Powerpointfolien

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Das Postkoloniale Afrika: Das Ende
demokratischer Experimente
Faktoren
• Fehlen gewachsener politischer Organisationen im engeren
Sinn,
– häufig breite Bewegungen: TANU in Tanganyika, KANU in
Kenya, UPS in Senegal, etc.)  de fakto Einparteienstaat,
teilweise bedingt durch Wahlmodus; auch „Dominant Party
State“ (z.b. ANC in Südafrika, SWAPO in Namibia)
• Fortgesetzte „Utopie der Nichtpolitik“ (Jürgen Osterhammel über
den Kolonialismus als Herrschaftsform), Schlagwort:
„Entwicklungsdiktatur“
• Autoritäre politische Sozialisation: Unverständnis gegenüber
Opposition, Widerstand gegen Entscheidungen (tw. gekoppelt
mit Sendungsbewusstsein und Glaube, „das richtige zu tun“
• Politische Fragmentierung entlang regionaler/ ethnischer Linien
(z.B. Kongo, Nigeria, Uganda)
• Hoher Grad der Personalisierung der Politik (Parteien/
Bewegungen getragen von einer relativ kleinen Anzahl von
Personen, dominiert oft von einzelnen Persönlichkeiten, z.B.
Nyerere in Tanganyika, Nkrumah in Ghana, Senghor in
Senegal…)
– Allerdings deutliche Unterschiede im Grad der Personalisierung: neben
Hyperpersonalisierung (z.B. Mobutu) auch eher oligarchische Systeme etc.
(Burundi, Ruanda, Nigeria)
• Demokratisierung meist beschränkt auf die Staatsspitze;
• Konzentration der Macht auf das Zentrum,
• Machtbasis Bürokratie und Staatsapparat, nicht Partei oder
Bewegung (grundsätzliches Problem regierender Parteien);
begünstigt parteiinterne Entdemokratisierung bei relativ starken
politischen Orgnisationen (Bsp: Zimbabwe)
• Notwendigkeit der Legitimation:
– weniger in bezug auf das Volk im allgemeinen, sondern in bezug auf
Klientel (im Staatsapparat: Militär)  neopatrimoniale Dynamik
– Legitimation beim Volk über populistische Politik (z.B. Enteignung von
Asiaten, Europäern; Vertreibung von Einwanderern; Ausformulierung
populistischer Ideologien („Authenticité“ in Zaire; Ivoirité in Côte d‘Ivoire;
Ideologie der ethnisch verstandenen Demokratie in Ruanda (Rubanda
Nyamwinshi);
• Mit autoritärer Wende weitgehende Entmachtung/
Einverleibung der wenigen relevanten zivilgesellschaftlichen
Akteure (v.a. Gewerkschaften; aber auch Gründung eben
solcher: Jugendverbände, Frauenverbände)
• Zunehmende Wahrnehmung des Staats als „Privatbesitz“
• Umgang mit Opposition, im wesentlichen zwei Optionen:
Ausschluss oder Kooption (häufiger: letztere Variante):
Francois Bayart: „Reziproke Elitenassimilation“
• Psychologische Erfahrung der Dekolonisation oder Kooption
(häufigere & der Inhabe von Macht: von Untertan zu
Herrscher
„Mussten sich Joseph Kasavubu und Patrice Lumumba (..) 1960
bei der Ankunft auf dem Flughafen der Hauptstadt Leopoldville
(…) noch durch einen kleinen Airporttransporter der
Fluggesellschaft Sabena aus einer bedrohlichen Lage retten
lassen, so wuchs die Stafette der präsidialen Fahrzeugkonvois
proportional zur Autoriät der Gefahrenen, bis schließlich manche
unter ihnen ganze Straßenzüge oder Stadtviertel zeitweilig oder
auf Dauer zur persönlichen Benützung sperrten.“ (Schicho 2003)
Faktoren für die Herausbildung von Militärdiktaturen
• Massiver Ausbau des Militärs (mit Unterstützung v.a. westlicher
Regierungen)
• Binnenorientierung des Militärs (Verwendung: mehr als Polizei denn
als Armee)
• Militär die am besten organisierte Gruppierung im Vergleich zu
anderen Akteuren/ Akteursgruppen
• Direktere Verfügbarkeit von Machtressourcen (physische Gewalt)
• Selbstverständnis des Militärs als einziger „neutraler“ Akteur
Fazit: Fehlende soziale Basis, Irrelevanz demokratischer
Mechanismen (weil Dominanz einzelner politischen Bewegungen
und Führergestalten), problematische Verfassungen
(konfliktverschärfend) und bereitwillige Duldung autoritärer Regime
im Kontext des Kalten Krieges sind Hauptgründe für das Scheitern
von Demokratie nach der Unabhängigkeit fast überall in Afrika
(wichtige Ausnahmen: Botswana, Mauritius)
Exkurs: Autoritärer Entwicklungsstaat
• Teilweise Übernahme kolonialer Entwicklungspläne
• Neuformulierung von weitreichenden Entwicklungsplänen v.a. in den
Ländern sozialistischer Orientierung (z.B. Ghana 1961-64, Tanzania
nach 1967)
• Wie vor der Kolonialperiode, hoher Anteil westlichen Personals in
führenden Positionen/ als technisches Personal nicht nur bei
Entwicklungsprojekten oder Planungsstellen, sondern auch als
Lehrpersonal etc.
