Der „cognitive response approach“ 1. Grundlagen • These: Nicht das Lernen der Inhalte einer Botschaft, sondern die eigenen Gedanken in Reaktion auf die Botschaft bewirken eine Einstellungsänderung. • Diese Gedanken werden „cognitive responses“ genannt und sind das Endresultat des Informationsverarbeitungsprozesses. • Eine Person in einer persuasiven Kommunikation unternimmt den Versuch, den Inhalt der Botschaft mit ihrem Vorwissen über dieses Thema zu verbinden. Dabei berücksichtigt sie auch eine Menge Informationen, die in der Kommunikation selbst nicht enthalten sind. Diese zusätzlichen selbstgenerierten „cognitive responses“ können in Bezug auf die Position der Botschaft 1. zustimmend 2. ablehnend 3. neutral bzw. irrelevant sein • • • • Wenn die Kommunikation „cognitive responses“ hervorruft, die den Inhalt der Botschaft unterstützen („Proarguments“), wird die Person dazu neigen, der Botschaft zuzustimmen. Wenn der Inhalt der Botschaft allerdings „Counterarguments“ auslöst, wird die Person die Botschaft ablehnen Der „cognitive response approach“ 2. Überblick über das Kapitel 2 (Cacioppo, Harkins & Petty) • Das zweite Kapitel von Cacioppo, Harkins & Petty versucht Antworten auf folgenden Fragen zu geben: • 1. Wie werden attitudes (Einstellungen) definiert? • 2. Wie kann man Einstellungen messen? • 3. Was ist ein „Cognitive Response“ ? • 4. Wie ist das Verhältnis zwischen „Cognitive Responses“, Einstellungen und Verhalten? Der „cognitive response approach“ 2.1. Definition von Einstellungen • Zu 1. • Definition der Begründers der modernen Einstellungsmessung L.L. Thurstone (1931): „An attitude is the amount of affect for or against a stimulus“ (eindimensional) • Andere Autoren betrachten Einstellungen als mehrdimensionales Gebilde: Für Scott und andere Autoren gibt es drei Klassen von „responses“: • • 1. Affect: Die generellen Gefühle eines Individuums über einen Stimulus 2. Cognition: Die Gedanken, Ideen, Assoziationen und Vorstellungen eines Individuums zu dem Stimulus 3. Conation: Das Verhalten, welches der Stimulus beim Individuum auslöst. Jede dieser drei Klassen kann genutzt werden, um einzuschätzen, wie eine Person ein Objekt bewertet. • • • • Wie werden attitudes (Einstellungen) definiert? In letzter Zeit wird wieder vermehrt auf die oben erwähnte eindimensionale Einstellungsdefinition von Thurstone zurückgegriffen Auch die Autoren des Kapitels sehen „Attitude“als „general and enduring favourable or unfavourable feeling about an object or issue“ (Seite 32 unten) Der „cognitive response approach“ 2.2. Die Messung von Einstellungen • Zu 2. Wie kann man Einstellungen messen? • Es gibt eine Vielzahl von Techniken, mit denen man Einstellungen messen kann: • I) • II) Die Likert-Skala • III) Die Guttmann-Skala • IV) „Semantic-differential“-Skala • V) Die Selbstreport-Skala • VI) Indirekte Messungen Die Thurstone-Skala Der „cognitive response approach“ 2.3. Die Definition von „cognitive responses“ Zu 3. Was ist ein „Cognitive Response“ ? • „Cognitive Responses are units of information pertaining to an object or issue that are the results of information-processing activity“ (S.37 und S. 53) • • Diese Definition impliziert folgendes: „cognitive responses“ sind eine Einheit von Informationen, die sich auf das Objekt beziehen und das Ergebnis eines kognitiven Prozesses bilden. Kognitive Prozesse sind hierbei solche Informationsverarbeitungsprozesse, wie Wahrnehmung, Abstraktion, Bewertung, Elaboration, Erinnerung aus dem Gedächtnis. „Cognitive Responses“ sind das Ergebnis dieses Informationsverarbeitungsprozesses und bestehen deshalb aus Assoziationen, Elaborationen, Ideen und Vorstellungen. • • • • • • • • Die Rolle der „cognitive responses“ in der Persuasion: Eine Vielzahl verschiedener persuasiver Stimuli löst eine Vielzahl verschiedener kognitiver Prozesse und „responses“ aus. Hier einige Beispiele: 1. Manche „responses“ sind das Ergebnis einer unmittelbaren Identifikation eines simplen Stimulus (-> das Erkennen von Geräuschen als Nachricht). 2. Andere „responses“ können aus der Wiederholung bestimmter Eigenschaften des Stimulus resultieren (-> Erinnerung an die Argumente in einer persuasiven Kommunikation) 3. Wieder andere „responses“ sind das Ergebnis einer gründlichen Elaboration des Stimulus (-> counterarguing the communication). Der „cognitive response approach“ 2.3.1. Die Messung von „cognitive responses“ Zu 3.1. Wie werden „Cognitive Responses“ gemessen? • Es gibt verschiedene Methoden zur Messung von „Cognitive Responses“: • 1. Mechanical Techniques • 2. Physiological Techniques • 3. Oral Techinques • 4. Written Techniques: Die Thought-Listing Technique Der „cognitive response approach“ 2.3.1. Die Messung von „cognitive responses“ Zu 3.1. Wie werden „Cognitive Responses“ gemessen? • Ablauf einer Messung von „Cognitive Responses“ am Beispiel der Thought-Listing Technik: • 1.Schritt:Auflistung der „cognitive Responses“: VP werden gebeten ihre Gedanken aufzulisten. Dass geschieht entweder, indem die VP einfach gebeten werden: „Collect your thoughts“ oder differenzierter: z.B. • • • I) II) III) • • • • • 2. Schritt: Kategorisierung der „cognitive Responses“: In der Vergangenheit wurden responses unter drei verschiedenen Dimensionen betrachtet: 1. Polarität (polaritiy) – favourable, unfavourable, neutral 2. Ursprung (origin) – 1. message-originated thoughts 2. modified message-originated thoughts 3. recipient generated thoughts 3. Ziel (target) – 1. message topic thoughts, 2. source thoughts, 3. audience thoughts • • 3. Schritt: Bewertung und Gewichtung der „cognitive Responses“: Hierzu gibt es drei Methoden • • • I) judge rating II) Subject rating III) Judge and subject rating List the thoghts elicited by the communication List the general thoughts on the topic of the communication List all the thoughts that come to your mind during the communication Der „cognitive response approach“ 2.4. Das Verhältnis zwischen „Cognitive responses“ Einstellungen und Verhalten Zu 4. Wie ist das Verhältnis zwischen „Cognitive Responses“, Einstellungen und Verhalten? • Es gibt zwei grundlegende Methoden, um das Verhältnis zwischen Cognitive Responses, Einstellung und Verhalten zu messen: • • 1. correlational procedures 2. experimental procedures • • • Das Verhältnis der einzelnen Elemente sieht folgendermaßen aus: 1. Das Verhältnis Einstellungen & „Cognitive Responses“: Einstellungen und Cognitive Responses sind sehr stark miteinander verknüpft und jedes beeinflusst das andere. • • 2. Das Verhältnis „Cognitive Responses“ & Verhalten: Es existiert auch eine Übereinstimmung zwischen Verhalten, allerdings zeigen sich hier nachdem, welche Messmethode man wählt. • 3. Das Verhältnis Einstellung & Verhalten: • - Cognitive Responses und dem Unterschiede in der Stärke der Übereinstimmung, je Auch das Verhältnis zwischen Einstellung und Verhalten ist von der Messmethode abhängig. Es ist aber stärker, wenn die relevante Einstellung aus einer direkten Interaktion mit dem Einstellungsobjekt entstanden ist, wenn die Zeitspanne zwischen der Messung der Einstellung und der Messung des Verhaltens kurz ist und wenn die VP dazu ermutigt werden, vor dem Antworten über ihre Einstellung nachzudenken. Der „cognitive response approach“ 2. Überblick über das Kapitel 3 ( Petty und Brock) • Das dritte Kapitel von Petty und Brock versuchen, nachdem geklärt wurde, dass und wie „Cognitive Responses“ gemessen werden