Modul 0701

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Sozialwissenschaftliche Grundlagen der Humangeographie
290085 VO StEOP
© Peter Weichhart
2 Std., 2,5 ECTS-Punkte
Dienstag, 10:45 -13:10; Hs. II, NIG
Kapitel 29.01; 29.02 (B11-STEOP) (B11-1.2) (B07-1.2)
Modul 0701
Soziale Konflikte, Macht
und Herrschaft
WS 2013/14
SWG/07/01/01
Hauptkategorien sozialer Prozesse
• Verbindende (konjunktive) soziale Prozesse:
Sie bringen Individuen näher zueinander, sind für
die Ausbildung von Integration, Kohäsion, Solidarität und Inklusion verantwortlich.
• Trennende (disjunktive) soziale Prozesse:
Sie führen dazu, dass Individuen voneinander abgestoßen werden, bewirken Disintegration, Auseinandersetzungen und Konflikte.
Nach L. BÖTTCHER, 1979, S. 119
SWG/07/01/02
Hauptformen verbindender sozialer
Prozesse
• Kooperation:
Gemeinsames soziales Handeln mehrerer Partner, die sich
gegenseitig unterstützen und zusammenarbeiten.
• Akkomodation (Anpassung):
Soziales Handeln ist durch Bemühen um Kompromisse und
Toleranz gekennzeichnet, Kooperationsbereitschaft auch bei
differenten Zielen.
• Assimilation (Angleichung):
Wechselseitiges Tolerieren von Zielen; führt längerfristig
zu einer Vermischung und Angleichung von Zielen.
SWG/07/01/03
Hauptformen trennender sozialer
Prozesse
• Kontravention
Subtile Form der Gegnerschaft, feindselige Einstellungen
(oft bei gleichen Zielen) werden „friedlich“ ausgetragen.
• Wettbewerb
Mehrere Individuen oder Gruppen streben gleiche Ziele an
und versuchen, einander dabei (auf friedliche Weise und in
geregelter Form) zu übertrumpfen.
• Konflikt
Auseinandersetzung zwischen Individuen oder Gruppen,
bei der es darauf ankommt, eine Niederlage des Gegners
herbeizuführen, um die eigenen Ziele realisieren zu können.
SWG/07/01/04
Fragestellungen der Konfliktforschung
• Merkmale und Beschreibungsdimensionen
• Funktionen
• Konfliktformen
• Konfliktregelung und Konfliktlösung
• Konflikttheorien
Konflikte besitzen auch ein konstruktives Potential
und können zur Stabilisierung sozialer Systeme beitragen.
SWG/07/01/05
Macht
Im Alltagsverständnis wird Macht oft als etwas Negatives gesehen; sie wird oft geradezu dämonisiert. Sie erscheint als
Gegenstand, Instrument oder Eigenschaft im Besitz einer
Person.
Verständnis von Macht in den Sozialwissenschaften:
• spezifisches Vermögen oder Können;
• relationale Struktur sozialer Beziehungen
• bezeichnet ein soziales Verhältnis.
„Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer
sozialen Beziehung den eigenen Willen auch
gegen Widerstreben durchzusetzen...“
M. WEBER, 1976, S. 28/29
SWG/07/01/06
Herrschaft I
Deutungsvarianten:
• asymmetrische soziale Beziehung zwischen gesellschaftlichen Akteuren;
• Institutionalisierung von Macht;
• sozialer Zwang
• Ordnungsfunktion
Max WEBER sieht Herrschaft als legitimierte Machtausübung und versteht darunter „...die Chance, für
einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren
Personen Gehorsam zu finden“ (1976, S. 28).
SWG/07/01/07
Herrschaft II
Man kann Herrschaft als ein durch institutionalisierte Macht
begründetes Abhängigkeitsverhältnis verstehen (vergl. L.
BÖTTCHER, 1979, S. 133).
„Gegenleistung“ der Herrschenden: Schutzverpflichtung,
Sicherstellung einer sozialen Normordnung, Gewährleistung
einer Rechtsordnung.
Herrschaftsausübung ist abhängig von der
Legitimität des Herrschaftsanspruches.
Herrschaft muss also begründet sein, eine Rechtfertigung
haben und setzt voraus, dass die Beherrschten diese Rechtfertigung anerkennen.
SWG/07/01/08
Prozesse der Machtbildung
• Personen oder Gruppen sind im Stande, ein Privileg
zu definieren oder sich Ressourcen anzueignen; die
Folge ist eine gewisse Überlegenheit gegenüber anderen Personen oder Gruppen.
• Verfestigung von Macht durch Solidarität der Privilegierten.