• Kennzeicheichen der Entwicklungspläne: Kapital- und
Ressourcenintensiv, autoritär (viele Zwangsmaßnahmen wie
Umsiedlungen, etc.),
• Staaten fühlten sich internationalen Geberorganisationen
verpflichtet, nicht unbedingt aber der Bevölkerung;
• technokratischer Paternalismus
• Argumente des „Developmentalismus“
– Bildung einheimischen Kapitals ist eine notwendige
Voraussetzung für den modernen Staat (daher:
elitenorientierte Politik)
– Afrikanische Gesellschaften befinden sich auf einem Weg
der dualen Entwicklung und der traditionelle Sektor hat
sich dem modernen Sektor unterzuordnen (daher
Förderung des modernen Sektors über Preis-, Kredit-,
Steuer und Landpolitik; potentiell stärkere Belastung des
traditionellen Sektors)
– Nur der Staat und eine von ihm geförderte und beauftragte
Elite hat die Mittel für eine nachholende wirtschaftliche und
soziale Entwicklung (daher: Zentralismus und Ausbau des
Staates)
– Eine autoritäre Führung von Staat und Wirtschaft ist eine
notwendige Voraussetzung für Entwicklung und ist daher
zu tolerieren („Development first, democracy later“; vgl.
auch die weit rezipierte „Bedürfnispyramide“ A. Maslows)
– Der politische Apparat verwaltet den Staat im Interesse der
Massen, die für eine politische Verwaltung erst reif
gemacht werden müssen (daher: Tolerierung „gutartiger“
Diktaturen durch Geberländer
– Nur ein funktionierender Staat garantiert die Rückzahlung
der investierten Mittel und der vergebenen Kredite (daher:
Unterstützung des Staates durch Geberländer)
• Paradox nach der Desavouierung des
neopatrimonialen Staats und der Demokratisierung
der 1990er: autoritäre Umsetzung neoliberaler
Reformen (v.a. SAPs)
Pfründenkapitalismus: Der Patronagestaat
• Herausragende Rolle des Staates in der Wirtschaft bedeutete
auch, dass Zugang zum Staat ein wesentlicher Faktor für
(individuellen) wirtschaftlichen Erfolg darstellte und der Staat der
Schlüssel für Elitenbildung darstellt
• Zugang zum Staat über Patronagenetzwerke
• Zugang zum Staat bzw. staatlichen Patronagenetzwerke eine
wesentliche ökonomische Ressource
• „Privatisierung des Staates“, Keine Trennung von privat und
Staat,
– Formen: Vergabe staatliche Aufträge, Betreuung mit Leitung
staatlicher Firmen/ Beschäftigung im Staatsapparat, Vergabe
von Land etc. (Enteignungen & Afrikanisierung sind in
diesem Kontext zu sehen)
• Funktionierte, solange Wirtschaft wuchs, bei wirtschaftlichen
Krisen: scharfe Verteilungskämpfe innerhalb der Eliten und
Herausbildung von Gegeneliten
• Die hohe Bedeutung des Staates als „Königsressource“ bleibt
auch in einem Transitionskontext bestehen: Im
„demokratischen“ Kontext wird der „Kampf“ um den Zugang zum
Staat häufig ethnizistisch bzw. nationalistisch (gegen
Einwanderer) ausgetragen (z.B. Ost-Kongo; Côte d‘Ivoire); eng
mit Staatsbürgerschaft verknüpft
Prinzipien des „neopatrimonialen
Staates“
• Personale Charakter des obersten Gewaltherren, für den
es keine Gesetze für Wahl und Abwahl, Amtseinsetzung
und Amtsenthebung gibt
• Das Prinzip der Reziprozität von Nutzen im Verhältnis
zwischen Patron und seiner Klientel (Tauschgeschäft
Loyalität gegen wirtschaftliche Vergünstigung)
• Die Zentralisierung von Ämtern und Kompetenzen, und
besonders die fehlende institutionelle Trennung zwischen
Staatshaushalt und Präsidentenschatulle (Macht, bzw.
