Amt und Gemeinde - Universität Duisburg

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Kirchengeschichte der Frühen Neuzeit
Modul 2: Das Christentum in seiner Geschichte
Amt und Gemeinde
Die traditionelle Form
christlichen Lebens
Universität Duisburg-Essen, Winter-Semester 2006/07
Gregormesse
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
lutherischer Gottesdienst
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
Übersicht
1. Vom allgemeinen Priestertum zum landesherrlichen
Kirchenregiment
2. Die calvinistische Basiskirche
3. Der Hausvater und die christliche Familie
• Ekklesiologie
- die Lehre von der Kirche
- griech.: εκκλησία, lat.: ecclesia; kath.: sakramentale, durch
Bischöfe repräsentierte Organisation mit dem Primat des
römischen Bischofs; luth.: durch Predigtamt konstituierte
Gemeinschaft; reformiert: presbyterial-synodal organisierte
Basiskirche; täuferisch: Gemeinschaft der Glaubenden
KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
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1.1 Luthers Adelsschrift
Portrait von Lucas Cranach d.Ä., 1520
Die unvergänglichen Abbilder seines Geistes
bringt Luther selbst hervor, seine sterblichen
Züge jedoch das Wachs des Lucas
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
1.2 Begriffsklärungen
• Stand
– rechtlich und sozial abgeschlossene gesellschaftl. Schicht
• Qualifizierung durch Geburt, Beruf oder Bildung; kirchlicherseits meist
Zweiteilung: Kleriker / Laien; im Früh- u. HochMA Differenzierung in Adel,
Freie und Unfreie; im SpätMA: Adel/Bürger/Bauern; verfassungsrechtlich:
Adel/Prälaten/Städte (Bürger)
• Kleriker
– Person geistlichen Standes
• Aufnahme in den Stand des Klerikers erfolgte früher durch die Tonsur ; mit
dem Klerikerstand waren Privilegien verbunden: p.canonici (bes.
Rechtschutz), fori (weltl. Gericht), immunitatis (Abgaben); Pflichten u.a.:
Zölibat für Priester u. Mönch seit Lateran II, 1139
• Weihesakrament
– Einsetzung zum Bischof, Priester oder Diakon
• durch Handauflegung und Weihegebet wird die Gabe des Heiligen Geistes
auf den Anwärter übertragen; beim Bischof wird das Haupt mit Chrisam
(Salböl) gesalbt; beim Priester: Gehorsamsversprechen und Gelöbnis der
Ehelosigkeit; seit Vaticanum II als Diakone auch viri probati zugelassen
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1.3 allgemeines Priestertum – Luther: Adelsschrift
alle
sind wahrhaft
geistlichen
Standes
und ist
unter
DanChristen
alle Christen
sein warhafftig
geystlichs
stands,
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ist
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außerdenn
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Das ...
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kein unterscheyd,
halben ...
allein,
alles
dassdas
wir wir
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Taufe,
einein
Evangelium
undeynen
Glauben
das macht,
macht allis,
tauff,
Evangelium,
haben
undhaben,
auf gleiche
Christen
sind; denn
glauben
unnd Weise
sein gleyche
Christen,
den die
die Taufe,
tauff,
Evangelium
Evangeliumund
undGlauben,
glauben,die
diemachen
machenallein
allein geistlich
geistlich und
und
Christenvolk.
... Demnach
werden
wir allesamt
durch diedurch
Taufe
Christen volck.
... Dem nach
szo werden
wir allesampt
zu
(vgl. 1. Petr.2;
Offenb.
... Denn wo
diePriestern
tauff zu geweihet.
priestern geweyhet,
... dan
wo nit5,10)
ein hoher
nicht
eine
Weihe
uns
wäre,
als der
Papstgibt,
oderszo
weyen
in höhere
uns were,
den in
der
Bapst
odder
Bischoff
Bischof
gibt, so mehr
würdedurch
durchBabsts
des Papstes
und Bischofs
Weihen
wurd nymmer
vnnd Bischoff
weyhen
ein
nimmermehr
ein Priester
gemacht ...
