Heterogenität in der intergenerationalen Ausbildungstransmission Evidenz für Zuwanderer der zweiten Generation und Schweizer (mit Regina T. Riphahn) 22.11.2005 Philipp C. Bauer Abteilung Statistik und Ökonometrie Wirtschaftswissenschaftliches Zentrum der Universität Basel Motivation Gleichheit der Möglichkeiten „A basic criterion of equality of opportunity is that economic outcome of an individual is independant of her family background“ (Björklund & Jäntti, 1993) Gesellschaftliche Ungleichheit sollte nicht aufgrund von „vererbtem“ Status oder Reichtum entstehen Gerade die schulische Ausbildung eines Kindes ist ein starker Indikator für zukünftigen Erfolg 2 Motivation Die Schweiz im Blickfeld Immigranten • • • • • Hoher ausländischer Bevölkerungsanteil (20.3%) Hinter Luxemburg den höchsten Ausländeranteil der OECD (OECD 2004) Hoher Anteil der Wohnbevölkerung im Ausland geboren (21.3%) Grosse Unterschiede des Ausländeranteiles pro Region (Genf: 38%, Basel-Stadt: 30%, Uri: 8%) Heterogenität von Immigranten Intergenerationale Transmission • • Immobile Gesellschaft PISA (2000): Kinder mit guten Testergebnissen haben Eltern mit hohem Berufsstatus (OECD 2002) 3 Motivation Ziel dieser Studie • Beschreibung und Untersuchung der Heterogenität der Intergenerationalen Ausbildungstransmission zwischen jungen Zuwanderern der zweiten Generation und Schweizer Kindern • Haben folgende Hypothesen Ihre Gültigkeit: – (A) Höhere Schulkosten korrelieren mit tieferer Mobilität – (B) „Children Quality-Quantity Tradeoff“ beeinflusst die Mobilität – (C) Charakteristika des Ursprungslandes und ethnisches Kapital beeinflussen die Intergenerationale Transmission – (D) Das Trennungsalter hat einen Einfluss auf die Mobilität 4 Theorie Hypothese (A) Höhere Schulkosten führen zu tieferer Mobilität: Dichte • Transportkosten sind tiefer in dichter bevölkerten Gebieten • Die Mobilität in dicht bevölkerten Gebieten ist höher Höhere Schulkosten führen zu tieferer Mobilität: Arbeitslosigkeit • Arbeitslosigkeit reduziert die Opportunitätskosten der Bildung • Die Nachfrage nach Bildung steigt bei hoher Arbeitslosigkeit • Die Mobilität in Gebieten hoher Arbeitslosigkeit ist höher 5 Theorie Hypothese (B) „Children Quality-Quantity Tradeoff“ beeinflusst die Mobilität • Kinder mit vielen Geschwistern bekommen weniger elterliche Unterstützung als z.B. Einzelkinder • Kinder mit weniger Geschwister haben eine bessere Bildung • Kinder mit weniger Geschwister haben eine höhere Mobilität • Eltern mit höherer Bildung können die Nachteile von mehreren Geschwistern besser kompensieren 6 Theorie Hypothese (C) Charakteristika des Ursprungslandes beeinflussen die Mobilität • • Erstgenerations-Immigranten aus Ursprungsländern mit tiefem durchschnittlichen Bildungsniveau haben ihr höchstmögliches Bildungspotential nicht ausgeschöpft Kinder dieser Erstgenerations-Immigranten haben eine höhere Mobilität als Kinder von Eltern aus Ländern mit