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Lehrveranstaltung
Seminar / Übung
Soziale Ungleichheit und Gesundheit
Dr. phil. Christian Janßen
Abt. Medizinische Soziologie
Institut für Arbeits- und Sozialmedizin
Universität zu Köln
[email protected]
Wer hat die größere Lebenserwartung?
Und warum?
Lebenserwartung ab Geburt (GBE 2006)
Lebenserwartung (ab Geburt)
SOEP, 1984-1997, 5.811 Personen ab 50 Jahre, 939 Todesfälle
Lebenserwartung (in Jahren)
Männer
Frauen
Äquivalenz-Einkommen
a) > Mittelwert
< Mittelwert
b) obere 25 %
untere 25 %
81
77 (- 4)
82
72 (-10)
85
83 (- 2)
86
81 (- 5)
Reil-Held A (2000): Einkommen und Sterblichkeit in Deutschland:
Leben Reiche länger? Beiträge zur angewandten Wirtschaftsforschung,
No. 580-00
Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Statistisches Bundesamt 2009
Todesursachen 2004 in Prozent der Sterbefälle
Bösartige Neubildungen (209 329)
6%
4%
7%
Krankheiten des Kreislaufsystems
(368 472)
27%
Myokardinfarkt (67 149)
9%
Krankheiten des Atmungssystems
(52 500)
Krankheiten des Verdauungssystems
(42 213)
47%
Quelle: Datenreport 2004, Statistisches Bundesamt
Verletzungen, Vergiftungen
und bestimmte andere Folgen äußerer
Ursachen (33 309)
Personen mit Bluthochdruck nach
sozialer Schicht (BGS 98)
Wolf, C.: Vorschläge zur Messung sozialer Ungleichheit. Beitrag zum Workshop
„Soziale Ungleichheit und Gesundheit“. Public Health Forschungsverbund NRW, 2002
Relative Häufigkeit chronischer Krankheiten von Unter- (US)
im Vergleich zur Oberschicht (OS) in Deutschland
Männer
Frauen
Prävalenz
OR
(US:OS)
Prävalenz
Herzinfarkt
3.3%
1.56
1.9%
2.15*
Schlaganfall
1.6%
2.56**
1.7%
2.01
Diabetes mellitus
3.8%
0.39**
4.1%
2.02**
Depression
12.5%
2.01***
20.8%
1.58***
Signifikanzniveaus: *** p < 0,001; ** p < 0,01; * p < 0,05
Quelle: Telefonischer Gesundheitssurvey 2003, > 18 J.
OR
(US:OS)
Bildung des Sozialschichtindizes nach Helmert (1993)
Schulbildung
Stellung im Beruf
Einkommen
Punktwert
-
Ungelernte Arbeiter
Unter 250 €
1
Kein
Schulabschluss
Beamte im einfachen Dienst,
angelernte Arbeiter
251 – 500 €
2
Hauptschule
Angestellte mit einfacher Tätigkeit
501 – 750 €
3
-
Beamte im mittleren Dienst, gelernte
Arbeiter, Fach-/Vorarbeiter
751 – 1000 €
4
Realschule
-
1001 – 1250 €
5
Fachhochschulreife
Beamte im gehobenen Dienst,
Selbständige Landwirte, Angestellte
mit qualifizierter Tätigkeit
1251 – 1500 €
6
Abitur
Selbständige mit bis zu 9
Angestellten
1501 – 1750 €
7
Hochschule
Beamte im höheren Dienst,
Angestellte mit hochqualifizierter
Tätigkeit
1751 – 2000 €
8
-
Selbständige mit 10 oder mehr
Mitarbeitern
2001 – 2500 €
9
-
-
2501 – mehr €
10
Helmert
Untere
Schicht
Untere
Mittelschicht
Mittlere
Mittelschicht
Obere
Mittelschicht
Obere
Schicht
4 – 9 Pkt.
vs.
Winkler
Untere
Schicht
3 – 8 Pkt.
Mittlere
Schicht
9 - 14 Pkt.
Obere
Schicht
15 – 21
Pkt.
10-11 Pkt.
12 – 14 Pkt.
15 – 18 Pkt.
19 – 27 Pkt.
5 Gruppen / ca. 20 %
3 Gruppen / je 6 - 7 Pkt.
Sozialer Status und soziale Schicht
LS_1?
LS_2?
