Schwingungsspektroskopie Vortrag im Rahmen des PC-Seminars für Biochemiker 30.01.2004 Frederik Uibel Andreas Maurer Molekülbewegungen Translation: Die Bewegung des gesamten Moleküls in die drei Raumrichtungen. Rotation: Drehung des gesamten Moleküls um die drei Drehachsen. Schwingung: Periodische Bewegung einzelner Atome oder Atomgruppen eines Moleküls relativ zueinander. Molekülschwingungen Moleküle schwingen, da die Atome nicht starr sondern elastisch, vergleichbar mit Federn in der Mechanik, miteinander verbunden sind. Wie in der Mechanik gilt auch hier das Hookesche Gesetz: F = -k*x Freiheitsgrade Die einzelnen Atome eines Moleküls können sich in drei Raumrichtungen bewegen. Die kombinierte Bewegung aller Atome führt zu Translation, Rotation oder Schwingung des Moleküls. Ein Molekül mit N Atomen hat 3N Freiheitsgrade. Ein zweiatomiges Molekül besitzt z.B. folgende Freiheitsgrade: 3 mal Translation In alle drei Raumrichtungen 2 mal Rotation Um die beiden Querachsen 1 mal Schwingung ? Freiheitsgrade Allgemein gilt für Schwingungsfreiheitsgrade, wenn N die Anzahl der Atome eines Moleküls ist: Für lineare Moleküle: Zahl der Schwingungsfreiheitsgrade = 3N-5 Für nichtlineare Moleküle: Zahl der Schwingungsfreiheitsgrade = 3N-6 Arten von Molekülschwingungen Am Beispiel des CO2 (Freiheitsgrade der Schwingung: 4) Symmetrische Valenzschwingung Asymmetrische Valenzschwingung Deformationsschwingungen Das Modell des harmonischen Oszillators Schema der potentiellen Energie in Abhängigkeit von der Auslenkung bei einer harmonischen Schwingung: Parabel wird beschrieben durch: 1 2 V kx 2 Die Realität: Der anharmonische Oszillator Dissoziation des Moleküls bei zu hoher Energie Überproportionale Zunahme der potentiellen Energie bei Annäherung der Atome Die Realität: Der anharmonische Oszillator Die Kurve kann beschrieben werden durch folgende Gleichung: V hcDe 1 e a x 2 Morse-Potential x Sog. Auslenkung De Dissoziationsenergie a 2hcDe reduzierte Masse 2 0 Energieeigenwerte und Schwingungsterme Harmonischer Oszillator: Energieeigenwerte: 1 E (v) h 0 v 2 1 k v0 = Schwingungsquantenzahl (v = 0,1,2...) 2 Schwingungsterme: E (vMasse: ) 1 1 1 Reduzierte G (v ) 0 v hc m21 m2 Ein Schwingungsterm entspricht einem Energieeigenwert ausgedrückt in der Wellenzahl. Energieeigenwerte und Schwingungsterme Man erhält äquidistante und diskrete Schwingungsniveaus, jeweils im Abstand Energieeigenwerte und Schwingungsterme Anharmonischer Oszillator: 2 Schwingungsterme: 1 1 G (v) v 0 v xe 0 2 2 Anharmonizitätskonstante: 0 a2 xe 2 4 De Energieeigenwerte und Schwingungsterme Man erhält für den anharmonischen Oszillator Schwingungsniveaus, die nicht mehr äquidistant sind, sondern sich mit zunehmendem v immer mehr annähern. Es gibt nicht unendlich viele Energieniveaus. 