priester gemacht
…
(Martin Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation. Von
des christlichen Standes Besserung, 1520, WA 6, 407)
WA = Weimarer Gesamtausgabe der Werke Martin Luthers, Weimar 1883 ff
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
1.4 die Vollmacht der Gemeinde , 1523
• Sonst wo nicht solch nott [an Verkündigung des
Evangeliums] da ist und fur handen sind, die recht und
gnad haben zu leren, soll keyn Bischoff yemand
eynsetzen on der gemeyn wal, will und beruffen,
sondern soll den erwelten und beruffen von der
gemeyne bestettigen; thut ers nicht, das der selb [der
Pfarrer] dennoch bestettiget sey durch den gemeyne
beruffen. Denn es hat widder Titus noch Timothes noch
Paulus yhe eynen priester eyngesetzt on der gemeyne
erwelen und beruffen [Titus 1,7; 1.Tim 3,2].
Martin Luther, Daß eine christliche Versammlung oder
Gemeine Recht und Macht habe, alle Lehre zu urteilen und
Lehrer zu berufen, ein- und abzusaetzen. Grund und Ursach
aus der Schrift. 1523, WA 11, 414
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1.5 der große Bauernkrieg 1525
• 1524-1525
– Der große Bauernkrieg, eine christliche Sozialrevolte
– im südlichen Schwarzwald begonnen, verbreitete er sich über große
Teile Süd- und Mitteldeutschlands; ideelle Grundlage: «Die zwölf
Artikel»; blutige Niederlagen in Weinsberg und Mühlhausen; markiert
einen Wendepunkt in der lutherischen Reformationsgeschichte
Luthers Gegenschriften:
1) Ermanunge zum fride auff die zwelff artikel der
Bawrschafft ynn Schwaben
2) Wider die sturmenden Bawren Auch wider die
reuberischen vnd mördisschen rotten der andern
Bawren
Die Grundtlichen vnd rechten
„Solch wunderliche Zeiten sind jetzt, dass ein Fürst
haupt Artikel aller Baurschafft
den Himmel mit Blutvergießen leichter verdienen
vnd Hyndersessen der
kann als andere mit Beten ... Drum, liebe Herren,
Geistlichen vn weltlichen
... steche, würge hier, wer da kann, bleibst Du
oberkayten, von welchen sy sich drüber tot, wohl Dir, seligeren Tod kannst Du
beschwert vermainen¹
nimmermehr überkommen.“
KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
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1.6 der Beginn eines
neuen Kirchenwesens
Melan – chthon
Schwarz – erdt
melanos – chthon
μέλανος - χδών
Dürer: Philipp Melanchthon, 1626
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
1.7 sächsische Visitation, 1528
• [wenn eine Vakanz in einer Pfarre eintritt] und andere an
yhre stat durch yhre lehenherrn genomen würden, ...
sollen zuvor, ehr sie mit den Pfarren belehnt odder zu
Prediger auffgenomen werden, dem Superattendenten
fürgestellet werden. Der soll verhören und examiniren,
wie sie ynn yhrer lere und leben geschickt, ob das volck
mit yhnen genugsam versehen sey, Auff das durch
Gottes hülffe mit vleis verhütet werde, das kein
ungelerter odder ungeschickter zu verfürung des armen
volcks auffgenomen werde.
Philipp Melanchthon, Unterricht der Visitatoren, [1528], WA 26, 235
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
1.8 der Landesherr als Bischof
der Fürst:
praecipuum membrum ecclesiae,
das vornehmste Glied der Kirche
Johann Friedrich, „der
Großmütige“, Kurfürst von
Sachsen seit 1532
von links nach rechts:
Luther, Magister Georg Spalatin, Kf.
Johann Friedrich, Kanzler Dr. Gregor
Brück, Philipp Melanchthon
Lukas Cranach d.Ä., 1532/39, Altarfragment (?), Museum of Art,
Toledo/Ohio
KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
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1.9 das landesherrliche Kirchenregiment
• Welcher Regent ... nun auch öffentliche, allgemeine
Reichs- und Friedensschlüsse für sich hat, daß er
Episcopus in externis sei und daß er auch die anderen
jura Episcopalia, welche die Bischöfe sonst allein für sich
oder durch ihre Officiales verrichtet, durch gewisse dazu
bestellte ... Personen, die man Consistoriales oder
Superintendentes (das ist eben so viel als Episcopi)
nennt, zu führen habe, der wird ja daraus ... erkennen,
daß es nicht zu verantworten sei, wenn er .. damit ..
