2 Populationsökologie bisher: Was ist eine Population? Schwerpunkte: 1. Populationsgrösse 2. Populationsdynamik 45 grosse Schwankungen niedrigere Populationsdichte Zyklen? unbegrenztes Wachstum? sehr konstant 47 R=g–s individuelle Wachstumsrate unbegrenztes Wachstum möglich solange Ressourcen nicht begrenzt Beispiel: invasive Arten 48 ff Dichteabhängigkeit erlaubt Regulation 59 Neu: • • • • Struktur, Altersstruktur einer Population Lebenszyklen Dichte und Populationsschwankungen Metapopulationen, Areal 62 2.3.4 Altersstruktur • zentral für Populationsdynamik g, s • aber: junge / alte Individuen: kein g mittelalte: kaum s • → bei längerlebigen Organismen ist Altersstruktur wichtig für Populationsdynamik • jahrgangsweise Betrachtung • → Altersklassen, Lebenstafel 62 Kohorten: in einem Zeitraum geborene Individuen Spalte 1: Stadium 2: Nummerierung 1 - 6 3: Überlebende Individuen bis zu diesem Stadium a1 = 44.000 → a6 = 1.300 4: a1 = 1 a6 = 0.03 (3 %) Ei → Imago (Überlebenskurve) 63 Überlebenskurven 65 Spalte 5: Anteil der Individuen, die pro Entwicklungsstadium sterben (dx = lx – lx+1) Σ dx = 1 6: altersspezifische Mortalitätsrate dx / lx = qx 7: log. Mass für stadienspezifische Mortalität 8: Nachwuchs 9: Nachwuchs pro Imago 10: Vermehrungs- oder Reproduktionsrate der Population von Generation zu Generation 65 Verschiedene Typen von Überlebenskurven 68 Populationsaufbau kann sehr komplex sein: Mensch 64 Altersaufbau Bevölkerung Schweiz ? 2.4 Evolution von Lebenszyklen • Lebenstafel = Info eines Lebenszyklus, den ein Individuum durchläuft • extremes Beispiel: – iteropare Arten reproduzieren mehrmals im Leben – semelpare Arten 1x, meist am Ende des Lebens (viele Pflanzen, Lachse, viele Wirbellose) 71 … evolutive Prozesse • es gibt eine Fülle von Lebenszyklen – kurz-, langlebig – diverse Vermehrungsstrategien • oft trade-offs – somatisches oder generatives Wachstum – Reproduktion oder geringe Mortalität 71 97 73 In unterschiedlichen Umwelten verschiedene Lösungen 74 • Körpergrösse ~ Generationszeit • Körpergrösse ~ Jugendentwicklung • Körpergrösse ~ Lebensdauer • Körpergrösse ~ Bauplan / Physiologie • Körpergrösse negativ ~ max. ind. Wachstumsrate Merkmalssyndrom 75 Merkmalssyndrom: r- und K-Selektion Generalist / Opportunist vs. Spezialist Kontinuum Pianka (1970) 76 Lebensformen nach Raunkiaer 1919 176 2.5 Dichteregulation und Populationsschwankungen 2.5.1 Intraspezifische Konkurrenz • Bisher R = individuelle Wachstumsrate • Ressourcen konstant • Steigende Populationsgrösse: – Intraspezifische Konkurrenz steigt – Sterblichkeit steigt (z.B. Unterernährung) – Geburtenrate sinkt • Zwei Typen von intraspezifischer Konkurrenz 75 1. Ausbeutungskonkurrenz (scramble competition) – Zebra-Effekt – keine direkte Interaktion – alle leiden gemeinsam (längere Wege, schlechtere Ernährung, höhere Mortalität, geringe Reproduktion) – festsitzende Organismen bei Raummangel: Self-thinning oder Kümmerwuchs (Biomasse konstant) 76 2. Konkurrenz durch gegenseitige Beeinträchtigung (interference competition) – aktive Verteidigung von Ressourcen – Territorien – höhere Mortalität ohne Territorien 77 2.5.2 Regulation und Limitierung Populationsdichte sinkt / steigt weniger Nachwuchs verzögerte Geschlechtsreife Stress Adrenalin Klassisches Beispiel für hormonabhängige Dichteregulation von Vögeln und Kleinsäugern, z. B. Tupaias (Spitzhörnchen) 