Die Dreifaltigkeit: der Blick auf die geistige Dimension des Menschen in der Existenzanalyse V. Shumskiy GLE-Kongress, Lindau May 2011 Zum Problem Das Ziel der Psychotherapie ist Seelenheilung und das Ziel der Religion ist jedoch Heil. Für die Psychotherapie kann die Religion nur ein Inhalt sein und nicht ein Boden, worauf sie beruht. Wir sehen im Modell der Dreifaltigkeit das Modell der geistigen Dimension des menschlichen Seins Untersuchungsziel • Zu versuchen, das Symbol der Dreifaltigkeit aufgrund der theoretischen Vorstellungen der Existenzanalyse über die geistige Dimension des Menschen aufzufassen • Erweiterung der psychologischen Vorstellungen über die geistige Dimension des Seins des Menschen Herausbildung des Dreifaltigkeitsdogmas in der Geschichte des Christentums 325 n. Ch. Nikäa Konzil: Der Sohn wurde aus dem Wesen des Vaters geboren 381 n. Ch. Nikäno-Konstantinopoler Konzil Vater, Sohn und Heiliger Geist Ein Wesen – Drei Personen Herausbildung des Dreifaltigkeitsdogmas in der Geschichte des Christentums • Seit dem 5. Jahrhundert n. Ch. entstehen Meinungsverschiedenheiten zwischen dem östlichen und westlichen Christentum in der Frage über das Hervorgehen des Heiligen Geistes • 1054 offizielle Spaltung der Kirchen Orthodoxes Herangehen des östlichen Christentums Der Heilige Geist geht nur vom Vater aus Herangehen des westlichen Christentums Der Heilige Geist geht sowohl vom Vater als auch vom Sohn aus Auffassung des Symbols der Dreifaltigkeit Aurelius Augustinus Analogien der Dreifaltigkeit im menschlichen Sein • «Dreifaltigkeit des Lebens»: Ich bin, ich weiß und ich will – Sein, wissen und wollen bilden eine untrennbare Einigkeit – das Leben • «interpersönliches Modell der Dreifaltigkeit»: der Liebende, der Geliebte und die Liebe selbst Heiliger Geist ist die gegenseitige Liebe, die den Vater und den Sohn verbindet Auffassung des Symbols der Dreifaltigkeit Aurelius Augustinus Psychologische Korrelaten der Dreifaltigkeit • «Dreifaltigkeit der Autognosiestruktur»: Kognitivsubjekt (mens), sein Wissen über sich selbst und seine Liebe zu sich selbst • «Dreifaltigkeit der Autognosieakte»: memoria – Vater, intelligentia – Sohn, voluntas (caritas) – Heiliger Geist Auffassung des Symbols der Dreifaltigkeit Carl Gustav Jung • Götter sind Personifizierungen von Archetypen des kollektiven Unbewussten • Dank der Aktualisierung des Archetyps werden die Vorstellungen über Götter in Triaden und Dreifaltigkeiten umgewandelt • Christliche Dreifaltigkeit ist eine genaue Wiedergabe vom Archetyp, der früher in altägyptischen Vorstellungen über die Wesenseinheit des göttlichen Vaters, des Sohns Pharao und der erzeugenden Kraft des Gott Vaters herausgebildet wurde Auffassung des Symbols der Dreifaltigkeit Carl Gustav Jung Die Dreifaltigkeit symbolisiert den Prozess der psychologischen Heranreifung des Menschen • Stadium «Vater»: nichtreflexiver Zustand des Bewusstseins, der Mensch ist von Traditionen, die die Kraft des Gesetzes haben, abhängig • Stadium «Sohn»: reflexives rationales Bewusstsein, Verhaltensgrundlage ist eine bewusste Wahl • Stadium «Heiliger Geist»: Annerkennung des Unbewussten als Quelle eines wahren Wissens und endgültiger Entscheidungen Differenzierung der Vorstellungen über dynamische Aspekte des geistigen Seins des Menschen in der Existenzanalyse M. Scheler: Die Person ist das tätige Zentrum, in dem der Geist innerhalb der endlichen Sphären des Daseins ist Differenzierung der Vorstellungen über dynamische Aspekte des geistigen Seins des Menschen in der Existenzanalyse V. Frankl: Das Geistige kann sowohl das Bewusste als auch das Unbewusste sein. Das Geistige ist um die Person wie um seinen Kern zentriert. Differenzierung der Vorstellungen über dynamische Aspekte des geistigen Seins des Menschen in der Existenzanalyse A. Längle: «Das Ich» ist eine Integrationsinstanz der personalen – existentiellen Dimension des Menschen Unbewusste Tiefenperson und das Ich: allgemeine Charakteristiken • • • • • Individualität Würde Freiheit Ständiger Bezug auf Andersartiges Entschlussfassungsvermögen Die unbewusste Tiefenperson und das Ich: allgemeine/ unterscheidende Charakteristiken bildliches Schaffen der neuen Inhalte Wertkriterium: Gewissen, das, was eudemonische Erlebnisse verstärkt Denken logisches Schaffen Durchsetzung der Veränderungen in der Außenwelt Wertewahrnehmung Wertkriterium : das, was die Lebensqualität erhöht, hedonistische Erlebnisse verstärkt Die unbewusste Tiefenperson und das Ich: allgemeine/unterscheidende Charakteristiken Die unbewusste Tiefen-person • Wesenswahrnehmung • Intuition • Liebe (caritas) • Höchste emotionale Zustände Das Ich • • • • Verantwortlichkeit Reflexion Selbstbewusstsein Willen Existentiell-analytische Auffassung des Symbols der Dreifaltigkeit • «Vater» – die unbewusste Tiefenperson • «Sohn» – das bewusste Ich • «Heiliger Geist» – die Kraft, mithilfe deren im Menschen der Vater und der Sohn sich zeigen, die Kraft ihres kreativen Schaffensvermögens • Der Mensch ist ganzheitlich, wenn der «Vater» und der «Sohn» im Dialog eine abgestimmte Entscheidung treffen Der europäische Mensch bildete sich unter dem Einfluss des Symbols der Dreifaltigkeit Westliches Christentum: Heiliger Geist geht vom Vater und vom Sohn aus Östliches Christentum: Heiliger Geist geht nur vom Vater aus • aktiv-fragende Einstellung • passiv-achtende Einstellung • Selbständigkeit, Engagement • Unterwürfigkeit vor Autoritäten • Verantwortlichkeit • Erwarten des Vaters, der kommt und die Lehren des Lebens vermittelt Unterschied in der Auffassung der Relation innerhalb der Dreifaltigkeit : Kirchenarchitektur Dom in Köln Dreifaltigkeitskathedrale in Kostroma Die Erkenntnis der Symbole gibt dem Bewusstsein den Geist und die Haltbarkeit zurück, die von den Menschen als erlösend und heilend erlebt werden C.G. Jung Die existentiellanalytische Interpretation der Dreifaltigkeit kann als Modell auftreten, welches die dynamischen Komponenten des geistigen Seins des Menschen strukturieren kann Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit