenständen, Besitz von Diebesgut Raub, Versuchter Raub, Erpressung Drogendelikte (Besitz/Handel) Körperverletzung, Drohungen Mord, Versuchter Mord, Fahrlässige Tötung Waffenbesitz, Besitz von explosivem Material Sexualdelikte Delikte mit Verletzung der Sorgfaltspflicht (z.B. alkoholisiert Auto fahren) • • • • • • • Betrug, Fälschung, falsche Anschuldigung, falsche Identität Ausbruch, Flucht, Nicht Erscheinen bei Gericht, Bewährung Geiselnahme, Freiheitsberaubung, Widerstand gegen Festnahmen Brandstiftung Gewalt gegen Beamte Schmuggel, Verbrechen gegen den Staat, Steuerhinterziehung, Landesverrat, Spionage Kleinere Delikte: Vandalismus, Sachbeschädigung, kleinere Verkehrsdelikte Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 37 Administration und Interpretation • PCL soll in mehreren Schritten durchgeführt werden – Sammeln von Informationen (oft auch widersprüchliche Informationen) aus Akten und Interview • • • • Psychiatrie/Psychodiagnostik Polizei/Gericht Familie/Gesellschaft Beschäftigung/Militär – Scoring der Items – Berechnen des Gesamtscores – Interpretation des Gesamtscores Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 38 Administration und Interpretation • Scoring der Items – Rating auf mehreren Ebenen: Schwere, Häufigkeit und Intensität der jeweiligen Aspekte – Rating des „typischen“ Verhaltens, tritt das Verhalten also die meiste Zeit, in verschiedenen Situationen und über längere Zeit hinweg auf – Bias zu minimieren: • Jedes Item für sich raten, kein globales Bild • Auflistung aller Aspekte die für und gegen das Vorhandensein des Kriteriums sprechen • nicht alle Unsicherheiten beim Scoren in eine Richtung lösen, also nicht immer den höheren Wert raten Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 39 Bias bezüglich Kultur, Geschlecht und Alter • Psychopathie-Forschung bezog sich bisher vor allem auf erwachsene männliche Straftäter in Nordamerika, von denen die meisten weisser Hautfarbe und englischsprachig waren • Bias können die Generalität der Ergebnisse beeinflussen Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 40 Bias bezüglich Kultur, Geschlecht und Alter • Verschiedene Bias denkbar: – Struktur-Bias – Metrischer Bias – Vorhersage-Bias Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 41 Bias bezüglich Kultur, Geschlecht und Alter – Struktur-Bias • Findet sich die PCL- Struktur in unterschiedlichen Subgruppen? • Es konnten keine Unterschiede in Hinblick auf Alter, Kultur und Geschlecht gefunden werden – Metrischer Bias • Wird in verschiedenen Kulturen mit dem PCL das gleiche abgebildet bzw. bedeutet ein Score in verschiedenen Kulturen dasselbe? • Keine Unterschiede zwischen Minoritäten und Majoritäten in Nordamerika, aber Unterschiede zwischen Nordamerika und Europa Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 42 Bias bezüglich Kultur, Geschlecht und Alter • Vorhersage-Bias – Keine Hinweise darauf, dass bestimmte Ausprägungen im PCL bei verschiedenen Subgruppen gleich prädiktiv sind Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 43 Psychopathie bei Jugendlichen? • Forschung konnte aufzeigen, dass typische psychopathische Persönlichkeitszüge häufig schon früh in Kindheit und Jugend sichtbar werden • Mitchell&Rosa (1981) konnten zeigen, dass frühes und chronisches Lügen mit späterer Delinquenz korreliert. • Schon ab 8 Jahren typische Auffälligkeiten im interpersonalen Bereich (Selbstwert, Selbstbezogenheit, Narzissmus) Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 44 Psychopathie bei Jugendlichen? • Temperamentforschung: Ängstlichkeit, Verhaltenskontrolle scheinen sich weitgehend unabhängig von Erziehungsstielen zu entwickeln (Frick & Jackson 1993). • Es werden eher biologische Faktoren angenommen: Zwillingsforschung zeigte genetisches Risiko für die Entwicklung einer Psychopathie (Viding, Blair et al. 2004) Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 45 Psychopathie bei Jugendlichen? • Kritiker sehen Selbstbezogenheit, Impulsivität wie auch fehlende Verantwortungsübernahme eher als normale Phasen einer Persönlichkeitsentwicklung und fürchten, dass Psychopathie bei Kindern und Jugendlichen überschätzt wird (Vincent 2002) • Forschung zeigt jedoch auf, dass Psychopathie bei inhaftierten Jugendlichen etwa gleich häufig ist wie bei Erwachsenen Inhaftierten (Cruise 2000; Hare 2003:Salekin et al. 2005) Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 46 Funktioniert Psychopathiekonstrukt? • Hare et al. haben PCL-R leicht angepasst und an jugendlicher Population untersucht. • Änderungen: – 2 Merkmale wurden entfernt und später wieder in veränderter Form hinzugefügt: parasitärer Lebensstil, eheähnliche Beziehungen – Beurteilungskriterien für Jugenddelinquenz sowie polymorphe Kriminalität wurden verändert Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 47 PCL:YV (2003) • Anwendung ab 12 Jahren bis 18 Jahren möglich • Aktuelle Version mit 20 Items • Bei Jugendlichen ist Diagnose Psychopathie gemäss Entwickler nicht statthaft • Forschung hat aber auch bei Jugendlichen zeigen können, dass Risiko für Gewalt- und andere Delikte mit steigendem Punktwert zunimmt. Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 48 Item 1: Steuerung des Eindrucks • Jugendlicher zeigt oberflächlichen und unehrlichen Interaktionsstil • Erzählt überzeugende aber unwahre Geschichten • Versucht sich in ein gutes Licht zu rücken • Sprachgewandt, sympathisch • Benutzt Fremdwörter oder technische Ausdrücke um Eindruck zu machen (zuweilen auch unangemessen) Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 49 Item 2: Übersteigertes (grandioses) Selbstwertgefühl • Die Person ist sehr überzeugt von den eigenen Fähigkeiten und dem Wert der eigenen Person, zeigt sich in angeberischer Selbstdarstellung • Person wirkt dominant, arrogant, grandios. • Übertriebene Sicht eigener Fähigkeiten • Ursachen schlechter Leistung oder negativer Konsequenzen für die Person werden stark externalisiert. • Zeigt wenig bis kaum Verlegenheit bei Problemen Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 50 Item 3: Stimulationsbedürfnis • Chronisches und exzessives Bedürfnis nach Stimulation und fehlender Routine • Ungewöhnlich starkes Gefühl der Langeweile – Längere Beziehungen werden als langweilig erlebt – Person fühlt sich rastlos, bricht Arbeiten schnell ab (oder versucht dies) wenn sie zur Routine werden oder monotonen Charakter haben • Präferenz für aufregende, gefährliche und herausfordernde Verhaltensweisen – Häufig: Experimentieren mit Drogen, Fernbleiben von Schule, Arbeit Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 51 Item 4: Pathologisches Lügen • Lügen und Täuschen sind anhaltende Merkmale des Interaktionsverhaltens – Elaborierte Lügen über Vergangenheit, selbst dann, wenn die Aussagen leicht überprüfbar sind – Nach Konfrontation mit der Wahrheit wird die Aussage nachträglich angepasst • Nur selten reagiert Person perplex oder verunsichert auf den Nachweis des Lügens, für alle Verhaltensweisen wird eine Erklärung angeboten • Auch nach wiederholtem Nichteinhalten von Versprechen / nachweislichem Lügen gegenüber einer Person keine Hemmungen erneut „das blaue vom Himmel“ zu versprechen Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 52 Item 5: Betrügerisch manipulatives Verhalten zur Erreichung persönlicher Ziele • Verhalten ist grösstenteils manipulativ – Manipulatives Verhalten hat das Ziel, eigene Vorteile (Geld, Sexualität, Sex, Status) zu erreichen, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen für andere – Manipulatives Verhalten kann kriminelle und nicht kriminelle Verhaltensweisen beinhalten • Häufig: – systematisches Ausnutzen von Familienmitgliedern, Freunden und Partnern Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 53 Item 6: Fehlendes Schuldbewusstsein • Konsequenzen der eigenen Handlungen für andere Personen werden nicht reflektiert – Fehlende Scham oder Reue für die Folgen eigener Handlungen – Entschuldigung wirkt nicht aufrichtig und ehrlich • Bei Straftaten: – Verantwortung für das Delikt wird oft dem Opfer übertragen oder Schwere der Tat heruntergespielt Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 54 Item 7: Oberflächliche Gefühle • Keine normale Bandbreite und Tiefe an Gefühlen, flacher Affekt – Person wirkt kühl und emotionslos – Werden Emotionen gezeigt, wirken diese dramatisch, oberflächlich, aufgesetzt und kurzlebig • Manchmal starke emotionale Regungen, Bezeichnung der Emotion jedoch fehlerhaft – Sexuelle Erregung= Liebe, – Frust= Traurigkeit, – Wut = Irritation Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 55 Item 8: Fehlen von Empathie • Geringe Fähigkeit zur Empathie • Missachtung der Gefühle, Rechte und des Wohlergehens anderer Personen – Andere Menschen werden als manipulierbare Objekte angesehen – Person ist zynisch und selbstsüchtig, sieht sich als Nummer 1 – Sieht Emotionalität als Schwäche, bezeichnet sich selbst als bewusster „Einzelgänger“ Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 56 Item 9: Parasitäre Ausrichtung • Finanzielle Ausbeutung anderer Menschen ist Teil des Lebensstils • Konstante Arbeitsverhältnisse bzw. Ferienjobs werden vermieden • Parasitärer Lebensstil kann auch durch