unordentlich umgeht
Veit Ludwig von Seckendorff, Christenstaat (1685)
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
1.10 Glossar zum landesherrlichen Kirchenregiment
• Summus episcopus
– Bischofsamt einer weltlichen Obrigkeit
• in der Reformation nach Wegfall der bisherigen bischöflichen Jurisdiktion
ausgebildet; bei Melanchthon als membrum praecipuum bezeichnet, dann
als Notbischof, schließlich, seit dem Westfälischen Frieden als summus
episcopus
• Konsistorium (lutherisch)
– oberste Verwaltungsbehörde der Landes- bzw. Provinzialkirche
• übte im Namen des Landesherrn dessen kirchl. Regierungsrechte aus
(Summepiskopat); Leitung: kollegiales Gremium aus Juristen und
Theologen; nach 1918 in Landeskirchenamt umbenannt; im 19. Jh. wurde
diese Kirchenstruktur um synodale Elemente erweitert
• Ius circa sacra
– Recht über kirchliche Angelegenheiten zu entscheiden
• im Gegensatz zum ius in sacra als reine innerkirchliche Angelegenheit die
juristische Kompetenz, in allen äußerlichen Fragen des kirchlichen Lebens
zu entscheiden (Kult, Ordnung, Organisation etc.), wobei die
Differenzierung problematisch bleibt
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
Übersicht
1. Vom allgemeinen Priestertum zum landesherrlichen
Kirchenregiment
2. die calvinistische Basiskirche
3. der Hausvater und die christliche Familie
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
2.1 die Calvinistische Basiskirche – der Reformator Johannes Calvin
... wie David von den Schafhürden
• Jean Calvin (1509-1564)
weg zur höchsten Stelle im Reich
– mich
Reformator Genfs und
erhoben worden ist, so hat Gott
Westeuropas
aus meinen dunklen und geringen
Verhältnissen emporgezogen und
mich des ehrenvollen Amtes
gewürdigt, ein Verkünder und Diener
1509-1564; Studium der klass.
seines Evangeliums zu sein. ... Und
Lit. und Recht in Paris, Orléans;
während ich nur im Sinne hatte,
nach Bruch mit Tradition
irgendwo unbekannt in Muße zu
Aufenthalt in Basel, Genf,
leben, führte mich Gott auf allerlei
Straßburg, Genf (seit 1540);
Umwegen ... bis er mich, ganz
prägt die «reformierte
entgegen meiner natürlichen
Theologie» und Kirche
Veranlagung, schließlich ans helle
(ämterorientierte Laienkirche
Licht zog.
mit strenger Kirchenzucht)
Jean Calvin, Psalmenkommentar.
Vorrede (1557) , - Schwarz 3. 895ff
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
2.2 die Calvinistische Basiskirche – die Stadt Genf
• Genf
– Wirkungsstätte Calvins
• ehemals Bischofsstadt, unter dem Schutz von Bern Vertreibung des
Bischofs und Öffnung zur Reformation; 1540 Calvin geht endgültig in
die Stadt; 1553 erste protestantische Ketzerverbrennung (Michel
Servet); 1559 Gründung einer Akademie (Théodore Bèze); von dort
Ausstrahlung des Calvinismus auf Westeuropa; heute: Sitz des
ökumen. Rates der Kirchen
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
2.3 die Calvinistische Basiskirche – die Genfer Kirchenordnung
• Erstlich gibt es vier Klassen und Arten von Aufträgen, die
unser Herr für die Leitung seiner Kirche gestiftet hat,
nämlich die Pastoren, dann die Doktoren, hierauf die
Ältesten, viertens die Diakonen ... Der Auftrag der
Pastoren ... ist, das Wort Gottes zur Lehre, zur
Ermahnung, zur Zurechtweisung und zum Tadel
öffentlich und den einzelnen zu verkündigen, die
Sakramente zu verwalten und zusammen mit den
Ältesten (und Ratsbeauftragten) die brüderliche
Zurechtweisung durchzuführen
Jean Calvin, Ordonnaces ecclésiastiques, 1541, 2.Aufl. 1561 , I.2.4
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
2.4 die Calvinistische Basiskirche – die Genfer Kirchenzucht
• Ihre [der Ältesten] Aufgabe ist, über den Lebenswandel
jedes einzelnen zu wachen und die in Liebe zu
ermahnen, die sie straucheln und ein ungeordnetes
Leben führen sehen... Entsprechend der Lage der
l‘avancement
du
Royaume
de
Dieu,
hiesigen Kirche soll man dafür zwei aus dem Kleinen,
vier aus dem Mittleren
und sechs aus dem
Großen Rat
der Fortschritt
der Königsherrschaft
Gottes
wählen, Leute von gutem und ehrbarem Lebenswandel,
... Und bei ihrer Wahl wird man darauf achten müssen,
daß jedes Stadtviertel berücksichtigt wird, damit sie
überall ihre Augen haben können ...