78 78 Regulation über grosse Zeiträume → Populationsschwankungen • Populationen schwanken immer • Gleichgewichtsbereich statt scharfe Linie • je variabler Umwelt, desto variabler die Populationsgrösse • je schwächer die Regulation, desto grösser die Schwankungen 79 2.5.3 Stochastizität • unvorhersagbare Umweltschwankungen → Schwankungen der Populationsgrösse Umweltstochastizität • reproduktive Schwankungen → in sex ratio, Fertilität demographische Stochastizität • können zum Aussterben kleiner Populationen führen wer reguliert? 80 83 2.5.5 Zyklen oder Chaos • zur Analyse von Zyklen: Zeitreihenanalyse (Fourieranalyse) • lange Zeitreihen nötig (selten vorhanden) • Zeitverzögerung führt zu Zyklen 84 chaotisch (= Abhängigkeit der Dynamik von Anfangsbedingungen) 85 Populationszyklen Beispiele Säuger: 10 Jahre (z. B. Luchs, Schneeschuhhase) Kleinsäuger: 3–4 Jahre (Lemminge) einige Forstschädlinge: 8–10 Jahre (Lärchentriebwickler) Gründe • Sonnenflecken: Nahrung • Räuber-Beute-Zyklen • sek. Pflanzeninhaltsstoffe • Krankheiten/Parasiten 84 Zeiraphera diniana Lärchentriebwickler (Tortricidae) • • • • • Massenentwicklung an Lärchen im Engadin alle 8 – 10 Jahre Kahlfrass zudem mehr Parasitierung, Krankheiten, Viren verspätetes Austreiben der Knospen verminderte Nahrungsqualität (Harz und Rohfaser statt Protein) • Populationszusammenbruch von Zeiraphera Komplexe Situation, Adaptation, keine Insektizide 51 2.6 Systeme von Populationen bisherige Annahme: eine Population Ein- und Auswanderung ausgeschlossen in Realität: Organismen wandern erreichen gute und schlechte Lebensräume besiedeln immer wieder neue Bereiche und sterben auch kleinräumig aus 86 Zwei Typen von Lebensräumen • source-Lebensräume – gute Lebensbedingungen – exponentielles Wachstum – Überschussproduktion – Auswanderung • sink-Lebensräume – wenige guter Lebensraum – nicht genügend Reproduktion – von Einwanderung abhängig 87 • • • • • • • source-sink-Dynamik dunkle Felder Populationswachstum 1.1 helle Felder 0.9 Migration von jedem Feld in jedes Population überlebt nur in zentralen Felder → lokales Aussterben, Wiederbesiedlung → rescue-Effekt, Populationsdynamik 88 Wandergeschwindigkeit / Anteil Migranten wichtig Nicht überall, wo eine Art vorkommt, kann sie auch Überleben. Für Populationserhalt sind source-Gebiet wichtig. Implikationen für Artschutz 88 2.6.2 Metapopulation Hanski & Simberloff (1997) 89 Zwei Metapopulationskonzepte a. mainland-island Modell b. klassisches Modell 91 mainland-island Modell Wald – Einzelbäume herbivores Insekt 92 Was sind Inseln? • • • • Gebüschinseln, Waldfragmente eine Buche in einem Eichenwald Felder in einer Agrarlandschaft Seen in der Landschaft • • • • • stabile (dynamische) nicht starre Artenzahl Artenverlust, -gewinn (species turnover) pro Zeit abhängig von Grösse der Insel, Entfernung Isolationsgrad → Arten-Areal-Beziehung 92 Inseltheorie und Metapopulation im Naturschutz • • • • • • Population nicht isoliert betrachten die berühmte Vernetzung Mindestgrösse eines Areals gehört eine Art in sink-Areale? zu kleine Naturschutzgebiete kontraproduktiv? Artenschutz an Arealgrenze? 2.6.3 Areal • Fläche aller Populationen einer Art • qualitativ heterogen • Arealgrösse nimmt nach Norden zu (Rapoport‘sche „Regel“) • nimmt mit Alter zu (Alters-Areal-Hypothese) • nimmt mit Nischenbreite zu (NischenbreiteAreal-Hypothese) 92