Überzeugung anderer, ihre Hausarbeiten, Schulaufgaben oder andere Verpflichtungen zu erledigen, sichtbar werden. • Konstantes und nicht momentanes Verhalten Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 57 Item 10: Unzureichende Ärgerkontrolle • Sehr geringe Ärger- und Frustrationstoleranz • Auf Kritik, Misserfolg und Frustration wird tendenziell mit Gewalt, Drohungen oder verbalen Entgleisungen reagiert • Jugendlicher reagiert schnell gekränkt, reagiert wegen Nichtigkeiten ärgerlich und aggressiv • Verhaltensweisen sind häufig unangemessen • Mangelnde Verhaltenskontrolle von kurzer Dauer, danach nahtloser Übergang zu „normalem“ Verhalten Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 58 Item 11: Unpersönliches Sexualverhalten • Unverbindliche sexuelle Beziehungen – – – – – häufige beiläufige Kontakte (one-night stands) Beliebigkeit in der Auswahl der Sexualpartner Mehrere gleichzeitige Partnerschaften Häufig Untreue, Prostitution Bereitschaft zu einer grossen Spannbreite sexueller Praktiken • Häufig Nötigung zu sexuellen Handlungen • Jugendliche zeigen sexuell aggressive Verhaltensweisen Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 59 Item 12: Frühe Verhaltensauffälligkeiten • Frühe Verhaltensauffälligkeiten (10 Jahre und jünger) – Häufiges Lügen, Schummeln bei Prüfungen, Schuleschwänzen, störendes Verhalten im Unterricht, Schikanieren anderer – Diebstahl, Raub, Brandstiftung, Vandalismus, Gewalt – Von zu Hause weglaufen – Frühe sexuelle Beziehungen – Substanzmissbrauch • Verhaltensweisen sind schwerer als bei anderen Jugendlichen und führen oft zu Beschwerden, Schulverweisen bzw. Kontakt mit der Polizei oder mit Psychiatrie Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 60 Item 13: Fehlen von Zielen • Unfähigkeit oder Unwille, Pläne zu formulieren oder Verpflichtungen einzugehen • Leben von Tag zu Tag • Pläne werden häufig geändert • Keine Sorgen um die Zukunft • Geringes Interesse an Schulbildung oderfester Anstellung • Oft unrealistische Lebensziele Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 61 Item 14: Impulsivität • Verhalten ist impulsiv, wenig reflektiert und überlegt • Handlungen erfolgen aus dem Moment heraus, kein Abwiegen von Pro und Contra • Konsequenzen der Handlungen werden nicht bedacht • Wichtige Entscheidungen (Schulabbruch, Auszug aus Elternhaus,Trennung) werden spontan getroffen und nicht durchdacht Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 62 Item 15: Verantwortungslosigkeit • Es wird keine Verantwortung für andere Menschen übernommen – Kein Sinn für Loyalität und Verpflichtung gegenüber Familie, Freunde, Arbeitgeber, Gesellschaft • Probleme in verschiedenen Bereichen: – Finanzen: Anhäufung von Schulden welche nicht beglichen werden – Risikoreiches Verhalten, z.B. schnelles Autofahren – Beruf: unachtsame, nachlässige Arbeit – Familie/ Freunde, z.B. lehnt Besitztum eines Freundes aus und beschädigt es Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 63 Item 16: Mangelnde Verantwortungsübernahme für eigene Handlungen • Es wird keine Verantwortung für eigene Handlungen übernommen • Verantwortung wird anderen Personen oder widrigen Umständen zugeschrieben • Im Extremfall: Trotz erdrückender Beweislast werden absurde Erklärungen angeboten (z.B. Verschwörung gegen die Person, Erinnerungslücken) • Folgen der Tat werden heruntergespielt (z.B. Opfer selbst schuld) und rationalisiert (z.B. bei Eigentumsdelikt: Opfer war sowieso versichert) Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 64 Item 17: unbeständige Beziehungen • Jugendlicher pflegt unbeständige, oberflächliche und stürmische Beziehungen (sowohl sexuell wie nicht-sexuell) • geht Beziehungen leicht ein, jedoch Unvermögen, länger dauernde Beziehungen zu pflegen • Beziehungen scheitern an Desinteresse, fehlendem Bemühen oder an mangelnder Verbindlichkeit oder an physischem oder psychischem Missbrauch Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 65 Item 18: gravierendes delinquentes Verhalten • Antisoziales Verhalten mit Anklagen und Verurteilungen • 2 Punkte werden vergeben bei schweren Delikten wie Gewalt- und Sexualdelikte, – z.B. Tötungsdelikte, schwere Körperverletzung, Raub, Vergewaltigung, Autodiebstahl, Geiselnahme, Brandstiftung, Betrug, Drogenhandel, schwere Verkehrsdelikte (Drogen/Alkohol am Steuer) • 1 Punkt wird bei leichteren Delikten vergeben, – z.B. Drogenbesitz, – kleinere Diebstähle, Besitz gestohlener Gegenstände, einfache Körperverletzung, geringfügige Verkehrsdelikte (z.B. Fahren ohne Führerschein) Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 66 