• Institutionalisierung von Macht, Schaffung von Organisationen zur Regulierung des Zugangs zur Macht.
• Stabilisierung und Reproduktion der bestehenden
Machtverhältnisse.
Nach H. POPITZ, 1992, S. 185-231
SWG/07/01/09
Dimensionen (Quellen) der Macht
• Monopolisierung physischer Gewalt (körperliche
Überlegenheit, technische Mittel, Waffen);
• Autorität und Charisma (Fähigkeit, andere zu überzeugen und zu motivieren);
• Monopolisierung von Ressourcen (Eigentumsrechte und exklusive Verfügung über Produktionsmittel);
• Organisationen (überlegene Handlungspotentiale
durch Bündelung der Kräfte).
Nach P. IMBUSCH, 2002, S. 166-167.
SWG/07/01/10
Machtmittel
...stellen die konkreten Medien der Machtausübung
dar. Durch ihren Einsatz wird der Ausgang von
Machtkämpfen und Herrschaftskonflikten entschieden.
• Kapital (im Sinne von P. BOURDIEU):
 ökonomisches Kapital (z. B. Geld, universelles Tauschmedium, kann leicht in andere Kapitalarten getauscht werden);
 soziales Kapital (Netzwerke, Beziehungen, „Seilschaften“
Ressourcenverfügbarkeit via Gruppenzugehörigkeit);
 kulturelles Kapital (Bildung, Wissen, kulturelle Güter).
Nach P. IMBUSCH, 2002, S. 168-169.
SWG/07/01/11
Machtmittel II
• Körperschaften und Organisationen:
besitzen bestimmte Befugnisse und Kontrollaufgaben;
• Sanktionsgewalt von Ämtern:
Ämter können kraft ihrer Sanktionsbefugnisse auch repressive Formen der Macht ausüben;
• Information:
schafft Wissensvorsprung, kann manipulativ eingesetzt
oder zurückgehalten werden, kann zur Konditionierung
eingesetzt werden.
Nach P. IMBUSCH, 2002, S. 168-169.
SWG/07/01/12
Formen der Machtausübung I
• Einfluss, Überzeugung, Motivation
(Formen der kommunikativen Macht)
• Autorität 1: Amts- und Befehlsgewalt; ermächtigt
einen Akteur in bestimmten Bereichen Macht auszuüben.
• Autorität 2: Macht der Persönlichkeit, Charisma;
jemand „hat“ Autorität, wenn und weil andere
sie anerkennen.
• Zwang: Ausübung von Druck auf einen Akteur, bestimmte Handlungen zu setzen oder zu unterlassen.
Nach P. IMBUSCH, 2002, S. 169-172.
SWG/07/01/13
Formen der Machtausübung II
• Staatliches Gewaltmonopol: in den Verfassungen
verankertes Recht des Staates, erforderlichenfalls
zur Durchsetzung der gesellschaftlichen Ordnung
physische Gewaltmittel einzusetzen, die den Staatsbürgern oder nicht-staatlichen sozialen Gruppierungen nicht erlaubt sind.
• Gewalt: ist ein extrem effektives Machtmittel und
kann Gehorsam unmittelbar erzwingen und Widerstand brechen.
Nach P. IMBUSCH, 2002, S. 169-172.
SWG/07/01/14
Herrschaft als institutionalisierte Macht
• Sporadische Macht: Machtausübung bleibt auf Einzelfälle
beschränkt, es existiert noch keine enge Bindung zu den Beherrschten.
• Normierende Macht: Vorgabe und Akzeptanz von Handlungsnormen.
• Positionalisierung von Macht: Verdichtung normierender
Machtfunktionen zu überpersönlichen Machtpositionen.
• Herausbildung von Herrschaftsapparaten: Entwicklung einer
arbeitsteiligen Struktur von Herrschaftspositionen.
• Etablierung einer staatlichen Herrschaft: „Veralltäglichung“
zentrierter Gebietsherrschaft.
Nach H. POPITZ, 1992, S. 236-240.
SWG/07/01/15
Herrschaft als institutionalisierte Macht II
Die Institutionalisierung von Herrschaft ist durch
drei Phänomene gekennzeichnet:
• Entpersonalisierung: Macht löst sich von Personen
und geht auf Positionen und Funktionen über.
• Formalisierung: Machtausübung löst sich aus persönlicher Willkür und orientiert sich an feststehenden Regeln und Verfahrensweisen.
• Integration: Macht wird als „Herrschaft“ in übergreifende Ordnungsgefüge integriert und wird zum
unhinterfragten Bestandteil der Alltagswelt.
SWG/07/01/16
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