Oberschicht
Bildung
Beruf
Mittelschicht
Einkommen
Unterschicht
Janßen, C.: Lebensstil oder Schicht? Berlin: Logos, 1999
Schematische Darstellung des sozialen
Gradienten von Morbidität und Mortalität
hoch
Morbidität
&
Mortalität
niedrig
niedrig
hoch
Sozioökonomischer Status
Marmot & Wilkinson (2006): Social Determinants of Health. New York: Oxford
Das Modell der gesundheitlichen Ungleichheit
Soziale Ungleichheit
Bildung, Beruf & Einkommen
Gesundheitliche
Belastungen
Wohnen, Arbeit
Bewältigungsressourcen
Kontrollüberzeugungen
soziale Unterstützung
gesundheitliche
Versorgung
Prävention, Kuration
Rehabilitation
Unterschiede
im Gesundheitsverhalten
Gewicht, Rauchen, Alkohol, Bewegung Ernährung
Gesundheitliche Ungleichheit
Lebensqualität, Morbidität & Mortalität
Angelehnt an: Mielck. Soziale Ungleichheit & Gesundheit. Bern: Huber, 2000
Das Modell beruflicher Gratifikationskrisen (Siegrist 2000)
hohe
Verausgabung
extrinsisch
- Anforderungen
- Verpflichtungen
niedrige
Belohnung
intrinsisch
- kritische Bewältigung,
z.B. berufliche
Kontrollbestrebungen
- Einkommen
- Anerkennung
- Statuskontrolle
Pfaff, H., Janßen, C. (2004): Soziologische Gesundheits- und Krankheitsmodelle. In:
Strauß et al. Lehrbuch Medizinische Psychologie und Soziologie. Göttingen: Hogrefe
Janßen, C. (2001): Soziale Schicht und „Gesundheitliche Kontrollüberzeugungen“ (Health Locus of Control). In: A. Mielck & Bloomfield, K.
(Hrsg.): Sozial-Epidemiologie - Eine Einführung in die Grundlagen, Ergebnisse
und Umsetzungsmöglichkeiten. Weinheim & München: Juventa.
Janßen, C. (2001): Soziale Schicht und „Gesundheitliche Kontrollüberzeugungen“ (Health Locus of Control). In: A. Mielck & Bloomfield, K.
(Hrsg.): Sozial-Epidemiologie - Eine Einführung in die Grundlagen, Ergebnisse
und Umsetzungsmöglichkeiten. Weinheim & München: Juventa.
1 = Belastung; 2 = Prävention; 3 = Puffer; 4 = Direkteffekt
Janssen, C. & Pfaff, H. (2006): Psycho-social environments. In Kerr, J., Weitkunat, R.,
Moretti, M. (eds.): ABC of Behavior Change: A guide to successful disease prevention and
health promotion. London: Elsevier
Sterblichkeit in Abhängigkeit vom Grad der sozialen
Einbindung (Alameda-County-Studie)
39,4
40
Männer
40
Frauen
33
30,8
29,4
30
30
26,3
21,8
20
20
18,2
16,7
17,7
IV. stärkste soziale
Einbindung
III.
II.
15,3
12,1
9,6
10
5,3
2,4
9,7
10
6,9
6,1
4,3
3,1
1,5
8
7,3
I. schwächste soziale
Einbindung
4,9
2
0
0
N = (1402)
N = (501)
N = (326)
N = (1535)
N = (574)
N = (387)
Siegrist (2005): Medizinische Soziologie. München: Urban & Schwarzenberg
Helmert et al.: „Soziale Einflussfaktoren für die Mortalität von männlichen Krankenversicherten in den Jahren 1989 bis 2000. Gesundheitswesen 2002; 64:3-10
viele enge Beziehungen
wenig enge Beziehungen
3
2,5
2
1,5
1
0,5
0
Frauen
Männer
Enge soziale Beziehungen und Fünfjahresmortalität, MONICA-Kohorte 1989/90
(55 bis 74 Jahre): Hazard Rate Ratios (Baumann et al. 1998)
Literaturrecherche mit den Schlagworten „Deutschland“,
„medizinische Versorgung“, „sozial“, Publikationen seit 2000
Ambulant
N = 503
Stationär
n
Prävention
Icks 2006, Bergmann et al.
2005, Horch & Wirtz 2005,
Klug 2005, Elsässer 2004,
Wiesemann 2004, Zeeb et
al. 2004, Arndt 2001,
Bergmann 2000
---
9
Kuration
Bergmann et al. 2005, Bischof
2005, Gutknecht 2005,
Häuser 2005, Mielck et al.