können, einige fundamentale Fragen über die Persuasion zu klären: • 1. Wie können Einstellungsänderungen experimentell untersucht werden? • • 2. Wie kann der „cognitive response approach“ zum Verständnis des Persuasionsprozesses beitragen? • 3. Welche Vorhersagen kann der „cognitive response approach“ machen? • 4. Wie können diese Hypothesen gestestet werden? Der „cognitive response approach“ Die Effekte von Ablenkung auf das Ausmaß der Persuasion • Hypothese: „Counterargument disruption produces persuasion“ (S. 56) • Dies bedeutet: • • -> Eine externaler Stimulus als Ablenkung stört den ‚counterargument process‘ -> Dieser Störeffekt der Ablenkung bewirkt eine Einstellungsänderung • Ablenkungseffekte wirken sich nur dann auf das Ausmaß der Persuasion aus, wenn: • • • • 1. die Person zum Gegenargumentieren (counterarguing) motiviert ist 2. Die Botschaft „high involving“ ist und überhaupt den Willen zum gegenargumentieren auslöst 3. die primäre Aufmerksamkeit der Person auf der Botschaft liegt und nicht auf dem externalen Stimulus 4. die Quelle der Botschaft (der Sprecher) sehr glaubwürdig ist • Der „cognitive response approach“ Die Effekte von Ablenkung auf das Ausmaß der Persuasion • Alternativhypothese: „Subjects will change their attitudes in order to justify the effort spent on an unpleasant task“ (S. 73) • Diese alternative Interpretation zu den Effekten von Ablenkung auf das Ausmaß der Persuasion in Anlehnung an Festinger ´s Theorie der kognitiven Dissonanz bedeutet: • -> Personen, die abgelenkt sind, während sie einer persuasiven Kommunikation folgen, müssen mehr Anstrengung darauf verwenden, der Botschaft zu folgen und sie zu verstehen, als Personen, die nicht abgelenkt sind. -> Die Tatsache, dass eine Person freiwillig einen großen Aufwand betreibt, nur um einer Kommunikation zu folgen, deren Botschaft mit der eigenen Einstellung nicht vereinbar ist, zeugt von Dissonanz, denn Anstrengung auf eine unerfreuliche Aktivität zu verschwenden, resultiert in Dissonanz . -> Eine Methode diese Dissonanz zu reduzieren, liegt darin, sich dafür zu entscheiden, dass die Botschaft der eigenen Einstellung eigentlich gar nicht so zuwider läuft und seine Einstellung in eine der Botschaft entsprechende Richtung zu ändern • • Der „cognitive response approach“ Experiment von Petty, Wells & Brock (1976) Ziel: Es sollte in einem ‚Crucial experiment‘ gezeigt werden, welcher der beiden zuvor erläuterten Ansätze zutreffend ist Methode: Es wurden zwei Botschaften entworfen. Eine Botschaft enthielt Argumente, die logisch klangen und einfach zu verteidigen waren. Die andere vertrat die gleiche Position, enthielt aber Argumente, die offen für eine Widerlegung waren und Skepsis bei den Rezipienten hervorriefen. • Versuchshypothese des Dissonanz-Ansatzes: Bei erhöhter Ablenkung und deshalb größerer Anstrengung steigt die Akzeptanz gegenüber beiden Botschaften. • Versuchshypothese des Counterargument-disruption-Ansatzes: • Eine Botschaft, zu der man leicht Gegenargumente findet, bewirkt ein erhöhtes Maß an Persuasion, weil negative „cognitive responses“ verhindert werden. • Eine Botschaft, zu der man schlecht Gegenargumente findet, sollte dagegen ein reduziertes Maß an Persuasion bewirken. Ergebnisse: • ‚easy to counterargue’-Botschaft: 60% ablehnend, 27% zustimmend • ‚difficult to counterargue’-Botschaft: 8% ablehnend, 62% zustimmend • Dies zeigt, dass Ablenkung den vorherrrschenden „cognitive response“ hemmt; also bei der ‚easy to counterargue’-Botschaft verhindert sie die Entstehung von ablehnenden Gedanken und bei der ‚difficult to counterargue’-Botschaft die Entstehung von zustimmenden Gedanken. Diese Ergebnisse unterstützen den Counterargument-disruption-Ansatz