Budgetkontrolle nicht möglich)
(Nach Tetzlaff/Jakobeit: Das nachkoloniale Afrika)
 Politik im Neopatrimonialismus wird zu einer Art Geschäft,
in dem der direkte oder indirekte ökonomische Nutzen der
Beteiligten ausschlaggebendes Kriterium ist
Krise des neopatrimonialen Staates
• Wirtschaftlicher Niedergang setzte in manchen Ländern
bereits Ende der 60er ein
• Verstärkt durch natürliche Katastrophen (Saheldürre, 67-73)
sowie globale wirtschaftliche Entwicklungen (Ölpreisschock,
globale Rezession) sowie dem Verfall von Rohstoffpreisen
beginnend mit Kupfer (1970er Jahre), später Kakao, Kaffee,
etc., Verschuldungsschock 1979)
• Verschuldungskrise (Anwachsen der Verschuldung von
U$6Mrd. 1970 auf U$42 1979)
• Zunehmende Informalisierung der Wirtschaft
• Relativ späte (gegenüber asiatischen Staaten), dafür umso
drastischere Antworten auf die finanzielle Krise (extern
verordnete Strukturanpassungsprogramme)
• Beibehaltung neopatrimonialer Politik bei zunehmend
eingeschränkterem Handlungsspielraum: Verschärfung der
Krise und Niedergang der physischen und sozialen
Infrastruktur (Ausgabensperre für Infrastrukturprojekte,
Umstellung auf Kostenpflicht für Gesundheitsbetreuung,
Primärschule, etc.); trat in einigen Ländern schon früher ein
(70er und 80er Jahre), bei anderen Zusammentreffen der
Krise des neopatriomonialen Staates mit Ende des Ost-West
Konfliktes und Demokratisierung
Herrschaftstypen/
Autoritär
traditional (z.B. Lesotho, Swaziland)
Befreiungsbewegung an der Macht ( z.B. Eritrea, Mozambique vor
1992, etc.)
populistisch-charismatisch (z.B. Ghana unter Nkrumah II, Tanzania
unter Nyerere,etc.)