2005, Smythe 2004,
Westhoff 2004, Breyer
2003, Steinmeyer 2001,
Hesse 2000
Brause 2006, Breyer 2003, Geyer
2002, Backmund 2001, Icks
2001, von Wachter 2000
16
Rehabilitation
---
Altenhoener 2005,
Karoff 2003
2
8
27
n
19
Janßen et al. (2006): Soziale Ungleichheit, medizinische und gesundheitsbezogene
Versorgung in Deutschland. In Richter & Hurrelmann (Hrsg.): Gesundheitliche Ungleichheit –
Grundlagen, Probleme, Perspektiven. Wiesbaden: VS-Verlag
Empirische Ergebnisse im Rahmen der ambulanten Prävention
Autor
Stichprobe
Ergebnis
Icks et al.
2006
Teilnehmer des KORA-Survey 2000
mit bekanntem Typ 2-Diabetes
(n=149)
Kenntnis des Begriffes HbA1C erhöht sich signifikant mit
steigendem sozialen Status
Bergmann
et al. 2005
Teilnehmer des telefonischen
Gesundheitssurveys 2003 (n=8.318)
Steigende Arztkontaktrate & Krebsfrüherkennung bei
steigendem Schichtindex
Horch &
Wirtz 2005
Teilnehmer des telefonischen
Gesundheitssurveys 2003 (n=8.318)
Häufigkeit der Informationsnutzung und Anzahl der
genutzten Medien steigt mit steigender Schicht
Klug et al.
2005
Zufällig ausgewählte Frauen in
Bielefeld (n = 532)
Alter bei der ersten Mammographie/Abstrich bzw.
Unkenntnis sinkt bei steigender sozialer Schicht;
Ellsässer
2004
Teilnehmer an Schuleingangsuntersuchungen in Brandenburg
2003 (n = 18.187)
Höhere Inanspruchnahme der U-Untersuchungen /
Impfungen bei steigendem Sozialstatus der Eltern
Wiesemann
et al. 2004
Teilnehmer an einem
Aufklärungsprogramm (n= 1.175)
Bei den Teilnehmern am praktischen Teil stieg die
Bereitschaft, Geld für Gesundheit auszugeben, mit
steigendem Einkommen
Zeeb et al.
2004
Begleitpersonen von Kindern bei der
Schuleingangsuntersuchung (n=565)
Sozioökonomischer Status war nicht mit einer
körperlichen Erkrankung assoziiert
Arndt et al.
2001
An Brustkrebs erkrankte Frauen
(n=380)
Sozioökonomische Variablen zeigten keine
Zusammenhänge zur späten Brustkrebsdiagnose
Bergmann
et al. 2000
Repräsentative Befragung von
werdenden und gerade gewordenen
Eltern (n=5.900)
Mütter mit Hochschulabschluss nützen häufiger und
andere Informationsquellen als Mütter mit
abgeschlossener Lehre
Soziale Ungleichheit
Bildung, Beruf, Einkommen
Unterschiede in den
Belastungen
(Wohnung, Arbeit)
Unterschiede in den
Ressourcen
(Kontrollüberzeugungen,
soziale Unterstützung)
Unterschiede in der
Versorgung
(ambulant, stationär;
präventiv, kurativ, reha)
Unterschiede
im Gesundheitsverhalten
(GRABE-Index [Janßen et al. 1998])
Gesundheitliche Ungleichheit
(Lebensqualität, Morbidität & Mortalität)
Modifiziert nach Mielck (2000): Soziale Ungleichheit & Gesundheit. Bern: Huber
Personen, die zur Zeit rauchen nach
sozialer Schicht (BGS 98)
%a
Odds-Ratiob
Fallzahl
Oberschicht
27.2
1.00
1489
Mittelschicht
32.9
1.22
3806
Unterschicht
36.8
1.71
1583
a Anteil von Personen, die zur Zeit rauchen; ohne keine Angabe
b Odds-Ratio im Vergleich zur Oberschicht; kontrolliert nach Alter, Geschlecht und
Ost-West.
Wolf, C.: Vorschläge zur Messung sozialer Ungleichheit. Beitrag zum Workshop
„Soziale Ungleichheit und Gesundheit“. Public Health Forschungsverbund NRW, 2002
Personen mit starkem Übergewicht nach
sozialer Schicht (BGS 98)
%a
Odds-Ratiob
Fallzahl
Oberschicht
13.5
1.00
1483
Mittelschicht
19.6
1.63
3781
Unterschicht
27.6
2.27
1573
a Anteil von adipösen Personen (Body-Mass-Index> 30)
b Odds-Ratio im Vergleich zur Oberschicht; kontrolliert nach Alter, Geschlecht und
Ost-West.