hohem Bildungsniveau Ethnisches Kapital beeinflusst die Intergenerationale Transmission • • • Die Anzahl gut gebildeter Immigranten desselben Ursprungslandes beeinflusst die Bildung des Kindes positiv (Borjas, 1992, 1994) Je grösser die Anzahl gut gebildeter Immigranten desselben Ursprungslandes, umso besser die Ausbildung des Kindes Je grösser die Anzahl gut gebildeter Immigranten desselben Ursprungslandes, umso grösser die Bildungsmobilität des Kindes 7 Theorie Hypothese (D) Das Trennungsalter hat einen Einfluss auf die Mobilität • Je früher ein Schulkind aufgrund seiner Leistungen in eine homogene (gleichstarke) Klasse eingeteilt wird, umso schlechter sind die eigentlichen Fähigkeiten des Kindes messbar • Je früher ein Schulkind aufgrund seiner Leistungen in eine Klasse eingeteilt wird, umso grösser ist der Einfluss seiner Eltern bei dieser Entscheidung • Je früher das Trennungsalter, umso geringer die Mobilität 8 Daten Eingrenzung • • • • • • • Ganze Schweiz (Volkszählung 2000) Alter 17 Max. ein HH- Vorstand gleichen Geschlechts Sohn / Tochter des HH- Vorstandes Altersunterschied Eltern / Kind mind. 14 Jahre Korrekte Altersangabe ihrer Kinder durch die Eltern Angaben über Elternbildung • Beobachtungen (85% aller 17- Jährigen) 7452075 87135 86510 77114 74600 74147 9 Daten Definitionen • Natives: – In der Schweiz geboren – Mindestens ein Elternteil in der Schweiz geboren, kein Elternteil im Ausland geboren • Second Generation Immigrants (SGI): – In der Schweiz geboren – Mindestens ein Elternteil im Ausland geboren 10 Daten Definitionen • Low: – Obligatorische Schule nicht abgeschlossen – Nur obligatorische Schule abgeschlossen • Medium: – Besuch einer weiterführende Schule/ Lehre, aber keiner Maturitätsschule / Hochschule / Universität • High: – Besuch einer Maturitätsschule / Hochschule / Universität 11 Vorgehen Empirischer Ansatz (geordnetes Probit- Modell) Y * PEi 1 H i 2 I i 3 Ri 4 M i i Y* = Gegenwärtige Ausbildung des Kindes PE = Höchste, abgeschlossene Ausbildung der Eltern H = Haushaltscharakteristika I = Individualcharakteristika des Kindes R = Regionencharakteristika M = Immigrantencharakteristika Separate Schätzungen für Natives und Second Generation Immigrants (Schätzung für Natives ohne Immigrantencharakteristika) 12 Vorgehen Empirischer Ansatz (geordnetes Probit- Modell) misst die Korrelation zwischen Eltern- und Kinderbildung Um die Heterogenität zu testen, werden die relevante Charakteristika mit der Elternbildung interagiert: Y * 0 0 PEi 1 ( Si * PEi ) 1 H i 2 I i 3 Ri 4 M i i Separate Schätzungen für Natives und Second Generation Immigrants (Schätzung für Natives ohne Immigrantencharakteristika) 13 Prognostizierte Wahrscheinlichkeit Without Covariates Natives SGI Second Generation Immigrant Subsamples Italy Germany FY/A France Spain Turkey 1 Pr(high | parents low) 9.1 16.6 15.1 17 9 14.4 22.4 7.02 2 Pr(high | parents middle) 24 31.9 30.6 30.9 23.5 35.6 33 17.6 3 