Militärregime (z.B. DR Kongo, Nigeria unter Abacha…)
dabei: prätorianische Regime (Gruppenherrschaft)
hochgradig personalisierte Regime
Demokratische Regime („Polyarchien“, z.B. Botswana, Mauritius)
Semikompetitive Regime („blockierte“ Demokratien, z.B. Togo unter
Eyadema, derzeitiges Tanzania und viele andere)
Zerfallende/ zerfallene Staaten (z.b. Somalia, DR Kongo…)
Afrika nach dem Ende des Ost-West
Konfliktes
• Abrupter Wegfall der Unterstützung des Ostblocks für
Länder sozialistischer Orientierung,
• Wegfall von Militärhilfe und bedingungsloser
Unterstützung durch den Westen
• Conditionality: Bedingte Unterstützung (verbunden mit
Forderung nach Demokratisierung, Umsetzung von IMF
& Weltbank-Bedingungen)
 Verstärkung latenter und tw. manifester Krisen (interner
Ruf nach Demokratie, ökonomische Krise, Notwendigkeit
staatlicher Reformen, politische Krise und Schwinden
staatlicher Durchsetzungs- und Gestaltungsmacht)
Faktoren für die Welle der Demokratisierung
Anfang der 1990er
• Äußerer Druck:
– Wichtiger Impetus für das frankophone Afrika: Rede von La
Baule Präsident Mitterands 1990 – Einforderung von Demokratie
– Abgehen der Bretton Woods Institutionen von der Tolerierung
von Entwicklungsdiktaturen; Weltbankreport 1989: erste
Erwähnung von „Good Governance“/ Einfordern von Demokratie
und Einhaltung liberaler Grundwerte (Teil der Conditionality)
• Druck von innen:
– Demonstrationen und Druck von der Straße
– Herausbildung von oppositionellen Gruppen, selbst unter autoritären
Bedingungen (oft aus der Zivilgesellschaft)
– Entstehen neuer Medien
Wege der Demokratisierung
• Manipulierte Demokratie: Demokratisierung als Strategie
der Herrschaftsabsicherung (in Zaire gescheitert, ebenso
in Zimbabwe; „gelungen“ etwa in Togo oder Benin):
Paradox: autoritäre Scheindemokratien
• Konkurrenzlose Demokratie: z.B. Tanzania („Dominant
Party State); neue „Dominant Party States“: Namibia,
Südafrika
• Krisenhafte Demokratisierung: Verschärfung
gesellschaftlicher Konfliktlinien, Ausbruch von Gewalt
(Vgl. Zusammenhang von Demokratie und
Ethnizisismus, Demokratie und Gewalt); Brüche
zwischen Staatsapparat und Regierung: Bsp. Ruanda;
Erscheinungsformen der Krise/ Debatten &
Diskurse über die Krise
• Stichworte zur Krise: Staatszerfall, Staatsversagen, Neue
Kriege, Complex Emergencies/ Humanitäre Katastrophen,
Humanitäre Intervention;
 Gemein ist diesen Begriffen die grundsätzliche Frage nach
der politischen Ordnung, ihrem Entstehen, ihrem Erhalt,
ihrem Niedergang
 Entstehen bzw. Verbreitung der Terminologie nach dem Ost
West-Konflikt zeigt zum einen das enge Verhältnis von
Sozialwissenschaften zu den von ihnen beschriebenen
Gesellschaften, zum anderen Ausdruck „neuer“
Perspektiven auf Politik (vgl. Governance,
Gouvernmentalité)
 So beschriebene Krisenerscheinungen tatsächlich aber
schon wesentlich früher (vgl. Kongo 1960)
 Weitere Aspekte der Krise: Kriminalisierung des Staates
(Staat und Organisierte Kriminalität, vgl. Diamantenhandel
in Angola)
Neue Akteurskonstellationen: Governance
• Schon in den 1980ern wurde die Rolle externer Akteure breit
diskutiert, v.a. Bretton Woods Institutionen und Geberländer;
aber auch NGOs
• Neue Governancestrukturen: Regierung/ Staat nur einer von
mehreren Trägern von Herrschaft. Bsp.: Mozambique nach
1986: zahlreiche NGOs, besser ausgestattet als Staat;
bessere Expertise; nicht nur operativer Teil des Staates (bzw.
Übernahme staatlicher Aktivitäten), auch
Entscheidungsträger; ebenso internationale Organisationen
(UN, Bretton Woods u.a.) Teil dieser Governance Strukturen
• Besonders deutlich wurde die Transformation von Herrschaft
aber in den 1990ern
• Formalisierte Formen von „international Governance“: ICTR,
ICC, internationalisierte Gerichte (Sierra Leone),
Friedenssichernde/ -schaffende Interventionen
Fazit
• Bedingungen für „erfolgreiche“ Staatsprojekte in
Afrika weitaus ungünstiger als anderswo,
aufgrund
– Strukturelle Peripherisierung seit Beginn der
Einbindung in das Weltsystem
– Ökonomischer Strukturen
– Politischer Strukturen und Politischem Erbe
– Ressourcenausstattung, und bei ressourcenreichen
Ländern, dem Problem „primitiver Akkumulation“
(Ausbeutung ohne Wertschöpfung)
– Vergrößerung des Abstands zwischen Afrika und dem
globalen Durchschnitt bei allen wichtigen
Entwicklungsindikatoren
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