Jean Calvin, Ordonnances ecclésiastiques, 1541, ²1561, I.48.49
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
2.5 die Calvinistische Basiskirche – die Prüfung der Pastoren
• Die Prüfung [des Pastors] besteht aus zwei Teilen. Der
erste betrifft die Lehre, nämlich ob der zu Berufende eine
gute und heilige Kenntnis der Schrift hat, und ferner, ob
er geschickt und fähig ist, sie dem Volk zu seiner
Erbauung zu übermitteln ... Der zweite Teil der Prüfung
betrifft seinen Lebenswandel. Es ist festzustellen, ob er
ein gutes Benehmen besitzt und sich immer untadelig
geführt hat. Die Art des Vorgehens ist von Paulus
ausgezeichnet geschildert worden [1.Tim 3,1ff].
Jean Calvin, Ordonnances ecclésiastiques, 1541, ²1561; I.6.9
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2.6 die reformierte Basiskirche – die Emder Synode
• Nulla Ecclesia in alias, nullus Minister in Ministros,
Senior in Seniores, Diaconus in Diaconos primatum seu
dominationem obtinebit, sed potius omni suspicione sibi
cavebit. / Keine Kirche soll über andere Kirchen, kein
Diener des Wortes über andere Diener des Wortes,
Ältester über Älteste, Diakon über Diakone einen Primat
oder Weisungsbefugnis erhalten, ja soll sich selbst vor
jedem Verdacht [irgendeiner Vorrangstellung] hüten.
Acta Synodi ecclesiarum Belgicarum
habitae Embdae (1571) , art. 1 BSKORK, 279
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2.7 Die Duisburger Generalsynode
von 1610 – die „Kirche unter dem
Kreuz“ tritt ans Licht
•
Titelblatt des Duisburger
Protokollbuchs
Umschrift: SIG[illum]
SYNODI GENERALIS
IUL[iaci] CLIV[iae] MONT[is]
MARCH[iae]
innen: PETRA CHRISTUS
KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
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2.8 die niederrheinischen
Herzogtümer
Jülich
im
Kleve 16. Jahrhundert
Berg
ab 1610:
Kleve
Mark
Brandenburg-Preußen
Jülich
Berg
Pfalz-Zweibrücken
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
2.9 die Synodalstruktur der
protestantischen Kirche am
Niederrhein
Vom sechsten: [9.] Ferners halten die anwesende Brüder dafür,
daß zu Vortpflanzung und Erbauung der Kirchen sehr dienlich,
daß die bis anhero unter dem Creuz geubte Zusammenkunften der
Kirchendiener und Eltisten auf folgende Weise soll continuirt
werden:
[species Conventuum] 1) Irstlich daß eine jede Gemeine ihr
Presbyterium oder Consistorium habe und underhalte; oder wo
eine Gemeinde allein zu schwach oder zu gering darzu were, sich
zwo, drei oder mehr zusamentuen und unter ihnen ein gemeines
Consistorium anstellen. -Zum anderen daß alle Kirchen in gewisse
Classes geteilt und in jede Class gewisse Kirchen gezogen
werden, die ihre Classicos Conventus haben und zu bestimbten
Zeiten besuchen sollen. - Zum dritten daß die Classes den
Provincialibus Synodis zu gebuerlichen Zeiten beiwohnen, und
zum vierten die Provinciales die Generales Synodos auch
besuchen sollen.
KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
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2.9a reformierte Kirchenstruktur
Generalsynode
Provinzialsynode
Classis, Kreissynode
Kirchengemeinde, Prebyterium
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2.10 die reformierte Basiskirche - Glossar
• Synode
– übergemeindliche Kirchenversammlung
– von der reformierten Basiskirche, ohne landesherrlichen Schutz,
entwickelte Organisationsform, in der Geistliche (minister verbi) und
Laien (Presbyter) gleichberechtigt sind; Synodenhierarchie: Gemeinde
< Kreissynode (Classis) < Provinzialsynode < General- oder
Nationalsynode
• Presbyterium
– Rat der Ältesten, Leitungsgremium der Gemeinde
– aus Laien zusammengesetzt; bilden mit den Geistlichen zusammen
das Consistoire (Konsistorium, reformiert), dessen Hauptaufgabe die
Kirchenzucht ist; entsendet Vertreter in die nächst höhere Synode
(Classis)
• Kirche unter dem Kreuz
– Selbstbezeichnung niederländischen Flüchtlingsgemeinden
– der Niederrhein war ein wichtiger Zufluchtsort vor der spanischen
Verfolgung der Protestanten in den Niederlanden; trotz der relativ
milden herzoglichen Regierung waren sie wegen der chaotischen
Zustände immer wieder Verfolgungen ausgesetzt
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
Übersicht
1. Vom allgemeinen Priestertum zum landesherrlichen
Kirchenregiment
2. die calvinistische Basiskirche
3. der Hausvater und die christliche
Familie
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
3.1 der Hausvater als Zentrum der christlichen Sozialisation
• Martin Luther, Enchiridion. Der kleine Katechismus fur
die gemeine Pfarrherr und Prediger (1529)
– DAS ERSTE HAUPTSTÜCK: Die zehn Gebote,
• wie sie ein Hausvater den Seinen einfältig vorhalten soll
– Das erste Gebot
» Ich bin der Herr, dein Gott ...
– DAS ZWEITE HAUPTSTÜCK: Der christliche Glaube,
• wie ihn ein Hausvater den Seinen aufs einfältigste vorhalten
soll.
– Der erste Artikel
Parvus catechismus
pro pueris in schola. Quo pacto
– Von der Schöpfung
paedagogi
suos pueros decem praecepta (bzw.
» Ich glaube an Gott den Vater, den Allmächtigen, Schöpfer
symbolum apostolicum,
Dominicam,
Himmels und derorationem
Erde.
– Was ist
das?
sacramentum
baptismi,
sacramentum altaris)
» Ich
glaube, daß
mich Gott geschaffen hat ...
simplicissime
docere
debeant
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
3.2 Der Kleine Katechismus Martin Luthers, 1529
Das Erste Hauptstück
• Die Zehn Gebote
Das Zweite Hauptstück
• Der Glaube (das apostolische Glaubensbekenntnis)
Das Dritte Hauptstück
• Das Vater Unser (die 7 Bitten mit Anrede und Beschluss)
Das Vierte Hauptstück
• Das Sakrament der heiligen Taufe (4 Abschnitte: Was ist die
Taufe? Was gibt oder nützt die Taufe? Wie kann Wasser solch große
Dinge tun? Was bedeutet denn solch Wassertaufen?)
Das Fünfte Hauptstück
• Das Sakrament des Altars oder das Heilige Abendmahl
Anhang
• Mustergebete, Haustafel (standesspezifische Ermahnungen auf
der Basis von Bibelpassagen)
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
3.3 Das Morgengebet des Kleines Katechismus, 1529
Wie ein Hausvater sein Gesinde soll lehren, morgens und abends sich
segenen¹.
• Des walt Gott Vater, Sohn, heiliger Geist, Amen.
Darauf knieend² oder stehend den Glauben (das apostolische
Glaubensbekenntnis) und das Vaterunser; willst Du, so magst Du
dies Gebetlin dazu sprechen:
• Ich danke Dir, mein himmlischer Vater, durch Jesum Christ,
Deinen lieben Sohn, daß Du mich diese Nacht fur allem
Schaden und Fahr behut hast, und bitte Dich, Du wollest mich
diesen Tag auch behuten fur Sunden und allem Ubel, daß Dir
alle mein Tun und Leben gefalle; denn ich befehle mich, mein
Leib und Seele und alles in Deine Hände. Dein heiliger Engel
sei mit mir, daß der bose Feind keine Macht an mir finde, Amen.