Pr(high | parents high) 74.9 71.2 78.6 74.2 33.4 76.3 70.4 71.8 4 Difference (3) - (1) 65.8 54.6 63.4 57.2 24.4 62.0 48.0 64.8 5 Ratio (3) / (1) 8.3 4.3 5.2 4.4 3.7 5.3 3.1 10.2 Natives SGI With Covariates Second Generation Immigrant Subsamples Italy Germany FY/A France Spain Turkey 6 Pr(high | parents low) 10.9 18.6 18.3 36.3 10.4 23.3 25 7.4 7 Pr(high | parents middle) 21.1 26.7 26.8 43.3 15.1 43.8 29.8 9.5 8 Pr(high | parents high) 57.3 53.9 62.6 71.7 19.1 73.7 51.3 49.2 9 Difference (8) - (6) 47,1 35,3 44.3 35.4 8.7 50.4 26.3 41.8 Ratio (8) / (6) 5,6 2,9 3.4 2.0 1.8 3.2 2.1 6.6 10 14 Prognostizierte Wahrscheinlichkeit des interagierten Modells: Trennungsalter P(high | low) P (high | mid) P (high | high) 1 2 3 12.1 20.9 55.3 (0.071) (0.099) (0.14) 13.5 28 58.1 (0.077) (0.117) (0.14) 11.4 19.9 54.3 (0.066) (0.095) (0.138) 14.8 29.9 60.3 (0.08) (0.118) (0.138) 11.5 19.9 54.8 (0.068) (0.097) (0.14) 13.9 27.5 58.1 (0.079) (0.116) (0.14) Tracking at: Grade1 = 5 Grade1 = 8 Grade2 = 5 Grade2 = 8 Age = 11 Age = 14 15 Prognostizierte Wahrscheinlichkeit des interagierten Modells: Trennungsalter Absolute Differences Tracking at: Grade1 = 5 Grade1 = 8 Grade2 = 5 Grade2 = 8 Age = 11 Age = 14 4 =3-1 0.432 (0.077) 0.446 (0.075) 0.429 (0.08) 0.455 (0.072) 0.432 (0.081) 0.442 (0.074) 5 p-Value 0.018* 0.704 0.569 6 =3-2 0.344 (0.051) 0.301 (0.044) 0.344 (0.054) 0.304 (0.044) 0.349 (0.056) 0.306 (0.044) Relative Differences 7 p-Value 0.163 0.234 0.21 8 =3/1 4.6 (2.538) 4.3 (2.405) 4.8 (2.646) 4.1 (2.196) 4.7 (2.776) 4.2 (2.259) 9 p-Value 0.243 0.103 0.13 10 =3/2 2.7 (0.881) 2.1 (0.548) 2.7 (0.914) 2 (0.523) 2.8 (0.964) 2.1 (0.579) 11 p-Value 0.000** 0.000** 0.002** 16 Zusammenfassung • Starke Korrelation zwischen Kind-Eltern-Bildung • Die Einflussstärke elterlicher Bildung je nach Gruppe unterschiedlich – Wahrscheinlichkeit für eine hohe Ausbildung bei bildungsfernen Eltern: • Schweizer: 9 Prozent • SGI: 16 Prozent – Spanien: 22 Prozent – Türkei: 7 Prozent – Wahrscheinlichkeit für eine hohe Ausbildung bei bildungsnahen Eltern: • Schweizer: 75 Prozent • SGI: 71 Prozent – Italien: 79 Prozent – FY/A: 33 Prozent 17 Zusammenfassung – Einen hoch ausgebildeten Vater (anstelle eines tief ausgebildeten) zu haben, erhöht die Wahrscheinlichkeit, ebenfalls hoch ausgebildet zu sein um: • Natives: Faktor 8 • SGI: Faktor 4 – Spanien: Faktor 3 – FY/A: Faktor 4 – Türkei: Faktor 10 • Anteil der Wahrscheinlichkeitsdifferenz, die durch Kontrollen erklärt wird: – Natives: – SGI: • Deutschland: • FY/A • Türkei: 32 33 55 50 35 Prozent Prozent Prozent Prozent Prozent 18 Zusammenfassung Gültigkeit der Hypothesen • Höhere Schulkosten führen zu tieferer Mobilität: • „Children Quality-Quantity Tradeoff“: • Charakteristika des Ursprungslandes/ Ethnisches Kapital: • Trennungsalter trifft zu trifft zu trifft nicht zu trifft zu Dennoch: Auch wenn die Hypothesen teilweise zutreffen, die Wirkung dieser Determinanten ist begrenzt. 19