Hypothesenbildung: Der Weg vom thematischen Interesse zur Hypothese Referenten: Felix Bühne, Cathrin Schmidt, Lisa Dicke, Soo-hyun Choo, Patrick Weisheit, Alex Hebenstreit, Anne Raths Gliederung 1.) Definition Hypothese 2.) Funktion 3.) Prozess der Hypothesenbildung 4.) Arten von Hypothesen 5.) Kriterien zur Überprüfung der Qualität von Hypothesen 1.) Definition Hypothese • Hypothesen sind Vermutungen über einen bestimmten Sachverhalt • beschreiben Zusammenhang zwischen mindestens zwei Variablen • bilden Orientierungshilfe bei der Auswahl des Materials • zwei Formen: Wenn – dann - Aussagen Je – desto - Aussagen 2.) Funktion y = f(x) Legende: y = abhängige Variable x = unabhängige Variable Beispiel nach Lehmbruch: Warum existiert in der Bundesrepublik oder in Skandinavien im Gegensatz zum demokratischen Musterland England ein Vielparteiensystem? 3.) Prozess der Hypothesenbildung verlangt immer neue Optionen bei der Wahl von: • Art und Anzahl der möglichen Determinanten • der Arten und des Niveaus der Hypothesen Schritte zur Bildung einer Hypothese 1.) Auswahl der zur Erklärung hinzugezogenen Variablen (Determinanten) • teilweise während vortheoretischer Überlegungen • später → explizit im Hinblick auf die Formulierung von empirisch überprüfbaren Hypothesen monokausale Hypothesen - Hypothese mit nur einer Determinante - oft in sozialwissenschaftlicher Forschung - jedoch fragwürdig und ungenügend • • multikausale Hypothesen - mehrere Determinanten in der Hypothese zur Erklärung verwendet Struktur sozio- politischer Phänomene = in meisten Fällen sehr komplex und flexibel → Erklärungsversuche mit nur einer Determinante ungenügend Vermeidung des Fehlers, eine monokausale Hypothese zu „retten“ → Bsp.: Seymour Martin Lipset in seiner „Soziologie der Demokratie“ 2.) Aufstellen der Beziehung zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen • Problem der Wahl zwischen den Arten von Hypothesen 4.) Arten von Hypothesen Existenzhypothese - Großteil der Forschung verwendet diese = Annahme, ob und in welchem Ausmaß ein Phänomen existiert oder nicht - deskriptiv - Unterscheidung von: - Allsätzen - Existenzsätzen Nullhypothese = Umkehrung der Korrelationshypothese - praktische Bedeutung für statistische Untersuchungen - keine Beziehung zwischen zwei Variablen (Faktoren) Korrelationshypothese = Zusammenhangshypothese Kausalhypothese = Ursache - Wirkung- Hypothese (A verursacht B) Beispiel 1 Kausalhypothese: „Je höher das Einkommen umso eher(weniger) tendiert der Wähler in der BRD zur FDP.“ Kausal interpretiert: hohes Einkommen bewirkt die Stimmabgabgabe für FDP. ↓ ↓ unabhängige Variable (Ursache) abhängige Variable (Wirkung) Beispiel 2 Zusammenhangshypothese: „Es gibt einen Zusammenhang zwischen Frustration und Aggression.“ Die entsprechende Kausalhypothese könnte lauten: „Frustration erzeugt Aggression“ Probabilistische Hypothese wenn Vorhersagewert nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auftritt „Arbeiter wählen mit einer höheren (niedrigen) Wahrscheinlichkeit die SPD als eine andere Partei.“ Deterministische Hypothese wenn zwischen zwei Variablen ein deterministischer (abgrenzender, bestimmender) Zusammenhang behauptet wird „Arbeiter wählen SPD.“ Wenn-dann Hypothese Unabhängige Variable: „Arbeiter“ Abhängige Variable: „SPD“ „Wenn ein Wähler Arbeiter ist, dann wählt er SPD.“ „Wenn ein Wähler kein Arbeiter ist, dann wählt er nicht SPD“ • unter probabilistischen Gesichtspunkten „Wenn ein Wähler Arbeiter ist, dann wählt er mit einer höheren Wahrscheinlichkeit SPD als eine andere Partei.“ „Wenn ein Wähler kein Arbeiter ist, dann wählt er mit einer niedrigen Wahrscheinlichkeit SPD als eine andere Partei.“ Je-desto Hypothese Wenn X zu (ab)nimmt, dann nimmt auch Y zu (ab). positive Zusammenhang 1.) „Je größer die Anzahl unterschiedlicher ethnischer Gruppen in einem Staat ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines Bürgerkrieges mit dem Ziel einer Sezession.“ 2.) „Je niedriger die Arbeitslosenquote in einem Land ist, desto niedriger ist die Bereitschaft seiner Bürger, bei einer Wahl extremistische Parteien zu wählen.“ Wenn X zu (ab)nimmt, dann nimmt Y ab (zu). negative Zusammenhang 4.) „Je höher die Arbeitslosenquote in einem Land ist, desto niedriger ist die Popularität seiner Regierung bei den Bürgern.“ 5.) „Je höher die Popularität eines Politikers ist, desto niedriger ist seine Bereitschaft, unpopuläre Gesetze zu unterstützen.“ Beziehung der Variablen Zusammenhang zwischen 2 Variablen • X→Y ZH wird durch den Einfluss X auf Y verursacht. • X←Y ZH wird durch den Einfluss v. Y auf X verursacht. • X↔Y ZH wird durch gegenseitige Einflussnahme verursacht Zusammenhang zwischen 3 Variablen Scheinbeziehung: Kettenbeziehung: X1 X1 X2 X2 Y Y Interaktion: Multiple Ursachen: X2 X1 X1 Y Y X2 Direkte und indirekte Effekte: Y X1 X2 Individual-, Kollektiv- und Kontexthypothesen Individualhypothese → sowohl unabhängige als auch abhängige variable Individualmerkmal Bsp.: Je höher der Bildungsabschluss einer Person ist, desto höher ist ihr persönliches Nettoeinkommen. ↘ Bsp.: Kollektivhypothese → sowohl unabhängige als auch abhängige variable Kollektivmerkmal Bsp.: Je höher der Anteil an Über-60Jährigen in einem Stimmbezirk ist, desto größer ist der Stimmanteil der CDU. ↙ Kontexthypothesen → unabhängige Variable = Kollektivmerkmal → abhängige Variable = Individualmerkmal Je höher die soziale Integration in einer sozialen Gruppe ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Mitglied der Gruppe abweichend verhält. 5.) Kriterien zur Überprüfung der Qualität von Hypothesen Zusammenhang zwischen mindestens zwei Variablen A und B der Zusammenhang ist hinreichend präzisiert eine Unterscheidung in unabhängige Variable (Determinante) und abhängige Variable ist möglich die Variablen A und B sind getrennt voneinander messbar die Hypothese ist plausibel die Hypothese ist empirisch überprüfbar Wir danken für Ihre Aufmerksamkeit!