Und alsdenn mit Freuden an Dein Werk gegangen und etwa ein Lied
gesungen, als die zehn Gepot³ oder was Dein Andacht gibt.
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
3.4 der Heidelberger Katechismus, 1563
• Catechismus in unserer Christlichen Religion heißt ein
kurzer und einfältiger¹ mündlicher Bericht² von dem
fürnehmsten³ Stücken der christlichen Lehre, darinnen
von den Jugendlichen und Einfältigen wiederum
gefordert und gehört wird, was sie gelernt haben. Denn
es haben alle Gottseligen von Anbeginn der christlichen
Kirchen sich beflissen, ihre Kinder daheim, in Schulen
und Kirchen in der Furcht des Herrn zu unterweisen ...
• 1. Teil: Von des Menschen Elend
modernisierter Text aus der Einleitung zum Katechismus in der
• 2.Kirchenordnung
Teil: Von des
Menschen Erlösung (enthält ausführliche
der Kurpfalz, mit der 1563 dort die reformierte Konfession
Analyse
des Glaubensbekenntnisses
vom Kurfürsten
eingeführt wurde; zitiert nach: und Erläuterung von
Taufe
und Abendmahl)
Bekenntnisschriften
und Kirchenordnungen der nach Gottes Wort
4,
hg. v. Wilhelm Niesel,
2. Aufl., Zollikon-Zürich
(1938)
• 3.reformierten
Teil: VonKirche,
der Dankbarkeit
(Erklärung
der 10 Gebote
und
S. 148
Vaterunser)
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
3.5 der Catechismus Romanus, 1566
• erster offizieller katholische Katechismus, 1566
– setzt die Beschlüsse des Trienter Konzils lehrmäßig um;
• Vorläufer: Katechismus des Petrus Canisius SJ, 1555;
• Adressat: nicht Kinder, sondern Pfarrer als Leitfaden für
Predigt und Unterricht;
• in humanistischer Manier in Frage- und Antwortform verfasst;
• neben der Professio fidei Tridentina,1564 prägt der CR
maßgeblich den neuzeitlichen Katholizismus bis zum zweiten
Vatikanischen Konzil (1962-65)
heute, nach mehreren Vorläufern, ersetzt durch:
Katechismus der katholischen Kirche, 1993
lat.: Catechismus catholicae ecclesiae, 1991
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
3.6 das freie exercitium privatum¹ des Hausvaters, 1648
• Ferner ist beschlossen worden, dass jene ..., welche
nach Verkündigung des Friedens inkünftig eine andere
Religion bekennen und annehmen werden als ihr
Landesherr, nachsichtig geduldet und nicht gehindert
werden sollen, sich mit freiem Gewissen zu Hause ihrer
Andacht privat zu widmen, in der Nachbarschaft aber,
wo und sooft sie es wollen, am öffentlichen Gottesdienst
teilzunehmen oder ihre Kinder auswärtigen Schulen ihrer
Religion oder zu Hause Privatlehrern zur Erziehung
anzuvertrauen
Der Westfälische Friede 1648, Art. V, § 34
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KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Amt und Gemeinde
3.7 Glossar - Katechismus
• Katechismus
– kurze Unterweisung des christlichen Glaubens
• seit dem 16. Jh. oft in Frage- und Antwortform aufgebauter
Leitfaden des christlichen Glaubens zur Unterweisung in
Kirche, Schule und Familie. Bsp. Großer und Kleiner
Katechismus Martin Luthers, 1529, Der Heidelberger
Katechismus, 1563 (reformiert), der Catechismus Romanus,
1566 (römisch-katholisch)
Der Kleine Katechismus von Martin Luther
in modernisiertem Deutsch
Der Große Katechismus von Martin Luther
nach der Fassung des deutschen Konkordienbuches (Dresden 1580)
Der Heidelberger Katechismus (reformiert) in modernisiertem Deutsch
in modernisiertem Deutsch
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