Item 19: Ernsthafte Widerhandlung gegen Auflagen bedingter Entlassung • 2 Punkte wird bei schwerem Verstoss gegen Auflagen vergeben, – z.B. Widerruf bei bedingter Entlassung, Flucht • 1 Punkt wird bei leichtem Verstoss gegen Auflagen vergeben, – z.B. Nichteinhalten von Terminen bei Gericht, BVD Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 67 Item 20: Polymorphe Kriminalität • Berücksichtigt werden sowohl Anklagen, Verurteilungen aber auch kriminelle Verhaltensweisen ohne Anklagen • 2 Punkte werden vergeben, wenn der Jugendliche Delikte aus 6 verschiedene Kategorien begangen hat. • 1 Punkt wird vergeben, wenn der Jugendliche Delikte aus 4-5 Kategorien begangen hat. • 3 oder weniger Kategorien ergeben 0 Punkte Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 68 Item 20: Kategorien Polymorphe Kriminalität • • • • • • • • Diebstahl, Einbruchdiebstahl, Besitz von Einbruchgegenständen, Besitz von Diebesgut Raub, Versuchter Raub, Erpressung Drogendelikte (Besitz/Handel) Körperverletzung, Drohungen Mord, Versuchter Mord, Fahrlässige Tötung Waffenbesitz, Besitz von explosivem Material Sexualdelikte Delikte mit Verletzung der Sorgfaltspflicht (z.B. alkoholisiert Auto fahren) • • • • • • • Betrug, Fälschung, falsche Anschuldigung, falsche Identität Ausbruch, Flucht, Nicht Erscheinen bei Gericht, Bewährung Geiselnahme, Freiheitsberaubung, Widerstand gegen Festnahmen Brandstiftung Gewalt gegen Beamte Schmuggel, Verbrechen gegen den Staat, Steuerhinterziehung, Landesverrat, Spionage Kleinere Delikte: Vandalismus, Sachbeschädigung, kleinere Verkehrsdelikte Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 69 Violence Risk Appraisal Guide (VRAG) Quinsey V.L., Harris G.T., Rice M.E., Cormier C.A. (2006) Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 70 VRAG • 1993 von Harris, Rice & Quinsey in Kanada anhand einer Population von 618 Gewaltund Sexualstraftätern entwickelt • Aktuarisches, empirisch generiertes Prognoseinstrument für männliche Gewaltstraftäter (sowohl psychiatrisch auffällige wie auch psychiatrisch unauffällige) • Legalbewährung wurde durchschnittlich 7 Jahre beobachtet Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 71 VRAG • zur Vorhersage einer erneuten Anklage wegen eines Gewaltdelikts • die Wahrscheinlichkeitsschätzung erfolgt für eine Zeitperiode von 7- bzw. 10-Jahren Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 72 Entwicklung des VRAG • Es wurden verschiedene Informationen erhoben an 618 männlichen Straftätern: – Soziodemographische Informationen • z. B. sozioökonomischer Status, Alter, Familienstand, Ausbildung – Probleme in der Kindheit • z. B. lebte das Kind bis zum Alter von 16 bei beiden Eltern, kriminelle Vorgeschichte in der Familie, Aggression in der Kindheit – Psychologische Variablen • z. B. DSM-Diagnose, IQ, PCL-R Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 73 Entwicklung des VRAG – Fehlanpassung im Erwachsenenalter • z. B. psychiatrische Vorgeschichte, Lebenssituation, Vorstrafen und Straftaten, Alkoholmissbrauch, soziale Unterstützung, Aggressivität im Erwachsenenalter – Charakteristiken des Anlassdelikts • z. B. Beziehung zum Opfer, Verletzungsgrad des Opfers, Waffengebrauch, Geschlecht des Opfers, Motiv für das Anlassdelikt Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 74 VRAG Eingangs-Delikte Definition Gewaltstraftat (= Anwendungsbereich) Tötung versuchte Tötung Entführung Freiheitsberaubung Körperverletzung Angriff qualifizierter Raub Vergewaltigung alle Sexualstraftaten mit phys. Kontakt Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 75 Entwicklung des VRAG • Variablen, die sich als prädiktiv erwiesen, wurden als Items in den VRAG aufgenommen. • der VRAG beinhaltet letztendlich 12 Items, • die Items sind je nach ihrer individuellen Bedeutung für die Vorhersage speziell gewichtet Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 76 Item 1: Aufgewachsen mit … • Bei beiden biologischen Eltern bis zum 16. LJ aufgewachsen (ausser bei Tod von Eltern) – JA – Nein -2 +3 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 77 Item 2: Anpassungsprobleme / Schule • Mangelhafte Anpassung in der Grundschule (bis und mit 8.Klasse) – Keine Probleme -1 – Leichte oder moderate Probleme mit Disziplin oder Anwesenheit +2 – Schwere (d.h. häufig oder gravierend) Verhaltensoder Anwesenheitsprobleme (z.B. Schwänzen, störendes Verhalten über mehrere Jahre oder Schulverweis) +5 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 78 Item 3: Alkoholprobleme in der Vorgeschichte • Je ein Punkt für … – – – – – Alkoholimissbrauch eines biologischen