Wolf, C.: Vorschläge zur Messung sozialer Ungleichheit. Beitrag zum Workshop
„Soziale Ungleichheit und Gesundheit“. Public Health Forschungsverbund NRW, 2002
Begleit- und Folgeerkrankungen der
Adipositas nach dem relativen Risiko
(RR)
Quelle: World Health Organization: Obesity: Preventing and Managing the
Global Epidemic. Report of a WHO Consultation. Geneva, WHO Technical
Report Series 894, 2000.
Bundesgesundheitssurvey 1998 – BGS 98, RKI Berlin
Von Lengerke, Janßen & John (2006): Sense of Coherence, health locus of control,
and quality of life in obese adults. International Journal of Public Health
Soziale Ungleichheit in der Unzufriedenheit mit
dem Gewicht unter Adipösen
Helmert-Index
Frauen
OR
obere
Schicht
obere mittlere
Schicht
mittlere mittlere
Schicht
untere mittlere
Schicht
untere Schicht
95%-KI
Männer
OR
95%-KI
1.47 0.5 - 4.8
3.67
1.8 - 7.5
1.54 0.7 - 3.6
3.25
1.7 - 6.3
0.88 0.5 - 1.7
2.06
1.1 - 3.8
0.82 0.5 - 1.5
1.55
0.8 - 2.9
1.00
1.00
-
-
Adj. für BMI, Alter, Familienstand, Stadt/Land, Diät, RABE-Parameter
Von Lengerke T et al. (2005): Utilization of Out- and Inpatient Health Services by
Obese Adults. Gesundheitswesen
Mittlerer täglicher Obst- und Gemüseverzehr (ohne Kartoffeln)
in Gramm pro Tag nach Alter, Sozialschicht und Geschlecht, Deutschland, 1998
Mittlerer täglicher Obst- und Gemüseverzehr in Gramm
Alter
in Jahren
weiblich
männlich
einschließlich Säfte / ohne Säfte
einschließlich Säfte / ohne Säfte
18 - 29
638 / 383
602 / 352
30 - 39
616 / 449
564 / 396
40 - 49
610 / 474
602 / 447
50 - 59
630 / 507
606 / 470
60 - 69
565 / 465
577 / 469
70 - 79
540 / 464
564 / 445
18 - 79
603 / 456
587 / 424
obere
625 / 479
596 / 453
mittlere
616 / 462
580 / 419
untere
556 / 426
602 / 399
Sozialschicht
Quelle(n): Robert Koch-Insitut (RKI): Bundesgesundheitssurvey 1998, Unterstichprobe Ernährungssurvey
Genetik
 Zwillingsstudien aus Australien, Großbritannien, Skandinavien und den
USA belegen einen genetischen Einfluss auf die Entwicklung eines
regelmäßigen und abhängigen Rauchens (50-71% Varianzaufklärung)
(Heath und Martin, 1993; Heath und Madden, 1995;Heath et al. 1995;
Perkins et al., 1996; Swan et al., 1997; True et al, 1997).
 Kandidatengene für eine genetische Prädisposition zum abhängigen
Tabakkonsum wurden bereits entdeckt
“The strongest contribution of heredity seems to be on the persistence
of smoking: being more dependent and failing to quit.“ (Gorrod et al.,
1998)
Angelehnt an Mielck (2000): Soziale Ungleichheit & Gesundheit. Bern: Huber
Soziale Ungleichheit
Alter, Geschlecht, Bildung, Beruf & Einkommen
(Janßen 1999)
Unterschiede in den
Belastungen
Wohnung, Arbeit
Unterschiede in den
Ressourcen
(Janßen 2001)
Unterschiede
im Gesundheitsverhalten
GRABE-Index (Janßen et al. 1999)
Y
Gesundheitliche Ungleichheit
Lebensqualität, Morbidität
(Janßen et al. 2007)
Unterschiede in der
Versorgung
(Janßen et al. 2006)
Themenvergabe
2. Sitzung: Wohnen
2. Sitzung: Arbeit
3. Sitzung: HLC
3. Sitzung: social support
4. Sitzung: Versorgungssystem
4. Sitzung: Versorgungssystem
5. Sitzung: GEB
5. Sitzung: RA
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