Möglichkeiten/Erfahrungen der /mit

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Demokratisierung
als politische Aufgabe in Osteuropa
und deren Schwierigkeiten durch die
Prägungen totalitärer Herrschaften
Von Andreas Gross, Politikwissenschafter,
National- und Europarat
Vortrag vor dem „Freundes- und Förderkreis
Osteuropa“ an der Universität Basel
vom 20. April 2006
www.andigross.ch [email protected]
Gliederungsversuch:
1. Was heisst Osteuropa ?
 2. Was heisst Demokratisierung ?
 3. Was heisst totalitäres Erbe ?
 4. Welche Prägungen hindern Demokratisierungsprozesse?
 5. Wie lassen sich demokrat. Lernprozesse fördern/stützen?
 6. Neue Konvergenz-Perspektiven ?


Was heisst „Osteuropa” ?
Europa ist mehr als „Westeuropa”
„Osteuropa“ ist überall, wo „wir“ nicht sind.
 West-, Mittel-, Osteuropa
 Westeuropa (alte EU/94er EU),Mitteleuropa
(neue EU/04), Osteuropa (EU ++)
 Weu, West-Mitteleuropa,OstMitteleuropa,Osteuropa (George
H.Hodos),Ost-Osteuropa

Politisch kulturelle Prägungen
politisch verorten und nicht
geografisch
Räume
mit unterschiedlich
tiefen stalinistischen Prägungen:
 kurze alte demokratische Traditionen, va ZwKrZ
reale Nachkriegs „Volksdemokratien“ (Hodos)
 Baltikum/Ex-Jugoslawien/Balkan/Albanien+Rumänien
 Rebellionserfahrungen und Tiefe der Revolutionen

Versuch einer „Generationenbildung“
bezügl. demokratischer Transformationsprozesse und der
gegenwärtigen Ungleichzeitigkeiten
I. Pol/Ung/CR/Slowakei/Slowen./Balt.Staaten
 II. Rum/Bulg/Croa
 III. Alb/Mazed/Bosn-Herz/Serb/Mont/Kos
 IV. Ukraine/Moldau
 V. S-Kaukasische Staaten (Georg/Arm/Azerb)
 VI. Russland / Beloruss.

Wie die Menschenrechte i.A. ist
die Demokratie i.b.S. der
permanenten Demokratisierung
ein Ergebnis kollektiver
Lernprozesse
Solche politischen Lernprozesse haben immer
einen Anfang, aber nie ein Ende.
 So gibt es keine perfekte, vollendete Demokratie
oder Geltung der Menschenrechte.
 Wir können ihre Unvollendung abbauen im
Wissen, ihre Vollendung nie zu schaffen.

Wenn hier von Freiheit und
Demokratie die Rede ist, dann in
ihrem republikanischen,nicht
heruntergekommenen
banalisierten Sinn
Freiheit bedeutet, Leben nicht als Schicksal
erdulden zu müssen
 Die Demokratie stellt all die Institutionen und
Verfahren zur Verfügung, dass notwendige
Konflikte ohne Gewalt ausgetragen werden können
 Wer von einer Entscheidung betroffen ist, sollte
direkt/indirekt an der Entscheidungsfindung
beteiligt sein.

Woran lassen sich totalitäre
Prägungen erkennen ?
(I) Erfahrungen aus Rumänien und Albanien,
bezügl. Polit.Klasse
Wahlen sind Schlachten um Leben und Tod,
alles oder nichts.
 Wer gewinnt, „besitzt“ den Staat - wer verliert, ist
von „Politik“ ausgeschlossen
 Der Konkurrent ist ein Feind - er darf mit allen
Mitteln bekämpft werden
 Niemanden kann man/frau vertrauen

Woran lassen sich totalitäre
Prägungen erkennen ?
(I) Erfahrungen aus Rumänien und Albanien,
bezügl. Basis
Diskreditierung der Idee des Sozialen,
Gemeinschaftlichen
 Diskreditierung der Politik und des Staates
 Eine Partei kann nicht anders als die KP
funktionieren
 Fehlender Begriff der Gesellschaft
 Alle warten, dass alle ihnen helfen,kein Sinn für
gesellschaftliches Engagement