Elternteils Alkoholprobleme im Jugendalter Alkoholprobleme im Erwachsenenalter sowie Alkoholeinfluss bei früheren und Alkholeinfluss bei aktuellen Vergehen • Scoring: – – – – 0 Punkte 1-2 Punkte 3 Punkte 4-5 Punkte - 1 0 +1 +2 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 79 Item 4: Zivilstand • Zum Zeitpunkt des Indexdelikts • Scoring: – je verheiratet oder mind. 6 Monate in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebend: - 2 – nie verheiratet: + 1 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 80 Item 5: Cormier-Lang • Frühere Verurteilungen und Anklagen wegen nicht-gewalttätiger Delikte vor dem Anlassdelikt: erhoben über die Cormier-LangScala • Scoring – Cormier-Lang = 0 – Cormier-Lang 1-2 – Cormier-Lang >=3 => => => –2 0 +3 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 81 Item 6: Versagen bei früherer bedingter Entlassung • Verstösse nach bedingter Entlassung, Widerruf nach bedingter Entlassung, Verstoss gegen Auflagen und Weisungen während einer laufenden Untersuchung • Scoring: – Nein – Ja 0 +3 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 82 Item 7: Alter • Alter bei Anlassdelikt – – – – – 39 Jahre und älter 34 bis 38 Jahre 28 bis 33 Jahre 27 Jahre <26 Jahre -5 -2 -1 0 +2 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 83 Item 8: Verletzungsgrad Opfer • Verletzungsgrad Opfer (Bezugspunkt ist die schwerstwiegende Verletzung) • Scoring: – – – – Tod Hospitalisiert Behandelt und entlassen nicht/geringfügig verletzt -2 0 +1 +2 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 84 Item 9: Irgendein Weibliches Opfer (beim Anlassdelikt) • Weibliches Opfer: – Ja – Nein (inkl.kein Opfer) -1 +1 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 85 Item 10: Persönlichkeitsstörung • Persönlichkeitsstörung nach DSM III liegt vor • Scoring: – Ja – Nein +3 -2 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 86 Item 11: Schizophrenie • Diagnose Schizophrenie gemäss DSM- III liegt vor – ja – Nein -3 +1 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 87 Item 12: Wert PCL-R • Summe auf der PCL-R – – – – – – <04 05-09 10-14 15-24 25-34 >35 Punkte / PCL-R: Punkte / PCL-R: Punkte / PCL-R: Punkte / PCL-R: Punkte / PCL-R: Punkte / PCL-R: - 5 - 3 - 1 0 + 4 + 12 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 88 Kategorienbildung • die Punkte in den 12 Items werden addiert • anhand des Summenwertes ist es möglich, den Probanden in eine, von den Autoren festgelegte, Kategorie einzuordnen Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 89 VRAG-Kategorien VRAG-Werte VRAG-Kategorie < -22 1 -21 bis –15 2 -14 bis –8 3 -7 bis -1 4 0 bis +6 5 +7 bis +13 6 +14 bis +20 7 +21 bis +27 8 > +28 9 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 90 Rückfallwahrscheinlichkeiten • Anhand der Risikokategorie kann ein Rückfallrisiko angegeben werden – z. B. entspricht die Risikoklasse 9 der höchsten Rückfallwahrscheinlichkeit von 100% in einem 7Jahres-Zeitraum und 100% Rückfallwahrscheinlichkeit in einem 10-Jahres-Zeitraum – die Risikoklasse 1 entspricht z. B. einer sehr niedrigen Rückfallwahrscheinlichkeit von 0% in einem 7-Jahres-Zeitraum und 8% in einem 10Jahres-Zeitraum – Merke: Gruppenstatistische Ergebnisse und nicht Individualprognose IOT Institut für Opferschutz und Täterbehandlung 91 Rückfallwahrscheinlichkeiten VRAG-Kategorie 7 Jahre (in %) 10 Jahre (in%) 1 0 08 2 08 10 3 12 24 4 17 31 5 35 48 6 44 58 7 55 64 8 76 82 9 100 100 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 92 Ersetzen von VRAG-Items • PCL-R – CATS (Childhood and Adolescent Taxon Scale) – PCL-SV (proportional auf Summenwert von 40 anpassen) – PCL-YV (wenn Straftäter jünger als 18 war) Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 93 Ersetzen von VRAG-Items • DSM-III Diagnosen (Persönlichkeitsstörung vs. Schizophrenie) – DSM IV oder andere DSM-Revisionen Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 94 Anpassen des VRAG-Summenwerts • Summe bilden mit Items welche nach VRAGBewertungsregeln gewertet wurden • Anteil bestimmen, den der Täter in diesen Items von den maximal möglichen Punkten erreicht hat • Höchstmögliche Punktzahl ermitteln welche in ausgelassenen Items hätte erzielt werden können. Diese Zahl mit Anteil an möglichen Punkten multiplizieren. • Diese Zahl mit ursprünglich ermitteltem Summenwert addieren. Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 95 Sex Offender Risk Appraisal Guide (SORAG) Quinsey V.L., Harris G.T., Rice M.E., Cormier C.A. (2006) Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 96 SORAG • SORAG stellt Modifikation des VRAG dar • Es wurden 495 Sexualstraftäter psychiatrischer Einrichtungen untersucht • Dabei fanden 10 Merkmale des VRAG Eingang in den SORAG • Zusätzlich wurden 4 weitere für Sexualstraftäter spezifische Items eingefügt • SORAG setzt sich somit aus 14 Merkmalen zusammen Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 97 Eingangskriterien für SORAG • Delikte mit eindeutig sexuellem Kontakt zwischen Täter und Opfer • Delikte müssen angeklagt oder verurteilt sein Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 98 Item 1: Aufgewachsen mit … • Bei beiden biologischen Eltern bis zum 16. LJ aufgewachsen (ausser bei Tod von Eltern) – JA – Nein -2 +3 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 99 Item 2: Anpassungsprobleme / Schule • Mangelhafte Anpassung in der Grundschule (bis und mit 8.Klasse) – Keine Probleme -1 – Leichte oder moderate Probleme mit Disziplin oder Anwesenheit +2 – Schwere (d.h. häufig oder gravierend) Verhaltensoder Anwesenheitsprobleme (z.B. Schwänzen, störendes Verhalten über mehrere Jahre oder Schulverweis) +5 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 100 Item 3: Alkoholprobleme in der Vorgeschichte • Je ein Punkt für … – – – – – Alkoholimissbrauch eines biologischen Elternteils Alkoholprobleme im Jugendalter Alkoholprobleme im Erwachsenenalter sowie Alkoholeinfluss bei früheren und Alkholeinfluss bei aktuellen Vergehen • Scoring: – – – – 0 Punkte 1-2 Punkte 3 Punkte 4-5 Punkte -1 0 +1 +2 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 101 Item 4: Zivilstand • Zum Zeitpunkt des Indexdelikts • Scoring: – je verheiratet oder mind. 6 Monate in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebend: - 2 – nie verheiratet: + 1 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 102 Item 5: Cormier-Lang • Frühere Verurteilungen und Anklagen wegen nicht-gewalttätiger Delikte vor dem Anlassdelikt: erhoben über die Cormier-LangScala • Scoring – Cormier-Lang = 0 – Cormier-Lang 1-2 – Cormier-Lang >=3 => => => –2 0 +3 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 103 Item 6: Cormier-Lang • Frühere Verurteilungen und Anklagen wegen gewalttätiger Delikte vor dem Anlassdelikt • Scoring: – Cormier-Lang = 0 – Cormier-Lang 2 – Cormier-Lang >=3 => => => –1 0 +6 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 104 Item 7: Anzahl früherer Sexualstraftaten • Bezieht sich auf Verurteilungen für Sexualstraftaten, die vor dem Index-Delikt erfolgten • Jegliche Delikte, von denen bekannt ist, dass sie sexuell sind, einschliesslich unsittliche Entblössung • Scoring: – 0 = -1 – 1-2=+1 – >=3=+5 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 105 Item 8: Sexualstraftaten an Mädchen unter 14 Jahren • Vorgeschichte von Sexualstraftaten ausschliesslich zum Nachteil von Mädchen unter 14 Jahren, inklusive Index-Delikt. • Falls der Straftäter weniger als 5 Jahre älter als das Opfer war, ist immer +4 zu werten – Ja=0 – Nein=+4 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 106 Item 9: Versagen bei früherer bedingter Entlassung • Verstösse nach bedingter Entlassung, Widerruf nach bedingter Entlassung, Verstoss gegen Auflagen und Weisungen während einer laufenden Untersuchung, sowie neue Anklagen, inklusive des Indexdeliktes während der Bewährungszeit • Scoring: – Nein= – Ja= 0 +3 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 107 Item 10: Alter • Alter bei Anlassdelikt – – – – – 39 Jahre und älter 34 bis 38 Jahre 28 bis 33 Jahre 27 Jahre <26 Jahre -5 -2 -1 0 +2 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 108 Item 11: Persönlichkeitsstörung • Persönlichkeitsstörung nach DSM III liegt vor • Scoring: – Ja – Nein +3 -2 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 109 Item 12: Schizophrenie • Diagnose Schizophrenie gemäss DSM- III liegt vor – Ja – Nein -3 +1 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 110 Item 13: Phallometrische Testergebnisse • Alle weisen auf nicht- deviante sexuelle Präferenzen hin = -1 • Irgendein Test weist auf deviante sexuelle Präferenzen hin = +1 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 111 Item 14: Wert PCL-R • Summe auf der PCL-R – – – – – – <04 05-09 10-14 15-24 25-34 >35 Punkte / PCL-R: Punkte / PCL-R: Punkte / PCL-R: Punkte / PCL-R: Punkte / PCL-R: Punkte / PCL-R: - 5 - 3 - 1 0 + 4 + 12 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 112 SORAG-Kategorien (7 Jahre) SORAG-Werte SORAG-Kategorie < -10 1 -9 bis –4 2 -3 bis +2 3 +3 bis +8 4 +9 bis +14 5 +15 bis +19 6 +20 bis +24 7 +25 bis +30 8 >= +31 9 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 113 SORAG-Kategorien (10 Jahre) SORAG-Werte