Herman Nohl Der pädagogische Bezug

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Herman Nohl
Der pädagogische Bezug
Referat am 30.10.2008
Hauptseminar, Pädagogische Psychologie: „Lehren und Lernen“
WS 2008 / 2009
Dozentinen: Dr. Diana Raufelder, Prof. Dr. Angela Ittel
Referierende: Claudia Schlaier, Conrad Rodenberg
Gliederung
1. kurze Einführung: Herman Nohl
2. Besprechung des Nohl-Textes
- Herausarbeitung von Kernbegriffen
- Betrachtung ausgewählter Zitate
- Zusammenfassung nach Paffrath
3. Rezeption / Kritik an Nohls Text
- Wolfgang Klafki
- Hermann Giesecke
- Klaus Mollenhauer
- Ekkehard von Braunmühl
4. eigene Kritikpunkte
Herman Nohl
(1879 – 1960)
Geisteswissenschaftliche Pädagogik
- Begründer und „Lehrer“ Nohls:
Wilhelm Dilthey
- Erziehung und Bildung als geistig-kulutrelles und
historisches Phänomen
- Pädagogik als pragmatische Wissenschaft
definiert
- Die Methodik der geisteswissenschaftlichen
Pädagogik ist der hermeneutische Zirkel
Wilhelm Dilthey,
Photographie, Atelier Dührkopp, Berlin, um 1910
(1833–1911)
Kernbegriffe
- Das subjektive Leben des ‚Zöglings‘
(Bezüge auf Rousseau, Pestalozzi, Fröbel, Otto, Montessori, Key)
- „Grundantinomie des pädagogischen Lebens“
synonym: „Doppelendigkeit aller Erziehung“ (Fröbel)
- Ursprung dieser „Doppelendigkeit“ in der familiären Erziehung
- Bildungsgemeinschaft
- Bildungserlebnis
- Das „höhere Selbst“ / das „höhere Leben“
- Idealbild und Rolle des Erziehers
Zitate I
Das subjektive Leben des ‚Zöglings‘
„(W)as immer an Ansprüchen aus der objektiven Kultur und sozialen
Bezügen an das Kind herantreten mag, es muß sich eine Umformung
gefallen lassen, die aus der Frage hervorgeht: welchen Sinn bekommt diese
Forderung im Zusammenhang des Lebens dieses Kindes für seinen Aufbau
und die Steigerung seiner Kräfte, und welche Mittel hat das Kind, um sie zu
bewältigen? Insofern ist also jede Pädagogik Individualpädagogik.“
(Nohl 1933, S. 160)
(…Volk als „Gesamtindividualität“)
„Grundantinomie des pädagogischen Lebens“
„Das Kind ist nicht bloß Selbstzweck, sondern ist auch den objektiven
Gehalten und Zielen verpflichtet, zu denen es hin erzogen wird, diese
Gehalte sind nicht nur Bildungsmittel für die individuelle Gestalt, sondern
haben einen eigenen Wert, und das Kind darf nicht bloß sich erzogen
werden, sondern auch der Kulturarbeit, dem Beruf und der nationalen
Gemeinschaft.“ (ebenda, S. 161)
Zitate II
„Doppelendigkeit“ in der familiären Erziehung nach Nohl
„In den ersten Lebensjahren gehört das Kind der Mutter und ihrer Pflege,
der Vater tritt erst in späteren Jahren mehr hervor mit dem Wachsen der
geistig herrschenden Kräfte im Kinde (…)“ (Nohl 1933, S. 163)
Bildungsgemeinschaft
„Die pädagogische Wirkung geht nicht aus von einem System von
geltenden Werten, sondern immer nur von einem ursprünglichen Selbst,
einem wirklichen Menschen mit einem festen Willen, wie sie auch auf einen
wirklichen Menschen gerichtet ist: die Formung aus einer Einheit.“
(ebenda, S. 167)
Bildungserlebnis
„Im Bildungserlebnis des jungen Menschen ist wesensmäßig die Hingabe an