Woran lassen sich totalitäre
Prägungen erkennen ?
(II) Umfrage unter vier ER- Kollegen: a.Rum.SP
Fehlen privaten Kapitals
 Fehlen einer Mittelklasse (Ersatz:Korrupte
Bürokraten und lokale Barone)
 Keine Zivilgesellschaft
 Keine engagierte humanistische Kirche
 Keine kommunistische Dissidenz
 Fehlendes öffentliches Verständnis des Wesens
staatlicher Institutionen und gesellschaftlichen
Engagements

Woran lassen sich totalitäre
Prägungen erkennen ?
(II) Umfrage unter vier ER- Kollegen: b. Eston.Kons.
Selektives Gedächtnis als politische Waffe
 Unterschiedliches Verständnis von Werten unter
ost- und westeuropäischen Demokraten
 Starke Demokratien benötigen starke Identitäten
und ein ausgeprägtes kollektives Gedächtnis
 Reduktion der Bedeutung der USA für
Nachkriegs-Europa

Woran lassen sich totalitäre
Prägungen erkennen ?
(II) Umfrage unter vier ER- Kollegen: c. Alban.SP
Armut und schlechte Ausbildung
 Wirtschaftl. Unterentwicklung
 Ex-KP-Kader prägen alle postkom. Parteien
(Personenkult; kritisches Denken nicht gefragt)
 Prekäre Justiz (Fehlende Unabhängigkeit)
 Wirtschaftskriminalität und allg.Korruption
 Fehlende politische Kompromisskultur

Woran lassen sich totalitäre
Prägungen erkennen ?
(II) Umfrage unter vier ER- Kollegen: d.Slow.Korr.+ russl.Exp
Angst vor der Macht
 Macht respektiert Menschen nicht
 Keinem kann man vertrauen;
alle verdienen Misstrauen
Manipulation öff.Meinung:
Mehrheit folgt „Mehrheit“
Kein Glauben/Vertrauen in die Demokratie
(Mangelnde Erfahrung von Machtwechseln)
Totale Verkennung der Bedeutung der Oekologie

Woran lassen sich totalitäre
Prägungen erkennen ?
(II) a. Hinweise bei Hannah Arendt
Herrschaft der Willkür, Willkür der Macht
 Herrschen per Dekret, Gestern „Recht“, heute
Unrecht
Prinzip des Handelns ist die Furcht,
allgegenwärtiges Misstrauen
 Verlust der Individualität
 Zerstörung der
Handlungsräume/Zusammenwirken

Woran lassen sich totalitäre Prägungen
erkennen ?
(II) b. Hinweise bei Hannah Arendt bezüglich „jener Krise, in
der wir heute alle und überall leben“ (1951)
Allgemeine Ohnmacht und Furcht
 Kein Raum mehr für gemeinsames
Handeln (Demokratische Macht)
 Allgemeine Verlassenheit

Könnten die postkommunistischen EUGesellschaften heute den alt-EUGesellschaften deren eigene Zukunft vor
Augen führen ?
(Michael Ehrke, IPG 1/05)
Markt (o) und Medien (i) ersetzen als
gesellschaftl. Steuerungsinstrumente freie
BürgerInnen
 „Post-welfare-Capitalism“ und zynische,
resign.„verachtende Toleranz“ gegenüber Armut
 Postkom.Kap mit schwacher Basis
wechselseitigem Vertrauen

Kontinuität trotz Wende:
“Mitgliedschaft ohne Zugehörigkeit”
(Staat,Gesellschaft,EU)
(Andras Bozoki, aPuZg/Feb 04)
Wichtigste Mangel langer undemokrat.
Herrschaft: Mangel an institut.Formen des
Vertrauens
 Entfremdung gegenüber Institut,
„minimalist.Dem.“, polit.Indifferenz
 EU 12/15: Hohe Wahlbet, geringer Pro-Anteil:
innere Streitkultur, gesellsch.Ausdiff.
 EU 15/25:Niedr.Wahlbet,hohe Zustimm.:

Wo bleiben Anspruch,Spuren und die Zukunft
“authentischen gesellschaftlichen
Lebens”?
(Tadeusz Mazowiecki, 1979)
1956,1968,1989 gab es in Polen und der CR
bürgergesellschaftliche Bewegungen und
Organisationen als Ausdruck „republikanischer
Tradition“: Gesellschaft von unten, statt Herrschaft
von oben

(Helmut
Fehr, aPuZg, Feb 2004)
Wo sind sie geblieben ? Wo sind andere ?
Wie mit unseren verbinden ?
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