SORAG-Kategorie < -11 1 -10 bis –5 2 -4 bis +1 3 +2 bis +7 4 +8 bis +13 5 +14 bis +19 6 +20 bis +25 7 +26 bis +31 8 >= +32 9 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 114 Rückfallwahrscheinlichkeiten (erneute Anklage) SORAG-Kategorie 7 Jahre (in %) 10 Jahre (in%) 1 7 09 2 15 12 3 23 39 4 39 59 5 45 59 6 58 76 7 58 80 8 75 89 9 100 100 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 115 Ersetzen von SORAG-Items • PCL-R – CATS (Childhood and Adolescent Taxon Scale) – PCL-SV (proportional auf Summenwert von 40 anpassen) – PCL-YV (wenn Straftäter jünger als 18 war) Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 116 Ersetzen von SORAG-Items • DSM-III Diagnosen (Persönlichkeitsstörung vs.Schizophrenie) – DSM IV oder andere DSM-Revisionen Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 117 Ersetzen von SORAG-Items • Phallometrische Testergebnisse: – Wenn in der KG genügend Hinweise für die Diagnose (DSM-Kriterien) Pädophilie oder Sadismus bestehen, wird +1 vergeben, wenn Diagnose nicht erfüllt -1 – oder Ersatz mittels Screening Scale for Pedophilic Interests (SSPI). Der SSPI darf nur bei Tätern angewendet werden, welche sex. Übergriffe an Kindern gemacht haben. Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 118 Allgemeine Fragen zu VRAG und SORAG Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 119 Vorgehen bei Jugendlichen • 17% der Stichprobe waren unter 18-jährig • Prädiktoren für Rückfälligkeit deckten sich mit Erwachsenenpopulation • Stichprobe der Jugendlichen zeigte höhere Rückfallraten, wobei prädiktive Aussagekraft für Rückfälligkeit vergleichbar war mit Erwachsenenpopulation • Anwendung von VRAG und SORAG wird bei Jugendlichen empfohlen, welche erst mit 18 Jahren Gelegenheit für Rückfall haben Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 120 Anwendung bei Intelligenzminderung? • VRAG zeigte dieselbe Effektstärke bei Probanden mit IQ unter 85 wie bei Probanden mit IQ höher 85 • Es wurden keine Populationen mit höher gradigen Intelligenzminderungen untersucht Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 121 Was bedeuten Negativwerte im VRAG? Höheres Alter, Schizophrenie, weibliches Opfer, Schweregrad der Verletzung • gehen mit niedrigeren Rückfallraten einher als die Gesamtstichprobe Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 122 Anwendung von VRAG bei Frauen? • Frage wurde in 2 Studien untersucht Harris, Rice & Cormier 2002 – Population: 406 forensische Patienten, davon 59 Frauen – Rückfallraten bei Frauen waren tief und VRAG konnte Rückfälligkeit für Gewalt nicht voraussagen MacArthur Studie 2001 – VRAG funktionierte gleich gut für Frauen (n=403) wie für Männer – Prädiktoren in der Regel gleich aber Basisrate bei Frauen tiefer (meist Selbstberichte) Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 123 Basler-Liste Arbeitsinstrument der Fachkommissionen des Strafvollzugskonkordats der Nordwest- und Innerschweiz Prof. Dr.V. Dittmann 2.Version 1999 Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 124 Allgemeines zur Baslerliste • Kriterienliste bestehend aus 12 Merkmalen • Sie ist als Arbeitsinstrument zur systematischen Fallanalyse zu verstehen • Eine rein mathematische Aufrechnung der Merkmale ist obsolet • Prof. Dittmann versteht sein Instrument als Unterstützung in der Erarbeitung einer individuellen Gesamtschau • Zuverlässigkeit des Instrumentes steigt durch Diskussion mit Fachleuten und mit Erfahrung Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 125 1. Analyse der Anlasstat • günstig • ungünstig • Einzeldelikt ohne übermässige Gewaltanwendung • hochspezifische Täter-OpferBeziehung • Mittäterschaft ohne Gruppendruck • besonders grausame Tat mit „overkill“ • Deliktserie • Opferwahl zufällig • Delikt mit hoher Basisrate Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 126 2. Bisherige Kriminalitätsentwicklung • günstig • Kriminalität als Audruck lebensphasischer Veränderungen, eines schicksalhaften Konfliktes oder einer bsonderen aktuellen Situation • ungünstig • Kriminalität als eingeschliffenes Muster, Beginn in Kindheit oder Jugend, Herkunft aus dissozialem Milieu • gewalttätige Delikte in der Vorgeschichte, besonders grausame Taten mit „overkill“ • Deliktserie in Vorgeschichte • Lockerungs- oder Bewährungsversagen in der Vorgeschichte Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 127 3.Persönlichkeit, Psychische Störung • günstig • ungünstig • vorübergehende psychische Störung • vorübergehender Einfluss psychotroper Substanzen • unauffällige Persönlichkeitsentwicklung • unauffällige Testpsychologie • langanhaltende