den Lehrer und die Erfahrung von einem Wachstum und einer Formung
durch den anderen enthalten.“ (ebenda, S. 166)
Zitate III
Das „höhere Selbst“ / das „höhere Leben“
„Es ist ja leider auch nicht so, daß uns das höhere Selbst in uns ohne
Erziehung geschenkt werden würde, sondern es muß selbst erst geweckt,
gereinigt werden, ehe es erziehen kann, und auch dann bleibt immer noch
ein Moment von Hingabe und Empfangen im religiösen Verhältnis, das
pädagogischen Charakter hat.“ (Nohl 1933, S. 166)
Idealbild und Rolle des Erziehers
„Die Pädagogische Liebe zum Kinde ist die Liebe zu seinem Ideal.“ (S.171)
„Je zersplitterter oder unfertiger die Bildung einer Zeit ist, um so wichtiger
wird die Repräsentation des höheren Lebens vor dem Zögling in dem
einheitlichen Menschentum seines Erziehers, in dem das Bildungsideal
aufbewahrt ist (…)“ (ebenda, S.168)
Zusammenfassung nach Paffrath
- Ziel Nohls: Autonomiebegründung der Pädagogik
- via Sonderverhältniss von Erzieher und Zögling
- „zentrales Kernstück pädagogischer Praxis“
- Hauptakzent auf dem Erzieher
- „Anwalt des Kindes“, der die Ansprüche und Einflüsse der Gesellschaft filtert
Zusammenfassung nach Paffrath
Paffrath fragt: Kind nicht letztlich doch wieder nur Objekt?
Rezeprtion / Kritik I
Wolfgang Klafki
- Modell des pädagogischen Bezugs bis heute brauchbar
- Ergänzte, modifizierte und präzisierte das Modell
Klafki kritisiert die Idee der pädagogischen Autonomie:
- Schule als Schonraum, keine Möglichkeit für junge Menschen reale
Erfahrungen zu machen
- pädagogischer Bezug nur Binnenstruktur zwischen der/dem Erziehenden
und des jungen Menschen
Forderung:
realistischeres Modell des pädagogischen Bezugs, das nicht nur auf eine
Form der Beziehung festgelegt ist sondern auf viele.
Rezeprtion / Kritik II
Hermann Giesecke
Positive Aspekte:
größeres Verständnis gegenüber Kinder und Jugendliche
pädagogische Praxis weniger autoritär
- Theorie zur Auseinandersetzung zw. Pädagog_innen und Schüler_innen
Negative Aspekte:
Begriffe des pädagogischen Bezugs nicht ohne weiteres auf alle
pädagogischen Räume wie z.B. Schule und Heime anwendbar.
mögliche Folge: Erzieher_in mit zu hohen Ansprüchen
Lehrberuf soll nüchterne Aufgabe sein (Dienstleistungsfunktion)
Klaus Mollenhauer
1. Ausgangspunkt: sozialpädagogischen Erfahrungs- und Beziehungsebene
Forderung: sachliche „Erziehungsberatung“ statt enge Bindung wie bei Nohl.
2. Generelle Infragestellung des pädagogischen Bezugs
Forderung: Veränderung der Erziehungsbedingungen
Rezeprtion / Kritik III
Ekkehard von Braunmüller
-
Vertreter der Antipädagogik
lehnt pädagogischen Bezug entschieden ab
„Mit dem Erziehen aufhören, um das Kind und die Zukunft zu retten [...]
Freundschaft mit Kindern statt anmaßende Erziehung, prinzipielle
Gleichberechtigung statt Oben-unten-Beziehungen, Unterstützen statt
Erziehen...“ (Paffrath, 1983, S. 24)
Eigene Kritikpunkte
- Heteronormativität
- Religiöse Verklärtheit vs. Wissenschaftlichkeit
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