2 1 1 G (v) v 0 v xe 0 2 2 Schwingungsspektroskopie Moleküle absorbieren elektromagnetische Strahlung im Infrarotbereich Anregung von Schwingungsübergängen Da die Schwingungsenergie gequantelt ist, werden nur bestimmte Wellenlängen absorbiert. Man erhält ein Schwingungsspektrum. Allgemeine Auswahlregel Nach den Gesetzen der Physik kann elektromagnetische Strahlung nur mit einem oszillierenden Dipol wechselwirken. Ein oszillierender Dipol liegt vor, wenn sich das Dipolmoment über die Zeit ändert. Deshalb sind nur Schwingungen, bei denen sich das Dipolmoment ändert, IR-aktiv. Das elektrische Dipolmoment berechnet sich nach p q l Allgemeine Auswahlregel Ein oszillierender Dipol entsteht, wenn sich bei der Schwingung die Ladungsschwerpunkte relativ zueinander bewegen. p q l l l Allgemeine Auswahlregel Oszillierender Dipol! Dipolmoment Kein Dipolmoment Dipolmoment l l Allgemeine Auswahlregel Symmetrische Valenzschwingung Asymmetrische Valenzschwingung IR-inaktiv IR-aktiv IR-aktiv IR-aktiv Deformationsschwingungen Spezielle Auswahlregeln Mit Hilfe der zeitabhängigen Schrödingergleichung erhält man außerdem spezielle Auswahlregeln für die Schwingungsübergänge. Diese lauten: Für den Harmonischen Oszillator: v 1 Das bedeutet, dass nur Schwingungsübergänge zwischen benachbarten Energieniveaus erlaubt sind. Spezielle Auswahlregeln Mit Hilfe der zeitabhängigen Schrödingergleichung erhält man außerdem spezielle Auswahlregeln für die Schwingungsübergänge. Diese lauten: Für den Anharmonischen Oszillator: v 1, 2,3,... Hier sind auch Übergänge in entferntere Niveaus, sogenannte Oberschwingungen, erlaubt, allerdings nimmt die Wahrscheinlichkeit eines Übergangs mit zunehmender Entfernung der Niveaus ab. RotationsSchwingungspektroskopie Wenn ein Molekül einen Schwingungsübergang durchführt, ist dies normalerweise auch mit einem Rotationsübergang verbunden. Grund: Durch die Anregung eines höheren Schwingungszustandes verändern sich die Bindungslängen im Molekül und damit sein Trägheitsmoment, welches wiederum Einfluss auf die Rotation des Moleküls nimmt. RotationsSchwingungspektroskopie Die Rotationsquantenzahl J ändert sich hierbei um 1 Manchmal ist ein Schwingungsübergang auch ohne Rotationsübergang möglich (ΔJ=0) Dies hängt dann mit der Struktur des Moleküls zusammen: Es muss ein Drehimpuls um die Molekülachse stattfinden können. Dies ist z.B. beim NO oder der Deformationsschwingung des CO2 der Fall. RotationsSchwingungspektroskopie Als Auswahlregeln bei der RotationsSchwingungsspektroskopie erhält man: v 1 J 1, 0 1 Rotations-Schwingungsterme: S(v, J) v 0 BJ J 1 2 RotationsSchwingungspektroskopie Termschema: Eine Linie steht für einen kombinierten RotationsSchwingungsübergang! RotationsSchwingungspektroskopie Man erhält ein Spektrum der folgenden Art: RotationsSchwingungspektroskopie Oder mit Q-Zweig: Spektren Scharf hervortretende Linien treten nur bei Spektroskopie in der Gasphase auf. In kondensierten Phasen sind die Linien teilweise bis stark verschwommen. Grund: Kondensierte Phasen behindern die Rotation des Moleküls Spektren Spektren von Benzol Im gasförmigen Zustand im flüssigen Zustand Praktische Anwendung • Das Infrarot-Spektrum einer bestimmten Substanz ist charakteristisch und kann zu ihrer Identifizierung dienen • Informationen über die Struktur des Stoffes sind im Spektrum enthalten • Fingerprinting: Schwingungen bei bestimmten Wellenzahlen können bestimmten Molekülgruppen zugeordnet werden. Praktische Anwendung Spektren von CO2 Spektren von CO2 Lust auf mehr??? H. Günzler, H. M. Heise: IR-Spektroskopie, 3. Aufl., ISBN:3-527-28759-0 Peter W. Atkins: Physikalische Chemie, 3. Aufl., ISBN 3-527-30236-0 Diese Folienserie im Internet: http://homepage.uni-tuebingen.de/student/andreas.maurer/