Symptomatik mit Bezug zur Delinquenz • regelm. Substanzmissbrauch • deliktfördernde Ansichten und Einstellungen • Dissozialitäts- und „psychopathy-Kriterien • Chronifizierte Abweichungen des Sexualverhaltens Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 128 4. Einsicht des Täters in seine Krankheit oder Störung • günstig • ungünstig • Täter erkennt und akzeptiert das Krankhafte, Störende oder Abweichende seines Verhaltens • offene Selbstdarstellung • Täter negiert, psychisch krank, gestört oder in seinem Verhalten erheblich normabweichend zu sein • versucht abzuwehren, zu bagattelisieren und zu täuschen Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 129 5. Soziale Kompetenz • günstig • ungünstig • gute soziale Leistungsfähigkeit in allen Bereichen • interessiert und eingebunden in breites Spektrum von Aktivitäten • mit Leben zufrieden • Einfühlungsvermögen und Toleranz • intakte fam. oder partnerschaftl. Beziehungen • stabile Freundschaften • Erhebliche Beeinträchtigungen, instabile Arbeitsverhältnisse • sozial desintegriert • gestörte Kommunikationsfähigkeit • keine stabilen Partnerschaften • geringes Durchhaltevermögen • kriminogener Lebensstil Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 130 6.Spezifisches Konfliktverhalten • günstig • ungünstig • Tat entwickelte sich aus einer bisher einmaligen spezifischen Konfliktsituation, Täter konnte sich in vergleichbaren Situationen schon anders verhalten • gute Belastbarkeit in anderen Konfliktsituationen • Täter gerät immer wieder in ähnliche Konfliktsituationen, reagiert in stereotyper Weise mit delinquentem Verhalten • geringe Frustrationstoleranz, Impulsivität Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 131 7. Auseinandersetzung mit der Tat • günstig • ungünstig • Bereitschaft sich intensiv mit der Tat auseinanderzusetzen, erkennbares Bedauern oder Reue • Auseinandersetzung mit der Situation des Opfers, Bemühen um Ausgleich und Wiedergutmachung (nicht taktisch) • Leugnen der Täterschaft oder Bagatellisieren der Tat, keine Reue • Projektion des eigenen Fehlverhaltens auf das Opfer oder auf Dritte oder Umstände Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 132 8. Allgemeine Therapiemöglichkeiten • günstig • ungünstig • für die vorhandene psychische Störung ist grundsätzlich eine gut wirksame Behandlungsmethode bekannt • nach dem gegenwärtigen Stand ist die vorhandene Störung generell schwer oder gar nicht behandelbar Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 133 9. Reale Therapiemöglichkeiten • günstig • ungünstig • es gibt eine Institution mit benötigtem Therapiekonzept, mit entsprechendem Rahmen und Bereitschaft, den Täter aufzunehmen • benötigte Institution steht nicht zur Verfügung Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 134 10. Therapiebereitschaft • günstig • ungünstig • Offenheit und gute, vertrauensvolle Bindung an Therapeuten und Bezugspersonen • Täter bemüht sich aktiv um eine Therapiemöglichkeit, nimmt auch Nachteile in Kauf • keine Bereitschaft, sich mit Störung auseinanderzusetzen • lehnt jegliche Therapie ab Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 135 11.Sozialer Empfangsraum • günstig • ungünstig • Einbindung in Familie, Partnerschaft • gesichertes Einkommen • gute Kontrollmöglichkeit • Zugang zu Opfern erschwert • Annehmen von Unterstützung • realistische Zukunftsplanung • fehlende Sozialkontakte, Bindungen • keine (realistischen) Pläne • kein gesichertes Einkommen • leichter Zugang zu Opfern • fehlende Kontrollmöglichkeiten • Ablehung von Unterstützung • Rückkehr in krimonogenes Milieu • fehlende langfristige Nachsorge Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 136 12. Bisheriger Verlauf nach der Tat • günstig • ungünstig • keine weitere Delinquenz • Besserung der deliktfördernden Störung • Nachreifung Persönlichkeit • gute Anpassungsfähigkeit • erhöhte Frustrationstoleranz • Aufbau von Hemmungsfaktoren • erfolgreiche Lockerungen, soweit sicher beurteilbar • weitere ähnliche oder noch gravierendere Delinquenz • keine Veränderung der kriminogenen Störung • häufige Konflikte • Überangepasstheit in der Institution • Sekundärschäden durch lange Institutionalisierung • keine Therapiefortschritte • Entweichungen, Suchtmittel Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 137 Gesamtbeurteilung sehr günstig günstig neutral ungünstig sehr ungünstig schwerwiegende Delikte gegen körperliche, sexuelle oder psychische Integrität anderer zu erwarten? ja nein fraglich Zur Zeit besonders gefährlich ja nein bedingt Institut für Opferschutz und Täterbehandlung IOT 138